Geschäft: XIV. Nachtrag zum Mittelschulgesetz (Absenzgründe und Unterrichtsbefreiung)

Übersicht
KomiteeKantonsrat
Nummer22.22.26
TitelXIV. Nachtrag zum Mittelschulgesetz (Absenzgründe und Unterrichtsbefreiung)
ArtKR Gesetzgebungsgeschäft
ThemaErziehung, Bildung, Kultur
FederführungBildungsdepartement
Eröffnung28.10.2022
Abschlusspendent
Letze Änderung25.1.2023
vertraulichNein
öffentlichJa
dringendNein
Dokumente
PubliziertTypTitelDatei
AntragAnträge der vorberatenden Kommission vom 12. Januar 2023
BotschaftBotschaft und Entwürfe der Regierung vom 25. Oktober 2022
AllgemeinKommissionsbestellung des Präsidiums vom 29. November 2022
Beteiligungen
DatumAkteurTitelLetze Änderung
29.11.2022Gremium20.12.2023
Abstimmungen
DatumTitelResultatöffentlich
JaBedeutungNeinBedeutungAbsent / Enthaltung
15.2.2023Eintreten35Zustimmung79Ablehnung6
Statements
DatumTypWortlautSession
15.2.2023Beschluss

Der Kantonsrat tritt mit 79:35 Stimmen bei 1 Enthaltung nicht auf die Vorlage ein.

Session des Kantonsrates vom 13. bis 15. Februar 2023, Frühjahrssession
15.2.2023Wortmeldung

Regierungsrat Kölliker: Auf die Vorlage 22.22.26 ist nicht einzutreten, auf die Vorlage 22.22.27 ist einzutreten.

Zu 22.22.26: Die Auseinandersetzung mit den Klimastreiks war für alle Beteiligten im schulischen Umfeld eine äusserst herausfordernde Zeit. Ich teile die Darstellungen, wie man mit diesen Klimastreiks umgegangen ist, teilweise überhaupt nicht. Wir waren sachlich mit den Rektorinnen und Rektoren in Kontakt. Die Situation war anspruchsvoll, aber wir befanden uns in einem Dilemma. Einerseits sind die Schülerinnen und Schüler zum Besuch des Unterrichts verpflichtet. Bleiben sie dem Unterricht unentschuldigt fern, werden Disziplinarmassnahmen ergriffen. Die Rektorinnen und Rektoren sprachen von Beginn an Verwarnungen aus und drohten Schulausschlüsse an. Die bestehenden gesetzlichen Möglichkeiten wurden somit seit Beginn angewendet und umgesetzt. Andererseits fordert der Bildungsauftrag, dass die Mittelschule die Schülerinnen und Schüler nach den Grundsätzen der Demokratie, Freiheit und sozialen Gerechtigkeit im Rahmen des Rechtsstaates zu verantwortungsbewussten Menschen, Bürgerinnen und Bürgern bildet. Somit hat die Schule den Auftrag, ihre Schülerinnen und Schüler auf ihrem Weg zu politisch aktiven Bürgerinnen und Bürgern zu unterstützen.

Wie ging man mit diesem Dilemma um? Die Rektorinnen und Rektoren legten in ihrer Konferenz eine klare und einheitliche Regelung fest, die Müller-Lichtensteig bereits ausführte. Man kann die doppelte Kompetenzregelung kritisieren, jedoch wurde die Verantwortung wahrgenommen, klar entschieden und kommuniziert. Unser Kanton hatte somit ziemlich schnell Klarheit geschaffen. In anderen Kantonen oder Ländern – da es sich um eine internationale Aktion handelte – lief das komplett anders ab. Machen Sie deshalb nicht den Fehler, unsere Akteure zu kritisieren. Die vorberatende Kommission beantragt Nichteintreten, was die Regierung begrüsst. Denn Sie schenken so den Rektorinnen und Rektoren auch in Zukunft das Vertrauen.

Zu 22.22.27: Mit der Flexibilisierung, über die ganze Ausbildung hinweg höchstens insgesamt acht Ferienwochen zu Unterrichtswochen für besondere Programme – v.a. Sprachaufenthalte – erklären zu können, wird eine Flexibilisierung des Ferienanspruchs angestrebt. Im Grossprojekt «Gymnasium der Zukunft» entstehen möglicherweise noch anderweitige Bedürfnisse. Mit dieser fortschrittlichen Regelung können wir die Mehrbelastung der Schülerinnen und Schüler mindern. Denn bei einem Sprachaufenthalt während der Unterrichtszeit muss der verpasste Unterrichtsstoff anschliessend aufgearbeitet werden, was zu einer riesigen Mehrbelastung führt.

Session des Kantonsrates vom 13. bis 15. Februar 2023, Frühjahrssession
15.2.2023Wortmeldung

Schwager-St.Gallen zu Güntzel-St.Gallen: Ich wollte eigentlich nichts sagen, Güntzel-St.Gallen hat mich jedoch ein wenig provoziert. Die «Fridays for Future»-Aktionen finden jeweils freitags statt. Die Sessionen des Kantonsrates finden am Montag, Dienstag und allenfalls Mittwoch statt. Die SVP- und FDP-Fraktionen nannten verschiedentlich die Begriffe «durchgreifen» und «führen». «Fridays for Future» gibt es, weil wir weder am Montag und Dienstag noch am Mittwoch durchgreifen, wenn es um die Frage der Klimakrise geht. Das ist der Kern der Diskussion. Wenn Sie sich aufregen, dass Studierende am Freitag streiken – und dass in der Schweiz der Streik nicht so modisch ist –, dann mögen wir uns an den letzten grossen Generalstreik erinnern, der deutlich dazu beigetragen hat, die Schweiz zu dem zu machen, was sie heute ist. Ohne Streiks hätte sich vieles in der Gesellschaft – nicht nur in der Schweiz, sondern weltweit – nicht fortschrittlich entwickelt. Deshalb bin ich dankbar dafür, dass sich ein Teil der Jugend mit diesen Streiks am Freitag engagiert. Ich hoffe, dass das weitergeht. Es werden nicht die letzten Streiks sein. Die Klimakrise – nicht der Klimawandel – wird uns die nächsten 10 bis 30 Jahre noch viele und möglicherweise massivere Streiks bescheren, auch von viel breiteren Bevölkerungsgruppen, als es heute sind. Zudem werden wir aufgrund der Klimakrise so hohe Masseneinwanderungen haben, dass Ihnen die Ohren wackeln werden.

Session des Kantonsrates vom 13. bis 15. Februar 2023, Frühjahrssession
15.2.2023Wortmeldung

Güntzel-St.Gallen zu Bosshard-St.Gallen: Es war mir bekannt, dass es die Bewegung «Fridays for Future» gibt. Ich fragte mich lediglich, weshalb nicht auch der Montag, Mittwoch oder Samstag für die Zukunft sein kann.

In dieser Thematik ist die Globalisierung offenbar wichtig. Es muss alles am gleichen Tag und nach dem gleichen Muster stattfinden. In anderen Themen schenken die Links-Grünen der Globalisierung keine oder nicht die gleiche Bedeutung. In der gegenwärtigen Zeit vertrete ich die Meinung, dass die Globalisierung in vielen Bereichen Grenzen hat oder haben sollte. Es muss nicht am Freitag für etwas demonstriert werden, das nicht auf diesen Tag beschränkt ist, sondern man kann sich jederzeit dafür einsetzen. Wie Hauser-Sargans, unterstütze und freue ich mich über alle Jugendlichen – angesichts von Stimmbeteiligungen zwischen 20 und 40 Prozent auch über sämtliche Mitglieder unserer Gesellschaft –, die der Politik noch Beachtung schenken.

Session des Kantonsrates vom 13. bis 15. Februar 2023, Frühjahrssession
15.2.2023Wortmeldung

Hauser-Sargans: Auf die Vorlage 22.22.26 ist einzutreten.

