Geschäft: III. Nachtrag zum Planungs- und Baugesetz

Übersicht
KomiteeKantonsrat
Nummer22.21.15
TitelIII. Nachtrag zum Planungs- und Baugesetz
ArtKR Gesetzgebungsgeschäft
ThemaVerkehr, Bau, Energie, Gewässer
FederführungBau- und Umweltdepartement
Eröffnung19.10.2021
Abschlusspendent
Letze Änderung31.8.2022
vertraulichNein
öffentlichJa
dringendNein
Dokumente
PubliziertTypTitelDatei
AntragAnträge der Redaktionskommission vom 19. September 2022
ErlassReferendumsvorlage vom 21. September 2022
ProtokollauszugFeststellung der Rechtsgültigkeit der Referendumsvorlage und Festlegung des Vollzugsbeginns vom 22. November 2022
ProtokollProtokoll der Sitzung der vorberatenden Kommission vom 11. Mai 2022
BotschaftBotschaft und Entwürfe der Regierung vom 5. Oktober 2021
AllgemeinKommissionsbestellung des Präsidiums vom 29. November 2021
ErlassIn der Gesetzessammlung veröffentlicht am 21. Februar 2023
AntragAnträge GRÜNE-Fraktion zu Art. 122 und 157 vom 15. Juni 2022
Beteiligungen
DatumAkteurTitelLetze Änderung
30.11.2021Gremium19.1.2023
Abstimmungen
DatumTitelResultatöffentlich
JaBedeutungNeinBedeutungAbsent / Enthaltung
21.9.2022Schlussabstimmung87Zustimmung26Ablehnung7
15.6.2022Antrag GRÜNE-Fraktion zu Art. 12227Zustimmung79Ablehnung14
15.6.2022Eintreten82Zustimmung28Ablehnung10
Statements
DatumTypWortlautSession
21.9.2022Beschluss

Der Kantonsrat erlässt den III. Nachtrag zum Planungs- und Baugesetz mit 87:26 Stimmen in der Schlussabstimmung.

Session des Kantonsrates vom 19. bis 21. September 2022
21.9.2022Wortmeldung

Pappa-St.Gallen (im Namen der SP-Fraktion): Die Vorlage ist abzulehnen.

Es mag Sie nicht überraschen, wenn auch die SP in dieser Hinsicht spricht. Die Meinungen zu diesem Thema sind leider schon gemacht, und trotzdem macht die SP-Fraktion nochmals vehement darauf aufmerksam, dass diese neue Kompetenzregelung die aktuellen Probleme der Praxis nicht lösen wird. Die Gefahr ist gross, dass nun noch mehr Rechtsstreite entstehen. Es geht ja darum, wer entscheidet, wie die Bewahrung unserer Schutzobjekte gewährleistet wird. Wer ist fähig, die qualitätsvolle Einschätzung vorzunehmen? Wer schafft es, bei dieser Frage neutral zu bleiben und sich fachlich für die Bewahrung unserer Zeitzeugen und Baukulturschätze einzusetzen? Neu soll nun die kantonale Denkmalpflege nicht selbst entscheiden, ob und wie die Zeitzeugen von nationaler und kantonaler Ausstrahlung geschützt werden sollen. Die kantonale Denkmalpflege hat nur noch ein Rekurs- und Beschwerderecht gegen Entscheide der Gemeinden. Sie wäre also nicht mehr die fachkundige Beraterin, sondern die Spielverderberin. Noch mehr Konflikte sind somit vorprogrammiert, welche die Verfahren in die Länge ziehen. Ja, in der Praxis gab es wahrlich Schwierigkeiten in der Zusammenarbeit zwischen Gemeinden und Kanton. Das Problem kann jedoch nicht mit dieser neuen Regelung gelöst werden, es ist ganz einfach systemfremd und inkonsequent.

Es wäre stattdessen besser gewesen, wenn man die bestehenden Probleme tatsächlich angepackt hätte, die kantonale Denkmalpflege kommunikativ, fachlich und vor allem personell verstärkt hätte, wenn die fachliche Unterstützung für die Gemeinden und die Zusammenarbeit hätte verbessert werden können. Aber eben, da reden wir von «hätte werden können». Gleichzeitig steigt die Gefahr, dass sich der Gemeinderat und die Bauherrschaft, die ein geschütztes Objekt verändern oder gar abreissen will, zu nahe stehen, gar befreundet sind und eine unabhängige und fachgerechte Beurteilung entsprechend fraglich ist. Deshalb empfiehlt die SP-Fraktion, dieses Gesetz abzulehnen.

