Geschäft: Arbeit muss sich lohnen – Fehlanreize jetzt korrigieren!

Übersicht
KomiteeKantonsrat
Nummer43.24.02
TitelArbeit muss sich lohnen – Fehlanreize jetzt korrigieren!
ArtKR Postulat
ThemaArbeit und Gewerbe
FederführungVolkswirtschaftsdepartement
Eröffnung19.2.2024
Abschluss30.4.2024
Letze Änderung17.7.2024
vertraulichNein
öffentlichJa
dringendNein
Dokumente
PubliziertTypTitelDatei
WortlautWortlaut vom 19. Februar 2024
AntragAntrag der Regierung vom 2. April 2024
WortlautGeänderter Wortlaut vom 30. April 2024
Beteiligungen
DatumAkteurTitelLetze Änderung
19.2.2024Gremium2.6.2024
Abstimmungen
DatumTitelResultatöffentlich
JaBedeutungNeinBedeutungAbsent / Enthaltung
30.4.2024Gutheissung mit geändertem Wortlaut gemäss Antrag der Regierung104Zustimmung5Ablehnung11
Statements
DatumTypWortlautSession
30.4.2024Beschluss

Der Kantonsrat heisst das Postulat mit geändertem Wortlaut gemäss Antrag der Regierung mit 104:5 Stimmen bei 6 Enthaltungen gut.

Session des Kantonsrates vom 29. April bis 2. Mai 2024, Aufräumsession
30.4.2024Struktur

Die Spezialdiskussion wird nicht benützt.

Session des Kantonsrates vom 29. April bis 2. Mai 2024, Aufräumsession
30.4.2024Wortmeldung

Dürr-Gams, Ratsvizepräsidentin, stellt Eintreten auf das Postulat fest.

Session des Kantonsrates vom 29. April bis 2. Mai 2024, Aufräumsession
30.4.2024Wortmeldung

Regierungsrat Tinner: Wenn man die Voten von links bis rechts beurteilt, dann können Sie wohl erahnen, dass wahrscheinlich nicht alle Ansprüche im Rahmen dieser Projektbearbeitung erfüllt werden können. Es ist noch nicht Weihnachten und ich bin nicht der Weihnachtsmann, der hier alle Vorstellungen erfüllen kann und wird.

Ich kann Ihnen aber versichern, dass es ein departementsübergreifendes Projekt unter dem Lead des Volkswirtschaftsdepartementes sein wird. Sie können sicher sein, dass auch Regierungsrätin Bucher im Steuerungsausschuss sitzen wird. Ich bin überzeugt, sie wird auch die Aspekte wie Vereinbarkeit von Familie und Beruf entsprechend einbringen. Schon jetzt sagen kann ich, Hauser-Sargans, dass ich daraus keine Mindestlohn-Vorlage mache. Das können Sie separat einfordern oder sonst jetzt diesen Postulatsauftrag ablehnen oder umwandeln. Wir müssen uns hier wirklich auf diese Bereiche konzentrieren, in denen die Regierung diese Analyse vornehmen will. Es ist auch eine Chance, um herauszufinden, wo es allenfalls Korrekturbedarf gibt und wo man Anreize neu setzen müsste, um vielleicht die erwähnten Fehlanreize auszumerzen. In diesem Sinn kann ich Ihnen versichern, wir werden uns an die Arbeit machen. Sie wird aber wahrscheinlich auch ein bisschen länger andauern, weil wirklich sehr viele Aspekte aus dem Lebensalltag von Menschen betroffen sind. Wir möchten hier eine seriöse Arbeit machen. Deshalb möchte ich Sie jetzt schon bitten, dass Sie mir dann nicht, wenn die Frist für die Erarbeitung der Vorlage abgelaufen ist, schon Druck machen. Wir wollen hier eine breite Auslegeordnung vornehmen.

Session des Kantonsrates vom 29. April bis 2. Mai 2024, Aufräumsession
30.4.2024Wortmeldung

Lippuner-Grabs: Bisig-Rapperswil-Jona hat es mehrmals so hingestellt, als würde die FDP-Fraktion Teilzeit-Bashing betreiben. Ich weiss nicht, wo er das gelesen oder gehört hat. In diesem Postulat wird nichts dergleichen erwähnt. Erwähnt wird, dass das Zusammenwirken der verschiedenen Tarif- und Transfersysteme zu einem finanziellen Bashing der Vollzeitarbeitenden führt, und das soll angegangen werden. Wir haben überhaupt nichts gegen Teilzeitarbeit. Ich meine, ich hätte dies in meinem Votum auch klar dargelegt.

