Geschäft: Lehrpersonenmangel – was unternimmt die Regierung?
Komitee | Kantonsrat |
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Nummer | 51.22.04 |
Titel | Lehrpersonenmangel – was unternimmt die Regierung? |
Art | KR Interpellation |
Thema | Erziehung, Bildung, Kultur |
Federführung | Bildungsdepartement |
Eröffnung | 14.2.2022 |
Abschluss | pendent |
Letze Änderung | 18.5.2022 |
vertraulich | Nein |
öffentlich | Ja |
dringend | Nein |
Datum | Akteur | Titel | Letze Änderung |
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14.2.2022 | Person | Erstunterzeichner/-in - Maurer-Altstätten | 6.12.2024 |
14.2.2022 | Person | Erstunterzeichner/-in - Hess-Rebstein | 6.12.2024 |
14.2.2022 | Person | Erstunterzeichner/-in - Frick-Buchs | 6.8.2024 |
Datum | Titel | Resultat | öffentlich | ||||
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Ja | Bedeutung | Nein | Bedeutung | Absent / Enthaltung | |||
21.9.2022 | Antrag Hess-Rebstein auf Diskussion | 51 | Zustimmung | 14 | Ablehnung | 55 |
Datum | Typ | Wortlaut | Session |
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21.9.2022 | Wortmeldung | Müller-Lichtensteig: Ich habe noch nie nach einem Regierungsrat gesprochen und ich spreche auch selten zu Bildungsthemen, aber dieses Votum hat mich provoziert. Regierungsrat Kölliker oder die Regierung haben gesagt, es geht nicht um Schuldzuweisungen. Ich paraphrasiere aus der Antwort der Regierung: Viele Handlungsfelder sind in der Zuständigkeit der Schulträger – es geht um die Abschiebung der Verantwortung. Dann haben Sie gesagt, wir kümmern uns schon lange um dieses Thema, es ist auf dem Radar. Seit zehn Jahren seien Sie damit beschäftigt. Weiter heisst es in der Antwort der Regierung, man setze eine Arbeitsgruppe ein. Zehn Jahre hat man sich damit auseinandergesetzt, und jetzt setzt man eine Arbeitsgruppe ein? Die Regierung hat das Thema verschlafen. Man schiebt die Verantwortung ab. Ich möchte hier noch einen Querverweis machen: Wenn Sie zu Regierungsrat Damann hinüberschauen, er ist in einem Departement tätig, wo es auch um den Fachkräftemangel geht. Im Gesundheitsdepartement hat man schon vor einigen Jahren eine Person angestellt, die sich nur um dieses Thema kümmert. Die Heime müssen auch attraktiv sein, damit sie das Personal finden. Die Spitexorganisation muss auch attraktiv sein, damit sie Personal findet. Es braucht aber auf der strategischen Ebene, auf Kantonsebene, ebenso Massnahmen, wie in jeder anderen Branche auch. Die Berufsverbände sind auch damit beschäftigt, ihre Branche attraktiv zu machen. Darum das Fazit: Die Regierung hat ihre Aufgabe verschlafen und probiert, die Verantwortung abzuschieben. Übernehmen Sie diese Verantwortung, die liegt bei Ihnen auf dem Tisch. | Session des Kantonsrates vom 19. bis 21. September 2022 |
21.9.2022 | Wortmeldung | Wasserfallen-Goldach: Wie Regierungsrat Kölliker ist es auch mir bzw. der SVP-Fraktion ergangen. Wir wurden etwas auf dem falschen Fuss erwischt und überrascht, dass hier die Diskussion beantragt wird. Nichtsdestotrotz muss ich auch gleich beifügen, dass es doch sehr interessant war, den einzelnen Voten aus den unterschiedlichen Fraktionen und auch dem Votum von Regierungsrat Kölliker zuzuhören. Selbstverständlich ist es so, dass auch wir und insbesondere ich als Lehrperson hierzu eine Haltung haben. Das Stichwort Lehrermangel wurde in den letzten Wochen und Monaten stark rumgereicht in den Medien und wird uns noch lange beschäftigen. Es ist klar, es gibt von verschiedensten Seiten unterschiedliche Positionen. Wir möchten jetzt nicht einfach einen künstlichen zusätzlichen Beitrag in diese Diskussion hineinwerfen, sondern wirklich möglichst konkrete Schritte angehen. Ich kann Ihnen bereits jetzt ankündigen, dass wir im Hinblick auf die Novembersession mit einem derart konkreten Vorschlag kommen, und ich freue mich natürlich bereits jetzt über mögliche Unterstützungen aus anderen Fraktionen in dieser Hinsicht. | Session des Kantonsrates vom 19. bis 21. September 2022 |
21.9.2022 | Wortmeldung | Regierungsrat Kölliker: Ich nehme gerne Bezug auf die Punkte, die Sie erwähnt haben. Sie gewähren mir bitte eine gewisse Auslegeordnung, weil das Thema wirklich extrem komplex und umfangreich ist. Da bedarf es auch gewisser Ausführungen meinerseits, auch wenn ich ein Stück weit von der Diskussion jetzt überrascht wurde. Wenn wir das Thema besprechen, bringen Polemik und Schuldzuweisungen jetzt wirklich gar nichts. Das wollen wir auch nicht machen, weil es eine gemeinsame Herausforderung ist, der wir uns zu stellen haben und die wir zu lösen haben. Der Kanton hilft mit, die Verantwortlichen des Kantons, die PHSG hilft mit, die Schulgemeinden müssen mithelfen, alle, die an der Schule beteiligt sind. Da müssen Sie aber