Geschäft: Vision SG 2030: Gemeindestrukturen

Übersicht
KomiteeKantonsrat
Nummer43.21.07
TitelVision SG 2030: Gemeindestrukturen
ArtKR Postulat
ThemaGrundlagen und Organisation
FederführungDepartement des Innern
Eröffnung29.11.2021
Abschlusspendent
Letze Änderung31.8.2023
vertraulichNein
öffentlichJa
dringendNein
Dokumente
PubliziertTypTitelDatei
VorstossWortlaut vom 29. November 2021
AntragAntrag der Regierung vom 29. August 2023
Beteiligungen
DatumAkteurTitelLetze Änderung
29.11.2021Gremium2.6.2024
Abstimmungen
DatumTitelResultatöffentlich
JaBedeutungNeinBedeutungAbsent / Enthaltung
28.11.2023Eintreten43Zustimmung62Ablehnung14
Statements
DatumTypWortlautSession
28.11.2023Beschluss

Der Kantonsrat tritt mit 62:43 Stimmen bei 1 Enthaltung nicht auf das Postulat ein.

Session des Kantonsrates vom 27. bis 29. November 2023, Wintersession
28.11.2023Wortmeldung

Regierungsrätin Bucher: Ich möchte an dieser Stelle klarstellen, dass die Regierung keinesfalls beabsichtigt, ein Papier meines Vorgängers von 2018 aus der Schublade zu ziehen. Wir beabsichtigen, gemeinsam mit den Gemeinden unter Berücksichtigung der Gemeindeautonomie und des wichtigen Aspekts, den wir hier in der Diskussion auch betont haben, dass der Anstoss der Bevölkerung kommen muss, ein neues Papier auszuarbeiten, das auf der Höhe der Zeit ist, die aktuellen Herausforderungen beleuchtet und Perspektiven für zukunftsfähige Gemeindestrukturen aufzeigt. Ich denke, es ist an der Zeit, dass man sich mit dieser Frage fünf Jahre später nochmals auf eine andere Weise befasst.

Session des Kantonsrates vom 27. bis 29. November 2023, Wintersession
28.11.2023Wortmeldung

Tschirky-Gaiserwald: Auf das Postulat ist nicht einzutreten. Ich lege meine Interessen offen: Ich bin Gemeindepräsident von Gaiserwald.

Es ist wichtig zu wissen, dass ich als ehemaliger Präsident der VSGP – als Vorgänger von Huber-Oberriet – an einer Versammlung der VSGP auf dem Atzmännig dabei war, wo ein Grundlagenpapier Ihres Vorgängers diskutiert wurde. Dieses Grundlagenpapier könnte man eigentlich aus der Schublade ziehen, wenn man wollte. Es braucht keinen neuen Postulatsbericht, um neue Erkenntnisse herbeizuführen. Als Gemeindepräsident von Gaiserwald ist mir sehr daran gelegen, dass das föderale System auch im Kanton St.Gallen funktioniert. Wir brauchen keinen neuen Bericht. Die Gemeinden sind angehalten, ihre Strukturen und ihre Aufgabenerfüllung permanent zu überprüfen. Regierungsrätin Bucher hat die Digitalisierung angesprochen. Es ist richtig und wichtig, dass wir zusammen mit dem E-Government-Kooperationsgremium daran sind, diese Infrastruktur auf dem digitalen Weg zu schaffen.

Bzgl. der Einheitsgemeinden, die Cavelti Häller-Jonschwil angesprochen hat: Auch das ist richtig. Die Regierung weiss, dass wir in zahlreichen Regierungsgesprächen angeregt haben, die Einheitsgemeinden einzuführen. Das ist ein Postulat. Sie nehmen den Gemeinden das Wort aus dem Mund. Die Einheitsgemeinden sind völlig unbestritten und die Gemeinden und Schulgemeinden sollten hier zusammen vorwärtsmachen.

