Geschäft: Verbandsbeschwerderecht bei Energieprojekten anpassen

Übersicht
KomiteeKantonsrat
Nummer41.22.04
TitelVerbandsbeschwerderecht bei Energieprojekten anpassen
ArtKR Standesbegehren
ThemaVerkehr, Bau, Energie, Gewässer
FederführungSicherheits- und Justizdepartement
Eröffnung21.9.2022
Abschlusspendent
Letze Änderung16.11.2022
vertraulichNein
öffentlichJa
dringendNein
Dokumente
PubliziertTypTitelDatei
VorstossWortlaut vom 21. September 2022
AntragAntrag der Regierung vom 8. November 2022
Beteiligungen
DatumAkteurTitelLetze Änderung
21.9.2022Gremium2.6.2024
21.9.2022Gremium2.6.2024
21.9.2022Gremium2.6.2024
Abstimmungen
DatumTitelResultatöffentlich
JaBedeutungNeinBedeutungAbsent / Enthaltung
18.9.2023Gutheissung66Zustimmung41Ablehnung13
18.9.2023Eintreten64Zustimmung44Ablehnung12
Statements
DatumTypWortlautSession
18.9.2023Beschluss

Der Kantonsrat heisst das Standesbegehren mit 66:41 Stimmen gut.

Session des Kantonsrates vom 18. bis 20. September 2023, Herbstsession
18.9.2023Struktur

Die Spezialdiskussion wird nicht benützt.

Session des Kantonsrates vom 18. bis 20. September 2023, Herbstsession
18.9.2023Beschluss

Der Kantonsrat tritt mit 64:44 Stimmen auf das Standesbegehren ein.

Session des Kantonsrates vom 18. bis 20. September 2023, Herbstsession
18.9.2023Wortmeldung

Schwager-St.Gallen zu Schmid-St.Gallen: Ich würde mir wünschen, Sie würden so viel Energie dafür verwenden, sich zu überlegen, wie man die 100 Prozent Energieimporte von Öl oder Gas ersetzen könnte. Unter dem Strich ist die Schweiz im Bereich der Stromversorgung immer noch locker bei knapp 100 Prozent Selbstversorgung. Warum die Energiewende nicht da ist, wo sie sein könnte, liegt nicht an den Umweltverbänden. Dies liegt an der Obstruktionspolitik von Parteien wie der SVP und auch der FDP. Wir haben heute im Ratsinformationssystem eine neue Motion aufgeschaltet erhalten, mit der die SVP-Fraktion kommunale und nich kantonale Sondernutzungspläne für Windkraftwerkanlagen möchte. Erklären Sie mir einmal, wie Sie mit so einem Vorstoss einen Beitrag zur Energiewende leisten wollen.

Session des Kantonsrates vom 18. bis 20. September 2023, Herbstsession
18.9.2023Wortmeldung

Frei-Rorschacherberg: Auf das Standesbegehren ist einzutreten.

Nach den Vorrednern von der linken Seite, GLP und Grüne möchte ich mich schon noch äussern. Es befremdet mich sehr, dass das Ansinnen von bürgerlichen Parteien, etwas für das Klima zu machen sowie die Klimaziele und den Zubau erneuerbarer Energien zu beschleunigen, als Angriff wahrgenommen wird. Um die Klimaziele 2050 zu erreichen, braucht es erneuerbare Energieerzeugungen – auch bei uns im Kanton und in der ganzen Schweiz – und deshalb auch eine Anpassung des Verbandsbeschwerderechts. Als konkretes Beispiel kann man das Rheinkraftwerk Ellhorn nehmen, über das man viel gelesen hat. Da laufen die Verbände WWF und Pro Natura Sturm und werten den Schutz eines künstlich angelegten Trockendamms bzw. eine Trockenwiese im Innendamm höher als den Zugewinn von Wasserkraft. Wenn wir wirklich etwas machen möchten und nicht einfach unsere Themen bewirtschaften als Parteien, ist es angezeigt, das Verbandsbeschwerderecht jetzt anzupassen und so die Verfahren zu beschleunigen.