Session des Kantonsrates vom 29. April bis 2. Mai 2024, Aufräumsession
30.4.2024Wortmeldung

Bosshard-St.Gallen (im Namen der Mehrheit der GRÜNE-Fraktion): Auf das Postulat ist einzutreten. Dem Antrag der Regierung ist zuzustimmen.

Ich kann mich dem Votum von Bisig-Rapperswil-Jona anschliessen. Als ich den Titel dieses Postulats gesehen habe, habe ich direkt an den FDP-Wahlslogan gedacht, den man immer wieder gesehen hat: Arbeit muss sich lohnen. Auf verschiedensten politischen Ebenen wurden Vorstösse von der FDP eingereicht, um die Teilzeitarbeit anzugreifen. Darum sind wir gegenüber diesem Postulat sehr skeptisch eingestellt. Für mich ist ein wichtiger Punkt, was denn «freiwilliger Einkommensverzicht» genau bedeutet. Nur ganz wenige Personen reduzieren ihr Pensum wirklich freiwillig. Es gibt immer irgendwelche Gründe, wieso jemand nicht 100 Prozent arbeitet. Oft oder in den meisten Fällen ist das die Betreuung der Kinder oder vielleicht auch von Angehörigen, welche gepflegt werden müssen. Andere Gründe sind eben auch Weiterbildungsmassnahmen.

Ich stelle mir die Frage, wie überprüft werden soll, was freiwilliger Einkommensverzicht wäre. Es wäre ein riesiges bürokratisches Ding, dies bei jeder Person, die Teilzeit arbeitet, zu überprüfen. Das hat die Regierung auch in einer Antwort zu einer Interpellation der FDP-Fraktion im vergangenen Jahr geschrieben. Man kann gerne analysieren, was man optimieren kann, damit sich Arbeit wirklich lohnt, gerade auch im Tieflohnbereich – Hauser-Sargans hat da wichtige Punkte erwähnt. Arbeit muss sich lohnen für diejenigen, denen es wirklich schlecht geht. Es geht nicht darum, noch etwas zu optimieren, damit weniger Beiträge geleistet werden müssen.

Wir sehen diesen Angriff auf die Teilzeitarbeit grossmehrheitlich sehr kritisch. Auch wenn wir das kritisch sehen, kann man eine solche Analyse machen. Wir wollen dann sehen, wie die freiwilligen Einkommensreduktionen begründet werden und wie man nachweisen will, was wirklich freiwillig ist. Das sollte in diesem Postulat auch aufgezeigt werden. Für unsere Fraktion bleiben zahlreiche Fragen offen.

Session des Kantonsrates vom 29. April bis 2. Mai 2024, Aufräumsession
30.4.2024Wortmeldung

Rossi-Sevelen (im Namen der SVP-Fraktion): Auf das Postulat ist einzutreten. Dem Antrag der Regierung ist zuzustimmen.

Die bürgerlichen Vorredner haben in ihren unterstützenden Voten bereits das Bedürfnis dieses Postulats dargelegt. So möchte ich den Drive des Gastwirtschaftsgesetzes aufnehmen und werde nicht länger sprechen. Ich gebe Ihnen bekannt, dass die SVP-Fraktion unter dem Motto «Mehr für fleissige Chrampfer» dem Postulat zustimmt und den Antrag der Regierung unterstützt.

Session des Kantonsrates vom 29. April bis 2. Mai 2024, Aufräumsession
30.4.2024Wortmeldung

Bisig-Rapperswil-Jona (im Namen der GLP): Auf das Postulat ist einzutreten. Dem Antrag der Regierung ist zuzustimmen.

Die Freiheit, sein Leben so zu gestalten, wie man möchte, ist ein hohes Gut. Die Flexibilisierung der Arbeitswelt in den letzten Jahrzehnten hat dazu beigetragen. In der heutigen individuellen Lebensgestaltung kann man den Fokus selber wählen: Möchte man mehr seiner Lebenszeit für die Karriere verwenden, für die Familie und Kinderbetreuung, möchte man seine Zeit für individuelle Engagements in Vereinen einsetzen oder auch für mehr Freizeit – es gibt viele gute Gründe, sein Arbeitspensum zu reduzieren.