Ich hege grosse Sympathien für Jugendliche, welche die gesellschaftlichen Regeln einritzen, um einem Anliegen Nachachtung zu verschaffen. Kein Verständnis habe ich, wenn Lehrerinnen, Lehrer und Schulleitungen immer mehr nachgeben. Dies aus einem anderen Grund, als viele Rednerinnen und Redner gesagt haben. Ich bin absolut für die Klimajugend und für politisches Engagement von jungen Menschen. Wenn aber wir Erwachsene nicht hinstehen und die Regeln einfordern und sozusagen Streiks erlauben – ein erlaubter Streik ist ohnehin kein Streik –, d.h. wenn die Jugendlichen keinen Aufwand leisten müssen, um etwas zu erreichen, weil die Lehrerinnen, Lehrer oder Schulleitungen zu lasch sind, dann verunmöglichen wir ihnen, mit der Kompliziertheit der Welt so zurechtzukommen, dass sie sich später robust und widerstandsfähig engagieren können. Aus diesem Grund finde ich es wichtig, dass die Lehrerinnen, Lehrer, Schulleitungen, Rektorinnen und Rektoren klarer hinstehen – und nicht, weil mir die Klimajugend ein Dorn im Auge ist. Ich finde es wichtig, dass junge Menschen sich engagieren, aber sie müssen lernen, mit dem Widerstand der Erwachsenen umzugehen. Wenn dieser Widerstand so sehr bröckelt, dass man sich beinahe mit jeder Ausrede dem Unterricht fernhalten kann, dann funktioniert das nicht. Ich bin nicht begeistert von der Vorlage, es geht jedoch darum, ein Zeichen zu setzen.

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15.2.2023Wortmeldung

Frei-Rorschacherberg zu Bosshard-St.Gallen: Es ist kein demokratisches Recht zu demonstrieren, während man in der Schule sein kann.

An Bruss-Diepoldsau: Grundsätzlich aber erfreulich ist, dass unsere Jugend politisch aktiv ist – und zwar alle Seiten. Die Jungfreisinnigen haben zwei Listen für die Nationalratswahlen. Wir hatten noch nie so viele Personen, die politisch aktiv sind. Das ist ausserordentlich erfreulich. Das Schulsystem läuft nicht aus dem Ruder. Die Schule ist grundsätzlich für Bildung da. Der Erziehungsauftrag folgt erst in zweiter Linie.

Zu Wasserfallen-Goldach: Sie waren nicht in der vorberatenden Kommission, haben jetzt aber für die SVP gesprochen. Die vorberatende Kommission beantragte mit 14:1 Stimme Nichteintreten auf diese Vorlage.

Gartmann-Mels führte aus, was ich bereits gesagt habe: Die Rektorinnen und Rektoren müssen führen. Es ist nicht die Aufgabe des Kantonsrates, ein Gesetz zu machen, das es nicht braucht. Denken Sie daran, der Schlüssel ist dreifach: Erstens ist politische Aktivität gefragt, zweitens keine ideologische Diskussion und drittens sollen die geschätzten Rektorinnen und Rektoren ihre Führungsaufgaben wahrnehmen.

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15.2.2023Wortmeldung

Bosshard-St.Gallen: Ich begrüsse die Vertreterinnen und Vertreter des Klimastreiks St.Gallen auf der Zuschauertribüne und gehe davon aus, dass sie über eine Dispens verfügen. Bei den Klimademonstrationen meldet sich eine Generation zu Wort, der man nachsagt, sie sei unpolitisch und stark mit sich selbst beschäftigt, u.a. mit TikTok und Instagram. Dank der «Fridays for Future»-Bewegung ist ein erhöhtes politisches Interesse entstanden. Geboren sind zahlreiche Jugendbewegungen, auch in St.Gallen. «Fridays for Future» ist eine globale Demonstration von Schülerinnen und Schülern, angestossen von Greta Thunberg. Dabei gehen die Schülerinnen und Schüler an einem Freitag statt in den Unterricht auf die Strasse und protestieren.

Zu Frei-Rorschacherberg: Der Kantonsrat kann nicht einfach sagen, dass sie an einem Samstag demonstrieren und den Namen ändern sollen. Das ist eine weltweite Bewegung.

Zu Gartmann-Mels: Die Kommissionsmitglieder haben nicht zu viel Wein getrunken oder gekifft. Sie sind schlicht zur Vernunft gekommen. Die Erde dreht sich seit 4,56 Mrd. Jahren und dabei hat sich das Klima tatsächlich immer wieder verändert. Aber noch nie in einem solchen Tempo. Die meisten SVP-Vertreterinnen leugnen den Klimawandel mittlerweile nicht mehr, aber sie unterschlagen absichtlich das kleine, aber wichtige Detail mit der Geschwindigkeit.

Die Schülerinnen und Schüler gehen nicht aus Spass auf die Strasse, sondern weil sie Angst um ihre Zukunft haben. Sie kämpfen für eine lebenswerte Zukunft und fordern eine Politik, welche die Bewältigung der Klimakrise ernsthaft angeht. Mit dem Eintreten auf die Motion 42.22.12 «Begrenzung des Fahrkostenabzugs erhöhen – Mittelstand entlasten» hat der Kantonsrat einmal mehr bewiesen, dass er die Klimakrise noch immer nicht genügend ernst nimmt. Sind wir doch froh, wenn sich Jugendliche und junge Erwachsene politisch engagieren. Vielleicht sitzen einige dieser Schülerinnen in ein paar Jahren im Kantonsratssaal. Genau das macht der SVP wahrscheinlich Angst.

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15.2.2023Wortmeldung

Müller-Lichtensteig: Ich war Mitglied der vorberatenden Kommission. Gartmann-Mels hat mich zu einem Votum provoziert. Wir kümmern uns in diesem Geschäft um ein Nichtproblem. 65 Schülerinnen und Schüler haben zu Beginn des Klimastreiks mitgemacht – vor den Sommerferien waren es lediglich 35 –, und das von über 4'000 Schülerinnen und Schülern. Zudem wurden die Ausfälle bzw. die Zeit, die sie in der Schule gefehlt haben, doppelt kompensiert. Wenn mir z.B. meine vier Lernenden sagen würden, dass sie am Freitag streiken gehen und im Büro fehlen, sie dafür zwei Tage länger arbeiten, wie würden Sie darauf reagieren? Ich würde sagen: «Ja, das machen wir. Wenn ihr euch einsetzt für die Politik – egal, für welches Thema –, dann ist das ein guter Einsatz.» Geht es um Sport, Kultur oder andere Einsätze, wie z.B. Pfadi, Jungwacht usw., dann gibt es keine Diskussionen. Dann akzeptieren bzw. fördern wir das sogar. Wir sollten das auch für die Politik fördern. In diesem Geschäft geht es nur um ein ideologisches «Hickhack». Wie wäre die Diskussion verlaufen, wenn wir uns um andere Krisen gekümmert hätten, z.B. um die Stromkrise, die Ausländerpolitik oder den Fachkräftemangel? Hätten sich die Schülerinnen und Schüler an einem Freitag für diese Themen engagiert, wäre dann dieses «Hickhack» ebenfalls entstanden? Ich behaupte nein. Kümmern wir uns doch um die richtigen, grossen Probleme und Herausforderungen und legen dieses Geschäft zu den Akten.

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15.2.2023Wortmeldung

Maurer-Altstätten: Die vorberatende Kommission war nicht der Ansicht, dass es keine Regelung braucht. Sie war sich einig darin, dass diese Regelung nicht in das Gesetz geschrieben gehört.

An Güntzel-St.Gallen: Wozu dienen Verordnungen? Verordnungen regeln Einzelheiten, die gesetzlich angeordnet wurden, damit nicht jeder «Hennenschiss» in den Gesetzen geregelt werden muss. Es braucht eine Regelung. Derzeit kann die Rektorenkonferenz über die Urlaube entscheiden. Der Bildungsrat sorgt für eine Einheit im Kanton. Was wollen wir denn anderes? Der Grundsatz für den Urlaub ist geregelt.

An Broger-Altstätten: Erklären Sie mir bitte, weshalb für Sport und für kulturelle Ausübung, nicht aber für die Politik ein Urlaubsgrund geschaffen werden soll? Ich kann das nicht nachvollziehen. Bereits in der vorberatenden Kommission wies ich darauf hin, dass die Politik – wir alle sind ein gutes Beispiel dafür – eine sinnvolle Freizeitbeschäftigung sein kann. Die meisten von uns erhalten für die politische Betätigung von den Arbeitgebern Urlaub. Weshalb sollen Schülerinnen und Schüler an der Kantonsschule oder an der Mittelschule nicht Urlaub beanspruchen können, um sich politisch zu betätigen?

An Bruss-Diepoldsau: Ich habe die Kantonsschule absolviert und studiert. Heute bin ich Kantonsrat. Ich bin nicht hochbegabt. Es sind ganz normale Menschen – Frauen, Männer, junge Frauen, junge Männer und möglicherweise diverse Personen –, die sich unabhängig von ihrem Alter politisch engagieren wollen. Es braucht keine Hochbegabten dazu. Eine wichtige Errungenschaft in unserem Land ist die Chancengleichheit. Jede Person kann sich die für sie am besten geeignete Bildung aneignen.

