Geschäft: Gute Deutschkenntnisse als Voraussetzung für die Einbürgerung
Komitee | Kantonsrat |
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Nummer | 42.22.11 |
Titel | Gute Deutschkenntnisse als Voraussetzung für die Einbürgerung |
Art | KR Motion |
Thema | Erziehung, Bildung, Kultur |
Federführung | Departement des Innern |
Eröffnung | 13.6.2022 |
Abschluss | pendent |
Letze Änderung | 7.9.2022 |
vertraulich | Nein |
öffentlich | Ja |
dringend | Nein |
Datum | Akteur | Titel | Letze Änderung |
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14.6.2022 | Gremium | Erstunterzeichner/-in - SVP-Fraktion 2020/2024 | 2.6.2024 |
Datum | Titel | Resultat | öffentlich | ||||
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Ja | Bedeutung | Nein | Bedeutung | Absent / Enthaltung | |||
14.2.2023 | Eintreten | 34 | Zustimmung | 74 | Ablehnung | 12 |
Datum | Typ | Wortlaut | Session |
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14.2.2023 | Beschluss | Der Kantonsrat tritt mit 74:34 Stimmen nicht auf die Motion ein. | Session des Kantonsrates vom 13. bis 15. Februar 2023, Frühjahrssession |
14.2.2023 | Wortmeldung | Regierungsrätin Bucher: Dem Antrag der Regierung ist zuzustimmen. Sehr viele Gründe dafür, die sie auch dem Antrag der Regierung entnehmen können, haben viele Vorrednerinnen und der soeben gehörte Vorredner bereits genannt. Ich möchte Sie auf zwei zusätzliche Aspekte hinweisen, die m.E. entscheidend sind und dazu führen müssen, dass diese Motion abzulehnen ist. Wenn wir für eine ordentliche Einbürgerung das Sprachniveau B2 verlangen, verstärken wir eine Ungleichbehandlung der beiden Instrumente «erleichterte Einbürgerung» und «ordentliche Einbürgerung». Die Motionärinnen berufen sich auf das Stimm- und Wahlrecht. Diese Argumentation führt zu einer noch stärkeren Ungleichbehandlung, als heute bereits Tatsache ist, obwohl beide Kategorien von eingebürgerten Menschen das gleiche Stimm- und Wahlrecht erhalten. Es ist nicht nachvollziehbar, wenn man diese Hürde noch weiter auseinandergehen lässt. Ich bitte Sie, insbesondere auch aus gesellschaftspolitischer Sicht, nicht auf diese Motion einzutreten. Wenn wir für die Einbürgerung solch strenge Anforderungen an die Sprachkenntnisse stellen, benachteiligen wir Menschen, die über ein tiefes Bildungsniveau verfügen, sprachlich weniger begabt oder finanziell schlechtergestellt sind und sich teure Sprachkurse schlicht nicht leisten können. | Session des Kantonsrates vom 13. bis 15. Februar 2023, Frühjahrssession |
14.2.2023 | Wortmeldung | Aerne-Eschenbach (im Namen der Mitte-EVP-Fraktion): legt seine Interessen als Gemeindepräsident und Präsident der Einbürgerungskommission der Gemeinde Eschenbach offen. Auf die Motion ist nicht einzutreten. Wir beurteilen es als äusserst wichtig, dass die sprachliche Kompetenz als Grundlage für eine erfolgreiche Integration bzw. erfolgreiche Einbürgerung ein zentrales Element darstellt. Diese muss ausnahmslos erfüllt sein. Hingegen erachten wir eine weiterführende gesetzliche Regelung, zusätzlich zu den geltenden Bestimmungen im kürzlich überarbeiteten Bürgerrechtsgesetz, als nicht angezeigt. Eine erfolgreiche Integration, insbesondere das Verfügen über gute Deutschkenntnisse zur Verständigung mit den Behörden und der einheimischen Bevölkerung, ist bereits als gesetzlicher Bestandteil im Einbürgerungsverfahren klar geregelt. Die Einbürgerungsräte prüfen die sprachliche Kompetenz der Bewerberinnen und Bewerber im Rahmen ihrer Tätigkeit im Einbürgerungsverfahren. Als Präsident des Einbürgerungsrates der Gemeinde Eschenbach darf ich von einer gewissen Erfahrung in solchen Verfahren sprechen. Im Zuge des Einbürgerungsverfahrens werden in jedem Fall persönliche Gespräche mit den Kandidatinnen und Kandidaten geführt. Bei dieser Gelegenheit wird nach den geltenden gesetzlichen Vorgaben der sprachlichen Kompetenz eine sehr hohe Bedeutung zugemessen und in jedem Fall gut geprüft. Verfügt eine Kandidatin oder ein Kandidat nicht über ausreichende sprachliche Kompetenzen, werden die Voraussetzungen für die Fortsetzung des Verfahrens nach den gesetzlichen Bestimmungen nicht erfüllt. Die Mitte-EVP-Fraktion erachtet die gültigen gesetzlichen Bestimmungen als ausreichend. | Session des Kantonsrates vom 13. bis 15. Februar 2023, Frühjahrssession |
