Geschäft: Gestaltungsprinzipien der Alterspolitik: Gutes Alter(n) gemeinsam aktiv gestalten

Übersicht
KomiteeKantonsrat
Nummer40.22.05
TitelGestaltungsprinzipien der Alterspolitik: Gutes Alter(n) gemeinsam aktiv gestalten
ArtKR Bericht
ThemaGesundheitspflege, Sozialversicherung, Sozialhilfe
FederführungDepartement des Innern
Eröffnung11.5.2022
Abschlusspendent
Letze Änderung18.8.2022
vertraulichNein
öffentlichJa
dringendNein
Dokumente
PubliziertTypTitelDatei
BerichtBericht der Regierung vom 10. Mai 2022
AllgemeinKommissionsbestellung des Präsidiums vom 13. Juni 2022
Statements
DatumTypWortlautSession
21.9.2022Wortmeldung

Jäger-Vilters-Wangs, Ratspräsident, stellt Kenntnisnahme vom Bericht Gestaltungsprinzipien der Alterspolitik: Gutes Alter(n) gemeinsam aktiv gestalten fest.

Session des Kantonsrates vom 19. bis 21. September 2022
21.9.2022Struktur

Die Spezialdiskussion wird nicht benützt.

Session des Kantonsrates vom 19. bis 21. September 2022
21.9.2022Wortmeldung

Jäger-Vilters-Wangs, Ratspräsident, stellt Eintreten auf die Vorlage fest.

Session des Kantonsrates vom 19. bis 21. September 2022
21.9.2022Wortmeldung

Regierungsrätin Bucher: Ich freue mich, dass wir auch zu vorgerückter Stunde noch eine engagierte Diskussion zur Alterspolitik führen können, und ich danke Ihnen jetzt schon für die sehr gute Aufnahme unseres Berichts und auch, dass Sie, so wie ich es vernommen habe, voraussichtlich darauf eintreten werden. Ich möchte mich an dieser Stelle auch bei den vielen Mitarbeitenden der beiden Departemente bedanken – meinem Departement und dem Gesundheitsdepartement –, die wirklich lange an diesem umfassenden Bericht gearbeitet haben, gemeinsam mit den Gemeinden, gemeinsam mit allen Akteuren in der Alterspolitik und auch mit einer sehr engagierten Begleitgruppe.

Gutes Alter(n) gemeinsam aktiv gestalten. Das sagt eigentlich alles zu diesem Bericht. Wir wollen gutes Alter, gutes Altern. Das heisst, wir wollen, dass die Menschen im Kanton St.Gallen im Alter – wie alt sie werden, ist auch immer eine Frage des persönlichen Gesundheitszustandes –, aber wir wollen, dass die Menschen bis ins hohe Alter eine hohe Lebensqualität haben. Wir wollen das Alter und das Altern aktiv gestalten. D.h., wir wollen im Kanton St.Gallen und wenn es um Alterspolitik geht, eine nicht an Defiziten gemessene, sondern eine ressourcenorientierte Alterspolitik betreiben, und wir wollen das gemeinsam tun. Wir wollen das gemeinsam tun, vor allem mit den Gemeinden, die hauptzuständig sind in diesem Bereich, die wichtige Arbeiten vor Ort übernehmen, die das Leben in den Quartieren gestalten. Wir wollen das gemeinsam machen mit den Institutionen, mit den Alters- und Pflegeheimen, mit den Spitälern. Wir wollen es auch mit den Spitexorganisationen machen. Wir wollen es mit den vielen Organisationen, die Freiwilligenarbeit betreiben, machen. Wir wollen es mit den freiwilligen Helferinnen und Helfern machen, mit dem Pflegepersonal und mit den betreuenden Angehörigen. Sie sehen, Alter und Altern ist wirklich eine gemeinschaftliche Aufgabe.