gewisse Fakten zur Kenntnis nehmen. Zum einen stellen Sie jetzt fest, dass ich persönlich in der Vergangenheit und auch jetzt nicht völlig von der Rolle und aufgeschreckt bin, auch nicht der Bildungsrat und auch nicht die Regierung, weil wir uns ständig dieses Themas annehmen. Das ist doch nicht eine neue Erkenntnis, wenn Sie jetzt kommen und sagen, jetzt haben wir Lehrermangel und niemand hat es gemerkt und niemand sah es kommen. Wir wissen seit zehn Jahren, dass das ein Prozess ist, der im Gang ist. Wir haben in der Zwischenzeit viele Massnahmen ergriffen und die haben auch entsprechend gewirkt. Hätten wir die Massnahmen nicht ergriffen in den letzten zehn Jahren, dann wäre die Situation viel dramatischer, und zwar so wie in anderen Kantonen. Ich will nicht Schuld zuweisen oder mit anderen Kantonen vergleichen, die müssen selber wissen, wie sie es lösen. Aber diese Schnellstausbildungen von Lehrpersonen oder Personen vor die Klasse stellen, die nicht mal Lehrpersonen sind, und das bewusst fördern, dieses Spiel haben wir nie mitgemacht. Wir haben immer gesagt, wir wollen die Qualität hochhalten, und das haben wir bis jetzt durchgezogen. Ob wir das aufrechterhalten können, wird sich zeigen. Aus dieser Arbeitsgruppe werden wir Erkenntnisse gewinnen können und dann werden wir das sehen. Wir beobachten natürlich den Verlauf ständig. Ich habe hier Zahlen der letzten Jahre zu den Befragungen vor den Sommerferien und den Befragungen nach den Sommerferien. Natürlich ist die Lage jetzt angespannter. Man hat in den Schulgemeinden nicht mehr 20 Bewerbungen auf eine Stelle. Aber das ist wirklich eine Erkenntnis, die Sie jetzt in vielen Fachbereichen haben. Wir haben eine veränderte Situation nach Corona. Es ist einfach ein Fakt. Wir haben die Zahlen bis letztes Jahr. Es war immer etwa stetig dasselbe. Es war angespannt, aber nicht dramatisch, und jetzt hat sich etwas nochmals verändert, und das müssen wir alle miteinander anerkennen und müssen jetzt die Massnahmen treffen. Deshalb bringen Schuldzuweisungen, die nicht vernünftig sind, der Sache gar nichts. Ich möchte Ihnen, wie gesagt, einige Fakten darlegen. Deshalb sage ich mit Überzeugung, wir haben vieles richtig gemacht. Wir hatten noch nie so viele Lehrpersonen im Betrieb in der Volksschule wie in der jetzigen Zeit. D.h., die Nachfrage hat massiv immer mehr zugenommen und wir konnten diese Lehrpersonen in hohem Mass immer bereitstellen. Das ist wirklich eine Leistung, die muss man zuerst mal hinkriegen. Wir haben auch absolute Höchstzahlen in der Pädagogischen Hochschule. Wir haben keinen Rückgang. Das zeigt auch, dass der Beruf attraktiv ist. Wir haben seit Jahren Höchstzahlen bei den Studierenden. Da müssen Sie uns nicht vorwerfen, dass wir schlafen. Wir sind sehr aktiv bei der PHSG, sodass wir ebendiese Studienplätze auslasten können. Im Gegenteil, wir haben im Moment das Problem, dass wir die Infrastruktur gar nicht mehr haben. Wir müssen dazumieten, damit wir überhaupt das Ganze noch bewältigen können. Wenn Sie jetzt sagen, wir müssen noch viel mehr Lehrpersonen ausbilden, machen wir das. Aber dann werden wir auch Räumlichkeiten und viel mehr Geld brauchen, um das prästieren zu können. Aber das möchte ich jetzt noch gar nicht in Aussicht stellen. Die gesellschaftlichen Entwicklungen und Veränderungen schlagen sich immer ein zu eins in der Schule nieder. Das ist einfach Fakt und da müssen wir doch auch nicht polemisieren. Wir müssen das akzeptieren. Der Lehrberuf ist hochattraktiv für die Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Er ist sehr attraktiv, um im Teilzeitmodus zu arbeiten. Das ist so und da müssen wir gar nicht jammern, das ist eine Tatsache und wir müssen lernen, damit umzugehen. Ich möchte Ihnen auch sagen, was wir aktuell machen. Wir werden jetzt ein neues Ausbildungsangebot auf der Primarschulstufe bei der PHSG in einen Pilot geben, das wir aber nachher sofort in den Dauerbetrieb umsetzen möchten. Wir werden neu ein Angebot schaffen, dass die Studierenden ab dem 5. Semester bereits 50 Prozent in den Schuldienst eintreten können. Wir kennen dieses Modell schon, wir haben das schon auf der Oberstufe, jetzt bringen wir das für die Primarschulstufe. Das ist natürlich eine Win-win-Situation für alle hier, vorausgesetzt, die Studierenden wählen das auch, das wissen wir noch nicht. Aber dann können die Schulgemeinden diese Studierenden oder Junglehrpersonen bereits 50 Prozent in die Schule nehmen und können die Teilzeit beschäftigen. Das letzte Jahr des Studiums wird verdoppelt auf zwei. Die Schulgemeinden haben auch die Möglichkeit, ihre Schulgemeinde beliebt und bekannt zu machen, sodass diese Lehrpersonen dann auch bleiben. Wir haben einen weiteren riesigen Effekt: Der Praxisbezug findet noch intensiver, noch früher