Das Teilzeit-Bashing der FDP in den letzten Monaten in verschiedenen Parlamenten lehnen wir entschieden ab. Viele Menschen haben aus den genannten Gründen gute Gründe, ihre Arbeit zu reduzieren. Die FDP-Fraktion stellt es so hin, als ob alle, die Teilzeit arbeiten, in irgendeiner Form Systemprofiteure zulasten des Wohlstands wären. Ich möchte dazu ein Beispiel machen: Wenn eine Pflegeperson ihr Pensum von 100 auf 80 Prozent reduziert, dann ist es aus Sicht der FDP-Fraktion ein Frevel und eine Wohlstandsvernichtung, aber vielleicht nutzt diese Person diese 20 Prozent, um die betagte Nachbarin zu unterstützen, die so länger zu Hause bleiben kann. Daran zeigt sich, dass sich die Zufriedenheit, die Gesundheit und das Glück der Bevölkerung eben nicht nur an der Wirtschaftsleistung messen.

Wir sind aber auch einig mit der FDP-Fraktion, dass es bestehende Fehlanreize gibt, und wir sind auch einig, dass sich Mehrarbeit lohnen sollte. Bei tiefen Einkommen kann es sein, dass durch Mehrarbeit Unterstützungsleistungen des Staates wegfallen. Bei mittleren und hohen Einkommen fressen die Progression oder steigende Kita-Tarife den Mehrlohn weg. Wenn man das in einem Postulat analysiert, ist uns ebenfalls wichtig, dass man das ergebnisoffen anschaut – auch, wie man Steuerausfälle kompensieren könnte. Hier ist die FDP-Fraktion vielleicht auch blind auf einem Auge. Wenn man nämlich die Erwerbsarbeit weniger besteuern würde, was natürlich ein positiver Erwerbsanreiz ist, wäre es auf der anderen Seite sinnvoll, die Vermögensbesteuerung zu erhöhen und so das gleiche Steuereinkommen zu realisieren.

Session des Kantonsrates vom 29. April bis 2. Mai 2024, Aufräumsession
30.4.2024Wortmeldung

Hauser-Sargans (im Namen der SP-Fraktion): Auf das Postulat ist einzutreten. Dem Antrag der Regierung ist zuzustimmen.

Die FDP-Fraktion lädt die Regierung ein, eine Analyse des Steuer- und Transfersystems für natürliche Personen auf Kantons- und Gemeindeebene vorzunehmen. Diese Analyse soll insbesondere den Aspekt des freiwilligen Erwerbsverzichts und der – wie Sie es nennen – leistungsfeindlichen Fehlanreize sowie jegliche Subventionen, Prämienverbilligung und weitere einkommensabhängige Abgaben wie progressive Einkommen, Steuern, Gebühren und Tarife, z.B. Kita-Tarife, umfassen. Im Bericht sollen zudem Massnahmen zur Verbesserung von leistungsorientierten und die Berufstätigkeit fördernden Rahmenbedingungen abgeleitet und präsentiert werden. Auch die SP-Fraktion ist der Meinung, dass das heutige Steuer- und Transfersystem ausgelegt ist auf Menschen, die Vollzeit arbeiten, wenn sie keine Kinder haben, und auf Familien, bei denen nur ein Elternteil in hohem Pensum arbeitet. Es ist veraltet. Auch der SP-Fraktion ist es wichtig, die Funktion unseres Sozialstaats langfristig zu bewahren und den Wohlstand unseres Landes nachhaltig zu sichern. Deshalb unterstützen wir die Forderung, dieses System anzupassen. Der SP-Fraktion ist wichtig, diese Analyse insbesondere hinsichtlich der Vereinbarkeit von Beruf und Familie vorzunehmen und Massnahmen vorzuschlagen, die eine Balance ermöglichen aus Besteuerung unterschiedlicher Einkommenshöhen und Instrumenten der Entlastung wie z.B. Steuerabzügen für familien- und schulergänzende Betreuung, aber auch staatliche Direktunterstützung durch Beiträge an diese Kosten. Diese Balance ist so vorzuschlagen, dass sie das Familienleben auf gedeihliche Weise für möglichst alle Einkommensklassen fördert.

