Geschäft: Mangelhafte Deutsch- und Mathematikkompetenzen am Ende der Volksschulzeit?

Übersicht
KomiteeKantonsrat
Nummer43.21.02
TitelMangelhafte Deutsch- und Mathematikkompetenzen am Ende der Volksschulzeit?
ArtKR Postulat
ThemaErziehung, Bildung, Kultur
FederführungBildungsdepartement
Eröffnung19.4.2021
Abschlusspendent
Letze Änderung9.12.2021
vertraulichNein
öffentlichJa
dringendNein
Dokumente
PubliziertTypTitelDatei
VorstossWortlaut vom 19. April 2021
AntragAntrag der Regierung vom 6. Juli 2021
Beteiligungen
DatumAkteurTitelLetze Änderung
19.4.2021Person27.6.2024
19.4.2021Person8.10.2024
19.4.2021Person8.10.2024
19.4.2021Person8.10.2024
Abstimmungen
DatumTitelResultatöffentlich
JaBedeutungNeinBedeutungAbsent / Enthaltung
22.9.2021Eintreten76Zustimmung34Ablehnung10
22.9.2021Wortlaut55Wasserfallen-Goldach / Hauser-Sargans / Sarbach-Wil / Boppart-Andwil54Antrag der Regierung11
22.9.2021Gutheissung62Zustimmung40Ablehnung18
Statements
DatumTypWortlautSession
22.9.2021Beschluss

Der Kantonsrat heisst das Postulat mit 62:40 Stimmen bei 10 Enthaltungen gut.

Session des Kantonsrates vom 20. bis 22. September 2021
22.9.2021Beschluss

Der Kantonsrat zieht den ursprünglichen Wortlaut des Postulats dem Wortlaut gemäss Antrag der Regierung mit 55:54 Stimmen bei 4 Enthaltungen vor.

Session des Kantonsrates vom 20. bis 22. September 2021
22.9.2021Struktur

Die Spezialdiskussion wird nicht benützt.

Session des Kantonsrates vom 20. bis 22. September 2021
22.9.2021Beschluss

Der Kantonsrat tritt mit 76:34 Stimmen bei 3 Enthaltungen auf das Postulat ein.

Session des Kantonsrates vom 20. bis 22. September 2021
22.9.2021Wortmeldung

Regierungsrat Kölliker: Auf das Postulat ist einzutreten.

Einmal mehr stelle ich fest, dass wir uns in der grundsätzlichen Frage, die Sie hier stellen, einig sind. Es wurde längstens festgestellt, dass die Kompetenzen in gewissen Grundlagenfächern, Mathematik und Deutsch, einerseits in der Wirtschaft nicht überall zu begeistern vermögen, vor allem was die individuellen unterschiedlichen Bedürfnisse, das hat Hauser-Sargans auch ausgeführt, betrifft. Diese sind sehr unterschiedlich, individuell, welches die Bedürfnisse in der Wirtschaft sind. Wir wissen das schon lange. Ich führe seit Jahren Gespräche mit Wirtschaftsvertretern und die sagen mir das seit Jahren, dass die Wahrnehmung sehr unterschiedlich ist, dass diese Basisgrundkompetenzen nicht dem entsprechen, was sie sich eigentlich vorstellen. Wir wissen, dass auch aus einer Studie «Evaluation der schweizerischen Maturitätsreform» aus dem Jahre 2008, die man bei den Maturanden der Gymnasien gemacht hat. Auch dort wurde festgestellt, dass die Studierkompetenzen in gewissen Fächern mangelhaft sind. Sie wollen jetzt eine riesen Auslegeordnung, notabene einfach wieder einen Riesenbericht für das Bildungsdepartement, der Ihnen das eigentlich bestätigen wird. Das bringt jetzt im Moment gar nichts. Wir wissen das und wir sind schon lange daran, die Probleme zu lösen und das haben wir Ihnen im roten Blatt aufgeführt und zwar mit Fördersystemen auf allen Schulstufen. Lernlupe, Lernpass für die Volksschule. Ganz neu haben wir jetzt öffentlich gemacht, Lernnavi, ein Fördersystem individuell für Schülerinnen und Schüler, wo jeder Jugendliche selber seinen Stand feststellen kann. Diese Tool bzw. diese Software wird dann individuell die Fragen auf das Niveau des Schülers anpassen. So kann sich jeder Jugendliche selber seinem Niveau entsprechend fördern. Er kann seine Defizite beheben und genau dort setzen wir an. Wir wissen längstens, dass Handlungsbedarf besteht. Wir haben längstens und v.a. im Kanton St.Gallen die Massnahmen ergriffen. Das sind St.Galler Produkte. Das machen nicht die anderen Kantone, das machen wir auch nicht miteinander. Das sind explizit St.Galler Produkte. Früher war das Testsysteme und wir haben festgestellt, dass das was Sie wollen, denn testen löst ja das Problem nicht. Sie müssen die Probleme lösen, also haben wir diese Testsysteme umgebaut in Fördersysteme. Sie werden nie eine Lösung finden für die Fragen, die Sie zurecht stellen, welche die Schule oder die Lehrperson lösen kann – das wird nie funktionieren. Wir haben die Lösung hier mit diesen Fördersystemen erkannt. Jedes Kind und jeder Jugendliche muss selber an seinen Defiziten arbeiten und muss diese beseitigen. Ich bin überzeugt, wir sind hier sehr gut unterwegs, und genau darauf haben Sie uns aufmerksam gemacht, dass wir Ihnen das in einem Bericht darlegen.