Das damalige Grundlagenpapier wurde nicht angewendet, weil man die Befürchtungen hegte, wenn man das Grundlagenpapier der Bevölkerung unterbreitet, dass das ablehnende Votum schon in den Köpfen feststeckt. Das ist im demokratischen Verständnis natürlich nicht richtig. Raths-Rorschach will die Ansicht der Regierung kennen. Wir kennen diese schon. Das Grundlagenpapier von 2018 wird dem Bericht, der jetzt ausgearbeitet werden soll, entsprechen. Wir können uns diese Übung ersparen und die Gemeinden ermuntern, in der Kooperation zusammen gemeinsame Lösungen zu suchen, um den Fachkräftemangel zu überwinden.

Session des Kantonsrates vom 27. bis 29. November 2023, Wintersession
28.11.2023Wortmeldung

Regierungsrätin Bucher: Auf das Postulat ist einzutreten. Dem Antrag der Regierung ist zuzustimmen.

Sie können es der Antwort der Regierung entnehmen: Wir sehen in diesen Fragen Handlungsbedarf. Wir sehen, dass es an der Zeit ist, sich einmal vertieft mit der Frage nach unseren Gemeindestrukturen auseinanderzusetzen und diese Fragen auch vertieft zu diskutieren. Die Herausforderungen, mit denen die Gemeinden und auch wir als Kanton konfrontiert sind, liegen auf der Hand. Einige Stichworte sind bereits gefallen: Fachkräftemangel, findet man noch Behördenmitglieder, Erwartungen der Bevölkerung zur Digitalisierung, zunehmende Spezialisierung usw. Wir sind auch nicht der einzige Kanton, der sich diese Fragen im Moment stellt. Wir haben am Wochenende alle mit grossem Interesse die Abstimmungsresultate unseres Nachbarkantons verfolgt. Auch dort hat man sich die Frage gestellt, wie sich Gemeinden und Kanton gemeinsam aufstellen müssen, damit die Gemeinden ihre Aufgaben auch in Zukunft erfüllen können: Was ist eine sinnvolle Gemeindestruktur, wie sieht eine sinnvolle Zusammenarbeit zwischen den Gemeinden und dem Kanton aus? Auch in unserem anderen Nachbarkanton Graubünden wurden erst kürzlich im Rahmen eines Programms zum Wissenstransfer zwischen Gemeinden und Kanton verschiedene Massnahmen zur Förderung der Gemeinden präsentiert. Sie sehen also, auch andere Kantone studieren an diesen Fragen herum und machen sich Gedanken um ihre Gemeindestrukturen. Deshalb hat sich die Beantwortung dieses Postulats auch etwas hingezogen.

Das Departement des Innern hat zu dieser Frage auch die Haltung der VSGP abgeholt, weil es uns wichtig war, von Beginn an gemeinsam unterwegs zu sein. Die VSGP wiederum hat eine Umfrage bei allen Gemeinderäten durchgeführt. Die Ergebnisse wurden uns vom Vorstand der VSGP zugestellt. Die Umfrage hat gezeigt, dass die Gemeinden v.a. die Digitalisierungserwartungen der Bevölkerung und den Fachkräftemangel als die grössten Herausforderungen bezeichnen. Der Vorstand der VSGP führt weiter aus, dass neue Modelle der Gemeindezusammenarbeit oder neue Gemeindestrukturmodelle nicht nötig seien. Die Gemeinden würden sich auch mit Blick auf diese Herausforderungen selbst organisieren.

Ich verhehle nicht, dass die Regierung diese Frage gerne gemeinsam mit den Gemeinden etwas proaktiver angegangen wäre. Deshalb beantragen wir Ihnen auch Eintreten mit geändertem Wortlaut. Wir würden gerne eine Auslegeordnung machen und einmal fragen: Wo stehen wir überhaupt? Wie gelingt die Aufgabenerfüllung der Gemeinden, aber auch von Kanton und Gemeinden gemeinsam? Wo sind die Herausforderungen und wie könnte man ihnen begegnen? Übrigens möchten wir in diese Auslegeordnung auch die Frage der Struktur des Grundbuchwesens miteinschliessen. Das ist der Grund, weshalb Ihnen die Regierung auf das Postulat 42.22.07 «Reform des St.Galler Grundbuchwesens» Nichteintreten beantragt. Wir würden diese Fragen gerne gemeinsam in einer Auslegeordnung ergebnisoffen angehen.