Der Fraktionssprecher der SVP – Wasserfallen-Goldach – war in der vorberatenden Kommission nicht vertreten. Mir ist auch klar, weshalb das so war. Offenbar vertrat die Fraktion eine andere Meinung als die Vertreterin der vorberatenden Kommission. Ich zähle auf meine Kollegen in der vorberatenden Kommission, dass sie bei ihrer Meinung, die sie in der Kommission geäussert haben, bleiben und das Nichteintreten weiterbehandeln.

Was ist denn der Klimastreik? Was machen diese jungen Menschen? Sie sind verzweifelt und greifen zu verzweifelten Mitteln, um uns in der Politik zum Handeln zu bewegen. Wir sind zu langsam. Ich höre bei jeder Gelegenheit, dass der Klimawandel nicht bestritten wird. Wir wirken dem jedoch nicht entgegen. Wir fördern sogar noch den motorisierten Individualverkehr mit Steuererleichterungen.

An Gartmann-Mels: Der Streik an der Mittelschule ist nicht vom Friedensabkommen aus dem Jahr 1937 betroffen. Damals haben die Sozialpartner sich auf ein Streikverbot bzw. eine Streikminderung geeinigt. Das war ein partnerschaftliches Abkommen. Mittelschülerinnen und Mittelschüler stehen in einem Unterordnungsverhältnis gegenüber dem Staat. Sie beziehen eine Leistung vom Staat, gehen an die Kantonsschule und sind somit an gewisse Regeln gebunden, welche die Politik für alle vorgibt. Es braucht eine Regelung, aber es braucht kein Gesetz, denn die bestehenden Regelungen reichen vollkommen aus.

An Wasserfallen-Goldach: Obwohl 75 Mitglieder des Kantonsrates auf die Motion 42.19.23 eingetreten sind – wir waren für Nichteintreten. Wenn wir im Gesetz die politische Betätigung unterbinden wollen, dann ist das schlichtweg eine «Retourkutsche», da man sich darüber aufgeregt hat, dass sich junge Leute erfrecht haben, sich gegenüber der Politik kritisch zu äussern. Wie bereits gesagt wurde, waren es 65 oder 75 streikende Schülerinnen und Schüler. Sind wir tatsächlich da angelangt, dass wir so etwas persönlich nehmen und ein Gesetz verabschieden möchten, um unsere Unzufriedenheit auszudrücken?

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Güntzel-St.Gallen: Offensichtlich ist aufgrund der Beschlüsse und Anträge der vorberatenden Kommission kaum mit Eintreten zu rechnen, obwohl sich vor einiger Zeit 75 Mitglieder des Kantonsrates für diesen Auftrag ausgesprochen hatten. Es kommt sehr oft die Aussage: man sei gescheiter oder klüger geworden. Sollten Sie Nichteintreten beschliessen, hoffe ich, dass diese Aussage auch bei anderen Fragen gilt.

Es wurde – auch in den Medien – behauptet, dass es staatsrechtlich kritisch oder falsch sei, ein Demonstrations- oder Streikrecht zu verfügen. Ich habe das Gutachten von HSG-Professor Benjamin Schindler nicht gelesen, jedoch auszugsweise zur Kenntnis genommen. Wenn wir auf diesen Nachtrag eintreten, verfügen wir kein Demonstrations- oder Streikverbot. Es geht einzig um die Frage, wann gestreikt oder demonstriert wird. Ich verfüge zwar nicht über bessere Beziehungen zum Klima oder zur Natur als Sie, aber die Natur und das Klima freuen sich, wenn auch an einem Samstag oder Mittwoch gestreikt wird. Sie benötigen das nicht zwingend freitags. Die meisten, die am Freitag demonstrieren oder streiken wollen, gehören der Organisation an, die diesen Tag festlegt. Der Tag wird nicht weltweit festgelegt, sondern durch diejenigen, die an der Demonstration oder am Streik teilnehmen. Diese Veranstaltungen sind somit sehr gut an einem anderen Zeitpunkt möglich.

Bitte stellen Sie in diesem Nachtrag wenigstens klar, was in welcher Form verboten oder geregelt werden muss. Denn ich habe verschiedene Diskussionen so verstanden, dass sich die Direktoren darüber nicht einig sind. Wären wir in der Gesetzgebung immer konsequent, würden verschiedene Gesetze anders aussehen. Manchmal ist es besser, etwas mehr ins Gesetz aufzunehmen. Der schlechteste Ort, wo das geregelt werden könnte, wäre in der Verordnung. Denn das wäre der Demokratie entzogen, da gegen Verordnungen kein Referendum ergriffen werden kann, was hingegen bei Gesetzen möglich ist.

An die Schülerinnen und Schüler bzw. an die Streikenden, die möglicherweise auch eine Lehre absolvieren oder abgeschlossen haben: Sie haben noch nicht verstanden, wofür wir uns auch einsetzen: Wenn Sie nicht am Freitag streiken oder demonstrieren müssen, verpassen Sie keinen Stoff in der Schule und können Demonstrationen und Streiks in die Freizeit legen.

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15.2.2023Wortmeldung

Broger-Altstätten zu Bruss-Diepoldsau: Das Schulsystem läuft nicht aus dem Ruder. Möglicherweise braucht es mehr Klarheit seitens der verantwortlichen Personen. Mit diesem Gesetz wird meines Erachtens die politische Meinungsäusserung nicht verboten. Es wäre weiter möglich, neben der Schulzeit die politische Meinung zu präsentieren und dafür einzustehen. Ich finde es wichtig und richtig, dass sich unsere Bevölkerung aller Alters- und Gesellschaftsschichten für politische Themen einsetzt und die Meinung öffentlich kundtut.

Mir ist unklar, weshalb es unwürdig oder undemokratisch sein soll, von den Schülern deren Pflichten einzuverlangen und sie auf die schulfreie Zeit hinzuweisen. Ich lehne die Vorwürfe der GRÜNE-Fraktion in jeglicher Form ab. Auch eine ehrenamtliche Tätigkeit für unsere Gesellschaft, z.B. in den Bereichen Sport oder Kultur, wird in der Freizeit neben der Arbeits- oder Schulzeit ausgeführt. Diese Tätigkeiten sind sehr wichtig für unsere Gesellschaft. Ich bin nicht zwingend für ein Gesetz zur Klärung dieser Thematik. Es ist aber wichtig und nur gerecht, dass die Gesamtheit betrachtet wird und nicht mit falschen, ungerechtfertigten Vorwürfen votiert wird.

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Bruss-Diepoldsau: Auf die Vorlage 22.22.26 ist einzutreten.

Unser Schulsystem läuft völlig aus dem Ruder. Zu meiner Zeit besuchten nur die Hochbegabten die Kantonsschule. Ausschreitungen und eine einseitige politische «Nachzüchtung» war damals noch nicht bekannt. An die andere Ratsseite: Wir sollten andere nicht benachteiligen. Wir sind für Gleichberechtigung. Das duale Bildungssystem wird immer mehr benachteiligt, da Lehrlinge über keine Möglichkeit verfügen, an solchen Streiks und Demonstrationen mitzumachen. Das bedauere ich sehr. Weiter bedauere ich, dass die Mitte-EVP-Fraktion Nichteintreten auf die Vorlage 22.22.26 beschlossen hat. Grundsätzlich bin ich nicht für mehr Gesetze und Vorschriften, in diesem Geschäft erachte ich das jedoch als notwendig. Wenn Rektoren nicht den Mut haben, ihre Positionen auszuüben und eine klare Haltung für die Gleichberechtigung von Lehrlingen und Mittelschülern durchzusetzen, ist zwangsläufig ein neues Gesetz erforderlich.

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Gartmann-Mels: Auf die Vorlage 22.22.26 ist einzutreten.

