Geschäft: Notstand in den St.Galler Sonderschulen
Komitee | Kantonsrat |
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Nummer | 51.22.76 |
Titel | Notstand in den St.Galler Sonderschulen |
Art | KR Interpellation |
Thema | Erziehung, Bildung, Kultur |
Federführung | Bildungsdepartement |
Eröffnung | 19.9.2022 |
Abschluss | pendent |
Letze Änderung | 17.11.2022 |
vertraulich | Nein |
öffentlich | Ja |
dringend | Nein |
Datum | Akteur | Titel | Letze Änderung |
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19.9.2022 | Person | Erstunterzeichner/-in - Hess-Rebstein | 8.12.2024 |
19.9.2022 | Person | Erstunterzeichner/-in - Losa-Mörschwil | 5.8.2024 |
19.9.2022 | Person | Erstunterzeichner/-in - Frick-Buchs | 6.8.2024 |
19.9.2022 | Person | Erstunterzeichner/-in - Etterlin-Rorschach | 6.8.2024 |
Datum | Titel | Resultat | öffentlich | ||||
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Ja | Bedeutung | Nein | Bedeutung | Absent / Enthaltung | |||
21.9.2022 | Antrag Etterlin-Rorschach auf Diskussion | 56 | Zustimmung | 46 | Ablehnung | 18 |
Datum | Typ | Wortlaut | Session |
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21.9.2022 | Wortmeldung | Etterlin-Rorschach: Ich möchte mich bei Regierungsrat Kölliker für die Handreichung sehr herzlich bedanken. Das Delta ist riesengross. Ich glaube, wir packen diese Chance am Schopf, treffen uns an einem runden Tisch und klären das. | Session des Kantonsrates vom 19. bis 21. September 2022 |
21.9.2022 | Wortmeldung | Boppart-Andwil: Regierungsrat Kölliker hat vorgeschlagen, einen runden Tisch zu machen, um das in Ruhe zu besprechen. Wir können die Situation hier jetzt und in diesem Saal nicht lösen, und ich glaube, es macht Sinn, den Weg, den Regierungsrat Kölliker eingeschlagen hat, jetzt auch zu gehen. | Session des Kantonsrates vom 19. bis 21. September 2022 |
21.9.2022 | Wortmeldung | Steiner-Kaufmann-Gommiswald: Zum Punkt, das Bildungsdepartement sei nicht in Kenntnis: Ich habe vor den Sommerferien mit dem Leiter Amt für Volksschule telefoniert und niederschwellig angesprochen, wie die Situation aussieht. Er hat mir versichert, dass das Einzelfälle seien, dass vor allem die Platzverhältnisse eine Herausforderung seien, die Raumbedürfnisse. Es gab also einen mündlichen Austausch, ein Telefongespräch. Ich liess es dann auch dabei bewenden. Im überfraktionellen Austausch habe ich von den anderen Regionen erfahren, dass dort heilpädagogische Kindergärten eröffnet werden. Es ist also nicht so, dass das gar nie Thema war, und vielleicht sagt Etterlin-Rorschach auch noch etwas zum Austausch mit dem Amt. | Session des Kantonsrates vom 19. bis 21. September 2022 |
21.9.2022 | Wortmeldung | Raths-Rorschach: Ich habe eine Frage. Wo stehe ich als Kantonsrat? Etterlin-Rorschach hat seine Interessen offengelegt, er ist Stadtrat und Schulratspräsident in Rorschach. Ich bin Stadtpräsident, wir haben uns nicht abgesprochen in dieser Frage, aber jetzt interessiert mich schon: Wer hat denn Recht? | Session des Kantonsrates vom 19. bis 21. September 2022 |
21.9.2022 | Wortmeldung | Regierungsrat Kölliker: Einleitend vielleicht eine Bemerkung: Die Zusammenarbeit unter allen Akteuren der Schule, dem Schulgemeindeverband, dem Schulleiterverband und natürlich auch den privaten Sonderschulen läuft ja eigentlich seit Jahren ausgezeichnet. Also ich kann mich nicht daran erinnern, dass ich in den letzten Jahren irgendwo mal grosse Probleme erkannt habe. Das ist eine eingespielte, vertrauensvolle und extrem gute Zusammenarbeit. Jetzt erfahre ich innerhalb von zwei, drei Tagen, dass ein Notstand