Geschäft: XIV. Nachtrag zum Polizeigesetz (Bedrohungs- und Risikomanagement und Koordinationsgruppe Gewaltprävention, automatisierter Datenaustausch)

Übersicht
KomiteeKantonsrat
Nummer22.22.23
TitelXIV. Nachtrag zum Polizeigesetz (Bedrohungs- und Risikomanagement und Koordinationsgruppe Gewaltprävention, automatisierter Datenaustausch)
ArtKR Gesetzgebungsgeschäft
ThemaLandesverteidigung, Sicherheit und Ordnung
FederführungSicherheits- und Justizdepartement
Eröffnung28.10.2022
Abschlusspendent
Letze Änderung15.8.2024
vertraulichNein
öffentlichJa
dringendNein
Dokumente
PubliziertTypTitelDatei
AllgemeinKommissionsbestellung des Präsidiums vom 29. November 2022
BotschaftBotschaft und Entwürfe der Regierung vom 25. Oktober 2022
BotschaftAnhang zum Zusatzbericht zur Botschaft der Regierung vom 25. Oktober 2022
AntragAntrag der vorberatenden Kommission vom 3. Mai 2023
AntragAntrag Mattle-Altstätten auf Rückweisung vom 12. Juni 2023
BotschaftErgänzungsbotschaft und Entwürfe der Regierung vom 21. November 2023
AntragAnträge der vorberatenden Kommission vom 19. Januar 2024
AntragAntrag GRÜNE-Fraktion zu Art. 43sexies Abs. 1 vom 19. Februar 2024
AntragAnträge Die Mitte-EVP-Fraktion zu Art. 27ter und Art. 27quinquies vom 20. Februar 2024
ErlassErgebnis der ersten Lesung des Kantonsrates vom 21. Februar 2024
AntragAnträge der Redaktionskommission vom 29. April 2024
ErlassReferendumsvorlage vom 2. Mai 2024
ProtokollProtokoll der Sitzung der vorberatenden Kommission vom 10. Februar 2023
ProtokollauszugFeststellung der Rechtsgültigkeit der Referendumsvorlage und Festlegung des Vollzugsbeginns vom 25. Juni 2024
ErlassIn der Gesetzessammlung veröffentlicht am 15. August 2024
Beteiligungen
DatumAkteurTitelLetze Änderung
29.11.2022Gremium30.4.2024
Abstimmungen
DatumTitelResultatöffentlich
JaBedeutungNeinBedeutungAbsent / Enthaltung
2.5.2024Schlussabstimmung112Zustimmung0Ablehnung8
21.2.2024Antrag GRÜNE-Fraktion zu Art. 43sexies Abs. 130Zustimmung74Ablehnung16
21.2.2024Antrag Die Mitte-EVP-Fraktion zu Art. 27quinquies Abs. 227Zustimmung83Ablehnung10
21.2.2024Antrag Die Mitte-EVP-Fraktion zu Art. 27ter Abs. 2 und Abs. 328Zustimmung80Ablehnung12
14.6.2023Rückweisunsantrag vorberatende Kommission103Zustimmung0Ablehnung17
14.6.2023Wortlaut Rückweisungsantrag96Antrag vorberatende Kommission5Antrag Mattle-Altstätten19
Statements
DatumTypWortlautSession
2.5.2024Beschluss

Der Kantonsrat erlässt den XIV. Nachtrag zum Polizeigesetz (Bedrohungs- und Risikomanagement und Koordinationsgruppe Gewaltprävention, automatisierter Datenaustausch) mit 112:0 Stimmen in der Schlussabstimmung.

Session des Kantonsrates vom 29. April bis 2. Mai 2024, Aufräumsession
29.4.2024Wortmeldung

Schöb-Thal, Ratspräsidentin: Die Vorlage ist in zweiter Lesung durchberaten und geht zur Vorbereitung der Schlussabstimmung an die Redaktionskommission.

Session des Kantonsrates vom 29. April bis 2. Mai 2024, Aufräumsession
29.4.2024Beschluss

Der Kantonsrat tritt auf den XIV. Nachtrag zum Polizeigesetz in zweiter Lesung ein.

Session des Kantonsrates vom 29. April bis 2. Mai 2024, Aufräumsession
29.4.2024Wortmeldung

Louis-Nesslau, Präsident der vorberatenden Kommission: Die vorberatende Kommission verzichtete auf eine Sitzung zur Beratung des Ergebnisses der ersten Lesung des Kantonsrates. Sie beantragt, auf die Vorlage in zweiter Lesung einzutreten.

Session des Kantonsrates vom 29. April bis 2. Mai 2024, Aufräumsession
21.2.2024Wortmeldung

Schöb-Thal, Ratspräsidentin: Die Vorlage ist in erster Lesung durchberaten und geht zur Vorbereitung der zweiten Lesung zurück an die vorberatende Kommission.

Session des Kantonsrates vom 19. bis 21. Februar 2024, Frühjahrssession
21.2.2024Beschluss

Der Kantonsrat lehnt den Antrag der GRÜNE-Fraktion zu Art. 43sexies Abs. 1 mit 74:30 Stimmen bei 4 Enthaltungen ab.

Session des Kantonsrates vom 19. bis 21. Februar 2024, Frühjahrssession
21.2.2024Wortmeldung

Louis-Nesslau, Kommissionspräsident: Sie haben es gehört, ein solcher Antrag wurde in der Kommission nicht gestellt. Ich kann entsprechend kein Abstimmungsverhalten bekanntgeben.

Session des Kantonsrates vom 19. bis 21. Februar 2024, Frühjahrssession
21.2.2024Wortmeldung

Regierungsrat Mächler: Dem Antrag der GRÜNE-Fraktion ist zuzustimmen.

Wie in der Kommission besprochen und in meinem Eintretensvotum ausgeführt, geht es in dieser Gruppe v.a. darum, «Best Practices» zu erkennen und diese weiter zu geben. Daher sind wir diesem Vorschlag der GRÜNE-Fraktion nicht abgeneigt. Es gibt in der Tat gewisse Aspekte, bei denen es gut wäre, wenn das Amt für Justizvollzug bereits in diese Gruppe für «Best Practices» miteinbezogen werden könnte.

Session des Kantonsrates vom 19. bis 21. Februar 2024, Frühjahrssession
21.2.2024Wortmeldung

Romer-Jud-Benken: Der Antrag der GRÜNE-Fraktion ist abzulehnen.

Über die Koordinationsgruppe Gewaltprävention wurde in der vorberatenden Kommission sehr ausführlich diskutiert. Sie ist das Vorgängermodell des jetzigen Bedrohungs- und Risikomanagements. Sie kann keine aktive Fallbetreuung übernehmen. Bei diesem Gebilde geht es um die Aufarbeitung aus einer interdisziplinären Sicht, um Schlüsse für die Praxis zu ziehen oder Empfehlungen abzuleiten. Dass die Gruppe noch weiter ausgebaut werden soll, steht für mich – in der Fraktion haben wir es nicht abgesprochen – ausser Frage. Warum? Das Amt für Justizvollzug ist eine Vollzugsbehörde, die ausgesprochene Freiheitsstrafen, stationäre therapeutische Massnahmen usw. vollzieht. Dass dieses Amt gleichzeitig in der Gewaltprävention tätig sein soll, wäre etwas eigenartig. Ob und wie lange die Koordinationsgruppe Gewaltprävention sich bewähren wird, werden wir sehr genau beobachten müssen. Spätestens bei der Totalrevision des Polizeigesetzes soll vertieft darüber diskutiert werden, ob es diese Koordinationsgruppe Gewaltprävention noch braucht und ob sie weitergeführt werden soll.

Session des Kantonsrates vom 19. bis 21. Februar 2024, Frühjahrssession
21.2.2024Wortmeldung

Schuler-Mosnang (im Namen der FDP-Fraktion): Der Antrag der GRÜNE-Fraktion ist abzulehnen.

Dieser Antrag war nicht Gegenstand der Beratung und es fällt uns schwer, dessen Sinnhaftigkeit zu ergründen. Generell erscheint es fragwürdig, in eine Koordinationsgruppe zur Gewaltprävention, die am Anfang bzw. noch vor dem Begehen einer Tat steht, den Justizvollzug zu integrieren, der ganz am Ende der Kette steht, nämlich nach der Verurteilung. Wir haben dies nicht beraten und eine abschliessende Einschätzung dazu erscheint deshalb schwierig. Genau das könnte etwa in einer allfälligen Totalrevision geschehen und vertieft angeschaut werden.

Session des Kantonsrates vom 19. bis 21. Februar 2024, Frühjahrssession
21.2.2024Wortmeldung

Art. 43sexies (Koordinationsgruppe Gewaltprävention a] Einsetzung). Benz-St.Gallen beantragt im Namen der GRÜNE-Fraktion, Art. 43sexies Abs. 1 Bst. f (neu) wie folgt zu formulieren: «des Amtes für Justizvollzug.»

Ich glaube, dass dieses Thema keinen grossen Raum in der Kommissionsarbeit eingenommen hat. Ich gehe davon aus, dass in der Kommission kein gleichlautender Antrag gestellt wurde. Zur Sache: Der Kanton St.Gallen macht vorwärts mit der Gewaltprävention. Das Thema hat seit längerem einen höheren Stellenwert in der Polizeiarbeit und im Sicherheits- und Justizdepartement. Das ist erfreulich. Die Koordinationsgruppe Gewaltprävention ist Teil dieser vermehrten Aufmerksamkeit auf alle Formen der Gefährdung durch Gewalt. Sie erfährt im Rahmen dieses Nachtrags eine Änderung der Funktion, wie Regierungsrat Mächler vorhin ausgeführt hat. Sie ist nicht mehr operativ tätig, sondern ist ein Instrument der Weiterentwicklung der Gewaltprävention. Sie kümmert sich um komplexe und interdisziplinäre Situationen. Die Interdisziplinarität bringt mehr Fachwissen und Perspektiven zusammen und kann so zu verbesserten Einschätzungen führen. Sie ist unsere Spezialeinheit in Sachen Umgang mit Gewalt. In der Zusammensetzung der Gruppe besteht nach unserer Auffassung jedoch eine wichtige Lücke und die möchten wir schliessen, indem die Koordinationsgruppe um eine Fachperson aus dem Amt für Justizvollzug ergänzt wird, denn dort ist die Beratungsstelle für gewaltausübende Personen angesiedelt und dort ist demnach ein grosses Fachwissen nicht nur über gewaltausübende Personen, sondern auch über die Angebote des Justizvollzugs vorhanden. Es genügt eben nicht, dass in der Koordinationsgruppe eine Person aus dem Sicherheits- und Justizdepartement Einsitz hat, denn damit ist nicht gewährleistet, dass diese aus dem Amt für Justizvollzug ist.

Beachten Sie auch Abs. 3 des Artikels: Dort heisst es, dass die Gruppe einen Fall auf Antrag eines ihrer Mitglieder, eines Kreisgerichtes oder des Kantonsgerichtes, des Amtes für Justizvollzug, der Täterberatungsstelle, einer Kindes-und Erwachsenenschutzbehörde, eines kommunalen Sozialamtes, der Opferhilfe SG-AR-AI oder des Schulpsychologischen Dienstes behandelt. In diesem Absatz haben wir auch den Schulpsychologischen Dienst, die Opferhilfe und das Amt für Justizvollzug. Es schliesst sich also nicht aus, dass die Teilnehmer der Koordinationsgruppe auch Anträge für die Behandlung eines Falles stellen.

