Geschäft: Anpassung der Asyl-Fürsorge auf 80 Prozent der Regel-Sozialhilfe
Komitee | Kantonsrat |
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Nummer | 42.22.14 |
Titel | Anpassung der Asyl-Fürsorge auf 80 Prozent der Regel-Sozialhilfe |
Art | KR Motion |
Thema | Gesundheitspflege, Sozialversicherung, Sozialhilfe |
Federführung | Departement des Innern |
Eröffnung | 15.6.2022 |
Abschluss | pendent |
Letze Änderung | 19.1.2023 |
vertraulich | Nein |
öffentlich | Ja |
dringend | Nein |
Datum | Akteur | Titel | Letze Änderung |
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15.6.2022 | Gremium | Erstunterzeichner/-in - SP-Fraktion 2020/2024 | 2.6.2024 |
Datum | Titel | Resultat | öffentlich | ||||
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Ja | Bedeutung | Nein | Bedeutung | Absent / Enthaltung | |||
15.2.2023 | Eintreten | 21 | Zustimmung | 81 | Ablehnung | 18 |
Datum | Typ | Wortlaut | Session |
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15.2.2023 | Beschluss | Der Kantonsrat tritt mit 81:21 Stimmen bei 1 Enthaltung nicht auf die Motion ein. | Session des Kantonsrates vom 13. bis 15. Februar 2023, Frühjahrssession |
15.2.2023 | Wortmeldung | Regierungsrätin Bucher: Auf die Motion ist nicht einzutreten. Ich möchte nochmals festhalten, dass die Ansätze für die Asylsozialhilfe in unserem Kanton markant reduziert sind – teilweise über 50 Prozent. Die Regierung ist sich dessen bewusst, jedoch handelt es sich dabei um eine bundesrechtliche Vorgabe. Die Regierung erachtet die Reduktion der Sozialhilfe für gewisse Personen aus dem Asylbereich und für Personen mit Schutzstatus S als kritisch – erst recht bei einer derart starken Reduktion. Die Gründe dafür liegen auf der Hand. Viele vorläufig aufgenommene Personen bleiben letztlich länger in der Schweiz. Ihre Integration wäre wichtig – auch aus wirtschaftlichen Gründen. Für die Integration und die Bestreitung des Lebensunterhalts benötigen die Personen entsprechende Mittel. Wichtig ist zu betonen, dass die Zuständigkeit für die Sozialhilfe in unserem Kanton bei den Gemeinden liegt. Die Gemeinden haben bereits Massnahmen ergriffen und die Ansätze erhöht und sie werden das bestimmt wiederholen, sollte sich dafür die Notwendigkeit zeigen. | Session des Kantonsrates vom 13. bis 15. Februar 2023, Frühjahrssession |
15.2.2023 | Wortmeldung | Scherrer-Degersheim (im Namen der Mitte-EVP-Fraktion): Auf die Motion ist nicht einzutreten. Ergänzend möchte ich bemerken, dass der reduzierte Anspruch auf Sozialhilfeleistungen der Asylsuchenden, der vorläufig aufgenommenen Personen und der Personen mit Schutzstatus S in der Bundesgesetzgebung vorgeschrieben ist. Auch im eidgenössischen Asylgesetz (SR 142.31; abgekürzt AsylG) ist festgehalten, dass für Asylsuchende und Schutzbedürftige ohne Aufenthaltsbewilligung die Unterstützung nach Möglichkeit in Form von Sachleistungen auszurichten sei. Die Motion der SP-Fraktion ist unseres Erachtens nicht der richtige Weg, diese Thematik anzugehen. Es ist kein spezifisches Problem unseres Kantons, sondern eine Thematik, die alle Kantone betrifft. | Session des Kantonsrates vom 13. bis 15. Februar 2023, Frühjahrssession |
15.2.2023 | Struktur | Weiterführung der Eintretensdiskussion vom Vortag | Session des Kantonsrates vom 13. bis 15. Februar 2023, Frühjahrssession |
14.2.2023 | Wortmeldung | Jäger-Vilters-Wangs, Ratspräsident: Der Kantonsrat setzt die Eintretensdiskussion morgen Mittwoch fort. | Session des Kantonsrates vom 13. bis 15. Februar 2023, Frühjahrssession |