herrscht, alles ist dramatisch, eine ganz schlimmen Situation. Also bitte haben Sie ein bisschen Verständnis für mich, dass ich auch ein bisschen überrascht bin. Ich bin ein bisschen überrascht, vor allem, wenn ich sehe, dass ja meine Leute zwischen Januar und April mit allen Akteuren gezielt – wie auf S. 2 der Antwort aufgeführt – Gespräche geführt haben, wie all diesen Anliegen, die Sie jetzt ausgeführt haben, Rechnung getragen werden kann. Also es wird nach oben angepasst, die Finanzierung wird gutgeheissen, es wird stattgegeben, es wird bewilligt. Und jetzt haben wir in dieser Zeit 139 Plätze neu geschaffen. Und meine Leute sagen mir – ich habe auch das letzte Telefonat vor einer Stunde mit meiner zuständigen Mitarbeiterin geführt und habe das nochmals verifizieren lassen –, dass in den Sonderschulen insgesamt 69 Plätze frei sind, die nicht belegt werden. Und wir schreiben hier auch, wir haben auch neu bewilligt.Wenn innerhalb des Kantons Sonderschüler umgelegt werden müssen, dann bewilligen wir das. Ich bin laufend unterwegs. Ich habe dauernd Gespräche mit den Sozialpartnern, dem Schulgemeindeverband und dem Schulleiterverband. Keiner hat irgendwie in den letzten Monaten die Gelegenheit genutzt, mich auf einen Notstand hinzuweisen. Personen der Sonderschule sehe ich laufend, so auch letzte und vorletzte Woche. Keine Person ist je auf mich zugekommen und sprach von einem Notstand. Ich höre jetzt von diesem Notstand, nehme das sehr gerne zur Kenntnis, nehme es auch ernst. Aber bitte ein bisschen Verständnis. Das ist nirgends im Bildungsdepartement gemeldet worden. Ich habe keine E-Mail, ich habe keinen Brief, und sonst geht das immer ganz ganz schnell. Wenn irgendwo Not ist, dann sind die Briefe schon bei mir, bevor sie abgeschickt worden sind. Das geht also ganz schnell. Und ich habe sonst nichts, es tönt irgendwie auch blöd, das sehe ich selber auch, aber ich habe keine Hinweise auf diese Notstände. Ich nehme das so zur Kenntnis, und ich werde sofort alle einladen. Natürlich mache ich das, wenn ich davon höre, natürlich, ich lade sofort alle ins Bildungsdepartement zu einer Auslegeordnung ein und dann hören wir uns sehr gerne an, wie dieser Notstand im Moment genau ist. Wir haben auf S. 3 der Antwort ausgeführt, dass zum Teil die Sonderschulen selber die Aufnahme sogar ablehnen, weil es ihnen zu schnell geht. Aber gut, ich nehme das jetzt alles so zur Kenntnis, mache einen runden Tisch und dann lasse ich mich schlau machen, wo die Probleme so akut liegen. Wir werden uns dann weiter bemühen, wie wir das ja machen, diese Plätze bereitzustellen und natürlich den Bedarf zu decken. | Session des Kantonsrates vom 19. bis 21. September 2022 |
21.9.2022 | Wortmeldung | Baumgartner-Flawil: Ich halte mich jetzt wirklich kurz. Ich danke Ihnen. Die Sonderschulen sind in der Politik angekommen, und das freut mich. Und jetzt danke ich Ihnen, liebe Kolleginnen und Kollegen, und ich meine das Wort Kolleginnen und Kollegen ernst. Sie setzen sich für die Schwächsten ein. Sie setzen sich für Plätze ein, in Ihrer Argumentation, in Ihrem Einsatz, und dafür verdienen Sie meine Anerkennung, Wertschätzung und meinen Dank. | Session des Kantonsrates vom 19. bis 21. September 2022 |