Session des Kantonsrates vom 19. bis 21. Februar 2024, Frühjahrssession
21.2.2024Beschluss

Der Kantonsrat lehnt den Antrag der Mitte-EVP-Fraktion zu Art. 27quinquies Abs. 2 mit 83:27 Stimmen bei 1 Enthaltung ab.

Session des Kantonsrates vom 19. bis 21. Februar 2024, Frühjahrssession
21.2.2024Beschluss

Der Kantonsrat lehnt den Antrag der Mitte-EVP-Fraktion zu Art. 27ter Abs. 2 und 3 mit 80:28 Stimmen bei 3 Enthaltungen ab.

Session des Kantonsrates vom 19. bis 21. Februar 2024, Frühjahrssession
21.2.2024Wortmeldung

Hess-Rebstein: Thoma-Anwil, ich muss Sie ganz klar korrigieren: Das Image unserer Kantonspolizei St.Gallen ist, anders als Sie es gerade ausgeführt haben, sehr gut. Wir wollen dafür sorgen, dass das in Zukunft auch so bleibt.

Session des Kantonsrates vom 19. bis 21. Februar 2024, Frühjahrssession
21.2.2024Wortmeldung



Session des Kantonsrates vom 19. bis 21. Februar 2024, Frühjahrssession
21.2.2024Wortmeldung

Thoma-Andwil: Die Anträge der Mitte-EVP-Fraktion sind abzulehnen.

Sie helfen mit Ihren Aussagen der Polizei gar nicht. Das ist keine Aussage eines Anwaltes – ich bin nicht juristisch geschult –, sondern eines Vertreters der Bürgerschaft. Ihre Signale an die Bürger sind keine guten heute. Sie dürfen sich nicht wundern, wenn beim XVI. Nachtrag zum Polizeigesetz ein Teil der SVP-Fraktion – es ist eine Minderheit – nicht einmal eintreten will – genau aufgrund solcher Aussagen. Statt Vertrauen zu schaffen, sagen Sie: Wir von der Polizei wollen den vollen Zugang zu den Daten. Es kommt bei einem Teil der Bürger das Gefühl auf, dass die Polizei alles darf und dass sie sich negiert um andere Werte wie Verschwiegenheit, Berufsgeheimnis usw. Das stört mich, weil auch ich persönlich die Arbeit der Polizei – das sage ich offiziell und öffentlich – sehr schätze. Die machen einen guten Job, das sind tolle Mitarbeiter, aber diese Haltung geht in unserem Rechtsstaat nicht. Ich bitte Sie, solche Aussagen nicht zu machen. Sie helfen der Staatsgewalt, dazu gehört die Polizei, nicht. Das Image muss besser werden. Es muss eine Akzeptanz in der Bevölkerung da sein und nicht das Gegenteil.

Session des Kantonsrates vom 19. bis 21. Februar 2024, Frühjahrssession
21.2.2024Wortmeldung

Locher-St.Gallen: Die Anträge der Mitte-EVP-Fraktion sind abzulehnen.

Ich habe in diesem Rat gelernt, dass man keine Juristendebatten führen sollte. Es ist nicht immer nur von Vorteil, wenn die Anwälte sich zu Wort melden, aber ich muss es in diesem Zusammenhang tun. Ich habe 1982 eine Dissertation über das Verhältnis zwischen Polizei und Untersuchungsrichter geschrieben und ich war 17 Jahre Mitglied und Vizepräsident der Anklagekammer dieses Kantons. Wir bewegen uns hier an einer heiklen Schnittstelle zwischen Rechtsstaatlichkeit und dem Interesse an einer Verfolgung von Straftätern – bzw. geht es hier nicht um Straftäter – wir befinden uns nicht in einer Revision der Strafprozessordnung –, sondern es geht um Gefährder.

Das ist eine heikle Diskussion. Dies jetzt einfach zu verkürzen mit dem Argument, die Polizei brauche die Mittel, wie das jetzt in diesem Antrag der Mitte-EVP-Fraktion suggeriert wird, geht zu kurz. Ich war und bin immer ein Verfechter einer starken Polizei gewesen und ich bin es noch heute. Aber ich bin auch ein Verfechter eines korrekten, rechtsstaatlichen Verfahrens. Es gibt nicht nur die Interessen an der Strafverfolgung. Es gibt auch das Interesse, dass man Personen, die in ein Verfahren verwickelt werden, schützt. Das gilt es gegeneinander abzuwägen. Ich meine, die Kommission hat sehr sorgfältig abgewogen. Es waren Verschärfungsanträge vorhanden, die knapp abgelehnt wurden. Die Anträge der vorberatenden Kommission sind ein Kompromiss nach sorgfältiger Abwägung. Diesen sorgfältig erarbeiteten Kompromiss sollten wir jetzt nicht mit diesem einseitigen Antrag gefährden. Ich bitte Sie, der Kommission zu folgen und nicht ein neues Feld zu öffnen.

Wir schaffen hier neues Recht. Die Frage, wie man mit Gefährdern umgehen soll, ist ein kriminologisch und staatsrechtlich relativ neues Feld. Ich empfehle, behutsam vorzugehen. Wenn Sie in einigen Jahren feststellen, dass wir zu wenig weit gegangen sind, können Sie das immer noch ändern. Aber ich bitte Sie – wir haben lange an diesem Artikel herum diskutiert –, dass jetzt so anzunehmen.

Session des Kantonsrates vom 19. bis 21. Februar 2024, Frühjahrssession
21.2.2024Wortmeldung

Müller-Lichtensteig (im Namen der Mitte-EVP-Fraktion): Wir sprechen nicht über etwas Neues, das wir in unserer Fraktion entwickelt haben, sondern wir sprechen über den Vorschlag der vorberatenden Kommission und wir sprechen über den Vorschlag der Regierung. Die Regierung wollte der Polizei und den Berufsgeheimnisträgern mehr Kompetenzen einräumen, also mehr Möglichkeiten geben, Informationen weiterzugeben, seien das Akten oder seien das Informationen. Ich muss Schuler-Mosnang korrigieren: Man gibt nicht einfach alle Akten weiter, sondern die sachdienlichen Akten. So hat es die Regierung vorgeschlagen. Die vorberatende Kommission hat das verschärft und wir kritisieren das. Wir würden gerne mehr Freiheiten geben in der Zusammenarbeit, wenn es um potenzielle Gefährder oder Straftäter geht, damit die Leute, die draussen arbeiten, insbesondere die Polizei, entsprechend frei arbeiten können.

Session des Kantonsrates vom 19. bis 21. Februar 2024, Frühjahrssession
21.2.2024Wortmeldung

Hess-Rebstein: Den Anträgen der Mitte-EVP-Fraktion ist zuzustimmen.

Ich bin weder Mitglied der vorberatenden Kommission noch bin ich Jurist, aber ich bin im Vorstand des Verbands der Kantonspolizei St.Gallen. Unsere Aufgabe in der Gesetzgebung, zugunsten unserer Sicherheit, muss eine Vereinfachung für die zuständigen Polizeibeamtinnen und -beamten an der Front in ihrer täglichen Arbeit bei der Bekämpfung der Kriminalität sein. Unsere Aufgabe ist es nicht, ihnen dabei möglicherweise erschwerende und verwässernde Hindernisse in den Weg zu räumen. Der Entwurf der Regierung entspricht diesem Anspruch eher, daher sollten wir dabei bleiben.

Session des Kantonsrates vom 19. bis 21. Februar 2024, Frühjahrssession
21.2.2024Wortmeldung

Surber-St.Gallen (im Namen der SP-Fraktion): Die Anträge der Mitte-EVP-Fraktion sind abzulehnen.

Es wurde von Müller-Lichtensteig suggeriert, wir würden die Polizei einschränken. Was wir aber mit dieser Vorlage tun, ist Folgendes: Wir geben der Polizei sehr viel mehr neue Kompetenzen. Das ist die Situation. Das ist nicht eine Einschränkung der Polizei, sondern eine Kompetenzausweitung für die Polizei. In welchem Rahmen wir diese Kompetenzausweitung gewähren wollen, dazu hat sich die Kommission wirklich eingehend beraten. Wir haben uns mit dem Departement dazu ausgetauscht, es wurde ein Rechtsgutachten eingeholt, wir haben sehr viele Fragen geklärt und sind zu diesem Ergebnis gekommen, dass wir diesen Rahmen so setzen wollen. Dass dieser Antrag jetzt im Rat diskutiert werden muss, ist für uns nicht nachvollziehbar.

Zum Berufsgeheimnis: Ich bin selbst als Rechtsanwältin auch Trägerin eines Berufsgeheimnisses. Ich bin von dieser Bestimmung nicht betroffen, da ich kein öffentliches Amt ausübe. Dieses Berufsgeheimnis ist ein hohes Gut. Die Leute kommen mit einem riesigen Vertrauen zu mir, im Wissen darum, dass das, was sie mir in unserem Besprechungszimmer anvertrauen, nicht nach draussen geht. Wenn dieses Vertrauen nicht mehr besteht, haben wir ein Problem. Es ist für die Geheimnisträgerinnen und -träger auch entscheidend, dass sie wissen, wann sie von ihrem Berufsgeheimnis abweichen dürfen, und dass wir ihnen klare Rahmenbedingungen setzen, weil alle Trägerinnen und Träger dieses Geheimnisses dieses sehr ernst nehmen. Wenn wir die Möglichkeit schaffen, davon abzuweichen, dann knüpfen wir daran auch eine gewisse Erwartung, dass sie abweichen. Sie müssen wissen, wann sie das dürfen und sie dürfen es gemäss dem Vorschlag der vorberatenden Kommission eben dann, wenn sie es für unerlässlich erachten zur Abwehr der Gefährdung.

Session des Kantonsrates vom 19. bis 21. Februar 2024, Frühjahrssession
21.2.2024Wortmeldung

Louis-Nesslau, Kommissionspräsident: Die vorberatende Kommission unterstütze Art. 27ter Abs. 2 mit 15:0 Stimmen und Abs. 3 mit 14:0 Stimmen bei 1 Enthaltung. Bei Art. 27quinquies Abs. 2 war die Abstimmung mit 15:0 Stimmen einstimmig. Entsprechend beantrage ich Ihnen namens der vorberatenden Kommission, diesen Anträgen nicht Folge zu leisten.

Session des Kantonsrates vom 19. bis 21. Februar 2024, Frühjahrssession
21.2.2024Wortmeldung

Romer-Jud-Benken (im Namen der Mitglieder der vorberatenden Kommission und einer Minderheit der Mitte-EVP-Fraktion): Die Anträge der Mitte-EVP-Fraktion sind abzulehnen.

Es soll eine rechtliche Grundlage für Personen mit Berufsarten, die dem Berufsgeheimnis unterstehen, geschaffen werden, die es ermöglicht, der Polizei und dem Bedrohungs- und Risikomanagement Gefahrenmeldungen zu erstatten, wenn akut das Gefühl besteht, dass unmittelbar etwas passieren könnte. Die Formulierung im Antrag der vorberatenden Kommission ist bewusst verschärft, weil das Berufsgeheimnis in unserer Rechtsordnung sehr hoch gewichtet wird. Menschen gelangen mit einem grossen Vertrauensvorschuss an Personen mit einem Berufsgeheimnis heran. Sie dürfen und müssen davon ausgehen können, dass das Mitgeteilte auch vertrauensvoll behandelt wird. Darum darf die Hürde für Auskünfte und Meldungen ruhig auch etwas höher angesetzt werden. Der vorgeschlagene Zusatz lässt Trägerinnen und Träger von Berufsgeheimnissen den nötigen Spielraum und das nötige Ermessen, abzuschätzen, was eine erhebliche Gefahr und akut ist und was nicht. Mit dem vorgeschlagenen Zusatz schränken wir die Polizeiarbeit, die uns allen sehr wichtig ist, nicht ein.

