Geschäft: Neue Bürokratie in der Landwirtschaft und im Gartenbau stoppen: Die Einführung von digiFLUX muss vereinfacht werden

Übersicht
KomiteeKantonsrat
Nummer41.24.05
TitelNeue Bürokratie in der Landwirtschaft und im Gartenbau stoppen: Die Einführung von digiFLUX muss vereinfacht werden
ArtKR Standesbegehren
ThemaLandwirtschaft, Tierhaltung, Waldwirtschaft, Umweltschutz
FederführungVolkswirtschaftsdepartement
Eröffnung4.6.2024
Abschlusspendent
Letze Änderung25.10.2024
vertraulichNein
öffentlichJa
dringendNein
Dokumente
PubliziertTypTitelDatei
WortlautWortlaut vom 4. Juni 2024
AntragAntrag der Regierung vom 27. August 2024
AntragAntrag SP-GRÜNE-GLP-Fraktion auf Nichteintreten vom 16. September 2024
Beteiligungen
DatumAkteurTitelLetze Änderung
4.6.2024Gremium4.6.2024
4.6.2024Gremium4.6.2024
4.6.2024Gremium4.6.2024
Abstimmungen
DatumTitelResultatöffentlich
JaBedeutungNeinBedeutungAbsent / Enthaltung
17.9.2024Weiterführung der Session am Mittwoch70Zustimmung28Ablehnung22
17.9.2024Gutheissung80Zustimmung32Ablehnung8
17.9.2024Wortlaut78SVP-Fraktion / Die Mitte-EVP-Fraktion / FDP-Fraktion35Antrag der Regierung7
17.9.2024Ordnungsantrag Huber-Oberriet auf Schluss der Diskussion88Zustimmung19Ablehnung13
17.9.2024Eintreten79Zustimmung32Ablehnung9
Statements
DatumTypWortlautSession
17.9.2024Beschluss

Der Kantonsrat stimmt der Weiterführung der Session morgen Mittwoch mit 70:28 Stimmen bei 7 Enthaltungen zu.

Session des Kantonsrates vom 16. bis 18. September 2024, Herbstsession
17.9.2024Wortmeldung

Jäger-Vilters-Wangs: Geschätzte Ratspräsidentin, es ist Ihr Entschluss. Sie können darüber bestimmen, ob wir morgen die Session weiterführen oder nicht. So haben wir keine Diskussion.

Session des Kantonsrates vom 16. bis 18. September 2024, Herbstsession
17.9.2024Wortmeldung

Sailer-Wildhaus-Alt St.Johann: Ich verstehe das Dilemma der Ratspräsidentin. Vorher hiess es, die Session endet heute um 15 Uhr. Wir können auch bis 15.10 Uhr weiterfahren, denn niemand braucht 25 Minuten bis zum Bahnhof. Ich habe bereits einen Termin für morgen abgemacht, weil es vorher geheissen hat, dass die Session heute endet. Ich möchte nicht, dass die Session morgen weitergeführt wird.

Session des Kantonsrates vom 16. bis 18. September 2024, Herbstsession
17.9.2024Wortmeldung

Dürr-Gams, Ratspräsidentin: Wir sind jetzt in einem gewissen Dilemma. Mein Plan, dass wir die Session heute um 15 Uhr schliessen, war etwas zu ehrgeizig. Ich möchte vorschlagen, dass wir morgen um 8.30 Uhr die restlichen Geschäfte behandeln. Es sind noch ein Standesbegehren, verschiedene Interpellationen, v.a. aber drei dringliche Interpellationen, zu denen wir jetzt kurzfristig die Antworten erhalten haben, und die Schlussabstimmungen offen. Wenn jemand grundsätzlich etwas dagegen hat, soll er sich bitte melden, dann können wir auch darüber abstimmen.

Session des Kantonsrates vom 16. bis 18. September 2024, Herbstsession
17.9.2024Beschluss

Der Kantonsrat heisst das Standesbegehren mit 80:32 Stimmen bei 1 Enthaltung gut.

Session des Kantonsrates vom 16. bis 18. September 2024, Herbstsession
17.9.2024Beschluss

Der Kantonsrat zieht den ursprünglichen Wortlaut der SVP-Fraktion / Mitte-EVP-Fraktion / FDP-Fraktion dem Wortlaut gemäss Antrag der Regierung mit 78:35 Stimmen bei 1 Enthaltung vor.