21.9.2022 | Wortmeldung | Hess-Rebstein: Das Thema hat ganz klar eine Diskussion verdient, auch wenn die Zeit wirklich schon ein bisschen fortgeschritten ist, aber das soll ja sicher kein Grund sein, um Themen nicht ansprechen zu können. Ich versuche mich entsprechend meinen Vorrednerinnen, die schon vieles vorweggenommen haben, was ich eigentlich unterstütze, kurzzufassen. Zunächst bin ich auch hier der Meinung, genau wie beim Thema von heute Morgen, wo es um den Lehrpersonenmangel ging, dass wir natürlich, egal in welcher Rolle, ob nun als Parlamentarier oder als Regierung, das Interesse haben, diese Probleme anzupacken und zum Wohle der Schule, der Schülerinnen und Schüler zu lösen. Das ist auch hier der Fall, und diesen guten Willen, den unterstelle ich uns allen. Wir haben in der Antwort gelesen, dass bezüglich der Schulräume z.B. eine erhöhte Flexibilität dazu beitragen soll, diese Engpässe zu lösen. Das finde ich an sich auch gut, flexibel zu sein. Wir haben da verschiedene Schulen die Provisorien erstellen, Container oder Mietobjekte. Gut, das muss man machen. Es muss auch oft schnell gehen. Die Flexibilität ist aber dann nicht mehr gegeben, wenn es um die Flächen geht, wo man solche Provisorien aufstellen kann. Das führt zur Situation, dass an diesen betroffenen Sonderschulen mittlerweile oft ganze Container-Dörfchen stehen, wo eigentlich Pausenplätze wären. Dort fehlt natürlich ein wichtiges Qualitätsmerkmal für den Aussenbereich und fällt zu einem grossen Teil zum Opfer, was wirklich langfristig nicht gut ist für alle Beteiligten vor Ort, für die Schülerinnen und Schüler, aber auch für das Personal. Die Gesamtplanung ist also schwierig und schränkt entsprechend ein. Das muss man immer auch berücksichtigen. Die Medaille hat zwei Seiten. Dann möchte ich einen weiteren Punkt aufgreifen: Es ist zu Recht die Rede davon, dass momentan eine Überprüfung der Wirksamkeit, Effizienz, Kostenwahrheit sowie von separativen und integrativen Schulmodellen läuft. Ich kann bestätigen, dass die Schulen in unserem Kanton so intensiv wie möglich versuchen, alle zu integrieren. Aber das hat seine Grenzen, und es geht hier auch wieder um Ressourcen. Das haben wir ein paarmal gehört. Wenn das Ziel ist, dass wir mehr die Haltekraft der Schulen vor Ort, der lokalen Regelklassen stärken, dann hätte das entsprechende Ressourcen zur Folge, die müssten dann entsprechend auch eingerichtet sein. Dann kann man diese Haltekraft sicherlich stärken, und ich möchte da einfach noch eine Klammerbemerkung machen: Viele Schulen haben in den letzten Jahren leider gerade ein solches Instrument vielleicht verloren, wo man sich mal überlegen könnte: War es wirklich richtig, dass an vielen Orten die Kleinklassen aufgehoben wurden, wo ja gerade vor Ort sonderpädagogische Massnahmen sehr konzentriert, eben umgesetzt hätten werden können? So wäre es vielleicht möglich gewesen, das ist natürlich hypothetisch ja, aber ich vermute, dass viele Schülerinnen und Schüler eben nicht einer Sonderschule hätten zugewiesen werden müssen – ausserhalb der Gemeinde, ausserhalb dem Wohnort, sondern man hätte sie in der Schule behalten können. Ich behaupte das jetzt einfach mal so, wie gesag, überprüfen ist schwierig, aber es könnte immerhin mal ein Denkanstoss sein. Lehrpersonenmangel hängt natürlich damit zusammen, dass wenn ich versuche, Schülerinnen und Schüler in Regelklassen zu integrieren, es wie gesagt mehr Energie und mehr Ressourcen braucht. So sind wir wieder beim Thema von heute Morgen. Da können Sie auch verschiedentlich Lehrpersonen hören, die bestätigen können, dass auch das ein Teil der Mehrbelastung im Beruf ist, der die Attraktivität des Berufs natürlich wieder negativ beeinflusst. Also es hängt immer alles ein bisschen zusammen. Aber noch einmal Kopf hoch: Wir sind auch hier zuversichtlich und sind überzeugt, dass wir Lösungen finden, aber etwas dafür tun müssen, das ist eigentlich unsere Erwartung. | Session des Kantonsrates vom 19. bis 21. September 2022 |