Session des Kantonsrates vom 18. bis 20. September 2023, Herbstsession
18.9.2023Wortmeldung

Hasler-Balgach (im Namen der SP-Fraktion): Auf das Standesbegehren ist nicht einzutreten.

Ich bin froh, dass wir auch noch dazu sprechen dürfen. Es wurden wahnsinnig viele Argumente genannt. Wir finden es höchst merkwürdig, dass in so einer grossen Sache die Regierung mit einem Sechszeiler die Gutheissung des Standesbegehrens beantragt. Das ist unerhört und erschüttert das Vertrauen in unseren Rechtsstaat in so einer wichtigen Sache.

Ich bin froh, dass ich an die Argumente von Bosshard-St.Gallen anknüpfen kann, denn wir brauchen hier ein bisschen Aufklärung. Im Kanton St.Gallen wurde das Verbandsbeschwerderecht bereits im Jahr 2007 abgeschafft. Ein Rückgang von Rekursen, wie er damals in der Botschaft für die Volksabstimmung in Aussicht gestellt wurde, ist nicht eingetroffen. Das bestätigte die Regierung am 16. Februar 2016 in ihrer Antwort auf die Interpellation 51.15.92 «Abschaffung kantonales Verbandsbeschwerderecht». Dem ist so, weil die grosse Mehrheit der Einsprachen von Privaten, wie von Bisig-Rapperswil-Jona erwähnt, und nicht von Umweltverbänden kommt. Die Schutzverbände WWF und Pro Natura St.Gallen-Appenzell haben ausserhalb der Bauzone von 380 Projekten nur vier Einsprachen gemacht.

Dass es aber nicht nur um das Verbandsbeschwerderecht geht, erkläre ich Ihnen gleich. Denn wenn wir über das Verbandsbeschwerderecht sprechen, müssen wir auch über das Bundesgesetz über die Raumplanung (SR 700; abgekürzt RPG) und in diesem Zusammenhang auch über das neue Energiegesetz (SR 730.0; abgekürzt EnG) sprechen, das am 1. Oktober 2022 in Kraft trat und bereits erwähnt wurde. Darin ist nämlich ein sehr wichtiges Verfassungsprinzip – die Planungspflicht – nicht mehr enthalten. Mit dem Wegfall dieser Planungspflicht entfällt ein zentrales Instrument zur Sicherstellung der verfassungsmässigen haushälterischen Nutzung des Bodens. Durch den Planungsprozess wird insbesondere die Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen im Umweltrecht sichergestellt. Die Umweltverträglichkeitsprüfung wird dabei sowohl auf Bundesebene im Plangenehmigungsverfahren wie auch auf kantonaler Ebene verlangt. Diese Anpassung des EnG in der Güterabwägung, also der Wegfall der Planungspflicht, ist eine massgebliche Schwächung der Umweltinteressen zugunsten der Versorgungssicherheit. Mit dem Wegfall dieser Planungspflicht reicht eine einfache Baubewilligung für den Bau einer Fotovoltaikgrossanlage aus, sofern die Grundeigentümer und Standortgemeinden einverstanden sind. Zudem muss diese neu nicht mehr das Kriterium der Standortgebundenheit erfüllen.

Was bedeutet das nun? Mit dem neuen EnG wurden die Hürden bereits entfernt. M.E. bietet das RPG genügend Spielraum, um bestehende Flächen im Interesse der Energiesicherheit zu nutzen. Das EnG überspannt den Bogen und ist verfassungsrechtlich problematisch. Gäbe es keine anderen Möglichkeiten für die Energieversorgung, könnte man auch darüber diskutieren, aber es gibt Spielraum im RPG. Es ist ein wertvolles Verfassungsprinzip. Wir sollten daher mit der Lockerung des Verbandsbeschwerderechts zuwarten und sehen, wie sich die Anwendung des neuen EnG zeigt.