Zudem legt die SP-Fraktion Wert darauf, dass auch Einzelpersonen und Familien im Tieflohnbereich in dieser Analyse Beachtung finden, denn gerade bei Tieflöhnen stellt sich die Frage, ob die Arbeit sich lohnt, in ganz besonderem Ausmass. Wenn trotz hoher Anstrengung und langen Arbeitszeiten ein Lohn resultiert, der nur knapp oder nicht zum Leben reicht, dann ist mehr als nachvollziehbar, wenn diese Menschen sagen, dass sich die Arbeit kaum auszahle. Tiefstlöhne sind kein Fehlanreiz, aber ein fehlender Anreiz. Studien zeigen, dass es für Arbeitende wichtig ist, die Arbeit als sinnvoll zu erleben, aber auch im Vergleich zu anderen Arbeitenden fair entlöhnt zu werden. Man kann zwar schon Mitleid haben mit einem Menschen im höheren Lohnsegment, der sich darüber beklagt, dass sein Grenzsteuersatz mehr als ein Drittel des Lohns beträgt. Das ist dann aber letztlich doch Jammern auf sehr hohem Niveau. Die Klage des Menschen im Tiefstlohnbereich, der sich trotz viel Arbeit in einem 100-Prozent-Job kaum Ferien leisten kann und dem auch die Reserve fehlt für unerwartete Ausgaben von z.B. mehr als 2'000 Franken für eine Zahnbehandlung, ist dann doch etwas nachvollziehbarer. Es würde sich deshalb lohnen, auch die Frage nach der Wirkung eines Mindestlohns in die Analyse miteinzubeziehen. Das zeigen auch die Erfahrungen aus anderen Kantonen – das sind schon einige – wie Neuenburg, Jura, Genf, Tessin und Basel-Stadt.

Bezüglich der Transfersysteme ist zudem v.a. für tiefere Lohnsegmente mitzudenken, welche langfristigen Wirkungen von Massnahmen während der Kindheit auf das spätere Arbeitsverhalten festgestellt werden können. So sind z.B. beträchtliche Vorteile im Sinne eines «Return on Investment» für frühe Förderung bekannt. Menschen, die als kleine Kinder in den Genuss solcher Förderung gekommen sind, verdienen als Erwachsene signifikant mehr und bezahlen auch deutlich mehr Steuern als Menschen der gleichen Bevölkerungsgruppe ohne derartige Förderung. In unserem Kanton wurden in den letzten Jahren in mehreren Gemeinden besondere Modelle der intensiven Förderung für Risikofamilien eingerichtet, z.B. mit dem Programm «Parents as Teachers». Diese Transfersysteme haben einen beträchtlichen Einfluss auf die spätere Leistungsorientierung im Beruf.

Die Regierung beantragt Gutheissung mit geändertem Wortlaut. Sie möchte den Fokus auf das Zusammenwirken der verschiedenen Instrumente und die damit verbundenen Anreizwirkungen legen. Die SP-Fraktion unterstützt diese Gutheissung der Regierung mit geändertem Wortlaut. Sie regt zudem an, nicht nur die Stipendien und Tarifkosten externer Kinderbetreuung einzubeziehen, sondern auch die längerfristig angelegten Massnahmen der frühen Förderung. Zudem sollen leistungsförderliche Massnahmen für Menschen in Tieflohnbereichen analysiert werden.

Session des Kantonsrates vom 29. April bis 2. Mai 2024, Aufräumsession
30.4.2024Wortmeldung

Bärlocher-Eggersriet (im Namen der Mitte-EVP-Fraktion): Auf das Postulat ist einzutreten. Dem Antrag der Regierung ist zuzustimmen.

Der Arbeitsmarkt hat sich in den letzten Jahren stark gewandelt: Zeitarbeit, flexible Arbeitszeiten und Co-Working sind nur einzelne Schlagwörter zum Thema. Wir unterstützen die Absicht, das heutige Steuer- und Transfersystem zu überprüfen, da dieses auf Vollzeitarbeitsmodelle ausgerichtet ist. Es kann sein, dass sich zusätzliche Arbeit aufgrund der Steuerprogression oder wegfallenden Leistungen eigentlich nicht mehr gross lohnt. Diesem negativen Anreiz zu höheren Arbeitspensen wirkungsvoll entgegenzutreten, ist auch in unserem Interesse. Auf der anderen Seite sind auch die Leistungen zu überprüfen. Wenn man freiwillig weniger arbeiten will, soll geprüft werden, ob dies zu einer Reduktion von staatlichen Leistungen oder Finanzierungsbeiträgen führen kann oder soll.

