Geschäft: Berichterstattung 2024 der Rechtspflegekommission
Komitee | Kantonsrat |
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Nummer | 82.24.02 |
Titel | Berichterstattung 2024 der Rechtspflegekommission |
Art | KR Berichterstattung |
Thema | Grundlagen und Organisation |
Federführung | Kantonsrat |
Eröffnung | 4.4.2024 |
Abschluss | pendent |
Letze Änderung | 11.4.2024 |
vertraulich | Nein |
öffentlich | Ja |
dringend | Nein |
Publiziert | Typ | Titel | Datei |
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11.4.2024 | Bericht | Bericht der Rechtspflegekommission vom 3. April 2024 |
Datum | Akteur | Titel | Letze Änderung |
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11.4.2024 | Gremium | Beteiligung - Rechtspflegekommission 2020/2024 | 2.6.2024 |
Datum | Titel | Resultat | öffentlich | ||||
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Ja | Bedeutung | Nein | Bedeutung | Absent / Enthaltung | |||
1.5.2024 | Antrag der Rechtspflegekommission zu Auftrag | 81 | Zustimmung | 34 | Ablehnung | 5 |
Datum | Typ | Wortlaut | Session |
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1.5.2024 | Beschluss | Der Kantonsrat stimmt dem Antrag der Rechtspflegekommission zu einem Auftrag mit 81:34 Stimmen zu. | Session des Kantonsrates vom 29. April bis 2. Mai 2024, Aufräumsession |
1.5.2024 | Wortmeldung | Stöckling-Rapperswil-Jona, Kommissionspräsident: Ich gebe Ihnen dazu noch das Abstimmungsresultat bekannt. Die Rechtspflegekommission hat diesen Antrag mit 8:6 Stimmen bei 1 Abwesenheit in den Bericht eingefügt. | Session des Kantonsrates vom 29. April bis 2. Mai 2024, Aufräumsession |
1.5.2024 | Wortmeldung | Schöbi-Altstätten: Der Antrag der Rechtspflegekommission ist abzulehnen. Man hat sich viele Überlegungen gemacht, als diese Regelung geschaffen wurde. Es ist ein wichtiger Punkt, dass auch Gesetze eine Beständigkeit aufweisen. Ich kann nicht erkennen, dass sich die Situation grundlegend geändert hat, seit wir diese Regelung kennen. Es ist zu bedenken, dass auch sämtliche nebenamtlichen Richter von dieser Regelung betroffen sein werden. Der Punkt Springerrichter ist etwas ganz anderes. Hier geht es um den Ausgleich der Arbeitsbelastung und nicht darum, dass man keinen Richter gefunden hätte, der bereit gewesen wäre, den Wohnsitz zu wechseln. Die Gerichte sind besetzt und es gibt keinen Fachkräftemangel. Bleiben wir also bei der jetzigen Regelung. | Session des Kantonsrates vom 29. April bis 2. Mai 2024, Aufräumsession |
1.5.2024 | Wortmeldung | Gerig-Mosnang (im Namen der SVP-Fraktion): Der Antrag der Rechtspflegekommission ist abzulehnen. Das System der Springerrichter wurde jetzt mehrfach erwähnt. Es ist ein gutes Instrument, das wir implementiert haben. Wenn ein Springerrichter über längere Zeit an einem Kreisgericht tätig ist, wie es Schuler-Mosnang erwähnt hat, müsste anschliessend die Richteranzahl am Kreisgericht diskutiert werden, welche die Rechtspflegekommission jährlich prüft. Zur von Gmür-Bütschwil-Ganterschwil angesprochenen Problematik: Ja, die Springerrichter sollten eigentlich an den Kreisgerichten tätig sein. Da gibt es vermutlich noch Potenzial, das zu überarbeiten und zu prüfen. Das wäre eigentlich ein gutes System. Die Richter können im Gerichtskreis wohnen. Auch ein Gemeindepräsident muss mit der Familie in die Gemeinde ziehen, in der er gewählt wurde. Im letzten oder vorletzten Jahr hatten wir einen Richter, der mit der Familie von St.Gallen ins Rheintal gezügelt ist. Mit dem Verwaltungsgericht haben wir vermehrt einen Pool an guten Kandidaten im Kanton St.Gallen. Das sehen wir an den kantonalen Gerichten. Da gehen immer wieder Bewerbungen aus dem Bundesverwaltungsgericht ein. Die sind nicht alle im Kanton St.Gallen wohnhaft und müssen dislozieren. Und das könnten auch die Richterkandidaten. | Session des Kantonsrates vom 29. April bis 2. Mai 2024, Aufräumsession |
