Geschäft: Umsetzung der neuen Spitalstrategie auch im Notfallbereich
Komitee | Kantonsrat |
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Nummer | 42.22.05 |
Titel | Umsetzung der neuen Spitalstrategie auch im Notfallbereich |
Art | KR Motion |
Thema | Gesundheitspflege, Sozialversicherung, Sozialhilfe |
Federführung | Gesundheitsdepartement |
Eröffnung | 19.4.2022 |
Abschluss | pendent |
Letze Änderung | 16.5.2022 |
vertraulich | Nein |
öffentlich | Ja |
dringend | Nein |
Datum | Akteur | Titel | Letze Änderung |
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19.4.2022 | Person | Erstunterzeichner/-in - Mattle-Altstätten | 30.10.2024 |
19.4.2022 | Person | Erstunterzeichner/-in - Baumgartner-Flawil | 5.8.2024 |
19.4.2022 | Person | Erstunterzeichner/-in - Böhi-Wil | 27.6.2024 |
Datum | Titel | Resultat | öffentlich | ||||
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Ja | Bedeutung | Nein | Bedeutung | Absent / Enthaltung | |||
13.6.2022 | Eintreten | 48 | Zustimmung | 57 | Ablehnung | 15 |
Datum | Typ | Wortlaut | Session |
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13.6.2022 | Beschluss | Der Kantonsrat tritt mit 57:48 Stimmen bei 3 Enthaltungen nicht auf die Motion ein. | Session des Kantonsrates vom 13. bis 15. Juni 2022 |
13.6.2022 | Wortmeldung | Böhi-Wil: Ich möchte noch einiges klarstellen. Ich habe mit verschiedenen Ärztegesellschaften gesprochen, und die Meinungen dort gehen sehr auseinander. Ich habe vorhin ausser juristischen Spitzfindigkeiten kein einziges überzeugendes Argument gegen unsere Motion gehört, weder seitens des Kantonsrates noch der Regierung. Ich erinnere daran, dass wir im Zusammenhang mit der Übertragung des Spitals Walenstadt an das Kantonsspital Chur soeben dem Nachtrag zum Kantonsratsbeschluss über die Spitalstandorte zugestimmt haben. Wäre die Regierung konsequent, dann hätte sie im Einklang mit dem Antrag auf Nichteintreten auf die Motion Flawil und Rorschach als GNZ-Standorte streichen müssen. Das hat sie nicht getan. Deshalb: Falls die Motion keine Mehrheit findet, erwarte ich von der Regierung, dass sie einen II. Nachtrag zum Kantonsratsbeschluss über die Spitalstandorte ausarbeitet. Darin müsste sie klar Farbe bekennen und die Aufhebung der GNZ-Standorte Flawil und Rorschach beantragen. Alles andere wäre politisch unredlich. Aber, und jetzt kommt das Aber, ich zähle auf die politische Einsicht des Kantonsrates und erinnere daran, dass der Bevölkerung die Schliessung von vier Spitälern akzeptabel gemacht wurde, indem von Anfang an immer darauf hingewiesen wurde, dass die Notfallversorgung, und zwar als stationäre Einrichtung, in Form der GNZ gewährleistet sei. Das alles soll nun, nur ein Jahr nach der Volksabstimmung, nicht mehr gelten? Eine Ablehnung der Motion wäre ein Vertrauensbruch der Politik gegenüber der Stimmbevölkerung. Es würde denjenigen Auftrieb geben, die sich von der Politik abgewendet haben, weil sie meinen, die Politik mache eh, was sie wolle, unabhängig von Volksentscheiden. Das kann niemand ernsthaft wollen. | Session des Kantonsrates vom 13. bis 15. Juni 2022 |
13.6.2022 | Wortmeldung | Regierungsrat Damann: Ich möchte etwas richtigstellen, vor allem, wenn Böhni-Wil sagt, dass der Notfalldienst nicht mehr gewährleistet sei. Damit macht er einen ganz bösen Angriff auf die niedergelassenen Ärzte. Der niedergelassenen Ärzte müssen den Notfalldienst garantieren, weil das eine Vereinbarung mit der Kantonalen Ärztegesellschaft ist. Der Notfalldienst wird so betrieben, dass die Ärzte den Notfalldienst tagsüber in der Praxis wahrnehmen und im Anschluss in der Nacht vom Spital aus. Es ist immer ein Arzt erreichbar, der auch einen Hausbesuch machen könnte. Dies zur Klarstellung. Was Sie sagen; ist sicher richtig, der Notfalldienst