Geschäft: Vorzugsmiete gerecht besteuern

Übersicht
KomiteeKantonsrat
Nummer42.22.01
TitelVorzugsmiete gerecht besteuern
ArtKR Motion
ThemaVerkehr, Bau, Energie, Gewässer
FederführungFinanzdepartement
Eröffnung14.2.2022
Abschlusspendent
Letze Änderung29.3.2022
vertraulichNein
öffentlichJa
dringendNein
Dokumente
PubliziertTypTitelDatei
VorstossWortlaut vom 14. Februar 2022
AntragAntrag der Regierung vom 22. März 2022
Beteiligungen
DatumAkteurTitelLetze Änderung
14.2.2022Gremium2.6.2024
Abstimmungen
DatumTitelResultatöffentlich
JaBedeutungNeinBedeutungAbsent / Enthaltung
19.4.2022Eintreten80Zustimmung27Ablehnung13
19.4.2022Gutheissung81Zustimmung29Ablehnung10
Statements
DatumTypWortlautSession
19.4.2022Beschluss

Der Kantonsrat heisst die Motion mit 81:29 Stimmen bei 2 Enthaltungen gut.

Session des Kantonsrates vom 19. und 20. April 2022
19.4.2022Struktur

Die Spezialdiskussion wird nicht benützt.

Session des Kantonsrates vom 19. und 20. April 2022
19.4.2022Beschluss

Der Kantonsrat tritt mit 80:27 Stimmen bei 2 Enthaltungen auf die Motion ein.

Session des Kantonsrates vom 19. und 20. April 2022
19.4.2022Wortmeldung

Locher-St.Gallen (als Präsident des kantonalen Hauseigentümerverbandes): Auf die Motion ist einzutreten.

Wir begrüssen diese Motion. Wir sind der Auffassung, dass sie hilft, steuerlich zu entlasten. Wir sind erstaunt über die Argumentation von links und von grün – doch eigentlich erstaunt es uns nicht. Man spricht nur dann von Gerechtigkeit und Steuergerechtigkeit und Mittelstand, wenn die Wahlen anstehen, sonst nicht. Wir sind ganz klar der Auffassung, diese Motion geht in die richtige Richtung, und ich bitte Sie, auf die Motion einzutreten.

Session des Kantonsrates vom 19. und 20. April 2022
19.4.2022Wortmeldung

Cavelti Häller-Jonschwil (im Namen der GLP): Auf die Motion ist nicht einzutreten.

Vergangenen November haben wir eine allgemeine Steuerreduktion mitgetragen. Jetzt liegt bereits eine weitere Steuersenkungsvorlage auf dem Tisch. Ich möchte klarstellen, dass wir Steuersenkungen grundsätzlich begrüssen und diese deshalb sorgfältig prüfen. In diesem Falle sind wir jedoch nicht überzeugt, dass die steuerliche Entlastung an der richtigen Stelle ansetzt. Die Die Mitte-EVP-Fraktion stört sich am Eigenmietwert, welcher Vermieterinnen und Vermietern von Liegenschaften an nahe Verwandte oder nahestehende Personen aufs Einkommen geschlagen wird. Der Eigenmietwert ist tatsächlich ein fiktives Einkommen, es fliesst kein Geld. Dies stört auch uns. Betroffen sind aber nicht nur Vermieterinnen und Vermieter, sondern auch Besitzer von Liegenschaften, die selber darin wohnen. Seit Jahren laufen auf Bundesebene Bestrebungen, dieses finanztechnisch fragwürdige Konstrukt durch eine logischere Lösung zu ersetzen. Dies unterstützen auch wir Grünliberalen.

Wir waren uns in diesem Saal mehrheitlich einig, dass zukünftig gezielt Familien und der Mittelstand entlastet werden sollen. Gemäss Definition des kantonalen Finanzdepartementes verfügt der Mittelstand über ein Einkommen zwischen 50'000 und 150'000 Franken. Der Bund definiert Einkommen zwischen 50'000 und knapp 90'000 Franken als Mittelstand. Es stellt sich jetzt die Frage, ob die mit der Motion angestrebte Steuerentlastung die Richtigen trifft.