1.5.2024 | Wortmeldung | Gmür-Bütschwil-Ganterschwil (als Mitglied der Rechtspflegekommission): Dem Antrag der Rechtspflegekommission ist zuzustimmen. Wir stimmen heute nicht darüber ab, ob wir die Wohnsitzpflicht abschaffen wollen oder nicht, sondern wir bestellen vorerst einmal eine Botschaft und können dann vertieft darüber diskutieren. Ich fragte mich bei der Vorbereitung, was denn für diese Wohnsitzpflicht spricht. Ich muss Ihnen sagen, dass ich auf keinen guten Grund gekommen bin. Bei Gemeindepräsidenten z.B. gibt es immerhin fiskalische Gründe, die man anführen könnte. Aber beim Richter sehe ich das nicht unbedingt. Ich glaube nicht, dass im Gerichtskreis wohnende Richter die besseren Richter oder Richterinnen sind. Massgeblich ist die Unabhängigkeit des Richters und nicht unbedingt, wo er wohnt. Ein Richter, der in Lichtensteig wohnt, kann im Kreisgericht Wil genau die gleich guten Urteile fällen, wie wenn er in Flawil wohnen würde. Wenn jemand in Mörschwil wohnt, kann er Urteile am Kreisgericht St.Gallen genauso gut fällen, wie wenn er in Gossau wohnen würde. Wir sollten diese Chance packen, das zumindest etwas näher zu prüfen. Ein Gedanke aus der Praxis der Springerrichter: Gerade in familienrechtlichen Fällen ist es so, dass die Springerrichter nicht ans eigene Kreisgericht kommen. Ich nehme als Beispiel ein Verfahren am Kreisgericht Toggenburg. Die Parteien wohnen z.B. in Bazenheid. Der Springerrichter kommt aus dem Werdenberg, und die Parteien dürfen dann – auch wenn es dort schön ist – nach Werdenberg reisen. Der Springerrichter kommt nicht ins Toggenburg. D.h., familienrechtliche Verfahren können z.B. noch mit Kindesanhörungen in Zusammenhang stehen. Dann reisen Sie rund vier Mal mit zwei Anwälten ins Werdenbergische, womöglich noch mit unentgeltlicher Rechtspflege. Das bezahlt am Schluss alles der Staat. Wenn die Springerrichter dann am Kreisgericht eingesetzt werden, wo auch tatsächlich die Parteien sind, fällt dieses Problem ebenfalls weg. | Session des Kantonsrates vom 29. April bis 2. Mai 2024, Aufräumsession |
1.5.2024 | Wortmeldung | Benz-St.Gallen zu Locher-St.Gallen: Danke, dass Sie darauf hinweisen, dass es nicht nur um die hauptamtlichen Richter, sondern auch um die nebenamtlichen Richter geht. Das haben wir in der Rechtspflegekommission noch nicht so ausführlich besprochen. Ich denke, es wäre durchaus eine Möglichkeit, diesbezüglich im Gesetzgebungsprozess eine Differenzierung zu machen. Das ist für mich aber kein Grund, jetzt den Auftrag abzulehnen. | Session des Kantonsrates vom 29. April bis 2. Mai 2024, Aufräumsession |
1.5.2024 | Wortmeldung | Locher-St.Gallen: Ich wollte eigentlich zuerst nicht in diese Diskussion eingreifen. Sie erteilen heute einen Auftrag, das näher zu prüfen. Ich möchte auf zwei, drei Punkte hinweisen, die auch zu beachten sind und denen etwas wenig Beachtung geschenkt wurde. Simmler-St.Gallen, es ist nicht eine Frage des Fachkräftemangels. Wenn Sie die Wohnsitzpflicht für die erstinstanzlichen Gerichte aufheben, dann heben Sie sie auch für Laienrichter auf. Wir haben im Kanton immer noch ein sehr bewährtes System von Laienrichtern. Wir haben uns während vieler Jahre im Kantonsrat immer gewehrt, und da hatten wir mehrheitlich Konsens, dass