im Spital Wil ist überlastet, aber das sollte sich im Laufe dieses Jahres ändern, da ein Provisorium geplant ist. Dieses wurde bewilligt, steht nun vor der Vollendung und wird nächstes Jahr eingeweiht. Danach sollte der Notfalldienst alles übernehmen können. Es ist auch nicht richtig zu sagen, dass ein GNZ alles retten würde und man nicht suchen müsse, wenn keine Betten vorhanden sind. Ein GNZ könnte Betten haben. Im Normalfall können jedoch diejenigen, die ein Bett benötigen, nicht in einem GNZ behandelt werden. Patienten mit einem Herzinfarkt oder einem Blinddarm können nicht in einem GNZ behandelt werden, sondern sie müssen so oder so verlegt werden. Wir haben auch immer ganz klar gesagt, dass wir nur subsidiär etwas mehr machen, was die Ärztegesellschaft nicht leisten kann. Die Zentren in Rorschach und Flawil sind jetzt geplant. Wie Raths-Rorschach richtig gesagt hat, ist die Umsetzung noch nicht erfolgt. Ob die Ärzteschaft dort trotzdem den Notfalldienst an sieben Tagen 24 Stunden übernehmen möchte, ist noch nicht gesichert. Von Flawil weiss ich, dass die Ärztegesellschaft, wenn der Neubau steht, mit einer Praxis in diesen Neubau zieht und dort allenfalls auch wieder Notfalldienst betrieben wird. Das können wir aber noch nicht mit Sicherheit sagen, weil das die Ärztegesellschaft selber beurteilen soll. Zu Baumgartner-Flawil: Die Ärzteschaft Flawil war im ganzen Projekt massiv integriert. Sie hatte einen Delegierten in der Projektleitung und wir hatten mehrere Aussprachen mit der gesamten Ärztegesellschaft. Wenn nichts Schriftliches vorliegt und uns die Ärzteschaft mündlich mitteilt, was sie machen möchte, kann ich nichts dafür. Ich verlange nicht jedes Mal einen Brief. Wenn Sie sagen, wir machen nicht, was wir machen müssten, dann können Sie das schon sagen, aber es macht keinen Sinn, etwas gegen die Ärzteschaft durchzupressen. In der Vorlage war kein GNZ definiert, sondern dass es eine regionale Abstimmung mit der Ärztegesellschaft brauche und man vom Kantonsspital aus subsidiär mit Sprechstunden, allenfalls auch mit dem Notfalldienst helfe. In Wattwil wäre es auch ein GNZ geworden, wenn wir das so wie gemäss unserem Projekt gemacht hätten. Das ist völlig falsch. In Wattwil ist nicht die Berit Klinik der grosse Retter, sondern es ist einfach eine andere Variante. Unsere Variante wäre sozusagen 1:1 die gleiche gewesen, wie sie jetzt in Wattwil umgesetzt wird. Ich bitte Sie inständig, nicht auf die Motion einzutreten. Es würde nur zu einer massiven Unruhe bei der niedergelassenen Ärzteschaft führen. Wir müssen zu unseren Allgemeinpraktikern Sorge tragen, von ihnen gibt es zu wenig und sie sind die wichtigsten Ansprechpartner als erste Station in der Gesundheitsversorgung. Lassen Sie diese Ärzteschaft machen, was sie als richtig und gut erachtet, und machen Sie nicht eine Vorschrift, die aus meiner Sicht unnötig ist. | Session des Kantonsrates vom 13. bis 15. Juni 2022 |
13.6.2022 | Wortmeldung | Dudli-Oberbüren: Ich verweise auf das Geschäft 23.20.01 «Kantonsratsbeschluss über die Festlegung der Spitalstandorte». Darin heisst es unter Ziff. 2: 1Als Standorte mit einem Gesundheits-und Notfallzentrum werden festgelegt: a) Rorschach; b) Altstätten; c) Walenstadt; d) Wattwil; e) Flawil. Entweder setzt man das jetzt um oder wir ändern das Gesetz wieder. | Session des Kantonsrates vom 13. bis 15. Juni 2022 |