Session des Kantonsrates vom 19. bis 21. September 2022
21.9.2022Wortmeldung

Gschwend-Altstätten (im Namen der GRÜNE-Fraktion): Die Vorlage ist abzulehnen.

Wir Grünen lehnen diese Vorlage ab, und zwar aus diesem Grund: Es ist eine schlechte Vorlage und sie bringt keinen einzigen Vorteil. Die Vorlage verschiebt das Problem nur und schafft neue Probleme. Dieser Rat hat es verpasst, die entsprechenden Verbesserungen vorzunehmen. Ich wäre nicht erstaunt, wenn wir – aus der ganzen Situation heraus und weil die Vorlage so unglücklich ist, auch bezüglich Bundesvorschriften und weil sie mit internationalen Vorschriften nicht verträglich ist – schon bald wieder wie im bekannten Spiel auf Feld 1 sind und das ganze Spiel nochmals von vorne anfängt.

Wie gesagt, es ist eine schlechte Vorlage, die bringt nichts, und ich ersuche Sie, ebenfalls daran zu denken und mit uns Nein zu stimmen, damit der Weg frei wird zu einem neuen Gesetz, einer neuen Vorlage, die wirklich dieser wichtigen Frage Rechnung trägt, wie man mit der Denkmalpflege umgeht und wie man als Kanton diese Rolle tatsächlich aktiv und im Sinne der Sache gut erfüllen kann.

Session des Kantonsrates vom 19. bis 21. September 2022
19.9.2022Wortmeldung

Jäger-Vilters-Wangs, Ratspräsident: Die Vorlage ist in zweiter Lesung durchberaten und geht zur Vorbereitung der Schlussabstimmung an die Redaktionskommission.

Session des Kantonsrates vom 19. bis 21. September 2022
19.9.2022Beschluss

Der Kantonsrat tritt auf den III. Nachtrag zum Planungs- und Baugesetz in zweiter Lesung ein.

Session des Kantonsrates vom 19. bis 21. September 2022
19.9.2022Wortmeldung

Locher-St.Gallen, Präsident der vorberatenden Kommission: Die vorberatende Kommission verzichtete auf eine Sitzung zur Beratung des Ergebnisses der ersten Lesung des Kantonsrates. Sie beantragt, auf die Vorlage in zweiter Lesung einzutreten.

Session des Kantonsrates vom 19. bis 21. September 2022
15.6.2022Wortmeldung

Jäger-Vilters-Wangs, Ratspräsident: Die Vorlage ist in erster Lesung durchberaten und geht zur Vorbereitung der zweiten Lesung zurück an die vorberatende Kommission.

Session des Kantonsrates vom 13. bis 15. Juni 2022
15.6.2022Wortmeldung

Art. 157a (Rekurs- und Beschwerdeberechtigung bei Entscheiden zur Beseitigung oder Beeinträchtigung von Schutzobjekten von nationaler oder kantonaler Bedeutung). Gschwend-Altstätten: verzichtet darauf, den schriftlich vorliegenden Antrag mündlich zu bestätigen.

Die Vorsteherin des Departements des Innern hat zu Recht darauf hingewiesen, dass hier eine Verbindung besteht. Wir haben jetzt eine neue Situation, da Sie unserem Antrag zuvor nicht gefolgt sind. Die folgenden Artikel machen Sinn, damit wenigstens eine Art von Ausgleich da ist. Aber es sind Alibi-Artikel, nichts anderes.

Vor allem ist es mir ein Anliegen, Sie nochmals darauf aufmerksam zu machen: Mit der Möglichkeit des Weiterzuges, den man der kantonalen Denkmalpflege einräumt, macht man nur etwas: Man schafft einen neuen Sündenbock. Wie schon im Eintreten ausgeführt, kommt das viel zu spät. Die Fachlichkeit ist auch dort beim Verwaltungsgericht sowieso nicht gegeben.

Es macht wenig Sinn, an diesen Anträgen festzuhalten, und wir verzichten darauf.

Session des Kantonsrates vom 13. bis 15. Juni 2022
15.6.2022Beschluss

Der Kantonsrat lehnt den Antrag der GRÜNE-Fraktion mit 79:27 Stimmen bei 3 Enthaltungen ab.

Session des Kantonsrates vom 13. bis 15. Juni 2022
15.6.2022Wortmeldung

Locher-St.Gallen: Der entsprechende Antrag wurde in der Kommission ebenfalls gestellt. Er wurde mit 11:3 Stimmen bei 1 Abwesenheit abgelehnt.