Nun zum Standesbegehren der rechtsbürgerlichen Mehrheit. Dort ist das Argument nämlich das gleiche. Das RPG und die damit verbundenen Regelungen bieten genügend Spielraum für erneuerbare Energieprojekte und es braucht keine Lockerung des Verbandsbeschwerderechts, dessen Funktion von Bossard-St.Gallen bereits genauer erklärt wurde. Dass die Regierung mir nichts dir nichts auf Gutheissung plädiert, zeigt, dass sie sich nicht hinreichend verfassungsrechtlich mit dem neuen EnG auseinandergesetzt hat. Zudem kritisieren viele Verfassungsexperten das Vorgehen und die neuen Bestimmungen. Vor diesem Hintergrund wäre es für unseren Kanton gut, zuzuwarten, bis sich die Anwendung des neuen EnG überhaupt erst zeigt. Sonst sind wir hier ja auch nicht so sportlich unterwegs, wenn es um die Umwelt geht, oder? Da drängt sich schon die Frage auf, warum jetzt so plötzlich.

Session des Kantonsrates vom 18. bis 20. September 2023, Herbstsession
18.9.2023Wortmeldung

Schmid-Buchs (im Namen der SVP-Fraktion): Auf das Standesbegehren ist einzutreten.

Eine Energiemangellage ist bisher zum Glück nicht eingetroffen. Jedoch führen wir bereits wieder dieselben Diskussionen wie vor einem Jahr. Grund dafür ist, dass die Schweiz aufgrund der gescheiterten Energiestrategie 2050 im Winter weiterhin auf Energieimporte angewiesen sein wird. Dazu trägt auch bei, dass zu viele Projekte grosser und kleiner Art in den letzten Jahren verhindert, behindert oder durch übermässige Auflagen unrealisierbar gemacht wurden. Zudem sind auch Technologieverbote, wie z.B. bei der Kernenergie für eine sichere und stabile Energieversorgung kontraproduktiv.

Wir sind der Meinung, dass Verbände, die ihren Sitz häufig in Bern, Zürich oder Genf – einfach nicht in unserem Kanton – haben, und damit nicht direkt von diesen Projekten betroffen sind, sich nicht in unsere Energieprojekte einmischen sollen. Durch eine Anpassung des Verbandsbeschwerderechts bei Projekten zur Produktion von Energie und zum Ausbau des Verteilnetzes können wir erreichen, dass eine sichere Energieversorgung in der Interessenabwägung eine bedeutend höhere Gewichtung im Sinn des nationalen Interesses erhält. Energieprojekte könnten somit schneller und zweckmässiger realisiert werden.

Session des Kantonsrates vom 18. bis 20. September 2023, Herbstsession
18.9.2023Wortmeldung

Bosshard-St.Gallen (im Namen der GRÜNE-Fraktion): Auf das Standesbegehren ist nicht einzutreten.

Schutz und Nutzen sind beides Interessen von nationaler Bedeutung. Dies darf in der Diskussion zu diesem Standesbegehren nicht vergessen werden. Zum nachhaltigen Wirtschaften gehört auch der ausreichende Schutz der Biodiversität. Denn Art. 89 der Bundesverfassung (SR 101; abgekürzt BV) besagt, dass Bund und Kantone für eine ausreichende, breitgefächerte, sichere, wirtschaftliche und umweltverträgliche Energieversorgung zuständig sind. Diese fünf Ziele sind gleichwertig. Eine einseitige Gewichtung ist unseriös und es ist sehr zweifelhaft, ob dies überhaupt verfassungskonform wäre.

Auch wir wollen die einheimische Energieproduktion aus neuen Energien erhöhen. Wir wollen aber auch, dass dabei die negativen Umweltauswirkungen so gering wie möglich gehalten werden. Wenn dies bei einem geplanten Projekt nicht möglich ist, muss es angepasst oder verworfen werden. Und dazu muss bei einem solchen Projekt genau hingeschaut werden.

