Geschäft: Förderung von Pflanzenkohle als Beitrag gegen den Klimawandel

Übersicht
KomiteeKantonsrat
Nummer43.22.02
TitelFörderung von Pflanzenkohle als Beitrag gegen den Klimawandel
ArtKR Postulat
ThemaLandwirtschaft, Tierhaltung, Waldwirtschaft, Umweltschutz
FederführungVolkswirtschaftsdepartement
Eröffnung15.2.2022
Abschlusspendent
Letze Änderung30.3.2022
vertraulichNein
öffentlichJa
dringendNein
Dokumente
PubliziertTypTitelDatei
VorstossWortlaut vom 15. Februar 2022
AntragAntrag der Regierung vom 22. März 2022
Beteiligungen
DatumAkteurTitelLetze Änderung
15.2.2022Person30.10.2024
15.2.2022Person6.8.2024
15.2.2022Person27.6.2024
Abstimmungen
DatumTitelResultatöffentlich
JaBedeutungNeinBedeutungAbsent / Enthaltung
15.6.2022Eintreten44Zustimmung64Ablehnung12
Statements
DatumTypWortlautSession
15.6.2022Beschluss

Der Kantonsrat tritt mit 64:44 Stimmen bei 1 Enthaltung nicht auf das Postulat ein.

Session des Kantonsrates vom 13. bis 15. Juni 2022
15.6.2022Wortmeldung

Regierungsrat Tinner: Auf das Postulat ist nicht einzutreten.

Ich begründe das wie folgt: Landwirtschaftspolitik ist eine nationale Politik und reduziert sich natürlich dann nicht allein auf die kantonalen Möglichkeiten der Einflussnahme. Entscheidend ist aus Sicht der Regierung, und da möchte ich zumindest Blumer-Gossau widersprechen: Die Regierung hat deutlich gesagt, dass wir die Forschungsergebnisse und die Erkenntnisse abwarten möchten, bevor wir jetzt hier entsprechende eigene Massnahmen oder Unterstützungsmöglichkeiten einleiten. Seien wir doch ehrlich: Wenn wir diesen Bericht verabschieden, wird es im Nachgang Geld und Personal brauchen.

Ich bin dann gespannt, wenn ich Ihnen dann gegen den Herbst fünf Stellen im Landwirtschaftsbereich beantragen würde, ob Sie mir die dann auch geben würden. Wir können doch nicht ständig nur Berichte schreiben. Da bin ich absolut bei Schwager-St.Gallen. Wir schreiben Bericht um Bericht für die Galerie, setzen dann aber relativ wenig um und merken dann im Wirksamkeitsbericht Jahre später, dass sich nichts getan hat. Ich würde vorschlagen, wir sind gerne bereit, im Rahmen von Projekten zur regionalen Entwicklung (PRE) innovative Projekte zu unterstützen. Da gibt es bereits heute Umsetzungsmöglichkeiten, und deshalb komme ich hier zum Credo «Unternehmertum vor planwirtschaftlichen Überlegungen». Ich will das Thema nicht schlechtreden, denn ich bin offen, aber im Moment ist es zu früh, und deshalb bitte ich Sie, hier einen Nichteintretensentscheid vorzunehmen.

Session des Kantonsrates vom 13. bis 15. Juni 2022
15.6.2022Wortmeldung

Bosshard-St.Gallen (im Namen einer Minderheit der GRÜNE-Fraktion): Auf das Postulat ist einzutreten.

Es ist jetzt vielleicht ein bisschen der Anschein aufgetreten, dass wir geschlossen gegen die Pflanzenkohle sind. Es ist unbestritten, dass wir dort ein Potenzial sehen. Wir sehen auch, in der Forschung ist schon einiges passiert, aber ein Postulat schadet aus meiner persönlichen Sicht nicht, dass man das genauer anschaut. Man kann natürlich auch dort die Forschungsergebnisse, die es bereits gibt, erfassen und aufzeigen, wie es andere Kantone handhaben. Es gab auch Vorstösse in anderen Kantonen, die angenommen wurden. Es gibt einige in unserer Fraktion, die durchaus Sympathien haben für einen Postulatsbericht und auch Ja stimmen werden.