Zu Art. 27ter Abs. 3: Das Wort «sachlich» soll mit den Worten «zwingend erforderlich» ersetzt werden. Es wird bewusst eine einschränkendere und somit eine präzisere Formulierung gewählt. Mit dieser Verschärfung der Formulierung werden somit ausschliesslich Akten weitergegeben, die in einem direkten Zusammenhang mit der Gefahrenmeldung bestehen.

Zu Art. 27quinquies: Hier spreche ich für eine Mehrheit der Mitte-EVP-Fraktion: Wenn eine reine Präventionsansprache bei einer gefährdenden Person nicht mehr reicht, um eine drohende Gefährdung für ein Opfer abzuwehren, dann kann diese informiert werden. Diese Massnahme zur Abwehr oder Verhütung einer erheblichen Gefährdung muss jedoch immer auch die Persönlichkeitsrechte der gefährdenden Person beachten. Darum soll dieser Artikel präzisiert werden.

Session des Kantonsrates vom 19. bis 21. Februar 2024, Frühjahrssession
21.2.2024Wortmeldung

Thoma-Andwil (im Namen der SVP-Fraktion): Die Anträge der Mitte-EVP-Fraktion sind abzulehnen.

Diese Anpassungen haben mit Täterschutz wirklich gar nichts zu tun. Ich gehe davon aus, dass keine Fraktion in diesem Saal Täter schützen will. Übrigens verstehe ich durchaus, dass dieser Antrag der Mitte-EVP-Fraktion von einem Nicht-Kommissionsmitglied vertreten wird, weil alle Kommissionsmitglieder der Mitte-EVP-Fraktion in der Kommissionsarbeit verstanden haben, worum es geht. Bei Müller-Lichtensteig scheint dies leider nicht der Fall zu sein. Müller-Lichtensteig beruft sich auf bürgerliche Werte – auch ich finde, dass bürgerliche Werte einzuhalten sind. Müller-Lichtensteig behauptet sogar, die SVP-Fraktion schütze Täter. In der jetzigen Wahlkampfphase, in der alle Parteien populistische Aussagen machen, verstehe ich das sogar, dennoch bleibt es eine unglaubliche Behauptung.

Jetzt wieder ein bisschen genauer und präziser, warum wir diese Anpassungen gemacht haben: Im Strafgesetzbuch (SR 311.0; abgekürzt StGB) gibt es den Art. 321 mit dem Titel «Verletzung des Berufsgeheimnisses». In diesem Artikel wird definiert: Geistliche, Rechtsanwälte, Verteidiger, Psychologen, Ärzte usw., die ein Geheimnis offenbaren, dass Ihnen infolge ihres Berufes anvertraut worden ist, können auf Antrag, wenn sie das verraten, mit einer Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren bestraft werden. Der Täter ist nicht strafbar, wenn er das Geheimnis aufgrund einer Einwilligung des Berechtigten weitergibt. In unserem Staat hat – das zeigt auch dieser Artikel – das Berufsgeheimnis einen hohen Wert. Wir wollen und sind darauf angewiesen, dass der Bürger sich darauf verlassen kann, dass die Aufzeichnungen und Daten unter Verschluss bleiben und nicht gläsern sind, wenn er mit diesen Berufsgruppen ein sehr persönliches Gespräch hat. Jeder Bürger muss sich auf das Berufsgeheimnis verlassen können. Das ist der Grundsatz. Im Grundsatz werden Berufsgeheimnisse nicht verraten. Wenn wir dieses Berufsgeheimnis lockern wollen – dafür gibt es durchaus Gründe –, müssen wir damit sehr sorgfältig umgehen: So wenig Befreiung vom Berufsgeheimnis wie möglich, nur so viele Informationen weitergeben wie unbedingt notwendig. Darum geht es auch bei den Präzisierungen der vorberatenden Kommission.

Es darf aus unserer Sicht nicht sein, dass Art. 321 StGB zum Berufsgeheimnis in unserem Polizeigesetz praktisch komplett aufgelöst wird. Die Kommission hat sich in intensiven Gesprächen und Diskussionen auf eine Formulierung geeinigt, welche gewichtet zwischen den Werten des Berufsgeheimnisses, aber auch der Sicherheit. Eine politische Bemerkung: Dieser saloppe Umgang der Mitte-EVP-Fraktion mit Bürgerrechten ist besorgniserregend. Das ist keine populistische Aussage, ich meine es ernst. Wir müssen aufpassen, wie wir mit diesen Dingen umgehen in unserem Staat. Es kann nicht sein, dass jemand findet, jemand sei ein Gefährder und deshalb der Polizei alle Unterlagen schickt in der Überzeugung, diese schaue dann schon. Auch ich habe Vertrauen zur Polizei, aber Geheimnisträger in diesen Berufsgruppen – das sind meistens intelligente Leute – können auch gewichten, welche Daten relevant sind. Auch sie müssen sich Gedanken machen, dass sie sich allenfalls strafbar machen, wenn sie salopp mit diesem Gut umgehen. Die SVP-Fraktion ist mit den Änderungen der Kommission einverstanden und ist der Meinung, dass hier ein Abwägen zwischen dem Berufsgeheimnis, aber auch zwischen den aktuellen Bedrohungen und den Möglichkeiten, potenzielle Täter zu überführen, gemacht wurde, und dass das nun ein sehr ausgewogener Vorschlag der Kommission ist.

Session des Kantonsrates vom 19. bis 21. Februar 2024, Frühjahrssession
21.2.2024Wortmeldung

Schuler-Mosnang (im Namen der FDP-Fraktion): Die Anträge der Mitte-EVP-Fraktion sind abzulehnen.

Diese Anträge aus der Mitte-EVP-Fraktion erstaunen uns doch ziemlich. Weshalb? Erstens sind die Anträge der vorberatenden Kommission zu Art. 27ter und Art. 27quinquies – und das kann Ihnen der Kommissionspräsident sicherlich bestätigen – mit der nur erdenklich klarsten Mehrheit angenommen worden und wurden später weder von der Regierung mit einem Antrag bestritten noch von der Polizei oder vom Bedrohungsmanagement. Zweitens sind sie inhaltlich absolut gerechtfertigt. Bei Gefährdungsmeldungen an die Polizei durch die Behörden, die eine Aufhebung des Berufsgeheimnisses rechtfertigen – wohlbemerkt: zu diesem Zeitpunkt wissen Sie noch nicht mit Sicherheit, dass es sich um einen Gefährder handelt – ist eine Einschränkung mehr als angezeigt. Es rechtfertigt sich vor diesem Hintergrund, dass nur die Akten übermittelt werden, die auch tatsächlich zwingend erforderlich sind. Wenn z.B. ein Psychiater gleich sämtliche Gesprächsprotokolle übermittelt, obschon es nur um eine einzige Aussage geht, und sich später doch herausstellt, dass es sich um gar keinen Gefährder handelt, dann haben wir den Salat und den gläsernen Bürger gleich mit. Da sind wir in der FDP-Fraktion einig, dass wir das nicht wollen. Es kann und darf nicht sein, dass sich ein Patient einem Psychiater anvertraut und befürchten muss, dass leichtfertig Akten übermittelt werden. Das freilich ist nur eines von vielen denkbaren Beispielen.

Müller-Lichtensteig, wenn Sie uns den wirklich schweren Vorwurf machen, die Täter zu schützen, haben Sie erstens nicht verstanden, dass es im Polizeirecht nicht um Täter geht, sondern um Gefährder. Zweitens erstaunt es sehr, dass dieser Antrag von Müller-Lichtensteig vertreten wird und nicht von einem Kommissionsmitglied. Wenn gewisse jetzt Wahlkampf machen wollen, ist das gut und recht. Dazu sind die Bahnhöfe aktuell recht gut geeignet, aber sicherlich nicht die an drei Sitzungstagen fein austarierten polizeirechtlichen Bestimmungen.

Zu Art. 27quinquies: Bei diesem Antrag der vorberatenden Kommission – das ist wichtig, festzustellen – geht es einzig um eine rein juristische Präzisierung. Es ist nämlich so, dass die Verfassungs- und zivilrechtlichen Persönlichkeitsrechte immer zu wahren sind und nicht nur «soweit als möglich». Sie dürfen lediglich unter gewissen Umständen eingeschränkt werden bzw. deren Verletzung kann durch Einwilligung des Verletzten, durch ein überwiegendes privates oder öffentliches Interesse oder durch Gesetz gerechtfertigt sein. Auch diese Änderung der vorberatenden Kommission wurde nicht bestritten, auch nicht von der Regierung, weil diese Präzisierung eben richtig ist.

Session des Kantonsrates vom 19. bis 21. Februar 2024, Frühjahrssession
21.2.2024Wortmeldung

Art. 27ter (Gefährdungsmeldung und Auskunftserteilung an die Polizei) / Art. 27quinquies (Information von Privatpersonen und Behörden). Müller-Lichtensteig beantragt im Namen der Mitte-EVP-Fraktion, in Art. 27ter Abs. 2 und 3 sowie in Art. 27quinquies Abs. 2 am Entwurf der Regierung gemäss der Ergänzungsbotschaft festzuhalten.

Ganz ehrlich, als ich das Resultat der vorberatenden Kommission zum XIV. Nachtrag zum Polizeigesetz gesehen habe, habe ich schon etwas verwundert die Augen gerieben. Was ist hier passiert in der Kommission? Die Regierung hat eine ausgewogene Vorlage präsentiert und in die Vernehmlassung gegeben und die vorberatende Kommission passt diese so an, dass bürgerliche Werte unnötig eingeschränkt werden. Ich kann in dem Sinne die Freude der Linken verstehen, die ich beim Votum von Surber-St.Gallen gespürt habe. Wie konnte ein solches Resultat zustande kommen? Offensichtlich wurde mehr eine juristische Diskussion statt einer politisch-strategischen geführt.

Liebe FDP-Fraktion: Sie schreiben sich doch auf die Fahne, dass Sie für liberale und unbürokratische Lösungen stehen. Hier haben Sie wieder die Möglichkeit die Werte zu bestätigen. Falls Sie der vorberatenden Kommission folgen, verkomplizieren Sie unnötig die Zusammenarbeit zwischen der Polizei und Berufsgeheimnisträgerinnen wie Ärzten, Anwälten oder Schulen. Die SVP-Fraktion würde wiederum die Rechte von Gefährdern und Tätern höher gewichten als diejenigen von potentiellen Opfern. Das wäre für mich nicht nachvollziehbar und müsste Ihrerseits überdenkt werden. Sie würden Täterschutz betreiben. Ist das wirklich Ihre Absicht?

Besonders ins Auge stechen diese Widersprüche der vorberatenden Kommission bei Art. 27quinquies Abs. 2. Dort hat die Regierung vorgeschlagen, dass die Persönlichkeitsrechte von potentiellen Tätern bei der Weitergabe von Informationen und Akten «soweit als möglich» gewahrt werden müssen. «Soweit als möglich» liesse Spielraum, im Einzelfall auch einmal grosszügiger Informationen weiterzugeben bei einer Gefährdung durch einen Täter. Doch die vorberatende Kommission hat das «soweit als möglich» rausgestrichen und stipuliert damit, dass die Persönlichkeitsrechte eines Gefährders keinesfalls eingeschränkt werden dürfen. Die Persönlichkeitsrechte von potentiellen Tätern werden also höher gewichtet als der Schutz von potentiellen Opfern.