Session des Kantonsrates vom 13. bis 15. Juni 2022
15.6.2022Wortmeldung

Regierungsrätin Bucher: Der Antrag der GRÜNE-Fraktion ist abzulehnen.

Ich denke, es ist wichtig, dass man das auch sieht: Wenn man nur Art. 122 Abs. 3 betrachtet, kann man sich durchaus im Sinne der GRÜNE-Fraktion auf den Standpunkt stellen, dass man diesen letzten Satz von Abs. 3 nicht streichen darf.

Aber man darf ihn eben streichen, weil die Vorlage ein Gesamtpaket ist. Man darf den letzten Satz von Art. 122 Abs. 3 streichen, wenn man gleichzeitig einen neuen Abs. 4 einfügt, der den Verfahrenseinbezug der kantonalen Denkmalpflege vorsieht, und man darf diesen Satz streichen, wenn man den neuen Art. 157a, der ein Rekurs- und Beschwerderecht für die zuständige kantonale Stelle vorsieht, neu schafft. Die Vorlage ist ein Gesamtpaket. Wir streichen das Zustimmungserfordernis in Art. 122 Abs. 3 und führen dafür die Ersatzregelung ein. Die besteht aus Art. 122 Abs. 4 (neu) und Art. 157a (neu).

Session des Kantonsrates vom 13. bis 15. Juni 2022
15.6.2022Wortmeldung

Götte-Tübach: Ich möchte nochmals auf die Ausführungen von Sailer-Wildhaus-Alt St.Johann zurückkommen, der die fachliche Beurteilung durch die Gemeinden in Frage stellt. Ich spreche für eine der kleinsten Gemeinden. Er hat völlig recht: Ich habe niemanden in der Verwaltung, der diese Beurteilung vornehmen kann. Aber das habe ich in verschiedenen Bereichen nicht. Ich arbeite genau in diesen Fragen mit den absoluten Fachleuten zusammen. Vielfach sind es sogar Fachleute, die die kantonale Denkmalpflege verlassen haben und sich in einem weiteren Lebensabschnitt selbständig gemacht haben und dort ihr Bestes mit dem ganzen Know-how aus dem Amt mitbringen. Mit solchen Leuten arbeite ich regelmässig zusammen. Und dort können Sie beim besten Willen nicht die Fachlichkeit ankreiden, ansonsten müssen Sie auch die Fachlichkeit das ganzen Amtes ankreiden. Das sind diese Leute, die jahrelang dort den Job gemacht haben.

Wir sind in Tübach nicht alleine mit dieser Variante. Ich glaube, all die Kolleginnen und Kollegen in kleineren Gemeinden können mir zustimmen, die machen das genauso. Aus diesem Grund ist die Fachlichkeit mehr als nur vorhanden bzw. wir kaufen uns diese ein.

Session des Kantonsrates vom 13. bis 15. Juni 2022
15.6.2022Wortmeldung

Blumer-Gossau (im Namen der SP-Fraktion): Dem Antrag der GRÜNE-Fraktion ist zuzustimmen.

Ich wiederhole an dieser Stelle gerne noch das, was Regierungsrätin Bucher festgehalten hat, dass eben die Zusammenarbeit das Wesentliche ist. Genau diese Zusammenarbeit muss weiterhin gut funktionieren, und unseres Erachtens funktioniert sie besser, wenn dieser Art. 122 Abs. 3 so belassen wird, wie es die GRÜNE-Fraktion vorschlägt. Was ich auch gerne noch einmal wiederhole ist, dass es eben für die Beschleunigung der Verfahren auch wichtig ist, dass die Gemeinden ihre Schutzverordnungen aktualisieren. Dabei sollen und wollen die Denkmalpflegerinnen und -pfleger die Gemeinden sicher gerne unterstützen. Stimmen Sie dem Antrag zu, dann gibt es eine gute Zusammenarbeit.

Session des Kantonsrates vom 13. bis 15. Juni 2022
15.6.2022Wortmeldung

Sailer-Wildhaus-Alt St.Johann (im Namen der SP-Fraktion): Dem Antrag der GRÜNE-Fraktion ist zuzustimmen.

Dazu einige Gedanken von mir: Die Verschiebung der Kompetenz von der kantonalen Denkmalpflege hin zu den Gemeinden halte ich persönlich für sehr gefährlich und höchst problematisch. Die Gemeinden sind jetzt schon Alleskönner und Allesmüsser, und das meine ich jetzt durchaus positiv. Ich habe diverse Gespräche geführt und ich staune immer wieder, wie viele Entscheide, die wir in den letzten Jahren getroffen haben, schlussendlich direkt die Gemeinden betreffen. Die müssen es zu Boden bringen, die müssen vieles ausführen und manchmal sogar Ungewolltes ausbaden. Darum verstehe ich auch grundsätzlich, dass sich die VSGP bei fast allen Themen stark macht und für ihre Interessen kämpft. Das ist auch legitim.