Zu Raths-Rorschach und der Haltung der Regierung zu den Gemeindestrukturen: Wir sind dezidiert der Ansicht – da haben wir keinen Dissens –, dass Gemeindefusionen immer «bottom up» geschehen müssen. Wir haben überhaupt keine Absicht, hier einzugreifen. Wir sehen es aber als unsere Aufgabe an, in der Frage der Strukturentwicklung der Gemeindestrukturen und der Zukunftsfähigkeit von Gemeindestrukturen Perspektiven aufzuzeigen, zu unterstützen und v.a. Impulse zu geben. Es kann keine Rede davon sein, dass damit die Gemeindeautonomie in irgendeiner Weise beschnitten würde. Um beim Bild der Rose zu bleiben, das Huber-Oberriet gezeichnet hat: Wir wollen nicht die Blume hervorzaubern, sondern wir wollen die Zwiebel setzen, damit eine starke, schöne Rose wachsen kann, denn – davon sind wir wirklich überzeugt – für einen starken und attraktiven Kanton St.Gallen, den wir alle wollen, brauchen wir starke und attraktive Gemeinden und zukunftsfähige Gemeindestrukturen.

Session des Kantonsrates vom 27. bis 29. November 2023, Wintersession
28.11.2023Wortmeldung

Raths-Rorschach: Auf das Postulat ist einzutreten. Dem Antrag der Regierung ist zuzustimmen. Ich lege meine Interessen offen: Ich bin Stadtpräsident von Rorschach.

Wir haben 75 Gemeinden einschliesslich Städten. Ich möchte die Haltung der Regierung wissen. Wir reden von Finanzausgleichsbeträgen von jährlich etlichen Millionen Franken. Zusammenschlüsse sind effizienter, weniger Gemeinden arbeiten effizienter, das ist ein Fakt. Wir haben Fachkräftemangel. Die kleinen Gemeinden holen Unterstützung bei den grossen – da ist nichts dabei. Ich rede auch nicht von Zwangsfusionen, sondern man soll einfach den Mut haben, Abklärungen zu treffen und gemeinsam zu prüfen, ob wir effizienter werden.

Der Kanton St.Gallen mit 75 Gemeinden – ich bin überzeugt, das ist keine Zukunft. Weniger Gemeinden, effizienter werden, das ist das, was wir wollen und das, was wir in Erfahrung bringen möchten.

Session des Kantonsrates vom 27. bis 29. November 2023, Wintersession
28.11.2023Wortmeldung

Huber-Oberriet: Auf das Postulat ist nicht einzutreten. Ich lege meine Interessen offen: Ich bin Präsident der VSGP.