Ich bin erstaunt, wie argumentiert wird und was die vorberatende Kommission entschieden hat. Da ich bereits mehrmals in Kommissionen tätig war, ist mir bekannt, dass es am Mittag immer einen guten Wein gibt. Ich stelle mir die Frage, ob die Kommission in dieser Vorlage zu viel Wein getrunken oder etwas geraucht hat. Als Vater zweier Kinder, die an die Kantonsschule gehen bzw. gegangen sind, und als Vater von Kindern, die eine Lehre gemacht haben, frage ich mich: Brauchen wir neue Gesetze? Die Schulen haben gut bezahlte, gut ausgesuchte und fleissige Rektorinnen und Rektoren. Diese verfügen über die Macht, Kompetenz und Autorität, klar durchzugreifen und zu sagen, was gilt. Schule ist nicht Freizeit, Schule ist eine Pflicht. Die Schweiz ist international sehr gerühmt und anerkannt, da sie keine Streiks kennt, die Bevölkerung fleissig ist, mitmacht und das System gut findet sowie die direkte Demokratie gelebt wird. Jetzt teilen Sie uns mit, es herrsche eine Krise – die Klimakrise. Niemand – ausser der anderen Ratsseite – bestreitet, dass der Klimawandel da ist. Ich mag mich nicht erinnern, wann die Erde entstanden ist, aber seit deren Entstehung gibt es einen Klimawandel. Es gibt noch viele andere Krisen, z.B. Asylkrise, Kriege, Hungerkrisen, Stromkrisen, Fachkräftekrisen usw. Wo führt das hin, wenn wir während unserer Arbeits- oder Schulzeit für alle Krisen demonstrieren? Wir müssen unsere Pflichten wahrnehmen. Jeder Schüler, der eine politische Äusserung oder seinen Unmut kundtun möchte, hat normalerweise einen Nachmittag und am Samstag frei. Am Sonntag soll er in die Kirche gehen, damit er weiss, was er die andere Woche erzählen kann. Wir verfügen über die Möglichkeit, den Schülern auch etwas anderes beizubringen. Ein Rektor sollte den Schülern übermitteln, dass nicht nur Krisen herrschen und wir leben sollen. Es gibt nämlich viel Positives, nicht nur Negatives. Wir sprechen immer nur über das Schlechte, über Krisen.

Und dann folgt die Idee, dass man das bewilligt. Ich bin überhaupt nicht einverstanden. Grundsätzlich braucht es kein Gesetz, es müsste lediglich durchgegriffen werden. Wenn Schüler nicht zum Unterricht erscheinen, ist das illegal. Folglich gibt es wie früher eine Verwarnung, der wahrscheinlich ein Gespräch mit den Erziehungsberechtigten folgt, falls die Schülerin oder der Schüler noch zuhause wohnt. Es ist wichtig, dass wir endlich lernen: Die Schule sollte erziehen und nicht therapieren. Wir sind diesbezüglich auf dem Holzweg. Es muss endlich Klartext gesprochen werden und den Schulen, Rektorinnen und Rektoren die Entscheidungskraft für das Durchgreifen gegeben werden. Es nützt uns nicht, wenn wir überall Ja sagen.

Das Schlimmste in dieser Thematik ist, dass die Klimastreike und andere Streike einem politischen Amt gleichgestellt werden. Es ist doch kein Problem, wenn jemand ein politisches Amt ausübt. Meines Wissens kann der Kanton den Kantonsschülern für die Ausübung des öffentlichen Amtes 15 Urlaubstage gewähren. Ein Privatunternehmen muss das selber entscheiden.

Die SVP beabsichtigte mit der Motion 42.19.23, dass eine Grundlage geschaffen wird, damit in solchen Fällen durchgegriffen werden kann. Ich bin der Ansicht, dass es grundsätzlich kein Gesetz bräuchte. Was es jedoch mit Sicherheit nicht braucht, ist die «Wischiwaschi»-Vorlage der vorberatenden Kommission. Meines Erachtens müsste man so weit gehen, dass der Rektor oder Schulleiter durchgreifen und den Schülern mitteilen kann: Schule ist Pflicht und nicht ein «Jeder kann mitmachen». Es ist genügend Zeit für Demonstrationen vorhanden, z.B. an einem Samstag oder an einem schulfreien Tag.

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Hess-Rebstein (im Namen der Mitte-EVP-Fraktion): Auf die Vorlage 22.22.26 ist nicht einzutreten. Auf die Vorlage 22.22.27 ist einzutreten.

Zum XIV. Nachtrag: Wir stehen einem zu häufigen Fehlen und zu vielen Absenzen im Unterricht grundsätzlich sehr skeptisch gegenüber. Insbesondere die möglichen Folgen für die betreffenden Schulen und Klassen – nämlich eine gewisse Unruhe, Störungen sowie ein Mehraufwand im administrativen Bereich – sind, wenn möglich, klein zu halten oder ganz zu vermeiden. Kritisch sehen wir insbesondere regelmässiges Fernbleiben, wenn dafür keine triftigen Gründe, sondern ein – provokativ gesagt – angebliches politisches Engagement ziemlich diffuser Natur vorliegen sollte. Es geht nicht nur um die Klima-Thematik, in der wir uns alle einig sind, dass es ein wichtiges Anliegen ist. Wir wissen alle, dass politische Themen ein breites Spektrum umfassen. Auch ideologische Gesinnungen dürfen keinesfalls den Ausschlag dafür geben. Was ist überhaupt ein politisches Engagement bzw. was ist darunter zu verstehen? Unsere Fraktion geht davon aus, dass ein solches Engagement – besonders in einer freiheitlichen Demokratie – grundsätzlich in der persönlichen Freizeit erfolgen muss. Dies im eigenen Interesse, für seine Rechte und Freiheiten auch dann einzustehen, wenn man bereit ist, dafür etwas zu opfern, z.B. die Zeit für andere Hobbys. Wir sprechen nicht von Berufspolitik, sondern von einem Milizsystem – wie wir es haben –, das eine solide und verlässliche Grundlage dafür bieten soll. Ein politisches Engagement darf niemals zu einer Ausrede werden, um anderen, vielleicht unangenehmeren Tätigkeiten auszuweichen.

Idealerweise sollen die Mittelschulen in gegenseitiger Absprache ihr Absenzenwesen so regeln, dass es keine «Jekami-Übungen» gibt, jedoch trotzdem Ausnahmen im Rahmen einer gewissen uneinheitlichen Handhabung möglich sind. Namentlich jene Schülerinnen und Schüler, die sich in einer Partei oder Gruppierung politisch engagieren und besonders, wenn sie dabei eine leitende Funktion innehaben, sollten keine derart grossen Steine in den Weg gelegt bekommen, dass möglicherweise ein politisches Engagement verunmöglicht würde. Die Idee, dass jede und jeder während der Unterrichtszeit bei jeder beliebigen Demonstration mitmarschieren dürfen soll, schiesst weit über dieses Ziel hinaus und ist klar abzulehnen. Wir alle wünschen uns das politische Engagement unserer Bevölkerung. Speziell die junge Bevölkerung sollte gefördert werden, dass sie sich für die Politik interessiert und begeistert. Denn nur dann sind diese Menschen bereit, sich jederzeit zu engagieren und z.B. am frühen Morgen um 05.00 Uhr am Bahnhof Gipfel zu verteilen. Wir sind uns bestimmt einig, dass solche Aktivitäten nicht ausschliesslich während der Unterrichts- oder Arbeitszeiten stattfinden können und dürfen. Bedenken Sie und vergessen Sie nicht, dass die Jungen an den Berufsfachschulen diesbezüglich über dieselben Möglichkeiten und Rechte verfügen müssen. Alles andere wäre eine ungerechte Ungleichbehandlung.

Glücklicherweise konnten wir aufgrund der Rückmeldungen von den betreffenden Mittelschulen in der Zwischenzeit feststellen, dass es bisher nicht derart schlecht funktioniert hat, wie vielleicht befürchtet wurde. Einerseits waren es weniger Schülerinnen und Schüler als erwartet, die den Unterricht für Aktivitäten im politischen Bereich «schwänzten». Anderseits haben die betroffenen Mittelschulen oft mit passenden Massnahmen reagiert, z.B. mit Kompensationen. Wahrscheinlich wurde dieses vermeintliche Problem in den Medien oft ein wenig prominenter dargestellt, als es in Wirklichkeit draussen an der Front war. Da dürfen wir uns nicht täuschen lassen. Unsere Fraktion wird grossmehrheitlich auf den XIV. Nachtrag nicht eintreten, da der Gesetzesentwurf für die Praxis wohl zu überlastet und zu unübersichtlich wäre. Ausserdem haben wir, wie bereits mehrfach betont, grosses Vertrauen in unsere Mittelschulen bzw. deren Rektorate, dass sie in der lokalen Umsetzung von Unterrichtsbefreiungen und Urlaubsgesuchen auch künftig mit Augenmass, gesundem Menschenverstand und grossem Verantwortungsbewusstsein handeln.

Zu den Jokertagen: Viele Mitglieder unserer Fraktion erachten die Jokertage nicht als schlecht. Sie halten diese für ein gutes Instrument, das sich mittlerweile auch in der Volksschule etabliert und sehr bewährt hat. Diesen Punkt teile ich deshalb nicht vollständig mit meinen Vorrednern. Angeblich ist das jedoch von Schule zu Schule unterschiedlich. Jokertage haben den grossen Vorteil, dass die Schülerinnen und Schüler ihre Prioritäten für Unterrichtsbefreiungen selber setzen können, ohne konkrete Begründungen oder Rechtfertigungen abgeben zu müssen. Es handelt sich somit um eine erhöhte Eigenverantwortung oder Gleichberechtigung, unabhängig davon, ob es um das Demonstrieren für das Klima geht, ob jemand in den Europa-Park fährt usw. Das soll jeder für sich selber entscheiden dürfen.