Umso mehr erstaunt es mich aber hier, dass sich die Gemeinden genau diese sehr heikle und manchmal auch emotionale Aufgabe aufbürden wollen. Sie laden sich in meinen Augen viele schwierige zusätzliche Arbeit auf. Ich möchte jetzt keiner Gemeinde zu nahe treten, aber ich bezweifle stark, dass es alle 77 Gemeinden so ernst meinen, wie es bspw. – was ich sehr vorbildlich fand – Mattle-Altstätten ausgeführt hat, dass alle Gemeinden derart stark mit Fachkräften und sogar noch Leuten vom kantonalen Denkmalschutz durch die Strassen ziehen und sich z.B. Objekte anschauen. Ich bezweifle, dass alle Gemeinden – es gibt sicher Ausnahmen – das gleich gut ausführen werden wie die Spezialistinnen und Spezialisten von der kantonalen Denkmalpflege.

Die Streichung des letzten Satzes von Art. 122 öffnet Tür und Tor für strittige Situationen. Zoller-Quarten hat dies zwar widerlegt. Ich verstehe ihn auch, es kann in jedem Amt Sachen geben wie «Das ist mein Kollege, mit ihm spiele ich Fussball». Bei solchen Bausachen kann das aber sehr schwierig werden, aber muss natürlich nicht – das ist auch nicht mein Hauptgrund. Ich würde eigentlich gerne mal wissen, wenn jetzt alle 77 Gemeindevertreter hier wären, wie viele Gemeinden es sich wirklich zutrauen, das Fachwissen des Amtes adäquat zu ersetzen. Auch hier möchte ich niemandem zu nahe treten, aber ob das alle wirklich so können, bezweifle ich persönlich. In meinen Augen wäre es besser, das chronisch unterdotierte Amt mit derzeit, glaube ich, dreieinhalb Stellen etwas aufzustocken mit ein oder zwei neuen Personen, damit auch das Tempo der Behandlung der Gesuche höher wird. Als Beispiel: Der Kanton Thurgau hat doppelt so viele Stellen im Denkmalschutz wie unser Kanton.

Zum Staatspolitischen: Da wurde schon viel gesagt. Ich persönlich finde es heikel, wenn die untere Staatsebene über Objekte der oberen Ebene entscheidet – das kann Probleme geben. Meines Wissens haben nur die wenigsten Gemeinden im Bereich Denkmalschutz schon rechtsgültige Reglemente geschaffen – auch das ist ein Problem, warum die Gesuche länger gehen. Wenn die kantonale Stelle dann nur noch Beschwerderecht hat, stehen mühsame, lange und teure Rechtsstreitigkeiten an – das ist eine Vermutung von mir, die kann ich natürlich jetzt noch nicht belegen. Dann schliesse ich mich vollumfänglich Kollege Gschwend-Altstätten an, der sehr gut erklärt hat, was seine Haltung ist. Es geht hier auch nicht um Polemik. Ich möchte nicht sagen, die Gemeinde A, wie z.B. Mattle-Altstätten erklärt hat, arbeitet genauer, schutzorientierter und zieht Fachpersonal hinzu, und die Gemeinde B macht das nicht – das kann ich gar nicht beurteilen. Aber wir bezweifeln, dass es eben alle tun, und es geht hier um das grosse Ganze, und das grosse Fachwissen liegt eben bei den Spezialisten. Ich schliesse mich auch Regierungsrätin Buchers Aussagen an, insbesondere in diesen drei Punkten: Dass eben das Amt alle Gemeinden gleich behandeln kann – wenn jede Gemeinde nur für sich schaut, ist es schwierig, korrigierend einzugreifen, wenn es aus dem Ruder läuft –, die Ressourcenknappheit, und dass dadurch manchmal das Tempo zu gering ist. Und was, wenn z.B. eine Gemeinde nicht so genau hinschaut? Dann muss das Amt reagieren, und dann wird es teuer. Im schlimmsten Fall gibt es einen Rekurs oder sogar einen Prozess.