Ich kann Ihnen versichern, die Gemeinden haben keine Berührungsängste mit Veränderungen. Schon heute werden verschiedene Zusammenarbeiten in den Bereichen Grundbuch, Betreibungsamt, Steueramt, Feuerwehr – ich könnte noch vieles mehr aufzählen – unter den Gemeinden mit Vereinbarungen geregelt. Es gibt sogar Zweckverbände über die Kantonsgrenzen hinaus. Dazu sind die entsprechenden rechtlichen Grundlagen in unserem Kanton bereits vorhanden und die Gemeinden nutzen diese Instrumente. Gemeindefusionen stehen zurzeit zwar keine an, aber es bewegt sich immer wieder etwas in unserer Gemeindelandschaft. So haben sich erst letzte Woche die Räte der Politischen Gemeinde Marbach und der Schulgemeinde Marbach für eine Schaffung einer Einheitsgemeinde ausgesprochen. Die entsprechende Abstimmung erfolgt bereits im März 2024. Für die Gemeinden ist die Demokratie, also der Volkswille, ein sehr hohes Gut. Damit Zusammenarbeitsformen wie Fusionen auch Bestand haben und vom Volk akzeptiert werden, muss der Wille wie eine Pflanze von unten nach oben wachsen, nur so kommen wirklich gute, zukunftsfähige Lösungen zustande. Haben Sie schon einmal eine Rose gesehen, die zuerst die Blüte entwickelt hat und dann den Stängel mit den Dornen? Ich glaube nicht. Haben Sie vergessen, dass unser Nachbarkanton Appenzell Ausserrhoden erst letzten Sonntag über einen Fusionsauftrag abgestimmt hat? Es war ein klarer Entscheid. Der Gegenvorschlag der Regierung und der Vorschlag aus dem Parlament wurden vom Volk nicht akzeptiert. Das Volk hat ganz klar gesagt: Erarbeitet ein Fusionsgesetz und wir schauen dann selbst. Im Kanton St.Gallen sind diese gesetzlichen Grundlagen bereits vorhanden, wir brauchen deshalb keine zusätzlichen Abklärungen mehr. Konzentrieren wir unsere Kräfte auf andere Geschäfte.

Session des Kantonsrates vom 27. bis 29. November 2023, Wintersession
28.11.2023Wortmeldung

Gschwend-Altstätten (im Namen der GRÜNE-Fraktion): Auf das Postulat ist einzutreten. Dem Antrag der Regierung ist zuzustimmen.

Die Einteilung unserer Gemeinden stammt weitgehend aus dem vorletzten Jahrhundert. Wenn wir die Aufgaben, die 1850 von einer Gemeinde erfüllt werden mussten, mit den Aufgaben von heute vergleichen, haben wir im eigentlichen Sinn des Wortes eine andere Welt. Auch die Mittel, die Erwartungen und die Möglichkeiten sind völlig anders. Eine ernsthafte und offene Auseinandersetzung mit Fragen, wie die verschiedenen Aufgaben zum Wohl der Bevölkerung erledigt werden, ist angezeigt – nicht erst heute, sondern das wäre es schon vor fünf Jahren gewesen. Natürlich ist es verständlich, dass niemand diese an sich wichtige Aufgabe ohne Not angehen will. Notwendig ist es aber doch. Wir finden es wichtig, dass der Kanton aktiv wird und eine saubere Auslege- und Neuordnung an die Hand nimmt.

Zum Schluss noch eine Erwartung: Wir erwarten, dass man das ergebnisoffen angeht, dass man mutig ist und dass auch einschneidende Veränderungen angeschaut werden. Dass die Bevölkerung weitgehend so weit ist, dass sie das auch akzeptieren kann, zeigt eine Zuschrift, die alle 120 Kantonsräte im vergangenen Februar von einem Herrn aus Oberbüren erhalten haben. Er hat auf mehreren Seiten einen aus heutiger Sicht radikalen Vorschlag vorgelegt. Seien wir im Sinne dieses Schreibens mutig. Wir erwarten, dass in der Diskussion und der Erarbeitung dieses Berichts auch solche weit gehenden, aber letztendlich notwendige Veränderungen angegangen werden.

Session des Kantonsrates vom 27. bis 29. November 2023, Wintersession
28.11.2023Wortmeldung

Gull-Flums (im Namen der SVP-Fraktion): Auf das Postulat ist nicht einzutreten. Ich lege meine Interessen offen: Ich bin Gemeindepräsident von Flums und Präsident der Region Sarganserland-Werdenberg und vertrete somit unsere Region im Vorstand der Vereinigung St.Galler Gemeindepräsidentinnen und -präsidenten (VSGP).

