Geschäft: Ungleichbehandlung von Pflichteid und Gelübde aufheben
Komitee | Kantonsrat |
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Nummer | 42.21.22 |
Titel | Ungleichbehandlung von Pflichteid und Gelübde aufheben |
Art | KR Motion |
Thema | Grundlagen und Organisation |
Federführung | Präsidium des Kantonsrates |
Eröffnung | 21.9.2021 |
Abschluss | pendent |
Letze Änderung | 9.6.2022 |
vertraulich | Nein |
öffentlich | Ja |
dringend | Nein |
Datum | Akteur | Titel | Letze Änderung |
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21.9.2021 | Person | Erstunterzeichner/-in - Abderhalden-Nesslau | 30.10.2024 |
21.9.2021 | Person | Erstunterzeichner/-in - Seger-St.Gallen | 30.10.2024 |
21.9.2021 | Person | Erstunterzeichner/-in - Bosshard-St.Gallen | 30.10.2024 |
Datum | Titel | Resultat | öffentlich | ||||
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Ja | Bedeutung | Nein | Bedeutung | Absent / Enthaltung | |||
15.2.2022 | Eintreten | 44 | Zustimmung | 62 | Ablehnung | 14 |
Datum | Typ | Wortlaut | Session |
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15.2.2022 | Beschluss | Der Kantonsrat tritt mit 62:44 Stimmen bei 2 Enthaltungen nicht auf die Motion ein. | Session des Kantonsrates vom 14. und 15. Februar 2022 |
15.2.2022 | Wortmeldung | Surber-St.Gallen, in Stellvertretung des Sprechers des Präsidiums, Gull-Flums: Auf die Motion ist nicht einzutreten. Dem Präsidium geht es primär um die Bewahrung dieser Tradition. Vielleicht ist es auch ein bisschen speziell, das muss man hier sicher attestieren. Wir treffen uns nun seit Beginn dieser Amtsdauer in dieser Olma-Halle ausserhalb unseres üblicherweise begangenen, ehrwürdigen Ratssaales. Dieser ehrwürdige Ratssaal bringt mit, dass er schön gelegen ist zwischen dem katholischen Kloster und der reformierten Kirche St.Laurenzen. Üblicherweise, wenn dieser Eid geschworen ist, erklingen dann die Glocken dieser beiden Kirchen. Es gibt also durchaus eine gewisse Tradition, in der eben die Kirchen bei diesem Eid mitwirken. Daran möchte das Präsidium gerne festhalten. Es sieht keine Veranlassung, daran etwas zu ändern, und es beantragt Ihnen daher Nichteintreten auf diese Motion. | Session des Kantonsrates vom 14. und 15. Februar 2022 |
15.2.2022 | Wortmeldung | Tschirky-Gaiserwald: Auch wenn die CVP das «C» nicht mehr in ihrem Namen trägt und zu «Die Mitte» gewechselt hat, heisst das noch lange nicht, dass die Grundfeste und die Grundwerte unserer Partei nicht christlich orientiert sind. Das zu Ihrem Verständnis und zur Kenntnisnahme. | Session des Kantonsrates vom 14. und 15. Februar 2022 |
15.2.2022 | Wortmeldung | Bosshard-St.Gallen: Auf die Motion ist einzutreten. Ich erlaube mir, ein zweites Mal das Wort zu ergreifen, um auf einige Aussagen aus dem Rat zu reagieren: Böhi-Wil, wenn das Religiöse tatsächlich nicht mehr im Vordergrund steht, warum wird dann Gott explizit im Eid erwähnt? Jemand, der konfessionslos ist, glaubt nicht zwingend an einen Gott. Er kann zwar an einen Gott glauben, muss dann aber trotzdem nicht den Eid leisten. Das wäre bei mir der Fall. Ich bin kein extremistischer Atheist, der hier etwas durchbringen will. Kuratli-St.Gallen, wir sind auch nicht mediengeil. Mit der gleichen Argumentationslogik könnte ich behaupten, Sie seien mediengeil, dass Sie unbedingt gestern hier vorne stehen wollten. Der Ratsfotograf kann gerne bei der Vereidigung auch fernbleiben, auch wenn er zugegebenermassen sehr gute Arbeit leistet. Ich habe das Gefühl, dass unser Anliegen immer noch nicht ganz verstanden wurde. Es ist eine tatsächliche Ungleichbehandlung. Man stelle sich einmal vor, wenn der religiöse Eid nur noch von Mitgliedern der Die Mitte-EVP-Fraktion abgelegt werden dürfte