Ich glaube abschliessend, wir sind gar nicht so weit auseinander. Wenn ich bspw. Bartl-Widnau zuhöre, tönt das alles gut, und wenn ich Gschwend-Altstätten zuhöre, tönt das eben auch alles gut. Jede Gemeinde sagt, natürlich wollen wir unser Ortsbild schützen, und das glaube ich sogar. Es geht jetzt nur darum: Wollen wir alles den Gemeinden überlassen, mit dem Risiko, dass Gemeinde A ein bisschen strenger hinschaut, und Gemeinde B ein bisschen weniger, oder wollen wir die Arbeit bei den Spezialistinnen und Spezialisten von der kantonalen Denkmalpflege lassen? Ich persönlich möchte das Zweite.

Session des Kantonsrates vom 13. bis 15. Juni 2022
15.6.2022Wortmeldung

Bartl-Widnau: Der Antrag der GRÜNE-Fraktion ist abzulehnen.

Gerne verweise ich auf die Ausführungen der diese Vorlage ablehnenden Fraktionen. Ich stimme Ihnen zu, dass es sich lohnt, qualitativ hochwertige Objekte und Ortsbilder zu schützen. Nichts anderes bestimmt das Planungs- und Baugesetz, und auch kaum die Gemeinden wollen das. Wieso sollte eine Gemeinde ihre Aushängeschilder durch – und das wird vorgeworfen – eintönige Renditebauten ersetzen?

Wieso sollte ein Eigentümer ein wertvolles Objekt durch minderwertige Objekte ersetzen? Mir ist nicht klar und auch nach den bisherigen Voten durch nichts anderes belegt worden, weshalb eine entsprechende Handlungsweise den Gemeinden unterstellt wird. Schliesslich weise ich erneut darauf hin, dass keinerlei Änderung von materiellen Normen vorgenommen wird. Es geht einzig darum, die Verfahren zu beschleunigen, indem die Stelle verfahrensleitend ist, welche die Objekte am besten kennt und am effizientesten behandeln kann, und zwar ohne dass die kantonalen Stellen an Einfluss verlieren, einerseits aufgrund des frühzeitigen Einbezugs, andererseits durch deren Rekurs- und Beschwerderecht.

Session des Kantonsrates vom 13. bis 15. Juni 2022
15.6.2022Wortmeldung

Art. 122 [b) Eigentumsbeschränkungen]. Gschwend-Altstätten: beantragt im Namen der GRÜNE-Fraktion, Art. 122 Abs. 3 wie folgt zu formulieren: «Unter Schutz gestellte Objekte dürfen nur beseitigt oder beeinträchtigt werden, wenn ein gewichtiges, das Interesse an der Erhaltung überwiegendes Bedürfnis nachgewiesen wird. Bei Schutzobjekten von nationaler oder kantonaler Bedeutung ist die Zustimmung der zuständigen kantonalen Stelle erforderlich.» und Art. 122 Abs. 4 zu streichen, also am geltenden Recht festzuhalten.

Wir haben jetzt eine Lösung, die funktioniert. Dieser Antrag will, dass man diese Lösung so lässt, wie sie ist, dass es also das Zustimmungserfordernis der kantonalen Denkmalpflege braucht. Es ist des Langen und Breiten ausgeführt worden, wieso diese Lösung Sinn macht. Ich wiederhole es gerne nochmals: Die Gefahr ist wirklich grösser, als sich die Sprecher einzelner Fraktionen eingestehen wollten, dass das auch zulasten der Denkmalpflegeobjekte geht, wenn man von dieser jetzt funktionierenden Lösung Abstand nimmt. Ich bitte Sie einfach, es gibt schon das grossspurige Interesse, dass man eine Entwicklung ermöglichen muss, aber es gibt auch das Interesse des Eigentümers, der sorgsam mit dem Objekt umgeht, und ich meine – und ich spreche die Gemeinden an, auch diese Stadt, die sich gewehrt hat: Diese Leute haben eine anständige Behandlung, eine kompetente Behandlung und ein kompetentes Mitdenken, wie ein solches Objekt allenfalls weiterentwickelt werden soll, verdient, und das schaffen wir ziemlich sicher nur, wenn wir die jetzige Lösung belassen, wie sie ist. In diesem Sinne ersuche ich Sie, diesen Antrag, so wie er auf dem grauen Blatt vorliegt, zu unterstützen.

Session des Kantonsrates vom 13. bis 15. Juni 2022
15.6.2022Struktur

Spezialdiskussion

Session des Kantonsrates vom 13. bis 15. Juni 2022
15.6.2022Beschluss

Der Kantonsrat tritt mit 82:28 Stimmen bei 5 Enthaltungen auf die Vorlage ein.

