Geschäft: Keine Übernahme von Übersetzungskosten für Schweizer Bürger!

Übersicht
KomiteeKantonsrat
Nummer42.23.06
TitelKeine Übernahme von Übersetzungskosten für Schweizer Bürger!
ArtKR Motion
Thema
FederführungDepartement des Innern
Eröffnung15.2.2023
Abschlusspendent
Letze Änderung15.2.2023
vertraulichNein
öffentlichJa
dringendNein
Dokumente
PubliziertTypTitelDatei
VorstossWortlaut vom 15. Februar 2023
AntragAntrag der Regierung vom 2. Mai 2023
Beteiligungen
DatumAkteurTitelLetze Änderung
15.2.2023Gremium2.6.2024
Abstimmungen
DatumTitelResultatöffentlich
JaBedeutungNeinBedeutungAbsent / Enthaltung
29.11.2023Eintreten36Zustimmung53Ablehnung30
Statements
DatumTypWortlautSession
29.11.2023Beschluss

Der Kantonsrat tritt mit 53:36 Stimmen nicht auf die Motion ein.

Session des Kantonsrates vom 27. bis 29. November 2023, Wintersession
29.11.2023Wortmeldung

Gemperli-Goldach (im Namen der Mitte-EVP-Fraktion): Auf die Vorlage ist nicht einzutreten.

Ich verweise in Bezug auf die Begründung auf die Ausführungen der Regierung. Letztlich geht es bei der vorgebrachten Thematik nicht um die Frage der Integration, welche natürlich angemessene Sprachkenntnisse voraussetzt, sondern es geht um die Gewährleistung von Verfahrensrechten, welche im Rahmen des rechtlichen Gehörs eine rechtsstaatliche Garantie darstellen. Die sprachlichen Voraussetzungen für die Bejahung einer Integration im Sinne des Bürgerrechts sind an dieser Stelle nicht in Konkurrenz mit den Sprachkenntnissen, welche im Rahmen komplexer Verwaltungs- oder Gerichtsverfahren zu persönlicher Interessenwahrung wesentlich sind und präzise Sprachkenntnisse einfordern. Der Zuzug von Dolmetschern steht damit letztlich auch im Interesse der Sachverhaltsabklärung.

Session des Kantonsrates vom 27. bis 29. November 2023, Wintersession
29.11.2023Wortmeldung

Helbling-Rapperswil-Jona (im Namen der SP-Fraktion): Auf die Motion ist einzutreten.

Wer über das Sprachniveau B1 verfügt, kann Konversationen im Alltag gut folgen, amtliche Sachverhalte bei Gerichten und anderen Amtsstellen übersteigen aber nicht selten die sprachlichen Kompetenzen. Stellen Sie sich vor, Sie gehören zu den wenigen, welche die Einbürgerung in der Schweiz doch noch geschafft haben, oder Sie sind aus der französischen Schweiz oder dem Tessin in die Ostschweiz gezogen. Sie sind im Besitz von Sprachkompetenzniveau B1 und haben einen Termin auf einem Amt, indem es um wichtige Angelegenheiten geht, welche weit mehr als Alltagskommunikation beinhalten. In diesem Fall ist es doch von zentraler Bedeutung, dass in Kontakt mit Behörden das genaue Verstehen der Inhalte gewährleistet ist, andernfalls entstehen daraus Folgekosten.

Diese Motion ist absurd und nicht im mindesten Gleichheitsfördernd. Man setzt sich in dieser Motion über ein verfassungsmässiges Verfahrensrecht hinweg. Die SVP-Fraktion möchte gerne die Rechtsgleichheit und Schweizer Bürgerinnen herstellen, tut mit dieser Motion aber genau das Gegenteil. Rechtsgleichheit herrscht dann, wenn die Verständigung unter allen Teilnehmenden funktioniert und die Kommunikation zur Sachlage sichergestellt ist.

Session des Kantonsrates vom 27. bis 29. November 2023, Wintersession
29.11.2023Wortmeldung

Wüst-Oberriet (im Namen der SVP-Fraktion): Auf die Motion ist einzutreten.

