Geschäft: Vorbeugende Wolfsabschüsse: Ist der Kanton St.Gallen bereit?
Komitee | Kantonsrat |
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Nummer | 51.23.82 |
Titel | Vorbeugende Wolfsabschüsse: Ist der Kanton St.Gallen bereit? |
Art | KR Interpellation |
Thema | Landwirtschaft, Tierhaltung, Waldwirtschaft, Umweltschutz |
Federführung | Volkswirtschaftsdepartement |
Eröffnung | 27.11.2023 |
Abschluss | 30.4.2024 |
Letze Änderung | 17.7.2024 |
vertraulich | Nein |
öffentlich | Ja |
dringend | Nein |
Datum | Akteur | Titel | Letze Änderung |
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27.11.2023 | Gremium | Erstunterzeichner/-in - SVP-Fraktion 2020/2024 | 2.6.2024 |
Datum | Titel | Resultat | öffentlich | ||||
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Ja | Bedeutung | Nein | Bedeutung | Absent / Enthaltung | |||
28.11.2023 | Dringlicherklärung | 37 | Zustimmung | 73 | Ablehnung | 9 |
Datum | Typ | Wortlaut | Session |
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28.11.2023 | Beschluss | Der Kantonsrat erklärt die Interpellation mit 73:37 Stimmen nicht dringlich. | Session des Kantonsrates vom 27. bis 29. November 2023, Wintersession |
28.11.2023 | Wortmeldung | Regierungsrat Tinner: Der Antrag auf Dringlicherklärung ist abzulehnen. Ich kann Ihnen versichern, dass die St.Galler Regierung bzw. das Amt für Natur, Jagd und Fischerei den Abschuss dieses Rudels auf den 1. Dezember 2023 verfügen wird. Wir werden in diesen Minuten die Kommunikation zu diesem Entscheid vornehmen. Dieser Entscheid basiert auf der heute um 8 Uhr erfolgten Medienmitteilung des BAFU, das dem Antrag des Kantons St.Gallen, das Calfeisen-Rudel zu entnehmen, zugestimmt hat. Somit besteht keine Dringlichkeit mehr. Die übrigen Fragen, die Sie in Ihrer dringlichen Interpellation aufwerfen, können wir ohne weiteres im Nachgang beantworten. Entscheidend ist aber, dass die Regulierung dieses Wolfsrudels vorgenommen werden kann. Ich möchte darauf hinweisen, dass wir auch in regelmässigem Austausch mit den Verantwortlichen der Schafzuchtorganisationen, des Tourismus und mit Fachleuten des Bauernverbands sind. An dieser Sitzung ist jeweils auch die Ständerätin der SVP, Esther Friedli, vertreten. Auch hier ist sichergestellt, dass ein Austausch der Informationen erfolgt und möglich ist. Aus dem Gesagten bitte ich Sie, die Dringlichkeit abzulehnen. Wir haben bereits gehandelt und müssen uns keine Überlegungen mehr machen, ob wir überhaupt etwas tun wollen. | Session des Kantonsrates vom 27. bis 29. November 2023, Wintersession |
28.11.2023 | Wortmeldung | Vogel-Bütschwil-Ganterschwil (im Namen der SVP-Fraktion): Dem Antrag auf Dringlicherklärung ist zuzustimmen. Die SVP bedauert, dass die Regierung die Dringlichkeit bestreitet. Per 1. Dezember 2023 werden das Bundesgesetz über die Jagd und den Schutz wildlebender Säugetiere und Vögel (SR 922.0; abgekürzt JSG) und die Verordnung über die Jagd und den Schutz wildlebender Säugetiere und Vögel (SR 922.01; abgekürzt 922.01) angepasst. Neu können Wolfsrudel gejagt werden, ohne dass diese vorher Schäden angerichtet haben. Für diese Teil-Inkraftsetzung verzichtete der Bundesrat sogar auf ein Vernehmlassungsverfahren, denn die körperliche und psychische Belastung auf den Alpen ist bei 300 Wölfen und 32 Rudeln enorm. Die vorliegende Interpellation will, dass die Regierung Auskunft darüber gibt, ob sie für den Abschuss von Wolfsrudeln bereit ist. Da die Bestimmungen am 1. Dezember 2023 in Kraft treten, ist die Dringlichkeit notwendig. Der Bundesrat hat zudem die Schweiz in Wolfsregionen unterteilt. Der Vollzug obliegt ausdrücklich den Kantonen. Sie