und die Mitglieder der anderen Parteien, auch der SVP, müssten sich mit dem schriftlichen Gelübde zufrieden geben. So, wie es in dieser Sache keine Ungleichbehandlung aufgrund der politischen Haltung gibt, darf dies auch nicht aufgrund der Weltanschauung gemacht werden. Und wir wollen absolut keine Tradition schwächen. Wir wollen eine Tradition stärken, die Tradition der mündlichen Vereidigung. Bitte erklären Sie mir, was an der Tradition des Kreuzchenmachens auf einem Formular denn erhaltenswert ist. Nun möchte ich mich noch kurz direkt an die Die Mitte wenden: Sie haben vor nicht allzu langer Zeit Ihren Parteinamen geändert. Das «C» steht nicht mehr im Vordergrund, auch weil Sie neue Wählerinnen und Wähler ansprechen möchten. Ich gehe davon aus, dass diese auch konfessionslos sein dürfen, ansonsten korrigieren Sie mich bitte. Indem Sie unsere Motion unterstützen, können Sie Ihren potenziellen Wählerinnen und Wählern im Kanton St.Gallen und auch dem Rest der Schweiz heute zeigen, dass das «C» nun tatsächlich nicht mehr im Vordergrund steht, so, wie es eben beim Pflichteid ist. Es kann auch einmal sein, dass Sie ein konfessionsloses Fraktionsmitglied haben, welches das Gelübde gerne mündlich ablegen möchte. Verwehren Sie doch diesen künftigen Ratsmitgliedern nicht diese Möglichkeit. Geben wir den künftigen neuen Ratsmitgliedern die echte Wahlfreiheit zwischen Pflichteid und Gelübde. Bitte treten Sie auf diese Motion ein. Sie nehmen niemandem etwas weg. | Session des Kantonsrates vom 14. und 15. Februar 2022 |
15.2.2022 | Wortmeldung | Tschirky-Gaiserwald (im Namen der Die Mitte-EVP-Fraktion): Auf die Motion ist nicht einzutreten. Der Antrag des Präsidiums ist fast schon historiografisch ausgestaltet. Wenn man die Tradition bzw. das Bekenntnis berücksichtigt, dass wir jeweils auch bei anderen Vorlagen und bei anderen Referaten und Referenzen unser christlich-abendländischen Kulturgut ins Spiel bringen, so ist es wichtig und richtig, dass wir auch weiterhin auf dieses christlich-abendländische Kulturgut setzen und dieses auch leben. Vor diesem Hintergrund ist es wenig erstaunlich, dass sich die Die Mitte EVP-Fraktion für Nichteintreten auf diese Motion ausspricht. Ich bitte Sie, dasselbe zu tun. | Session des Kantonsrates vom 14. und 15. Februar 2022 |
15.2.2022 | Wortmeldung | Kuratli-St.Gallen: Auf die Motion ist nicht einzutreten. Jedes neue Ratsmitglied kann frei entscheiden, wie er oder sie als Mitglied des Kantonsrats vereidigt werden soll. Dass Sie, geschätzte Motionäre, hier etwas ändern möchten, obwohl hier kein Problem vorliegt, kann ich persönlich nicht verstehen, und ich befürchte, dass hier noch viel mehr dahintersteckt. Mir scheint es, hier geht es nicht um die Tradition, sondern um das Bild, das Sie stört, wenn Sie nicht vorne stehen können und in festlichem Rahmen vereidigt werden, weil Sie sich entschieden haben, nicht den Pflichteid abzulegen. Das war Ihre eigene Entscheidung, und niemand hat Sie dazu gezwungen. Wenn aus Ihrer Sicht das Wort «Gott» das Problem ist, kann ich Sie beruhigen. Im Verständnis von Mythologien, Religionen und Glaubensüberzeugung werden einem Gott besondere Verehrung zuteil und besondere Eigenschaften zugeschrieben, darunter oft die Eigenschaft, erster Ursprung, Schöpfer oder Gestalter der Wirklichkeit zu sein. Das Wort «Gott» schränkt nicht ein, wie Sie glauben, und ich gehe schwer davon aus, dass jeder an irgendetwas glaubt, auch wenn er keiner religiösen Gemeinschaft angehört. Die Ungleichbehandlung, wie Sie sie beschreiben, ist also rein persönlicher Natur und kein gesellschaftliches Problem. Nur weil es an anderen Orten so gehandhabt wird, wie Sie gerne hätten, heisst dies noch lange nicht, dass wir das im Kanton St.Gallen auch so machen müssen. Halten wir an unserer langjährigen Tradition fest, denn diese ist auch im 21. Jahrhundert noch die richtige, denn sie ist nicht bevormundend, sondern sie ist selbstbestimmend. | Session des Kantonsrates vom 14. und 15. Februar 2022 |