21.9.2022 | Wortmeldung | Steiner-Kaufmann-Gommiswald: Heute Morgen haben wir von der Regierungsbank gehört, es sei keine Sache, innerhalb von elf Monaten die Betreuungsplätze gemäss der neuen Gesetzesgrundlage aufzubauen. Jetzt lese ich auf beinahe drei Seiten, warum ein Gesetz mit einem klaren Umsetzungsdatum plötzlich lediglich Übergangscharakter habe und warum man eben im Bereich der Sonderschulen die entsprechenden Plätze nicht schaffen kann. Sie schreiben von 69 freien Plätzen. Ich konnte mich vorhin kurz mit Regierungsrat Kölliker darüber austauschen, ob denn diese Plätze schlicht bewilligt auf dem Papier existierten. Er bestätigte mir, nein, diese Plätze, die gebe es, die seien vorhanden. Nun, Fakt ist, in der Praxis finden wir diese Plätze nicht. Etterlin-Rorschach sprach von 80 fehlenden Plätzen. Vor 30 Minuten habe ich mit einer Leiterin einer der SPD-Stellen telefoniert. Sie sagt, ihr sei es ein Rätsel, wo diese 69 Plätze seien, sie könne dies nicht bestätigen. Ich rege an, dass das Bildungsdepartement z.B. den Mitgliedern der Bildungsgruppe eine Liste der Schule mit freien Plätzen zukommen lassen könnte im Hinblick auf die nächste Session. In den Schulen vor Ort gibt es X Kinder, die keine Aufnahme finden. Einige davon sind offiziell deklariert und andere sind nur im Rahmen einer Dunkelziffer zu erahnen, denn die Verantwortlichen gehen oft auch nicht mit den Eltern durch einen ganzen Sonderschulprozess, wenn man weiss, dass man ja sowieso keinen Platz hat. Dann findet man halt sogenannt «kreative» Lösungen. Also offensichtlich gibt es hier eine grössere Differenz in der Wahrnehmung, und es würde sich lohnen, dieser nachzugehen. Es braucht Klärung im Hinblick auf die nächste Session. Kantonsseitig sei alles erfüllt lesen wir in der Antwort auf diese dringliche Interpellation weiter. Gleichzeitig schreiben Sie, der Vollzug der Gesetzesvorschriften zum Sonderschulwesen obliege auf der kantonalen Ebene dem Bildungsdepartement. Gleichzeitig lesen wir, dass Sie darauf verzichten, Druck auf Sonderschulen auszuüben, trotz Aufnahmepflicht, wenn diese eine strategische Aufstockung sogar ablehnen. Ich stelle weiter fest, dass heute Morgen die Gemeinden, die Schulträger in der Verantwortung für die Probleme des Lehrpersonenmangels waren. Jetzt sind es die Sonderschulen für den Platzmangel in den Sonderschulen. Ich sage nicht, dass Sie zaubern können müssen und ich weiss um die Herausforderungen des Fachkräftemangels, doch ich bitte, solche Herausforderungen nicht beinahe unanständig tiefenentspannt anzugehen. | Session des Kantonsrates vom 19. bis 21. September 2022 |
21.9.2022 | Wortmeldung | Noger-Engeler-Häggenschwil: Die gestellten Fragen in der Interpellation sind von hoher Praxisrelevanz. Die Antworten der Regierung bleiben zahlenbehaftet und nehmen die Kernanliegen der Interpellation nicht auf. Es geht im Kern nämlich darum, den Kindern zeitnah einen Sonderschulplatz zuweisen zu können und dabei alle Beteiligten zu entlasten. Die Regierung argumentiert in der Antwort auf die dringliche Interpellation mit Zahlen und Aussagen aus dem Bildungsdepartement. Die betroffenen Sonderschulen argumentieren mit ganz anderen Zahlen. Wie kann das sein? Als Aussenstehende zeigt mir dies, dass an dieser Zusammenarbeit Grundlegendes nicht stimmt. Nun leiden diejenigen, die in der Antwort der Regierung mit ihrem persönlichen Schicksal nicht erwähnt werden, nämlich die betroffenen Kinder. In der Bundesverfassung steht, dass jedes Kind nach seinem Bedarf beschult werden muss. Ein ausgewiesener Sonderschulbedarf ist ernst zu nehmen, und der Kanton steht