Ich muss mich wirklich an der Nase nehmen, weil ich festgestellt habe, Sie wissen ja gar nicht genau Bescheid, was wir hier machen. Deshalb macht das rote Blatt sehr viel Sinn, weil wir Ihnen dann entsprechend berichterstatten können, was unsere Überlegungen sind, wie wir hier unterwegs sind und wie wir diese Probleme beheben wollen. Wenn Sie das grundsätzliche Postulat überweisen, können Sie das machen. Sie lösen das Problem überhaupt nicht, Sie erfassen Informationen, die sie dann haben, und wie geht es dann weiter? Alle Fragen sind dann offen. Wir sind daran, die Probleme zu lösen, wir sind entsprechend unterwegs und das legen wir Ihnen auf dem roten Blatt dar.

Session des Kantonsrates vom 20. bis 22. September 2021
22.9.2021Wortmeldung

Böhi-Wil (im Namen der Mehrheit der SVP-Fraktion): Auf das Postulat ist einzutreten.

Wir haben uns intensiv mit der Frage des geänderten Wortlautes befasst und sind zum Schluss gekommen, dass dieser den ursprünglichen Postulatsauftrag in unserem Sinn präzisiert. Vom Postulatsbericht erwarten wir, dass er aus mehr bestehen wird als nur aus einer gewaltigen Menge an gesammelten Daten, die nur von Fachpersonen interpretiert werden können. Verzichtet werden soll ebenso auf Vergleiche mit anderen Ländern, in denen die Verhältnisse meistens völlig anders sind und deshalb wenig aussagekräftig. Das Postulat fordert in seiner ursprünglichen Fassung unter anderem eine Bestandesaufnahme. Diese ist selbstverständlich wichtig, aber wir weisen darauf hin, dass die Bestandesaufnahme nicht das zentrale Element des Postulatsbericht sein soll, sondern die Grundlage für Lösungen. Wir erwarten praktikable Lösungsvorschläge, das heisst, das Aufzeigen von konkreten Massnahmen, welche zur Verbesserung der Grundkenntnisse hauptsächlich in Deutsch und Mathematik beitragen werden.

Session des Kantonsrates vom 20. bis 22. September 2021
22.9.2021Wortmeldung

Hauser-Sargans (im Namen der SP-Fraktion): Auf das Postulat ist einzutreten.