Die Praxis hat es in den letzten Jahren immer wieder gezeigt: Wo Handlungsbedarf besteht oder entsteht, wird auch gehandelt – sei es im Rahmen von Kooperationen zwischen Gemeinden auf Stufe einzelner Abteilungen oder sei es im Rahmen effektiver Gemeindefusionen. Die Praxis hat auch immer wieder gezeigt, dass solche Projekte nur Aussicht auf Erfolg haben, wenn sie aus eigenem Antrieb vor Ort entstehen. Jede Verordnung von oben ist kontraproduktiv. Klar, mit dem geänderten Wortlaut der Regierung geht es nicht um Verordnungen von oben. Dennoch erachten wir vor diesem Hintergrund auch einen Bericht zu einem Thema, welches jede einzelne Gemeinde selbst in ihrer jeweiligen Nachbarschaft oder Region anstossen kann, als nicht notwendig. Wir können doch nicht in jeder Session neue Berichte in Auftrag geben, ohne dass diese einen echten Mehrwert generieren. Aufgrund dieses Postulats wurde vor einem Jahr durch die VSGP eine Umfrage bei den Gemeinden durchgeführt. Die Rückmeldungen widerspiegeln im Grossen und Ganzen diese Position. Die Gemeindeautonomie wurde in den letzten Jahren immer wieder beschnitten und wird wohl auch weiter beschnitten werden. Diese Entwicklung soll nicht noch gefördert werden.

Session des Kantonsrates vom 27. bis 29. November 2023, Wintersession
28.11.2023Wortmeldung

Cavelti Häller-Jonschwil (im Namen der GLP): Auf das Postulat ist einzutreten. Dem Antrag der Regierung ist zuzustimmen.

In der Schweiz sind die Kompetenzen nach dem Subsidiaritätsprinzip aufgeteilt, d.h., die übergeordnete Staatsebene übernimmt jene Aufgabe, welche die untergeordnete Staatsebene nicht zu leisten vermag. Die Gemeinde als kleinste räumlich-administrative und politisch-geografische Verwaltungseinheit ist nah am Bürger und an der Bürgerin und kennt die Bedürfnisse am besten. Nach diesem Grundsatz funktioniert die Schweiz grundsätzlich erfolgreich. Verwaltungsgeschäfte werden jedoch zunehmend komplexer, ausgewiesene Fachleute sind auch bei den Verwaltungen schwierig zu finden und grössere Investitionen übersteigen die finanziellen Kapazitäten der Gemeinden oftmals. Dies führt bereits heute auf Verwaltungsebene zu Zusammenschlüssen. So wird z.B. das Grundbuch von Waldkirch in Gossau geführt oder das Sozialamt Jonschwil wird von Oberuzwil übernommen. In zahlreichen Zweckverbänden werden Aufgaben im Bereich Sicherheit oder Bildung über die Gemeindegrenze hinaus gemeinsam organisiert, da es die Ressourcen Einzelner übersteigt. Zudem suchen Ortsparteien oft händeringend nach geeigneten Kandidaten, welche über das notwendige Wissen verfügen, als Gemeinderat oder als Schulrätin oder als Mitglied der Geschäftsprüfungskommission tätig zu sein. Zahlreiche Gemeinden sind heute Einheitsgemeinden, und Schulratsgremien werden nicht zuletzt auch wegen der zunehmenden Notwendigkeit, der Komplexität durch Professionalisierung zu begegnen, abgeschafft.

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass sich bereits heute die Gemeindelandschaft verändert. Das Postulat verlangt keinen Zwang zur Fusion, aber es soll eine Standortbestimmung und eine Auslegeordnung vornehmen und aufzeigen, wie eine optimale Verwaltungseinheit aussehen könnte. Auch die Empfehlungen aus der Effizienzanalyse orten substanzielles Optimierungspotenzial in der Zusammenarbeit und Kooperation zwischen Gemeinden. Das Anliegen des Postulats kommt zur richtigen Zeit.

Session des Kantonsrates vom 27. bis 29. November 2023, Wintersession
28.11.2023Wortmeldung

Hasler-Balgach (im Namen der SP-Fraktion): Auf das Postulat ist einzutreten. Dem Antrag der Regierung ist zuzustimmen.