14.2.2023 | Wortmeldung | Schmid-Buchs: Auf die Motion ist einzutreten. Ich staune ab gewissen Äusserungen und frage mich, ob man sich überhaupt mit den Grundlagen beschäftigt hat. In den Anforderungen für eine B1-Sprachzertifizierung nach dem europäischen Referenzrahmen steht z.B.: «Ich kann die Hauptpunkte verstehen, wenn klare Standardsprache verwendet wird und wenn es um vertraute Dinge aus Arbeit, Schule, Freizeit usw. geht.» Denken Sie tatsächlich, dass es bei unseren Abstimmungen – ein Schweizer Bürger darf abstimmen – immer um vertraute Themen geht? Sind alle Bürgerinnen und Bürger Steuerexperten? Wenn sie nur vertraute Dinge verstehen, können sie sich keine klare Meinung zu einem vielschichtigen Abstimmungsthema bilden. Im Gegensatz dazu verfügt jemand, der in der Schweiz aufgewachsen, zur Schule gegangen und deutscher Muttersprachler ist, über einen komplett anderen Zugang, auch zu komplexen Themen. Diese Person kann sich das Wissen erarbeiten. Eine Person, die das nicht kann, wird diesbezüglich Mühe haben. Ich habe kein Interesse daran, dass wir Abstimmungsunterlagen zukünftig in verschiedenste Sprachen übersetzen, nur weil diese Leute das nicht verstehen. Wir stimmen über konkrete und abstrakte Themen ab. Das ist Fakt. Bei einer Abstimmung für einen Schulhausneubau-Kredit oder eine Steuergesetzanpassung ist, wenn ich den europäischen Referenzrahmen richtig interpretiere, B2-Niveau zwingend nötig. Hauser-Sargans hat gesagt, dass die Französischkenntnisse von manchen Bürgerinnen und Bürgern nicht ausreichen. Glücklicherweise sind unsere Abstimmungsunterlagen in deutscher Sprache. Ich gestehe, dass meine Französischkenntnisse wahrscheinlich nicht über dem B1-Niveau liegen. Möchte ich jedoch in der Welschschweiz, in Frankreich oder in einem afrikanischen Land leben, wo ich der französischen Sprache mächtig sein muss, würde ich alles daransetzen für die Erarbeitung dieser Grundlagen. Damit könnte ich am öffentlichen Leben teilnehmen und mich integrieren. Bitte reissen Sie nicht Dinge aus dem Kontext. B2 ist zwingend notwendig, um am Leben eines Schweizer Bürgers vollumfänglich teilhaben zu können. | Session des Kantonsrates vom 13. bis 15. Februar 2023, Frühjahrssession |
14.2.2023 | Wortmeldung | Lüthi-St.Gallen (im Namen der GLP): Auf die Motion ist nicht einzutreten. Gute Deutschkenntnisse sind wichtig, jedoch sind die Anforderungen für die Einbürgerung in unserem Kanton mit B1 bereits sehr hoch. Wenn, dann müsste man bei der vereinfachten Einbürgerung genauer hinschauen. Dies liegt jedoch in der Kompetenz des Bundes. Bei der ordentlichen Einbürgerung liegt der Kanton bereits über den Anforderungen des Bundes. Nur wenige Kantone aus der Deutschschweiz verfügen über höhere Anforderungen. Die Erschwerung der Einbürgerung erachten wir gesellschaftspolitisch und auch bezüglich der Standortattraktivität für Arbeitnehmende als kontraproduktiv. Wenn wir über die Anforderungen zur Einbürgerung diskutieren, gäbe es aus unserer Sicht Handlungsbedarf. So hinterfragen wir z.B. die Bedingung, dass jemand fünf Jahre in derselben Gemeinde wohnen muss. Dies ist heute, wo alle sehr mobil sind, nicht mehr zeitgemäss. Darum geht es in der vorliegenden Motion jedoch nicht. | Session des Kantonsrates vom 13. bis 15. Februar 2023, Frühjahrssession |