Erlauben Sie mir, auf ein paar Punkte, die in der Eintretensdiskussion erwähnt wurden, einzugehen: Als Erstes wurde zu Recht gesagt, dass die Kirchen im Bericht nicht erwähnt sind. Das ist in der Tat so. Es ist zu kurz gegriffen, wenn man sich, wie im Bericht festgehalten, darauf beschränkt zu sagen, dass gerade im Alter oder wenn es um Aspekte des Sterbens geht, Themen wie Spiritualität, Religion und der persönliche Glaube wichtig werden. Ich bin der festen Überzeugung, dass diese Themen das gesamte Leben lang eine Rolle spielen, und da spielen natürlich selbstverständlich die Kirchen, unsere Religionsgemeinschaften, eine sehr wichtige Rolle. Mein Departement steht in engem Austausch mit den Religionsgemeinschaften. Wir sind für den interreligiösen Dialog zuständig und wir organisieren auch jährlich die Konferenz «Religion und Staat». Bei dieser Konferenz haben wir uns letztens zum Thema Armut ausgetauscht. Aktuell bearbeiten wir das Thema Spitalseelsorge. In der Spitalseelsorge übernehmen unsere Religionsgemeinschaften sehr wichtige Aufgaben, und wir werden uns voraussichtlich im nächsten Jahr im Rahmen dieser Konferenz mit dem Thema Alter und Migration befassen. Sie sehen also, wir sind an diesem Thema durchaus dran, gemeinsam mit den Landeskirchen, mit den Freikirchen, mit den Religionsgemeinschaften, und wir werden das auch weiterhin unter dem Aspekt Alterspolitik tun.

Ebenfalls erwähnt wurde die Covid-Pandemie. Das ist sicher ein richtiger und wichtiger Hinweis, und ich habe es schon in der Kommission gesagt, das muss man einfach sagen, wir haben zu Beginn der Covid-Pandemie nicht gut reagiert. Ich habe Verständnis dafür, dass sich die Heime zu Beginn allein gelassen gefühlt haben. Wir haben das sofort korrigiert und entsprechende Stellen geschaffen, damit die Beratung der Heime in dieser sehr, sehr schwierigen Zeit besser funktioniert hat, und so, wie mir heute berichtet wird, funktioniert dieser Austausch gut. Es gibt Möglichkeiten, sich jederzeit zu Fragen der Hygiene usw. beraten zu lassen, und wir sind in einem engen Austausch mit den Heimen. Das hat uns natürlich auch vor viele schwierige ethische Fragen geführt und ich denke, es ist wichtig, dass man sich dieser Fragen laufend bewusst ist. Ich persönlich konnte mich bei einem Besuch in einem Altersheim davon überzeugen, konnte direkt von den Bewohnerinnen und Bewohnern hören, wie schwierig diese Zeit der Isolation für die Menschen war im Heim, wie schwierig es war, so lange von ihren Angehörigen getrennt zu sein. Ich habe auch mit dem Pflegepersonal gesprochen, das Unglaubliches geleistet hat in dieser Zeit. Es war wirklich eine schwierige Zeit und wir werden alles dafür tun, dass wir nicht mehr in diese Situation kommen, dass wir alle Bedürfnisse gut berücksichtigen, wenn wir wieder Entscheidungen zu treffen haben werden, was wir alle nicht hoffen.

Das Thema Wohnen wurde erwähnt. Im Bericht zieht sich ein Grundsatz durch, wenn es um den Bereich Wohnen geht, und das ist der Grundsatz «ambulant mit stationär». Das sagt eigentlich schon alles aus, wir stellen uns vor, wenn es um Wohnen im Alter geht, wenn es um Wohnformen im Alter geht, wenn es um die Pflege und Betreuung im Alter geht, dann geht der Weg nicht am Grundsatz «ambulant mit stationär» vorbei. D.h. flexible Modelle, integrierte Modelle, integrierte Versorgungsmodelle, das ist nicht nur ein Gebot der Zeit, die demografische Entwicklung und auch finanzpolitische Überlegungen zwingen uns dazu, diese Modelle anzustreben, aber vor allem ist es auch aus gesellschaftspolitischen Überlegungen heraus der richtige Weg, gerade auch aufgrund der Erfahrungen aus der Covid-Pandemie. Hier werden die Gemeinden und auch der Kanton gefordert sein, bedarfs- und bedürfnisgerechte Angebote aufzubauen und zur Verfügung zu stellen.

Es wurde auch das Thema Gesundheitsvorsorge/Gesundheitsversorgung erwähnt und gesagt, dieser Aspekt sei zu wenig beachtet worden. Ich möchte Ihnen an dieser Stelle sagen: Alter oder Altern ist aus Sicht der Regierung nicht nur oder nicht hauptsächlich ein Gesundheitsthema, sondern es ist ein Gesellschaftsthema. Es betrifft alle Bereiche des Lebens, dazu gehört selbstverständlich auch die Gesundheit. Das ist ein extrem wichtiger Teil, der massgeblich zur Lebensqualität beiträgt, aber es ist eben nur ein Aspekt und deshalb wurde auch zu Recht schon mehrmals gesagt, Alterspolitik ist eben Gesellschaftspolitik.