Session des Kantonsrates vom 16. bis 18. September 2024, Herbstsession
17.9.2024Beschluss

Der Kantonsrat stimmt dem Ordnungsantrag Huber-Oberriet auf Schluss der Diskussion mit 88:19 Stimmen bei 5 Enthaltungen zu.

Session des Kantonsrates vom 16. bis 18. September 2024, Herbstsession
17.9.2024Wortmeldung

Huber-Oberriet beantragt Schluss der Diskussion.

Session des Kantonsrates vom 16. bis 18. September 2024, Herbstsession
17.9.2024Wortmeldung

Nüesch-Diepoldsau: Das Standesbegehren ist gutzuheissen. Ich lege meine Interessen offen: Ich bin Präsident des St.Galler Bauernverbands und als praktizierender Landwirt von den Bestimmungen betroffen.

Vogel-Bütschwil-Ganterschwil hat die Auswirkungen erläutert. Im Mai 2024, also ein Jahr nach der Einführung der neuen Direktzahlungsprogramme, hat der Bundesrat die grossen Anstrengungen der Landwirtschaft bereits gewürdigt und bestätigt: Die Landwirtschaftsbetriebe haben auf rund einem Viertel der gesamten Ackerfläche auf Fungizide und Insektizide verzichtet. Zudem verzichteten die Betriebe auf 20 Prozent der Fläche auf Herbizide. Der Bundesrat weist aber deutlich darauf hin, dass durch den Rückzug etlicher Pflanzenschutzmittel erhebliche Lücken entstanden sind, der Schutz der Kulturen sehr anspruchsvoll geworden ist und der zunehmende Druck durch neue Schädlinge noch anspruchsvoller werden könnte. Das alles zeigt, dass die Landwirtschaft Verantwortung übernimmt und einen sehr grossen Beitrag leistet.

Zu Regierungsrat Tinner: Es ist nicht nur die Landwirtschaft davon betroffen. Auch jeder Gärtner müsste in jedem Garten, in dem er Pflanzenschutzmittel ausbringt – nicht nur synthetische, sondern auch Nützlinge und biologische Mittel – aufzeichnen. Egal, ob bei Meier an der Bahnhofstrasse ober beim Müller am Hirschenweg. Alles müsste aufgezeichnet werden. Deswegen lehnen wir diese Georeferenzierung entschieden ab.

Zu von Toggenburg-Buchs und Regierungsrat Tinner: Den Vergleich zu PFAS sehe ich als falsch. Genau die Wirkstoffe mit möglichen Risiken im landwirtschaftlichen Bereich wurden zurückgezogen und sind nicht mehr im Einsatz. Die Landwirte sollen nun schlucken, dass die Behörden in der PFAS-Problematik trotz Aufsichtspflicht weggeschaut haben. Dieser Vergleich ist unhaltbar.

Session des Kantonsrates vom 16. bis 18. September 2024, Herbstsession
17.9.2024Wortmeldung

Vogel-Bütschwil-Ganterschwil: Das Standesbegehren ist mit dem ursprünglichen Wortlaut gutzuheissen. Ich lege meine Interessen offen: Ich habe keine persönlichen Interessen an diesem Geschäft. Allerdings mache ich, seit ich rund zwölf Jahre alt bin, das Agrarbüro meiner Eltern. Dort kam jedes Jahr eine neue Plattform dazu.