13.6.2022 | Wortmeldung | Gschwend-Altstätten (im Namen einer Mehrheit der GRÜNE-Fraktion): Auf die Motion ist einzutreten. Der Antrag der Regierung ist eine Einladung, eine Einladung nämlich, dass man einen Vergleich macht zwischen dem, was einst eine Mehrheit fand, und dem, was tatsächlich vorliegt, und alldem, was man nicht ausführen will, obwohl man es müsste. Schauen wir nochmals kurz zurück: Wir von der GRÜNE-Fraktion haben anlässlich der Diskussion hier im Rat den Notfall sehr in Frage gestellt. Gemäss Aussagen der Vorsteher des Finanzdepartementes und des Gesundheitsdepartementes wurde das Angebot der GNZ gemacht, weil die Bevölkerung das wolle. Mit dem Angebot der GNZ, vor allem mit dem Notfall, hat man sich etwas erkauft. Man hat sich erkauft, dass die Mehrheit Ja zum Abbau der vier Spitäler gesagt hat. Ich meine, wenn man das jetzt einfach so, ohne saubere Gründe oder eine Klarstellung, um was es wirklich geht, abschafft und etwas anderes macht, steht die Glaubwürdigkeit auf dem Spiel. Nicht nur die Glaubwürdigkeit von Ihnen als Exekutive, sondern letztendlich die Glaubwürdigkeit der st.gallischen Spitalpolitik. | Session des Kantonsrates vom 13. bis 15. Juni 2022 |
13.6.2022 | Wortmeldung | Raths-Rorschach: Auf die Motion ist nicht einzutreten. Vom GNZ zum aGZ (ambulantes Gesundheitszentrum). Ich bin Stadtpräsident von Rorschach, das Spital Rorschach, der stationäre Teil, wurde geschlossen. Es braucht Überzeugungsarbeit, die Bevölkerung von Rorschach und Umgebung davon zu überzeugen, dass die Zukunft nicht in den GNZ liegt. Jetzt sind wir an den aGZ und arbeiten mit Hochdruck daran. Ich bitte Sie deshalb, auch um der Glaubwürdigkeit in den Kommunen willen, nicht auf die Motion einzutreten. | Session des Kantonsrates vom 13. bis 15. Juni 2022 |
13.6.2022 | Wortmeldung | Warzinek-Mels: Das waren zwei derartig gute Voten, die auch von der Ärzteschaft hätten gehalten werden können. Ich danke den Vorrednern und kann mich deshalb kurzhalten. Auch aus ärztlicher Sicht sind diese GNZ an allen Orten, auch gegen den ausgewiesenen Bedarf, nicht sinnvoll. Ich unterstütze den Wunsch von Mattle-Altstätten, auch in Altstätten ein GNZ zu haben, sehr. Aber das erreicht er nicht, indem er vom Kanton die fixe Umsetzung eines Gesetzestextes fordert, sondern er muss sich mit seiner lokalen Ärzteschaft abstimmen und mit dieser gemeinsam ein GNZ organisieren. Dann bekommt er es auch. | Session des Kantonsrates vom 13. bis 15. Juni 2022 |
13.6.2022 | Wortmeldung | Schöbi-Altstätten: Auf die Motion ist nicht einzutreten. Die Motion ist unnötig. Die GNZ hingegen sind nötig und auch zu bauen, nämlich dort, wo die Spitäler wegfallen sollen, wie auch wohl in immer weiterer Ferne, auch einmal in Altstätten. Die Notfallversorgung stellen primär die niedergelassenen Hausärzte sicher. Diese sind regional organisiert und das System funktioniert. Unsere Hausärzte «können Notfall», würde man heute sage, und wenn es schlimmer kommt, muss man ohnehin direkt ein Spital aufsuchen. Zu diesen Hausärzten müssen wir Sorge tragen, gerade in unserem Flächenkanton. Sie erbringen nämlich die nicht hochpreislichen medizinischen Leistungen für die breite Bevölkerung im Alltag und bewältigen den allergrössten Teil der Gesundheitsprobleme der Bevölkerung. Diese Hausärzte sind gesucht. Schwächen wir diesen wichtigen Teil der Gesundheitsversorgung nicht. Wer z.B. nachts einen Notfall hat, der zieht ohnehin ein Spital mit einem Operationssaal und einer Stroke Unit und wie diese Behandlungsmöglichkeiten heute heissen der reinen Notfallstation mit bloss vier Betten vor. Hier sind wir flächendeckend darauf angewiesen, dass wir einen schnellen Transport ins Spital haben, dass die Ambulanz kommt oder ein Helikopter vor Ort landen kann. Die Unterzeichner der Motion sollten ihre Energie besser in echte Anliegen der Bevölkerung investieren, nämlich in gut sortierte Gesundheitszentren mit den regionalen Spezialisten, nah bei der Bevölkerung. | Session des Kantonsrates vom 13. bis 15. Juni 2022 |
