Geschäft: Kommunale anstatt kantonale Sondernutzungspläne bei Windkraftanlagen

Übersicht
KomiteeKantonsrat
Nummer42.23.09
TitelKommunale anstatt kantonale Sondernutzungspläne bei Windkraftanlagen
ArtKR Motion
ThemaVerkehr, Bau, Energie, Gewässer
FederführungBau- und Umweltdepartement
Eröffnung18.9.2023
Abschluss21.2.2024
Letze Änderung17.7.2024
vertraulichNein
öffentlichJa
dringendNein
Dokumente
PubliziertTypTitelDatei
WortlautWortlaut vom 18. September 2023
AntwortAntrag der Regierung vom 16. Januar 2024
Beteiligungen
DatumAkteurTitelLetze Änderung
18.9.2023Gremium2.6.2024
Abstimmungen
DatumTitelResultatöffentlich
JaBedeutungNeinBedeutungAbsent / Enthaltung
21.2.2024Eintreten32Zustimmung78Ablehnung10
Statements
DatumTypWortlautSession
21.2.2024Beschluss

Der Kantonsrat tritt mit 78:32 Stimmen bei 1 Enthaltung nicht auf die Motion ein.

Session des Kantonsrates vom 19. bis 21. Februar 2024, Frühjahrssession
21.2.2024Wortmeldung

Regierungsrätin Hartmann: Auf die Motion ist nicht einzutreten.

Diese Motion möchte kommunale Sondernutzungspläne für jeden Windpark, der im Kanton gebaut wird. Sie verspricht eine Windenergieabstimmung in jeder Standortgemeinde. Im selben Atemzug schürt sie aber die Angst, wenn sie droht, nur so habe man auf Gemeindeebene überhaupt noch etwas zu sagen. Ich zitiere aus dem Wortlaut: «Mit kantonalen Sondernutzungsplänen werden die betroffenen Gemeinden und die Bevölkerung entmachtet, denn sie haben nichts mehr zu sagen und zu bestimmen.» Diese Behauptung ist schlicht und einfach falsch. Die Regierung hat sie im letzten Absatz ihres Antrags richtiggestellt. Mit ihrer Behauptung verrät die Motion den Willen der SVP-Fraktion zum Kampf gegen Windmühlen. Man will offensichtlich keine Windräder.

Wir nehmen in diesen Wochen die Klimaveränderung eindeutig wahr: Die Nullgradgrenze steigt, die Winterniederschlagsmenge nimmt zu, die Zahl der Frosttage sinkt und die Zahl der Schneetage nimmt ab. Die Folge: Die Skilifte im Unterland stehen still und Talabfahrten wie z.B. in Wildhaus oder in Flims auf rund 1'000 m ü. M. können noch knapp mit technischem Schnee gewährleistet werden. Global liegt der Klimadurchschnitt bei rund 1,3 Grad Celsius über dem vorindustriellen Durchschnitt der Jahre 1871 bis 1900 – in der Schweiz sogar bei knapp 3 Prozent. Das schreibt das Bundesamt für Meteorologie und Klimatologie MeteoSchweiz. Die Klimaveränderung betrifft uns alle. Wir alle müssen gemeinsam lernen, mit ihr umzugehen. Aus Sicht der Regierung geht es deshalb auch in der Frage der künftigen Windnutzung nicht so sehr um uns als einzelne, sondern viel mehr um die Gesellschaft dieses Staats.