Um die öffentliche Sicherheit zu gewährleisten, erachten wir es als unerlässlich, in bestimmten Fällen über die blosse Präventionsansprache hinauszugehen und auch einmal Persönlichkeitsrechte einzuschränken. Insbesondere wenn konkrete Bedrohungen vorliegen wie ernsthafte Drohbriefe oder Gewaltandrohungen muss die Möglichkeit bestehen, relevante Informationen über Personen mit erhöhtem Gefährdungspotenzial effektiv zu teilen. Dies schliesst auch besonders schützenswerte Daten ein, sofern deren Weitergabe zur Abwehr oder Verhütung signifikanter Risiken notwendig ist. Ein flexibler Informationsaustausch, angepasst an die spezifische Gefahrenlage, ist dabei essentiell und wir dürfen uns hier nicht hinter juristischen Diskussionen verstecken. Z.B. muss doch die Schule unkompliziert informiert werden können, wenn Anhaltspunkte da sind für einen Angriff durch einen Schüler. Oder Behörden und Politiker müssen unkompliziert direkt angegangen werden können, wenn eine gewisse Gefahr besteht. Gleiches gilt bei häuslicher Gewalt. Die Kommission möchte auch die Aktenweitergabe einschränken. Statt «sachdienlichen» Akten sollen nur noch «zwingend notwendige» Akten übergeben werden dürfen. Eine klare Einschränkung gegenüber dem Vorschlag der Regierung. Last but not least wird in Art. 27ter die erhebliche Gefahr unnötigerweise nochmals in Abs. 2 ergänzt. Diese Doppelnennung ist zum einen unnötig und zum anderen verkompliziert es auch hier nochmals den Austausch.

Wir müssen die Arbeit der Polizei und Behörden stärken und ihnen das Vertrauen schenken. Wir müssen die Interessen der potentiellen Opfer stärker gewichten als die Persönlichkeitsrechte von potentiellen Tätern. Es braucht unkomplizierte, liberale Lösungen und nicht bürokratische Hürden in der Zusammenarbeit.

Sollte dieser Antrag von FDP-Fraktion und SVP-Fraktion nicht mitgetragen werden, dann müsste morgen in der Zeitung stehen: Die FDP-Fraktion wehrt sich erfolgreich gegen eine unbürokratische und liberale Lösung für die Polizei. Und bei der SVP-Fraktion müsste getitelt werden: Die SVP-Fraktion setzt sich erfolgreich für mehr Täterschutz ein. Das kann doch nicht in Ihrem Sinne sein? Halten Sie am unbürokratischen und vernünftigen Entwurf der Regierung fest.

Session des Kantonsrates vom 19. bis 21. Februar 2024, Frühjahrssession
21.2.2024Struktur

Spezialdiskussion

Session des Kantonsrates vom 19. bis 21. Februar 2024, Frühjahrssession
21.2.2024Wortmeldung

Regierungsrat Mächler: Am 14. Juni 2023 wies der Kantonsrat die Entwürfe des XIV. und XV. Nachtrags zum Polizeigesetz mit dem Auftrag an die Regierung zurück, eine angepasste Vorlage unter Berücksichtigung verschiedener Aspekte auszuarbeiten. Die Regierung war dabei bestrebt, die erteilten Aufträge gemäss des Rückweisungsbeschlusses exakt abzuarbeiten und legte Ihnen hierzu eine Botschaft vor. Diese Ergänzungsbotschaft haben wir zudem einem Vernehmlassungsverfahren unterstellt. Es wurde teilweise kritisiert, dass die Regierung das nicht mache. Hier haben wir das klar nochmals gemacht, um abzutasten, wie diese präzisierte Vorlage ankommt. Wir waren zufrieden in der Regierung, dass mit diesen Präzisierungen nun die meisten im Vernehmlassungsverfahren zufrieden waren und grossmehrheitlich auch die Änderungen gutgeheissen haben. Es war auch positiv zu erkennen, dass nicht nur die Vernehmlassungantworten so waren, sondern auch die Haltung in der vorberatenden Kommission. Insbesondere haben alle Beteiligten positiv gewürdigt, dass die Vorlage gegenüber der bisherigen Fassung deutlich klarer und präziser geworden sei. Auch die Regierung anerkennt, dass die Vorlage aufgrund ihrer Rückweisung an Gehalt und juristischer Präzision gewonnen hat.

Zum XIV. Nachtrag zum Polizeigesetz: Das Bedrohungs- und Risikomanagement wurde insofern präzisiert, als dass anstatt «erhebliche Gefährdungen von Leib und Leben» neu der Terminus «erhebliche Gefährdung der physischen, psychischen oder sexuellen Integrität» gebraucht wird. Wir grenzen damit die Begrifflichkeit klar vom Strafrecht ab. Ferner haben wir festgestellt, dass die gesetzliche Aufgabe der Koordinationsgruppe Gewaltprävention in der bisherigen Form nicht weiter umgesetzt werden kann. Die Gruppe nimmt keine operative Tätigkeit in der Fallbearbeitung mehr wahr, sondern dient der systematischen Aufarbeitung von Fällen und Schnittstellen, um «Best Practices» zu entwickeln.

Betreffend Predictive Policing kam die Regierung zum Schluss, dass derzeit noch kein Handlungsbedarf hinsichtlich des raumzeitbezogenen Predictive Policing besteht und dass auch keine geeigneten IT-Werkzeuge zur Verfügung stehen, die aussagekräftige Resultate liefern würden. Diese Bestimmung wurde daher jedenfalls im Sinne eines Verzichts auf Zeit aus der Vorlage entfernt. Hingegen wird das personenbezogene Predictive Policing durch die Schaffung eine Rechtsgrundlage für die Gefährdereinschätzung im Rahmen des Bedrohungs- und Risikomanagements zur Verhinderung von Straftaten in Art. 27bis umgesetzt.

Weiter hat die Regierung aufgrund der neuesten Rechtsprechung des Bundesgerichts und der Rückmeldung im eingeholten Rechtsgutachten, wonach die Formulierung der Bestimmung zum automatisierten Datenaustausch zu offen formuliert gewesen sei, die vorgeschlagene Bestimmung betreffend den automatisierten Datenaustausch enger formuliert. Wir sind überzeugt, dass sie damit den Anforderungen an die genügende Bestimmtheit der Norm genügt. Allenfalls können wir das in der Spezialdiskussion weiter erörtern. Beim XV. Nachtrag zum Polizeigesetz, der die präventive polizeiliche Tätigkeit regelt, wurde kein Änderungsbedarf zur Vorlage vom 25. Oktober 2022 festgestellt.

Die Regierung hat dem Kantonsrat zwei weitere Nachträge zum Polizeigesetz unterbreitet. Dies nachdem die vorberatende Kommission während ihrer Beratung der Vorlage die Regierung eingeladen hatte, weitere pendente Revisionen des Polizeigesetzes in der gleichen Vorlage zu erledigen. So nutzt die Regierung die Gelegenheit, im Rahmen der vorliegenden Ergänzungsbotschaft mit einem XVI. Nachtrag zum Polizeigesetz die Rechtsgrundlage für die automatisierte Fahrzeugfahndung und Verkehrsüberwachung zu schaffen. Mit dem XVII. Nachtrag zum Polizeigesetz soll die Kostentragung von Veranstalterinnen und Veranstaltern geregelt werden, wenn diese ohne die erforderliche Bewilligung durchgeführt werden. Damit soll die Motion 42.20.13 «Beteiligung an Kosten des Polizeieinsatzes für Veranstaltungen von nicht bewilligten Demonstrationen» umgesetzt werden. Zwischen Regierung und vorberatender Kommission wurde aber im gegenseitigen vereinbart, dass auf die beiden Nachträge des XVI. und XVII. Nachtrags zwar eingetreten wird, diese aber an die Regierung zurückgewiesen werden. Sie sehen, die Regierung hat zu keinen Änderungsantrag der vorberatenden Kommission und auch nicht zur Rückweisung einen Antrag gemacht. Wir sind damit mit diesem Vorgehen einverstanden.

Session des Kantonsrates vom 19. bis 21. Februar 2024, Frühjahrssession
21.2.2024Wortmeldung

Romer-Jud-Benken (im Namen der Mitte-EVP-Fraktion) zu 22.23.08 / 22.23.09: Auf die Vorlagen ist einzutreten. Den Anträgen der vorberatenden Kommission ist zuzustimmen.

Die automatisierten Fahrzeugfahndungen oder Verkehrsüberwachungen helfen der Polizei bei Ermittlungen, Fahndungen und Sofortmassnahmen wie z.B. bei Suizidandrohungen oder auch bei polizeilichen Präventionen bspw. von Gewalttaten von Gruppierungen mit bezeichneten Fahrzeugen oder Kontrollschildern. Für die Einführung dieses Instruments fehlt im Moment die gesetzliche Grundlage zur polizeilichen Nutzung des Bildmaterials.

Mit dem VII. Nachtrag des Polizeigesetzes wird der gutgeheissenen Motion 42.20.13 «Beteiligung an den Kosten des Polizeieinsatzes für Veranstalter von nicht bewilligten Demonstrationen» Rechnung getragen und so soll eine gesetzliche Grundlage für die Kostenübertragung an die Adresse von Veranstaltern, die Veranstaltungen ohne die erforderliche Bewilligung durchführen, geschaffen werden.

Mit dem Eintreten auf die Vorlage wird der Notwendigkeit der Gesetzesanpassung Rechnung getragen und mit der anschliessenden Rückweisung bitten wir die Regierung um Überarbeitung der Botschaft und des Entwurfs. Dabei sollen die Vernehmlassungsantworten sowie die aktuelle Rechtsprechung vertieft berücksichtigt werden.

Session des Kantonsrates vom 19. bis 21. Februar 2024, Frühjahrssession
21.2.2024Wortmeldung

Gschwend-Altstätten (im Namen der GRÜNE-Fraktion) zu 22.22.23 / 22.22.24 / 22.23.08 / 22.23.09: Auf die Vorlagen 22.23.08 / 22.23.09 ist einzutreten. Den Anträgen der vorberatenden Kommission ist zuzustimmen.

Die vier Vorlagen haben einen weiten Weg hinter sich. Dieser weite Weg lohnte sich. Wir haben jetzt Vorlagen vor uns, die dieser Rat überweisen wird. Auch wir werden das tun.

Session des Kantonsrates vom 19. bis 21. Februar 2024, Frühjahrssession
21.2.2024Wortmeldung

Surber-St.Gallen (im Namen der SP-Fraktion) zu 22.22.23 / 22.22.24 / 22.23.08 / 22.23.09: Auf die Vorlagen 22.23.08 / 22.23.09 ist einzutreten. Den Anträgen der vorberatenden Kommission ist zuzustimmen.

Es liegt uns nun ein Entwurf vor, der den Bedenken, die zur Rückweisung geführt haben, Rechnung trägt. Auch die Botschaft ist deutlich besser und klarer formuliert. Sie werden nun den rechtsstaatlichen Grundsätzen gerecht und durch die Nachbesserungen durch die vorberatende Kommission können auch wir zustimmen.

Zum XIV. und XV. Nachtrag zum Polizeigesetz: Es geht beim Bedrohungs- und Risikomanagement, was jetzt eine klare Regelung und Strukturen erhält, zum wesentlichen Teil um die Bekämpfung von häuslicher Gewalt sowie von Drohungen gegenüber Privaten und Behörden. Wir anerkennen, dass Repression und Strafrecht im Umgang mit diesen Situationen an ihre Grenzen kommen, gerade im Bereich der häuslichen Gewalt. Es ist deshalb richtig, die Gefährdungssituationen proaktiv anzugehen und die Opfer zu schützen, bevor etwas passiert.