man im Kanton St.Gallen kein Berufsrichtertum will. Sie müssen sich bewusst sein, dass wenn Sie einer solchen Aufhebung der Wohnsitzpflicht zustimmen, könnte das ein erster Schritt in Richtung Berufsrichtertum sein. Ich glaube, die Frage der Unabhängigkeit stellt sich immer bei einem Gericht. Wenn das in der Vergangenheit ein so grosses Problem gewesen wäre, müsste man ja feststellen, dass man diesen Schritt endlich tun muss, um die Unabhängigkeit, die vorher offenbar nie vorhanden war, jetzt wiederherzustellen. Ich möchte einfach, dass Sie etwas die weitere Tragweite sehen. Der dritte Punkt war während meiner Zeit als Präsident der Rechtspflegekommission die Frage der Springerrichter. Wir haben klar gesehen, dass es u.U. Sinn macht – insbesondere bei Teilzeitrichtern und bei vollamtlichen Richtern, das sind Juristen –, den ordnungsgemässen Gang der Gerichte sicherzustellen, indem man solche Springerrichter einschaltet. Auch im Bereich des Haftrechts usw. Sie machen jetzt das Ganze auf. Sie müssen dann entscheiden, ob Sie das wollen. Ich wollte einfach auf diesen Punkt hinweisen. Die Sache ist schon noch etwas differenzierter zu betrachten, wenn Sie dann die entsprechende Gesetzesvorlage auf dem Tisch haben. | Session des Kantonsrates vom 29. April bis 2. Mai 2024, Aufräumsession |
1.5.2024 | Wortmeldung | Bartl-Widnau (in eigenem Namen und als Mitglied der Rechtspflegekommission): Dem Antrag der Rechtspflegekommission ist zuzustimmen. Der Antrag der SVP-Fraktion ist abzulehnen. Ein Gericht hat basierend auf kantonalen und eidgenössischen Gesetzen Recht zu sprechen. Dabei ist wohl tatsächlich in wenigen Fällen auch der Ortsgebrauch zu berücksichtigen, was man mit der Forderung einer Wohnsitzpflicht in Verbindung bringen könnte. Was ist uns jedoch wichtig? Was ist entscheidend für ein Gericht? Entscheidend sind die fachliche Qualifikation, die persönlichen Eigenschaften und die Geeignetheit. Hier sollten wir uns nicht einschränken, nur weil jemand gerade nicht im Gerichtskreis wohnt. Es ist entscheidend, dass bestens geeignete Personen an den Kreisgerichten tätig sind. Der derzeitige Wohnsitz der entsprechenden Person, die notabene weiterhin im Kanton wohnen muss, spielt nur eine unwesentliche Rolle. Weshalb soll ein Richter aus dem Sarganserland nicht eine Angelegenheit im Toggenburg kompetent beurteilen können? Allfällig profitiert er sogar von einer grösseren Unabhängigkeit und kann freier entscheiden. Das ist entscheidend. Es wurde bereits erwähnt, dass bereits heute regelmässig Springerrichter, d.h. Richter aus anderen Regionen, eingesetzt werden. Bereits heute wird die Wohnsitzpflicht somit auch auf Wunsch der Gerichte ausgehöhlt, was richtig ist. | Session des Kantonsrates vom 29. April bis 2. Mai 2024, Aufräumsession |
1.5.2024 | Wortmeldung | Simmler-St.Gallen (im Namen der SP-Fraktion): Dem Antrag der Rechtspflegekommission ist zuzustimmen. Ich muss nicht noch einmal alles wiederholen, möchte aber noch ein pragmatisches Argument hinzufügen: dass wir einen unglaublichen Fachkräftemangel an Leuten haben, die über eine juristische Ausbildung verfügen. Das hat sich in den letzten zehn Jahren drastisch verändert. Jeder Studienabgänger, der einen ansatzweise geraden Satz schreiben kann, findet sofort eine Stelle. Wir brauchen aber die guten Leute bei den Gerichten. Ich bin oft nahe dran bei diesen Rekrutierungsversuchen. Mittlerweile kandidieren viele Leute für Gerichte, die nur noch die Mindestanforderungen erfüllen, d.h. eine juristische Ausbildung und drei Jahre Berufserfahrung. Aber in den Kreisgerichten werden sehr weitreichende Entscheide gefällt, die für Leute eine unglaubliche Tragweite haben können. Ich finde es wichtig, dass wir die Qualität hochhalten. Wenn das heisst, dass eben jemand in Rorschach wohnt und nicht in St.Margrethen, nehme ich das sehr gerne in Kauf, wenn wir dafür einen viel grösseren Pool an Leuten haben, die wir rekrutieren können. | Session des Kantonsrates vom 29. April bis 2. Mai 2024, Aufräumsession |