in der Pflicht, dem Bedarf angemessene Sonderschulplätze bereitzustellen. Nun, diese Argumente wurden bereits mehrfach in dieser Runde geäussert und waren auch der Grund für den XXIV. Nachtrag zum Volksschulgesetz, der ohne Gegenstimme vom Rat gutgeheissen wurde. Vor Ort, d.h. im Kindergarten oder in der Schule, ist bis zur Feststellung eines Sonderschulbedarfs in der Regel bereits ein hoher Leidensdruck aufgebaut. Ein Leidensdruck bei dem betroffenen Kind, bei der Familie, aber auch bei der Lehrperson, welche den zusätzlichen Bedürfnissen des Kindes mit den gegebenen Rahmenbedingungen oft nicht gerecht werden kann. Teilweise sind die Schülerinnen und Schüler mit besonderem Bedarf erfolgreich in der Regelschule beschulbar, wenn zusätzliche personelle Ressourcen vorhanden sind und finanziert werden. Teilweise stösst die Integration aber an klare Grenzen, und alle Betroffenen, das Kind, die Mitschülerinnen und Mitschüler – das vergessen viele –, die Lehrpersonen wie auch die Förderpersonen und nicht zuletzt die Eltern verlieren, da Lernen nicht mehr stattfinden kann und oft auch die Psyche dramatisch leidet. Dazu erlauben Sie mir ein kleines Beispiel aus meiner Schulpraxis. Ich unterrichte immerhin jetzt schon im 26. Dienstjahr. Vor wenigen Jahren hatte ich einen Jungen bei mir in der ersten Klasse mit ausgewiesenem heilpädagogischen Sonderschulbedarf. Es war kein Platz frei. Das Kind war an sich glücklich im Sinne von es hat die Luft angeschaut und nichts gemacht, es konnte dem Unterricht auch nicht folgen. Als ich dann die Schulpsychologin zu mir einlud, einmal zu sehen, dass es mir als Klassenlehrperson nicht möglich ist, dieses Kind zu fördern – es muss ja nicht von A nach B, aber wenigstens von A nach A-Strich kommen –, sagte mir die Schulpsychologin, die anscheinend vor dem System schon kapituliert hat: «Jä no, denn lernt er halt nüt.» Das ist doch nicht möglich. Ich kann Ihnen gerne noch mehr Beispiele ausführen. Wer persönlich Interesse daran hat, darf gerne mit mir Kontakt aufnehmen. Ich könnte mehrere Beispiele ausführen, die man nicht glauben würde, wenn man nicht in der Praxis ist. Der Auftrag des Kantonsrats ist klar: Die Situation in den Schulen und den Sonderschulen ist so nicht tragbar. Es ist unverständlich, warum die Regierung hier nicht bereit ist, an einen runden Tisch zu sitzen mit einer Delegation von Sonderschulträgern und dem Schulpsychologischen Dienst (SPD), auch wenn die Sonderbeschulung im Zuständigkeitsbereich des Bildungsdepartements liegt. Wenn eine Kommunikation und eine Zusammenarbeit so nicht funktioniert, dann soll das Gesamtgremium, die Regierung, die Augen und Ohren öffnen. | Session des Kantonsrates vom 19. bis 21. September 2022 |
21.9.2022 | Wortmeldung | Losa-Mörschwil: Kinder, die nachweislich eine Sonderbeschulung benötigen, können, sollen und dürfen nicht warten, schon gar nicht mehrere Monate. Das ist gelinde gesagt eine Zumutung für alle, einerseits für das Kind selbst, sicher aber auch für die Lehrperson, die das Kind, das nicht am richtigen Ort ist, unterrichten muss, auch für die restlichen Kinder der Klasse, weil das wirklich belastend ist, und zuletzt auch für die Eltern des Kindes. Es ist also keine Win-win-Situation, sondern eine Negative-sum-Situation. Tatsache ist, dass der Kanton St.Gallen sich in dieser Negative-sum-Situation befindet, und dies muss dringend und so schnell wie möglich geändert werden. Ich bitte Sie deshalb, die Dringlichkeit dieses Vorstosses anzuerkennen und die Interpellation zu unterstützen. Gezielte Förderung am richtigen Ort und zur richtigen Zeit schafft Chancen, hilft