Der Kanton sorgt für die zuverlässige Infrastruktur von kantonaler Bedeutung. Der Kanton baut, plant und unterhält z.B. das Kantonsstrassennetz, er regelt die Deponieplanung und erteilt Konzessionen für die Nutzung von Wasserkraft. Das ist vergleichbar mit der angestrebten Nutzung von Windenergie. Auch sie ist in einem grösseren kantonalen Kontext zu sehen. Sie wird einen wichtigen Beitrag zur Stromversorgungssicherheit für uns alle beitragen, v.a. im Winter. Wir bauen in der Zukunft die Stromversorgung um, weg vom Strom aus Uran, Gas und Kohle hin zu erneuerbarem Strom. Dazu leisten Windparks einen wichtigen Beitrag. Der Kanton schafft mit der Richtplananpassung 2023 die Grundlagen dafür. Grundlagen für Investorinnen und Investoren und dass unsere Dörfer und Städte, unsere Industrie und unsere Mobilität auch in Zukunft – und insbesondere im Winter – mit Strom versorgt werden. Eine verlässliche, aber auch eine bezahlbare Stromversorgung für uns alle sollte das gemeinsame Ziel sein. In unserer Debatte geht es auch um Sicherheit und Vertrauen. Sicherheit schaffen ist die wichtigste Aufgabe des Staats. Dazu gehört auch eine sichere Stromversorgung als Grundlage für Leben und Arbeiten im Kanton. Eine verlässliche und bezahlbare Energieversorgung rückte mit dem Beginn des Ukraine-Kriegs vor fast genau zwei Jahren stark in den Fokus. Nie mehr seit der Ölkrise war der Öffentlichkeit eine drohende Energiemangellage stärker bewusst als damals. Die Menschen beachteten im letzten Winter die Stromsparkampagne vom Bund. Stromsparen allein wird aber trotz allem in Zukunft nicht genügen. Mit dem Bau von Windparks können wir eine Winterstromlücke deutlich verkleinern. Das zeigen die Windmessungen. Der Bau von Windparks ist vom Investitionsvolumen her nicht nur den Grossen wie der BKW, Axpo oder SAK vorbehalten. Der Bau von Windparks gibt Gemeindewerken, Talgemeinschaften, Ortsgemeinden oder Kooperationen in allen Regionen unseres Kantons neue Möglichkeiten, die Bevölkerung und die Wirtschaft zuverlässig mit eigenem Strom zu versorgen. Damit werden wir unabhängiger von ausländischen Energie- und Stromimporten. Wir sorgen für gute Rahmenbedingungen für eine zuverlässige, sichere und bezahlbare Stromversorgung in unseren Regionen. Der Ausbau der erneuerbaren Stromproduktion stärkt die Regionen, schafft regionale Wertschöpfung und sichert Arbeitsplätze.

Wir stehen am Anfang grosser Veränderungen. Kantonsrat und Regierung bekennen sich zu den Pariser Klimazielen. Der Kantonsrat hat im Jahr 2020 das St.Galler Energiekonzept 2021–2030 (40.20.05) zur Kenntnis genommen. Dieses gibt uns den Absenkpfad der Emissionen bis zum Jahr 2050 auf netto null vor. Uns bleiben dafür nur noch 26 Jahre. Mit einem raschen und nachhaltigen Umbau unserer Energieversorgung machen wir einen wichtigen Schritt zur Verlangsamung der durch die Menschen verursachten Klimaerwärmung. Dieser Umbau darf nicht einseitig auf Kosten von Mensch und Umwelt gehen. Die Regierung hat gerade auch in tiefgreifenden Zeiten des Wandels die Pflicht, die Versorgung und den Schutz von unserem Lebensraum, der Biodiversität, den Landschaftsschutz und den Schutz der Wildtiere in allen Regionen des Kantons so gut wie möglich zu gewährleisten. Die Regierung hat darum den Nutzen der Windenergie für uns alle und den Schutz der Umwelt sorgfältig zueinander abgewogen. Sie hat die Interessen der Natur in wenig dicht besiedelten Gebieten ebenso im Blick wie die Interessen aller betroffenen Gemeinden.

Am 4. Februar 2024 haben 60 Prozent der Wattwiler Stimmbevölkerung Nein zu einer kommunalen Abstandsinitiative gesagt. Ich denke, sie haben uns damit auch ein wenig das Vertrauen ausgesprochen. Sie vertrauen auf unsere Sorgfalt in der Abwägung von Nutzen und Schutz von Natur, Tieren und Menschen. Sie vertrauen auf die garantierte Verfahrens- und Rechtssicherheit, und sie verlassen sich darauf, dass der Kantonsrat und die Regierung verantwortungsvoll und mit Weitblick in die Energiezukunft blicken.