statt. Wir hoffen dann, dass wir einen Effekt erwirken können, dass diese Ausstiegsquote der Junglehrpersonen in den ersten fünf bis sechs Jahren abnimmt, weil das ist ein Problem, das sagen Sie richtig. Welche Branche gibt es, die es sich leisten kann, dass 20 bis 30 Prozent der Fachleute nach fünf, sechs oder sieben Jahren verloren gehen? Das kann sich keine Branche leisten. Aber auch hier wollen wir mit diesem Angebot, das wir jetzt an der PHSG bringen, einen Effekt erzielen. Geschätzte Damen und Herren, dieses neue Angebot haben wir nicht aus dem Ärmel gezaubert in den letzten zwei bis drei Monaten, weil wir jetzt nervös sind, sondern das haben wir sauber vorbereitet in den letzten zwei bis drei Jahren, damit wir eben auch bereit sind, wenn die Situation noch angespannter wird. Wir werden jetzt in der Diskussion in dieser Arbeitsgruppe alles auf den Tisch legen müssen, geschätzte Damen und Herren. Ich will nicht die Schuld den Schulgemeinden zuschieben, überhaupt nicht, aber es braucht jetzt eine Bereitschaft der Schulgemeinden, diese Fakten, die es eben gibt, miteinander anzugehen. Vielleicht können die Schulgemeinden vor Ort einen Beitrag leisten, dass diese Austrittsquote in den ersten Jahren nicht so hoch ist. Wir wissen es nicht, weil wir haben dann mit dem nichts mehr zu tun. Das ist dann die Sache der Schulgemeinde, aber wir helfen gerne mit, wenn wir hier einen Beitrag leisten können. Wir stellen auch immer mehr fest, es gibt die Landgemeinde X und es gibt die Landgemeinde Z. Ich habe extrem viele Kontakte in den Kanton, das können Sie mir glauben. Auch mit den Sozialpartnern bin ich ständig im Kontakt. Wieso hat die Schulgemeinde X genügend Bewerbungen, und hatte überhaupt kein Problem, die Stellen zu besetzen und wieso hat eine andere Landgemeinde derart grosse Probleme? Also wir müssen auch darüber diskutieren. Anscheinend sind nicht alle Schulgemeinden gleich attraktiv. Das muss auch mal benannt werden und da muss man schauen, wenn halt eine Schulgemeinde vielleicht nicht attraktiv ist, dann muss sie sich auch nicht wundern, wenn ihnen die Lehrpersonen nicht die Türe einrennen. Und solche Dinge müssen halt jetzt auch mal auf den Tisch. So ist einfach die Situation. Sie sehen, geschätzte Damen und Herren, wir verharmlosen nicht, aber wir sind uns der angespannten Situation seit Jahren bewusst. Wir ergreifen immer wieder Massnahmen. Im Bereich HFH, Baumgartner-Flawil, haben Sie das selber bestätigt. Das war Ihre Idee. Das können wir hier noch darlegen. Sie waren in meinem Büro dazumal. Wir hatten dazumal Plätze an der HFH in Zürich und hatten die Idee, wir bieten das jetzt dann an der PHSG an. Also haben wir hier ein Angebot geschaffen. Dann war das ungenügend, Sie kamen zu mir und wir haben beschleunigt und verdoppelt. Auch da haben wir Massnahmen ergriffen. Ich sage nicht, wir haben die Probleme gelöst, aber wir arbeiten daran, wir sind intensiv daran, diese Probleme zu lösen. Bitte respektieren Sie das. Wir gehen jetzt in diese Arbeitsgruppe, wir haben mit den Arbeiten begonnen. Es muss einfach alles auf den Tisch. Ich hatte letzte Woche eine Aussprache mit der Kontaktgruppe der VSGP und dem Schulgemeindeverband und es kam das Bekenntnis von allen. Jetzt müssen halt all diese Dinge auf den Tisch und wir müssen miteinander schauen, wie wir diese angespannte Situation beheben können. | Session des Kantonsrates vom 19. bis 21. September 2022 |
21.9.2022 | Wortmeldung | Hess-Rebstein: Wir danken der Regierung für die Beantwortung unseres Vorstosses und dem Rat für die Bewilligung der Diskussion, die nottut. Zunächst möchte ich meine persönlichen Interessen ebenfalls offenlegen: Ich bin Schulleiter einer Oberstufenschule im Rheintal und ebenfalls keine Intelligenzbestie. Erst kurz vor den vergangenen Sommerferien jedoch konnten wir z.B. im Hinblick auf das laufende Schuljahr endlich die letzte Lehrpersonenstelle an unserer Schule doch noch besetzen – zum Glück. Zum Glück, denn Glück braucht es dabei heute wirklich zu einem grossen Teil. Es handelt sich dabei um alles andere als einen Einzelfall. Wer heutzutage Lehrpersonen sucht und entsprechende Stellen ausschreibt, braucht viel Geduld und einen langen Atem. Bewerbungen kommen nämlich oft nur spärlich rein, und es kann sogar vorkommen, dass man am Schluss lediglich aus der einzig vorliegenden Bewerbung auswählen kann, wenn überhaupt. Da kommen schnell Ideen wie die Reaktivierung Pensionierter usw., sehr kreativ, sehr schön, aber mitnichten eine Idealvorstellung der personellen Rekrutierung. Im Rheintal zumindest ist hingegen oft auch das nahe Ausland wenigstens noch eine Rettung. Unter dieser ganzen Situation leiden natürlich die Schulen und die Qualität der Schulen und dies natürlich zuungunsten unserer Schülerinnen