Holen Sie Luft. Wir tauchen heute tief in die Agrarbürokratie ein. DigiFLUX ist eine Onlineplattform, die gemäss Planung ab 1. Januar 2026 eingeführt wird. Was ist passiert? Im August 2019 hat die Kommission für Wirtschaft und Abgaben des Ständerates eine parlamentarische Initiative eingereicht. Das Risiko beim Einsatz von Pflanzenschutzmitteln sei zu reduzieren. Gleichzeitig soll auch eine Reduktion der Nährstoffverluste in der Landwirtschaft eingeführt werden. So weit, so gut. Die Risiken beim Einsatz von Pflanzenschutzmitteln sollen bis ins Jahr 2027 halbiert und die Nährstoffverluste bis ins Jahr 2030 beim Stickstoff um 15 Prozent und beim Phosphor um 20 Prozent reduziert werden. Damit Sie sich konkret vorstellen können, was hier bereits läuft: Dazu gehören z.B. die Pflicht zur Abdeckung von Güllelagern, die berühmte Schleppschlauchpflicht oder Pflanzenschutzmittel-Massnahmen gegen die Ausschwemmung auf Äckern. Sie merken, die Zügel wurden angezogen. Sogar die Toleranzen bei der Suisse-Bilanz wurden gestrichen. Vom ersten Heuballen bis zum letzten Fass Gülle – alles ausgeglichen. Das Ganze war ein inoffizieller indirekter Gegenvorschlag zur Volksinitiative für sauberes Trinkwasser. Diese wurde im Jahr 2021 bei einer Stimmbeteiligung von 59,7 Prozent mit 60 Prozent abgelehnt. Das schlechte Gewissen, das die Regierung in ihrem Antrag erwähnt, brauchen Sie sich also nicht zu machen. Es war ein inoffizieller Gegenvorschlag, eine gleichzeitig laufende parlamentarische Initiative einiger Ständeräte. Hier geht es nicht um den Umweltschutz. Der ist bereits in Kraft und wird durchgeführt. DigiFLUX ist das Anhängsel, die Software, das Hintendran zur Kontrolle und Überwachung. Sie sehen, es sind Mitteilungspflichten für Pflanzenschutzmittel und Nährstoffe.

Damit Sie sich vorstellen können, was digiFLUX heisst: Wenn ein Landwirt in der Landi einen Sack Kraftfutter kauft, muss dies zukünftig erfasst werden, sowohl von der Landi wie auch vom Landwirt. Wenn ein Landwirt einen Sack Mineraldünger kauft, muss auch das beidseitig erfasst werden. Für Gülle gibt es heute schon eine Mitteilungspflicht. Neu müsste jeder Kauf von Pflanzenschutzmitteln und jede Anwendung erfasst werden. Das beginnt beim Saatgut. Gut gemeint ist aber nicht gut gemacht. Die Mitteilungspflicht sollte eine Übersicht bringen, eine Kontrolle. Doch eben, es ist nur gut gemeint und nicht gut gemacht, denn es ist kompliziert. Es sind grundlegende Anpassungen nötig. DigiFLUX nützt dem Umweltschutz nichts. DigiFLUX ist nicht das Ausführungsgesetz, sondern nur das Kontrollinstrument. DigiFLUX ergibt für Landwirte, Lohnunternehmer, Futtermittelhändler, Futtermittelhersteller, Gartenbauer und für denjenigen, der den Golfplatz mäht, einen gigantischen bürokratischen Aufwand. Ein Rheintaler Landwirt berichtete, er müsse eine Person mit 25 Prozent Arbeitspensum anstellen, um digiFLUX bewältigen zu können. DigiFLUX führt aber auch zur totalen Kontrolle, ja zum gläsernen Bauern. Alle Daten über den Pflanzenschutz, Kraftfutter und Dünger werden einzelbetrieblich erfasst. Andere Bundesstellen und der Kanton sollen darauf zugreifen können. DigiFLUX ist eine Datenbank zu viel. Sie kennen es, wir haben heute schon «Agate», «Hoduflu» usw. Auch die Schnittstellen sind unklar.

DigiFLUX will eine parzellenscharfe Erfassung der Pflanzenschutzmittel. Stellen Sie sich das einmal vor. Gerade im Rheintal, wo es viele Kulturen auf engem Platz gibt. Wie wollen Sie das machen, wenn Sie als Lohnunternehmer noch zum Nachbar rüberfahren? Die Regierung will digiFLUX aber in seiner vollen Form einführen, einfach erst per 2030. Das ist der falsche Ansatz. Ein starker Landwirtschaftskanton wie St.Gallen muss dafür sorgen, dass die Landwirtschaft Nahrungsmittel statt Papier und Softwaredaten produziert. Das Signal nach Bern muss klar sein: Bürokratieabbau für Bauernfamilien. Auch mit unserem ursprünglichen Wortlaut wird digiFLUX leider teilweise eingeführt, allerdings wesentlich pragmatischer und massvoller. So fordert es auch der Verband der Schweizer Gemüsebauproduzenten. Stimmen Sie wie die SVP und entlasten Sie Bauernfamilien, Forstwirtschaft und die öffentliche Hand. Das sind wir der Schweizer Landwirtschaft schuldig.