Die Regierung steht hinter dem Verfahren für kantonale Sondernutzungspläne, weil sie im Sinn des Gemeinwohls und mit einem Blick über alle Regionen sowie alle Einwohnerinnen und Einwohner entscheidet. Die Regierung sorgt für die Sicherheit. Hier ist die Stromversorgungssicherheit das Ziel. Der Weg dorthin führt über die Verfahrenssicherheit für die Gemeinden und für unsere Einwohnerinnen und Einwohner. Mit kantonalen Sondernutzungsplänen werden die betroffenen Gemeinden und die Bevölkerung mitnichten entmachtet. Der Kanton bezieht die betroffenen politischen Gemeinden bereits von Gesetzes wegen frühzeitig in die Planung ein und führt bei jedem Windeignungsgebiet ein Mitwirkungsverfahren durch. Wie bei jedem Bauprojekt steht den Betroffenen der Rechtsmittelweg offen. Die Regierung ist in der Pflicht, den Kanton als lebenswerten Natur-, Arbeits- und Lebensraum für uns und für die nachfolgenden Generationen zu erhalten. Sie hat die Interessen von Umwelt und Landschaft wie auch jene der Menschen und der Nachbarschaft – auch über die Gemeindegrenzen hinaus – im Blick.

Session des Kantonsrates vom 19. bis 21. Februar 2024, Frühjahrssession
21.2.2024Wortmeldung

Gahlinger-Niederhelfenschwil: Auf die Motion ist einzutreten.

Es ist nicht lange her, dass der Kantonsrat einen Mindestabstand von 1'000 Metern abgelehnt und Windkraftanlagen in Wäldern gutgeheissen hat. Ich habe es schon oft im Kantonsrat erwähnt: Für mich ist die Gesundheit an erster Stelle. Da der Mindestabstand nicht auf 1'000 Meter bestimmt wurde, haben Gemeinden bzw. deren Bevölkerung die Möglichkeit, sich gegen Windkraftanlagen in ihrer Nähe zu wehren. Es ist nicht gut, wenn wir das aushebeln. Wattwil-Krinau zeigt das beispielslos: Die Bewohner von Wattwil stört es nicht, was auf dem Älpli passiert. Die Freiheit kennt also keine Grenzen. Heute Vormittag wurde beim Pendlerabzug (22.23.07) von Strassenlärm gesprochen. Bei Windkraftanlagen gibt es eine 24 Stunden lange Dauerbeschallung. Das ist Bewohnenden in der Nähe von solch grossen Anlagen nicht zumutbar. Sie haben es in der Zeitung gelesen: Im Rheintal wird ziemlich sicher eine Windkraftanlage gebaut. Mit 110 Metern handelt es sich um eine kleine Anlage. Die anderen sind doppelt so hoch. Dies als Hinweis für alle, die nicht in der Praxis tätig sind.

Wir sprechen von kantonalen Sondernutzungsplänen. Sind Sie ebenso begeistert, wenn der Bund nationale Leitungskorridore festlegt? Das wird geschehen. Holland hat Windkraftanlagen auf dem Meer wegen den Zugvögeln abgestellt. Es war ihnen nicht klar, dass das passieren kann. Dort ist der Wirkungsgrad deutlich besser als bei uns. Aus meiner Sicht sind Windkraftanlagen nicht per se schlecht, aber sie müssen am richtigen Ort aufgestellt werden, wie z.B. auf dem Nufenenpass. Dort stören sie niemanden, hat es keine Zugvögel, es gibt gute Leitungsverbindungen usw.

Das Wichtigste dieser Motion ist, dass die Dörfer bzw. die Gemeinden das letzte Wort haben. Sie müssen mit den Windkraftanlagen leben. Viele Gemeindevertreter machen es sich einfach. Sie sagen dann: Uns sind die Hände gebunden, der Kanton ist zuständig. Das darf es nicht sein. Wir müssen für die Bürger in der Nähe dieser Anlagen da sein und nicht für die weit weg wohnenden in der Stadt. Ich habe gar nichts gegen Städter – für mich sind alle Menschen gleich viel Wert. Der Schutz unserer Gesundheit hat aber oberste Priorität.