Die Situation ist wiederum auch so, dass die präventive Polizeiarbeit auch an einen etwas vagen Verdacht angeknüpft sein kann. Es ist aus rechtlicher Sicht heikel, ohne genügende gesetzliche Grundlagen zu agieren. Die SP-Fraktion begrüsst es deshalb, dass mit der Revision des Polizeigesetzes dieses Bedrohungsmanagement nun einen klaren rechtlichen Rahmen erhält. Die Polizei erhält damit die Instrumente, häusliche Gewalt in Zukunft wirksam zu bekämpfen und zugleich klare Leitplanken, welche Befugnisse ihr zu diesem Zweck zukommen. Bezüglich der Gefährder, welche angesprochen werden können und über die man vielleicht auch Daten sammelt: Es ist uns ein grosses Anliegen, die Grund- und Freiheitsrechte auch in diesem Bereich sicherzustellen. Wir haben uns deshalb dafür eingesetzt, die polizeilichen Massnahmen wie die Gefährderansprache oder die Bearbeitung hochsensibler Daten durch die Polizei an klare Bedingungen zu knüpfen. Der neue Entwurf stellt mit den Änderungen der Kommission sicher, dass Berufsgeheimnisse nur als Ultima Ratio gelockert werden und dass bei der Gefährderansprache Betroffene auf ihre Rechte aufmerksam gemacht werden. Eine Neuerung stellt insbesondere die Ungefährlichkeitsvermutung dar. Als polizeirechtliches Pendant zur Unschuldsvermutung hält sie den Grundsatz fest, dass belastende und entlastende Umstände mit gleicher Sorgfalt geprüft werden und grundsätzlich bis zum gegenteiligen Nachweis Personen als ungefährlich gelten. Die SP-Fraktion begrüsst ferner die durch die Kommission weiter verkürzten Löschfristen. Stellt sich heraus, dass Personen nicht oder nicht mehr gefährlich sind, sind die sensiblen Daten zu löschen.

Es besteht politischer Konsens, dass die Defizite beim interkantonalen polizeilichen Datenaustausch angegangen werden müssen. Dem schliesst sich auch die SP-Fraktion an. Es wurde auch die entsprechende Motion unter SP-Beteiligung eingereicht. Weil auf Bundesebene im Moment Bestrebungen laufen, einerseits für eine bundesrechtliche Verankerung, andererseits für ein Konkordat, wäre für uns eine Vertagung des Geschäfts angezeigt gewesen. Es ist fraglich, ob ein St.Galler Alleingang sinnvoll ist. So könnte bald eine erneute Überarbeitung notwendig werden. Aber wir stellen uns aktuell nicht gegen diesen Erlass. Uns ist klar, dass die Polizeien auch interkantonal Daten austauschen können müssen. Es ist eine etwas absurde Situation, wenn man mit den Nachbarländern Daten austauschen kann, interkantonal aber nicht. Wir sehen diesen Bedarf, hätten es aber begrüsst, hätten wir die Bundeslösung abgewartet. Wenn wir dann vielleicht eine Revision machen müssen, können wir diese auch zum Anlass nehmen, eine Totalrevision des Polizeigesetzes anzustreben, denn es ist wirklich mittlerweile ein ziemliches Flickwerk und eine Totalrevision wäre dringend angezeigt.

Session des Kantonsrates vom 19. bis 21. Februar 2024, Frühjahrssession
21.2.2024Wortmeldung

Thoma-Andwil (im Namen der SVP-Fraktion) zu 22.22.23 / 22.22.24 / 22.23.08 / 22.23.09: Auf die Vorlagen 22.23.08 / 22.23.09 ist einzutreten. Den Anträgen der vorberatenden Kommission ist zuzustimmen.

Die SVP-Fraktion unterstützt den Inhalt der aktuellen Vorlagen und die Änderungen der vorberatenden Kommission. Die SVP-Fraktion unterstützt auch – das möchte ich deutlich sagen –, dass das Predictive Policing soweit komplett gestrichen wurde. Sie kann auch die Gedankengänge nachvollziehen, warum das gemacht wurde, und sieht in Zukunft keine Notwendigkeit, hier vorwärts zu machen. Eine Minderheit der SVP-Fraktion wird nicht auf den XVI. Nachtrag zum Polizeigesetz eintreten. Die Mehrheit der SVP-Fraktion wird aber sowohl auf den XVI. und den XVII. Nachtrag zum Polizeigesetz eintreten und die Rückweisungsanträge der vorberatenden Kommission unterstützen.

Session des Kantonsrates vom 19. bis 21. Februar 2024, Frühjahrssession
21.2.2024Wortmeldung

Mattle-Altstätten (im Namen der GLP) zu 22.22.23 / 22.22.24 / 22.23.08 / 22.23.09: Auf die Vorlagen 22.23.08 / 22.23.09 ist einzutreten. Den Anträgen der vorberatenden Kommission ist zuzustimmen.

Es ist bemerkenswert, welche massgeblichen Änderungen gegenüber der Vorlage vom 25. Oktober 2022 vorgenommen wurden. Auch wenn uns dieser Rat das durch die vorberatende Kommission in Auftrag gegebene Rechtsgutachten vorenthalten hat, so werden dessen Verbesserungsvorschläge nun zumindest skizziert und sind für uns nachvollziehbar. Der XIV. Nachtrag zum Polizeigesetz wirkt nun deutlich konsistenter. Wir erachten die nun vorliegenden, klaren gesetzlichen Grundlagen für den elektronischen Datenaustausch als wichtig und dringlich. Ob man nun von Gefährder- oder Präventionsansprache spricht, dürfte in der operativen Umsetzung kaum relevant sein. Die inhaltliche Ausdehnung der Koordinationsgruppe Gewaltprävention auf jegliche erhebliche Gefährdung der physischen, psychischen oder sexuellen Integrität begrüssen wir. Warum diese Gruppe künftig nicht mehr in die eigentliche Fallbearbeitung involviert sein soll, sondern komplexe Fälle lediglich noch retrospektiv auf Verbesserungspotenziale überprüfen soll, können wir nicht schlüssig nachvollziehen. Wir gehen aber davon aus, dass das polizeiliche Bedrohungs- und Risikomanagement weiterhin auf fachliche Expertisen zurückgreifen kann und soll.

Etwas überrascht sind wir, dass es für eine sinnvolle Rechtsgrundlage für das Predictive Policing nun plötzlich zu früh sein soll. Es ist nun umso wichtiger, Entwicklungen in diesem Bereich zu verfolgen und zum gegebenen Zeitpunkt frühzeitig doch noch gesetzliche Grundlagen zu schaffen. Die Anträge der GRÜNE-Fraktion und der Mitte-EVP-Fraktion können wir nachvollziehen und unterstützten. Beim XV. Nachtrag haben wir zu unserem letzten Eintretensvotum nichts mehr hinzuzufügen. Beim XVI. und XVII. Nachtrag unterstützen wir die Rückweisungsanträge der vorberatenden Kommission. Wir erhoffen uns ähnliche Fortschritte wie beim XIV. Nachtrag, wenn man sich nochmals über diese Gesetzesvorlagen beugt.

Session des Kantonsrates vom 19. bis 21. Februar 2024, Frühjahrssession
21.2.2024Wortmeldung

Schuler-Mosnang (im Namen der FDP) zu 22.22.23 / 22.22.24/ 22.23.08 / 22.23.09: Auf die Vorlagen 22.23.08 / 22.23.09 ist einzutreten. Den Anträgen der vorberatenden Kommission ist zuzustimmen.

Im Verlauf des letzten Jahres wurde bereits vieles zu diesen Nachträgen gesagt, sei es an den drei Kommissionstagen, im Gutachten Jaag / Rüssli / Würgler oder im Rahmen der im Oktober durchgeführten Vernehmlassung, an der auch wir uns mit einer ausführlichen Antwort beteiligt hatten. Vor diesem Hintergrund lohnt sich aber die eine oder andere Ausführung im Sinne einer Gesamtschau. Vorweg ganz allgemein: Der nunmehr vorliegende Entwurf für den XIV. Nachtrag stellt eine wesentliche Verbesserung gegenüber der letzten Botschaft dar, v.a. weil darin der unsererseits geförderte Rechtsschutz gegen Realakte explizit normiert, der Begriff der Gefährdung näher umschrieben und ganz generell auf eine höhere Normbestimmtheit geachtet wurde. Gerade letzteres vermag dem den Nachträgen inhärenten Gegensatz von schweren Grundrechtseingriffen und wirksamer, vorausschauender polizeilicher Tätigkeit vermehrt gerecht zu werden.

Zur Frage des Predictive Policing teilen wir die Haltung, die bereits von meiner Vorrednerin geäussert wurde. Der in der Junisession 2023 im Kantonsrat gutgeheissene Bst. c des Rückweisungsantrags der vorberatenden Kommission ging dahin, dass klarer zwischen dem personenbezogen und dem raumzeitlichen Predictive Policing zu unterscheiden sei. Gerade das raumzeitbezogene Predictive Policing schien unbestritten. Dass das gänzlich aus der Vorlage entfernt wurde, können wir bis jetzt nicht nachvollziehen. Zur Frage des elektronischen Datenaustauschs: Die FDP-Fraktion ist klar der Meinung, dass diese Rechtsgrundlage jetzt geschaffen werden muss und nicht eine allfällige Bundeslösung abgewartet werden soll. Die aktuelle Rechtslage ist frustrierend. Die grenzüberschreitende Zusammenarbeit ist gestützt auf die Prümer Polizeikooperation aktuell einfacher als diejenige innerhalb der Schweiz. Es kann doch nicht sein, dass die Kantonspolizei in der präventiven Polizeiarbeit darauf hoffen muss, dass der Gefährder die Straftat im Vorarlbergischen begangen hat, weil sie dann mittels Datenabfrage leichter an Informationen gelangt, als wenn es sich um eine Straftat im innerrhodischen Gonten handelt. Es wäre ein klares Bekenntnis des Kantons St.Gallen, wenn wir eine Rechtsgrundlage schaffen würden, damit auch innerhalb der Schweiz die Zusammenarbeit verbessert werden kann. Die Bundeslösung mag kommen, sie ist aber noch Jahre entfernt. Schliesslich wird erst jetzt über die Schaffung einer Verfassungsgrundlage für eine Bundeskompetenz diskutiert. Von einer Ausführungsgesetzgebung kann noch keine Rede sein. Das sind Jahre, welche die Sicherheit dieses Kantons nicht hat.

Zur Frage des Rechtsschutzes gegen Realakte: Wir sind zufrieden, dass unser Anliegen aufgenommen und in eine Norm gegossen wurde. Nicht ganz glücklich finden wir den Weg über eine weitgehend unerprobte direkte Anfechtung – eine Auffassung, die auch das Verwaltungsgericht teilt –, geben uns mit dieser Regelung aber für den Moment zufrieden. Es ist unseres Erachtens ohnehin eine generelle Regelung des Rechtsschutzes gegen Realakte im Gesetz über die Verwaltungsrechtspflege anzustreben.

Zu den Anträgen der vorberatenden Kommission zum XIV. und XV. Nachtrag: Es handelt sich dabei im Wesentlichen um Präzisierungen zugunsten der Bürgerinnen und Bürger dieses Kantons. Im Spannungsfeld von Freiheit und Sicherheit werden damit die Befugnisse der Polizei klarer umschrieben und die Rechte der von den polizeilichen Handlungen betroffenen Personen besser gewährleistet, etwa in dem von potenziellen Gefährden gesammelte Daten unverzüglich gelöscht werden, wenn festgestellt wird, dass eine Person ungefährlich ist.