14.2.2023 | Wortmeldung | Surber-St.Gallen: Auf die Motion ist einzutreten. Ich möchte ein Missverständnis ausräumen. Wir haben von Schmid-Buchs gehört, dass vorläufig aufgenommene Personen in der Schweiz keinen Aufenthaltstitel hätten und nicht hier sein dürften. Dies ist falsch. Vorläufig aufgenommene Personen verfügen über eine Bewilligung in der Schweiz, nämlich die F-Bewilligung. Sie werden deshalb vorläufig aufgenommen, da in der Regel die Situation in ihrem Herkunftsland eine Rückführung, eine Rückschaffung, eine Wegweisung nicht zulässt. Dabei gelangt das Non-Refoulement-Prinzip zur Anwendung. Dieses verbietet es, Personen in ein Land zurückzuschaffen, in dem ihnen Verfolgung oder unmenschliche Behandlung droht. Diese Personen erfüllen die Flüchtlingseigenschaft nicht. Dafür müsste geltend gemacht werden können, dass man persönlich an Leib und Leben bedroht ist. Dass jedoch die Situation im Herkunftsland die Rückführung nicht zulässt, ist z.B. bei vielen aus Syrien geflüchteten Personen so. Diese allgemeine Bedrohungssituation, diese kriegerische Situation in ihrem Herkunftsland macht es notwendig, dass sie in der Schweiz verbleiben dürfen. Ein weiterer Fakt ist, dass sehr viele Personen lange bei uns bleiben und wir grosses Interesse daran haben, dass sich diese Personen in der Schweiz integrieren können. Die Grundproblematik liegt darin, dass wenn wir diese Leute unter dem Existenzminimum leben lassen, dies deren Integration behindert. Denn wie soll sich jemand ohne finanzielle Mittel integrieren? Das ist eine riesige Herausforderung. Diese Menschen haben ein Anrecht auf ein menschenwürdiges Leben in der Schweiz. Als Gesellschaft haben wir ein Interesse daran, dass sich diese Menschen gut integrieren können, auch mit den erforderlichen Mitteln. | Session des Kantonsrates vom 13. bis 15. Februar 2023, Frühjahrssession |
14.2.2023 | Wortmeldung | Huber-Oberriet legt seine Interessen als Präsident der VSGP offen. Auf die Motion ist nicht einzutreten. Wie bereits mehrmals in Voten erwähnt, hat die VSGP auf Anfang dieses Jahres die Ansätze angepasst. Wir liegen weder in der oberen noch in der unteren Hälfte, sondern in der guten Mitte in der Schweiz. Wie bereits erwähnt, werden Wohnungsmieten, Krankenkasse, Strom und Heizkosten bezahlt. Es liegt in der Kompetenz der Gemeinde. Deshalb darf sich der Kantonsrat da nicht einmischen. | Session des Kantonsrates vom 13. bis 15. Februar 2023, Frühjahrssession |
14.2.2023 | Wortmeldung | Lüthi-St.Gallen (im Namen der GLP): Auf die Motion ist nicht einzutreten. Wir können das Anliegen der Motionäre sehr gut nachvollziehen. Eine substanzielle Anpassung der bisherigen Asylsozialhilfeansätze, die bis vor kurzem seit Jahren unverändert angewendet wurden, wäre wichtig. Der im Kanton auf dieses Jahr erfolgte Ausgleich der aufgelaufenen Teuerung war ein erster Schritt, dem in naher Zukunft weitere folgen müssen. Auch nach dieser Anpassung wird z.B. eine Einzelperson mit weniger als der Hälfte der Regelsozialhilfe unterstützt. Ich kenne die Situation von vorläufig aufgenommenen Personen in der Stadt St.Gallen. Im direkten Austausch mit Betroffenen habe ich erfahren, wie schwer es ist, als Einzelperson mit monatlich Fr. 500.– das Leben zu bestreiten oder als alleinerziehende Mutter gemeinsam mit dem Kind mit rund 900 Franken ein menschenwürdiges Leben zu führen. In einem aktuellen Verwaltungsgerichtsentscheid aus dem Kanton Bern wurde die Thematik der Asylsozialhilfe sorgfältig dargestellt. In diesem wegleitenden Urteil weist das Gericht auf die Verletzung des verfassungsmässigen Anspruchs auf Rechtsgleichheit hin. Jetzt bitte ich Schmid-Buchs, gut zuzuhören: Vorläufig aufgenommene Ausländerinnen und Ausländer sowie vorläufig aufgenommene Flüchtlinge werden hinsichtlich der Sozialhilfeleistungen