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Wasserfallen-Goldach (im Namen der SVP-Fraktion): Auf die Vorlagen ist einzutreten.

Es gibt Jugendliche, die setzen sich mittels Baumpflanzaktionen, Aufräumarbeiten im Wald, Pflege von Biotopen, Vorträgen oder vielen anderen sinnvollen Aktionen für einen nachhaltigen und schonenden Umgang mit unserer Umwelt ein. Es gibt eine verschwindend kleine Minderheit an Jugendlichen, die kleben sich zwecks ihrer Überzeugung an Häuser und Strassen, blockieren Schulen – wie letzte Woche in Zürich vorgefallen – oder begrüssen wie heute Morgen mit schön bemalten Transparenten Politikerinnen und Politiker am Eingang des Regierungsgebäudes. Ohne diese beiden Arten von Engagement in irgendeiner Form werten zu wollen, können Sie sich wahrscheinlich vorstellen, welchen Aktivitäten ich grössere Sympathien entgegenbringe. Wenn sich Jugendliche in ihrer Freizeit für die Politik einsetzen bzw. sich für ihr politisches Anliegen starkmachen und dafür unter Umständen auf die Strasse gehen, ist dies aus unserer Sicht grundsätzlich immer sehr zu begrüssen, zu fördern und lobenswert. Das ist ein wesentlicher Pfeiler unserer Demokratie. Geschickt aufgegleist, kann man damit als Jugendliche oder Jugendlicher auch etwas bewirken. Der zivile Ungehorsam geht selbstverständlich zu weit, wenn dabei Sachbeschädigungen stattfinden oder Gewalt angewendet wird. Er geht auch dann zu weit, wenn während der offiziellen Schulzeit demonstriert und dafür die Schule geschwänzt wird. Ein regelmässiger und geregelter Schulbetrieb wird dadurch nämlich erschwert bzw. in vereinzelten Fällen verunmöglicht. Zudem werden dadurch nicht unerhebliche Ungleichheiten geschaffen. Auszubildende in Lehrbetrieben können nicht während ihrer Arbeitszeit ihren politischen Überzeugungen nacheifern und dazu ihre Arbeit niederlegen, ohne negative Konsequenzen befürchten zu müssen.

Im Frühling 2019 hat die Kantonale Rektorenkonferenz Mittelschulen verlauten lassen, dass Schülerinnen und Schüler künftig keine unentschuldigte Absenz mehr befürchten müssen, wenn sie zwecks Klimademonstrationen dem Unterricht fernbleiben. Diesen Entscheid konnte die SVP-Fraktion nicht hinnehmen und hatte folglich die Motion 42.19.23 «Präsenzverpflichtung beim Mittelschulbesuch» eingereicht. Es darf nicht sein, dass die Teilnahme an einem Klimastreik als offizieller Urlaubsgrund geltend gemacht werden kann. Im Kanton St.Gallen und in sämtlichen anderen Schweizer Kantonen gilt nach wie vor die Schulpflicht. Es ist nichts anderes als ein Hohn gegenüber dem Steuerzahler, wenn dieses Schulobligatorium zur politischen Instrumentalisierung einzelner Schülerinnen und Schüler aufgelockert und die Schule damit zunehmend politisch ideologisiert wird. Deshalb hat die Politik einen vernünftigen gesetzlichen Rahmen zu schaffen. Dieser Rahmen soll ideologisch geprägten Absenzbewilligungen vorbeugen. Das ist nur mit konsequentem Nichtbewilligen von jeglichen politischen Demonstrationen während der Unterrichtszeit möglich. Solche können schlicht nicht im Auftrag der öffentlichen Schule liegen oder mit deren Auftrag vereinbar sein. Wie wäre es denn, wenn sich in Zukunft einige Jugendliche zusammentun und in regelmässigen Abständen während der offiziellen Unterrichtszeit z.B. für die Begrenzung der Zuwanderung, einen Kurswechsel in der Asylpolitik oder vielleicht für die schweizerische Neutralität starkmachen? Ich denke kaum, dass dies von Seiten Politik und Schulleitungen ohne Weiteres toleriert und unterstützt würde.

Eine deutliche Mehrheit des Kantonsrates teilte vor rund drei Jahren unsere Auffassung und trat mit 75:45 Stimmen auf unsere Motion mit etwas abgeändertem Wortlaut ein. Das Parlament war sich damals einig, dass Schulschwänzen für die Teilnahme an Klimastreiks nicht ohne Weiteres hingenommen werden kann und es eine klare Regelung benötigt. Nachdem sich in der Zwischenzeit ein paar Rechtsgelehrte kritisch gegenüber dem von der Regierung ausgearbeiteten Gesetzestext geäussert haben, haben sich die vorberatende Kommission und einzelne Fraktionen offenbar so stark einschüchtern lassen, dass sie jetzt einen Rückzieher machen. Aus unserer Sicht ist dies völlig unverständlich.

Der von der Regierung vorgeschlagene Gesetzestext ist nicht perfekt. Die gesetzlichen Minimalvorschriften des XIV. und XV. Nachtrags zum Mittelschulgesetz sind jedoch durchaus tauglich, um Rechtssicherheit zu schaffen und den Rektorinnen und Rektoren in unserem Kanton eine klare Handhabung zur Verfügung zu stellen.

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15.2.2023Wortmeldung

Noger-Engeler-Häggenschwil (im Namen der GLP): Auf die Vorlage 22.22.26 ist nicht einzutreten, auf die Vorlage 22.22.27 ist einzutreten.

Wir erachten den XIV. Nachtrag als falsch. Die Regierung führt aus, dass es Teil des Bildungsauftrags der Mittelschulen sei, Schülerinnen und Schüler selbständig denken zu lassen, mit unterschiedlichen Meinungen umgehen zu lernen und sich eine eigene Meinung zu bilden. Die Schule ist öffentlich-rechtlich verankert und mit Steuergeldern finanziert. Sie soll jungen Menschen die Möglichkeiten offenlassen, sich aktiv und mit eigener Meinung in die Gestaltung der Gesellschaft einzubringen bzw. politisch aktiv zu sein oder zu werden. In den betroffenen Mittelschulen wurden intensive Gespräche mit den Klimastreikenden geführt und durch aktive Auseinandersetzung mit deren Anliegen Möglichkeiten der Unterrichtskompensation gesucht und realisiert. Dies spricht für einen kooperativen und verantwortungsvollen Umgang mit dem Bildungsauftrag.

Das politische Engagement der kommenden Generationen ist erwünscht und der Erziehungsauftrag der Bildungseinrichtungen soll zu mündigen, verantwortungsvollen und interessierten Bürgerinnen und Bürgern erziehen und nicht das Interesse an politischer Mitwirkung abwürgen. Die Zusatzklausel, dass politische Teilhabe – wohlweislich im Sinn einer Ausnahme – nur im Rahmen der aktuellen Unterrichtsthemen möglich sei, entspricht nicht den Bedürfnissen und Anliegen der Schülerinnen und Schüler und ist nicht realpolitisch. In einem direktdemokratischen Land braucht es eine Jugend, die sich politisch engagiert und sich für ihre Anliegen einsetzen darf. Wir erachten es deshalb als falsch, diesen Artikel ins Gesetz aufzunehmen. Schiessen Sie nicht mit Kanonen auf Spatzen – eine Verschärfung ist unnötig. Auch junge Menschen sollen sich in unserem Land darauf berufen können, dass das Demonstrieren ein Grundrecht für alle ist. Zudem gibt es Jugendliche, die sich in Jugendparlamenten engagieren, was sehr gewünscht ist. Dazu würde es bereits wieder eine Ausnahmebewilligung benötigen.

Der Vorschlag mit den Jokertagen ist gut gemeint, kann man machen – ist aber nicht notwendig. Tatsache ist auch, dass Absentismus in der freiwilligen Kantonsschule nicht ein dringliches Thema ist. Zusätzliche Regelungen steigern in der Realität oft den Missbrauch und erhöhen zudem den administrativen Aufwand.

Zum XV. Nachtrag: Die Kürzung der Schulferien ist argumentatorisch nachvollziehbar. Bereits heute ist es für Mittelschulen Praxis, dass die im Gesetz vorgeschriebenen 13 Wochen nicht strikt eingehalten werden können. Eine Anpassung des Gesetzes ist deshalb sinnvoll, auch wenn wir nicht vollständig mit der Formulierung des Nachtrags einverstanden sind. Es ist uns jedoch ein wichtiges Anliegen, dass eine neue Regelung tatsächlich einen Mehrwert und nicht eine Mehrbelastung der Schülerinnen und Schüler zur Folge hat.