Die entscheidende Instanz sind die Behörden und wir wissen, dass diese auch nicht unfehlbar sind. Das zeigen die Fakten bzw. die Zahlen, die Bisig-Rapperswil-Jona bereits erwähnt hat. Auch die Umweltverbände schauen genau hin. Zu diesem Zweck haben wir das Verbandsbeschwerderecht. Die Verbände geben der Natur eine Stimme, die sie selbst nicht hat. Das Verbandsbeschwerderecht als rein formelles Instrument hat keinen Einfluss auf die materielle Gewichtung der Interessen. Wenn Sie die Gewichte in der Interessenabwägung verschieben wollen, dann müssten Sie eigentlich das materielle Recht anpassen, sprich den erwähnten Energieartikel in der BV. Es ist mehr als scheinheilig, dass die Mitte-Rechts-Parteien behaupten, das Verbandsbeschwerderecht nicht abschaffen zu wollen. Sie wollen, dass die Interessenabwägung eine bedeutend höhere Gewichtung zugunsten der erneuerbaren Energien erhält. Das ist faktisch eine Abschaffung des Verbandsbeschwerderechts bei Energieprojekten. Das ist keine Weiterentwicklung, wie es genannt wurde. Es wäre ein grosser Rückschritt in der Schweizer Umweltpolitik. Wann nutzen die Umweltverbände das Beschwerderecht? Eben nur dann, wenn ein Behördenentscheid mit hoher Wahrscheinlichkeit Natur- und Umweltrecht verletzt. Ohne das Verbandsbeschwerderecht würden mehr Projekte bewilligt werden, die gegen die geltende Gesetzgebung verstossen. Wenn dieses Beschwerderecht wegfällt, gäbe es keine Möglichkeit mehr, die Rechtmässigkeit von Projekten unabhängig von einem Gericht überprüfen zu lassen. Das widerspräche rechtsstaatlichen Prinzipien. Wollen Sie das wirklich?

Der Vorwurf, die Umweltverbände würden viele Projekte im Bereich der erneuerbaren Energien verhindern, trifft so nicht zu. Die hohe Erfolgsquote der Beschwerden zeigt, dass das Verbandsbeschwerderecht eine rechtsstaatliche Notwendigkeit hat. Die Umweltverbände können Projekte gar nicht verhindern. Sie können nur gerichtlich überprüfen lassen, ob ein Vorhaben Natur- und Umweltrecht einhält. Beim Verbandsbeschwerderecht handelt es sich nicht um ein Verhinderungsinstrument, wie das immer wieder behauptet wird, sondern um eine Verbesserungspolitik. Dadurch können Projekte, die Mängel aufweisen, verbessert werden. Die Mitte-Rechts-Mehrheit betrachtet anscheinend die Umweltverbände als lästige Fliegen. Sie blenden dabei völlig aus, dass Umweltverbände eigentlich wichtige Nützlinge sind, die bei solchen Projekten genau hinschauen.

Der Interessenausgleich zwischen Schutz und Nutzen soll aus unserer Sicht weiterhin am runden Tisch erfolgen. Bei kritischen Projekten sollten von Anfang an die Umweltverbände miteinbezogen werden. Zusammen können die besten Lösungen erarbeitet werden, damit die Energiegewinnung gesteigert und die negativen Umweltauswirkungen so tief wie möglich gehalten werden können. Auch wir Grüne begrüssen Bestrebungen, um die Verfahren beim Ausbau der erneuerbaren Energien zu vereinfachen und zu beschleunigen. Niemand von uns hat Interesse an langwierigen und aufwändigen Bewilligungsverfahren. Für eine Beschleunigung der Verfahren braucht es aber keine Schwächung des Beschwerderechts, sondern fachliche Grundlagen für die stufengerechte Interessenabwägung zwischen Schutz und Nutzen. Unser Kanton hat dies z.B. in den letzten Monaten auch bei der Windenergie gemacht. Eine Beschleunigung der Verfahren könnte erreicht werden, indem die zuständigen Behörden mit genügend und kompetentem Personal ausgestattet werden. Es sind aber gerade die Urheber des Standesbegehrens, die mit ihrer restriktiven Finanz- und Personalpolitik die rasche und korrekte Abwicklung der Verfahren behindern.

Session des Kantonsrates vom 18. bis 20. September 2023, Herbstsession
18.9.2023Wortmeldung

Bisig-Rapperswil-Jona (im Namen der GLP): Auf das Standesbegehren ist nicht einzutreten.