grundlegend unterschiedlich behandelt, obwohl ihre rechtliche sowie faktische Situation weitgehend identisch ist. Das Gericht kommt deshalb zum Schluss, dass eine vorläufig aufgenommene Ausländerin nach einem zehn Jahre dauernden Aufenthalt in der Schweiz mit 85 Prozent der Regelsozialhilfe unterstützt werden muss. Es handelt sich nicht um Menschen, die nicht bei uns sein sollten. Es handelt sich nicht um abgewiesene, sondern um vorläufig aufgenommene Personen, die sehr lange bei uns bleiben oder für immer. In unserem Kanton sind die Gemeinden für die Festlegung der Sätze zuständig. Wir appellieren jedoch an die VSGP: Es benötigt weitere Schritte im Bereich der Asylsozialhilfe, und dies unabhängig von der Flüchtlingskrise in der Ukraine. | Session des Kantonsrates vom 13. bis 15. Februar 2023, Frühjahrssession |
14.2.2023 | Wortmeldung | Schmid-Buchs (im Namen der SVP-Fraktion): Auf die Motion ist nicht einzutreten. Die Sozialhilfe liegt in der Zuständigkeit der Gemeinden. Eine durch den Kantonsrat verfügte Erhöhung der Asylfürsorge, die letztlich durch die Bürgerinnen und Bürger der Gemeinden bezahlt werden muss, erachten wir deshalb als den falschen Weg. Ich äussere mich zu unserem fehlgeleiteten Asylsystem, der Haltung der Regierung und der damit verbundenen Asylvorsorge. Wenn ich lese, dass vorläufig aufgenommene Personen ohne Flüchtlingseigenschaft Sozialhilfe beziehen, wenn auch in reduziertem Mass, kann ich dies nicht verstehen. Diese Personen haben nachweislich keinen Anspruch, in der Schweiz zu leben. Dennoch haben diese Menschen Anspruch auf Leistungen, die jede Person, die einer Erwerbstätigkeit nachgeht, selbst bezahlen muss. Wir bezahlen die Krankenkassenprämien dieser Menschen. Wir sanieren ihnen die Zähne, da die Gemeinden nach den SKOS-Richtlinien Zahnarztkosten für Kontrolle, Dentalhygiene und weitere Behandlungen bei Notwendigkeit bezahlen müssen. Wir bezahlen diesen Personen eine Wohnung einschliesslich Hausrats- und Haftpflichtversicherung. Wir bezahlen die Stromrechnung unabhängig der Energiepreishöhe. Diese Liste ist nicht abschliessend. Ich fühle mich nicht gut, wenn ich daran denke, dass wir diese Leistungen einer stetig wachsenden Gruppe von Menschen bezahlen sollen. Eine Gruppe, die nicht einen grossen Teil ihres Lebens in der Schweiz gearbeitet und damit nicht in unsere Sozialwerke eingezahlt hat. Wie lange kann das gutgehen? Die SVP bleibt an diesem Thema dran und behält sich vor, Vorstösse dazu einzureichen. | Session des Kantonsrates vom 13. bis 15. Februar 2023, Frühjahrssession |
14.2.2023 | Wortmeldung | Benz-St.Gallen (im Namen der GRÜNE-Fraktion): Auf die Motion ist einzutreten. Die SKOS-Richtlinien ermöglichen nur einen sehr tiefen Lebensstandard. Es ist schwer vorstellbar, dass man in der wohlhabenden Schweiz mit noch weniger Geld auskommen kann. Asylsuchende sollen nach Asylgesetz (SR 142.31; abgekürzt AsylG) weniger Unterstützung erhalten als Einheimische, Ausländerinnen mit Aufenthaltsbewilligung und anerkannte Flüchtlinge. Das bedeutet jedoch nicht, dass die Sozialhilfe auf 50 Prozent reduziert werden muss. Die Regierung findet die starke Reduktion ebenfalls nicht sachgerecht. Sie will trotzdem nicht auf die Motion eintreten, da die Zuständigkeit bei den Gemeinden liegt und diese beschlossen haben, die Ansätze wenigstens um 10 Prozent zu erhöhen. Wir sind der Meinung, dass der Kantonsrat die Verantwortung trägt, wie es den Asylsuchenden in unserem Kanton geht. Wir können das nicht den Gemeinden delegieren, mit den Schultern zucken und erklären, dass es uns nichts angeht. 50 Prozent der bereits tiefen SKOS-Ansätze sind für Schweizer Verhältnisse unwürdig tief. Die SP beantragt 80 Prozent. Das entspricht dem AsylG und unseren Grundsätzen einer humanen Gesellschaft. | Session des Kantonsrates vom 13. bis 15. Februar 2023, Frühjahrssession |