Session des Kantonsrates vom 13. bis 15. Juni 2022
15.6.2022Wortmeldung

Regierungsrätin Bucher: Auf die Vorlage ist einzutreten.

Ich danke Ihnen sehr für diese engagierte Denkmalpflegedebatte. Das erfreut mein Kulturministerinnenherz. Ich habe einige Punkte wirklich mit grossem Interesse verfolgt und ich glaube, einen ganz wichtigen Punkt hat die GRÜNE-Fraktion angesprochen: Sie hat gesagt, in der Denkmalpflege gehe es um ein gut funktionierendes Miteinander. Und hier sind wir eigentlich schon beim Kern dieser Vorlage, weil an dieser Frage, ob wir jetzt ein gut funktionierendes Miteinander haben oder nicht, scheiden sich im Moment die Geister.

Sie haben es der Vorlage entnommen: Nach Ansicht der Regierung sprechen mehrere Gründe für eine Neuregelung. Der Hauptgrund dafür ist, dass die mit dem neuen Planungs- und Baugesetz eingeführte Regelung des Zustimmungserfordernisses, dass diese Entscheidungshoheit und Hauptverantwortung der Gemeinden, das muss man einfach so sagen, von den politischen Gemeinden und auch von den Wirtschaftsverbänden nicht akzeptiert wird. Das führt in der Praxis zu Unzufriedenheit über die Zusammenarbeit und das ist für niemanden eine gute Situation. Was sind die Gründe dafür, dass diese Hauptzuständigkeit der kantonalen Denkmalpflege nicht akzeptiert wird? Ich denke, das sind mehrere Punkte. Diese wurden von diversen Rednerinnen und Rednern angesprochen. Hauptgrund ist wahrscheinlich das Verfahrenstempo. Dafür gibt es auch verschiedene Gründe. Wir haben Ressourcenprobleme, das ist nicht von der Hand zu weisen. Wir haben Ressourcenprobleme bei der kantonalen Denkmalpflege. Gleichzeitig muss man aber auch sagen, dass es die Gemeinden – genauso wie wir – auch selbst in der Hand hätten, die Verfahren zu beschleunigen, indem sie bspw. die Schutzverordnungen aktualisieren würden. Es gibt also mehrere Gründe, weshalb es Schwierigkeiten gibt in der Zusammenarbeit, und die Gemeinden bringen vor, aufgrund dieser Unzufriedenheit, sie würden die Verhältnisse vor Ort besser kennen und deshalb sei diese Neuregelung auch angebracht.

Was war der Grund, weshalb man dieses Zustimmungserfordernis eingeführt hat, und weshalb die Regierung der Meinung ist, dass das Zustimmungserfordernis grundsätzlich eine gute Sache ist? Das Zustimmungserfordernis ermöglicht einen einheitlichen und einen rechtsgleichen Schutz unserer Baudenkmäler im gesamten Kanton. Im Unterschied zu den Gemeinden verfügt die kantonale Denkmalpflege über eine Übersicht über alle Objekte im ganzen Kanton. Das ist bei den Gemeinden naturgemäss gar nicht möglich. Man hat eine einheitliche Praxis, also man behandelt jede Gemeinde gleich, und teilweise, das wurde ebenfalls schon genannt, gibt es kleine Gemeinden, die wenige Objekte haben und entsprechend weniger Verfahren in der Denkmalpflege haben. Weniger Erfahrung führt zu weniger Routine und vielleicht auch zu schwierigeren Prozessen. Aus diesem Grund hat die Regierung klar gesagt, wenn wir etwas ändern wollen an dieser Zusammenarbeit, an diesem Zustimmungserfordernis, dann braucht es eine Ersatzregelung. Diese Ersatzregelung liegt nun vor. Wir schlagen Ihnen diese vor. Sie besteht aus zwei Teilen: einerseits aus einem Verfahrenseinbezug der kantonalen Denkmalpflege und andererseits auch aus einem Rekurs- und Beschwerderecht der zuständigen kantonalen Stelle.

Es wurde auch die Frage der Rechtmässigkeit dieser Vorlage aufgebracht. Wir haben das juristisch geprüft und sind der Ansicht, dass diese Ersatzregelung, wie sie sich nun präsentiert, im Einklang steht mit der Bundesverfassung, mit den bundesrechtlichen Vorgaben, aber auch mit den Vorgaben der Granada-Konvention (SR 0.440.4), die einen Erlass geeigneter Vorschriften zum Schutz von Baudenkmälern und wirksame Genehmigungs- und Kontrollverfahren verlangt.