Die Motion stellt Liegenschaftsbesitzer ins Zentrum, die in vielen Fällen wahrscheinlich mehr als eine Liegenschaft besitzen und deshalb in der Lage sind, Wohnraum an nahe Verwandte oder nahestehende Personen vorzugsweise zu vermieten. Ist das der Mittelstand? Wohl eher nicht. Zudem ermöglicht die Motion zusätzliche Steuerschlupflöcher. Man stelle sich folgendes Beispiel vor: Man kauft für seinen Sohn oder seine Tochter fürs Studium eine Wohnung und vermietet sie ihr oder ihm für 51 Prozent des Eigenmietwertes. Die Miete bezahlen sie mit dem Unterhaltsgeld und die Eltern ziehen dieses als Ausbildungskosten wieder ab. Das ist doch wirklich keine gute Lösung. Wir bevorzugen es deshalb, in dieser Frage die Lösungsvorschläge auf Bundesebene abzuwarten. Aus diesen Gründen lehnen wir die Motion ab.

Session des Kantonsrates vom 19. und 20. April 2022
19.4.2022Wortmeldung

Schmid-Buchs (im Namen der SVP-Fraktion): Auf die Motion ist einzutreten.

Es liegt in der Natur des Menschen, dass wir unseren Nächsten entgegenkommen und eine Wohnung oder ein Haus unter dem Marktpreis zur Verfügung stellen. Dass dies durch die Besteuerung eines rein fiktiven Einkommens bestraft wird, ist nicht nur stossend, es ist auch schweizweit unüblich. Nur noch vier weitere Kantone machen von der Praxis Gebrauch, dass der Eigentümer nicht nur den erzielten Ertrag aus der Vorzugsmiete versteuern muss, sondern der Ertrag auf den Eigenmietwert aufgerechnet wird.

Mit der Abschaffung dieser ungerechten Besteuerungspraxis erreichen wir nicht nur eine Harmonisierung mit bestehendem Bundesrecht, sondern sorgen auch für eine realitätsgetreue und gerechte Besteuerung des Ertrags aus Vorzugsmieten. Die SVP-Fraktion begrüsst die damit einhergehende Entlastung der St.Galler Familien und Wohneigentümer und ist daher für Eintreten und Gutheissung dieser Motion.

Session des Kantonsrates vom 19. und 20. April 2022
19.4.2022Wortmeldung

Frei-Rorschacherberg (im Namen der FDP-Fraktion): Auf die Motion ist einzutreten.

Wohneigentum wird häufig unter Marktwert den Kindern oder Verwandten vermietet oder verpachtet. Hier wird dann von der sogenannten Vorzugsmiete gesprochen. Mit der Aufrechnung der Vorzugsmiete auf den Eigenmietwert wird den St.Galler Steuerzahlenden ein Ertrag besteuert, den sie gar nie erwirtschaftet haben. Wird Dritten die Nutzung zu einem Vorzugsmietzins eingeräumt, ist beim Überlassenden dies als Akt der Einkommensverwendung zu werten, die steuerlich unberücksichtigt bleibt. Das soll auch nun ganz im Sinne der FDP mit dieser Motion angepasst werden. Mindereinnahmen bei den Steuern ist in unserem Sinne. So kann auch der Mittelstand entlastet werden, wie das unsere Fraktion bereits auch im Rahmen der Diskussion um den Ressourcenbericht gefordert hat.

Session des Kantonsrates vom 19. und 20. April 2022
19.4.2022Wortmeldung

Schwager-St.Gallen (im Namen der GRÜNE-Fraktion): Auf die Motion ist nicht einzutreten.