Session des Kantonsrates vom 16. bis 18. September 2024, Herbstsession
17.9.2024Wortmeldung

Sennhauser-Wil (im Namen einer Mehrheit der Mitte-EVP-Fraktion): Das Standesbegehren ist mit dem ursprünglichen Wortlaut gutzuheissen. Ich lege meine Interessen offen: Ich bin Biobauer und eigentlich nicht betroffen von digiFLUX.

Bis vor einem Jahr wusste noch niemand, was das Wort «digiFLUX» bedeutet. Ich behaupte, dass wahrscheinlich auch jetzt noch viele nicht verstehen, was dieses angedachte Online-Meldesystem des Bundes bedeutet oder beinhaltet. V.a. ist vielen nicht klar, was es in der vorgeschlagenen Form für die betroffenen Anwender verursacht, da die meisten gar nicht direkt betroffen sind. Positiv ist, dass eine Testversion geprüft wurde, die jedoch vollkommen durchgefallen ist. Sie ist absolut unbrauchbar in der Praxisanwendung und bis ins kleinste Detail verkompliziert. Dazu ist die Datensicherheit nicht gewährleistet, insbesondere bei Mühlen mit ihren Rezepten. Deshalb wird jetzt eine Vereinfachung und keine Verhinderung angestrebt. Regierungsrat Tinner hat gesagt, wir wollen verhindern. Nein, wir wollen ganz klar nur eine Vereinfachung. Im Sinn der Anwender und auch wegen der verursachten personellen und finanziellen Aufwände.

Man vergisst, dass nebst der Landwirtschaft auch sehr viele Gewerbebetriebe (z.B. Handelsbetriebe oder Gartenbau), öffentliche Betreiber (z.B. Sportplätze, Bahn oder Gemeinden) und Getreidemühlen betroffen sind. Die angestrebte Georeferenzierung ist ein Bürokratiemonster. Eine Stadtgärtnerei muss z.B. bei jeder Rabatte oder jedem Blumentopf Buch führen, ob und wie viel Schneckenkörner oder auch biologische Stärkungsmittel eingesetzt wurden. Alles muss registriert werden. Die Getreidemühlen müssten geheime Rezepte für Mehlmischungen an verschiedene Ämter weitergeben oder die Appenzeller müssten ihr Käsegeheimnis den Bundesstellen preisgeben. Da würde man wahrscheinlich eine Revolution riskieren. Diese kleinen Beispiele zeigen die vorgesehene unverhältnismässige Ausgestaltung dieser Plattform. Das kritisieren wir. Den Antrag der Regierung mit geändertem Wortlaut lehnen wir mehrheitlich ab. Diese Verschiebung nützt niemandem etwas und bringt keine Verbesserung. Der Zeitplan kann so oder so nicht eingehalten werden. Auch im Interesse des Kantons ist es uns wichtig, dass wir uns für eine klare Verbesserung bei digiFLUX einsetzen.

Session des Kantonsrates vom 16. bis 18. September 2024, Herbstsession
17.9.2024Struktur

Spezialdiskussion

Session des Kantonsrates vom 16. bis 18. September 2024, Herbstsession
17.9.2024Beschluss

Der Kantonsrat tritt mit 79:32 Stimmen bei 2 Enthaltungen auf das Standesbegehren ein.

Session des Kantonsrates vom 16. bis 18. September 2024, Herbstsession
17.9.2024Wortmeldung

Regierungsrat Tinner: Auf das Standesbegehren ist einzutreten. Das Standesbegehren ist mit geändertem Wortlaut gemäss Antrag der Regierung gutzuheissen.