können beim Bundesamt für Umwelt (BAFU) ein Abschussgesuch stellen. Die neue Lage braucht zügige Antworten. Allerdings können die Wolfsrudel bloss bis zum 31. Januar 2024 proaktiv gejagt werden. Mit diesem Vorstoss soll also erreicht werden, dass sich die Regierung die wichtigen Fragen jetzt überlegt, denn es bleiben nur noch knapp zwei Monate Zeit. Angesichts dieses Zeitraums ist die Dringlichkeit mehr als notwendig. Die Dringlichkeit ist auch gerechtfertigt, da die Zeichen der Zeit klar waren. Der Schweizer Bauernverband forderte bereits im Sommer die Kantone dazu auf, sich parallel zu den neuen Bestimmungen des Bundesrates Gedanken zu machen. Genau das haben wir nun in der Hand. Um das geht es in dieser Interpellation und deshalb ist sie dringlich. Die Dringlichkeit ist auch deshalb gegeben, weil die Regierung das Abschussgesuch für das Calfeisental-Wolfsrudel bereits auf die Post gebracht hat. Demnächst kommt der Entscheid des BAFU. Der Kanton muss also die Fragen der Interpellation ohnehin bis am 1. Dezember 2023 beantwortet bzw. geklärt haben. Die Dringlichkeit ergibt sich auch aus den Rückfragen der Bevölkerung, der Jäger und ganz allgemein aus der Stimmung im Kanton. Auch von Links-Grün ist bereits ein Wolfsvorstoss eingegangen. Die Klärung ist somit im Interesse des ganzen Kantonsrates. Die Regierung kann diese Chance nun ergreifen und soll den Spielraum des Bundes clever nützen, darum sind jetzt schnelle Überlegungen gefragt. Die Fragen im Vorstoss sind kurz und knapp formuliert. Die Regierung kann diese auch kurz und knapp beantworten. Kommuniziert hatte der Bundesrat übrigens seine Änderungen am 1. November 2023. Die St.Galler Regierung hatte nun einen Monat Zeit, sich diese Gedanken zu machen. Ich fasse zusammen: Heute Dringlichkeit, morgen Antworten, am Freitag Rechtssicherheit. Das schulden wir unseren Älplern und der Landwirtschaft. | Session des Kantonsrates vom 27. bis 29. November 2023, Wintersession |
28.11.2023 | Wortmeldung | Dürr-Gams, Ratsvizepräsidentin: Die Regierung bestreitet die Dringlichkeit. | Session des Kantonsrates vom 27. bis 29. November 2023, Wintersession |
30.4.2024 | Wortmeldung | Regierungsrat Tinner: Vogel-Bütschwil-Ganterschwil, Sie haben mich jetzt herausgefordert. Ich finde es schwierig, wenn Sie jetzt die Wolfsabschüsse zwischen Graubünden, Wallis und St.Gallen mit nominellen Zahlen vergleichen. Sie wissen haarscharf, wenn man das in Prozente umrechnet und einen Dreisatz anwendet, dann sind wir mit rund 20 oder 21 Prozenten vergleichsweise auf gleicher Höhe wie diese beiden Kantone. Sie wissen auch, dass es in diesen beiden Kantonen Graubünden und Wallis auch bedeutend mehr Wolfsrudel gibt als im Kanton St.Gallen. Bleiben Sie doch bitte bei den Fakten. Ich bin froh, haben Sie etwas anderes angesprochen: Die Wildhut. Sieben Wildhüter leisteten 400 Stunden, und es hat noch niemand in diesem Rat gefragt, wie es um die arbeitsrechtlichen Rahmenbedingungen dieser Mitarbeitenden steht. Nachts bei Schnee, Winter, Regen und Wind mussten diese Leute draussen stehen, diese Wölfe abpassen, und man ist vielleicht nicht einmal sicher, worauf man alles zielt. Es könnten auch noch Menschen unterwegs sein. Die Leute müssen sich dann, wenn sie nachts auf den Feldstrassen wieder ins Tal runterfahren, am nächsten Tag bereits wieder um die ordentlichen Meldungen von irgendwelchen Hasen oder anderen Tierarten kümmern. Ich finde es schwierig, wie man hier diskutiert und irgendetwas fordert, anstatt dass man zur Kenntnis nimmt, dass die Wölfe bei uns nicht wie im Kanton Wallis auf 1600 Metern in einem Dorfkessel oder in einem Dorfteil, wo man