14.2.2023 | Wortmeldung | Losa-Mörschwil: Auf die Motion ist nicht einzutreten. Ich kann bis zu einem gewissen Grad den Motionären folgen und bin mit ihnen einig, dass für eine Einbürgerung gewisse Sprachkenntnisse in wenigstens einer Landessprache nötig sind. Wer sich in der Schweiz einbürgern lassen möchte, muss in der Lage sein, z.B. einen Brief von der Schule des Kindes in den Hauptpunkten zu verstehen und darauf reagieren zu können. Weiter bin ich einig, dass es keine Dolmetscherin brauchen soll, damit der betreuende Elternteil dem Kind einen Sonnenhut für die Schulreise einpackt. Die Person soll in der Lage sein, alltägliche Situationen im Leben selbständig meistern zu können, wie z.B. einen einfachen Arztbesuch oder ein Elterngespräch. Das alles ist mit dem Level B1 vorhanden, und es scheint mir richtig, dass wir daran festhalten. Was die Motionäre aber fordern, geht über das Ziel hinaus. Ich bin dankbar, dass die Regierung und offensichtlich auch die Mehrheit des Kantonsrates das so sieht. Es kann nicht sein, dass wir von den Menschen für eine Einbürgerung ein Sprachkompetenzniveau verlangen, über das viele Schweizer nicht verfügen. Wenn ein Level B2 für die Mitglieder des Kantonsrates gefordert würde, müssten wohl einige von uns in den Nachhilfeunterricht. Das Level B2 beinhaltet nicht nur das Verstehen von komplexen Texten, sondern eine ganze Menge Grammatik, wie z.B. zweiteilige Konnektoren, Alternativen, Gegensätze, Aufzählungen, Passiv- oder Aktivsätze, Partizip I und II als Adjektive usw. Wir leben im Kanton mit vielen Menschen, die einer Anforderung von B2 in der deutschen Sprache nicht gewachsen wären, aber verantwortungsvoll und aktiv ihren Alltag meistern. Dies betrifft Menschen aus anderen Ländern oder in unserem Land geborene und aufgewachsene Personen. Das soll auch so bleiben. | Session des Kantonsrates vom 13. bis 15. Februar 2023, Frühjahrssession |
14.2.2023 | Wortmeldung | Hauser-Sargans (im Namen der SP-Fraktion): Auf die Motion ist nicht einzutreten. Die SVP beantragt eine Erhöhung der Hürden für die Einbürgerung. Demzufolge sollte es nicht mehr genügen, Hauptpunkte zu verstehen, um sich über vertraute Dinge aus Arbeit, Schule, Freizeit usw. verständigen und damit die meisten Situationen bewältigen zu können. Nein, das reicht nun nicht mehr, denn es ist nur Referenzniveau B1. Stattdessen verlangt die SVP das Verfügen über das Niveau B2. Die Partei, die für sich reklamiert, so reden zu dürfen, wie einem der «Schnabel» gewachsen ist, verlangt ein höheres Bildungsniveau. Grundsätzlich finde ich das erfreulich. Aber was heisst das genau? Für die Einbürgerung bräuchte es das Verstehen komplexer Texte, und das nicht nur in konkreten, sondern auch in abstrakten Themen. So steht es in der Motion der SVP. Man müsse die Dinge nicht nur abstrakt verstehen, sondern man müsse sogar im eigenen Spezialgebiet auch Fachdiskussionen folgen und sich damit fliessend verständigen können. Wir, die Erwachsenen in der Schweiz, können alle wenigstens eine Fremdsprache. Das ist wunderbar. Wenn dieses Niveau B2 nun bedeuten würde, dass die Ausländer wenigstens so gut Deutsch sprechen sollten wie wir im Durchschnitt Französisch oder wie z.B. einige Nationalräte aus der Deutschschweiz, wäre diese Motion völlig harmlos. Dann würde ich ihr zustimmen, sie ist jedoch nicht so gemeint. Es wird von den Ausländern etwas gefordert, was ein grosser Teil von uns selber gar nicht kann. Die PISA-Studie zeigt, dass wenigstens 20 Prozent der Jugendlichen in der Schweiz das Niveau B2 nach Abschluss der Volksschule nicht gelingt. Und das nach neun Jahren Schule in der Schweiz. Es gibt wenig Grund zur Annahme, dass dies in der Zeit, bis diese Jugendlichen erwachsen sind, z.B. durch den Unterricht in allgemeinbildenden Fächern an den Berufsschulen, viel besser wird. Die SVP will offenbar für die Einbürgerung von Ausländern ein höheres Sprachniveau verlangen als von wenigstens einem Fünftel unserer ganz normalen Bevölkerung. Mir ist nicht bekannt, ob Sie bereits einmal einen heute existierenden Test gesehen haben. Ich gehe jede Wette ein, dass bei den derzeitigen Tests mit Niveau B1 mehr als einer aus diesem Saal durchfallen würde. Deutlich mehr wären es, wenn das Niveau auf B2 angehoben würde. Diese Motion ist reine Schikane. | Session des Kantonsrates vom 13. bis 15. Februar 2023, Frühjahrssession |