Ich bin mir bewusst, dass ich als Vertreter der Regierung wahrscheinlich einen schwierigen Stand zu vertreten habe. Ich bin aber sehr dankbar, dass Bisig-Rapperswil-Jona, Bosshard-St.Gallen und von Toggenburg-Buchs auf Umstände hingewiesen haben, die ich unterstreichen möchte. Wir haben im Jahr 2021 über die Pestizid- und die Trinkwasser-Initiativen abgestimmt. Ich kann mich sehr gut daran erinnern. Damals hat man der Stimmbevölkerung den Absenkpfad sozusagen präsentiert und gesagt, die Landwirtschaft wird einen wesentlichen Beitrag leisten, um diese Pestizideinträge zu reduzieren. Ich weiss das deshalb, weil ich über diesen Umstand in verschiedensten Referaten in bäuerlichen und nichtbäuerlichen Kreisen informiert habe und damit indirekt oder direkt mitgeholfen habe, dass diese beiden Initiativen abgelehnt werden. Nun fühle ich mich persönlich ein bisschen verschaukelt, wenn gesagt wird, dass wir dieses digiFLUX-Programm auf den Sankt-Nimmerleins-Tag verschieben. Wir sprechen vom Jahr 2030. Mit einem Horizont von sechs Jahren scheint es mir durchaus möglich zu sein, dass wir zumindest eine technologische Lösung finden, die in der Praxis so angewendet werden kann, dass es für alle handlich ist.

Pool-Uznach hat den administrativen Aufwand in der Landwirtschaft erwähnt. Dazu muss ich sagen: Der Kanton St.Gallen zahlt Direktzahlungen des Bundes im Umfang von 200 Mio. Franken aus. Da müssen sie doch irgendetwas kontrollieren und nicht einfach sagen: Ich schicke dir das Geld, und mach damit, was du willst. Ich verstehe die Landwirtschaft. Ich bin der Letzte, der kein Verständnis dafür hat, dass sich die Landwirtschaft über die zusätzlichen administrativen Hürden beklagt. Aber es liegt ja nicht daran, dass man sagt, jetzt macht man sogar weniger. Sondern auch die Landwirtschaft selbst – und da spreche ich auch die Vertreterinnen und Vertreter der landwirtschaftlichen Kreise an – fordert ab und an mehr Leistungen, die entschädigt werden müssen. Das wird selbstverständlich wieder administriert. Das ist ein Teufelskreis, aus dem man fast nicht herauskommt. Als Lösungsweg sehe ich lediglich, dass man versucht, in den nächsten Jahren zumindest im Bereich der Direktzahlungen nicht noch weitere Massnahmen in den Katalog aufzunehmen und so ein bisschen Ruhe in die ganze Sache hineinbringt. Seien wir ehrlich: Die Landwirtschaft war – und das ist ein sehr gutes Beispiel – eine der ersten Branchen, die ihre Gesuche für Direktzahlungen digital eingereicht hat. Man kann diese Gesuche heute digital abwickeln. Man schafft es heute, mit «Smart Farming» parzellengenau oder sogar in der Fläche sehr genau entsprechende Ackerflächen zu bearbeiten bzw. etwas zu säen. Da geben Sie mir doch nicht an, dass es jetzt nicht möglich sein sollte, mit einem bestimmten Vorlauf auch diese Hürde zu nehmen.

Noch ein anderer Hinweis: Entschuldigung, wenn ich jetzt ein bisschen polemisch wirke, aber es ist doch schizophren, wenn wir uns wahrscheinlich in wenigen Minuten über die Beantwortung dringlicher Interpellationen zur Thematik PFAS (51.24.72 und 51.24.73) unterhalten. Es sind dazu noch weitere sechs oder sieben Vorstösse zu beantworten, was die Regierung gerne machen wird. Aber es kann doch nicht sein, dass wir sagen, digiFLUX sei ein Schmarren, und gleichzeitig fragen Sie die Regierung, was sie verpasst hat. Weshalb hat man vor 30 oder 40 Jahren nicht die entsprechenden Journale geführt? Was ist jetzt wohl passiert? Und Himmels willen, der Staat soll es jetzt bitte richten, am besten mit entsprechenden Sachleistungen oder mit finanziellen Unterstützungen. Wenn ich das sage, bin ich weiss Gott kein Grüner. Sie müssen keine Angst haben, ich werde nicht in die Fraktion der GLP oder der Grünen wechseln. Aber ich habe ein sehr grosses Verständnis für dieses Anliegen. Wir müssen und wir können die Verantwortung wahrnehmen, denn die Einführung ist auf die Agrarpolitik 2030 geplant.

Session des Kantonsrates vom 16. bis 18. September 2024, Herbstsession
17.9.2024Wortmeldung

Bosshard-St.Gallen: Auf das Standesbegehren ist nicht einzutreten.