13.6.2022 | Wortmeldung | Shitsetsang-Wil (im Namen der FDP-Fraktion): Auf die Motion ist nicht einzutreten. Dieser Rat hat 2020 an zwei Sessionen die Strategie der Spitalverbunde St.Gallen sehr ausführlich beraten und verabschiedet. Dabei haben wir auch über die flexible Ausgestaltung der Gesundheits- und Notfallzentren diskutiert. In der Abstimmungsvorlage wurde auf die Subsidiarität hingewiesen, dass ein solches Angebot in Zusammenarbeit mit der niedergelassenen Ärzteschaft auf den Bedarf der Region ausgerichtet werde. Heute gilt es festzustellen, dass die niedergelassenen Hausärzte in der Region Rorschach und in der Region Flawil, aufgrund der Nähe zum Kantonsspital St.Gallen und zur Klinik Stephanshorn sowie zum Spital Wil, keinen Bedarf für einen 24-Stunden-Notfallbetrieb sehen. Es gilt aber ebenfalls festzuhalten, dass die Notfallversorgung in den Regionen sichergestellt ist. Trotzdem verlangen nun die Motionäre, dass an allen vier ehemaligen Spitalstandorten Gesundheits- und Notfallzentren enthalten sein sollen, die über eine stationäre Notfalleinrichtung mit verlängerten Öffnungszeiten für die Behandlung von leichteren Notfällen ohne Voranmeldung verfügen. Die Kantonale Ärztegesellschaft beurteilt diesen Vorschlag sehr skeptisch, und aus ihrer Einschätzung sind die betroffenen Regionen zu klein, um ein solches Angebot effizient betreiben zu können. Was besonders ärgerlich ist, dass mit diesem Vorstoss nun völlig unnötig laufende kommunale Bemühungen torpediert werden. So laufen beispielsweise in Rorschach ernsthafte Planungen für ein ambulantes Gesundheitszentrum mit verschiedenen Akteuren, und nun erschwert dieser Vorstoss die behördlichen Bemühungen vor Ort. Nach langen und intensiven Diskussionen haben wir 2020 die Anzahl und die Standorte der Spitäler neu festgelegt und reduziert. Das Stimmvolk hat diesen strategischen Entscheid ebenfalls mitgetragen. Bleiben wir also heute dieser Linie treu und halten an dem richtig eingeschlagenen Weg fest. Die mit der Motion verbundenen Forderungen gehören nicht in das bestehende Gesetz, und bei einer Gutheissung würden wir die richtige Flughöhe auf Gesetzesebene deutlich verfehlen. | Session des Kantonsrates vom 13. bis 15. Juni 2022 |
13.6.2022 | Wortmeldung | Mattle-Altstätten: Auf die Motion ist einzutreten. Ich spreche als Mitmotionär und bin wie Baumgartner-Flawil mehr als nur enttäuscht. Ich zitiere ebenfalls aus einigen Unterlagen und zeige so, was einmal versprochen und bis heute eingehalten wurde. Die Regierung beantragt Nichteintreten auf die vorliegende Motion mit dem Verweis auf die vorliegenden Antworten zur Vernehmlassung zur Spitalstrategie und der daraufhin angepassten Vorlage. Blicken wir zurück. Die Wogen nach der erstmaligen Information zur geplanten Schliessung mehrerer Spitalstandorte vor fast genau vier Jahren gingen hoch. Nachdem der Lenkungsausschuss durch den Kanton gereist war und sich an verschiedenen Informationsveranstaltungen ein Bild der öffentlichen Meinung gemacht hatte, wurden die sogenannten Gesundheits- und Notfallzentren GNZ als Ersatzlösung für die zu schliessenden Spitäler in die Strategie eingebracht. Insbesondere die Bedenken der Bevölkerung zur zukünftigen Notfallversorgung wurden damit, so die Regierung, gehört und aufgenommen. Tatsächlich passte die Regierung die Ausgestaltung der GNZ nach der Vernehmlassung an. Ich zitiere aus der Medienmitteilung der Regierung vom 27. Februar 2020: «Die Regierung hält am Aufbau der wohnortnahen Gesundheits- und Notfallzentren (GNZ) grundsätzlich fest. Eine uniforme Ausgestaltung – wie sie in der Vernehmlassung kritisiert wurde – ist jedoch auch aus Sicht der Regierung nicht zielführend. Sie ist überzeugt, dass es GNZ mit regionenspezifischen Ausrichtungen benötigt. Am Notfallbetrieb hält sie fest, wobei das definitive Angebot betreffend Betriebszeiten und allfälligem Bettenangebot primär mit den niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten festgelegt werden soll [...].» Wer aus dieser Mitteilung entnehmen kann, dass an ehemaligen Spitalstandorten gar keine GNZ errichtet werden sollen und der Notfallbetrieb ausserhalb der Öffnungszeiten der niedergelassenen Ärzte in einem Zentrumsspital geleistet werden soll, braucht meines Erachtens schon viel Fantasie. Immerhin betonte die Regierung ausdrücklich und grundsätzlich, dass sie an den GNZ und dem Notfallbetrieb festhalte. Die Regierung verweist in ihrer Antwort ausserdem auf die Abstimmungsbroschüre zur Volksabstimmung vom 13. Juni 2021, also genau vor einem Jahr. Dort sei ausgeführt worden, dass das Angebot der GNZ in Zusammenarbeit mit der niedergelassenen Ärzteschaft auf den Bedarf der Regionen ausgerichtet werde. Die Regierung zitiert völlig korrekt, aus der Abstimmungsbroschüre, S. 23. Nur, zwei Sätze weiter und von der Regierung nicht zitiert steht dort allerdings: «Der Kanton unterstützt das Notfallangebot der GNZ mit jährlichen Beiträgen.» In derselben Broschüre werden bei den Empfehlungen des Kantonsrats, also von uns, u.a. folgende Begründungen zum Kantonsratsbeschluss über die Gewährung von Beiträgen für die Notfallversorgung aufgelistet, nämlich, dass die Notfallversorgung auch bei einer Umwandlung von Spitälern in GNZ flächendeckend sichergestellt werden muss, dass die Notfallversorgung an den regionalen Spitalstandorten sowie an den GNZ nicht ohne zusätzliche Beiträge gewährleistet werden kann und dass die Sicherstellung von wohnortsnahen Notfallanlaufstellen dem Sicherheitsbedürfnis der Bevölkerung Rechnung trägt. Und zum Schluss wird auch noch auf die möglichen Folgen einer Ablehnung dieser Vorlage aufmerksam gemacht: Eine Ablehnung könnte zur Einschränkung bei der regionalen Notfallversorgung führen. Die Regierung mag mit ihrer Antwort formaljuristisch allenfalls noch recht haben, denn im Gesetz steht bei den jährlich wiederkehrenden Beiträgen für die Notfallversorgung an Standorten der GNZ tatsächliche eine Kann-Formulierung, auf welche auch in der Abstimmungsbroschüre hingewiesen wird. Stimmbürgerinnen und Stimmbürger, welche sich mit der Vorlage nicht vertieft auseinandergesetzt haben, dürften unseres Erachtens jedoch annehmen, dass an allen vier zu schliessenden Spitalstandorten GNZ entstehen und dort – nomen est omen – auch ein umfassendes medizinisches Angebot bei medizinischen Notfällen zur Verfügung steht. Was formaljuristisch noch korrekt ist, ist noch lange nicht demokratisch. Die Regierung hat uns mit der neuen Spitalstrategie eine nachhaltige Sicherstellung der Qualität und einen wirtschaftlichen Betrieb versprochen. Daran muss sie sich messen lassen, und sie wird sich auch daran messen lassen müssen, dass sie umsetzt, was sie der Bevölkerung versprochen hat. Die Motion verlangt eine Klärung der Umsetzung der GNZ, vor allem in Bezug auf die Leistungen dieser Einrichtungen im Notfallbereich. Die Antwort der Regierung auf die Motion zeigt eine massgebliche Abweichung zu den früher gemachten Aussagen. Diese Lücke gilt es zu schliessen. | Session des Kantonsrates vom 13. bis 15. Juni 2022 |
13.6.2022 | Wortmeldung | Boppart-Andwil (im Namen der Mitte-EVP-Fraktion): Auf die die Motion ist nicht einzutreten. Die Motion verlangt, dass an allen bisherigen Spitalstandorten ein GNZ betrieben wird. Ja, die Notfallversorgung ist in unserem Kanton sichergestellt. Sie muss sichergestellt werden und sie wird sichergestellt. Um etwas plakativ zu sein: Wir sind auch nicht mehr mit Ross und Wagen unterwegs, und leere Karren rattern am lautesten. Offensichtlich ist die niedergelassene Ärzteschaft in den verschiedenen Regionen tatsächlich nicht bereit, an sieben Tagen die Woche einen 24-Stunden-Betrieb in Zusammenarbeit mit dem Kanton zu betreiben. Eine