und Schüler. Es geht hier aber auch mir nicht um eine Schuldzuweisung oder ein Schwarzer-Peter-Spiel, dafür ist das Thema zu wichtig und sind die Ursachen zu mannigfaltig. Lassen Sie mich trotzdem noch einmal kurz einige relevante Punkte speziell beleuchten: Erstens, und das speziell für die Oberstufenlehrpersonen, die Ausbildung. Es gibt hier Fächerkombinationen, die möglich sind, seit eben die klassischen Ausbildungsrichtungen phil. I und phil. IInicht mehr vorkommen, die eigentlich in der Planung ein absolutes Chaos verursachen können. Profile, die einfach nicht passen, wo man dann irgendwelche Notlösungen suchen muss, was sicher nicht im Sinne der Sache sein kann. Zweitens kommen dazu verhältnismässig komplizierte Anerkennungsverfahren ausserkantonaler oder natürlich ausländischer Ausbildungen und Diplome mit entsprechend lohnwirksamen Hürden, wo dann ab und zu wieder Bewerberinnen abspringen und sagen, zu diesen Bedingungen komme ich nicht, tut mir leid. Das ist auch verständlich. Drittens, neue organisatorische oder pädagogische Massnahmen, Schulreformen, teilweise ohne Not, die manchmal sogar für mehr Verwirrung als Klarheit sorgen. Ich möchte da jetzt gar nicht alles aufzählen, was da läuft. Es beschäftigt, es belastet die Lehrpersonen stark. Es gibt natürlich sicher auch nötige Reformen. Ich denke da z.B. an die Digitalisierung, das ist etwas enorm Wichtiges, aber manchmal wäre es auch richtig und wichtig, wenn man sich eben getreu dem Motto «Weniger ist mehr» einmal auf etwas konzentrieren könnte, und das wäre z.B. so ein Schwerpunkt, wo vielleicht andere Dinge nicht unbedingt jederzeit auch noch gleichzeitig parallel dazu gemacht werden sollten, weil es einfach die Attraktivität des Berufs und auch die Ressourcen natürlich negativ beeinflusst. Die Produktion einer solchen Überbelastung ist entsprechend ein komplett ungeeignetes und sogar kontraproduktives Mittel gegen diesen Lehrerinnen- und Lehrermangel. Ich möchte nicht grundsätzlich Neuerungen in Frage stellen. Wir müssen uns wie die ganze Gesellschaft diesen Neuerungen stellen. Das machen wir auch, da sind wir offen und nehmen das in Angriff, sind zuversichtlich und stellen uns den entsprechenden Herausforderungen. Man muss sich aber bewusst sein, wir brauchen zum Teil eben auch mehr Zeit, um entsprechende Änderungen einzuführen und zu konsolidieren. Wir brauchen nun in dieser Situation ganz klar rasch wirksame Massnahmen und kurzfristige Lösungen, um die Mangelsituation zu beheben. Die Vorstellung der Regierung, man könne da langfristig etwas machen, ist sicher gut, nützt aber der Schule im Moment nichts. Nein, auch wenn es tatsächlich immer noch nicht überall angekommen sein sollte, es besteht wirklich dringender Handlungsbedarf. Die Negierung eines Problems, ist niemals die Lösung eines Problems und ich gehe davon aus, das ist uns allen klar. Deswegen bedanke ich mich ebenfalls für die Aufmerksamkeit und für die lösungsorientierte, konstruktive Arbeit an diesem Problem. | Session des Kantonsrates vom 19. bis 21. September 2022 |
21.9.2022 | Wortmeldung | Sarbach-Wil: Vielleicht hören das jetzt einige Kolleginnen und Kollegen nicht gerne, aber Hand aufs Herz: Als Lehrperson muss man weiss Gott keine Intelligenzbestie sein. Vor der Umstellung der Ausbildung war für die Ausbildung am Lehrerseminar keine Matura nötig. Ganz besonders in der Volksschule sind seit jeher Typen gefragt, nicht Kopfmenschen, nicht Akademikerinnen. Bezugspersonen sind gefragt, Menschen, welche Kinder und Jugendliche motivieren und Wissen vermitteln können; Typen, welche diese Art Arbeit mit Menschen gerne machen, denen diese Arbeit liegt und welche diese Arbeit auch über längere Zeit aushalten. Lehrperson zu sein ist eine Berufung und Unterrichten ist ein Handwerk und keine Wissenschaft, und die zunehmende Akademisierung dieses Berufes hilft meiner persönlichen Meinung nach auch nicht dabei, die aktuell akute Situation zu verbessern. Man braucht Typen, und darum braucht es dringender denn je pragmatisch ausgestaltete und flexible Möglichkeiten für Quereinsteigende, welche diesen Umständen auch gerecht werden. Diese müssen vorhandene Kompetenzen, gesammelte Erfahrungen und Ausbildungen berücksichtigen, familienverträglich ausgestaltet sein und berufsbegleitend absolviert werden können. Hier ist meiner Meinung nach ein Handeln der PHSG schon lange gefragt. Zudem müssen die Berufsaufträge dahin gehend angepasst werden, dass sie dem stetig wachsenden und wachsenden und nochmal wachsenden Aufgabenberg für Arbeiten, welche eigentlich überhaupt nichts mit der Lektionentafel, also mit der direkten Unterrichtstätigkeit zu tun haben, gerechter werden. Letztendlich muss es, wie mehrfach gesagt worden ist, das Ziel sein, dass möglichst alle Lehrpersonen im Beruf bleiben, und das deutlich länger als die drei bis fünf Jahre. | Session des Kantonsrates vom 19. bis 21. September 2022 |