1.5.2024 | Wortmeldung | Benz-St.Gallen (im Namen der GRÜNE-Fraktion): Dem Antrag der Rechtspflegekommission ist zuzustimmen. Die Wohnsitzpflicht im Gerichtskreis für Kreisrichterinnen und Kreisrichter macht in der heutigen Zeit tatsächlich keinen grossen Sinn mehr. Die Zeiten haben sich geändert. Richterinnen und Richter haben auch Partnerinnen, die allenfalls an einem anderen Ort arbeiten. Und wir alle unterstützen es, dass beide Ehepartner arbeiten bzw. berufstätig sind. In der Vergangenheit zeigte sich, dass es schwierig ist, genügend gute Kandidatinnen zu finden, wenn die Wohnsitzpflicht weiter bestehen bleibt. Ich lehne mich an meinen Vorredner an, dass diese Situation anders gehandhabt werden muss als bei Gemeindepräsidentinnen. Es ist nicht notwendig und kann sogar der Unabhängigkeit hinderlich sein, wenn die persönlichen Verhältnisse der Parteien ausserhalb des Gerichtsverfahrens zu gut bekannt sind oder Richterinnen, die sich nur über Dritte zu kennen glauben. Das für die Rechtspflegekommission wichtigste Argument ist jedoch, dass es einfacher ist, geeignete Richterinnen zu finden, wenn der Ressourcenpool grösser ist. | Session des Kantonsrates vom 29. April bis 2. Mai 2024, Aufräumsession |
1.5.2024 | Wortmeldung | Schuler-Mosnang: Dem Antrag der Rechtspflegekommission ist zuzustimmen. Das höchste Gut unserer Gerichte ist die Unabhängigkeit und nicht die Volksvertretung. Dafür sind wir als Kantonsrat oder allenfalls die Gemeinderäte oder Gemeindepräsidien zuständig. Es ist von höchster Wichtigkeit, dass nicht nur die Unabhängigkeit unserer Richter, sondern auch der Anschein der Unabhängigkeit gewahrt wird. Denn wenn bereits der Anschein besteht, dass die Gerichte befangen sind, ist das höchst problematisch. Wichtiger als die Wohnsitzpflicht ist, dass kompetente Richterinnen und Richter Recht sprechen. Die Interessenlage ist damit nämlich gänzlich anders als z.B. bei der Wohnsitzpflicht für Gemeindepräsidien oder Gemeinderäte. Es geht nicht um kommunales Recht, ob man persönlich von einem Steuerfuss oder einem Baureglement betroffen ist, sondern um vereinheitlichtes Bundesrecht. ZGB, StGB, ZPO, StPO, Einführungsgesetze usw. sind entweder Bundesrecht oder kantonales Recht, das vereinheitlicht ist. Die Wohnsitzpflicht wird bereits heute ausgehöhlt, nämlich durch das Institut der Springerrichter. Diese sprechen Recht in anderen Wahlkreisen, als sie gewählt wurden, um die Geschäftslast in überlasteten Gerichtskreisen reduzieren zu können. Sie tun dies mitunter permanent und nicht nur fallweise. Damit wird die Wohnsitzpflicht bereits heute ad absurdum geführt. Lassen Sie es mich so sagen: Das oberste Gut der Gerichte ist die Unabhängigkeit und nicht, dass der Rechtsvertreter mit dem rechtsprechenden Richter im selben Fussballklub ist. | Session des Kantonsrates vom 29. April bis 2. Mai 2024, Aufräumsession |