Wir freuen uns zwar, dass die Regierung das Anliegen wichtig findet und im Grundsatz eine Gutheissung unterstützt. Nur wird im regierungsrätlichen Vorschlag das eigentliche Anliegen zu wenig berücksichtigt. Ziel des Postulats war die Durchführung einer Bestandesaufnahme in den weiterführenden Schulen zur Erfassung des Erreichungsgrad der auf der Sekundarstufe II benötigten fachlichen Kompetenzen in Sprache und Mathematik. Die Regierung möchte nun ausgerechnet diese Bestandesaufnahme streichen. Dafür schlägt sie vor, einen Schwerpunkt auf die Überprüfung der Grundkompetenzen, also die ÜGK am Schluss der Volksschule zu legen. Sie möchte hierfür die alten Befunde aus den Jahren 2016/2017 sowie die kommenden Befunde von 2023 kombinieren, daraus Massnahmen in Kombination mit der Unterstützung durch die St.Galler Lernfördersysteme erarbeiten und diese mit der Einschätzung der Lehrpersonen der Sekundarstufe II ergänzen. Damit schlägt die Regierung etwas vor, was sie weitgehend ohnehin nach dem Vorliegen der ÜGK-Befunde tun müssen. Zusätzlich ist einzig die Befragung der Lehrpersonen der Schulen der Sekundarstufe II. Nachvollziehbar ist, wie ein Vorredner von mir schon festgestellt hat, dass die Bearbeitung des Postulats sich wohl verzögern wird, weil die Ergebnisse der ÜGK erst im Jahr 2023 erscheinen, also zuerst noch analysiert und in den Bericht hinein gearbeitet werden müssen, was wohl einige Zeit brauchen wird. Das wird auch von uns nicht bestritten. Der Einbezug der ÜGK ist auf jeden Fall sinnvoll, es reicht nur bei weitem nicht. Wir haben nun schon seit vielen Jahren die Klage vieler v.a. Berufsschullehrpersonen sowie Lehrmeister und Lehrmeisterinnen, dass die Jugendlichen in verschiedenen Bereichen zu wenig mitbringen. Es ist an der Zeit, diese Kritik der Wirtschafts- und Berufswelt ernst zu nehmen und nicht oberflächlich auf nationale und internationale Studien zu vertrösten, die uns hier nur wenig weiterhelfen. Es geht um konkreten Nutzen für möglichst alle Berufe.

Was wissen wir, wenn wir die ÜGK-Ergebnisse haben, wie die Regierung das vorschlägt? Wir haben dann Durchschnittswerte der Schulabgängerinnen und Schulabgänger in Schulsprache, Mathematik und in der ersten Fremdsprache. Wir wissen, wie hoch der Anteil der Jugendlichen ist, welche diese Kompetenzen ausreichend, nicht ganz ausreichend oder mit deutlichen Rückstand erreichen. Wir wissen aber nicht wie adaptiv das in der Sekundarstufe I aufgebaute Vorwissen für die unterschiedlichen Berufe und die weiterführenden Schulen ist. Wir wissen also nicht, was wir eigentlich wissen wollen. Was wissen wir nach einer soliden Bestandesaufnahme der berufsspezifischen Eingangsvoraussetzungen? Wir wissen, welchen Zusatzaufwand die unterschiedlichen Berufsausbildungen und schwerpunktbezogenen Gymnasialklassen leisten müssen, um überhaupt mit dem regulären Unterricht anfangen zu können, damit Schülerinnen und Schüler dem Stoff folgen können. Wir wissen, mit welchen Lehrmitteln und berufsspezifischen Lernzielen die Lernenden Mühe haben oder aber welche Jugendlichen sogar weiter sind oder allenfalls sogar mit so guten Voraussetzungen kommen, dass sie unterfordert sind. Es geht darum, sich innerhalb dieser Berufsgruppen unter Einbezug der Betriebe und Lehrmeisterinnen und Lehrmeister und über die Berufsgruppen hinaus gründlich damit zu befassen und Schlussfolgerungen zu ziehen. Zusammenfassend: Wir wissen bei diesem Vorgehen deutlich besser wie adaptiv das in der Sekundarstufe I aufgebaute Vorwissen für die unterschiedlichen Berufe und weiterführenden Schulen ist und was diese dann damit anfangen können.