21.9.2022 | Wortmeldung | Baumgartner-Flawil: Der Mangel an Lehrpersonen ist eine Tatsache, die nicht erst seit gestern bekannt ist. In der Interpellation 51.15.03 «Mangel an Schulischen Heilpädagoginnen und Heilpädagogen im Kanton St.Gallen» bat ich die Regierung, mir gezielte Fragen zu beantworten. Dies war also vor über sieben Jahren. Ich bestätige, dass sich in der Zwischenzeit bezüglich der Ausbildung zu Schulischen Heilpädagoginnen und Heilpädagogen einiges getan hat. Es besteht an der PHSG in Kooperation mit der Interkantonalen Hochschule für Heilpädagogik (HFH) ein Studienlehrgang «Master Schulische Heilpädagogik». Regulär verfügt der Kanton St.Gallen an der HFH über 20 Kontingentplätze je Jahr. Für das Jahr 2022 konnten vier durch andere Kantone nicht ausgeschöpfte Plätze übernommen und zwei weitere hinzugekauft werden. Aber es besteht zurzeit immer noch eine Warteliste auf einen Studienplatz. Ich stelle einfach fest, dass diese Plafonierung immer noch einem Numerus Clausus gleichkommt. Der Mangel ist aber bis zum heutigen Tag nicht behoben. Aktuell verfügen von 163 Lehrpersonen, welche eine Anstellung in der Stadt St.Gallen haben, lediglich 61 über ein entsprechendes Diplom. Das entspricht 37,4 Prozent. Die bisherigen Massnahmen sind zu wenig, um einem Mangel aktiver zu begegnen. Auch das geflügelte Wort «Ausserordentliche Zeiten erfordern ausserordentliche Massnahmen» sollte in dieser Zeit des Lehrpersonenmangels angewendet werden. Der Master-Studienlehrgang an der HFH/PHSG wird bekanntlich berufsbegleitend angeboten und die Studierenden müssen ihr Arbeitspensum reduzieren. Somit verkleinert sich auch die Entlöhnung. Für Lehrpersonen mit familiären Pflichten ist dies ein Grund, sich u.a. nicht für ein Studium zu entschliessen. Hat das Departement auch schon Überlegungen angestellt, die Kosten für die für das Studium ausgefallenen Pensen unter klaren Rahmenbedingungen und zeitlichen Vorgaben zu übernehmen, wie es zu meiner Studienzeit angewendet wurde? Der heutige Berufsauftrag würde dies unter dem Stichwort Kurspflicht ermöglichen. Ich hoffe, die vom Departement eingesetzte Taskforce wird wirksame bzw. wirksamere Vorschläge erarbeiten und diese auch in Taten umsetzen. Ich verzichte auf das Zitieren von Tabellen zur Stellenbesetzung von Lehrpersonen durch Personen ohne stufengerechtes Lehrdiplom und ohne pädagogische Qualifikationen. Jedenfalls stelle ich fest, dass die Faktenlage klar ist und Massnahmen getroffen werden müssen. Rahmenbedingungen müssen angepasst werden und der Unterricht im Klassenzimmer muss oberste Priorität erhalten und nicht die administrativen Aufgaben und sonstigen Verpflichtungen. In vielen Schulgemeinden wurden die Rahmenbedingungen für die Schulischen Heilpädagoginnen und Heilpädagogen im Vergleich zum alten Modell im Berufsauftrag verschlechtert. Aktuelle Zahlen des Berufsverbandes liegen vor und bestätigen meine Behauptung. Hier spielt die hochgelobte Flexibilisierung nicht. Der Fokus dieser Bildungsverantwortlichen liegt leider fast ausschliesslich bei den Finanzen und nicht bei der Qualität und fachlichen Ressourcen von Lehrpersonen. | Session des Kantonsrates vom 19. bis 21. September 2022 |
21.9.2022 | Wortmeldung | Noger-Engeler-Häggenschwil: Ich bedanke mich v.a. auch bei allen Vorrednerinnen und -rednern zur Vorlage. Es ist mir auch ein Anliegen, mich hier zu Wort zu melden. Grundsätzlich ist es natürlich einfach relevant, relativ rassig Stellschrauben zu finden, um gerade, wie Steiner-Kaufmann-Gommiswald gesagt hat, in diesem sehr sensiblen Feld den Fachkräftemangel bald beheben zu können. Die Relevanz ist hoch, und die Bildung, wie wir auch von Frei-Rorschacherberg gehört haben, ist ein zentraler Wert unserer Gesellschaft. Eine Bemerkung zum Vorschlag der Regierung, die Pensen zu erhöhen, also den Schulträgern nahezulegen, die Lehrpersonen dazu zu bewegen, die Pensen zu erhöhen. Hauser-Sargans hat bereits einige Aspekte dazu ausgeführt, ich möchte zwei anhängen: Warum arbeiten Lehrpersonen Teilzeit? Zum einen ist es die logische Folge der Rahmenbedingungen, die wir heute in der Volksschule haben. Teilpensen haben massiv zugenommen, da wir durch die Diversität und Integration von ganz vielen Kindern in den Schulen glücklicherweise Teamteaching-Lektionen haben. Das hat ausgelöst, dass Kleinstpensen ausgeschrieben werden mussten. Oftmals haben dann Klassenlehrpersonen, damit die Stelle für die Teilzeitlehrperson ein bisschen attraktiver wurde, auch Pensen abgegeben, damit man bspw. dann für einen Tag in die Schule kommt und nicht nur für zwei bis drei Einzellektionen. Dass ganz viele Lehrpersonen nur noch