Entwicklungsschwierigkeiten auszugleichen und im Idealfall zu reduzieren und damit langfristige Defizite zu vermeiden. D.h., eine fehlende, frühe, gezielte und angepasste Beschulung kann neben hohen Folgekosten auch viel Leid für das betroffene Kind und seine Familie bedeuten. Es besteht inzwischen eine breit gesicherte und differenzierte Erkenntnislage zur Wirksamkeit von gezielten und frühzeitigen Interventionen. Je früher ein Kind z.B. mit Sprachentwicklungsverzögerungen oder Sprachentwicklungsstörungen in einer Sonderschule gefördert werden kann, desto grösser sind die Erfolgsaussichten. Es gibt gute Studien dazu. Der Mangel an Lehrpersonen ist bereits jetzt ein grosses Problem, das haben wir heute Morgen mehr als klar gehört. Wenn diese Lehrer zusätzlich Kinder in ihrer Klasse mitführen müssen, die nicht am richtigen Ort sind, dann steigt das Überforderungs- und Erschöpfungsrisiko zusätzlich an. Das können wir uns schlicht und einfach nicht mehr leisten. In Art. 3bis des Volksschulgesetzes ist festgelegt, dass das zuständige Departement und die Sonderschulen gemeinsam sicherstellen, dass jedem Schüler und jeder Schülerin, für den oder die der Besuch einer Sonderschule verfügt wurde, ein entsprechender Platz zur Verfügung steht. Das gilt seit dem 1. August 2021, wird aber leider offensichtlich nicht so angewandt. Es fehlt also nicht an der fehlenden Gesetzgebung, sondern an der Umsetzung des vorhandenen Gesetzes. Das ist im Zusammenhang mit den fehlenden Sonderbeschulungsplätzen fatal. Es braucht nun alle Anstrengungen, um dieser unglücklichen Situation ein Ende zu setzen, damit die Konsequenzen und Folgekosten nicht noch dramatischer werden. | Session des Kantonsrates vom 19. bis 21. September 2022 |
21.9.2022 | Wortmeldung | Etterlin-Rorschach (im Namen von Etterlin-Rorschach / Hess-Rebstein / Frick-Buchs / Losa- Mörschwil): Die Interpellantinnen und Interpellanten sind mit der Antwort der Regierung nicht zufrieden. Ich lege meine Interessen offen: Ich bin Schulratspräsident der Stadt Rorschach und Mitglied des Vorstands der St.Galler Volksschulträger. Die Diskrepanz könnte gar nicht grösser sein. Wenn man die Antwort der Regierung liest, könnte man meinen, betreffend Sonderbeschulungen sei ja alles in Ordnung. Leider muss ich aber dieser Darstellung vehement widersprechen. Bereits 2018 hat es leidvoll angefangen. Der Kanton hat damals vornehmlich in den Sprachheilschulen das Platzangebot eingeschränkt, mit dem unglücklichen Ergebnis, dass diese Kinder nach einem Zwischenjahr trotzdem nicht weiter in den Volksschulen beschult werden konnten. Die Regierung hat sich damals heftig gegen die Motion zur Sicherstellung eines ausreichenden Sonderschulangebots gewehrt. Der Kantonsrat hingegen hat mit überwältigendem Mehr den XXIV. Nachtrag zum Volksschulgesetz gutgeheissen und seit dann ist der Kanton verpflichtet, die notwendigen Sonderschulplätze auch tatsächlich anzubieten. Ja, und was machete die Regierung? Sie beantragte, dieses Gesetz im Rahmen des Sparpakets rückgängig zu machen. Das ist wirklich ein einmaliger Vorgang, der Gott sei Dank in der Parlamentsdebatte keine Chance hatte. In diesem Zusammenhang wird kolportiert, die aktuelle Sonderschulregelung sei ein Widerspruch zu sämtlichen Integrationsbestrebungen. Aber bitte, glauben Sie mir, wir integrieren in den Volksschulen sehr stark, es hat aber in diesem System auch Grenzen, und diese scheinen erreicht zu sein. Für den Fall, sehr geehrte Mitglieder der Regierung, dass Sie eine noch stärkere Integration von Kindern mit sehr grossen zusätzlichen Förderbedürfnissen wünschen, müssen