Session des Kantonsrates vom 13. bis 15. Juni 2022
15.6.2022Wortmeldung

Oppliger-Sennwald: Auf das Postulat ist nicht einzutreten.

Die Bauern haben früher, bevor man Imprägniermittel hatte, Pfähle, damit sie nicht verfaulen, im Feuer verkohlen lassen, damit sie nachher jahrzehntelang nicht biologisch abgebaut werden. D.h., die Kohle kann beides machen: Sie kann Nährstoffe absorbieren und sie kann biologische Prozesse unterbrechen. Es ist sicher richtig, dass die Kohle Nährstoffe absorbieren kann, wie es hier steht.

Das Problem ist die Frage, wenn man sie jetzt im Feld einsetzt: Wann gibt die Kohle überhaupt die Nährstoffe wieder frei? Das muss man in der Grundlagenforschung zuerst herausfinden, ob sie dann überhaupt die Nährstoffe, die man gefunden hat – z.B. Ammoniak – je wieder freigibt für die Pflanzen. Anstatt jetzt grossflächig den Einsatz von Pflanzenkohle zu empfehlen, sollte man das Geld besser in die Grundlagenforschung tun: Wann werden die Nährstoffe eventuell freigelassen? Zweitens muss man empirische Praxisversuche machen, bevor man das bestätigen kann. Ich bin eher dafür, dass man die Regierung unterstützt und ihr vielleicht empfiehlt, sie soll parallel zur Grundlagenforschung empirische Praxisversuche unterstützen.

Session des Kantonsrates vom 13. bis 15. Juni 2022
15.6.2022Wortmeldung

Schwager-St.Gallen: Auf das Postulat ist nicht einzutreten.

Ich gehöre zu jenen, die von der Pflanzenkohle offen gesagt wirklich noch nie etwas gehört haben. Ich habe aber schon viele andere schlaue Dinge gehört, die wir besprochen haben, die wir entschieden haben, aber die leider bis jetzt der Umsetzung harren. Und ich frage mich wirklich, ob unsere kantonale Verwaltung – bei allen Qualitäten, die sie hat – die richtige Institution ist, um die Frage der Pflanzenkohle abzuklären. Ich würde mir mehr versprechen davon, wenn wir all diese schönen Berichte, die wir bereits gemacht haben, endlich einmal in die Tat umsetzen würden, statt noch einen Bericht hinzuzufügen über etwas, was andere Institutionen wahrscheinlich mit viel besserer Qualifikation abklären könnten. Also, setzen wir das um, was wir bereits beschlossen haben: unser Energiegesetz und all die anderen vielen schönen Sachen, und warten wir, bis andere Institutionen die Frage der Pflanzenkohle besser evaluiert haben.

Session des Kantonsrates vom 13. bis 15. Juni 2022
15.6.2022Wortmeldung

Schmid-St.Gallen: Auf das Postulat ist einzutreten.

Ich habe nichts in diesem Rat gehört, das gegen diese Pflanzenkohle sprechen würde. Auch die Gegner, also diejenigen, die den Antrag der Regierung gutheissen wollen, sind von den Vorteilen dieser Pflanzenkohle überzeugt. Aber es geht darum: Möchte man noch einen Bericht haben oder nicht? Ich kann Ihnen die Angst vor zu viel Papier durchaus nehmen, weil dieser Bericht ist sowieso angekündigt mit diesen Projekten, denn diese müssen schriftlich dann irgendwie niedergelegt sein. Das wird also sowieso verschriftlicht, und ob man jetzt den Teil aus diesen Projekten über Pflanzenkohle noch in ein Postulat setzt, das macht nicht mehr so viel zusätzliche Arbeit. Aber die Wirkung ist eben eine ganz andere. Wenn wir hier in diesem Rat dieses Postulat überweisen, dann setzen wir ein wichtiges Zeichen dafür, dass die Landwirtschaft eben ihre Mittel gegen die Klimaerwärmung durchaus auch nützen möchte und auch nützen kann.