Die Förderung der erneuerbaren Energien ist ein zentrales Anliegen der GLP und zwar seit Beginn. Die regierenden rechtsbürgerlichen Parteien haben jahrzehntelang auf den Import von Öl und Gas gesetzt. Wohin uns das geführt hat, sehen wir in der anhaltenden Energiemangellage. Statt die eigenen Versäumnisse einzuräumen, muss ein Sündenbock her. Gefunden hat man ihn in den Schutzverbänden. Sie seien Schuld am schleppenden Ausbau heimischer Energieproduktion. Wir haben es eben gehört von Locher-St.Gallen.

Wenn wir die Fakten bzw. die Zahlen betrachten, entsprechen die eine andere Sprache. Zwischen 2010 und 2020 wurden über 100'000 Projekte im Bereich erneuerbarer Energien realisiert. Nur gegen rund 60 wurde Beschwerde eingereicht. Die Verbände sind nicht die Verhinderer der Energiewende. Das Verbandsbeschwerderecht wird nur dann eingesetzt, wenn davon auszugehen ist, dass das Gesetz missachtet wurde. Ein Zeichen dafür ist auch die hohe Erfolgsquote bei Beschwerden der Schutzverbände, die bei über 80 Prozent liegt. Im Gegensatz dazu sind private Beschwerden weniger erfolgreich und das eigentliche Hauptübel. Wenn Sie schon das Beschwerderecht beschränken wollen, müssen Sie bei Ihren Hauseigentümern beginnen, dann würden deutlich mehr Projekte schneller umgesetzt werden können.

Wenn hingegen das Verbandsbeschwerderecht nun beschnitten werden soll, wird dies nicht zu einem Anstieg bewilligungsfähiger Bauprojekte führen, aber zu mehr mangelhaften Projekten, welche die Umwelt langfristig schädigen. Die lassen sich dann nicht mehr verhindern. Zielkonflikte zwischen Nutzung und Schutz liegen bei solchen Projekten oft in der Natur der Sache. Sennhauser-Wil hat das auch ausgeführt: Was ist mehr wert? Wie kann man die Natur schützen? Gehen die Interessen der Biodiversität vor oder die der erneuerbaren Energien? Genau diese Abwägung ist wichtig und wird durch das Verbandsbeschwerderecht ermöglicht. Das Verbandsbeschwerderecht ermöglicht zudem in strittigen Fällen eine konkrete Abwägung zwischen diesen verschiedenen Interessen. Die Schutzinteressen sind gleichrangig zu berücksichtigen. Es kann nicht sein, dass dem Ausbau der erneuerbaren Energien immer der Vorrang gegeben wird. Neben einer Energiekrise haben wir auch eine Biodiversitätskrise. Wir können das eine Feuer nicht löschen, indem wir ein anderes entfachen. Statt gegen die Naturschutzverbände zu schiessen, würde eine übergeordnete Planung von Nutzen und Schutz der Beschleunigung der Bewilligungsverfahren mehr dienen. Als Beispiel sei der runde Tisch des Bundesrates zum Thema Wasserkraft genannt. Bund, Kantone Energieproduzenten und NGO haben gemeinsam die schweizweit vielversprechendsten Wasserkraftprojekte identifiziert, die bei grösstmöglicher Energieproduktion die vergleichsweise geringsten Auswirkungen auf Biodiversität und Landschaft haben.

Das vorliegende Standesbegehren ist eine Nebelpetarde der rechtsbürgerlichen Parteien, um von den eigenen Fehlern abzulenken. Mehr bewilligungsfähige Projekte werden dadurch nicht entstehen. Im schlimmsten Fall nimmt deren Qualität ab.

Session des Kantonsrates vom 18. bis 20. September 2023, Herbstsession
18.9.2023Wortmeldung

Locher-St.Gallen (im Namen der FDP-Fraktion): Auf das Standesbegehren ist einzutreten.