15.2.2022 | Wortmeldung | Lippuner-Grabs (im Namen der FDP-Fraktion): Auf die Motion ist einzutreten. Mit der Vereidigung geloben wir als Kantonsrätinnen und Kantonsräte, unser Amt gewissenhaft und treu zu erfüllen und die öffentliche Wohlfahrt zu fördern. Beim Pflichteid schwören wir dieses Versprechen vor Gott, beim Gelübde wird auf diesen Gottesbezug verzichtet. Die Versprechen und die Verpflichtungen sind dieselben. Ich hatte mich für den Pflichteid entschieden und durfte somit an einer würdigen Vereidigung teilnehmen, die mir neben der Würde auch die Bürde dieses Amts nochmals in Erinnerung rief. Es gibt keinen ersichtlichen Grund, Ratskolleginnen und Ratskollegen einen feierlichen Akt zu verwehren, nur weil sie sich für das Gelübde entscheiden. Die Motionärin und die Motionäre wollen den Pflichteid und damit den Schwur vor Gott nicht abschaffen, dieser soll unangetastet bleiben. Sie fordern hingegen, dass auch das Gelübde mündlich geleistet werden soll. Man nimmt damit niemandem etwas weg. Das Gelübde würde verlesen, die Damen und Herren würden im Anschluss gemeinsam «ich gelobe» sprechen, und das war es auch schon – eine kleine organisatorische Anpassung mit grosser Wirkung für die zu vereidigenden Kolleginnen und Kollegen. | Session des Kantonsrates vom 14. und 15. Februar 2022 |
15.2.2022 | Wortmeldung | Abderhalden-Nesslau: Auf die Motion ist einzutreten. Es ist unüblich, dass Mitglieder dieses Rates in ihrer ersten Session einen Vorstoss einreichen – und das sogar überparteilich. Wie kam es dazu? 2022 kennt der Kanton nur eine feierliche Form der Verpflichtung auf unsere Kantonsverfassung, nämlich den Schwur, die Anrufung Gottes. Möchte man, wie das ein liberales und modernes Staatswesen ermöglicht, keinen Eid schwören, sondern ein Gelöbnis ablegen, gibt es heute nur die Möglichkeit der schriftlichen Mitteilung. Sie denken vielleicht, das sei doch kein Problem. Aber finden Sie es richtig, dass Eid und Gelübde so dermassen ungleich behandelt werden? Ich habe mich gegen den Schwur auf Gott entschieden, obwohl ich Mitglied der evangelisch-reformierten Kirche bin. Damit entschied ich mich auch gegen den feierlichen Beginn meiner Tätigkeit in diesem Rat. Nun kann das Präsidium der Ansicht sein, man wolle diese Ungleichbehandlung weiterführen. Die Begründung im Antrag des Präsidiums ist aber wenig überzeugend, und dies aus zwei Gründen: Erstens begründet das Präsidium in seiner Antwort seine ablehnende Haltung damit, dass es eine Tradition schützen wolle. Es zeigt auf, was vor 100 Jahren galt und vermittelt damit, der Standpunkt von damals zu einer Fragestellung von heute, 100 Jahre später, sei wohlbegründet. Das Gegenteil ist der Fall: Würde man so argumentieren, wie das Präsidium es in seinem Antrag tat, wäre jeglicher politische oder gesellschaftliche Fortschritt ausgeschlossen. Um es auf den Punkt zu bringen: Argumentierte man so, würden 2022 keine Frauen in diesem Raum sitzen. Zweitens geht es den Motionärinnen und Motionären nicht darum, das Handgelübde wieder einzuführen. Es geht lediglich darum, dass man im feierlichen Akt vor der Regierungsbank auch die Möglichkeit erhält zu sagen: «Ich gelobe!». So, wie das bei der Vereidigung von Mitgliedern des Bundesrates und des Nationalrates der Fall ist. So, wie das in vielen Kantonen möglich ist. Es geht um ein Stück Freiheit: Jede und jeder soll die Möglichkeit erhalten, ob mit Eid oder Gelübde, feierlich als Mitglied dieses Rates oder der Regierung verpflichtet zu werden. | Session des Kantonsrates vom 14. und 15. Februar 2022 |