Wir haben letzte Woche in der Zeitung gelesen, dass der Kanton St.Gallen bei der Gülle-Problematik, sprich Ammoniak-Problematik extrem schlecht dasteht. Auch da könnte diese Pflanzenkohle eben wahrscheinlich etwas nützen. Das müsste geprüft werden, aber das wird sowieso geprüft, es muss dann aber eben auch an die Öffentlichkeit kommen. Das Problem dieser Pflanzenkohle ist, dass niemand in der breiten Bevölkerung eigentlich genau weiss, was das ist. Da hat das Postulat eben die Möglichkeit, Öffentlichkeit zu schaffen und eben die positiven Aspekte dieser Pflanzenkohle ins Zentrum zu rücken. Das ist auch der Sinn dieses Postulats, und deshalb bitte ich Sie wirklich, stimmen Sie dem zu. Es ist ein Zeichen, es ist eine Win-win-Situation, und das sollten wir nicht verpassen.

Session des Kantonsrates vom 13. bis 15. Juni 2022
15.6.2022Wortmeldung

Bisig-Rapperswil-Jona legt seine Interessen als Mitarbeiter von Bio Suisse offen. Auf das Postulat ist einzutreten.

Die Vorteile der Pflanzenkohle werden in diesem Rat nicht bestritten. Blumer-Gossau hat sie ausgeführt, und auch die Gegner dieses Postulats bestreiten die Vorteile nicht. Es geht also im Wesentlichen um die Frage, ob ein Postulat notwendig ist oder nicht.

Wir Grünliberalen erachten es als notwendig, weil der Vorteil eines Postulats ist es, dass man die verschiedenen Bereiche, die die Pflanzenkohle tangiert – Landwirtschaftspolitik, Forst- und Klimapolitik – in einem Postulat gemeinsam betrachten kann und so der Pflanzenkohle, wie Bonderer-Sargans gesagt hat, das richtige Gewicht geben kann und so einen wichtigen Aspekt in der Landwirtschaftspolitik auch vorantreiben kann.

Zu Gschwend-Altstätten: Sie werden die Klimaziele in der Landwirtschaft nur erreichen, wenn Sie auch technische Möglichkeiten miteinbeziehen. Dazu gehört auch die Pflanzenkohle. Natürlich ist es wichtig, auch die Tierbestände zu reduzieren, aber alleine damit werden Sie Netto-Null nicht erreichen. Sie brauchen in der Landwirtschaft auch weitere Massnahmen. Deswegen unterstützen wir dieses Postulat. Wir denken, es ist eine Chance für unseren ländlichen Kanton, für die Landwirtschaft, die Forstwirtschaft, und wir können uns hier auch als innovativ und modern präsentieren. Ich glaube, dass der Kanton St.Gallen hier auch genügend Fachwissen und Fachkompetenz aufweist, um die Pflanzenkohle voranzubringen.

Session des Kantonsrates vom 13. bis 15. Juni 2022
15.6.2022Wortmeldung

Bonderer-Sargans legt seine Interessen offen als ehemaliger Mitarbeiter einer der innovativsten Betriebe in der Ostschweiz, welcher Pflanzenkohle fördert und daraus Produkte entwickelt. Auf das Postulat ist einzutreten.

Wie es Freund-Eichberg bereits gesagt hat, ist die Mehrheit der SVP für Nichteintreten. Ich sehe es ein wenig anders. Ich bin der Ansicht, dass Pflanzenkohle ein sehr wichtiges Produkt für unsere Zukunft ist, ein sehr hohes Mass an Innovationskraft bietet und dass wir dieses Postulat brauchen, um diesem Produkt den nötigen Schub zu verleihen. Wie wir verschiedentlich gehört haben, laufen Projekte. Aber diese Projekte laufen meiner Ansicht nach mit zu wenig öffentlicher Wahrnehmung, mit zu wenig Druck, etwas umzusetzen und Resultate zu bringen – es wird so nebenbei mitgezogen. Aus diesem Grund finde ich es richtig, dass man es aufs Tapet bringt und damit dem Postulat den notwendigen Schub verleiht.