Was könnten die Konsequenzen aus einem solchen Bericht in den einzelnen Berufen sein? Je nach Berufsgruppe kann es sein, dass man sich mit einem tieferen Niveau von Lernenden abzufinden hat oder aber sich in Absprache mit der Sekundarstufe I darauf verständigt, dass man in einzelnen Bereichen leistungsmässig zulegen sollte. Es geht überhaupt nicht darum, da gebe ich Boppart-Andwil umfassend recht, es geht überhaupt nicht darum, die Volksschule einen Grundsatzkritik zu unterziehen. Es geht nicht darum, die Verwaltung des Bildungsdepartementes unnötig zu beschäftigen. Es geht darum, eine Schnittstelle ernsthaft und nicht pseudomässig zu verbessern. Eine Schnittstelle nämlich, in der es schon seit Jahren zu happern scheint, zumindest in ausgewählten Berufsfeldern. Diese Schnittstelle ist allerdings hochgradig systemrelevant. Es geht um nichts geringeres als um das Gelingen des Starts ins Berufsleben. Ich verweise auf den aktuellen Ressourcenbericht, denn Sie vielleicht alle gelesen haben. Er zeigt auf, dass die Bildung ein wesentlicher Standortfaktor ist, in dem der Kanton St.Gallen mit Rang 18 jedoch schlechter abschneidet als in allen anderen Kategorien (siehe S. 13 des Berichts). Internationale Studien zeigen deutlich, dass das Bildungsniveau spätere Erfolge in der wirtschaftlichen Entwicklung vorhersagen. Aufgrund dieses Zusammenhangs ist für unseren Kanton mit einer weiteren Talfahrt zu rechnen, wenn wir hier nicht an der richtigen Stelle neu justieren. Es ist deshalb systemrelevant genauer zu verstehen, warum substanzielle Kompetenzen wie Sprache und Mathematik beim Eintritt in die berufsbildenden und weiterführenden Schulen ungünstig ausgebildet sind und was dagegen wirksam unternommen werden kann. Will der Kanton St.Gallen hier gut sein oder führend werden, dann muss er zulegen. Etwas anderes können wir uns gar nicht leisten, das sind wir unseren jungen Menschen im Kanton schuldig.

Verschiedene gesellschaftliche Entwicklungen haben gerade beim Start ins Berufsleben und in die weiterführenden Schulen in den letzten Jahrzehnten zu grossen Umbrüchen geführt, die auch zum Teil dieses Hapern an dieser Stelle erklären. Ich nenne hier nur drei Beispiele:

  1. Es hat sich eine grosse Palette an neuen und attraktiven Berufen entwickelt, was dazu führt, dass einem Teil der traditionellen Berufe grosse Konkurrenz erwachsen ist und Lehrlinge in vielen traditionellen Berufen schlechtere Voraussetzungen mitbringen, als noch vor 20 bis 40 Jahren, da diejenigen mit besseren schulischen Fähigkeiten oft in diese neuen Berufe abwandern.
  2. Es haben sich im schulsprachlichen Lernen auch schulische Schwerpunkte verlagert. So sind Schülerinnen und Schüler in Rechtschreibkompetenzen tatsächlich etwas schlechter geworden, verfügen jedoch auch tatsächlich heute über einen grösseren Wortschatz und können kreativere und wendigere Texte verfassen. Ob diese Entwicklung ein Vor- oder Nachteil ist oder gar beides, stellt sich wohl für unterschiedliche Berufe unterschiedlich dar.
  3. Es zeigt sich als zunehmendes Problem ebenfalls, ein erheblicher Geschlechtsunterschied, der sich innerhalb der wenigen Jahrzehnte in ungünstiger Weise zu Ungunsten der männlichen Jugendlichen entwickelt hat. Dabei ist unklar, ob diese Nachteile auf ein zu grosses Anwachsen an den Mädchen entgegenkommenden Anforderungen in erst- und fremdsprachlichen Kompetenzen und eine damit verbundene zu geringe, eher den Knaben entgegenkommende Gewichtung naturwissenschaftlich-technischer Fächer zurückzuführen ist oder aber, ob Eltern und Lehrpersonen in den vergangenen 22 bis 40 Jahren verlangt haben bei Knaben hohe Erwartungen durchzusetzen und Leistungsorientierung auch einzufordern.

Zusammenfassend besteht bei Lehrpersonen der Oberstufe und v.a. bei der Berufsbildung und den Gymnasien eine starke Verunsicherung darüber, wo auf Leistungsanforderungen insistiert werden sollte, wo Neues hinzu kommen sollte und wo Entlastung angebracht ist. Aber alle diese Lehrpersonen haben das Ziel mit Schule und Lehre möglichst gut auf die derzeitig wenig vorhersagbare Zukunft des Berufslebens maximal vorzubereiten. Dafür braucht es eine Bestandesaufnahme auf der Sekundarstufe II, welche berufsfeldspezifische Zusammenhänge liefert, auf deren Grundlage nachhaltige Verbesserungen eingeleitet werden können, damit St.Gallen in der Bildung weiterhin ein leistungsstarker und wettbewerbsfähiger Kanton bleibt oder noch mehr wird.