Ich bin ehemaliges Mitglied des kantonalen Komitees zur Pestizid-Initiative. Vor wenigen Jahren wurde über die zwei bedeutenden Trinkwasser- und Pestizid-Initiativen abgestimmt. Beide Initiativen zielten darauf ab, unser Trinkwasser und unsere Umwelt besser vor schädlichen Einflüssen zu schützen. Obwohl die Bevölkerung die Initiativen abgelehnt hat, war der Tenor eindeutig: Die Umweltbelastung durch Pestizide ist ein ernstes Problem, das wir nicht ignorieren dürfen. Der Bundesrat und das Parlament haben darauf reagiert und einen Aktionsplan verabschiedet, der gezielte Massnahmen zur Reduktion dieser Stoffe vorsieht.

DigiFLUX ist ein zentrales Instrument dieses Plans. Es hilft, Transparenz zu schaffen und die Verantwortung fair zu verteilen. Es ist daher schwer nachvollziehbar, weshalb das vorliegende Standesbegehren versucht, diese dringend notwendige Transparenz zu verwässern. Statt digiFLUX als Chance zu sehen, wird versucht, ein System abzuschwächen, das für den Umwelt- und Gewässerschutz von grosser Bedeutung ist. Diese Blockadehaltung verzögert wichtige Fortschritte und untergräbt die notwendigen Bemühungen zur Reduktion von Pestiziden in der Landwirtschaft.

Wir sollten daher den Weg, den der Bund mit digiFLUX eingeschlagen hat, unterstützen, anstatt ihn durch unnötige Aufweichungen zu behindern. Um allen Beteiligten genügend Zeit zur Anpassung zu geben, wurde die Einführung bereits verschoben. Ich spreche mich deshalb klar gegen das Standesbegehren aus. Nicht, weil ich gegen die produzierende Landwirtschaft bin, Vogel-Bütschwil-Ganterschwil. Es ist ein Miteinander. Die Landwirtschaft hat eine Verantwortung. Sie soll produzieren, aber auch unsere Umwelt schützen. Wir sollten gemeinsam zusammenarbeiten und hier nicht zu polemisch agieren.

Session des Kantonsrates vom 16. bis 18. September 2024, Herbstsession
17.9.2024Wortmeldung

Bisig-Rapperswil-Jona beantragt im Namen der SP-GRÜNE-GLP-Fraktion, auf das Standesbegehren nicht einzutreten. Ich lege meine Interessen offen: Ich bin Geschäftsleitungsmitglied von Bio Suisse.

Wie kommt es, dass wir im St.Galler Kantonsrat über digiFLUX und mehr Bürokratie in der Landwirtschaft sprechen? Dafür müssen wir zum Ursprung zurück. In der Diskussion um die Trinkwasser- und Pestizid-Initiative hat das eidgenössische Parlament eine parlamentarische Initiative als Gegenvorschlag ins Rennen geschickt. Die Ziele sind, die Risiken von Pestiziden und die Schäden durch Überdüngung zu reduzieren. So sollen Gewässerorganismen und unser Trinkwasser geschützt werden. Die Gesetzgebung richtet sich nicht nur an Landwirtinnen, sondern an alle beruflichen Anwender von Pestiziden. D.h., auch der Golfplatz, die Rabatten der Gemeinden oder die Trassen der SBB sind betroffen.

Damit man weiss, wo man bei der Zielerreichung steht, wurde auch eine Mitteilungspflicht der Stoffflüsse beschlossen. Dies erfolgt im Jahr 2024 zum Glück nicht mehr auf Papier, sondern digital auf der Bundesplattform digiFLUX. Das Projekt digiFLUX hat in der Landwirtschaft berechtigte Kritik ausgelöst. Z.B. würde nach heutigem Stand die parzellengenaue Erfassung der Anwendung von Pestiziden zu einem Mehraufwand führen. Daher haben sich die verschiedenen Branchenverbände an das Bundesamt für Landwirtschaft (BLW) gewandt. Dieses hat reagiert und die Verschiebung der Einführung bekanntgegeben. Die Regelungen für die Händler treten erst im Jahr 2026 in Kraft und jene für die Anwender erst ab dem Jahr 2027. Weiter gibt es für die Anwender eine dreijährige Einführungsphase, in der nur Pflanzenschutzmittel in vereinfachter Form erfasst werden müssen. D.h., je Betrieb müssen der jährliche Verbrauch und die Lagerbestände erfasst werden. Weitergehende Schritte erfolgen gemäss dem BLW im Jahr 2030 nur, wenn der Datenaustausch mit kantonalen Systemen funktioniert und der Datenschutz gewährleistet ist. Das reicht der SVP-Fraktion, der Mitte-EVP-Fraktion und der FDP-Fraktion offenbar nicht. Dem Küken digiFLUX sollen die Flügel gestutzt werden, bevor es flügge ist. Ziemlich einseitig hat man sich auf die Kritikpunkte von digiFLUX eingeschossen. Liebe Kolleginnen und Kollegen der SVP, der FDP und der Mitte: Mich würde es interessieren, ob in Ihren Fraktionen auch über die Vorteile von digiFLUX gesprochen wurde.