wir die politische Diskussion darüber erst führen. Wir können das machen, müssen dazu aber unser Volksschulwesen so ziemlich auf den Kopf stellen. Auf jeden Fall ist es nicht möglich, über die Beschränkung von Sonderschulplätzen mehr Integration zu erreichen. Im Moment wird diese Frage leider auf dem Buckel der Allerschwächsten ausgetragen. Bekannt ist, dass die Regierung in ihrer Antwort von 69 freien Sonderschulplätzen spricht. Die aktuelle Vollerhebung durch den Verband St.Galler Volksschulträger von diesem Wochenende zeigt, dass unsere Sonderschulen an den Kapazitätsgrenzen operieren und aktuell in 14 Schulen 80 Plätze fehlen. Es gibt einzelne freie Plätze, aber auch eine Sonderschule kann ein Kindergartenkind nicht in einer Oberstufenklasse beschulen. Leider macht es den Anschein, dass die Regierung nicht zuhört. Die Sonderschulen fühlen sich seit längerer Zeit nicht gehört und nicht unterstützt. Sie werden seit Jahren hingehalten und mit teuren Provisorien vertröstet. Es wird nicht anerkannt, dass die Sonderschulen einen ausserordentlich wichtigen Auftrag gemäss Volksschulgesetz (sGS 213.1; abgekürzt VSG) ausführen. Leider argumentiert die Regierung mit Zahlen und Quoten, die Bedürfnisse der betroffenen Kinder kommen zu kurz. Dramatisch ist die Situation z.B. im hochspezialisierten Sonderschulheim Kronbühl in Wittenbach. Dort nämlich werden die mit Abstand verletzlichsten Kinder beschult. Auch dieses Heim ist vom Notstand betroffen. Es gibt für diese Kinder aber keine Alternativen zur Beschulung und wir folgern daraus, dass der Leidensdruck sehr, sehr hoch ist. Die Volksschulen müssen nun Zwischenlösungen stemmen, die für alle Beteiligten insgesamt unbefriedigend sind. Kann mir die Regierung bitte erklären, warum die Schule Rorschacherberg einen heilpädagogischen Notkindergarten mit vier Kindern aus drei Gemeinden führt? Die Gemeinden finanzieren mittlerweile 50 Prozent der gesamten Sonderschulkosten. Die Steuerung erfolgt ausschliesslich über das Bildungsdepartement und erscheint uns ebenfalls nicht mehr adäquat. | Session des Kantonsrates vom 19. bis 21. September 2022 |
21.9.2022 | Beschluss | Der Kantonsrat stimmt dem Antrag Etterlin-Rorschach mit 56:46 Stimmen bei 2 Enthaltungen zu. | Session des Kantonsrates vom 19. bis 21. September 2022 |
21.9.2022 | Wortmeldung | Etterlin-Rorschach: beantragt Diskussion. Im Namen der Erstunterzeichnenden stelle ich, gestützt auf Art. 122 des Geschäftsreglements des Kantonsrates (sGS 131.11), Antrag auf Diskussion und begründe das folgendermassen: Über Vertretende fast aller Fraktionen haben wir diesen dringlichen Vorstoss mit dem Titel «Notstand in den St.Galler Sonderschulen» eingereicht. Die Situation in zahlreichen Schulen ist gravierend. Wir sind Vertreter und Vertreterinnen aus der Praxis, mit direktem Praxisbezug. Wir kennen die Kinder, die den bildungsrätlichen Quoten und Statistiken zum Opfer fallen könnten. Bitte glauben Sie mir, wir bilden uns das nicht nur ein. Die Antwort der Regierung vermittelt den Eindruck, dass alles in Ordnung sei. Noch grösser könnte die unterschiedliche Wahrnehmung nicht sein. | Session des Kantonsrates vom 19. bis 21. September 2022 |
21.9.2022 | Wortmeldung | Session des Kantonsrates vom 19. bis 21. September 2022 | |
20.9.2022 | Wortmeldung | Schöb-Thal, Ratsvizepräsidentin, stellt Dringlicherklärung der Interpellation fest. | Session des Kantonsrates vom 19. bis 21. September 2022 |
20.9.2022 | Wortmeldung | Schöb-Thal, Ratsvizepräsidentin: Die Regierung bestreitet die Dringlichkeit nicht. | Session des Kantonsrates vom 19. bis 21. September 2022 |