Wir unterstützen das Postulat in seiner ursprünglichen Form.

Session des Kantonsrates vom 20. bis 22. September 2021
22.9.2021Wortmeldung

Noger-Engeler-Häggenschwil (im Namen der GLP und als Mitunterzeichnerin): Auf das Postulat ist einzutreten.

Die Vorredner haben die wichtigen Sachen bereits zusammengetragen. Ziel des ursprünglichen Postulats ist es, zu eruieren, ob junge Menschen, welche die obligatorische Schulzeit abschliessen, das Know-How in Deutsch und Mathematik mitbringen, welches sie in der anschliessenden Berufsbildung brauchen. Die ÜGK zeigt einen Ist-Zustand der Sekundarstufe I, ohne dass das der Sollzustand der Sekundarstufe II bekannt ist. Die Postulanten möchten keine Berichterstattung, Ziel ist die Erhebung von Daten, die zeigen, ob junge Menschen, die eine Berufsausbildung starten, in Deutsch und Mathematik die benötigten Kompetenzen mitbringen oder nicht.

Ich möchte mich auch dem Votum von Boppart-Andwil anschliessen, dass die Volksschulschule einen sehr guten Job macht, aber die Berufswelt verändert sich und es macht hier durchaus Sinn, hier den Sollzustand auch zu eruieren.

Session des Kantonsrates vom 20. bis 22. September 2021
22.9.2021Wortmeldung

Sarbach-Wil (im Namen der GRÜNE-Fraktion): Auf das Postulat ist einzutreten.

Die Problemstellungen und der Auftrag an die Regierung wurden klar formuliert und Wasserfallen-Goldach hat diese ja ebenfalls nochmals aufgeführt und konkretisiert.

Das Kernanliegen von uns Erstunterzeichnenden ist keine Kollage aus grösstenteils bereits bekannten Informationen aus der ÜGK, sondern eine professionell durchgeführte Bestandesaufnahme bezüglich der benötigten fachlichen Grundkompetenzen, namentlich in Deutsch und Mathematik, bei weiterführenden Schulen auf der Sekundarstufe II. Dies vor dem Hintergrund, dass diesbezüglich, wie bereits erwähnt, offensichtlich eine gewisse Unzufriedenheit bei den Fachleuten und den Betrieben herrscht. Es geht also zur Hauptsache um zwei Anliegen:

  1. zu überprüfen, wie es bei der Volksschulabgängerinnen und -abgängern effektiv um den Erreichungsgrad dieser Grundkompetenzen steht;
  2. ob die Stimmen der Unzufriedenheit auch aus objektiver Sicht berechtigt sind.

Nicht mehr, aber auch nicht weniger. Danach können wir entscheiden, ob weitere Massnahmen in diesem Bereich notwendig sind.

Session des Kantonsrates vom 20. bis 22. September 2021
22.9.2021Wortmeldung

Frick-Buchs (im Namen der FDP-Fraktion): Auf das Postulat ist nicht einzutreten.

Wir sehen keinen Bedarf für eine solche Abklärungen. Schon seit jeher werden von den weiterführenden Schulen, übrigens auch von den weiterführenden Stufen in der Volksschule, mangelhafte Kenntnisse der Schülerinnen und Schülern in verschiedenen Fragen grundsätzlich bemängelt. Dass diese kritische Haltung auf verschiedenen Stufen mit der einen oder andere Auslegeordnung, sei es durch einen Bericht oder eine umfassende Ausarbeitung diverser Fragebogen geändert werden kann, stellen wir in Frage. Für die Behebung der mangelhaften Deutsch-und Mathematikkompetenzen für die weiterführenden Schulen bzw. die Berufsfachschulen, sehen wir andere Wege als viel zielführender und lösungsorientierter zu einer echten Verbesserung der schulischen Kompetenzen der Schülerinnen und Schüler.

Wir sind der dezidierten Meinung, dass die Träger der Berufsfachschulen und die Träger der Volksschulen sich proaktiv und konstruktiv zur erwünschten Qualität des Bildungsstandes der Schülerinnen und Schüler austauschen und gemeinsam konkrete Lösungen erarbeiten sollten. Auch gibt es die Möglichkeit, in den Kommissionen der Berufsfachschulen enger zusammenzuarbeiten. Dazu müssten die entsprechenden Entscheidungsträger in diesen Kommissionen adäquat vertreten sein.