Die SVP-Fraktion ist klar der Meinung, dass Schweizer Bürger genügende Deutschkenntnisse aufweisen müssen, damit sie keine Übersetzungsunterstützungen beim Verkehr mit Amtsstellen und Gerichten benötigen. Das ist doch mitunter ein Grund, weshalb jemand, der das Schweizer Bürgerrecht erhalten möchte, entsprechende Sprachkenntnisse vorweisen muss. Konkret verlangt der Kanton St.Gallen bei der Einbürgerung mündlich und schriftlich das Sprachniveau B1, bei erleichterter Einbürgerung ist das Sprachniveau A2 erforderlich. Wenn jemand dieses Sprachniveau nicht oder noch nicht erreicht hat, sollte ihm frei stehen, eine Übersetzungsdienstleistung anzunehmen, aber dann auf eigene Kosten.

Die Regierung schreibt in ihrer Antwort, dass das erforderliche Sprachniveau eine einfache Sprache zur Bewältigung der Alltagssituationen verlange. Verfahren vor Gerichten oder vor Verwaltungsbehörden würden sich hingegen je nach Sachverhalt durch eine hohe bis sehr hohe Komplexität auszeichnen. Sie seien oft auch für Personen mit Deutsch als Muttersprache nicht einfach zu verstehen. Diese Antwort zeigt doch auf, dass die Sprache nicht das wesentliche Problem darstellt, sondern dass es vielmehr das Juristische nicht verstanden wird. Da darf man sich fragen, wie weit die Übersetzungsdienstleistungen heute schon gehen. Müssen wir hier vielleicht schon von einem bezahlten Rechtsbeistand reden?

Session des Kantonsrates vom 27. bis 29. November 2023, Wintersession
29.11.2023Wortmeldung

Losa-Mörschwil (im Namen der GRÜNE-Fraktion): Auf die Motion ist nicht einzutreten.

Die guten Gegenargumente der Regierung werde ich nicht wiederholen, möchte aber noch etwas hinzufügen: Wir sind ein Land mit verschiedenen Sprachen. Es gibt Menschen, die während längerer Zeit in der französischen oder italienischen Schweiz leben, sich dort einbürgern lassen und später aus irgendwelchen Gründen den Wohnort wechseln und in die Deutschschweiz kommen. Es kann dann einmal sein, dass sie Unterstützung brauchen, weil sie wieder fremdsprachig sind. Wir wissen alle, dass es einen grossen Unterschied macht, ob wir von Umgangssprache oder von Amtssprache sprechen. Ich selbst spreche seit vielen Jahren italienisch und sehe den Unterschied immer wieder: Wenn es um Amtssprache geht, ist es eine andere Hürde.

Viele Leute tun sich schwer mit diesen Übersetzerinnen oder Übersetzern. Sie wollen nicht, dass fremde Leute dazukommen müssen und nehmen dann nach meiner Erfahrung ihre eigenen Kinder für Übersetzungen mit. Das überfordert die Kinder. Das sollte nicht sein. Wir müssen darum besorgt sein, dass es eine gute und korrekte Übersetzung gibt, damit keine jungen Kinder dazugezogen werden müssen. Weiter ist eine gute Kommunikation ganz wichtig für alle Beteiligten, einerseits für die Betroffenen, anderseits aber auch für die Beamten und die Leute, die auf diesen Ämtern arbeiten.

Session des Kantonsrates vom 27. bis 29. November 2023, Wintersession
29.11.2023Wortmeldung

Abderhalden-Nesslau (im Namen der FDP-Fraktion): Auf die Motion ist nicht einzutreten.

Wie in der Antwort der Regierung erwähnt würde der Verzicht auf die Gewährung von Übersetzungskosten die verfassungsmässigen allgemeinen Verfahrensgarantien, besonders den Anspruch auf rechtliches Gehör sowie das Gleichbehandlungsgebot, verletzen. Ganz besonders der Anspruch auf rechtliches Gehör umfasst eine doppelte Funktion: Zum einen die Sachaufklärung und zum anderen das persönlichkeitsbezogene Mitwirkungsrecht. Ausserdem ist für unsere Fraktion wichtig, dass auch Schweizerinnen und Schweizer aus einem anderen Sprachgebiet der Schweiz nicht benachteiligt werden.

Session des Kantonsrates vom 27. bis 29. November 2023, Wintersession
29.11.2023Wortmeldung

Dürr-Gams, Ratsvizepräsidentin: Die Regierung beantragt Nichteintreten.

Session des Kantonsrates vom 27. bis 29. November 2023, Wintersession