Teilzeit arbeiten, hat einfach mit den Rahmenbedingungen der heutigen Volksschule zu tun. Nicht zu vergessen ist natürlich auch die steigende Belastung. Ich selbst bin Lehrperson seit 26 Jahren, und ich kann Ihnen sagen –, natürlich hat auch die Pandemie noch dazu beigetragen –, ich war nie so belastet in der Volksschule wie gerade in den letzten drei Jahren. Es war noch nie ein Thema im Team so zentral wie: Ich glaube, ich höre bald auf, ich glaube so, wie es momentan ist, mache ich nicht mehr lange weiter. Viele langjährige Lehrpersonen erzählen im persönlichen Gespräch, dass sie über Umsattlung oder Wechsel ihres Arbeitsfeldes nachdenken. Da sind wir schon beim Thema, das auch Frei-Rorschacherberg angesprochen hat: Ein grosses Problem ist die Verweildauer im Beruf und eben nicht nur bei den Jungen, auch bei denjenigen, die schon länger im Amt sind. Aber bei den Jungen ist es natürlich besonders gravierend. Es ist wichtig, dass wir da die Stellschrauben finden. Wie kann man den Beruf attraktiver machen, damit nicht gerade beim Berufseinstieg schon so viele Erwartungen und Berufsauftragsfelder da sind, die die jungen Leute übernehmen und bewältigen müssen, auf die sie in der Ausbildung tatsächlich kaum oder wenig vorbereitet werden können. Also ich bin auch da, wie Frei-Rorschacherberg gesagt hat, für diese erweiterten, praxisorientierten Ausbildungsfelder in der PHSG im Sinne von Elterngesprächen oder der Begegnung mit Kindern mit besonderen Bedürfnissen, bis es dann vielleicht einmal einen Sonderschulplatz gibt für diese Kinder. Zu diesem Thema der Sonderschulen werden wir heute hoffentlich noch Gelegenheit haben, uns auch auszutauschen. Das ist das Thema der dringlichen Interpellation. Ich danke Ihnen fürs Zuhören und gebe am Schluss noch mit: Es brennt und es ist wichtig, dass Ihnen das bewusst ist, dass mit den Rahmenbedingungen, wie sie jetzt sind, auch die Lehrpersonen, die im Amt sind, so nur noch schneller ausbrennen. Nicht nur die Schule brennt, auch die Lehrpersonen. | Session des Kantonsrates vom 19. bis 21. September 2022 |
21.9.2022 | Wortmeldung | Steiner-Kaufmann-Gommiswald: legt ihre Interessen offen als Schulleiterin des Kindergartens und der Unterstufe in Uznach. Der Fachkräftemangel ist in diversen Bereichen real. Da sind wir mit unserer Not nicht alleine. Es fehlt in diversen Bereichen in der Baubranche an Leuten, in der Gastronomie, auch die öffentliche Verwaltung wird nicht mit Bewerbungen überhäuft. Und so ist es eben auch bei den Lehrpersonen. Der Unterschied zu den vorgängig erwähnten Branchen ist: Wenn da das Personal nicht vorhanden ist, türmt sich die Arbeit einfach auf. In unserer Branche stehen 20 Kinder mit dem Kindergartentäschchen am Montag nach den Sommerferien bereit und schauen einen mit glänzenden, erwartungsvollen Augen an und auch deren Eltern. Das ist ein wesentlicher Unterschied und die Problematik. Nein, die Regierung und den zuständigen Regierungsrat kann man nicht abschliessend alleine verantwortlich machen für diese Situation, auch wenn sie sehr vorhersehbar war. Aber, geschätzte Regierung, geschätzter Vorsteher des zuständigen Departements, ich hätte mir etwas mehr Achtsamkeit gewünscht. In der Antwort der Regierung steht oder es wird darauf verwiesen, dass eine erhöhte Nachfrage der Schulträger dazu führen könne, dass ein Mangel an Lehrpersonen wahrgenommen werden könne. Eine solche Aussage muss mindestens als unachtsam gegenüber dem Personal in der Volksschule aufgefasst werden. Unachtsam insbesondere gegenüber all den Betroffenen, welche sich an der Front händeringend nach sogenannten kreativen Lösungen umgeschaut haben. Aber was sind kreative Lösungen? Kreative Lösungen sind im Kern sehr unkreativ, es ist nämlich eine schöne Formulierung für Lösungen, in denen Lehrpersonen ohne Diplom oder mit stufenfremdem Diplom engagiert werden. Und wenn Sie Eltern von schulpflichtigen Kindern sind, waren oder noch werden, stellen Sie sich vor, Ihr Kind geht bei einer unausgebildeten Lehrperson in die Schule. Sie können das sicher nicht als kreativ bezeichnen, sondern als sehr unbefriedigend. Zu den Argumenten, die auch erwähnt wurden – dem erhöhten Bedarf nach Teamteaching-Stunden, der erhöhten Teilzeitquote oder der Klassengrössen –, hat Hauser-Sargans schon einiges ausgeführt. Ich möchte einfach ergänzen: Ich gehe doch als Schulleiterin nicht hin, fülle eine 24er-Klasse und zwinge dann noch die Lehrperson, möglichst Vollzeit zu arbeiten. Es ist mein einziger Wettbewerbsvorteil als Schulleiterin oder als Schulträger, hier den Lehrpersonen entgegenzukommen und gute Arbeitsbedingungen zu schaffen. In diesem Sinne fühlen sich viele Schulleitende und viele Lehrpersonen mit dieser Nichtanerkennung des Lehrermangels durch die Regierung in ihrer grossen