15.2.2022 | Wortmeldung | Sailer-Wildhaus-Alt St.Johann (im Namen der SP-Fraktion): Auf die Motion ist einzutreten. Wir können die Motionärinnen gut verstehen. Es ist in unseren Augen unfair und störend, wenn einige Neugewählte feierlich vor die Regierungsbank treten dürfen, schön von einem Weibel dahin begleitet, von den Kameras eingefangen, und dort den Schwur leisten dürfen, währenddessen das ganze Parlament aufsteht. Für das Gelübde hingegen wird vorgängig, wie schon gesagt, im stillen Kämmerlein ein Formular ausgefüllt, abgeschickt, dem Kantonsratspräsidenten oder der Kantonsratspräsidentin überreicht, sie liest es dann vor, die Gewählten bleiben am Platz, und man ist gewählt. Also feierlich tönt anders. Das ist nicht mehr zeitgemäss. Zudem kennen diverse Kantone und auch das Bundesparlament auch das mündliche Gelübde, wo alle gleich behandelt werden. Heute darf es nicht mehr sein, dass jemand, der auf Gott schwört, anders behandelt wird als jemand, der das eben nicht möchte. Zur Begründung des Präsidiums: Die überzeugt mich und unsere Fraktion überhaupt nicht. Nur weil es schon 100 Jahre so läuft, heisst das nicht, dass man es nochmals 100 Jahre so machen muss. Besonders ein Satz stört, wenn da steht, dass es vergleichsweise zu viel Zeit in Anspruch nimmt, wenn die Präsidentin oder der Präsident jedem die rechte Hand reichen muss. Also bitte, liebes Präsidium, dieser Satz kann wohl nicht ernst gemeint sein. Man wird einmal im Leben Kantonsrat oder vielleicht Nationalrat oder Richter oder was weiss ich, und dann soll man sich gefälligst die Zeit nehmen, dieser Person kurz die Hand zu geben. Das Zeitargument scheint mir sehr, sehr fadenscheinig. Eine Vereidigung erlebt man eben nicht so oft und sollte deshalb gebührend gefeiert werden. Ein Handgelübde ist ohne grosse Probleme machbar und ermöglicht es allen, feierlich vereidigt zu werden. Unterstützen wir also das hehre Ansinnen der Motionärinnen und lassen das Präsidium einen Vorschlag ausarbeiten. Ich bin sicher, die Ausarbeitung wird schnell gemacht sein. Man kann das mit der Änderung eines Reglements sehr einfach lösen und dann ist diese Ungleichbehandlung aufgehoben. Die SP-Fraktion ist für Eintreten. | Session des Kantonsrates vom 14. und 15. Februar 2022 |
15.2.2022 | Wortmeldung | Bisig-Rapperswil-Jona (im Namen der GLP): Auf die Motion ist einzutreten. Die Unterscheidung zwischen mündlichem Pflichteid und schriftlichem Gelübde ist 100 Jahre alt. In diesen 100 Jahren hat sich die St.Galler Gesellschaft stark verändert. Insbesondere hat sich die Rolle der Religion und der Kirche stark verändert. Man kann das befürworten oder bedauern. Vor 100 Jahren war praktisch niemand konfessionslos. Heute sind es schweizweit 31 Prozent. Diese gesellschaftliche Entwicklung spiegelt sich auch im Kantonsparlament. Es wird immer mehr konfessionslose Ratsmitglieder geben, die ein religionsneutrales Gelübde bevorzugen. Diese persönliche Entscheidung gilt es zu respektieren. Wir Grünliberalen sind der Meinung, dass es nun Zeit ist, die Regelung zu Pflichteid und Gelübde an die heutige Zeit anzupassen. Das religionsneutrale Gelübde sollte dem gottesbezogenen Eid zeremoniell gleichgestellt werden. Die Vereidigung aller Ratsmitglieder sollte als feierlicher Akt mündlich geleistet werden. Ich finde das persönlich auch für ein säkulares Staatswesen angemessen. Ich möchte festhalten, dass der Eid mit Gottesbezug nicht abgeschafft wird. Er wird durch eine Gleichstellung des Gelübdes auch nicht entwertet. Die Tradition lebt weiter. Das ist uns genau wie dem Präsidium wichtig. Auch weiterhin wird ein Grossteil der Mitglieder des Kantonsrates den Pflichteid bevorzugen. Die Mehrheit der GLP ist für Eintreten und Überweisung der Motion. | Session des Kantonsrates vom 14. und 15. Februar 2022 |