Session des Kantonsrates vom 19. bis 21. Februar 2024, Frühjahrssession
21.2.2024Wortmeldung

Schwager-St.Gallen (im Namen der GRÜNE-Fraktion): Auf die Motion ist nicht einzutreten.

Dudli-Oberbüren überrascht mich heute zum zweiten Mal. Ich würde von ihm gerne bilateral erfahren, ob er diesen Vorstoss auch unterstützen würde, wenn es um Endlager für AKW-Abfälle oder AKW-Neubauten gehen würde.

Die Motion der SVP-Fraktion ist eine Kampagne gegen die erneuerbaren Energien, gegen das Stromgesetz, über das wir am 9. Juni 2024 abstimmen werden, gegen das Resultat des runden Tischs mit den grossen Umweltverbänden, gegen den eigenen Bundesrat, der dieses Geschäft vertritt, und gegen die Versorgungssicherheit. Es tut mir Leid, ich kann es nicht anders sagen: Die SVP ist bei diesem Thema nicht Teil der Lösung, sondern Teil des Problems. Sofern Hartmann-Walenstadt der Schritt in die Regierung gelingt, würde ich mich freuen, wenn er spätestens nach der Wahl in die Regierung Teil der Lösung wird.

Session des Kantonsrates vom 19. bis 21. Februar 2024, Frühjahrssession
21.2.2024Wortmeldung

Dudli-Oberbüren: Auf die Motion ist einzutreten.

Der Song «Blowin' in the Wind» ist ein Protestlied des US-amerikanischen Popstars Bob Dylan, das zu einer Hymne der Bürgerrechtsbewegung wurde. Werden die Rechte der Bürger wegen Windrädern nun auch vom Winde verweht? Die Elektrizitätswerke des Kantons Zürich (EKZ) wollen im Kanton Thurgau bis zu 265 Meter hohe Windräder aufstellen. In Thundorf sprachen sich zwei Drittel der Bevölkerung für einen Mindestabstand von 850 Metern aus. Das passt den Windradenthusiasten gar nicht. Der EKZ-Projektleiter des Windparks Thundorf sprach direkt nach dem Mindestabstandsbeschluss von Thundorf davon, dass man nun die Rechte von den Gemeinden wegnehmen müsse.

Noch entscheiden in der Schweiz die Stimmberechtigten der Standortgemeinden direkt über die Zonenplanänderung. Später entscheidet die Gemeindebehörde über die Baubewilligung von Windenergieanlagen. Doch die St.Galler Regierung möchte die Gemeinden mittels Anpassung des Richtplans – insbesondere durch kantonale Sondernutzungspläne – entmachten. Ziel ist es wohl, dass künftig auch Windparks als kantonale Nutzungszonen ausserhalb der Bauzonen definiert werden können.

Wenn Sie die Motion ablehnen, schliessen Sie die lokale Bevölkerung komplett, elegant und wirkungsvoll aus Entscheiden aus. Erklären Sie das einmal Ihren umworbenen Wählerinnen und Wählern. Bei der Behandlung der Motion 42.23.13 «Lärmarme Strassenbeläge als Standard zu angrenzendem Siedlungsraum» stellte die Mitte-EVP-Fraktion die Gemeindeautonomie an erste Stelle. Deshalb bin ich jetzt gespannt auf deren Verhalten. Jedenfalls: Die Waldegg ist keine Windegg. Sie wird wohl eher zur Schandegg.

Session des Kantonsrates vom 19. bis 21. Februar 2024, Frühjahrssession
21.2.2024Wortmeldung

Monstein-St.Gallen (im Namen der GLP): Auf die Motion ist nicht einzutreten.