Wir haben mit diesen Gestaltungsprinzipien einen wichtigen Schritt gemacht. Wir haben die Leitlinien gemeinsam festgelegt. Wir haben ein gemeinsames Grundverständnis entwickelt, wie wir die Alterspolitik in unserem Kanton und in den Gemeinden gestalten wollen. Jetzt geht aber die Arbeit eigentlich erst so richtig los, und mit dieser Arbeit werden wir nicht warten bis 2040, Böhi-Wil, sondern wir werden sofort damit beginnen. Wir haben damit schon begonnen. Jetzt geht es an die Umsetzung dieser Gestaltungsprinzipien, nicht nur beim Kanton, sondern vor allem auch in den Gemeinden. Es braucht jetzt konkrete und umsetzbare Massnahmen, die muss man erarbeiten. Man muss auch die Frage der Finanzierung angehen. Es geht darum, dass jetzt in den Gemeinden kommunale Altersleitbilder erstellt werden können, es sollten regionale Konzepte erarbeitet werden, und auch das werden wir wenn immer möglich gemeinsam tun und die Gemeinden auch bei dieser wichtigen Aufgabe unterstützen. Auf diese weitere Arbeit, auf diese Umsetzungsarbeit, freue ich mich schon heute und ich danke Ihnen allen für die gute Aufnahme dieses Berichts.

Session des Kantonsrates vom 19. bis 21. September 2022
21.9.2022Wortmeldung

Raths-Rorschach (im Namen der FDP-Fraktion): Auf die Vorlage ist einzutreten.

Für die FDP ist eine zweckmässige und finanzierbare Alterspolitik von grosser Bedeutung. Dementsprechend müssen die Grundlagen dringend überarbeitet und den heutigen Bedürfnissen angepasst werden. Bedürfnisse, Herausforderungen und Rahmenbedingungen werden im Bericht ausführlich behandelt. Eine zweckmässige Alterspolitik ist auch zwischen den Gemeinden und dem Kanton abgestimmt.

Der Bericht ist sehr umfassend aufgebaut und deckt viele Herausforderungen ab. Bezüglich Finanzierung ist er wenig konkret, hier wünschen wir uns klarere Aussagen. Der Grundsatz «ambulant mit stationär» muss verstärkt vorgesehen werden. Ambulant und stationär sind nicht konkurrenzierende, sondern komplementäre Angebote. Positiv zu werten ist auch, dass der Bericht periodisch alle sechs Jahre einer Prüfung unterzogen werden soll.

Session des Kantonsrates vom 19. bis 21. September 2022
21.9.2022Wortmeldung

Mattle-Altstätten (im Namen der GLP): Ich lege meine Interessen offen, ich bin Stadtpräsident von Altstätten und in dieser Funktion auch Präsident einer Betriebskommission eines Altersheims und im Verwaltungsrat einer Genossenschaft, welche ein Altersheim führt. Auf die Vorlage ist einzutreten.

Wir bedanken uns für den interessanten und guten Bericht zu den Gestaltungsprinzipien der Alterspolitik. Er ist logisch strukturiert, inhaltlich konsistent und umfasst die Thematik, soweit wir es überblicken können, abschliessend. Dabei ist uns allen klar, dass die Gestaltungsprinzipien der Alterspolitik erst toter Buchstabe sind, welche noch zum Leben erweckt werden müssen und der Realitätscheck entsprechend noch vor uns liegt. Insofern ist es auch nachvollziehbar, dass zum heutigen Zeitpunkt die finanziellen Folgen noch nicht bekannt sind. Ich gehe davon aus, dass diese Diskussionen auch in diesem Rat und in den Gemeinden noch intensiv geführt werden. Die Gemeinden nehmen bei der Umsetzung der Alterspolitik eine zentrale Rolle ein. Entsprechend wird es auch sehr wichtig sein, die Gestaltungsprinzipien in diese zu tragen und dort zu verankern.