Wie Toldo-Sevelen erwähnt hat, ist dieses Produkt nicht nur für die Landwirtschaft wesentlich. Wir haben einen Beton, der hergestellt wird mit Pflanzenkohle. Dieser Beton bindet CO₂. Das sind prämierte Produkte, die der 2000-Watt-Gesellschaft gerecht werden können und das schlechtgeredete Produkt Beton etwas anheben und in ein anderes Licht rücken können. Das sind wesentliche Schritte in unseren Klimazielen. Die Pflanzenkohle ist ein Nebenprodukt aus der Holzindustrie und kann mehrfachen Nutzen bringen. Sie bindet CO₂, wertet unsere Böden auf, und wenn ich in der Begründung der Regierung lese, dass bei unseren Böden keine signifikanten Verbesserungen der Erträge realisiert werden können, muss ich sagen: Wir müssen auch schauen, dass die Erträge nicht retourgehen. Mit der Pflanzenkohle kann man einen Beitrag dazu leisten, dass die Erträge stabil bleiben und die Bodengesundheit auch erhalten bleibt. Auch das sehr viel beredete Thema von Geruchsemissionen wurde schon erwähnt. Den Begriff Ammoniak hört man überall, auch ausserhalb der Landwirtschaft ist es ein Problem. Pflanzenkohle hat die Fähigkeit, dieses zu binden. Wie gross diese Lösung sein wird, wird sich zeigen, das hat Freund-Eichberg auch gesagt. Aber wir müssen mehr investieren, wir müssen ein Committment abgeben für ein Produkt, das Potenzial hat. Dann bekommt es eine andere Bühne, eine andere Wichtigkeit.

Ich bin für Eintreten auf dieses Postulat und ich bitte Sie, geben Sie dem Produkt Pflanzenkohle eine Chance. Geben Sie dem Produkt eine andere Bühne und stimmen Sie dem Postulat zu.

Session des Kantonsrates vom 13. bis 15. Juni 2022
15.6.2022Wortmeldung

Gschwend-Altstätten (im Namen der GRÜNE-Fraktion): Auf das Postulat ist nicht einzutreten.

Es ist jetzt viel ausgeführt worden und die Vorteile dieser Methode sind ausführlich dargestellt worden. Was aber weitgehend verschwiegen wurde: Die Herstellung ist sehr aufwendig und ist verbunden mit etlichem Unbekannten. Aus diesem Grund ist für die GRÜNE-Fraktion der Antrag der Regierung nachvollziehbar. Auch deswegen, weil es nicht unbedingt unsere Sache ist, dass wir diese Ausführungen und Abklärungen in der ganzen Breite selber unternehmen. Und was noch viel wichtiger ist: Erste Massnahmen sind schon da bzw. auf der Schiene. Was uns aber ganz wichtig ist: Wenn dieser Einsatz so entscheidend sein soll für die ganze Geschichte der negativen Auswirkungen der Landwirtschaft, dann gäbe es eine ganz einfache Methode, die sofort umsetzbar wäre, nämlich eine Verminderung der Anzahl der Nutztiere. In diesem Sinne unterstützen wir den Antrag der Regierung, wie er vorliegt.

Session des Kantonsrates vom 13. bis 15. Juni 2022
15.6.2022Wortmeldung

Toldo-Sevelen (im Namen der FDP-Fraktion): Auf das Postulat ist nicht einzutreten.

Der Einsatz von Pflanzenkohle gilt unabhängig vom Klimawandel als ein Potenzial in der Landwirtschaft, aber nicht nur in der Landwirtschaft. Dem stimmt die Regierung zu, sie ist aber dennoch für ein Nichteintreten auf das Postulat. Als Begründung wird insbesondere auf die fehlenden Ergebnisse der zwei laufenden Forschungsprojekte in der Schweiz verwiesen. Weiter wird argumentiert, dass das Thema Pflanzenkohle bereits in das Pilotprojekt «Klimaschutz in der Landwirtschaft» aufgenommen werde. Schliesslich sei auch vorgesehen, den Pflanzenkohleeinsatz durch Ressourcenprojekte zusätzlich zu fördern. Die FDP-Fraktion kann der Argumentationslinie der Regierung folgen und sieht ebenfalls keinen Mehrwert in einem weiteren Bericht.