Falls, wie angekündigt, die Verbände eine Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten anstreben würden, dann würde dieser Erlass in einer sogenannten abstrakten Normenkontrolle überprüft werden. Hier sind wir der Meinung, dass unser Erlass den Anforderungen genügt, weil es in dieser freien Überprüfung durch das Bundesgericht auch das Element des Föderalismus gibt, das sicher noch berücksichtigt werden würde. Selbstverständlich kann man dem Ergebnis einer solchen Prüfung nicht vorgreifen. Vielleicht gibt es ein gewisses Restrisiko, aber wir sind überzeugt, dass diese Vorlage im Einklang mit den Vorgaben steht.

Lassen Sie mich zum Schluss noch auf einen Punkt zurückkommen, den wir in der Debatte auch gehört haben: Wir haben gehört, am Verfahren ändert sich etwas. Materiell ändert sich nichts. Das hat der Sprecher der FDP-Fraktion gesagt, und ich bin wirklich froh über dieses Votum. Ich bin auch froh über die vielen Voten, die ich heute gehört habe. Bei der Denkmalpflege geht es um den Schutz und den Erhalt unseres kulturellen Erbes. Es geht um die Wahrung der Identität. Es geht um die Wahrung der Gesichter, die Heimat stiften, die die Identität unserer Dörfer stiften, und es geht gleichzeitig auch um eine zeitgemässe Nutzung und Weiterentwicklung dieser Denkmäler. Dass diese Aufgabe und dieser Schutz und Erhalt unbestritten sind, darüber bin ich sehr froh. Darum geht es im Kern dieser Vorlage auch. An diesen engagierten Voten, gerade auch von vielen Gemeindepräsidenten in diesem Rat, lese ich ein starkes Bekenntnis zu einer Denkmalpflege und ein starkes Bekenntnis zu dieser gemeinsamen Aufgabe ab. Die Gemeinden werden in der Umsetzung dieser neuen Zuständigkeit gefordert sein. Sie bekommen eine neue, verantwortungsvolle Aufgabe. Gleichzeitig bin ich aber überzeugt, dass die Gemeinden sich dieser Verantwortung bewusst sind und dass sie auch bereit sind, diese Verantwortung zu übernehmen, gemeinsam mit der kantonalen Denkmalpflege, sodass man in einem gemeinsamen Funktionieren, in einem Dialog, zu guten Lösungen kommt, die dem Schutz und dem Erhalt unseres kulturellen Erbes gerecht werden, und auch eine zeitgemässe Weiterentwicklung ermöglichen.

Session des Kantonsrates vom 13. bis 15. Juni 2022
15.6.2022Wortmeldung

Mattle-Altstätten: Eine Replik zum Hinweis von Gschwend-Altstätten: Die Altstätter Ortsbildkommission ist sehr wohl professionell besetzt. Wir haben zwei Architekten dabei. Einer davon ist Paul Knill, ein ausgewiesener Experte, und zudem René Finger. Freiwillig nehmen wir auch immer die Vertreterin der Denkmalpflege, Regula Graf, dazu. Wir sind wirklich bemüht, mit sehr viel Fachexpertise bei uns in der Ortsbildkommission zu arbeiten, auch auf dieser Basis, dass wir die entsprechenden Leute dazunehmen. Von daher, glaube ich, erledigen wir unsere Arbeit, wie viele andere Gemeinden auch, nach besten Möglichkeiten.

Session des Kantonsrates vom 13. bis 15. Juni 2022
15.6.2022Wortmeldung

Thoma-Andwil: Auf die Vorlage ist einzutreten.

Ich kann der Denkhaltung von Gschwend-Altstätten durchaus folgen. Er vertritt die Meinung, dass man Kulturdenkmäler, die es verdienen, erhalten sollte. Ich glaube, die Gemeinden teilen diese Meinung absolut. Was ich spüre, ist ein gewisses Misstrauen. Ich kann Ihnen sagen, die Gemeinden sind sich ihrer Objekte durchaus bewusst.