Gerecht ist, was einem selber nützt. So lässt sich die Stossrichtung der Motion 42.22.01 «Vorzugsmiete gerecht besteuern» der Die Mitte-EVP-Fraktion zusammenfassen. Das kantonale Steueramt kommt gemäss Ausführungen der Regierung zum Schluss – Sulzer-Wil hat bereits darauf hingewiesen –, dass die auf Aufrechnung auf den Eigenmietwert bei einer Vorzugsmiete eigentlich richtig wäre. Der Unterschied läge nur in der Verwertung der Nutzung: In einem Fall als Naturalie, im anderen Fall als Geldeinkommen. Die Regierung will nun den Vollzug der unterschiedlichen Regelungen auf Stufe Bund und Kanton vereinfachen und das kantonale Recht im Sinne der Motionärin dem Bundesrecht bzw. den Entscheiden gemäss Bundesgericht anpassen. Einfachere Steuererklärungen tönt doch schon gut. Im kantonalen Schnitt wohnen 40,5 Prozent der St.Galler Bevölkerung in selbstgenutzten Wohnräumen. Dieser Wert schwankt stark zwischen städtischen und ländlich geprägten Gemeinden. Die Stadt St.Gallen etwa kommt auf deutlich tiefere 26,9 Prozent, Wil auf 29,3 Prozent, Buchs auf 31,8 Prozent.

Am anderen Ende der Skala ist Eggersriet mit 78 Prozent, Andwil 74 Prozent, Niederbüren 70,7 Prozent oder das schöne Eichberg im Rheintal mit 65,6 Prozent. Von der hier diskutierten Gesetzesanpassung profitiert nur der kleine Teil jener Steuerzahlenden, die neben dem selbstgenutzten Wohneigentum noch über weiteren Wohnraum verfügen, den sie entweder fremdvermieten können oder aber unter Verwandten für eine Vorzugsmiete abgeben können. Mit der Forderung nach einer gerechten Besteuerung hat die vorgesehene Gesetzesanpassung aber nichts gemein, ganz im Gegenteil. Die Regierung rechnet mit Mindereinnahmen von vier bis fünf Mio. Franken. Durch «Optimierungen» könnte der Steuerausfall durchaus höher ausfallen.

Steuereinsparungen aber führen zwangsläufig zu mehr Steuern bei anderen, konkret für die weniger privilegierten Mieterinnen und Mieter und natürlich auch für Privathaushalte, die nur die eigene Wohnung im Eigentum halten.

Die Regierung will die Gesetzesanpassung in das Steuerpaket für den Mittelstand packen. Dabei geht es hier nur um eine kleine, ohnehin bereits privilegierte Minderheit von Steuerzahlenden und öffnet zusätzliches neues Optimierungspotenzial. Die Gesetzesanpassung würde Steuererklärungen denn auch nur für einige wenige Steuerpflichtige einfacher machen und sie von tieferen Steuern profitieren lassen. Für die grosse Mehrheit gibt es nur höhere Steuern und erst noch keine einfachere Steuererklärung. An die Adresse der ehemaligen CVP-Kantonsrätinnen und -Kantonsräte: Nicht überall, wo Mitte draufsteht, ist auch Mitte drin. Das gilt sowohl für Ihre Fraktion wie auch für diese Motion, die Sie hier einreichen. Unsere Fraktion wird darum diese Motion ablehnen.

Session des Kantonsrates vom 19. und 20. April 2022
19.4.2022Wortmeldung

Sulzer-Wil (im Namen der SP-Fraktion): Auf die Motion ist nicht einzutreten.

Im Rahmen der Totalrevision des Steuergesetzes hat dieser Rat festgelegt, dass der Mietwert von unbeweglichem Vermögen auch dann voll steuerbar ist, wenn das Grundstück zu einem tieferen Mietzins an eine nahestehende Person vermietet oder verpachtet wird. Nun will die Motion der Die Mitte-EVP-Fraktion dies wieder ändern und diese Regelung aufheben, da so gemäss der Motionärin die St.Galler Steuerzahler/innen benachteiligt würden.