Auch die dritte SVP-Motion steht wenig überraschend in grünliberalem Gegenwind. Windkraftanlagen sind von überkommunalem Interesse und Teil einer überregionalen Versorgungsinfrastruktur. Ähnlich wie bei anderen Infrastrukturanlagen von überkommunaler Bedeutung, z.B. Kantonsstrassen, Wasserkraftanlagen oder Hochschulen, ist es wichtig und richtig, dass der Kanton sie vorantreibt und verwirklicht. Bei Windkraftanlagen sprechen wir nicht nur von kantonalem Interesse, sondern sogar von nationalem Interesse im Sinn des EnG, sofern sie wenigstens 20 GWh je Jahr beisteuern. Kantonale Sondernutzungspläne sind sehr wohl gerechtfertigt. Sonst, Hartmann-Walenstadt, müssten wir wohl auch den Schutz der direkten Demokratie vor Autobahnausbauten gewähren.

Der Miteinbezug von Gemeinden ist selbstverständlich von grosser Bedeutung, um Akzeptanz zu schaffen, aber auch um die wichtige Abwägung von Nutzungs- und Schutzinteressen im Einzelfall sauber vornehmen zu können. Darüber hinaus sind fundierte Analysen, Transparenz und umfassende Informationen wichtig, um den Vorbehalten gegenüber der Windenergie zu begegnen. Entscheidend ist aber, dass umfangreiche Mitwirkungsgelegenheiten für Gemeinden und die betroffene lokale Bevölkerung bereits heute bestehen. Die Regierung schreibt in der Begründung zum Nichteintreten, dass sie die Mitwirkungsmöglichkeiten von Gemeinden, Regionen, Verbänden, politischen Organisationen und der breiten Bevölkerung sehr wohl ernst nehme.

Bei aller Bedeutung der kommunalen Mitwirkung gilt es eine Grenze zu ziehen, und spätestens beim Vetorecht der einzelnen Gemeinden ist diese Grenze u.E. überschritten. Ansonsten ist zu befürchten, dass die Nicht-in-meinem-Vorgarten-Problematik – also der Wiederspruch einer generellen Befürwortung von Windkraftanalgen, aber nur solange sie nicht in der eigenen Gemeinde erstellt werden – den dringend notwendigen Ausbau der erneuerbaren Energien ernsthaft gefährden würde. Genau diesen Ausbau müssen wir aber schnellstmöglich vorantreiben, um die Energiewende zu schaffen und die Versorgungssicherheit gewährleisten zu können.

Das Volk hat den Auftrag erteilt, die Energiewende und damit die Abkehr von fossilen Energieträgern sowie der Kernkraft zu schaffen. Dies dürfen wir nicht vergessen. Das Volk hat einen Auftrag erteilt und es besteht die Pflicht, diesen umzusetzen. Im Sinn der Versorgungssicherheit muss dies schnellstmöglich gelingen. Auch wir und der Kanton stehen in der Pflicht, einen Teil an die Stromversorgungssicherheit – insbesondere im Winter – beizutragen. Wir sind mit der Regierung und dem Bundesgesetzgeber einig, dass eine verlässliche inländische Stromproduktion sehr hoch gewertet werden muss.

Session des Kantonsrates vom 19. bis 21. Februar 2024, Frühjahrssession
21.2.2024Wortmeldung

Sennhauser-Wil (im Namen der Mitte-EVP-Fraktion): Auf die Motion ist nicht einzutreten.

Der Kanton will in der Versorgung mit alternativer Energie vorwärts machen. Mit dem geänderten EnG, das eine verlässliche inländische Versorgung anstrebt, gibt der Bund die Richtung vor. Um dies zu erreichen, hat der Kanton im Jahr 2016 im Planungs- und Baugesetz (sGS 731.1; abgekürzt PBG) die gesetzliche Grundlage für den Erlass von kantonalen Sondernutzungsplänen geschaffen. Art. 33 beinhaltet eine ausdrückliche Auflistung, u.a. Anlagen zur Gewinnung von Energie. Damit sind v.a. Windenergieanlagen gemeint, aber auch Wasserkraftwerke. Diesem Artikel stimmte der Kantonsrat mit 107:3 Stimmen deutlich zu. Der plötzliche Sinneswandel der SVP-Fraktion erstaunt sehr, denn die Fakten sind immer noch die gleichen.