Die Stossrichtung des Postulats ist also richtig. Der Anreiz, zusätzliche Arbeitsstunden zu leisten, sollte gestärkt werden. Zugleich soll aber die individuelle Wahlfreiheit für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer gewahrt bleiben.

Session des Kantonsrates vom 29. April bis 2. Mai 2024, Aufräumsession
30.4.2024Wortmeldung

Lippuner-Grabs (im Namen der FDP-Fraktion): Auf das Postulat ist einzutreten. Dem Antrag der Regierung ist zuzustimmen.

Unser Steuertarif- und Transfersystem stammt aus einer vergangenen Zeit. Aus einer Zeit, als Menschen stets Vollzeit arbeiteten, wenn sie keine Kinder hatten oder wenn nicht andere Gründe wie berufliche Weiterbildungen oder Betreuungsaufgaben innerhalb der Familie eine Reduktion des Arbeitspensums notwendig machten. Aus einer Zeit, als es die Norm war, dass nur ein Elternteil arbeiten ging – in der Regel war dies der Ehemann –, und aus einer Zeit, in welcher die Menschen gar keine echte Wahl hatten und das Arbeitszeitmodell aus gesellschaftlichen und aus wirtschaftlichen Gründen vorgegeben war. Wir leben heute in einer anderen Zeit – zum Glück. Die jungen Leute – Frauen und Männer – sind bestens ausgebildet. Der Bildungsstand der Bevölkerung hat in den letzten 30 Jahren deutlich zugenommen, der Medianlohn ebenfalls. Die Lebensmodelle sind heute wesentlich diverser und die Menschen gestalten ihre Arbeits- und Lebenssituationen viel individueller. Gerade junge Eltern planen die Familienarbeit und die Erwerbstätigkeit heute offener und folgen nicht mehr althergebrachten Mustern. Grundsätzlich sind dies aus liberaler Sicht überaus positive, fortschrittliche Entwicklungen.

Ein liberales Gesellschaftsmodell lebt aber auch von der Vision, dass man es mit eigener Leistung zu einem gewissen Wohlstand bringen kann, dass sich also Arbeit lohnt. Leider bremst unser Steuertarif- und Transfersystem diese Vision auf gravierende Weise aus. Wir haben dies am Beispiel einer fünfköpfigen, mittelständischen Familie deutlich aufgezeigt: Überlegt sich ein Ehepaar, in welchen Pensen zwischen 100 und 200 Prozent es gemeinsam arbeiten will, stellt es fest: Doppelt so viel arbeiten führt bloss zu einem Viertel mehr Nettoeinkommen. Das Problem ist das Zusammenwirken der verschiedenen staatlichen Tarife und Sozialtransfers. Das anerkennt auch die Regierung in ihrer Antwort auf unser Postulat.

Einzeln betrachtet mögen einkommensabhängige Tarife und Unterstützungsleistungen vielleicht sinnvoll erscheinen. Die Fülle an einkommensabhängigen Subventionen und Abgaben wie z.B. Steuern, Kita-Tarife, Stipendien und Prämienverbilligungen summiert sich aber zu einem leistungsfeindlichen Gift-Cocktail, einem fürchterlichen Pensumskiller. Es drängt die Menschen mit seinen Fehlanreizen förmlich aus der Erwerbsarbeit. Diese Fehlanreize möchten wir mit unserem Postulat auf Kantons- und Gemeindeebene analysieren und v.a. entsprechende Gegenmassnahmen ableiten. Die Mobilisierung des Mitarbeiterpotenzials im Inland leistet einen wichtigen Beitrag gegen den Fachkräftemangel, erhöht unsere Steuerkraft und reduziert zudem den notwendigen Zuzug von Arbeitskräften aus dem Ausland. Mit dem geänderten Wortlaut der Regierung sind wir einverstanden. Uns ist vor allem wichtig, dass der besagte Pensumskiller erkannt und weitestmöglich beseitigt wird. Ich bitte Sie, unserem Postulat zuzustimmen und damit ein Zeichen für eine liberale, moderne und leistungsfreundliche Gesellschaft zu setzen.

Session des Kantonsrates vom 29. April bis 2. Mai 2024, Aufräumsession