Session des Kantonsrates vom 20. bis 22. September 2021
22.9.2021Wortmeldung

Boppart-Andwil (im Namen der Die Mitte-EVP-Fraktion) legt seine Interessen als Berufsschullehrer offen. Auf das Postulat ist einzutreten.

Das Postulat löst wieder einmal heftige Reaktionen aus. Dies ist quasi schon ein Reflex aus Volksschulkreisen oder von Bildungspolitikern. Sobald die Schnittstelle Volksschule / Sekundarstufe II genauer unter die Lupe genommen werden soll. Schnell werden Giftpfeile in die eine oder andere Richtung geschlossen, ohne Not. Es geht nicht darum, Vorwürfe zu zementieren, sondern es geht einmal mehr darum, Lösungen zu suchen, die ein Problem beheben, auch wenn das zuweilen unangenehm ist. Also, statt eine Abwehrhaltung und Verwässerungstaktik an den Tag zu legen, geht es im Sinne der Sache darum, Türen aufzustossen, so dass man sich endlich und schnell Gedanken machen kann oder sogar muss:

  • wie man sich verbessern und weiterentwickeln kann, oder sich darüber Gedanken macht, welche Inhalte wie gelehrt und gewichtet werden können;
  • was als nice-to-have gestrichen oder zumindest nicht vertieft werden soll, weil der Lehrplan wahrscheinlich wirklich überladen scheint;
  • wie z.B. das 9. Schuljahr gewinnbringend gestärkt werden könnte, das ist sehr wichtig;
  • wie man, und das ist auch eine Zeiterscheinung, im digitalen Zeitalter ankommt und welche anderen Lösungen vielleicht daraus resultieren könnten usw.

Wenn man den Rückmeldungen der Betriebe aus der Praxis Glauben schenken darf, haben sich die Kompetenzen bei den Basics in Deutsch und Mathematik in den letzten 10/15 Jahren stark verschlechtert, währenddem sich andere Kompetenzen wie z.B. das Auftreten, dass sich Präsentieren, die Sozialkompetenz erfreulicherweise sehr verbessert haben. Das Überprüfen der Grundkompetenzen oder der Basics in Deutsch und Mathematik ist von der Anspruchshaltung abhängig. Nur mit oberflächlichen Vergleichen, unter anderem mit dem: Wir sind doch den PISA-Studien-Ergebnissen zu Folge gut, etwas zu untermauern ist gefährlich. Namentlich dann, wenn die Kurve zwar abwärts zeigt. aber im Vergleich immer noch genügend gut ist. Auch geht es nicht darum, zusätzlich mehr oder andere Tests abzuliefern oder ähnliches. Mindestens ich habe zu Prüfungen und Noten ein vielleicht etwas spezielles oder gar gespaltenes Verhältnis, aber das ist möglicherweise meiner Erfahrung geschuldet, denn ich denke zu wissen, dass Noten nicht alles bedeuten, aber vielleicht eine gute Möglichkeit sind sich selber einzuschätzen.

Immer wieder wird auch betont, dass die Wirtschaft den Takt vorgibt, dass an den Schulen auf Sekundarstufe II entsprechend ausgebildet werden muss. So haben wir das z.B. auch am vergangenen Samstag am Bildungstag von Herrn Spuhler gehört. Schnell wird von Wirtschaftsseite her von der Praxisrelevanz gesprochen, was immer das auch heisst. Der Bildungstag war wirklich sehr gut, besten Dank Regierungsrat Kölliker, es hatte Top-Referenten und das war eine sehr gute Arbeit und Organisation. Aber zurück zur Sache: Gerade deshalb wird auch die enge Zusammenarbeit zwischen Schulen, Unternehmen und Verbänden gepflegt, und das darf an dieser Stelle auch einmal gesagt werden, dies geschieht in erster Linie durch engagierte Fachlehrer und nicht durch Rektoren, Ämter oder dergleichen. Dafür haben diese gar keine Zeit, auch können Sie nicht in allen Bereichen ihre Kompetenzen haben und müssen diese auch nicht haben.