Die Grünliberalen begrüssen insbesondere den vorgeschlagenen Wechsel vom defizit- zum ressourcenorientierten Ansatz, welcher eine viel realistischere Sichtweise auf die ältere Bevölkerung, insbesondere jener im dritten Lebensalter, ermöglicht. Darüber hinaus stärkt dieser Ansatz auch die allgemeine Sichtweise auf die ältere Bevölkerung. Es sei hier erwähnt, dass Altersdiskriminierung weiterhin eine der häufigsten Diskriminierungsformen ist, auch bei uns in der Schweiz. Das allgemeine Bild der Bevölkerung auf ihre älteren Mitmenschen, so beweisen Studien, hat einen direkten Einfluss auf das Selbstbild und damit auf das Wohlbefinden und letztlich auf die Lebensqualität der älteren Person. Wenn wir nun also die Ressourcen der älteren Menschen, nicht mehr deren Defizite in den Mittelpunkt stellen, so ist es ein wichtiger und richtiger Schritt, von welchem wir im Übrigen auch für viele andere gesellschaftliche Bereiche lernen können.

In Bezug auf die infrastrukturellen Fragestellungen, insbesondere jene er geeigneten Wohnform, möchten wir anregen, dass hierbei auf möglichst flexible Lösungen gesetzt wird. Die Ausbuchtung in der Alterspyramide hält nicht ewig an. Irgendwann, wenn auch erst in etwas weiterer Zukunft, werden die geburtenschwächeren Jahrgänge alt. Es gilt darauf zu achten, dass wir dannzumal die für ältere Menschen erstellte Infrastruktur sinnvoll umnutzen können. Nicht, dass wir diese dann aufgrund eines hohen Leerstands zurückbauen und damit Unmengen an grauer Energie vernichten müssen.

Ich komme einmal mehr nicht umhin, ob unserer kantonalen Spitalstrategie den Kopf zu schütteln. Ich erspare es Ihnen, unser Konzept für ein adäquates und wohnortnahes ambulantes und stationäres geriatrisches Angebot in Altstätten nochmals zu erläutern. Aber wenn ich sehe, was wir uns nun in Sachen Alterspolitik grossartig auf die Fahne schreiben, dem aber in der Umsetzung offensichtlich keine Taten folgen lassen, so erwarte ich sehr gespannt auf den Fortschrittsbericht zu den Gestaltungsprinzipien der Alterspolitik in sechs Jahren. Dass der tote Buchstabe zum Leben erwacht, liegt massgeblich an uns: Wenn wir den Mund voll nehmen, so müssen wir dann auch bereit sein zu schlucken. Den Grünliberalen war und ist das bewusst. Wir sind gerne bereit, gutes Alter(n) aktiv mitzugestalten.

Session des Kantonsrates vom 19. bis 21. September 2022
21.9.2022Wortmeldung

Zschokke-Rapperswil-Jona (im Namen der GRÜNE-Fraktion): legt ihre Interessen als Präsidentin der Stiftung Alterswohnungen Jona offen. Auf die Vorlage ist einzutreten.

Für die Ausarbeitung des ausführlichen Berichts zur zukünftigen Gestaltung der Alterspolitik bedanken wir uns bei allen Beteiligten. Ich stelle fest, dass im Bericht viel Fachwissen zusammengetragen wurde und die komplexen Themenfelder aufgezeigt worden sind. Die gesellschaftlichen Veränderungen beeinflussen die Alterspolitik. Die neuen Erkenntnisse zum Bild des Alters sind in den Bericht eingeflossen.

Der Bericht ist als Grundlagenpapier und Vision heute bis 2040 zu lesen. Inwiefern die Gemeinden nebst den gesetzlich geregelten Zuständigkeiten die vorgeschlagenen Gestaltungsprinzipien umsetzen, bleibt ihnen überlassen. Der Bericht ist daher keine Befehlsausgabe an die Gemeinden. Auch die Verantwortlichkeiten zwischen Kanton und Gemeinden wurden vermutlich bewusst nicht vertieft dargestellt. Auch wenn im Anhang noch Umsetzungsbeispiele aufgezeigt werden, bleibt der Umsetzungsprozess, also der Weg zur Vision 2040, ziemlich offen. Der Beweis muss demnach noch erbracht werden, inwiefern der Bericht hilfreich für die Weiterentwicklung der kommunalen Alterspolitik ist, da er auf weiten Strecken doch sehr akademisch anmutet. Für die Gemeinden und Regionen sind die Herausforderungen im Zusammenhang mit der Alterspolitik bereits heute sehr gross. Dazu gehört insbesondere, gut ausgebildetes Pflege- und Betreuungspersonal zu finden und in den Institutionen zu behalten. Denn die Pflegenden und Betreuenden sind der Schlüssel zu einer guten Altersversorgung. Wir Grünen begrüssen es, dass die verschiedenen finanziellen Fehlanreize erkannt sind, die zu einem verfrühten stationären Aufenthalt in einer Pflegeinstitution führen.