Zur Frage der automatisierten Fahrzeugfahndung und Verkehrsüberwachung (AFV) bzw. des XVI. Nachtrags: Wir verschliessen uns nicht von Vorhinein, sind aber der Auffassung, dass der tatsächliche Bedarf und insbesondere der Nutzen dieses Nachtrags deutlicher aufzuzeigen sowie der Kreis der Straftaten, d.h. die Anlassfälle, für die eine Fahrzeugfahndung zulässig sein soll, wesentlich enger zu ziehen ist. Vor diesem Hintergrund ist dieser Nachtrag zurückzuweisen. Lassen Sie es mich an dieser Stelle aber klipp und klar sagen: Wenn der vorliegende Nachtrag hauptsächlich dazu dienen sollte, in Zukunft die Nummernschilder in diesem Kanton permanent zu scannen, nur um das Fahren ohne Berechtigung verhindern zu können, dann ist diese flächendeckende Überwachungsmassnahme jenseits jeder Verhältnismässigkeit und wird von uns keinesfalls unterstützt werden.

Zur Frage der Kostentragung von Veranstaltern bzw. dem XVII. Nachtrag: Die vorberatende Kommission beantragt mit fast gleichlautendem Antrag wie für den XVI. Nachtrag die Rückweisung. Wir unterstützen diesen Antrag, weisen an dieser Stelle aber darauf hin, dass wir weiterhin klar hinter den Zielen der Motion 42.20.13 «Beteiligungen an den Kosten des Polizeieinsatzes für Veranstalter von nicht bewilligten Demonstrationen» stehen.

Abschliessend ist es uns ein grosses Anliegen, dass das Polizeigesetz zeitnah einer Totalrevision unterzogen wird. Weshalb? Das Gesetz hat seit seinem Erlass 1980 in nunmehr bald 15 Nachträgen stark gelitten, an Verständlichkeit deutlich eingebüsst und infolge etlicher eingefügter Artikel – davon zeugen gerade die gegenständlichen Nachträge – die Systematik weitgehend verloren. Das sagen nicht nur wir, das sagt sogar der Personalverband der Kantonspolizei, der sich in seiner Vernehmlassungsantwort zu dieser Ergänzungsbotschaft klar für eine Totalrevision ausspricht; eine Totalrevision, die insbesondere den Rechtsanwendern der Polizei, aber auch den Rechtsunterworfenen im Interesse der Klarheit dienlich wäre. Wie sich in den Kommissionsberatungen gezeigt hat, war eine knappe Mehrheit aus unterschiedlichen Gründen gegen eine Totalrevision, wenngleich der Handlungsbedarf unbestritten sein dürfte. Vor diesem Hintergrund verzichten wir zum jetzigen Zeitpunkt darauf, eine Motion im Rat einzubringen. Sobald aber der Bericht zur Innern Sicherheit zugeleitet wird – er soll im Verlauf dieses Jahres vorliegen –, ist es unseres Erachtens höchste Zeit, diese Totalrevision anzugehen. Verstehen Sie uns richtig: Für den Moment werden wir uns noch gedulden, aber ein weiteres Mal darf die Polizei, dürfen die Rechtsunterworfenen und dürfen wir uns als Parlament nicht vertrösten lassen. Der Augenblick scheint nach dem Bericht zur Inneren Sicherheit richtig zu sein, eine Motion auf Totalrevision einzubringen, damit das neue Team bei der Polizei und beim Sicherheits- und Justizdepartement zu Beginn der kommenden Legislatur in dieses Gesetzgebungsprojekt starten kann.

Session des Kantonsrates vom 19. bis 21. Februar 2024, Frühjahrssession
21.2.2024Wortmeldung

Romer-Jud-Benken (im Namen der Mitte-EVP-Fraktion) zu 22.22.23 und 22.22.24:

Nachdem eine Rückweisung mit einem Aufgabenkatalog erfolgt war, wurden die Vorlagen nun entsprechend überarbeitet, aufgearbeitet und nachgebessert. Sie beinhalten die vorgebrachten Punkte. Somit verfügen wir über eine gute Entscheidungsgrundlage. Mit diesen zwei Nachträgen soll das Polizeigesetz modernisiert und aktualisiert werden. Die bisher weitgehend auf die reine Strafverfolgung ausgerichtete Polizeiarbeit ist unbedingt weiterzuverfolgen und zu entwickeln. Mit der jetzigen Vorlage können vermehrt Straftaten durch frühes polizeiliches Handeln verhindert und damit potenzielle Opfer geschützt werden. Die Polizei braucht für ihre anspruchsvolle Arbeit ein griffiges Gesetz, da an sie eine riesige Erwartungshaltung gerichtet ist. Das Bedrohungs- und Risikomanagement des Kantons St.Gallen wurde 2019 infolge Ratifizierung des Übereinkommens zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt (Istanbul-Konvention; SR 0.311.35) im Europarat geschaffen. Das ist das geeignete Instrument, um überhaupt Sensibilität für Bedrohungsthemen zu schaffen, was der Prävention und der Deeskalation dient. Die Mitte-EVP-Fraktion ist sehr froh über die gesetzliche Manifestierung, weil die Polizei agieren kann, agierend handeln kann und durch frühes Einschreiten Straftaten verhindert werden können.

Im Auftrag der gutgeheissenen Rückweisung an die Regierung war eine klare Unterscheidung zwischen dem personenbezogenen und dem raumzeitbezogenen Predictive Policing gefordert. Das nun auf das gesamte Predictive Policing verzichtet werden soll, ist für die Mitte-EVP-Fraktion schwer nachvollziehbar. Die Regierung begründet dies mit mangelndem Handlungsbedarf, mangelnder Notwendigkeit und mangelnder technologischer Voraussetzungen. In der ersten Vorlage war die Regierung jedoch der Meinung, dass der Einsatz von modernen Technologien unverzichtbar sei. Mit dieser 180-Grad-Kehrtwendung spricht die Regierung einmal «gigs» und einmal «gags». Für die Mitte-EVP-Fraktion ist Predictive Policing jedoch nach wie vor ein sehr wichtiges Anliegen. Mit der Gefährderansprache wird zumindest die personenbezogene Methode der vorausschauenden Polizeiarbeit sichergestellt. Die Mitte-EVP-Fraktion bedankt sich bei der Regierung für die Überarbeitung der beiden Sachgeschäfte und wird sich in der Spezialdiskussion eingehend zu den Themen äussern.

Session des Kantonsrates vom 19. bis 21. Februar 2024, Frühjahrssession
21.2.2024Wortmeldung

Louis-Nesslau, Präsident der vorberatenden Kommission: Ich erlaube mir, einleitend einige Ausführungen zu allen vier Geschäften zu machen, obschon das Eintreten einzeln stattfindet. Die Geschäfte sind der XIV. Nachtrag zum Polizeigesetz (Bedrohungs- und Risikomanagement und Koordinationsgruppe Gewaltprävention, automatisierter Datenaustausch), der XV. Nachtrag zum Polizeigesetz (Präventive polizeiliche Tätigkeit), der XVI. Nachtrag zum Polizeigesetz (Automatisierte Fahrzeugfahndung und Verkehrsüberwachung) sowie der XVII. Nachtrag zum Polizeigesetz (Kostentragung von Veranstalterinnen und Veranstaltern). Auf die ersten beiden Geschäfte ist der Rat bereits eingetreten.

Die vorberatende Kommission traf sich am Freitag, 19. Januar 2024, im Tafelzimmer. Neben der vollständig anwesenden Kommission waren Regierungsrat Marc Mächler als Stv. Vorsteher des Sicherheits- und Justizdepartementes sowie Hansruedi Arta als Generalsekretär, Bruno Zanga als Kommandant der Kantonspolizei und Vera Dragomirovic als Stv. Leiterin Rechtsdienst vertreten.

Der XIV. Nachtrag zum Polizeigesetz regelt das Bedrohungs- und Risikomanagement sowie den automatisierten Austausch von Polizeidaten unter Polizeibehörden. Die Regierung hat ihn im Rahmen der Rückweisung präzisiert und ergänzt. Der Nachtrag verzichtet nun auf das raumzeitbezogene Predictive Policing. Mit der Schaffung einer Rechtsgrundlage für die Gefährdereinschätzung beim Bedrohungs- und Risikomanagement soll jedoch das personenbezogene Predicitve Policing zur Verhinderung von Straftaten ermöglicht werden. Die Regierung präzisierte zudem die bereits ursprünglich im Nachtrag vorgesehene Bestimmung zum automatisierten Datenaustausch. Diese ermächtigt die Polizei zu einem automatisierten Austausch von Polizeidaten mit anderen Kantonen, womit auch die Nutzung gemeinsamer Datenbanken ermöglicht wird. Die Kommission diskutierte weiter eine Motion zur Totalrevision des Polizeigesetzes. Der entsprechende Antrag wurde aber mit 8:7 Stimmen abgelehnt. Der Verzicht auf eine Kommissionsmotion ist dabei eher damit zu begründen, dass der Zeitpunkt nicht der Richtige zu sein scheint, als dass das Gesetz nicht einer Überarbeitung bedarf.

Session des Kantonsrates vom 19. bis 21. Februar 2024, Frühjahrssession
21.2.2024Wortmeldung

Schöb-Thal, Ratspräsidentin: Der Kantonsrat setzt die Beratung der Vorlage fort, auf die er am 14. Juni 2023 eingetreten ist.

Session des Kantonsrates vom 19. bis 21. Februar 2024, Frühjahrssession
14.6.2023Beschluss

Der Kantonsrat stimmt dem Rückweisungsantrag der vorberatenden Kommission mit 103:0 Stimmen bei 4 Enthaltungen zu.

Session des Kantonsrates vom 12. bis 14. Juni 2023, Sommersession
14.6.2023Beschluss

Der Kantonsrat zieht den Antrag der vorberatenden Kommission dem Antrag Mattle-Altstätten mit 96:5 Stimmen bei 3 Enthaltungen vor.

Session des Kantonsrates vom 12. bis 14. Juni 2023, Sommersession
14.6.2023Wortmeldung

Gartmann-Mels, Kommissionspräsident: Da die GLP-Gruppe an der Kommissionssitzung nicht anwesend war, kann ich zu diesem Antrag nicht viel sagen. Es ist Sache des Kantonsrates, darüber zu entscheiden. M.E. fällt das unter das Kommissionsgeheimnis. Es wird in der Kommission besprochen, und wenn es entschieden ist, ist es einsehbar.

Session des Kantonsrates vom 12. bis 14. Juni 2023, Sommersession
14.6.2023Wortmeldung

Schöb-Thal, stellt Eintreten auf die Vorlagen fest. Es liegt ein Antrag der vorberatenden Kommission auf Rückweisung der Vorlagen 22.22.23 «XIV. Nachtrag zum Polizeigesetz» und 22.22.24 «XV. Nachtrag zum Polizeigesetz» an die Regierung sowie ein Ergänzungsantrag von Mattle-Altstätten vor.