uniforme Lösung, die nicht auf Bedürfnisse abgestimmt ist, lässt sich wirtschaftlich nicht betreiben. Die Vorhalteleistungen sind viel zu hoch. Das wurde z.B. an der letzten Sitzung der vorberatenden Kommission rund um das Spital Walenstadt von allen externen Gesundheitsspezialisten und Ökonomen wiederholt bestätigt, ebenso sei eine flächendeckende Versorgung mit speziellen GNZ ein Unsinn. In den angesprochenen Regionen Flawil und Rorschach spricht sich die regionale Ärzteschaft aufgrund ihrer Nähe zum Kantonsspital gegen die GNZ aus. In Wattwil wird vom regionalen Ärzteverein ein Notfallangebot rund um die Uhr als notwendig erachtet. Die Berit Klinik betreibt diesen und der Kanton finanziert einen Teil. Das Gleiche ist in Walenstadt mit dem Kantonsspital Graubünden angedacht. Wie das GNZ in Altstätten aussieht, ist Kaffeesatzlesen. Die GNZ sind im Übrigen nicht dafür eingerichtet, wenn es z.B. um die Notfallversorgung bei Herzinfarkten geht. Man muss also auch aufhören zu glauben, dass die GNZ alles könnten. Zudem kann es nicht sein, dass sich Menschen ohne Hausarzt – um es überspitzt zu formulieren – ein Pflaster abholen. Eine solche Leistung müssen die GNZ nicht anbieten. Vor dem Hintergrund der stetigen Entwicklung im Gesundheitswesen sieht die Mitte-EVP-Fraktion keinen Bedarf. | Session des Kantonsrates vom 13. bis 15. Juni 2022 |
13.6.2022 | Wortmeldung | Baumgartner-Flawil: Auf die Motion ist einzutreten. Die Regierung beantragt Nichteintreten. Als Mitmotionär bin ich von der Stellungnahme der Regierung enttäuscht. Dies nicht nur in Bezug auf das Nichteintreten, sondern vor allem wegen der Argumentation. In ihrer Stellungnahme weist die Regierung darauf hin, dass die Notfallversorgung durch den ärztlichen Notfalldienst sichergestellt und den lokalen Bedürfnissen der Bevölkerung und der Ärztegesellschaft angepasst werde. Stelle ich jedoch die Aussage der Regierung der Berichterstattung aus dem «Regionaljournal» vom 10. Juni 2022 der tatsächlichen Realität gegenüber, so treffen ganz unterschiedliche Welten aufeinander. Stefan Maydl, Präsident des Ärztlichen Regionalvereins Wil, Uzwil, Flawil, spricht von einer grossen Belastung, von besonderen Herausforderungen, von Stresssituationen, von Opferbereitschaft und von viel längeren Arbeitszeiten. Die Inanspruchnahme des Notfalls habe sich signifikant verändert, ja sogar verdoppelt. Der Notfall im Spital Wil befinde sich am Anschlag. Im Gegensatz zu den klaren Aussagen aus dem «Regionaljournal» begründet die Regierung ihren Nichteintretensentscheid wie folgt: «In der Region Rorschach und in der Region Flawil ist der Bedarf für einen 24-Stunden-Notfallbetrieb gemäss der niedergelassenen Ärzteschaft aufgrund der Nähe zum Kantonsspital St.Gallen (KSSG) und zur Hirslanden Klinik Stephanshorn sowie zum Spital Wil (für die Region Flawil) nicht ausgewiesen.» Diese Begründung bzw. diese Tatsachen stehen sich nach unserem Sprachverständnis diametral entgegen. Wem soll man Glauben schenken? Den Behauptungen bzw. Aussagen der Regierung oder den betroffenen Mitwirkenden vor Ort? Bezüglich der Situation im Notfall des Kantonsspitals verweise ich auf verschiedene Berichterstattungen zur massiven Überlastung mit inakzeptablen Verschiebungen von Patientinnen und Patienten. Die Organisation der Notfallversorgung hat eine prägende Vorgeschichte mit einem Volksentscheid. Im erläuterndern Bericht für die Volksabstimmung vom 13. Juni 2021 zum Kantonsratsbeschluss über die Gewährung von Beiträgen für die Notfallversorgung (34.20.09) wird der Stimmbevölkerung eine klare, unmissverständliche Botschaft dargelegt. Ich zitiere: «Die bisherigen Spitalstandorte Rorschach, Altstätten, Wattwil und Flawil werden in regionale Gesundheits- und Notfallzentren (GNZ) umgewandelt und