Die medizinisch-pflegerischen Angebote sollen durch individuelle, bedürfnisorientierte Angebote ersetzt werden. Somit soll die Durchlässigkeit von stationären zu ambulanten oder intermediären Angeboten gefördert werden. Die Finanzierung bzw. die Gesetzgebung müssten dahin gehend angepasst werden. Damit kann auch der Bedarfskorridor für stationäre Pflegeplätze nach unten korrigiert werden. Etwas erstaunt sind die Grünen darüber, dass der Klimawandel im Bericht nicht thematisiert wurde. Es ist die ältere Generation, die von extremen Klimaeffekten stärker betroffen ist. Bspw. ist für ältere Personen die soziale Teilhabe ausser Haus an einem Hitzetag doch recht erschwert. Wir sehen, dass Alterspolitik auch Gesellschaftspolitik und ist uns alle betrifft.

Session des Kantonsrates vom 19. bis 21. September 2022
21.9.2022Wortmeldung

Krempl-Gnädinger-Goldach (im Namen der Mitte-EVP-Fraktion): Auf die Vorlage ist einzutreten.

Wir begrüssen es sehr, dass sich die Alterspolitik auf alle Menschen ab 65 Jahren bezieht, nicht nur auf gebrechliche, unterstützungsbedürftige oder kognitiv eingeschränkte Personen. Denn unsere Senioren und Seniorinnen sind sehr häufig agile, gesunde und mündige Personen, die Verantwortung übernehmen wollen, können und auch sollen. In diesem Sinne verstehen wir auch die Unterscheidung zwischen dem Gestaltungsprinzip 1, also der Teilnahme, und dem Gestaltungsprinzip 2, der aktiven Mitwirkung. So kann die öffentliche Hand Angebote machen, diese wahrnehmen und mitgestalten sollen die Senioren aber selber.

Wichtig ist uns auch die mehrfache Feststellung, dass die formelle, aber ganz besonders die informelle Freiwilligenarbeit unterstützt werden soll. Freiwillige leisten einen riesigen Beitrag am Wohl unserer Gesellschaft. Im Rahmen des vorliegenden Berichts werden berufstätige Angehörige erwähnt, die unter einer grossen Belastung stehen, in einen Vereinbarungskonflikt von Beruf und Care-Arbeit kommen können und unter Umständen gar an finanziellen Folgen leiden. Das ist richtig. Kaum erwähnt werden hingegen betreuende Angehörige, die selbst betagt oder erkrankt sind. Nicht selten gelangen diese an die Grenzen ihrer Belastbarkeit, was zu einem Zusammenbruch ihres Systems führen kann und die Aufnahme gleich mehrerer Personen in eine stationäre Einrichtung zur Folge hat.

Was unsere Delegation im Bericht vermisst hat, sind die Kirchen. Sowohl Landeskirchen wie auch Freikirchen übernehmen viele Aufgaben in allen Gestaltungsfeldern. Die Kirchen sind von zentraler Bedeutung für die Lebensqualität vieler Senioren, teilweise haben sie tragende Verantwortung in den Gemeinden. Sie sollten daher verstärkt in die Strategie des Kantons einbezogen werden.

Im Auge behalten müssen wir die Tatsache, dass das Wohnen in einem Heim für Ergänzungsleistungen beziehende Menschen unter Umständen günstiger ist als das Wohnen zuhause. Es sollte nicht nötig sein, dass Heimeintritte aus finanziellen Gründen geschehen. Das ist weder für die Betroffenen, für deren Familien noch für die Gesellschaft gut.

Auf S. 55 wird ein Bericht zur integrierten Versorgung in der Langzeitpflege im Kanton St.Gallen erwähnt. Gerne lassen wir uns zu gegebener Zeit weiter darüber informieren. Insgesamt beurteilt die Mitte-EVP-Fraktion den Bericht als gelungen.

Session des Kantonsrates vom 19. bis 21. September 2022
21.9.2022Wortmeldung

Böhi-Wil (im Namen der SVP-Fraktion): Auf die Vorlage ist einzutreten.

Wir begrüssen es, dass mit dem vorliegenden Bericht das Altersleitbild von 1996 abgelöst wird. Es war höchste Zeit, dass der Kanton die Thematik an die Entwicklung der letzten Jahre angepasst hat und dass dabei auch neue Erkenntnisse in der Altersforschung berücksichtigt wurden.