Bemerkenswert ist auch die sehr grosse Zustimmung der betroffenen Gemeinden bei der Vernehmlassung zum Richtplan. Nur eine Gemeinde hat sich dagegen geäussert. Unserer Meinung nach ist das ein deutliches Zeichen, dass Windenergie auch in den Regionen grösstenteils unterstützt wird. Und entgegen den Behauptungen der Motionäre gibt es sehr wohl Mitsprachemöglichkeiten: Das eben erwähnte Vernehmlassungsverfahren und im Weiteren die Info- und Dialogveranstaltungen zu den Projektvorlagen, wo sich die Bevölkerung wirkungsvoll einbringen kann. Daneben gibt es noch die Mitwirkungsverfahren, die sich in anderen Bereichen sehr bewährt haben, was ich aus eigener Erfahrung behaupten kann. Schliesslich ist auch noch der Rechtsweg möglich. Die Mitte-EVP-Fraktion lehnt diese Motion ab und macht den Weg frei für den Windexpress. Blasen wird zum Halali für die Windenergie.

Session des Kantonsrates vom 19. bis 21. Februar 2024, Frühjahrssession
21.2.2024Wortmeldung

Toldo-Sevelen (im Namen der FDP-Fraktion): Auf die Motion ist nicht einzutreten.

Nach den Mindestabständen und dem Waldverbot für Windkraftanlagen soll es der kommunale Sondernutzungsplan mit dem fakultativen Referendum richten. Den Windkraftanlagen soll schlicht und einfach der Wind aus den Rotoren genommen werden. Als Argument dient dieses Mal die Entmachtung von Gemeinden und Bevölkerung. Aus unserer Sicht ist das wenig stichhaltig, da auch bei kantonalen Sondernutzungsplänen ein Mitwirkungsverfahren vorgeschrieben ist. Ausgeblendet werden auch die vier öffentlichen Informations- und Dialogveranstaltungen zum Thema Windeignungsgebiete sowie die Möglichkeit, sich im Rahmen der Vernehmlassung schriftlich zu äussern. Wir teilen die Auffassung der Regierung, dass die Wahl der Eignungsgebiete das Resultat einer sorgfältigen und umfassenden Abwägung der Schutz- und Nutzungsinteressen darstellt. Aber auch sachlich macht es unserer Meinung nach Sinn, bei Windkraftanlagen auf einen kantonalen Sondernutzungsplan abzustützen. Der kantonale Sondernutzungsplan schafft klare Rahmenbedingungen und verbindliche Vorgaben für den ganzen Kanton. Dies schafft Planungssicherheit für Investoren, Gemeinden und Bürger. Ohne übergeordnete Planung besteht die Gefahr eines Wildwuchses und Konflikte zwischen verschiedenen Gemeinden sind vorprogrammiert. Nicht umsonst hat sich im Rahmen der Richtplananpassung 2023 eine grosse Anzahl der politischen Gemeinden sehr positiv zur Realisierung mittels kantonalem Sondernutzungsplan geäussert.

Session des Kantonsrates vom 19. bis 21. Februar 2024, Frühjahrssession
21.2.2024Wortmeldung

Gähwiler-Buchs (im Namen der SP-Fraktion): Auf die Motion ist nicht einzutreten.

Schon wieder gegen die Windkraft, schon wieder von der SVP. Schon wieder eine Motion, die auch in anderen Kantonen unterwegs ist. Wir werden fast am Laufmeter mit Anti-Windkraft-Wander-Motionen bombardiert, als ob es sich um etwas Wirtschaftsschädliches handeln würde. Windkraft schadet höchstens der Gas- und Öl-Lobby, und dagegen ist nichts einzuwenden.

Die Gemeinden sollen entscheiden: Die Motionäre tun so, als ob es ihnen um die Verstärkung der kommunalen Entscheidungsmacht gehen würde. Das stimmt leider nicht. Im November 2023 wollte die SVP, dass die Gemeinden Tempo 30 auf Kantons- und verkehrsorientierten Strassen auf ihrem Gemeindegebiet nicht wesentlich beeinflussen können. Obwohl der Bundesrat eine solche Regelung erlassen hat, wollte die SVP die Gemeinden maximal entmachten. Die gleiche Partei setzt sich über Volksentscheide hinweg – der Pendlerabzug lässt grüssen – und will jetzt die Gemeindemacht in Sachen Windkraft verstärken. Es ist eine pure Hüst-und-hott-Politik, reine Willkür.