bieten ambulante Leistungen an. [...] Die GNZ sollen je nach Bedarf auch über ein Notfallangebot verfügen, das mit einem kleinen Bettenangebot für Kurzaufenthalte ergänzt werden kann. [...] Der Kanton unterstützt das Notfallangebot der GNZ mit jährlichen Beiträgen. [...] Davon entfallen rund 10,3 Mio. Franken auf Entschädigungen für die regionale Notfallversorgung.» In seiner Empfehlung zur Volksabstimmung verspricht unser Kantonsrat der Bevölkerung, dass die Notfallversorgung auch bei der Umwandlung von Spitälern in GNZ flächendeckend sichergestellt sei. Wir haben der Bevölkerung im Abstimmungsbüchlein ein Versprechen abgegeben. Nach unserem Staatsverständnis von Recht und Ordnung darf hier kein Wortbruch stattfinden. Die Bevölkerung hat sich auf die Zusicherung verlassen. Wir sind in der Pflicht und müssen zu unserem Wort stehen. Die Stimmberechtigten unseres Kantons haben zu den GNZ Ja gesagt und der Kanton stellt finanzielle Mittel für diese Versorgung zur Verfügung. Der Gemeinderat Flawil hat sich am 9. Mai 2022 gegenüber den CEOs des Kantonsspitals St.Gallen und der Spitalregion Fürstenland Toggenburg, mit Kopie an Regierungsrat Damann, zum Notfallangebot wie folgt geäussert. Ich zitiere: «Der Kantonsratsbeschluss über die Festlegung der Spitalstandorte vom 2. Dezember 2020, welcher seit 1. April 2021 in Vollzug ist, bestimmt in Ziff. 2 Flawil als Standort mit einem Gesundheits- und Notfall-Zentrum. Im Bewusstsein, dass nicht das Kantonsspital oder die Spitalregion Fürstenland Toggenburg zuständig sind, weisen wir darauf hin, dass das Angebot eines Notfalls in Flawil für den Gemeinderat Flawil nicht vom Tisch ist.» Leserbriefe zeigen den Unmut der Bevölkerung. Der Unmut ist wahrnehmbar, weil ein Versprechen bzw. das Ergebnis der Volksabstimmung missachtet wird. Die Regierung stützt sich in ihrer Stellungnahme zur Motion auf die Aussage, dass die Ärzteschaft von Flawil keine Notwendigkeit für die Einrichtung eines Notfalls sehe. Auf Nachfrage beim zuständigen Regierungsrat wird klar, dass keine schriftliche Stellungnahme der Ärzteschaft von Flawil vorliegt, da diese wahrscheinlich nicht dazu eingeladen wurde. Dies erachte ich insofern als peinlich, als ich von der gegenwärtigen Situation der Notfallversorgung durch den hausärztlichen Notfalldienst Kenntnis nehmen muss. Ich verweise nochmals auf Stefan Mayndl: grosse Belastung, besondere Herausforderungen, Stresssituationen, Opferbereitschaft mit viel längeren Arbeitszeit. Es geht um die Notfallversorgung der Bevölkerung. Regierung und Kantonsrat stehen in der Pflicht. Die GNZ sollen, wie es im Gesetz steht und es unsere Motion nochmals vorsieht, eine stationäre Notfall-Einrichtung mit verlängerten Öffnungszeiten für die Behandlung von leichteren Notfällen ohne Voranmeldung enthalten. | Session des Kantonsrates vom 13. bis 15. Juni 2022 |
13.6.2022 | Wortmeldung | Böhi-Wil: Auf die Motion ist einzutreten. Ich spreche als einer der Erstunterzeichner der Motion und gehe davon aus, dass ich damit den zweiten Teil der heutigen lebhaften Spitaldebatte einleiten werde. Analysiert man die kantonale Spitalpolitik der letzten Jahre, stellt man fest, dass diese von Fehlplanungen, von betriebswirtschaftlicher und finanzieller Inkonsequenz und von nicht umgesetzten Beschlüssen des Kantonsrates und der Stimmbevölkerung geprägt war. Besserung ist leider immer noch nicht in Sicht, denn die Notwendigkeit der bereits angekündigten Notkredite von 163 Mio. Franken für die verbliebenen Spitäler sind ein Hinweis darauf, dass diese Lagebeurteilung weiterhin gültig ist. Blicken wir zurück auf das Jahr 2014. Damals genehmigten die Stimmberechtigten je 85 Mio. Franken für die Erneuerung und Erweiterung der Spitäler Altstätten und Wattwil. Knapp vier Jahre später beschloss