Session des Kantonsrates vom 13. bis 15. Juni 2022
15.6.2022Wortmeldung

Freund-Eichberg (im Namen der Mehrheit der SVP-Fraktion): Auf das Postulat ist nicht einzutreten.

Die Postulanten greifen hier ein interessantes Thema für die CO₂-Reduktion in der Landwirtschaft auf. Blumer-Gossau hat des Langen und Breiten erklärt, warum das für die Landwirtschaft so wichtig ist. Ich kann ihm sogar zustimmen, dass die Idee, Pflanzenkohle zu produzieren, sehr wohl angedacht werden kann. Cozzio-Uzwil hat es gerade gesagt, im Neckertal steht ein Projekt mit Fernheizung mit Holz und Pflanzenkohle in den Startlöchern. Da wird natürlich dann die Regierung ein riesiges Problem mit der Raumplanung haben und nicht wegen der Pflanzenkohle.

Als ich als Mitunterzeichner über dieses Thema gelesen habe, dachte ich, jede neue Geschäftsidee ist für die Landwirtschaft wichtig, damit die Bauern weitere Ideen verwirklichen können. Bei der näheren Betrachtung hat sich die sofortige Aufbereitung dieses Themas abgeschwächt. Dass es einen Postulatsbericht im jetzigen Zeitpunkt braucht, glauben wir nicht. Wir haben das schon mehrmals in unserem Rat behandelt – nur hatte es keinen so grossen Titel gehabt –, z.B. im Bericht 40.21.03 «Strategie zur Anpassung an den Klimawandel im Kanton St.Gallen» in Abschnitt 5.11.3 (Umsetzung künftiger neuer Massnahmen) ist dieses Thema erwähnt.

Das Thema Pflanzenkohle soll wie geplant in das Pilotprojekt «Klimaschutz in der Landwirtschaft», das geeignete Klimaschutzmassnahmen für die St.Galler Landwirtschaft erarbeitet, aufgenommen werden. Neben der Senkleistung soll auch die Möglichkeit von CO₂-Zertifikaten weiter bearbeitet werden. Das ist die Meinung der Regierung und auch die Meinung der Mehrheit der SVP-Fraktion. Sobald diese Abklärungen im Pilotprojekt positiv bewertet werden, sind wir gerne bereit, weitere Massnahmen einzufordern. Der Postulatsbericht muss nicht parallel noch zum Pilotprojekt «Klimaschutz in der Landwirtschaft» geschrieben werden.

Auch durch den Bericht 40.20.02 «Perspektiven der St.Galler Landwirtschaft» ist ein Pilotprojekt unter Federführung des Landwirtschaftsamts angelaufen. Es ist ein Projekt, das jetzt finanziert wird und angelaufen ist und das die Möglichkeiten der Verwendung der Pflanzenkohle aufzeigen soll. Warum wir jetzt noch einen Postulatsbericht brauchen, weiss ich auch nicht, weil es läuft eigentlich schon das Projekt. Ich gehe davon aus, dass ein Postulatsbericht sehr wichtig ist für die Bearbeitung von Projekten, Aufträgen oder Motionen, wie das ein bisschen üblich ist im Rat. Aber wenn schon ein Projekt besteht und die Erarbeitung von Pflanzenkohle angedacht und bearbeitet wird, finden wir, braucht es keinen Bericht.

Session des Kantonsrates vom 13. bis 15. Juni 2022
15.6.2022Wortmeldung

Cozzio-Uzwil (im Namen der Mitte-EVP-Fraktion): Auf das Postulat ist nicht einzutreten.