Session des Kantonsrates vom 13. bis 15. Februar 2023, Frühjahrssession
15.2.2023Wortmeldung

Losa-Mörschwil (im Namen der GRÜNE-Fraktion): Auf die Vorlage 22.22.26 ist nicht einzutreten. Auf die Vorlage 22.22.27 ist einzutreten.

Zu 22.22.26: Der XIV. Nachtrag zum Mittelschulgesetz ist unnötig, undemokratisch und mit Blick auf die Bundesverfassung in höchstem Mass kritisch. Dieser Nachtrag ist derart falsch, dass es geradezu sinnlos ist, darüber zu diskutieren. Leider ist es bezeichnend, dass die selbsternannten Verteidiger der freiheitlichen Ordnung eine restriktive Vorlage gegen die demokratische Teilhabe verlangt haben. Das hat den Anschein erweckt, dass für gewisse Mitglieder des Kantonsrates Freiheit nur dann rechtens ist, wenn sie unkritisch und angepasst ist. So sollen kritische Geister diszipliniert werden, was unserer Demokratie unwürdig wäre. An einer Demokratie muss Mann und Frau arbeiten, denn sie ist kein Selbstläufer. Mittlerweile zählen rund 52 Prozent der Jugendlichen und jungen Erwachsenen zu den «News-Deprivierten». D.h., sie informieren sich kaum oder gar nicht, was politisch, gesellschaftlich oder sozial in unserem Land oder auf der Welt passiert. Das ist eine alarmierende Zahl, die nicht nur für die betroffenen Personen, sondern auch für unsere Demokratie zu Problemen führen wird und gefährlich ist. Wenn sich junge Menschen für ihre Anliegen, ihre Sorgen und Bedenken, die sie z.B. in Bezug auf die Klimakrise berechtigt haben, engagieren, so ist dies nicht zu verbieten, sondern zu fördern.

Zum Bildungsauftrag der Mittelschulen gehört auch, dass die Schülerinnen und Schüler selbständig denken und handeln lernen. Gerade mit politischem Engagement haben sie ein hervorragendes Übungsfeld. Ein Streik muss organisiert und geplant werden. Es finden wichtige Diskussionen statt. Es gilt, Lösungen zu suchen und Kompromisse zu finden. Oft wird Kreatives konstruiert und an sinnreichen, witzigen und intelligenten Überschriften oder Argumenten gearbeitet. Auch das ist Lernen und gehört an eine Schule. Wer die Augen nicht verschliesst, wer sich der Realität stellt, der darf nicht bestraft oder daran gehindert werden. Der renommierte Forscher Dr. Lukas Felsenfeld äusserte sich kürzlich zur Klimakrise und hat einmal mehr bestätigt, dass wir aus wissenschaftlicher Sicht bei der Klimakrise mit dem Rücken zur Wand stehen und uns die Zeit davonrennt. Als positiven Einfluss nennt er dabei ausdrücklich die «Fridays for Future»-Bewegung. Diese Bewegung habe viele positive Entwicklungen in Gang gebracht. Dass wir diese Bewegung, diesen Einsatz oder auch andere politische Engagements nicht «abwürgen» dürfen, hat auch mit Respekt gegenüber denen zu tun, die ihre Zukunft noch vor sich haben und sehr gut wissen, was für sie auf dem Spiel steht. Wir müssen uns vielmehr Gedanken und Sorgen machen um jene, die mutlos kapituliert und nicht den Mut haben, sich für ihre Zukunft einzusetzen, oder die noch Schlimmeren, welche die Klimakrise verleugnen, verdrängen oder verharmlosen.

Die Verfassung unseres Landes, die uns allen wichtig sein muss, garantiert die Versammlungsfreiheit und die politischen Rechte. Da sich viele Schülerinnen und Schüler noch nicht an Abstimmungen beteiligen dürfen, muss die Teilnahme an Kundgebungen gewährleistet sein. Es ist für sie die einzige Möglichkeit, sich Gehör zu verschaffen. Dass diese darauf abzielen, verstärkte Resonanz im Dienst der politischen Zielsetzungen zu provozieren, wie es in der Vorlage steht, ist nur natürlich. Die Mittelschulen haben gute und gangbare Lösungen gefunden, um den verpassten Unterricht kompensieren zu lassen. Dazu benötigt es diesen unnötigen Nachtrag nicht. Die Rektoratskommissionen der sechs staatlichen Mittelschulen haben je ein eigenes Absenzen- und Urlaubsreglement erlassen und kommen bestens damit zurecht. Bereits heute sind die Hürden für die Klimajugend äusserst hoch, um an den Klimastreiks oder anderen Aktionen teilnehmen zu können. Auch die Zahlen im Bericht sprechen eine deutliche Sprache. Dass die vorberatende Kommission Antrag auf Nichteintreten stellt, ist ein kleines Trostpflaster der Einsicht und Vernunft. Wir sind zuversichtlich, dass die Mehrheit ebenfalls zum Schluss kommt, dass dieser Gesetzesnachtrag inakzeptabel ist. Ansonsten kann ich den engagierten Schülerinnen und Schülern nur den Rat geben, das Gesetz nach Ablauf der Referendumsfrist mittels Erlassbeschwerde beim Bundesgericht anzufechten. Die Chance, dass es wegen Verfassungswidrigkeit aufgehoben würde, wäre hoch.

Zu 22.22.27: Die Kürzung der Schulferien von acht Wochen ist zu hoch angesetzt. Die Lehrerinnen und Lehrer der Kantonsschulen betonen immer wieder, dass ihre Schülerinnen und Schüler bereits jetzt am Anschlag sind. Die Anzahl an Suspendierungen wegen psychischer Krankheiten, z.B. Burnout, haben stark zugenommen. Diese Meinung wurde auch mehrmals in den Vernehmlassungsantworten formuliert. Sprachaufenthalte sind keine Ferien. Dabei geht es nicht nur um die schulischen Leistungen, sondern auch um psychosoziale Aspekte. Die Regierung begründet den Nachtrag damit, dass die Schülerinnen und Schüler dadurch entlastet werden sollen. Ich suchte lange nach einer solchen Entlastung, fand jedoch beim besten Willen keine. Sprachaufenthalte sind für Schülerinnen der Kantonsschule einmalige, abenteuerliche und sehr lehrreiche Erfahrungen. Meist sind die Schülerinnen und Schüler motiviert, die französische oder englische Sprache, die sie bisher nur aus der Schule kennen, in echt zu erleben. Mit entsprechend verbesserten Sprachkenntnissen kommen sie zurück. Die bisherige Regelung, Sprachaufenthalte teilweise während der Schul- und teilweise während der Ferienzeit, die anschliessend kompensiert wird, auszuüben, nehmen die Schülerinnen und Schüler als gerecht wahr. Das ist nicht nur meine Einschätzung oder Vermutung, sondern beruht auf vielen Nachfragen bei der Lehrerschaft und bei den Schülerinnen und Schülern.

Weiter stellt eine Flexibilisierung der Schulferien speziell für Jugendorganisationen, wie z.B. Pfadi, Jubla oder Cevi, ein Problem dar. Diese Organisationen erbringen einen enormen ehrenamtlichen Mehrwert für unsere Gesellschaft. Speziell die Ferienlager von Jugend+Sport stellen sowohl für die jüngeren Teilnehmenden als auch für die älteren Leitenden einen Jahreshöhepunkt dar, bei dem sie einmalige und äusserst lehrreiche Erfahrungen sammeln. Für diese Lager sind die Organisationen auf planbare Ferien der Leitenden angewiesen. Diese müssen mit den Schulferien der Teilnehmenden, meist Primar- oder Sekundarschülerinnen, übereinstimmen. Die Flexibilisierung der Schulferien, die den Rektorinnen und Rektoren die Befugnis gibt, acht Ferienwochen zu obligatorischen Unterrichtswochen mit besonderem Programm erklären zu können, erschwert die Planung für die Organisationen und die Leitenden und verunmöglicht unter Umständen das sinnvolle und lehrreiche Engagement in Jugendorganisationen. Eine weitere Problematik sehen wir auch für die Schülerinnen und Schüler, die während der Ferien arbeiten gehen – sogenannte Ferienjobs machen. Vor allem für Kinder aus bescheidenen finanziellen Verhältnissen ist das oft eine wichtige Verdienstmöglichkeit. Nehmen wir ihnen diese weg, verringern wir in gewisser Weise auch die Chancengleichheit.