1.5.2024 | Wortmeldung | Gerig-Mosnang (im Namen einer Mehrheit der SVP-Fraktion): Der Antrag der Rechtspflegekommission ist abzulehnen. Ein altes Anliegen kommt nach 17 Jahren wieder in den Kantonsrat. So haben unsere Vorgänger im Grossen Rat im Jahr 2007 den Änderungsantrag der Wohnsitzpflicht anlässlich des IV. Nachtrags zum Gerichtsgesetz beraten und abgelehnt. Gschwend-Altstätten und Bühler-Schmerikon können sich als Abstimmungssieger wahrscheinlich noch daran erinnern. Aus unserer Sicht muss der Richter bei der Ausübung des Amts im Wahlkreis wohnhaft sein. Freilich stimmt dies auf ein einziges Kreisgericht nicht, denn die Wahlkreise Werdenberg und Sarganserland bilden zusammen einen Gerichtskreis. Die Richterinnen und Richter müssen mit den lokalen Verhältnissen vertraut sein. Bei den Kreisgerichten unterscheiden sich die Fälle in der Region. So werden auf dem Land tendenziell mehr landwirtschaftliche Fälle behandelt. Auch die Unabhängigkeit kann gewahrt werden. Wenn zu den Prozessparteien eine gewisse Nähe besteht, greift ohnehin die Ausstandsregel. In der Stadt wohnen und Steuern bezahlen und in Landkreisen arbeiten, nein, das wollen wir nicht. Die Gerichtskreise sind grundsätzlich gross genug für die Rekrutierung. Wenn man die aktuelle Situation anschaut, haben wir keine Problematik der Unterbesetzung bzw. bei der Stellenbesetzung. Für die Wählbarkeit in ein Kreisrichteramt ist der Wohnsitz im Gerichtskreis nicht relevant. Für die Ausübung des Amts hingegen schon. Für die Übergangszeit gibt es Möglichkeiten, eine Ausnahmebewilligung zu beantragen. Entsprechend kann auch ein Rheintaler im schönen Toggenburg ein Kreisrichteramt anschliessend ausüben. Am kantonalen Gericht wohnen die Richter im Kanton, am Kreisgericht wohnen die Richter im Gerichtskreis – ist doch ganz einfach. | Session des Kantonsrates vom 29. April bis 2. Mai 2024, Aufräumsession |
1.5.2024 | Struktur | Auftrag | Session des Kantonsrates vom 29. April bis 2. Mai 2024, Aufräumsession |
1.5.2024 | Wortmeldung | Schöb-Thal, Ratspräsidentin, stellt Kenntnisnahme der Berichterstattung 2024 der Rechtspflegekommission fest. | Session des Kantonsrates vom 29. April bis 2. Mai 2024, Aufräumsession |
1.5.2024 | Struktur | Die Spezialdiskussion wird nicht benützt. | Session des Kantonsrates vom 29. April bis 2. Mai 2024, Aufräumsession |
1.5.2024 | Wortmeldung | Schöb-Thal, Ratspräsidentin: Das Präsidium sieht keine Eintretensdiskussion vor. Ich stelle fest, dass Sie auf den Bericht in einziger Lesung eingetreten sind. | Session des Kantonsrates vom 29. April bis 2. Mai 2024, Aufräumsession |
1.5.2024 | Wortmeldung | Stöckling-Rapperswil-Jona, Präsident der Rechtspflegekommission: Die Rechtspflegekommission beantragt, auf den Bericht in einziger Lesung einzutreten. Die Rechtspflegekommission (RPK) unterbreitet Ihnen den Bericht über ihre Tätigkeit im vergangenen Amtsjahr. Ich möchte daraus vier Themen aufgreifen. Wahrung der Kinderrechte: Die Prüfungstätigkeit der RPK sah als Schwerpunktthema die Wahrung von Kinderrechten vor. Dies v.a. mit Blick auf Verfahren, in denen Kinder eine Prozesspartei darstellen, aber auch mit Blick auf weitere Aspekte wie z.B. die Anhörung von Kindern in Verfahren oder die Situation von Kindern als Angehörige von Personen im Strafvollzug. Insgesamt kann festgehalten werden, dass sich alle Instanzen der st.gallischen Justiz der Problematik sehr wohl bewusst sind und Anstrengungen unternehmen, um das Interesse von Kindern im Rahmen des heute Machbaren zu wahren. Jedoch nahm die RPK von der Einschätzung der Ombudsstelle Kinderrecht Kenntnis, wonach die Kinderrechte in der ganzen Schweiz nach wie vor ungenügend angewendet und umgesetzt werden. Die Ombudsstelle hat der RPK den von ihr identifizierten Handlungsbedarf detailliert aufgezeigt. Die RPK anerkennt die