Dass beim Zubau von erneuerbarer Energie zumindest auch überkommunale und überregionale und damit kantonale Interessen überwiegen, ist klar. Niemand will einen Energienotstand. Deshalb braucht es bei den Anlagen zur Gewinnung von Energie auch kantonale Sondernutzungspläne als Grundlage. Damit kann die Wahrung kantonaler und wesentlicher regionaler Interessen sichergestellt werden. Das gilt für Vorhaben mit grossräumigen Auswirkungen von überkantonalem Interesse. Im Bereich der Windkraft sind das Anlagen, für die aufgrund des nationalen Interesses kantonale Sondernutzungspläne im Sinn des eidgenössischen Energiegesetzes (SR 730.0; abgekürzt EnG) erlassen werden sollen. Das nationale Interesse liegt vor, wenn sie über eine mittlere erwartete Produktion von jährlich wenigstens 20 GWh verfügen. Von überregionalem Interesse sind derartige Anlagen auch deshalb, weil es um die Stromversorgungssicherheit im Winter geht, zu der die Regierung aktiv beitragen will, auch wenn sich dabei eine rein kommunale Perspektive dem gesamtkantonalen Nutzen unterordnen müsste. Zu wichtig ist eine verlässliche inländische Stromversorgung.

Die wichtigsten Regeln werden festgehalten im vom nationalen Parlament im Herbst 2023 verabschiedeten Mantelerlass – auch Stromgesetz genannt –, der am 9. Juni 2024 zur Abstimmung kommt. Dieser Erlass fordert neben der beschriebenen Priorisierung des nationalen Interesses – vor kantonalen, regionalen und lokalen Interessen – eine Verbesserung der Bewilligungsfähigkeit, auch ausserhalb von Bauzonen. Zentral dabei ist die sogenannte Beschleunigungsvorlage: Für Wind- und Solarkraftwerke von nationalem Interesse ist vorgesehen, dass ein Projekt sämtliche Bewilligungen in einem einzigen Verfahren erhält, und dies innerhalb von sechs Monaten nach Einreichung sämtlicher Unterlagen. So wird vermieden, dass die Bewilligung in mehrere Etappen aufgeteilt ist und jede Entscheidung bis vor Bundesgericht angefochten werden kann. U.a. diese Beschleunigung soll durch die Motion der SVP nach dem Motto «je mehr Sand im Getriebe, desto weniger Windräder» verhindert werden. Kommunale Sondernutzungspläne würden den Prozess massiv verlangsamen. Zu diesem Mantelerlass gehört auch, dass die Gemeinden frühzeitig miteinzubeziehen sind. Der Einbezug der Gemeinden ist Pflicht. Die Kantone definieren in ihren Richtplänen geeignete Gebiete für Wind und Fotovoltaik sowie Gewässerstrecken für Wasserkraftanlagen. Dagegen könnten lokale und kantonale Organisationen keine Beschwerde mehr einreichen. Beschwerdeberechtigt wären hingegen – und das ist wichtig – die Standortkantone, die Standortgemeinden und gesamtschweizerisch tätige Organisationen, wie z.B. WWF, Pro Natura oder die Stiftung Landschaftsschutz.

Es scheint, dass unserer grössten Partei die Sicherung der Stromversorgung weniger wichtig ist, als sie immer behauptet. Die Befürworter dieser Motion wollen nichts anderes, als die speditive Sicherung der Energieversorgung zu sabotieren – ganz im Sinn einer konzertierten Verzögerungstaktik. Die Sache ist eigentlich nicht so kompliziert. Widerstand gegen Windräder ist legitim. Die Unterstützung der Beschleunigung des Zubaus von Energiequellen ist dringlich geboten. Es ist klar, dass die Motion der SVP darauf abzielt, diesen Eilzug maximal zum Stottern zu bringen. Dagegen hilft nur eines: Ein klares Nein zu dieser Motion und damit ein klares Zeichen für die Stärkung und die Beschleunigung des Zubaus erneuerbarer Energie – insbesondere von Windkraft und Solarenergie.