Not nicht wirklich wahrgenommen, und ich hoffe auf etwas mehr Achtsamkeit in der Kommunikation in diesem sehr schwierigen Thema – in solchen schriftlichen Antworten, aber auch an entsprechenden Veranstaltungen für Schulleitende, z.B. an der kantonalen Schulleitungstagung. Man kann aber die diversen Bestrebungen, die durch die Regierung und das zuständige Amt unternommen werden, anerkennen, und das möchte ich auch. Es ist deutlich zu erkennen, man tut nun nicht nichts mehr, und Personal aus dem Hut zaubern kann momentan einfach niemand. Wichtig ist daher, dass man nun darüber hinaus in diversen Anliegen noch etwas mehr macht. Frei-Rorschacherberg hat einige Beispiele erwähnt. Ich empfinde auch das Monitoring für von der hohen Teilzeit- und Ausstiegsquote betroffene Lehrpersonen – das ist in einem Vorstoss von Noger-Engeler-Häggenschwil (51.22.58) angesprochen – eine wichtige Massnahme oder auch die detaillierte Ursachen- und Massnahmenklärung dazu. Eine weitere niederschwellige Massnahme, die schnell umgesetzt werden könnte, wäre der vereinfachte Zugang für Berufsschüler mit BMS an die PHSG. Dazu werden wir auch unser Standesbegehren in der nächsten Session behandeln, davon gehe ich aus. | Session des Kantonsrates vom 19. bis 21. September 2022 |
21.9.2022 | Wortmeldung | Frei-Rorschacherberg: Wer eine vorausschauende Personalplanung macht, hat bereits vor drei, vier, fünf Jahren erkannt, dass sich mit all den anstehenden Pensionierungen wirklich ein Lehrermangel abzeichnet. Es wurde auch darauf hingewiesen, aber durch den zuständigen Regierungsrat wurde das öfter negiert. Gut, gibt es jetzt eine Arbeitsgruppe des Schulleiterverbandes und der Schulträger zusammen mit dem Bildungsdepartement, die sich der Thematik annimmt. Wir müssen schauen, dass Lehrpersonen im Beruf bleiben. Wenn Sie in die Praxis hinausblicken, ist erkennbar, dass nach drei bis vier Jahren im Beruf viele der Lehrpersonen wieder ausscheiden – drei bis vier Jahre Haltezeit. Deshalb hat der Schulleiterverband – ich war auch als Gast anwesend – mit der Hochschulleitung, dem Rektorat auch den Austausch gesucht. Wir wollten fragen, was kann man dagegen machen? Wie kann man solche Austritte verhindern? Das führt nämlich dann dazu, dass wir mehr Lehrpersonen im Beruf haben. Die Lehrpersonen müssen Resilienz haben und sie müssen gute Schüler-Lehrer-Beziehungen pflegen können. Und da ist die PHSG in der Pflicht und muss die Ausbildung dementsprechend anpassen. Es muss klar praxisnäher sein, es muss vorbereiten auf das, was an Druck im Klassenzimmer im Umgang mit Eltern und mit der Gesellschaft auf die Lehrpersonen zukommt. Das wäre jetzt angezeigt, dass sich hier die PHSG bewegt, und das ist mein Appell auch an den Hochschulrat. Grundlagenforschung, insbesondere die Frage, warum scheiden die Personen nach drei bis vier Jahren aus, sehen wir als sehr sinnvoll an. Ich betone es noch einmal mit Nachdruck: Praxisnähe, und dann behalten wir die Lehrpersonen im Schulzimmer. Zusammengefasst: Erstens, Fachkräftemangel gibt es in allen Bereichen, dessen sind wir uns bewusst. Zweitens, Bildung ist eine unserer Top-Ressourcen in der Schweiz, wenn nicht die Ressource, die wir haben, und drittens, wir müssen die Lehrpersonen im Beruf halten können, um die Herausforderungen an das Bildungssystem auch wahrnehmen zu können. Ich bitte hier das Bildungsdepartement und den zuständigen Regierungsrat wirklich, einige Schritte mehr zu machen. | Session des Kantonsrates vom 19. bis 21. September 2022 |
21.9.2022 | Wortmeldung | Hauser-Sargans (im Namen der SP-Fraktion): Wir sind mit der Antwort der Regierung teilweise zufrieden. In der regierungsrätlichen Interpellationsantwort wird die Verantwortung für den Lehrpersonenmangel auf die Schulträger abgeschoben mit der Begründung, die Schulträger müssten den Lehrpersonen weniger Teilpensen anbieten und die Klassengrössen erhöhen. Zudem, so die Regierung weiter, soll man doch versuchen, pensionierte Lehrkräfte wieder einzustellen. Letzteres wissen die Schulträger schon längst. Sie tun es auch. Zu den Teilpensen und der Erhöhung der Klassengrössen komme ich noch. Der Fachkräftemangel betrifft viele Berufe: Pflegefachkräfte, Flugpersonal, IT-Fachleute, Lehrpersonen, Hausärztinnen und andere mehr. Die Jahrgänge der jungen Erwachsenen, die jetzt ins Berufsleben eintreten, sind klein und die Jahrgänge derjenigen, die in Pension gehen, sind sehr gross. Wenn wenige kommen und viele gehen, dann sind Probleme absehbar. Dazu kommt, dass die Jahrgänge der Kinder in den Schulen steigen. In Sargans hatten wir an unserer Schule vom Kindergarten bis zur Oberstufe in den letzten sieben Jahren einen Anstieg von 600 Kindern auf heute 750, und in fünf bis sechs Jahren werden wir auf 840 landen, also ein Anstieg um 40 