Eigentlich ist unser Postulat klar: Eine Verwässerung oder gar Abschwächung braucht dieses nicht. Eine durch ihre Einfachheit bestechende Umfrage bei Fachlehrern, Arbeitgebern oder weiterführenden Schulen würde vielleicht eine etwas andere Sicht ergeben. Dieser Auftrag wäre zudem relativ schnell zu erledigen. Die Regierung wirft auf dem roten Blatt durchaus interessante Fragen auf. Auch diese gilt es in einem Bericht miteinzubeziehen – dem stimme ich auch zu. Richtigerweise und das ist wirklich so, wird zur ausführlichen Beantwortung des Postulates mehr Zeit ins Land gehe, als uns allen lieb ist. Die Frage, die sich dann stellt: Gibt es allenfalls Sofortmassnahmen, die ergriffen werden müssten?

Es geht nicht darum, unsere Volksschule ein falsches Licht zu stellen, dass sie nicht verdient haben oder gar auf sie einzuprügeln. Die Volksschule macht vieles sehr gut. Ein Schritt zur Verbesserung auf Stufe Volksschule ist die Frühförderung, um auch hier die Parallelen zu unserem Postulat zu ziehen. Es geht darum, unser teures Bildungssystem zu verbessern, hinzuschauen und deshalb muss man auch Punkte anschneiden, die unangenehm sein können.

Session des Kantonsrates vom 20. bis 22. September 2021
22.9.2021Wortmeldung

Wasserfallen-Goldach: Auf das Postulat ist einzutreten.

Ich spreche hier im eigenen Namen und als Erstunterzeichner dieses Postulates. Gerne möchte ich zuerst auf die Beweggründe und Überlegungen eingehen, welche mich und die Mitunterzeichner zu diesem Postulat veranlassten, bevor ich dann gerne auch noch etwas zum Umwandlungsantrag der Regierung sage.

Als Sekundarlehrer und Politiker bin ich in regem Austausch mit Lehrbetrieben und Lehrpersonen von Abnehmerschulen, also Lehrpersonen von Berufs- und Mittelschulen. Diese klagen immer häufiger und vehementer, dass es den Jugendlichen, welche die Volksschule abschliessen, zunehmend an elementaren Grundlagenkenntnissen und -fähigkeiten fehle. Kopfrechnen, Prozentrechnen, Rechtschreibung oder gerade auch das Verfassen oder Verstehen eines einfachen Textes fallen den Schulabgängerinnen und -abgängern demnach zunehmend schwer.

Mit Sicherheit ist es nicht so, dass die Jugendlichen heute weniger intelligent wären als früher oder etwa die Lehrkräfte heutzutage schlechter unterrichten, als dies in früheren Zeiten gegeben war – wohl eher das Gegenteil trifft zu. Wahrscheinlich sind wir uns ja alle einig, die schulischen Anforderungen an Schülerinnen und Schüler steigen. Gerade auch seit der Einführung des neuen Lehrplans werden den jungen Menschen zumindest auf dem Papier noch mehr Wissen, Fähigkeiten und Kompetenzen abverlangt. Dies mag zum einen dadurch bedingt sein, dass die Welt immer komplexer wird und sich die Schule natürlich auch den gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Anforderungen und Rahmenbedingungen anpassen muss. Die Schwierigkeiten mit den benannten elementarsten Grundkompetenzen sind möglicherweise aber auch eine Folge davon, das grundsätzlich immer mehr Ansprüche der Gesellschaft an die Schule delegiert werden und die Schule zunehmend zu einer Art «Auffangbecken» mutiert für diverse gesellschaftliche Probleme, die anderweitig nicht lösbar für die aber eigentlich die Schule nicht zuständig ist. Dies alles kann im schlechtesten Fall dazu führen, dass manche Themen oder gar ganze Fächer zu oberflächlich behandelt werden und Grundlegendes, wie z.B. Kopfrechnen, Prozentrechnen, Leseverständnis oder auch Rechtschreibung zu kurz kommt.