Ein Bericht zu den aktuellen Herausforderungen der kommunalen Aufgabenerfüllung, so wie es im geänderten Wortlaut der Regierung genannt wird, erachten wir als sinnvoll. In Anbetracht der unterschiedlichen Herausforderungen, welche die Gemeinden im Kanton St.Gallen zu bewältigen haben, ist ein Strukturbericht sicherlich nicht falsch. Der Ringkanton weist sehr ländliche Gemeinden, Städte sowie Agglomerationen auf. Die aktuellen Veränderungen der wirtschaftlichen, technologischen und demografischen Rahmenbedingungen bewältigen die Gemeinden höchst unterschiedlich. Es wird extrem spannend sein, im Bericht zu lesen, wie dies von den Gemeinden gehandhabt wird. Die Gemeinden sind in einer Vielzahl von Aufgabenbereichen tätig, dabei wird zwischen übertragenen Aufgaben auf der einen Seite und Aufgaben mit eigenem Wirkungskreis auf der anderen Seite unterschieden. Bei den übertragenen Aufgaben werden die Gemeinden durch den Bund bzw. den Kanton mit deren Erfüllung beauftragt. Hier sind die Gemeinden an Vorgaben und Richtlinien gebunden und verfügen entsprechend über einen geringen Handlungsspielraum. Vom Bund übertragene Aufgaben erfüllen die Gemeinden z.B. beim Gewässerschutz, bei der Lebensmittelpolizei oder beim Zivilschutz. Um eine vom Kanton übertragene Aufgabe handelt es sich beim Schulwesen oder bei der schulergänzenden Kinderbetreuung, bei der Integration im Sozialhilfewesen, bei der Bereitstellung von Bibliotheken usw. Andere Aufgaben und Tätigkeitsfelder nehmen die Gemeinden von sich aus wahr wie z.B. die Bereitstellung von Kitas, die Feuerwehr, Aufgaben im Bereich Wasser, Abwasser, Kehricht, Elektrizität usw. Bei diesen eigenen Aufgaben ist ihr Handlungspielraum entsprechend grösser.

Es soll also geprüft werden, wo eine vermehrte Zusammenarbeit zwischen den Gemeinden angezeigt ist und inwieweit dazu die bestehenden gesetzlichen Rahmenbedingungen ausreichen. Da sich der Leistungsauftrag der Gemeinden und die Anforderungen aus der Bevölkerung signifikant verändert haben, sehen wir hier ebenfalls einen Gewinn durch einen Bericht, der aufzeigt, wo Synergien, Aufgabenaufteilung, Verbunde usw. zielführend sind. Auch in Anbetracht der extrem divergierenden Steuerfüsse, der unterschiedlichen kommunalen Leistungskataloge und des Finanzausgleichs fänden wir einen Bericht sehr aufschlussreich.

Session des Kantonsrates vom 27. bis 29. November 2023, Wintersession
28.11.2023Wortmeldung

Aerne-Eschenbach (im Namen der Mitte-EVP-Fraktion): Auf das Postulat ist nicht einzutreten.

Im vorliegenden Begehren ersuchen die Antragsteller, künftige Visionen von Gemeindestrukturen in einem Postulatsbericht aufzuzeigen. Es werden konkrete Fragen gestellt, wie dies bewerkstelligt werden könnte. Die Regierung ihrerseits befürwortet das Begehren und empfiehlt, dem Ersuchen mit einem geänderten Wortlaut zuzustimmen. Ich nehme vorweg, dass die Mitte-EVP-Fraktion der Ausarbeitung eines Postulatsberichts wenig abgewinnen kann. Es ist unbestritten, dass die Herausforderungen der Gemeinden in unserem Kanton sowohl aktuell wie auch in Zukunft hoch sind. Längerfristig ist es sehr wohl möglich, dass sich nicht alle 75 Gemeinden im Kanton etablieren können und neue Formen der Zusammenarbeit notwendig sind. Es ist allerdings eine zentrale Aufgabe einer jeden einzelnen Gemeinde, ihre Behörden- und Verwaltungsorganisation sach- und bedarfsgerecht zu organisieren. Es steht jeder Gemeinde oder Region frei, konkrete Aufgaben bei Bedarf neu auszurichten und zu organisieren. In diesen Fragen handeln die Gemeinden autonom. Einen Postulatsbericht, der irgendwann vorliegen wird und wiederum viele Ressourcen binden wird, erachten wir als nicht zielführend und schlicht als nicht notwendig.