Fazit: Letztlich geht es bei diesem Nachtrag nur um eine Legalisierung der Ferienzeitkürzung und um mehr Kompetenzen für die Rektorinnen und Rektoren. Eine Entlastung für die Schülerinnen und Schüler sehe ich persönlich nicht. Wir haben im Kantonsrat bereits öfters über die im Schweizer Vergleich tiefe Maturitätsquote im Kanton gesprochen. Dass wir nun die Kantonsschulzeit noch unattraktiver gestalten wollen, erachte ich als fragwürdig.

Session des Kantonsrates vom 13. bis 15. Februar 2023, Frühjahrssession
15.2.2023Wortmeldung

Baumgartner-Flawil (im Namen der SP-Fraktion): Auf die Vorlage 22.22.26 ist nicht einzutreten, auf die Vorlage 22.22.27 ist einzutreten.

Zu 22.22.26: Grundsätzlich hat die detaillierte Regelung von Urlaubsgründen nicht in einem Gesetz zu erfolgen. Sie ist auf Stufe Verordnung oder wie bisher auf Stufe Reglement der einzelnen Kantonsschulen zu regeln. Das Bildungsdepartement sorgt durch die Genehmigung der Reglemente für Rechtsgleichheit. Nur ein solches System erlaubt es, rasch auf geänderte Verhältnisse zu reagieren oder Ergänzungen vorzunehmen. Bereits jetzt wird die vorgesehene Regelung u.a. als nicht vollständig betrachtet. Ich vergleiche das mit einem Artikel im «Tagblatt» vom 17. November 2022 von HSG-Professor Benjamin Schindler. Auch das Volksschulgesetz (sGS 213.1; abgekürzt VSG) kennt keinen Katalog von Urlaubsgründen, sondern verweist auf die Schulträger, welche die Verhältnisse vor Ort kennen und dem Einzelfall angepasste Lösungen finden können. Dazu sind die Verordnungen vorgesehen. Der Katalog der Urlaubsgründe ist unvollständig. HSG-Professor Benjamin Schindler wies im Zeitungsartikel darauf hin, dass gewichtige Gründe für Absenzen fehlen, z.B. Mutterschaft, Orientierungstage der Armee, Ausübung eines politischen Amtes usw. Es zeigt sich bereits jetzt, dass die Regelung von Urlaubsgründen in einem Gesetz letztlich immer ein Flickwerk ist und bleiben wird. Die politische Betätigung wird von der Verfassung durch die Meinungsäusserungsfreiheit und die Versammlungsfreiheit geschützt. Sie – wie im vorliegenden Gesetzesentwurf vorgesehen – zu verbieten, stellt einen unverhältnismässigen Eingriff in die Grundrechte und das Recht der politischen Betätigung dar. Die Möglichkeit gewisser Ausnahmen vermag die Einschränkung längst nicht zu rechtfertigen. Unverhältnismässig ist die Einschränkung auch, weil sie im Vergleich zu anderen Grundrechten, z.B. die Religionsfreiheit, viel weiter geht. Durch das Verbot, für politische Betätigungen Urlaub zu erhalten, umgekehrt jedoch für Sport, Religionsausübung oder wissenschaftliche Tätigkeiten Urlaub zu erhalten, werden Schülerinnen und Schüler, die sich lieber mit Politik beschäftigen, gegenüber den anderen Gruppen benachteiligt. U.E. ist das ein klarer Verstoss gegen das Gleichbehandlungsgebot.

Das vorgesehene Nichtbewilligen von Absenzen für politische Veranstaltungen widerspricht dem Zweck, dem Sinn und Geist der Mittelschule. An Kantonsschulen bilden wir nicht zuletzt diese jungen Menschen unserer Gesellschaft aus, die sich in der Politik engagieren. Es ist absurd, wenn wir unseren eigenen Politiknachwuchs verhindern wollen. Es kann uns nichts Besseres passieren, als dass sich die Mittelschülerinnen und -schüler Gedanken über unser Zusammenleben machen und sich für die Zukunft unserer Gesellschaft engagieren und einsetzen. Die Motion 42.19.23 «Keine Bewilligungen für Teilnahme an Streikaktionen» vom 19. Juni 2019 der SVP führte zum vorliegenden Gesetzesentwurf. Grund dafür waren die Klimastreiktage der Jahre 2018 und 2019. An diesen Klimastreiks nahmen anfänglich rund 65 Kantonsschülerinnen und -schüler teil. Diese Zahl sank bis Sommer 2019 auf rund 35. In Prozenten ausgedrückt: 1,39 Prozent bzw. 0,75 Prozent der Gesamtschülerschaft nahmen an diesen politischen Veranstaltungen teil. Diese Tatsache liegt in keinem Verhältnis zu einer gesetzlichen Festlegung im MSG. Die Politik bzw. der Kantonsrat reagierte darauf eher beleidigt und möchte weitere Streiks mit einem Gesetz verhindern. Wenn die Kantonsräte, die der Motion zugestimmt haben, ehrlich sind, ging es ihnen sicherlich nicht darum, den Lernerfolg der Streikenden hinsichtlich der Matura sicherzustellen, sondern es ging ihnen darum, zu disziplinieren. Bei einigen mag es auch darum gegangen sein, missliebige politische Meinungsäusserungen zu verhindern. Sollte der Kantonsrat entgegen dem Antrag der vorberatenden Kommission Eintreten beschliessen, wird die SP-Fraktion am geltenden Recht festhalten und der Streichung der Art. 42bis und Art. 42ter MSG zustimmen.

Zu 22.22.27: Der Entwurf beinhaltet, dass über die gesamte Ausbildungsdauer an der Mittelschule höchstens acht Wochen der Schulferien zu zusätzlicher Schulzeit für obligatorische besondere Unterrichtsaktivitäten erklärt werden können. Der Anspruch von 13 Wochen Ferien bleibt bestehen. Gemäss Botschaft soll diese Flexibilisierung der Sommer- oder Herbstferien für obligatorische Sprachkurse im französisch- oder englischsprachigen Raum gelten. In den gymnasialen Lehrgängen zur zweisprachigen Maturität und in der Wirtschaftsmittelschule (WMS) konnte aus organisatorischen Gründen die, im Kompetenzbereich der Rektorate liegende, Schuljahresgestaltung nicht mehr eingehalten werden. Durch die Flexibilisierung der Ferienzeiten sollen persönliche Aktivitäten während der Sommer- oder Herbstferien weiterhin möglich sein. Wir denken z.B. an die Teilnahme an Ferienangeboten verschiedenster Jugendorganisationen wie auch die Teilnahme an freizeitlichen, sportlichen oder musischen Anlässen und Angeboten. Mit Blick auf das Projekt «Gymnasium der Zukunft» ist diese Ergänzung zum MSG richtig.

Session des Kantonsrates vom 13. bis 15. Februar 2023, Frühjahrssession
15.2.2023Wortmeldung

Frei-Rorschacherberg (im Namen der FDP-Fraktion): Auf die Vorlage 22.22.26 ist nicht einzutreten, auf die Vorlage 22.22.27 ist einzutreten.

Es gibt mehrere Gründe, die dazu führten, dass wir dieses Geschäft beraten müssen. Dass Kantonsschülerinnen und -schüler politische Kundgebungen jeweils am Freitag während der Schulzeit durchgeführt haben, führte zu Unmut. Oft fragte ich mich, warum dies nicht an einem Samstagmorgen erfolgt – «Saturdays for Future» klingt auch passend. Ein weiterer Grund ist, dass die Rektorinnen und Rektoren nicht ideal gehandelt haben. Wir erwarten von Personen in solchen Positionen Führung. Grundsätzlich ist es ein Unding, dass sich der Kantonsrat bezüglich Absenzenwesen derart tief in die operativen Aktivitäten einer Schulführung einmischen muss. Wir verpassen damit die Flughöhe. Mit dem MSG ist bereits genügend «Regelwahn» vorhanden und z.B. die Präsenzpflicht klar verankert und geregelt. Die Schulführung sollte sich einzig und allein am bestehenden Gesetz orientieren, dieses umsetzen und ihre Schule führen. Vom Bildungsdepartement erwarten wir, dass die Reglemente und deren Umsetzung kontrolliert werden. Auch das hat versagt.