14.2.2023 | Wortmeldung | Abderhalden-Nesslau (im Namen der FDP-Fraktion): legt ihre Interessen als Mitglied des Gemeinderates von Nesslau und in dieser Funktion Mitglied der Einbürgerungsräte Nesslau, Krummenau und Stein offen. Auf die Motion ist nicht einzutreten. Die FDP begrüsst es, dass die Kantone nach dem totalrevidierten BüG gewisse Spielräume haben, welche die verpflichtenden Grundsätze ergänzen. In den vergangenen Jahren hat der Kanton die Mittel für die Integration, speziell im Bereich der Deutschkurse, stark ausgebaut. In der Begründung der Einbürgerung geben die meisten Antragstellenden an, dass sie eingebürgert werden möchten, um abzustimmen und die Schweiz mitzugestalten. Es ist deshalb richtig und wichtig, dass man für eine erfolgreiche Meinungsbildung über Deutschkenntnisse verfügt, die den mündlichen und schriftlichen Anforderungen des Sprachniveaus B1 entsprechen. | Session des Kantonsrates vom 13. bis 15. Februar 2023, Frühjahrssession |
14.2.2023 | Wortmeldung | Dudli-Oberbüren (im Namen der SVP-Fraktion): Auf die Motion ist einzutreten. Der Schweizer Pass ist ein kostbares Gut. So ist nach Art. 11 des Bundesgesetzes über das Schweizer Bürgerrecht (Bürgerrechtsgesetz [SR 141.0; abgekürzt BüG]) eine erfolgreiche Integration die Voraussetzung für die Erteilung der Einbürgerungsbewilligung. Nach Art. 12 BüG zeigt sich eine erfolgreiche Integration u.a. in der Fähigkeit, sich im Alltag in Wort und Schrift in einer Landessprache zu verständigen. Das Gesetz über das St.Galler Bürgerrecht (sGS 121.1, abgekürzt BRG) nennt gute Deutschkenntnisse zur Verständigung mit den Behörden und der einheimischen Bevölkerung. Nach dem BüG können die Kantone weitere Integrationskriterien vorsehen. Legen wir also das Augenmerk auf den Begriff «gut». Nach der Verordnung über das St.Galler Bürgerrecht (sGS 121.11, abgekürzt BRV) verfügt über gute Deutschkenntnisse, wer wenigstens das Referenzniveau B1 des Gemeinsamen europäischen Referenzrahmens für Sprachen (GER) des Europarates erreicht. Das Referenzniveau B1 wird wie folgt definiert: «Ich kann die Hauptpunkte verstehen, wenn klare Standardsprache verwendet wird und wenn es um vertraute Dinge aus Arbeit, Schule, Freizeit usw. geht. Ich kann in einfachen zusammenhängenden Sätzen sprechen, um Erfahrungen und Ereignisse oder meine Träume, Hoffnungen und Ziele zu beschreiben. Ich kann kurz meine Meinungen und Pläne erklären und begründen.» Darunter versteht man ernsthaft gute Deutschkenntnisse. Wer über diese definierten Sprachfähigkeiten verfügt, kann ein kostbares Gut erwerben: den Schweizer Pass. Zusätzlich erhält diese Person das Stimm- und Wahlrecht. Im Rahmen des Stimmrechts kann diese Person über konkrete und abstrakte Sachthemen abstimmen, die oft nicht vertrauten Sachverhalten aus Arbeit, Schule und Freizeit entsprechen. Auch wenn die Sachvorlagen in den Abstimmungsbüchlein möglichst einfach beschrieben werden, sind die Texte meist komplex. Der Staat bemüht sich mittlerweile vermehrt, dieser Verständigungs- bzw. Erklärungsproblematik mit sogenannt einfacher Sprache entgegenzuwirken. Ob dieses Bedürfnis den fehlenden Deutschkenntnissen eines immer grösser werdenden Bevölkerungsanteils geschuldet ist, bleibt offen. Der Bedarf, die Messlatten stets tiefer ansetzen zu müssen, ist kein gutes Zeichen. Anders ausgedrückt: Was der Bürger früher verstand, muss heute in kindlicher Sprache erklärt werden. Die Gründe für diese Entwicklung kann sich ein jeder selber ausmalen. Ergreift man Massnahmen gegen diese Entwicklung? Sich im Alltag – das schliesst das Verstehen des Abstimmungsbüchleins ein – nicht nur in klarer Standardsprache verständigen zu können bzw. müssen, wäre wünschenswert und zielführend. | Session des Kantonsrates vom 13. bis 15. Februar 2023, Frühjahrssession |
14.2.2023 | Wortmeldung | Schöb-Thal, Ratsvizepräsidentin: Die Regierung beantragt Nichteintreten auf die Motion. | Session des Kantonsrates vom 13. bis 15. Februar 2023, Frühjahrssession |