warten kann und diese Wölfe entnommen werden können. Man muss hier auch die örtlichen Verhältnisse vergleichen. Ich habe jetzt meine Hinweise und vielleicht auch ein bisschen meinen Unmut über die doch relativ einfache Darstellung geäussert. Wir werden morgen noch zur Wolfsjagd im Ural das eine oder andere hören. Aber wir müssen uns in der Schweiz sehr gut überlegen, wie wir mit dieser Regulierung umgehen. Da gehe ich mit Ihnen mit, Vogel-Bütschwil-Ganterschwil. Aber hier müssen wir die Jagdgesetzrevision auf Bundesebene abwarten. Die Vernehmlassung läuft und wir werden entsprechende Eingaben machen. Ich bin überzeugt, man müsste eine Quote festlegen, anstatt sich am Rudel zu orientieren. Nun konnten Sie die Haltung des Volkswirtschaftsdirektors in dieser Frage zur Kenntnis nehmen. | Session des Kantonsrates vom 29. April bis 2. Mai 2024, Aufräumsession |
30.4.2024 | Wortmeldung | Vogel-Bütschwil-Ganterschwil (im Namen der SVP-Fraktion): Die Interpellantin ist mit der Antwort der Regierung teilweise zufrieden. Die SVP-Fraktion befürchtete bereits in der Novembersession, also drei Tage vor dem Abschussfenster der Wölfe, dass die acht Wölfe des Calfeisental-Rudels nicht bis zum 31. Januar 2024 abgeschossen werden. Als einzige Partei hat die SVP den Ernst der Lage und die Einmaligkeit erkannt. Regierungsrat Tinner und fast alle anderen Kantonsräte wollten es leider nicht wahrhaben und haben die Dringlichkeit bestritten. Unsere Befürchtungen wurden wahr. Von acht Wölfen des Calfeisental-Rudels wurden zwei geschossen. Angesagt acht, gemacht zwei – ich bin froh, dass die Regierung nicht Differenzler jasst. Abgeschossen sind immerhin, so die wildtierbiologische Untersuchung, die problematischen Leittiere, nicht aber die Welpen, nicht aber der Einzelwolf, der auch zum Abschuss freigegeben wäre. Die SVP-Fraktion ist erstaunt darüber, dass der Kanton Graubünden in derselben Zeit 20 Wölfe schiesst, der Kanton Wallis gar 27 Wölfe. 400 Stunden wurden mit dem Suchen und Erlegen für die zwei Wölfe aufgewendet. Diese Arbeit der Wildhut ist zu respektieren und zu verdanken. Wer jedoch die Wolfnachweiskarte des Kantons konsultiert, sieht, dass Wölfe im Sarganserland in dieser Zeit über zwanzigmal gesichtet wurden. Inhaltlich fällt auch auf, dass die vierte Frage nicht beantwortet wurde. Die Wildtiergrossregion St.Gallen, Zürich, Schaffhausen, Thurgau und Appenzell ist eine sehr grosse Region. Bis es dort zwei Rudel hat, geht es lange. Entsprechend können sie auch lange nicht geschossen werden. Je nach Schnee beginnt in einem Monat wieder die Alpsaison. Ob es im Kanton St.Gallen mehr oder weniger getötete oder notgetötete Nutztiere als die 60 Stück aus dem Jahr 2023 gibt, wird sich zeigen. Das Abschussfenster für Wolfsrudel ist aber nun bis 1. September 2024 zu, denn nun gilt wieder Normalzustand. D.h., der Wolf muss eine gewisse Anzahl Nutztiere reissen innerhalb eines gewissen Zeitraums, bis er wieder geschossen werden kann. Das entspricht nicht der Würde der Nutztiere und ist für das Alppersonal eine schwere Belastung. Statt Jagdreisen in den Ural empfehle ich der St.Galler Regierung Weiterbildungsreisen nach Unterems oder Ulrichen, beide im Kanton Wallis. Während wir zwei Wölfe abgeschossen haben, hat das Wallis wie gesagt 27 Wölfe abgeschossen, und das waren nur die offiziellen Zahlen. Gemäss dem alten Walliser Sprichwort «schiessen, schaufeln, schweigen» dürften es noch mehr gewesen sein. Die SVP-Fraktion ist mit den Wolfsabschusszahlen nicht zufrieden. Wir wünschen uns beim Wolf weniger Blabla und mehr Pengpeng. | Session des Kantonsrates vom 29. April bis 2. Mai 2024, Aufräumsession |