Ich spreche ein bisschen in einem Spagat – im Namen der Mitte EVP-Fraktion und in meinem Namen. Leider – aus meiner Sicht – hat sich die grosse Mehrheit der Mitte-EVP-Fraktion gegen dieses Postulat entschieden. Ich finde das persönlich natürlich nicht gut, aber auch die Mehrheit unserer Fraktion hat Gründe. Für sie sind es vor allem die noch nicht reifen Prozesse bei der Pflanzenkohle, die dagegen sprechen, sowie verschiedene andere Faktoren. Ich sehe das anders und ich freue mich über die Tatsache, dass trotz der Ablehnung dieses Postulats auch der Kanton hier durchaus positive Akzente setzt. Ich spreche von einem Projekt im Neckertal, wo der Kanton und das Bau- und Umweltdepartement durchaus Hand bieten für eine Lösung. Leider sind es dort die Umweltverbände, die diese Lösung verhindern.



Session des Kantonsrates vom 13. bis 15. Juni 2022
15.6.2022Wortmeldung

Blumer-Gossau (im Namen der SP-Fraktion): Auf das Postulat ist einzutreten.

Pflanzenkohle – was ist das? Der Begriff ist mir nicht geläufig, werden wohl viele von Ihnen denken. Genau das ist bereits ein wichtiger Grund, dieses Postulat gutzuheissen. Pflanzenkohle und deren sehr vielfältige Qualitäten müssen wir kennenlernen. Ich freue mich, dass das Postulat von Kolleginnen und Kollegen aus allen Fraktionen unterzeichnet ist, und hoffe entsprechend auch auf eine Gutheissung.

Erst wenn uns Pflanzenkohle ein vertrauter Begriff ist, sehen wir auch das riesige Potenzial, das die Pflanzenkohle für Land- und Forstwirtschaft, für die Biodiversität, für die Bau- und Kunststoffindustrie und insbesondere auch für die CO₂-Problematik bietet. Pflanzenkohle ist hervorragend geeignet als CO₂-Senke, da Pflanzenkohle CO₂ Hunderte von Jahren speichern kann. Pflanzenkohle bietet viele und sehr unterschiedliche ökologisch sehr sinnvolle und klimarelevante Nutzungsmöglichkeiten. Es ist unbegreiflich, dass die sehr vielseitigen Qualitäten der Pflanzenkohle nicht längst bekannt sind. Pflanzenkohle müsste an den landwirtschaftlichen Schulen längst zum Pflichtstoff gehören und verbreitet, professionell produziert und angewendet bzw. genutzt werden.

Hier ein paar Anwendungsbeispiele für die Pflanzenkohle, wie Sie sie auch im Postulat nachlesen können: Als Futtermittelzusatz bei Kühen wird deren Verdauung unterstützt und die Entstehung von Klimagasen reduziert. Als Zugabe zur Stalleinstreu oder zur Gülle bindet sie flüssige Nährstoffe und vermindert dadurch die lästigen Geruchsemissionen. Im Kompost beschleunigt die Pflanzenkohle die Verrottung. Zur Bodenverbesserung eignet sich Pflanzenkohle und hilft, dass die Pflanzen Trockenperioden – und die werden häufiger – besser überstehen können. Pflanzenkohle bietet eine sinnvolle Nutzung von überschüssigen lokalen Rohstoffen wie Sturmholz, Baumschnitt und naturbelassenem Restholz, und – ganz wichtig –, Pflanzenkohle bindet CO₂ über viele Jahrhunderte. Sie sehen, das Potenzial ist enorm. Das Postulat muss gutgeheissen werden.

Zum Antrag der Regierung auf dem roten Blatt: Die Regierung anerkennt das vielseitige Potenzial der Pflanzenkohle in den ersten beiden Abschnitten ihres Antrags. Völlig unerwartet, an den Haaren herbeigezogen, oder vielleicht – erlauben Sie mir diesen Gedanken – gar durch Bremser in der Verwaltung oder an den landwirtschaftlichen Schulen gedrängt, versteigt sich unserer Ansicht nach die Regierung im dritten und längsten Abschnitt ihres Antrags in eine völlig übertriebene und teils auch falsche Auflistung von Negativpunkten, um ihren Nichteintretensantrag zu rechtfertigen.