Der Bericht ist sehr umfangreich geworden, weil er den Anspruch hat, sämtliche Aspekte des Alters und, wie es originellerweise immer wieder heisst, vom Altern einzubeziehen. Der Bericht ist eine Art Auslegeordnung über die einzelnen Themen, die das Alter betreffen. Er beinhaltet eine grosse Zahl von Gestaltungsprinzipien und Gestaltungsansätzen. So gesehen ist er nicht spezifisch auf den Kanton St.Gallen ausgerichtet, und darum ist er ein eher theoretisches Werk, eine Art Grundlagendokument. Deshalb stellt sich die Frage, ob der grosse Aufwand für einen solchen Bericht, in welchem der Kanton praktisch das Rad neu erfinden will, wirklich verhältnismässig ist. Vielleicht hätte man sich auch in anderen Kantonen erkundigen können, ob ähnliche aktuelle Berichte verfügbar sind und/oder auf unsere Verhältnisse angepasst werden könnten. Die zum Teil sehr akademische Seite des Berichts zeigt sich auch darin, dass ich zitiere: «Hinweise und Lösungsvorschläge für die Gestaltung des Umsetzungsprozesses erst im Jahr 2040», ich wiederhole: 2040, geliefert werden sollen.

Dringenden Handlungsbedarf in gewissen Bereichen gibt es aber schon heute, bspw. in den Bereichen Gesundheitsvorsorge und Gesundheitsversorgung. Diese beiden Bereiche werden im Bericht zwar erwähnt, aber sehr wenig ausführlich. Das ist umso erstaunlicher, weil wir bekanntlich während der Covid-19-Pandemie in verschiedenen Alters- und Pflegeheimen traumatische Entwicklungen mitansehen mussten. Abgesehen vom fehlenden Schutzmaterial haben sich einzelne Institutionen zum Teil vom Kanton im Stich gelassen gefühlt, weil sie nur wenig Informationen bekommen haben, wie mit einer Pandemie in einem Alters- oder Pflegeheim umzugehen ist. Von der Selbstbestimmung, von der im Bericht wiederholt zu lesen ist, haben die Bewohnerinnen und Bewohner dieser Einrichtungen nicht viel gespürt, denn in Tat und Wahrheit mussten sie sich während Monaten der Fremdbestimmung unterziehen.

Ein weiteres aktuelles Thema betrifft die Digitalisierung, mit welcher viele ältere Menschen verständlicherweise Mühe haben. In diesem Bereich besteht Handlungsbedarf. Die Bedienungsfreundlichkeit und Kundenorientierung leiden oft unter dem Bestreben, möglichst viele Lebensbereiche zu digitalisieren. Dabei werden manchmal Instrumente verwendet, auch Tools genannt, die oft mehr für ihre Anbieter von Nutzen sind als für ihre Anwender. Die SVP-Fraktion wird auf den Bericht eintreten, erwartet aber von der Regierung, dass sie nicht bis 2040 wartet, um spezifische Massnahmen umzusetzen.

Session des Kantonsrates vom 19. bis 21. September 2022
21.9.2022Wortmeldung

Schulthess-Grabs (im Namen der SP-Fraktion): Ich lege meine Interessen als Gemeinderätin der Gemeinde Grabs offen. Ich hatte in der letzten Legislatur die Alterspolitik unter meinem Ressort. Auf die Vorlage ist einzutreten.

Der Bericht bietet eine gute Grundlage für eine zukünftige Alterspolitik im Kanton und für die Gemeinden. Wir meinen, dass Zuständigkeiten teilweise noch offen sind und die Finanzierung der geplanten Massnahmen noch etwas unklar ist. Die Vision ist richtigerweise inhaltlich sehr dicht, was der Thematik mit hohem Anspruch gerecht wird und die Umsetzung entsprechend anspruchsvoll macht. Wichtig scheint uns, dass neben Kanton und Gemeinden auch altersspezifische Organisationen, Betroffene und Angehörige eingebunden werden sollen. Bezüglich Gesundheitsversorgung sollten sich die Verantwortlichen zeitnah über entsprechende Angebote – geriatrische Angebote, Alterspsychiatrie – befassen und entsprechende Strategien aufzeichnen. Die SP-Delegation stellt fest, dass der Kanton und die Gemeinden bereits sehr viel in die richtige Richtung unternehmen. Wir möchten darau fhinweisen, dass es kostengünstigen Wohnraum für Menschen im Alter braucht. Gemeinden können mit aktiver und vorausschauender Bodenpolitik direkt Einfluss nehmen, damit kostengünstiger Wohnraum entsteht.