entsprechenden Anstrengungen der visitierten Stellen, erwartet aber gleichzeitig, dass auch weiterhin grosses Augenmerk darauf gelegt wird, die Rechte von Kindern in sämtlichen Bereichen der Justiz (Staatsanwaltschaft, Gerichte und Strafvollzug) bestmöglich zu wahren. Vakanzen an kantonalen Gerichten: Bis jetzt wurden in Fällen von Vakanzen in den kantonalen Gerichten jeweils die Fraktionen zur Meldung von Kandidaturen eingeladen. Zudem wurden bei Fachrichterpositionen die Berufs- und Fachverbände informiert und bei Gesamterneuerungswahlen zusätzlich der Juristenverband sowie der Anwaltsverband. Im abgelaufenen Berichtsjahr hat die RPK eine Praxisänderung vorgenommen. Im Rahmen einer Pilotphase werden haupt- und nebenamtliche Vakanzen von kantonalen Gerichten ab sofort öffentlich auf dem Stellenportal des Kantons ausgeschrieben. Vorgängig hat die RPK diesen Vorschlag bei den Fraktionspräsidien vernehmlasst und ist dort auf Zustimmung gestossen. Damit wird ein Vorgehen implementiert, das in vielen anderen Kantonen bereits langjährig und erfolgreich praktiziert wird. Die RPK sieht in der öffentlichen Ausschreibung insbesondere zwei positive Effekte: Zum einen soll die demokratische Legitimation der Richterwahl durch mehr Transparenz im Auswahlprozess gestärkt werden. Zum anderen soll die Rekrutierungsbasis erweitert werden, indem weitere Fachkreise über allfällige Vakanzen informiert werden. Unverändert bleibt das weitere Wahlprozedere. Die Prüfung der fachlichen Eignung erfolgt durch die RPK und die Festlegung definitiver Wahlvorschläge liegt bei den Fraktionen, was in der Ausschreibung auch Erwähnung findet. Wohnsitzpflicht von Kreisrichterinnen und Kreisrichtern: Nach heutiger Rechtslage müssen Richterinnen und Richter der Kreisgerichte zur Ausübung ihres Amts Wohnsitz im Gerichtskreis haben. Die RPK erachtet diese Regelung als nicht mehr zeitgemäss und sachgerecht und schlägt Ihnen vor, die Wohnsitzpflicht für alle Richterinnen und Richter auf das Kantonsgebiet auszudehnen. Die RPK wagt damit keine Revolution der Rechtsprechung in der ersten Instanz. Vielmehr soll eine Regelung Einzug in das St.Galler Recht finden, die in anderen Kantonen seit vielen Jahren bekannt ist. Die RPK sieht dafür zwei Hauptgründe: Zum einen soll dadurch der Rekrutierungspool für die einzelnen Gerichte ausgedehnt werden. Auch wenn aus Sicht der RPK heute die Kreisgerichte kompetent besetzt sind, wird so die Suche nach kompetenten Fachleuten unterstützt, indem die Kleinräumigkeit der Gerichtskreise aufgebrochen wird. Zum anderen gilt in der Justiz das Bonmot «Vertraut mit Land und Leuten» nicht uneingeschränkt als Qualitätsmerkmal. Die RPK sieht daher in der Lockerung der Wohnsitzpflicht zudem eine Chance zur Stärkung der richterlichen Unabhängigkeit der Kreisgerichte. Verzicht von Begründungen von zweitinstanzlichen Entscheiden: Die RPK unterbreitet Ihnen ein Standesbegehren (41.24.03), das einen Verzicht von Urteilsbegründungen auch auf zweiter Instanz wieder ermöglichen soll. Damit reagiert die RPK auf die Pendenzenlast beim Kantonsgericht. Ich werde mich bei der Behandlung des Standesbegehrens detaillierter äussern. Mit diesen vier Schlaglichtern erschöpfen sich meine mündlichen Anmerkungen zum Bericht der RPK. Die detaillierten Erkenntnisse der Prüfungstätigkeit und die darauf basierenden Empfehlungen gehen daraus hervor. Ich bitte Sie, den Auftrag an die Regierung betreffend Ausdehnung der Wohnsitzpflicht der Mitglieder der Kreisgerichte gutzuheissen. | Session des Kantonsrates vom 29. April bis 2. Mai 2024, Aufräumsession |