Für mich hat digiFLUX drei entscheidende Vorteile:

  1. Die Landwirtschaft kann ihre Leistungen zeigen. Mehr Transparenz bei den Stoffflüssen ermöglicht es, schwarz auf weiss aufzuzeigen, welche Leistungen die Landwirte erbringen – z.B. auch im Vergleich zum Ausland.
  2. DigiFLUX ermöglicht einen Digitalisierungsschub im Agrarvollzug. Eine zentrale Erfassung von Pestiziden, Düngern und Kraftfutter kann den Aufzeichnungsaufwand und v.a. auch den Aufwand einer Mehrfacherfassung reduzieren. Andere Erfassungen können künftig durch digiFLUX ersetzt werden oder darauf aufbauen. So können Synergien genutzt und der Aufwand reduziert werden.
  3. Die Entwicklung erfolgt durch den Bund. Eine private Organisation wie z.B. der Bauernverband könnte sich ein solches Digitalisierungsprojekt nicht leisten und auch nicht stemmen. Ein grosser Agrarkonzern könnte es wahrscheinlich, er hätte aber auch kommerzielle Interessen an den Daten.

Jede Kuh wird heute besser erfasst als gefährliche Pestizide. Die SP-GRÜNE-GLP-Fraktion möchte an der Umsetzung der parlamentarischen Initiative festhalten. Dazu gehört auch die Meldepflicht. Das BLW hat die berechtigte Kritik aus den Branchen ernst genommen und setzt Verbesserungen der Plattform digiFLUX um. Auf diesem konstruktiven Weg möchten wir weitergehen. Das vorliegende Standesbegehren schiesst weit über das Ziel hinaus. Wir bevorzugen klar den Antrag der Regierung gegenüber dem ursprünglichen Wortlaut. Die Regierung nimmt in ihrem Antrag die berechtigte Kritik auf. So, wie es das BLW auch bereits gemacht hat. Allerdings finden wir es nicht sinnvoll, dass die Meldepflicht für die Anwendung von Pestiziden auf zeitlich unbestimmt verschoben wird.

Session des Kantonsrates vom 16. bis 18. September 2024, Herbstsession
17.9.2024Wortmeldung

von Toggenburg-Buchs (im Namen einer Minderheit der Mitte-EVP-Fraktion): Auf das Standesbegehren ist nicht einzutreten.

Wir stehen im Moment in einer teilweise existenzbedrohlichen PFAS-Diskussion (Per- und polyfluorierte Alkylverbindungen). Die betroffenen Betriebe wären sicher froh, könnten sie nachweisen, wann und wie viel sie von welchem Klärschlamm ausgebracht haben. Das ist leider nicht möglich. Genau so etwas würde digiFLUX in womöglich 30 bis 40 Jahren für die jetzt in Anwendung stehenden Produkte bieten. Betriebe, die irgendwo noch eine Parzelle dazugepachtet haben, könnten zwar nachher nachweisen, dass sie das Produkt eingekauft haben. Aber Daten, wo sie es ausgebracht haben, wären laut Fassung der Erstunterzeichnenden nicht vorhanden. Unbestritten ist, dass es ein deutlich erhöhter Aufwand für die Betriebe wäre. Das Bundesamt für Landwirtschaft und auch die Regierung sind mit ihrem Antrag darauf eingegangen.