Menschen mit gesundheitlichen Problemen wie z.B. Demenz oder Delir sind angewiesen auf entsprechende Behandlungen. In den Spitälern sind die Pflegefachpersonen herausgefordert und benötigen entsprechende spezifische Ausbildungen und entsprechende Ressourcen. Wir betonen: Eine stationäre Grundversorgung am Wohnort für Menschen im Alter ist zentral. Durch die Schliessung der Spitäler Wattwil und Altstätten verlieren wir zwei wichtige geriatrische Abteilungen. Mit der Gesundheitsförderung und -prävention sollen Angebote geschaffen werden, um der Vereinsamung von älteren Menschen entgegenzuwirken.

Ein Dauerthema sind die fehlenden Fachkräfte als Hausärzte oder Fachärzte. In ländlichen Gebieten scheint der Mangel an Hausärzten besonders deutlich zu sein. Zu den typischen Erkrankungen im Alter gehören Demenzerkrankungen, Depressionen, Angststörungen, Suchterkrankungen und psychotische Störungen. Auch hier braucht es entsprechende Angebote. Die Umsetzung der Pflegeinitiative und der akute Fachkräftemangel sind in Bearbeitung. Dafür sind das Departement des Innern und das Gesundheitsdepartement zuständig. Die beiden Departemente arbeiten sehr gut zusammen. Entlastungsdienste für Angehörige in Form von Tagesangeboten sowie Beratung von Menschen im Alter sind aus unserer Sicht zentrale Bedürfnisse und sollten bei der Weiterentwicklung berücksichtigt werden. Wir weisen darauf hin, dass es regionale Ambulatorien und Beratungsstellen mit koordinativen Angeboten braucht.

Wir haben es vom Kommissionspräsidenten gehört, wir haben einen Antrag gestellt, ein Monitoring zur Erhebung von armutsbetroffenen Personen im Kanton St.Gallen durchzuführen und uns darüber Bericht zu erstatten. Wir sind in der vorberatenden Kommission einig gewesen, dass wir dieses Monitoring nicht in diesem Zusammenhang durchführen möchten und dies in ein Postulat umzuwandeln, weil es doch vielleicht noch mehr Leute betrifft. Vor allem aufgrund der aktuellen Entwicklung nimmt diese Thematik neue Dimensionen an. Nicht nur ältere Menschen sind zukünftig von Armut betroffen, sondern auch Jugendliche und Familien. Aus diesem Grund werden wir das Postulat, das wir schon skizziert haben, ausformulieren und Ihnen in der Novembersession vorlegen und hoffen auf eine breite Unterstützung im Rat.

Session des Kantonsrates vom 19. bis 21. September 2022
21.9.2022Wortmeldung

Jäger-Vilters-Wangs, Ratspräsident: Das Präsidium sieht eine Eintretensdiskussion vor.

Session des Kantonsrates vom 19. bis 21. September 2022
21.9.2022Wortmeldung

Bartl-Widnau, Präsident der vorberatenden Kommission: Die vorberatende Kommission beantragt, auf die Vorlage in einziger Lesung einzutreten.

Die vorberatende Kommission befasste sich am 6. Juli 2022 an einer eintägigen Sitzung mit dem Bericht 40.22.05, «Gestaltungsprinzipien der Alterspolitik: Gutes Alter(n) gemeinsam aktiv gestalten» der Regierung vom 10. Mai 2022. Die Gesellschaft, wir alle, werden älter. Wir altern. Diese demografische Entwicklung bedarf einer regelmässigen Ausrichtung, weshalb die aktuelle Situation in den relevanten Facetten beleuchtet werden muss.