Dabei ist es unpräzise, wenn die Motionärin feststellt, dass der Kanton bei der Vorzugsmiete von den Bundesvorgaben zu Ungunsten der St.Galler Steuerzahlenden abweicht. Denn in der Tat ist es so, dass es gar keine Bundesvorgaben gibt. Das Bundesgericht hat lediglich festgehalten, dass es einer gesetzlichen Regelung bedarf, damit diese Soll-Besteuerung umgesetzt werden kann. Der Kanton St.Gallen hat eine solche gesetzliche Grundlage geschaffen, eben darum, weil eine auf Bundesebene fehlt. Aber es stimmt, dass es nur noch wenige Kantone sind, die diese Sollbesteuerung durchsetzen, aber das allein ist kein Grund für eine Gesetzesanpassung. Im Gegenteil, die SP-Fraktion erachtet die Soll-Besteuerung als korrekt. Hier folgen wir der Haltung des kantonalen Steueramtes, wobei wir beim Punkt wären. Warum beantragt die Regierung ohne Not Gutheissung der Motion, wenn sie doch das zuständige Amt zitiert, welches die geltende Praxis als richtig erachtet? Im Antrag der Regierung vom 22. März 2022 findet man kein Argument, welches für eine Änderung der bisherigen Praxis spricht. Im Gegenteil, die Folgen einer Anpassung des Steuergesetzes sind Steuerausfälle von 4 bis 5 Mio. Franken jährlich. Wahrscheinlich sagt die Regierung richtig, wird es am Schluss noch mehr sein, weil es künftig zu noch mehr Optimierungen führen wird.

Wie sagt man den Kindern so schön, wenn sie nach Hause kommen und sagen, die anderen dürfen auch? Die Eltern sagen dann: Aber wir sind nicht die anderen. Genau das könnte man hier auch ausführen. Nur weil es andere Kantone nicht machen, müssen wir nicht auch etwas nicht machen. Meine Damen und Herren, diesen Nachtrag zum St.Galler Steuergesetz braucht es nicht. Die SP-Fraktion lehnt Eintreten und Gutheissung der Motion ab.

Session des Kantonsrates vom 19. und 20. April 2022
19.4.2022Wortmeldung

Kohler-Sargans (im Namen der Die Mitte-EVP-Fraktion): Auf die Motion ist einzutreten. Die Motion ist gutzuheissen.

Die vorgeschlagene Änderung im Steuergesetz sieht vor, dass der Eigenmietwert nicht mehr voll steuerbar ist, wenn das Grundstück zu einem tieferen Mietzins an eine nahestehende Person vermietet oder verpachtet wird. Eine Aufrechnung zum vollen Eigenmietwert, wie es bei der aktuellen Gesetzgebung ist, ist den betroffenen Bürgerinnen und Bürgern eher schwierig zu vermitteln, da ein Ertrag besteuert wird, der geldmässig gar nie geflossen ist.

Zudem kompliziert die Abweichung vom Recht der direkten Bundessteuer den Vollzug. Solche unterschiedliche Regelungen, wie es noch mehr geben würde, sollten wenn immer möglich vermieden werden. In der Praxis handelt es sich vorwiegend um folgende Fälle: Eltern vermieten eine Wohnung im gleichen Mehrfamilienhaus an ihr Kind oder die Stammnachfolger auf dem landwirtschaftlichen Betrieb vermieten die Wohnung auf dem Bauernhof weiterhin an ihre Eltern bzw. ihre Vorgänger. Ein Klassiker: Kinder aus der Erbengemeinschaft überlassen dem überlebenden Ehegatten die Wohnung zu einem reduzierten Mietzins. Bei all diesen Fällen wird im Kanton St.Gallen bei der aktuellen Gesetzesauslegung eine Aufrechnung des Eigenmietwertes vorgenommen.

Finanziell wäre die Anpassung sicherlich tragbar. Ich danke allen, welche die Motion ebenfalls unterstützen, und freue mich, wenn wir diese Anpassung bei der nächsten Gesetzesänderung im Steuergesetz ändern könnten.

Session des Kantonsrates vom 19. und 20. April 2022
19.4.2022Wortmeldung

Jäger-Vilters-Wangs, Ratsvizepräsident: Die Regierung beantragt Gutheissung der Motion.

Session des Kantonsrates vom 19. und 20. April 2022