Das verstehe ich nicht, und Sie merken es, das ärgert mich auch. Da schreibt die Regierung u.a. von möglicher Schwermetallanreicherung und von Schadstoffen wie Pflanzenschutzmittel und Herbizide beim Einsatz der Pflanzenkohle als Bodenverbesserer. Dieses spekulative Schlechtschreiben der Pflanzenkohle ist unerhört. Die Regierung bezieht sich in ihrem Antrag u.a. auf den Bericht Nr. 112 von Agroscope Science aus dem Jahr 2021 mit dem Titel: «Pflanzenkohle in der Landwirtschaft: Hintergründe zur Düngerzulassung und Potentialabklärung für die Schaffung von Kohlenstoff-Senken». Darin wird zu Recht darauf hingewiesen, dass die Pyrolyse – so heisst das Herstellungsverfahren für Pflanzenkohle – exakt und sorgfältig kontrolliert durchgeführt werden muss. Ist das der Fall – und davon muss und darf man doch ausgehen –, bleiben keine Schadstoffe zurück. In der Zusammenfassung der genannten Studie auf S. 5 steht dazu Folgendes: «Bei Einhaltung der in der Schweiz geltenden Zertifizierungsvorschriften nach dem europäischen [Pflanzenkohlezertifikat] sind schädliche Auswirkungen weder auf die Ökosysteme noch die Anwender zu befürchten. Neue Anwendungsfelder in der Bau- und Kunststoffindustrie sowie bei der Wasser- und Luftreinhaltung machen [Pflanzenkohle] zudem zu einem lukrativen landwirtschaftlichen (Neben-)Produkt, das nicht nur in der Landwirtschaft, sondern insbesondere auch in der Industrie und Umwelttechnik Einsatz findet.» Alles positive Meldungen in der benannten Studie. Ungeachtet dieser vielversprechenden Einschätzung in der Zusammenfassung der Studie hat die Regierung offenbar irgendwo in der 71-seitigen Studie eine Stelle gefunden, in der steht, dass trotz vieler positiver Effekte der Einsatz von Pflanzenkohle in der Landwirtschaft nicht ökonomisch sein soll.

Nebst dem Widerspruch zu meinem Zitat ist das angesichts der heutigen Klimakrise auch gar kein Argument gegen dieses Postulat. Sehr wohl für die Gutheissung des Postulates spricht hingegen der Schluss, wiederum aus benannter Studie von Agroscope Science: «Bei konsequenter Anwendung der Pyrolysetechnologie [...] könnten bis zum Jahr 2050 jährlich bis zu 4 Mio. [Tonnen] CO₂eq sequestriert und somit 80 [Prozent] der dann voraussichtlich noch verbleibenden Treibhausgasemissionen der Schweiz kompensiert werden. Zudem lassen sich landwirtschaftliche Emissionen, vor allem Lachgas und Ammoniak, sowie die Auswaschung von Nitrat im Grundwasser deutlich reduzieren. Auf Basis der vorgelegten Daten, der Risikoevaluation und der technisch vergleichbar einfachen Umsetzung, kann [Pflanzenkohle] eine wichtige Rolle bei der Optimierung von Ökosystemdienstleistungen sowie bei der Erreichung der schweizerischen Klimaziele zukommen.» Auch hier wieder nur positive Äusserungen. Was wollen Sie denn noch mehr? Eine Gutheissung des Postulates gibt uns hier die Chance, dem riesigen Potenzial der Pflanzenkohle in unserem Kanton endlich die nötige Beachtung zu schenken und das vielseitige Potenzial der Pflanzen in der Folge auch zu nutzen. Das dient der Landwirtschaft, dem Forst und weiteren Wirtschaftszweigen, der Biodiversität und dem Klima – also eine Win-win-win-win-win-Situation.

Session des Kantonsrates vom 13. bis 15. Juni 2022
15.6.2022Wortmeldung

Schöb-Thal, Ratsvizepräsidentin: Die Regierung beantragt Nichteintreten.

Session des Kantonsrates vom 13. bis 15. Juni 2022