Session des Kantonsrates vom 12. bis 14. Juni 2023, Sommersession
14.6.2023Wortmeldung

Regierungsrat Fässler: Die Vorlagen der Regierung zur Revision des Polizeigesetzes waren für die vorberatende Kommission ein sehr hartes Stück Arbeit. Die Kommission hat sich sehr intensiv und auch sehr kritisch – das ist ihre Aufgabe – mit den zwei Nachträgen befasst, wie wir dies soeben vom Kommissionspräsidenten und in den Eintretensvoten gehört haben. Das ist nicht verwunderlich, da wir mit beiden Nachträgen, insbesondere zur Gestaltung der präventiven Polizeiarbeit und zur Regelung des Datenaustauschs, Neuland, auch juristisches Neuland, betreten. Neuland insofern, als dass die Polizei eben nicht mehr nur reaktiv, wenn etwas passiert ist, und repressiv tätig sein soll, sondern ganz im Sinne des Grundsatzes «Dein Freund und Helfer» rechtzeitig einschreiten können soll, um Delikte v.a. einmal zu verhindern. Dass wir hier auch datenschutzrechtlich heikles Terrain betreten, war und ist der Regierung von Anfang an bewusst gewesen. Ebenso zeigt sich, dass auch die Rechtsprechung des Bundesgerichts in diesen Fragen der polizeilichen Präventivarbeit im Fluss ist, was es natürlich erschwert, eine den aktuellen Anforderungen genügende Regelung zu erarbeiten.

So kritisch die Voten in der vorberatenden Kommission aber auch waren, hatte ich nie den Eindruck, dass die Kommission Kritik um ihrer selbst willen anbringen oder die Ziele der Vorlage torpedieren oder verhindern wollte. Vielmehr spürte ich den Willen, die Vorlage so auszugestalten, dass sie, schweizerisch ausgedrückt, auch «verhebt». Von daher war es auch sehr hilfreich, dass die Kommission ein externes Rechtsgutachten in Auftrag gab, das uns teilweise bestätigte, dass wir auf einem rechtmässigen Weg sind, das uns aber auch bei verschiedenen Bestimmungen einen Nachbesserungsbedarf aufzeigte. Der vorliegende Rückweisungsantrag der Kommission ist nun gleichsam die Zusammenfassung dieses Nachbesserungsbedarfs, der sich aus den veränderten Anforderungen des Bundesgerichts ergab. Sie haben sich vielleicht gewundert, dass Ihnen die Regierung bei einem derart umfassenden Rückweisungsantrag keinen Gegenantrag unterbreitet hat. Der Grund dafür ist ganz einfach: Wie gesagt, ist die Thematik der polizeilichen Präventivarbeit Neuland und die bundesgerichtliche Rechtsprechung hierzu im Fluss. Die Regierung kann sich den Überlegungen des Rechtsgutachtens und damit logischerweise auch dem Rückweisungsantrag Ihrer Kommission ohne Weiteres anschliessen. Diese sind auch für uns nachvollziehbar und wir wollen selbstverständlich ein Gesetz, das mit dem übergeordneten Recht in Einklang steht. Damit ist es nur konsequent, wenn wir die Vorlagen noch einmal zurücknehmen und die Aufträge der Kommission nicht als lästige Pflichtübung abarbeiten, sondern als Hilfestellung für ein rechtmässiges und kluges Polizeigesetz nehmen.

Unsere Vorarbeiten dazu sind bereits angelaufen und wir gehen davon aus, dass wir nach den Sommerferien eine Ergänzungsbotschaft mit den erforderlichen Anpassungen an den Entwürfen der Regierung vorlegen können. Zu Ihrer Information: Wir werden dabei in Absprache mit der Kommission auch die Gelegenheit nutzen, zwei weitere Themenblöcke, die derzeit noch einer Regelung harren, vorzulegen: die automatisierte Fahrzeugfahndung und die Umsetzung der von Ihnen überwiesenen Motion 42.20.13 «Beteiligung an den Kosten des Polizeieinsatzes für Veranstalter von nicht bewilligten Demonstrationen». In diesem Sinne und zusammenfassend dürfen Sie dem Rückweisungsantrag Ihrer vorberatenden Kommission zustimmen. Wir wollen aus einer guten Vorlage eine noch bessere machen.

Session des Kantonsrates vom 12. bis 14. Juni 2023, Sommersession
14.6.2023Wortmeldung

Bosshard-St.Gallen: Auf die Vorlagen ist einzutreten. Dem Rückweisungsantrag der vorberatenden Kommission ist zuzustimmen.

Die präventive Polizeiarbeit ist nicht nur ein Bedürfnis der Behörden, sondern auch der Bürgerinnen und Bürger, bspw. im Bereich der häuslichen Gewalt. Alle zwei Wochen stirbt in der Schweiz eine Person infolge häuslicher Gewalt. Auch wenn die Sicherheitslage bei uns im Kanton gut ist, muss sie noch verbessert werden, v.a. eben auch in diesem Bereich. Die vorgeschlagenen Gesetzesanpassungen führen zu einer Ausweitung der Kompetenz der Polizeiorgane. Es ist unbestritten, dass die Polizei eine grössere Kompetenz benötigt, um allfällige erhebliche Gefährdungssituationen zu verhindern, aber das Machtgefälle zwischen der Polizei und potenziellen Gefährderinnen birgt auch ein Missbrauchspotenzial. Wir als Gesetzgeber müssen gewährleisten, dass einerseits die Polizei ihre Aufgaben erfüllen kann, anderseits aber auch, dass die Rechte der Bürgerinnen und Bürger ausreichend geschützt sind. Wir sind demnach aufgrund von Bedenken im Bereich des Datenschutzes und Rechtsschutzes auch für Rückweisung.

Session des Kantonsrates vom 12. bis 14. Juni 2023, Sommersession
14.6.2023Wortmeldung

Huber-Oberriet (im Namen der FDP-Fraktion): Auf die Vorlagen ist einzutreten. Dem Rückweisungsantrag der vorberatenden Kommission ist zuzustimmen.

Der FDP ist es sehr wichtig, dass die Polizeiorgane sehr gute gesetzliche Grundlagen erhalten. Es ist deshalb wichtig, dass die Themen Datenschutz und Realakte gut abgehandelt sind und damit auch in der Arbeit vieles erledigt werden kann, ohne dass Verfahrensmängel auftreten oder Formfehler passieren.

Session des Kantonsrates vom 12. bis 14. Juni 2023, Sommersession
14.6.2023Wortmeldung

Güntzel-St.Gallen (im Namen der SVP-Fraktion): Auf die Vorlagen ist einzutreten. Dem Rückweisungsantrag der vorberatenden Kommission ist zuzustimmen.

Ich halte jetzt ein Manuskript in der Hand. Nachdem ich gestern Abend an der Präsidentinnenfeier von Verschiedenen gelobt wurde für mein kurzes Votum zum Geschäftsreglement des Kantonsrates bzw. zum Bericht «Tätigkeit des Parlamentes 2018 bis 2022», lege ich es jetzt zur Seite in der Annahme und mit der leichten Drohung: Sollten Sie nicht rückweisen, dann würde ich noch Verschiedenes mehr sagen als jetzt.

Erstens besteht Handlungsbedarf für die Polizeiarbeit – das war unbestritten. Zweitens müssen wir das richtige Mass finden zwischen Präventionsarbeit oder eben zusätzlichen Kompetenzen und dem Verhindern eines Überwachungsstaates. Drittens ist es notwendig, etliche Verbesserungen an den Vorlagen anzubringen. D.h., die SVP-Fraktion ist für Eintreten auf die beiden Nachträge zum Polizeigesetz und für Rückweisung gemäss Antrag der vorberatenden Kommission. Viertens gibt es bei der dritten Vorlage aus unserer Sicht wenig zu sagen. Wir sind für Eintreten. Dort geht es um Kompetenzen im Begnadigungsrecht. Ich bin jetzt 30 Jahre dabei und habe in der Funktion als Kantonsrat noch nie eine Begnadigung erlebt. Deshalb ist es richtig, wenn man die Kompetenzen zusammenlegt. Gleichzeitig, aber das ist Geschichte, habe ich bedauert, dass wir eigentlich diese Begnadigungsmöglichkeit aus der Hand gegeben haben. Das geschah aber im Zusammenhang mit der neuen Kantonsverfassung.

Session des Kantonsrates vom 12. bis 14. Juni 2023, Sommersession
14.6.2023Wortmeldung

Mattle-Altstätten (im Namen der GLP): Auf die Vorlagen ist einzutreten. Ich beantrage, dem Rückweisungsantrag der vorberatenden Kommission zuzustimmen sowie diesen um einen neuen Bst. i mit folgendem Wortlaut zu ergänzen: «Vor der Zuleitung der neuen Entwürfe sind den Mitgliedern des Kantonsrates alle relevanten Informationen, über welche die vorberatende Kommission verfügt, und insbesondere das Expertengutachten, das die vorberatende Kommission in Auftrag gegeben hat, zugänglich zu machen.»

Wir haben diese Vorlage gelesen, haben sie eigentlich als weitgehend stimmig erachtet und waren dann etwas überrascht über den Rückweisungsantrag. Uns war es bei diesem Rückweisungsantrag nicht klar, weshalb nun die Koordinationsgruppe Gewaltprävention Kompetenzen an die Polizei übertragen soll, oder es war uns auch nicht klar, weshalb man einfach auf «predictive policing» mit KI-System verzichten soll. Auf welcher Basis wurde dieser Antrag geschrieben? Auf Nachfrage haben wir erfahren, dass ein zusätzliches Gutachten erstellt wurde. Uns wäre natürlich sehr gedient, wenn solche Gutachten bereits zur Verfügung stehen würden, wenn wir das Geschäft anschauen. Aus diesem Grund haben wir uns auch überlegt, wie wir effektiv weiterarbeiten können und trotzdem zu diesem Gutachten kommen. Möglich wäre es, einen Ordnungsantrag zu stellen. Nach dem heutigen Morgen gehe ich davon aus, das hätte zu Tumulten im Saal geführt. Deshalb bin ich froh, haben wir uns darauf verständigt, dass wir einen Ergänzungsantrag zum Rückweisungsantrag stellen können und dann hoffentlich für die nächste Vorbereitung des Geschäfts auch über diese Unterlagen verfügen. Abhängig von Ihrer Unterstützung unseres Ergänzungsantrags werden wir auch den Rückweisungsantrag unterstützen.

Session des Kantonsrates vom 12. bis 14. Juni 2023, Sommersession
14.6.2023Wortmeldung

Romer-Jud-Benken (im Namen der Mitte-EVP-Fraktion): Auf die Vorlage ist einzutreten. Dem Rückweisungsantrag der vorberatenden Kommission ist zuzustimmen.

Agieren ist immer besser als reagieren. Wer könnte da schon etwas dagegen haben? Die Polizei braucht die notwendigen gesetzlichen Grundlagen für die Ausübung ihrer anspruchsvollen Arbeit, weil die Bürgerschaft eine enorme Erwartungshaltung an die Polizei hat und weil die Bürgerschaft mehr Möglichkeiten der Polizei erwartet, als es die gesetzlichen Möglichkeiten hergeben. Diese zwei Nachträge sollen zur Modernisierung und Aktualisierung des Polizeigesetzes beitragen. Die bisher weitgehend auf die reine Strafverfolgung ausgerichtete Polizeiarbeit ist unbedingt weiterzuentwickeln. Es sollen zukünftig vermehrt Straftaten durch frühes polizeiliches Handeln verhindert und damit potenzielle Opfer geschützt werden.

Es wurde sehr intensiv über die vorliegende Botschaft diskutiert. Inhaltlich waren wir aber von der Vorlage nicht überzeugt. Wir wollen, dass die Polizei ein präzises, sauber ausformuliertes und griffiges Gesetz erhält, und das möglichst zeitnah. Das zusätzlich in Auftrag gegebene Gutachten zu den beiden Nachträgen des Polizeigesetzes hat bestätigt, dass Verbesserungsbedarf und Bedarf nach einer Überarbeitung der Vorlagen grundsätzlich besteht. Der II. Nachtrag zum Einführungsgesetz zur Schweizerischen Straf- und Jugendstrafprozessordnung (Zuständigkeit für Begnadigungen) ist ausschliesslich eine formelle Korrektur. Die Mitte-EVP-Fraktion befürwortet die Anpassung der Gesetzesvorlage. Mit dem Eintreten auf die Vorlage wird der Notwendigkeit der Gesetzesanpassung Rechnung getragen, und mit der anschliessenden Rückweisung und dem formulierten Auftrag sind wir überzeugt, dass die Polizei ein griffiges Polizeigesetz erhalten wird.