Die eben geäusserten Feststellungen, Wahrnehmungen und Vermutungen stehen ein beachtliches stückweit im Widerspruch zu den Ergebnissen der im Kanton St.Gallen durchgeführten Überprüfung der Grundkompetenzen, der sogenannten ÜGK. Dabei hat man in den Jahren 2016 / 2017 bei St.Galler Volksschülerinnen und Volksschülern am Ende der Primar- und Oberstufe die Fächer Mathematik, Deutsch und Englisch geprüft. In all diesen Fachbereichen schnitten die St.Galler Schülerinnen und Schüler im schweizweiten Vergleich ziemlich gut ab oder fielen zumindest ins breite Mittelfeld. Die Grundkompetenzen in Mathematik wurden dabei mehrheitlich, diejenigen in Deutsch und Englisch gar gut erreicht.

Um in diesem Dschungel von Undurchsichtigkeit und Widersprüchlichkeiten endlich einmal für eine gewisse Klarheit und eine entsprechende Objektivierung zu sorgen, möchten wir die Regierung mit unserem Postulatsauftrag beauftragen, bei weiterführenden Schulen der Sekundarstufe II, also den Berufsfach- und Mittelschulen eine Bestandsaufnahme durchzuführen. Dabei soll der Erreichungsgrad, der auf der Sekundarstufe II benötigten fachlichen Kompetenzen von Schulabgängerinnen und Schulabgängern in Deutsch und Mathematik ermittelt und in einem Bericht aufgezeigt werden. Mit diesen Fakten auf dem Tisch können dann zu einem späteren Zeitpunkt sinnvolle und zweckdienliche Massnahmen abgeleitet werden und wir dümpeln nicht immer nur auf dieser Ebene der subjektiven Wahrnehmung herum.

Wir sind sehr froh und dankbar, dass die Regierung den eben ausgeführten Klärungsbedarf einsieht und unseren Postulatsauftrag im Grundsatz gutheisst. Auch schätzen wir die im Antrag der Regierung geäusserten Absichten, die bisherigen und künftigen Überprüfungen der Grundkompetenzen sowie die wertvollen Lernfördersysteme in die Gesamtüberlegungen mit einzubeziehen. Wenn die Regierung eine Umfrage bei den Schulen der Sekundarstufe II in Angriff nehmen möchte, um endlich auch einmal eine objektivierte Einschätzung der Deutsch- und Mathematikkompetenzen zu erhalten, ist dies aus unserer Perspektive ebenfalls sehr begrüssenswert.

Nun möchte ich Ihnen aber darlegen, weshalb der Antrag der Regierung wahrscheinlich durchaus gut gemeint ist, der ursprüngliche Wortlaut aber unserer Ansicht nach dennoch besser ist. Kurz gesagt, macht es sich die Regierung mit ihrem Änderungsantrag nämlich etwas zu einfach. Es wäre mit dem reichlich vorhandenen Know-How und den bestehenden Ressourcen sehr gut möglich, die Grundkenntnisse Schulabgängerinnen und Schulabgänger in Deutsch und Mathematik den Bedürfnissen der Abnehmerschulen und allenfalls gar der einzelnen Branchen zu erheben. Die ÜGK vergleichen in erster Linie Testergebnisse unter den Kantonen und orientieren sich allenfalls noch an den Vorgaben von Bildungsexperten, nicht aber an den realen Erfordernissen und Bedürfnissen der Abnehmerschulen und der Wirtschaft. Der Bericht der Regierung würde nach ihrem Wortlaut einem aufwendigen Papier gleichkommen, welches Altbekanntes auflistet, die Hauptfrage aber nur am Rande behandelt und damit keine Türe in Richtung einer verbesserten und bedarfsorientierten Bildung öffnet. Ich vermute fast, dass Bildungsdepartement kennt die Unzufriedenheit auf das Sekundarstufe II und will die Thematik – bewusst oder unbewusst – mit einer Datenflut verwässern und auf die lange Bank schieben. Es macht also sicherlich Sinn, dass das Hauptgewicht auf der Sekundarstufe II auf der Bestandsaufnahme in der Sekundarstufe II liegt. Diese muss natürlich entsprechend professionell durchgeführt werden, damit sie nicht als subjektive Sicht abgetan werden kann.

Session des Kantonsrates vom 20. bis 22. September 2021
22.9.2021Wortmeldung

Jäger-Vilters-Wangs, Ratsvizepräsident: Die Regierung beantragt Gutheissung des Postulats mit geändertem Wortlaut.

Session des Kantonsrates vom 20. bis 22. September 2021