Weitere Instrumente zur Strukturanpassung stehen mitunter auch mit dem kantonalen Gemeindevereinigungsgesetz (sGS 151.3; abgekürzt GvG) zur Verfügung. Verschiedene Gemeinden im Kanton haben sich in der Vergangenheit durch Gemeindevereinigungen erfolgreich neu organisiert und ihre Strukturen zukunftsgerichtet ausgerichtet. Insofern hat der Kanton bereits vor über zehn Jahren richtige und konkrete Weichen gestellt, wie sich die Gemeinden in struktureller Hinsicht ausrichten können. Es liegt an den Gemeinden, sich mit diesen Fragenstellungen zu befassen.

Im weiteren verweise ich auf Art. 26 Abs. 1 der Kantonsverfassung (sGS 111.1; abgekürzt KV): «Das Gesetz teilt Staatsaufgaben dem Kanton zur Erfüllung zu, wenn die Gemeinden nicht in der Lage sind, sie allein oder in Zusammenarbeit mit anderen Gemeinden wirtschaftlich und wirksam zu erfüllen.» Die Gemeinden in unserem Kanton sind in der Lage, ihre Strukturen in eigener Regie und mit den vorhandenen Instrumenten selbstständig und zielgerichtet anzupassen. Die Mitte-EVP-Fraktion erachtet die Ausarbeitung eines Postulatsbericht als nicht angezeigt.

Session des Kantonsrates vom 27. bis 29. November 2023, Wintersession
28.11.2023Wortmeldung

Abderhalden-Nesslau (im Namen der FDP-Fraktion): Auf das Postulat ist einzutreten. Dem Antrag der Regierung ist zuzustimmen. Ich lege meine Interessen offen: Ich bin Gemeinderätin von Nesslau.

Es ist uns ein Anliegen, dass die Gemeinden weiterhin wohnort- und bürgernah sind und die föderalen Strukturen aufrechterhalten werden. Gemeindestrukturen ab und zu zu überprüfen und zu optimieren, erachten wir als durchaus angebracht. Wir müssen das Thema angehen. Es stellt sich die Frage, wie wir diese Aufgabe lösen. Häufig müssen diese der Kanton und die Gemeinden zusammen lösen. Die Kantonsverfassung verlangt, dass Staatsaufgaben durch die Gemeinden wirksam und wirtschaftlich erfüllt werden, gegebenenfalls durch Zusammenarbeit mit anderen Gemeinden. Deshalb ist es auch in unserem Sinn, regionales Zusammenarbeiten zu fördern und eine Zusammenlegung wo sinnvoll umzusetzen, mit dem nötigen Respekt bei Reformbedarf und dem Mut, gewisse Themen anzusprechen. Ein Föderalismus, der funktioniert.

Das Postulat erzeugt einen Bericht, den die Regierung zusammen mit den Gemeinden erarbeiten könnte, um ergebnisoffene Gespräche und Diskussionen zu führen und zu prüfen, wo es Probleme gibt und wo Handlungsbedarf besteht. Unser Postulat bezieht sich nicht nur auf die Gemeinden, sondern auch auf andere öffentlich-rechtliche Körperschaften wie z.B. Wasser- und Elektrizitätskorporationen. Überlegungen, Ämter zusammenzulegen und grundsätzlich zu hinterfragen, erachten wir durchaus als angebracht. So können wir den ganzen Kanton effizienter gestalten.

Session des Kantonsrates vom 27. bis 29. November 2023, Wintersession
28.11.2023Wortmeldung

Dürr-Gams, Ratsvizepräsidentin: Die Regierung beantragt Gutheissung mit geändertem Wortlaut.

Session des Kantonsrates vom 27. bis 29. November 2023, Wintersession