Session des Kantonsrates vom 12. bis 14. Juni 2023, Sommersession
14.6.2023Wortmeldung

Surber-St.Gallen (im Namen der SP-Fraktion): Auf die Vorlage ist einzutreten. Dem Rückweisungsantrag der vorberatenden Kommission ist zuzustimmen.

Grundsätzlich sind wir weiterhin der Meinung, dass es richtig gewesen wäre, das Polizeigesetz einer Totalrevision zu unterziehen. Mit den beiden Nachträgen werden unterschiedlichste neue Regelungen aufgenommen und der Flickenteppich im Polizeigesetz wird noch grösser, als er es heute schon ist.

Wir haben uns aber dennoch eingelassen auf die Diskussion zu diesen Nachträgen und sind jetzt auch der Meinung, dass es richtig ist, diese über die Rückweisung zum Gelingen zu bringen. Warum braucht es diese Rückweisung? Wir sprechen mit den Nachträgen über eine starke Verschiebung hin zur präventiven Polizeiarbeit. Im Zentrum steht das kantonale Bedrohungs- und Risikomanagement. Im Fokus der aktuellen Tätigkeit des Bedrohungsmanagements steht v.a. die Verhinderung von Straftaten im häuslichen Bereich. Die Gewalt im häuslichen Bereich nimmt zu. Die Opfer sind in aller Regel Frauen, die Leidtragenden allzu oft auch Kinder. Immer wieder müssen wir in unserem Land auch Femizide beklagen. Es ist für uns elementar, dass wir die notwendigen Instrumente schaffen, um solche Gewalttaten verhindern zu können, im Wissen darum – selbstverständlich –, dass wir niemals eine absolute Sicherheit schaffen können. Gerade weil es uns ein grosses Anliegen ist, möchten wir ein gutes Gesetz schaffen, ein Gesetz, welches der Problematik der Verschiebung der Polizeiarbeit in den präventiven Bereich gerecht wird; ein Gesetz, welches die Rechtsstellung des Einzelnen genügend bestimmt regelt und auch das Zusammenspiel zwischen präventiver Polizeiarbeit und einem allfälligen späteren Strafverfahren; ein Gesetz schliesslich, welches auch den Rechtsschutz garantiert. Ein weiterer Regelungsschwerpunkt in der Revision ist der elektronische Datenaustausch. Auch hier geht es für uns mit der Rückweisung darum, dass gesetzliche Grundlagen genügend bestimmt sind und dass die Einzelnen aus dem Gesetz erkennen können, zu welchem genauen Zweck Daten bearbeitet werden, wer dazu die Ermächtigung in welchen Fällen hat und wie diese automatisiert ausgetauscht werden können. Mit dieser Rückweisung dreht das Gesetz nochmals eine Schlaufe. Abschliessend möchten wir einfach festhalten, dass für uns nicht verständlich ist, warum die Kantone, welche sich alle aktuell mit den exakt gleichen Fragen beschäftigen, nicht in der Lage sind, solche Bestimmungen gemeinsam in genügender Bestimmtheit zu erarbeiten. Wir sind für Eintreten auf die Vorlage und für Rückweisung gemäss dem Antrag der vorberatenden Kommission.

Session des Kantonsrates vom 12. bis 14. Juni 2023, Sommersession
14.6.2023Wortmeldung

Gartmann-Mels, Präsident der vorberatenden Kommission: Die vorberatende Kommission beantragt, auf die Vorlagen in erster Lesung einzutreten und die Vorlagen 22.22.23 «XIV. Nachtrag zum Polizeigesetz» und 22.22.24 «XV. Nachtrag zum Polizeigesetz» an die Regierung zurückzuweisen.

Wir haben für diese Kommission zweimal getagt, einmal sehr früh in diesem Jahr, am Freitag, 10. Februar, im Polizeistützpunkt in Mels und einmal erst kürzlich am 3. Mai im Polizeistützpunkt in Thal. Insbesondere möchte ich erwähnen, dass vonseiten der Regierung Regierungsrat Marc Mächler in Vertretung von Regierungsrat Fredy Fässler bei der ersten Sitzung dabei war. Bei der zweiten Sitzung konnte Regierungsrat Fredy Fässler wieder selbst teilnehmen. Weiter dabei waren Hans-Rudolf Arta, Generalsekretär, Bruno Zanga, Kommandant der Kantonspolizei, Vera Dragomirovic, Stv. Leiterin Rechtsdienst SJD, sowie Martin Alpiger, Polizeileiter Werdenberg-Sarganserland, der ein gutes Referat gehalten hat. Zur zweiten Sitzung am 3. Mai wurde zusätzlich Manuel Niederhäuser, Leiter Bedrohungs- und Risikomanagement, eingeladen und angehört sowie die externen Experten Tobias Jaag und Thomas Würgler, die uns wichtige Inputs gaben.

In den vorliegenden Nachträgen zum Polizeigesetz werden das Bedrohungs- und Risikomanagement, die erweiterte Koordinationsgruppe Gewaltprävention und der automatisierte Datenaustausch in der polizeilichen Ermittlungsarbeit geregelt sowie eine gesetzliche Grundlage für die Fach- und Anlaufstelle Radikalisierung und Extremismus (FAREX) geschaffen. Der sachliche Zusammenhang zwischen diesen Bereichen besteht dabei in den Schnittstellen mit dem Bedrohungs- und Risikomanagement. Die teilweise Erweiterung mit der präventiven polizeilichen Tätigkeit wird separat im XIV. Nachtrag geregelt. Nicht nur im Vorfeld zu diesen Vorlagen gab es Forderungen nach einer Totalrevision des Polizeigesetzes, sondern auch die Kommission hat diese Thematik während den Beratungen kurz diskutiert. Der Regierungsvertreter in der Kommission zeigte Verständnis dafür und hielt fest, dass eine Totalrevision des Polizeigesetzes in absehbarer Zeit sicher zweckmässig wäre. Die Regierung wünschte jedoch, an den vorliegenden Nachträgen festzuhalten, da jetzt ein dringender Handlungsbedarf bestehe. Das Polizeigesetz solle dann evtl. später totalrevidiert werden. Im Zentrum steht das Bedrohungs- und Risikomanagement. Dieses wurde bereits vor drei Jahren bei der Kantonspolizei aufgebaut. Seine Aufgabe ist es, von Personen ausgehende Gefährdungen für Leib und Leben Dritter zu erkennen, einzuschätzen und die nötigen Präventionsmassnahmen auszulösen. Durch frühzeitiges Erkennen von bedrohlichem Verhalten sollen schwere Gewalttaten rechtzeitig und wirkungsvoll verhindert werden können. Das Bedrohungs- und Risikomanagement soll komplexe Fälle, die eine amtsübergreifende Zusammenarbeit erfordern, zur Einschätzung und der Abgabe von Empfehlungen an die interdisziplinäre Koordinationsgruppe Gewaltprävention, bestehend aus Mitgliedern verschiedener Verwaltungsbereiche, übergeben können. Bereits früher wurden die Koordinationsgruppen Häusliche Gewalt und Stalking geschaffen, die nun erweitert werden sollen, indem ihre Aufgaben zusammen ergänzt werden.

Die neu bezeichnete Koordinationsgruppe Gewaltprävention ist eine eigenständige Instanz mit spezifischem Aufgabengebiet, aber ohne formelle Auswirkung und ohne hoheitliche Befugnisse. Sie untersucht nur einzelne, besonders qualifizierte Problemfälle auf ihre Gefährlichkeit und gibt die daraus gewonnenen Erkenntnisse in Form von unverbindlichen Empfehlungen an die betroffenen Stellen weiter. Damit es den verschiedenen Behörden in Fällen mit entsprechendem Gefährdungspotenzial erlaubt ist, sich interdisziplinär auszutauschen, müssen die entsprechenden Personendaten bearbeitet werden dürfen. Dies wiederum setzt die Schaffung einer gesetzlichen Grundlage voraus. Das waren die Voraussetzungen und unser Inhalt für die Beratung.

Wie Sie aus Ihren Unterlagen, aber auch aus meinen Voten unschwer erahnen können, bewegen wir uns hier in einer bereits sehr persönlichen Zone jedes einzelnen möglichen Betroffenen. Datenschutz: Wer darf die Verdachtsfälle bearbeiten? Wie und wann darf die Polizei einschreiten? Wer hat Zugriff auf angelegte Verdachtsfälle? Wie lange werden diese Personendaten aufbewahrt? Wie werden Daten, welche keine Verwendung gefunden haben, wieder gelöscht? Und so weiter – die Fragenliste war lang. Sie sehen, die Sache ist sehr komplex. Die von der Kommission beauftragten externen Fachpersonen, Herr Tobias Jaag und Thomas Würgler, haben uns einige Punkte aufgezeigt, welche in den nun heute vorliegenden Vorlagen teils kritisch und demnach auch verbesserungswürdig sind. Die Kommission war einstimmig der Ansicht, dass wir für unsere Polizei unbedingt und möglichst rasch gesetzeskonforme Grundlagen für das Risiko- und Bedrohungsmanagement schaffen müssen. Man war sich aber auch einig, dass die vorliegenden Nachträge noch nicht ausreichend sind und verbessert werden müssen. Daraus folgend hat die Kommission einstimmig mit 15:0 Stimmen beschlossen, die Nachträge zum Polizeigesetz mit einigen Aufträgen an die Regierung zurückzuweisen mit der Bitte, möglichst zeitnah eine verbesserte Version zu Beratung vorzulegen. Ausgenommen von dieser Rückweisung ist das Geschäft 22.22.25 «II. Nachtrag zum Einführungsgesetz zur Schweizerischen Straf- und Jugendstrafprozessordnung (Zuständigkeit für Begnadigungen)». Dieses haben wir beraten und einstimmig genehmigt.

Ich bitte Sie, auf die Nachträge zum Polizeigesetz heute einzutreten und das von der Kommission vorgesehene Vorgehen zu unterstützen. Die Kommission hat bei dieser Beratung etwas angewendet, was es gemäss den ratsältesten Mitgliedern Locher-St.Gallen und Güntzel-St.Gallen bisher wohl eher selten gegeben hat. Es war uns in der Kommission ein Anliegen, dem Polizeikorps aufzuzeigen, dass wir uns der Notwendigkeit dieser Nachträge sehr bewusst sind. Wir wollen aber nicht einfach Nachträge, sondern Verbesserungen im Polizeigesetz, welche die Polizeiarbeit positiv und nachhaltig unterstützen werden. Wir empfehlen heute, die Vorlage zum Polizeigesetz mit unseren erteilten Aufträgen zurückzuweisen und der Regierung die Möglichkeit zu geben, das Polizeigesetz massgeblich zu verbessern. Ich darf annehmen, dass bei der Regierung heute die Freude nach anfänglichem Frust überwiegt und sie nun der Kommission dankbar ist, mit den erteilten Verbesserungsvorschlägen einen klaren Auftrag erhalten zu haben und somit die Arbeiten sofort angehen kann.

Session des Kantonsrates vom 12. bis 14. Juni 2023, Sommersession