Session des Kantonsrates vom 16. bis 18. September 2024, Herbstsession
17.9.2024Wortmeldung

Pool-Uznach (im Namen der FDP-Fraktion): Auf das Standesbegehren ist einzutreten.

Um die Qualität von Boden, Luft und Gewässer aufrechtzuhalten, macht es durchaus Sinn, bestimmte Vorgaben, Vorschriften, aber auch Kontrollen umzusetzen. Das liegt im Interesse der gesamten Umwelt. In der Landwirtschaft besteht bereits eine ganze Reihe von Vorgaben und Meldepflichten verbunden mit Subventionsbeiträgen. Bereits heute verlangen die Erfassungen und Meldungen bei einem durchschnittlichen Landwirtschaftsbetrieb einen täglichen Zeitaufwand von einer Stunde. Mit dem neu einzuführenden digiFLUX soll der Handel von Pflanzenschutzmitteln und Nährstoffen erfasst werden. Weiter beinhaltet digiFLUX auch die Erfassung der Anwendung von Pflanzenschutzmitteln. Diese soll parzellenscharf und georeferenziert gemeldet werden. Das bedeutet einen beachtlichen administrativen Mehraufwand für den Nutzer, aber auch für die Kontrolle bei Kanton und Bund, ohne dass ein wirklicher Mehrwert resultiert. Denn durch den Handel und durch das Hofjournal z.B. in der Landwirtschaft sind Kauf und Anwendung bereits festgehalten.

Durch die Fruchtfolge ist diese zusätzliche parzellenscharfe Erfassung bei weitem kein Selbstläufer und auch kein adäquater Mehrwert. Nur weil im Büro immer mehr digital möglich ist, ist es erstens nicht immer ein Mehrwert oder sinnvoll und zweitens in der Praxis nicht mit sogenanntem «keinem Aufwand» umzusetzen. Persönlich kann ich das aus meinem beruflichen Alltag bezüglich Fleischschau, dreifacher Antibiotikameldepflicht, «Amicus» usw. bestätigen. Die Regierung schreibt in ihrer Antwort, dass die Meldung ohne administrativen Aufwand umzusetzen sei. Das ist schlicht nicht realistisch. Alles, was ich zusätzlich erfassen muss, ist mit Mehraufwand verbunden. Mehraufwand, der für die Landwirtschaft unbezahlt bleibt. Mehraufwand, der für den Kanton und den Bund bezahlt werden muss. Wir wollen vereinfachen und nicht einfach den administrativen Aufwand zeitlich verschieben. Wir halten deshalb am ursprünglichen Wortlaut des Standesbegehrens fest.

Session des Kantonsrates vom 16. bis 18. September 2024, Herbstsession
17.9.2024Wortmeldung

Sennhauser-Wil (im Namen der Mitte-EVP-Fraktion): Auf das Standesbegehren ist einzutreten.

Das Thema ist wichtig und muss behandelt werden. Zum Standesbegehren selber äussere ich mich in der Spezialdiskussion.

Session des Kantonsrates vom 16. bis 18. September 2024, Herbstsession
17.9.2024Wortmeldung

Vogel-Bütschwil-Ganterschwil (im Namen der SVP-Fraktion): Auf das Standesbegehren ist einzutreten. Der Antrag der SP-GRÜNE-GLP-Fraktion ist abzulehnen.

Der Antrag der SP-GRÜNE-GLP-Fraktion auf Nichteintreten ist nicht nachvollziehbar und auch der Inhalt ist falsch. Die darin erwähnte Mitteilungspflicht für die Anwendung von Dünger gab und gibt es nicht. Dass man beim Güllen von einem «Blätz» – wie man im Toggenburg sagt – zum anderen zum Traktor steigen und die Flächenerfassung vornehmen muss, haben sich nicht mal die tollkühnsten Bürokraten in Bern ausgedacht. Deshalb erwarte ich von den Parteien hier im Kantonsrat und auch ausserhalb, die stets etwas gegen die produzierende Landwirtschaft sind, zumindest korrekt formulierte Anträge.

Session des Kantonsrates vom 16. bis 18. September 2024, Herbstsession
17.9.2024Wortmeldung

Freund Walter-Eichberg, Ratsvizepräsident: Die Regierung beantragt Gutheissung des Standesbegehrens mit geändertem Wortlaut.

Session des Kantonsrates vom 16. bis 18. September 2024, Herbstsession