Geschäft: Kindern zu ihrem Recht verhelfen – im Ausreise- und Nothilfezentrum (ANZ) Sonnenberg

Übersicht
KomiteeKantonsrat
Nummer51.21.48
TitelKindern zu ihrem Recht verhelfen – im Ausreise- und Nothilfezentrum (ANZ) Sonnenberg
ArtKR Interpellation
ThemaErziehung, Bildung, Kultur
FederführungSicherheits- und Justizdepartement
Eröffnung20.4.2021
Abschlusspendent
Letze Änderung9.12.2021
vertraulichNein
öffentlichJa
dringendNein
Dokumente
PubliziertTypTitelDatei
VorstossWortlaut vom 20. April 2021
AntwortSchriftliche Antwort der Regierung vom 31. August 2021
Beteiligungen
DatumAkteurTitelLetze Änderung
20.4.2021Person8.10.2024
20.4.2021Person8.10.2024
20.4.2021Person8.10.2024
Statements
DatumTypWortlautSession
22.9.2021Wortmeldung

Noger-Engeler-Häggenschwil: Die Interpellanten sind mit der Antwort der Regierung teilweise zufrieden.

Wir anerkennen, dass bspw. die Beschulung der Kinder bereits mehrfach evaluiert und verändert wurde und dazu auch verschiedentliche Fachpersonen hinzugezogen wurden. Die Kinder werden in fixen Kindergruppen des Ausreise- und Nothilfzentrums Sonnenberg (ANZ) beschult. Es stellt sich die Frage, warum das Schulkonzept nicht vorsieht, diese Kinder in Regelschule zu integrieren und eine ganzheitlichere Förderung zu ermöglichen. Auch das in den letzten eineinhalb Jahren auf polizeiliche Ausschaffung und Traumatisierung von Kindern mit ihren Familien verzichtet wurde, ist positiv zu werten. Den Bericht der Eidgenössischen Migrationskommission (EKM) erwarten alle mit Spannung – das ist gut so. Doch grundsätzlich heisst das nicht unbedingt, dass ein Kanton nicht auch bereits voraus verbesserte Massnahmen ins Auge fassen könnte, wenn Probleme erkannt werden. Die Kantone haben einen Spielraum und diesen nutzt St.Gallen kaum. Als das Nothilferecht im Bundesparlament beschlossen wurde, haben mehrfach Parlamentarier klar ausgedrückt, dass es ja nicht die Familien und die Kinder sind, die wir bestrafen wollen. Die Anwendung des Nothilferechts auf Eltern mit Kindern ist nicht ausdrücklich vorgesehen, es kann davon abgesehen werden. Wenn die Regierung die KRK kennt, dann weiss sie um den Art. 2 Abschnitt 2: Kinder dürfen nicht wegen Handlungen, Unterlassungen oder Einstellungen der Eltern Nachteile erleiden dürfen. Kinder sind im Sozialhilferecht Teil der Familie. Der Entzug der Sozialhilfe lässt die Kinder Nachteile erleiden. In Verbindung mit Art. 2 steht auch Art. 27, welcher Kindern zwingend Anspruch auf einen entwicklungsförderlichen Lebensunterhalt zuspricht. Wenn die Regierung im Bericht davon spricht, dass die Eltern die Umstände im ANZ für sich und ihre Kinder in Kauf nehmen, dann sagt das im Kern aus, dass die Kinderrechtskonvention nicht verstanden wurde. Art. 12, das Partizipationsrecht des Kindes ist umfassend, das heisst, die Kinder müssen angehört werden, wird auch ignoriert. Das Kind wird nur als Anhängsel der Erwachsenen wahrgenommen. Der runde Tisch, organisiert durch die EKM im Juni 2021, hat nun eine Studie in Auftrag gegeben, das ist begrüssenswert. Es wird aber wieder viel Zeit vergehen, ein Monat, ein Jahr ist im Leben eines Kindes eine lange Zeit. Wir könnten früher, humanitärer und verantwortungsvoller handeln. Ebenfalls anerkennen wir das Dilemma, in welchem der Staat steckt, wenn er abgewiesene Asylbewerber im ANZ zur Ausreise motivieren möchte und nicht zum Bleiben. Aber müssen dies die Kinder ausbaden?

Gesondert möchte ich auf die Situation eritreisch abgelehnter Familien hinweisen: Eritrea verweigert abgewiesene Asylbewerber die Einreise, das heisst die Familie stranden und die Nothilfe ist dann ein kleiner Rettungsanker. Dies zeigt, nicht alle Familien im ANZ Sonnenberg verweigern von sich aus die Ausreise und sollte deshalb auch nicht abgestraft werden. Denken Sie an die Kinder, die Wahrscheinlichkeit, dass diese in der Schweiz irgendwann vorläufig aufgenommen werden, ist gross. Ermöglichen wir den Kindern eine der Kinderrechtskonvention entsprechende gesunde Entwicklung.

Wenn festgestellt wird, dass Kinder solange im nicht dafür konzipierten ANZ leben, dann muss man reagieren und diese Situation für die Kinder prüfen. Den Spielraum, welchen der Bund gewährt, ausnutzen und an die Kinder denken. Die Eltern reisen nicht aus, mit all den erwähnten Härtefällen sicher auch oft sehr aufwendig und teuer für den Staat. Aber die Familie wird dafür kollektiv auf Minimum gesetzt ohne wirklich den von der Regierung zitierten Individualgrundsatz zu beachten. Die Regierung verweist darauf, dass für die Nothilfe ausschliesslich die kantonalen Rechtsprechung massgebend sein. Wir nehmen dies zur Kenntnis, dabei könnte eventuell auch eine Änderung dieser Rechtsprechung ins Auge gefasst werden.

Session des Kantonsrates vom 20. bis 22. September 2021