14.2.2023 | Wortmeldung | Abderhalden-Nesslau (im Namen der FDP-Fraktion): Auf die Motion ist nicht einzutreten. Wie die Regierung schreibt, ist sich die FDP genauso bewusst, dass aufgrund der unterschiedlichen Strukturen die interkantonale Vergleichbarkeit der Ansätze des Grundbedarfs für den Lebensunterhalt schwierig ist. Diese Ansätze sind in unserem Kanton je nach Haushaltsgrösse teilweise markant reduziert. Die Zuständigkeit im Bereich der Sozialhilfe und somit auch der Asylsozialhilfe liegt bei den Gemeinden. Die entsprechenden Ansätze des Grundbedarfs für den Lebensunterhalt wurden ab dem Jahr 2023 durchschnittlich um 10 Prozent erhöht. | Session des Kantonsrates vom 13. bis 15. Februar 2023, Frühjahrssession |
14.2.2023 | Wortmeldung | Sulzer-Wil (im Namen der SP-Fraktion): Auf die Motion ist einzutreten. Schutzbedürftige ohne Aufenthaltsbewilligung wie auch vorläufig aufgenommene Ausländerinnen und Ausländer erhalten bedeutend tiefere Unterstützungsleistungen als anerkannte Flüchtlinge oder Personen, die in der wirtschaftlichen Sozialhilfe sind. Diese tiefen Unterstützungsleistungen schränken die Teilhabemöglichkeiten dieser Menschen stark ein, z.B. auch die Möglichkeiten der ukrainischen Flüchtlinge mit Schutzstatus S im Kanton. Diese Erkenntnisse sind ebenfalls auf die vorläufig Aufgenommenen zu übertragen, bei denen nach Bundesrecht der Auftrag zur beruflichen und sozialen Integration besteht. Eine Integration mit solch bescheidenen Ansätzen ist wirklich nur sehr schwer möglich. Die Vereinigung St.Galler Gemeindepräsidentinnen und Gemeindepräsidenten (VSGP) hat für das laufende Jahr die Ansätze angepasst, was grundsätzlich gut ist. Jedoch liegen die Unterstützungsleistungen für vorläufig Aufgenommene und Schutzbedürftige ohne Aufenthaltsbewilligung je nach Haushaltsgrösse immer noch bei weniger als der Hälfte gegenüber dem Lebensunterhalt in der ordentlichen Sozialhilfe. Weniger als die Hälfte, und das, obwohl die Mittel demselben Zweck dienen. Der Grundbedarf für den Lebensunterhalt soll eine menschenwürdige Existenz und damit einen minimalen Lebensstandard garantieren. Möglicherweise ist nicht allen bekannt, welche finanzielle Unterstützung Asylsuchende und vorläufig aufgenommene Ausländerinnen im Kanton erhalten. Eine Einzelperson erhält z.B. Fr. 500.– pro Monat. Das sind Fr. 16.– pro Tag für Essen, Hygiene, Kleidung und öV. Überlegen Sie sich, wie Sie als Einzelperson mit Fr. 16.– pro Tag in der Schweiz ein gutes Leben verbringen können. Sind Sie tatsächlich der Ansicht, dass dieser Betrag für ein menschenwürdiges Dasein genügt? Die Regierung anerkennt, dass diese sehr starke Reduktion der Sozialhilfe für diese Zielgruppe nicht sachgerecht ist. Es ist korrekt, dass die Asylsozialhilfe in unserem Kanton Sache der Gemeinden ist. M.E. hat auch die Regierung eine Verantwortung, und wenn die Ansätze im Kanton offensichtlich zu tief sind, sollte sie aktiv werden und einen entsprechenden Nachtrag zum Sozialhilfegesetz (sGS 381.1; abgekürzt SHG) vorlegen. Macht die Regierung das nicht, muss der Kantonsrat übernehmen. Ich bitte Sie, den Druck aufrechtzuerhalten, damit wir die Lebensbedingungen für diese Menschen tatsächlich verbessern können. | Session des Kantonsrates vom 13. bis 15. Februar 2023, Frühjahrssession |
14.2.2023 | Wortmeldung | Schöb-Thal, Ratsvizepräsidentin: Die Regierung beantragt Nichteintreten auf die Motion. | Session des Kantonsrates vom 13. bis 15. Februar 2023, Frühjahrssession |