die Regierung, die Arbeiten am Spital Altstätten gar nicht zu beginnen, und verfügte in Wattwil einen Baustopp. Mittlerweile ist das Spital Wattwil geschlossen, und auch Altstätten befindet sich auf diesem Weg. Am 13. Juni 2021, also auf den Tag genau heute vor einem Jahr, genehmigte die Stimmbevölkerung des Kantons St.Gallen im Grundsatz die als Weiterentwicklung der Spitalstrategie bezeichnete neue Struktur der Spitallandschaft. Diese sieht die Schliessung von vier Spitälern vor und deren Umwandlung in Gesundheits- und Notfallzentren (GNZ) sowie finanzielle Beiträge von insgesamt 6,25 Mio. Franken für deren Betrieb in Altstätten, Flawil, Rorschach und Wattwil. Bereits weniger als ein Jahr nach der Abstimmung wurde bekannt, dass die Regierung weder in Flawil noch in Rorschach ein GNZ einrichten will. Lediglich in Wattwil gibt es mittlerweile ein solches GNZ, und zwar nur dank dem Einsatz der Gemeinde, die es geschafft hat, mit der Berit Klinik eine Betreiberin zu finden. Hätte sich der Gemeinderat von Wattwil nicht so engagiert gezeigt, dann würden die neu erstellten Bauten in Wattwil wohl noch heute leer stehen. Mit der Motion wollen wir die vom Kantonsrat und der Stimmbevölkerung beschlossene Einrichtung von GNZ bestätigen, indem wir präzisieren, wie diese ausgestaltet werden sollen, und zwar als kleinere stationäre Struktur mit verlängerten Öffnungszeiten ohne Anmeldepflicht für die Patientinnen und Patienten. Ich präzisiere, dass wir von den GNZ als stationäre Struktur sprechen, die hauptsächlich sogenannte Bagatellnotfälle betreuen. Für lebensbedrohende Notfälle ist der Rettungsdienst zuständig, bei dem es keinerlei Änderung gibt. Die Regierung argumentiert in ihrer Stellungnahme, ein 24-Stunden-Betrieb sei gar nicht notwendig. In der Motion ist mit keinem Wort die Rede von einem Betrieb rund um die Uhr, sondern von verlängerten Öffnungszeiten. Fragwürdig ist die Interpretation seitens der Regierung des Begriffs «bedarfsgerecht». Sie legt diesen jetzt so aus, als ginge es um ein Ja oder Nein zu den GNZ. In Tat und Wahrheit wurde in der ganzen Debatte über die neue Spitallandschaft der Begriff «bedarfsgerecht» auf die Ausgestaltung der GNZ und nicht auf deren Notwendigkeit angewendet. Weiter schreibt die Regierung in ihrer Stellungnahme, der Notfalldienst durch die Hausärztinnen und Hausärzte sei ein Ersatz für die GNZ. Auch das ist nicht korrekt, der Notfalldienst kann die GNZ nicht ersetzen. Er kommt allenfalls zu den Zeiten zur Anwendung, wenn die GNZ geschlossen sind. Ohne GNZ ist die Notfallversorgung in den Regionen nicht gesichert. Es ist vorgesehen, dass die niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte ihren obligatorischen Notfalldienst auch in den GNZ leisten können. Das ist auch für sie viel praktischer, zumal in den GNZ das notwendige Instrumentarium und Assistenzpersonal zur Verfügung steht. Was den Verzicht auf das GNZ Flawil für Auswirkungen hat, sehen wir in Wil. Die komplette Schliessung des Spitals Wattwil hat dazu geführt, dass die Notfallpraxis des Spitals Wil seither völlig überlastet ist. Im Vergleich zu früher muss das medizinische Personal in Wil zeitweise doppelt so viele Notfälle betreuen. Das ist eine unhaltbare Situation, die der Kantonsrat korrigieren muss. Ich erinnere daran, dass der Kantonsrat am 2. Dezember 2020 den Beiträgen für die Notfallversorgung einschliesslich für die GNZ Flawil und Rorschach einstimmig zugestimmt hat. In der Volksabstimmung vom 13. Juni 2021 erreichte die gleiche Vorlage eine Zustimmung von rund 77 Prozent. | Session des Kantonsrates vom 13. bis 15. Juni 2022 |
13.6.2022 | Wortmeldung | Schöb-Thal, Ratsvizepräsidentin: Die Regierung beantragt Nichteintreten auf die Motion. | Session des Kantonsrates vom 13. bis 15. Juni 2022 |