Die Rektorinnen und Rektoren werden bewusst als Führungspersonen benannt und nicht als Verwalter nach Vorgaben des Kantonsrates. Wir haben z.B. wenig Verständnis für die vielen Absenzen der Mittelschülerinnen und -schüler. Wir wünschen uns eine klarere Führung. Ich fragte mich, ob die vorliegende Gesetzesformulierung bewusst so unpassend geschrieben wurde, um uns aufzuzeigen, dass dieses Gesetz unnötig ist. Wenn dem so ist, dann ist es gelungen. Ich zitiere Montesquieu: «Wenn es nicht notwendig ist, ein Gesetz zu erlassen, dann ist es notwendig, kein Gesetz zu erlassen.» Dennoch möchte ich unsere Erwartung an die Führungspersonen noch einmal ganz klar betonen und an einem Beispiel erläutern: In Zürich wurde die Kantonsschule Enge von Klimaaktivisten besetzt. Das Rektorat hat so reagiert, dass erlaubt wurde, einen Spezialtag für Schülerinnen und Schüler zu organisieren. Ich fragte mich, ob bei einer Besetzung von Jungfreisinnigen auch ein «Tag der freien Marktwirtschaft und des liberalen Denkens» ausgerufen worden wäre. Wobei das Gegenteil von Linksextremismus nicht Liberalismus ist. Da lobe ich z.B. unsere Kantonsschule Wattwil, an der ich bereits mehrfach an überparteilichen Podien teilnahm. Da sieht man die gesamte Breite des politischen Spektrums und nicht nur ein Segment. Das erwarten wir von unseren Kantonsschulen. Wir erwarten klare Führung. Führen heisst nicht, immer allen gefallen zu wollen. Ich hoffe, mit dieser Diskussion wird klar, dass wir das von den Rektoraten deutlicher einfordern. Sollte die lasche Führungspraxis weiter anhalten, behält sich unsere Fraktion vor, auf das Geschäft erneut zurückzukommen. Auch die Jokerhalbtage sind aus Sicht der FDP nicht nötig. Bei guten Gründen kann das Rektorat ohnehin frei geben oder seine Führungsfunktion wahrnehmen. Die Jokerhalbtage führen bereits auf der Volksschule – da darf ich als Schulleiter einer Oberstufe aus der Praxis sprechen – zum Teil zu sonderbaren Situationen: Ein ganzer Jahrgang nimmt gleichzeitig frei und fährt in den Europa-Park. Die Präsenzzeit wird im Projekt «Gymnasium der Zukunft» nochmals diskutiert.

Session des Kantonsrates vom 13. bis 15. Februar 2023, Frühjahrssession
15.2.2023Wortmeldung

Bartl-Widnau, Präsident der vorberatenden Kommission: Die vorberatende Kommission beantragt, auf die Vorlage 22.22.26 in erster Lesung nicht einzutreten und auf die Vorlage 22.22.27 in erster Lesung einzutreten.

Die vorberatende Kommission befasste sich am 12. Januar 2023 mit den Geschäften 22.22.26 «XIV. Nachtrag zum Mittelschulgesetz (Absenzgründe und Unterrichtsbefreiung)» bzw. 22.22.27 «XV. Nachtrag zum Mittelschulgesetz (Flexibilisierung der Schulferien)» gemäss Botschaft der Regierung vom 25. Oktober 2022. An den Mittelschulen herrscht Präsenzpflicht. Die zeitweisen Absenzen einzelner Mittelschüler – anscheinend lediglich möglich während der Schulzeit – bewogen eine Mehrheit des Kantonsrates, der Motion 42.19.23 «Präsenzverpflichtung beim Mittelschulbesuch» zuzustimmen, weshalb die vorberatende Kommission zu ihrer Sitzung in die Kantonsschule Heerbrugg lud. Anwesend waren Regierungsrat Stefan Kölliker, Tina Cassidy (Leiterin Amt für Mittelschulen), Marcel Koller (Fachspezialist Amt für Mittelschulen), Simona Risi (Geschäftsführerin der Parlamentsdienste), Matthias Renn (stellvertretender Geschäftsführer der Parlamentsdienste) sowie Elias Stumpp (Mitarbeiter der Parlamentsdienste). Nach kurzer Begrüssung durch die Rektorin Judith Mark erkannte die vorberatende Kommission rasch, dass ein Gesetz nur dann angebracht ist, wenn dieses zwingend notwendig ist. Ist tatsächlich ein Gesetz notwendig, ist dieses losgelöst von einer speziellen politischen Frage zu diskutieren, da eine allfällige gesetzliche Regelung allgemeingültig und grundsätzlich sein muss.

Nach klärender Einführung durch den zuständigen Regierungsrat führte die vorberatende Kommission eine allgemeine Diskussion über beide Geschäfte. Anschliessend folgten je eine Spezialdiskussion der beiden Nachträge sowie die Gesamtabstimmung. Regierungsrat Kölliker zeigte die Vor- und Nachteile der vorgeschlagenen Lösungen für die Grundsatzdiskussion betreffend eine Absenzenregelung gemäss Nachtrag deutlich auf. Infolge Unmöglichkeit einer abschliessenden Aufzählung der Absenzgründe werden diese beispielhaft aufgezählt. Dies geschieht im Wissen, dass auch bei dieser Lösung Auslegungsprobleme auftreten dürften. Entsprechend der Motion deklarierte die Botschaft, dass eine Absenz für die Teilnahme an einer politischen Veranstaltung nicht bewilligungsfähig ist und eine Absenz damit künftig als unentschuldigt gelte. Dies soll jedoch nicht absolut gelten. Sofern im Unterricht politische Themen behandelt würden, soll etwa die Teilnahme an politischen Veranstaltungen zu entsprechenden Inhalten ermöglicht werden – alles jedoch in den normalen Schulbetrieb integriert. Aufgrund der verschärften Bewilligungspraxis für erlaubte Absenzen sollen im Ausgleich sogenannte Jokerhalbtage eingeführt werden. Analog in der Volksschule sollen sich die Schülerinnen und Schüler je Schuljahr für höchstens zwei Halbtage ohne weitere Begründung vom Unterricht befreien können.

Mit dem XV. Nachtrag wird vorgeschlagen, dass der Ferienanspruch der Schülerinnen und Schüler durch das Rektorat gekürzt werden kann. Während der gesamten Ausbildungszeit von vier Jahren soll die Schulleitung 8 von 42 Ferienwochen als besondere Unterrichtszeit für Sprachaufenthalte, «Lift-Kurse» und Einführungswochen erklären können. Damit soll den Entwicklungen im Bildungswesen Rechnung getragen werden.

In der Diskussion wurde die vorgeschlagene Lösung betreffend die Absenzenregelung mehrheitlich abgelehnt. Diese wurde als unnötig und möglicherweise grundrechtswidrig bezeichnet. Auch betrachtete eine Mehrheit der vorberatenden Kommission einen Entscheid betreffend die Folgen eines unentschuldbaren Fehlbleibens vom Unterricht als klassische Führungsaufgabe eines Rektorats. Dass bei derartigen Entscheiden jeweils auf den Einzelfall abgestellt werden muss, macht die Formulierung eines Gesetzesartikels nicht einfacher. Im Gegenteil würde auch ein Gesetzesartikel im Einzelfall einer Auslegung durch das Rektorat bedürfen. Bereits die bestehende Regelung im Mittelschulgesetz (sGS 215.1; abgekürzt MSG) bzw. in der Mittelschulverordnung (sGS 215.11; abgekürzt MSV) ermöglicht die Handhabung von Absenzen, Dispensationen und Urlaub problemlos. Das Instrument liegt gemäss der Mehrheit der vorberatenden Kommission somit bereits vor, womit die Rektorate bereits über Mittel und Möglichkeiten verfügen und lediglich entscheiden müssen. Mit Blick auf die richtige Flughöhe des Kantonsrates könne es nicht sein, dass sich der Kantonsrat in operative Belange einmische. Der Ablehnung einer gesetzlichen Regelung folgend, wurde die Notwendigkeit von Jokertagen mehrheitlich verneint.

Unbestritten war die Neuregelung des Ferienanspruchs mit dem Zweck, die Schüler und Schülerinnen zu entlasten bzw. zu unterstützen, dass diese nicht zu viel Schulstoff verpassen. Trotz ablehnender Voten anlässlich der allgemeinen Diskussion diskutierte die vorberatende Kommission Anträge, für den Fall, dass der Kantonsrat entgegen dem Antrag der vorberatenden Kommission gleichwohl auf die Vorlage eintritt. Die jeweiligen Anträge gehen in die Richtung, die gegenwärtige Sachlage beizubehalten bzw. die Rektorate an deren Führungspflicht zu erinnern. In der Folge wurde auch die Einführung von Jokertagen abgelehnt. Der Antrag der vorberatenden Kommission betreffend den XIV. Nachtrag lautete schliesslich mit 14:1 Stimme auf Nichteintreten.

Entsprechend den Diskussionen zum XV. Nachtrag beantragt die vorberatende Kommission mit 15:0 Stimmen Eintreten auf die Vorlage und Zustimmung zum Entwurf der Regierung.

Session des Kantonsrates vom 13. bis 15. Februar 2023, Frühjahrssession