Session des Kantonsrates vom 19. bis 21. Februar 2024, Frühjahrssession
21.2.2024Wortmeldung

Hartmann-Walenstadt (im Namen der SVP-Fraktion): Auf die Motion ist einzutreten.

Mit der Motion geht es uns darum, dass in der Vernehmlassung des Richtplans 2023 mit 17 Windenergiezonen keine kantonalen Sondernutzungspläne gewährt werden, sondern dass das auf kommunaler Ebene geregelt werden muss. Wenn der Kanton diese Sondernutzungspläne festlegt, hat die Bevölkerung der betroffenen Gemeinden keine Möglichkeit, sich dazu zu äussern. Es kann kein Referendum ergriffen werden, mit dem das Volk abschliessend Ja oder Nein sagen kann. Wenn wir kommunale Sondernutzungspläne einführen, besteht diese Möglichkeit. Es kann dann sein, dass kommunal eine Windenergiezone festgelegt wird, die Bevölkerung damit einverstanden ist und sie so festgesetzt wird. Wenn es aber Bevölkerungsgruppen gibt, die mit diesem Vorgehen nicht einverstanden sind, können sie das Referendum ergreifen – also auf die Strasse gehen und Unterschriften sammeln. Anschliessend muss auf kommunaler Ebene abgestimmt werden. Ich vergleiche das ein wenig mit den Projekten, die mittels des Solarexpresses gemacht werden. Dort ist sogar im Gesetz festgeschrieben, dass die betroffene Gemeinde über das Projekt abstimmen muss. Wir wollen nur eine Kann-Formulierung. Wenn jemand auf Gemeindeebene nicht einverstanden ist, kann er Unterschriften sammeln und das Referendum verlangen. Vor rund zweieinhalb Wochen hatte die Gemeinde Wattwil über die Mindestabstandsinitiative abzustimmen. Ein Initiativkomitee wollte einen Mindestabstand von 700 Metern von Windkraftanlagen zu bewohntem Gebiet. Die Abstimmung ist so herausgekommen, dass es keine grösseren Mindestabstände braucht, als aus der Lärmschutzverordnung (SR 814.741; abgekürzt LSV) abgeleitet werden kann. Ich glaube, dass niemand grosse Angst haben muss. Es gibt auch Gemeinden, die dem zustimmen.

Die Regierung schreibt in ihrer Begründung zum Nichteintreten, dass sich in der Vernehmlassung vier Regionen und 23 politische Gemeinden für kantonale Sondernutzungspläne ausgesprochen haben. Mir ist klar, dass man sich so verstecken und sagen kann: Der Kanton hat das entschieden, wir müssen das nicht.

Seit rund zwei Wochen werden national Unterschriften gesammelt. Ein Initiativkomitee hat die eidgenössische Volksinitiative «Für den Schutz der direkten Demokratie bei Windparks (Gemeindeschutz-Initiative)» lanciert. Dort geht es um das Anliegen, dass die betroffenen Gemeinden darüber abstimmen können. Das Abstimmungsergebnis kann man vermutlich ein wenig vorwegnehmen, wenn man die anderen beiden Motionen der SVP-Fraktion anschaut. Ich bin aber zuversichtlich, dass diese Gemeindeschutz-Initiative zustande kommt und schweizweit darüber abgestimmt werden kann. Die Initiative beinhaltet einen interessanten Ansatz: Es sind auch Windkraftanlagen, die seit dem 1. Mai 2024 erstellt werden, betroffen. Diese müssten also zurückgebaut werden, wenn die betroffene Gemeinde nachträglich Nein sagt.

Session des Kantonsrates vom 19. bis 21. Februar 2024, Frühjahrssession
21.2.2024Wortmeldung

Dürr-Gams, Ratsvizepräsidentin: Die Regierung beantragt Nichteintreten auf die Motion.

Session des Kantonsrates vom 19. bis 21. Februar 2024, Frühjahrssession