Die Energiemangellage ist, wenn man die neuesten Verlautbarungen liest, gigantisch. Wir sind uns alle bewusst, dass es grosser Anstrengungen bedarf, das Jahresziel 2050 zu erreichen. Es gibt Stimmen auch aus meiner Partei und ich teile diese, dass die Energiestrategie 2050 gescheitert ist. Aber man kann das weglassen oder nicht, wichtig ist, dass wir möglichst rasch an erneuerbarer Energie zubauen. Wie schwierig das ist, haben wir am vorletzten Wochenende im Kanton Wallis gesehen, wo auf Betreiben der grünen Partei das Grossprojekt in Grengiols gescheitert ist. Wir müssen auch darüber nicht sprechen, aber wir müssen darüber sprechen, wie wir diese Bewilligungsverfahren beschleunigen können. Die Beschränkung des Verbandsbeschwerderechts für erneuerbare Energien ist ein gangbarer und ein richtiger Weg. Diesen haben die drei bürgerlichen Parteien mit ihrem Vorstoss angestossen. Die FDP-Fraktion ist froh, dass die Regierung das gleich sieht.

Session des Kantonsrates vom 18. bis 20. September 2023, Herbstsession
18.9.2023Wortmeldung

Sennhauser-Wil (im Namen der Mitte-EVP-Fraktion): Auf das Standesbegehren ist einzutreten.

Die Mitte EVP-Fraktion sagt grundsätzlich ja. Aber auch ein gutes Recht bzw. ein gutes Gesetz muss sich entwickeln und den neuen Gegebenheiten anpassen. Genau das will dieses Standesbegehren. Nicht im Entferntesten sind wir der Ansicht, dieses Recht abzuschaffen, sondern es soll sich weiterentwickeln. Wir sehen immer wieder die Problematik – gerade bei Anlagen und Projekten zur Produktion von erneuerbarer Energie –, dass keine Abwägung stattfinden kann, was der Umwelt mehr schadet oder nützt. Soll die Anlage gebaut werden, um mehr erneuerbare Energie zu produzieren? Oder soll sie nicht gebaut und mehr fossile und somit umweltschädliche Energie gebraucht werden, ohne den Aspekt der Versorgungssicherheit zu beachten?

Als Beispiel kann ein geplantes Pflanzenkohlekraftwerk im Neckertal genannt werden. Die Umweltverbände haben Einspruch erhoben, was nach heutigem Recht korrekt ist. So konnte die Anlage nicht gebaut werden, obwohl der Kanton wohl eine gewisse Flexibilität aufgebracht hätte. Nun stellt sich die Frage, was schliesslich für die Umwelt schädlicher gewesen wäre, das Kraftwerk im Neckartal zu bauen – teilweise ausserhalb der entsprechenden Zone – oder nicht. Heute wird das für dieses Werk gedachte Holz aus dem Neckartal nach Wattwil oder Richtung Zürich in eine der dortigen Energieholzanlagen gefahren. Die Frage ist, was der Umwelt mehr geschadet oder genützt hätte, das Werk zu bauen oder nicht. Das müssen Fachleute beurteilen, um den richtigen Entscheid zu fällen. Genau das will dieses Standesbegehren erreichen. Die Beschwerde könnte nach wie vor eingebracht werden. Ob sie dann zur Geltung käme, müsste vor einem Entscheid geprüft werden, ob es für die Umwelt und für die allgemeine Versorgungssicherheit sinnvoller ist, das Werk bzw. die Anlage zu bauen oder nicht. Dieser neue Bestandteil soll nur für Projekte zur Produktion und Verteilung von erneuerbarer Energie gelten, ansonsten muss das Verbandsbeschwerderecht unangetastet bleiben. Mit einem solchen Entscheid in einer frühen Phase könnten einerseits Zeit und damit auch viele Mittel eingespart werden. Zeit und Mittel, die von Projekten, die durch die Prüfung ausscheiden, zu Projekten fliessen könnten, die dieser Prüfung standhalten. Die Mitte-EVP-Fraktion setzt sich für ein sinnvolles, gutes und glaubwürdiges Verbandsbeschwerderecht ein und genau darum ist es an der Zeit, die nötigen Anpassungen in Angriff zu nehmen.

Session des Kantonsrates vom 18. bis 20. September 2023, Herbstsession
18.9.2023Wortmeldung

Dürr-Gams, Ratsvizepräsidentin: Die Regierung beantragt Gutheissung des Standesbegehrens.

Session des Kantonsrates vom 18. bis 20. September 2023, Herbstsession