Prozent in rund zehn Jahren. Wir bauen deshalb jetzt ein neues Schulhaus. Anderen Gemeinden geht es ähnlich. Wenn die starken Jahrgänge pensioniert werden, die jungen gleichzeitig geburtenschwache Jahrgänge sind und wenn zudem die Jahrgangsstärken der Kinder im Schulalter stark ansteigen, dann haben wir nicht nur einen Engpass, dann droht ein Notstand. Vor den Folgen dieses Missverhältnisses warnen wir seit Jahren, doch die Verantwortlichen haben vertröstet und nicht gehandelt. Es sind Versäumnisse von Kantonsregierungen und Parlamentsmehrheiten. Wichtig war in den letzten Jahren das Sparen, leider aber nicht die Erhöhung der Attraktivität von Berufen, auf die keinesfalls verzichtet werden kann. Jetzt haben wir den Salat, in der Schule in besonderem Mass. Viele Gemeinden haben hier ernsthafte Probleme. Zunehmend werden Lehrpersonen ohne Zielstufendiplom angestellt oder es wurden ganze Klassen auf andere Klassen aufgeteilt. Zu grosse Klassen sind aber auf Dauer keine Lösung, denn auch in der Schule spielt der Markt, und wenn Lehrpersonen auswählen können, gehen sie nicht selten dorthin, wo die Konditionen gut sind. Die Schulen in den Gemeinden werden in den kommenden Jahren stärker darauf achten müssen, dass sie auch für Lehrpersonen attraktiv sind. Benachteiligt sind insbesondere nicht gut erschlossene Gebiete. Als Bumerang erweist sich zudem nun das Sparen auf Kosten der Bildung. Kantone mit den tiefsten Lehrpersonenlöhnen fallen dadurch auf, dass ihre Inserate wochen- und monatelang aufgeschaltet sind. Das Glarner Hinterland suchte monatelang verzweifelt Lehrpersonen und bietet die tiefsten Löhne. Unsere Randregionen wie das Sarganserland oder das Toggenburg sind zwar etwas besser dran als das Glarnerland, auch weil die Löhne im Vergleich einigermassen mithalten können, aber als eher strukturschwache Regionen sind sie von ähnlichen Problemen bedroht. Auch hier hatten einige Gemeinden erst knapp vor oder sogar erst in den Sommerferien die letzten Stellen besetzen können. Zum Thema Teilpensen als Lösung: Wieso wollen denn viele Lehrpersonen im Teilpensum arbeiten? Z.B., weil sie Familie haben, weil sie gleichzeitig einer Weiter- oder Ausbildung oder einem Studium nachgehen. Teilzeitarbeit ist keine Schande, sondern ein Qualitätsmerkmal. Zum Thema Erhöhung der Klassengrössen: Man kann die Klassen schon an der oberen Grenze oder gar überdotiert führen, das wird jedoch gerade in Gemeinden mit Integration zu einer substanziellen Erschwerung oder gar Verunmöglichung von gutem Unterricht führen. Nicht grundlos sind inzwischen grosse Gruppen oder gar Mehrheiten von Lehrpersonen aus integrativen Kantonen wie Zürich oder Basel-Stadt gegen die Integration unter den herrschenden Bedingungen. Integration funktioniert nur mit genügenden Ressourcen, sonst wandern die Lehrpersonen ab. Die regierungsrätliche Empfehlung, nur noch Lehrpersonen im Vollpensum in vollgestopften Klassen einzustellen, ist Augenwischerei und nicht realisierbar. Der Blick auf andere Kantone zeigt uns, dass die Lehrpersonen da nicht mitspielen. Das von der Regierung in Aussicht gestellte Einsetzen einer Taskforce und der Zukauf einiger weniger Studienplätze für Heilpädagogik sind ein Schritt in die richtige Richtung. Zufriedenstellen kann das nicht. Es braucht Lösungen wie Einzelfachabschlüsse an der PHSG, brauchbare Formen von berufsbegleitenden Studien, die jedoch nicht zu Dumping-Lehrdiplomen führen dürfen. Denkbar ist ein minimales Basisstudium, mit welchem man vorläufig unterrichten darf, z.B. nach eins bis vier Jahren, mit ein nachfolgenden Abschluss mit allen fehlenden notwendigen Inhalten. Vorläufig müssen wir auch mit reduzierten, z.B. nur kantonal gültigen Diplomen arbeiten. Es braucht auch Quereinsteigerstudiengänge, die nicht eine akademische Vorbildung voraussetzen, wie das bei den Aufnahmen «sur dossier» wohl meist der Fall ist, und es braucht finanzielle Mittel für die PHSG, um die notwendigen Studiengänge einzurichten oder auch zu bauen. | Session des Kantonsrates vom 19. bis 21. September 2022 |
21.9.2022 | Beschluss | Der Kantonsrat stimmt dem Antrag Hess-Rebstein mit 51:14 Stimmen zu. | Session des Kantonsrates vom 19. bis 21. September 2022 |
21.9.2022 | Wortmeldung | Hess-Rebstein: beantragt Diskussion. Dieses Thema ist von allgemeinem Interesse und sehr komplex. Eine Stellungnahme von drei Minuten wird dem Thema und der Antwort der Regierung aus diesem Grunde nicht gerecht. Es soll daher breiter im Rat diskutiert werden können, damit die verschiedenen Aspekte den Stellenwert erhalten, den sie auch verdienen. In diesem Sinne beantragen wir Diskussion gemäss Art. 122 Abs. 2 des Geschäftsreglements des Kantonsrates (sGS 131.11; abgekürzt GeschKR). | Session des Kantonsrates vom 19. bis 21. September 2022 |