Die Kommission lud zu ihrer Sitzung, an der die zuständige Regierungsrätin Bucher, Davide Scruzzi, Generalsekretär Departement des Innern, Ingo Kratisch, Leiter Abteilung Alter, Amt für Soziales, Departement des Innern, vonseiten des Gesundheitsdepartementes Frau Karolina Staniszewski, Fachstelle Gesund im Alter, ZEPRA, Amt für Gesundheitsvorsorge, sowie die Parlamentsdienste, vertreten durch Aline Tobler, Geschäftsführerin, und Johanna Bengtson, Stv. Geschäftsführerin, anwesend waren. Herzlichen Dank den Parlamentsdiensten für deren Unterstützung. Weiter teil nahmen zwei Vertreter der Vereinigung St.Galler Gemeindepräsidentinnen und Gemeindepräsidenten (VSGP), Bernhard Keller, Geschäftsführer VSGP, und Stefan Frei, Gemeindepräsident Jonschwil, VSGP-Arbeitsgruppe Gesundheit, zur Darlegung derer Standpunkte. Nach einer klärenden Fragerunde verliessen die Fachreferenten die Kommission.

Die Kommission war sich bewusst, dass die VSGP eine in diesem Geschäft sinnvolle, grundsätzlich jedoch nicht übliche und nicht zu einem Gewohnheitsrecht einnehmbare Rolle innehat. Die Vorabinfo des finalen Berichts an die gesamte VSGP ist kritisch zu hinterfragen. Die Gemeinden stellen einen sehr wichtigen Partner dar, jedoch müssen die gesetzlichen Prozesse beachtet werden.

Im Nachgang zu den Fachreferaten der VSGP sowie der Vorstellung durch die Regierung diskutierte die Kommission den Bericht der Regierung im Detail. Dieser löst das Altersleitbild des Kantons aus dem Jahr 1996 ab. Die im Bericht ausgearbeiteten Gestaltungsprinzipien werden alle sechs Jahre überprüft. Der erwähnte Bericht versucht, zentrale Eckwerte der Alterspolitik zu analysieren. Basierend darauf soll das kantonale Altersleitbild aktualisiert werden. Alterspolitik soll zweckmässig und finanzierbar sein. Aber: Was ist Alter? Wann ist man alt? Die Gestaltungsprinzipien lassen einen offenen Zeitrahmen und haben keine direkten finanziellen Auswirkungen. Dies werden dann die konkreten Massnahmen haben. Die wenigen nicht konkreten Aussagen wurden teilweise bemängelt.

Themen waren insbesondere die Sinnhaftigkeit des Einbezugs von zwei Departementen, der Grundsatz «ambulant mit stationär», die Fokussierung auf die Potenziale der älteren Generation sowie die Sicherstellung der Generationensolidarität. Auch im Alter soll die Bevölkerung am öffentlichen Leben teilnehmen können, weshalb insbesondere die Zugänglichkeit sowie die Hindernisfreiheit, das sind vor allem auch ortsplanerische und bauliche Massnahmen, relevant sind. Die oft geringe Teilnahme der jüngeren Generationen an politischen Prozessen oder bei Gesundheitsangeboten schliesst dies nicht aus. Finanzielle Konsequenzen von einzelnen Massnahmen konnten mangels Informationen nicht konkret behandelt werden. Es ist zu erwarten, dass umfangreiche Diskussionen folgen, sobald spezifische Massnahmen bekannt sind.

Unbestritten war in der Kommission, dass die Lebensqualität gefördert werden soll. Dies kann sowohl in einer Institution als auch in einer eigenen Liegenschaft wie auch in einer alternativen Wohnform sein – je nach individuellem Einzelfall. Der oftmals fallende Wunsch, so lange wie möglich zu Hause zu bleiben, ist nicht immer optimal, weder hinsichtlich der Entwicklung der Person noch finanziell. Unbestritten ist, dass Gemeinden mit hohen Altersheimplätzen stärker gezwungen sind, sich auf fortschrittliche Angebote zu konzentrieren, ansonsten wohl mit massgeblichem Leerstand zu rechnen sein dürfte. Dies beinhaltet auch die Berücksichtigung von immer komplexeren Betreuungssituationen. Der Wettbewerb dürfte spielen.

Die Kommission diskutierte einen Auftrag an die Regierung, ein Monitoring zu armutsbetroffenen Personen im Kanton St.Gallen durchzuführen. Die Kommission lehnte diesen Antrag mit 12:3 Stimmen ab, unter anderem mit der Begründung, dass die vorberatende Kommission wohl nicht der richtige Ort sein dürfte, ein derartiges Monitoring zu beantragen.

Ein Antrag betreffend die Organisation der Thematik durch zwei Departemente wurde nicht gestellt, nachdem dies gemäss Aussage der Fachreferenten zu keinen Problemen führe. Schliesslich beantragte die vorberatende Kommission mit 15:0 Stimmen Eintreten auf den Bericht.

Session des Kantonsrates vom 19. bis 21. September 2022