15.2.2022 | Wortmeldung | Böhi-Wil (im Namen der SVP-Fraktion): Auf die Motion ist nicht einzutreten. Pflichteid oder Gelübde – das ist die Entscheidung, die neue Mitglieder des Kantonsrates treffen müssen. Diese Wahl hat neben der persönlichen auch eine staatspolitische Dimension insofern, als dass sie die Thematik Staat und Kirche bzw. Staat und Religion aufwirft. Der Pflichteid hat zwar ursprünglich religiöse Wurzeln, wie in anderen Bereichen des modernen Lebens hat sich aber im Laufe der Zeit auch hier das Religiöse mit dem Kulturellen vermischt und der Pflichteid ist als formeller Akt Teil der parlamentarischen Tradition geworden. Das Religiöse ist in den Hintergrund getreten. Jetzt kritisieren die Motionäre, dass der Pflichteid feierlicher sei als das schriftliche Gelübde. Wenn es wirklich das ist, was sie als störend empfinden, dann hätten sie sich einfach für den Pflichteid entscheiden können. Die Frage, die sich stellt, ist, ob die eigentliche Absicht der Motionäre vielleicht darin besteht, das Verhältnis zwischen Staat und Religion auf die politische Bühne zu bringen, oder ob es wirklich lediglich um die Frage geht, ob die Vereidigung schriftlich oder physisch stattfinden soll. Aber unabhängig davon ist es rechtlich gesehen gleichwertig, ob die Vereidigung mittels Pflichteid oder Gelübde vorgenommen wird. So gesehen gibt es keinerlei Ungleichbehandlung, wie es in der Motion kritisiert wird, sondern es ist die freie, persönliche Entscheidung eines jeden neuen Mitglieds. Die SVP-Fraktion wird auf die Motion nicht eintreten. | Session des Kantonsrates vom 14. und 15. Februar 2022 |
15.2.2022 | Wortmeldung | Bosshard-St.Gallen: Auf die Motion ist einzutreten. Wer im Nationalrat vereidigt wird, sagt, «ich schwöre es», wenn er sich auf Gott beruft. Und er kann sagen, «ich gelobe es», wenn er sich nicht auf Gott beruft. So ist das auch in den meisten Kantonsparlamenten, nicht aber im Kanton St.Gallen. Hier kann man zwar öffentlich im Parlament schwören, wenn man sich auf Gott beruft, aber wenn man sich nicht auf Gott beruft, muss man das zu Hause tun. Dann muss man im stillen Kämmerlein ein Formular ausfüllen. Unsere Motion möchte nun einfach, dass alle vor dem Plenum im Kantonsrat feierlich schwören oder geloben dürfen, so, wie das im Bundesrat, im Ständerat, im Nationalrat und in fast allen anderen Kantonen der Fall ist. So einfach ist das. Wenn ich nun die Begründung des Präsidiums für Nichteintreten lese, fallen mir zwei Dinge aus. Erstens, das Präsidium beruft sich auf eine lange Tradition. Es schreibt von einer fast hundertjährigen Regelung. Diese Regelung entstand zu einer Zeit, als 100 Prozent im Kantonsrat Christen waren, nicht nur 70 Prozent wie heute. Sie entstand zu einer Zeit, als es noch keine Frauen im Kantonsrat gab. Doch die Zeiten ändern sich. Zweitens, das Präsidium schreibt vom Handgelübde und dass das zeitaufwendig sei. Das Handgelübde gibt es bspw. bei der Vereidigung von gewählten Behördenmitgliedern, aber das ist nicht, was wir fordern. Wir fordern, dass diejenigen, die lieber geloben statt schwören, dies öffentlich vor dem Kantonsrat tun dürfen. Wir sind der Meinung, auch wer gelobt statt schwört, hat das Recht, feierlich und in Würde vereidigt zu werden. So einfach ist das. Ich bitte Sie, auf die Motion einzutreten. | Session des Kantonsrates vom 14. und 15. Februar 2022 |
15.2.2022 | Wortmeldung | Jäger-Vilters-Wangs, Ratsvizepräsident: Die Regierung beantragt Nichteintreten auf die Motion. | Session des Kantonsrates vom 14. und 15. Februar 2022 |