Unser föderales System hat einen riesigen Vorteil, und darum unterstütze ich diese Vorlage: Es hat nämlich den Vorteil, dass auf der untersten Staatsebene, bei den Gemeinden, eine differenzierte und integrale Betrachtung zum Zuge kommt. Die Denkmalpflege im Kanton, die machen das gut, die schauen aber nur diesen Bereich an, und die Gemeinden schauen den Denkmalschutz an, sie schauen die Ortsentwicklung an, sie haben einen integrativen, gesamtheitlichen Blick, und ich möchte Ihnen beliebt machen, dass wir dieses System, nämlich das föderale System, stärken. Ich kann Ihnen versichern, keine Gemeinde wird ein Objekt, welches durch die Allgemeinheit in der Gemeinde, durch die Bürgerschaft, einen Schutz verdient, abreissen oder verunstalten. Haben Sie Vertrauen, Gschwend-Altstätten, und geben Sie diese Aufgabe auf diese Ebene hinunter, die einen gesamtheitlichen Blick hat. So gesehen hat eben diese Anpassung einen Vorteil: Sie nimmt nämlich alle Bereiche in eine Gesamtbetrachtung zusammen, und das ist eine gute Entwicklung in unserem Kanton St.Gallen. Dass wir Fachleute zur Beurteilung des denkmalpflegerischen Teils beiziehen, ist eigentlich selbstverständlich, aber es gibt eben auch andere Betrachtungen wie die Entwicklung des Ortes, die Raumplanung, aber auch die des Bauherrn. Was ich nicht möchte – und ich habe das leider schon erfahren, wie viele Kolleginnen und Kollegen auch –, dass am Schluss Gebäude zerfallen und dann eben nicht das erreicht wird, was wir eigentlich wollten, nämlich ein schönes und gutes Ortsbild, sondern dann gehen die Baudenkmäler eben wirklich kaputt, und das will, glaube ich, niemand.

Session des Kantonsrates vom 13. bis 15. Juni 2022
15.6.2022Wortmeldung

Gschwend-Altstätten: Auf die Vorlage ist nicht einzutreten.

Zu Huber-Oberriet: Vielen Dank für das Bekenntnis, dass Sie diese Aufgabe ernst nehmen. Wenn Sie das so sagen, nehme ich Ihnen das ab, denn in Ihrer Gemeinde wurden tatsächlich in den letzten Jahren ein paar gute Objekte für einen guten Zweck restauriert. Aber Sie haben diese Objekte alle nur gut restauriert, weil eine Fachmeinung der kantonalen Denkmalpflege da war, weil eine grosse Unterstützung in fachlicher Hinsicht da war. Ihr Hinweis mit den Subventionen oder mit den Beiträgen für die denkmalpflegerisch anrechenbaren Mehrkosten zeigt genau, was Sie da ausgeführt haben: die Schieflage dieser Vorlage. Der Bund finanziert mit, wir als Kanton finanzieren auch mit, aber mitreden können wir erst in einer späten Phase, und das, meine ich, ist auch ein Schönheitsfehler oder eine Situation, die zeigt, dass diese Vorlage so nicht fair ist gegenüber der Denkmalpflege, gegenüber der Amtsstelle des Kantons und dass das einfach langfristig gar nicht funktionieren kann.

Nochmals: Wir tun niemandem einen Dienst, am allerwenigsten den wertvollen Bauobjekten, die wir erhalten wollen. Denen erweisen wir überhaupt keinen Dienst. In diesem Sinne halte ich nochmals fest und ersuche Sie ebenfalls, dass der Weg frei wird für eine schlauere Vorlage, die wirklich etwas bringt. Treten Sie nicht ein, damit wir auf einem guten Fundament neu aufbauen können.

Session des Kantonsrates vom 13. bis 15. Juni 2022
15.6.2022Wortmeldung

Huber-Oberriet: legt seine Interessen als Präsident der VSGP offen. Auf die Vorlage ist einzutreten.

Es ist schon erstaunlich, wenn Teile dieses Rats den Gemeinden gar kein Vertrauen schenken. Die Gemeinden sind die Gesetzesumsetzer, und wir haben mit dem Baugesetz und vielen anderen Gesetzen viele Aufgaben, die wir pflichtbewusst erledigen und ausführen. Es ist auch erstaunlich, dass auf einmal der Kanton nichts mehr zu sagen haben sollte mit dieser Gesetzesänderung.

Gschwend-Altstätten, die Kantonsbeiträge für national und kantonal geschützte Objekte werden immer noch vom Kanton gegeben und nicht von Gemeinden. Also sind die Gemeinden sehr gut beraten, die kantonalen Fachstellen auch frühzeitig einzubeziehen. Die Gemeinden haben ausserdem vielerorts Ortsbildschutzkommissionen, also Fachleute, nicht nur Verwaltungsleute, wie gesagt wurde. Diese nehmen ihre Aufgabe sehr ernst, und wenn es so schlimm wäre mit den Gemeinden, würden heute keine regional oder kommunal geschützte Bauten mehr stehen. Wir sind uns bewusst, dass wir eine Verantwortung haben. Wir tragen diese Verantwortung, aber in einem Rahmen, welcher für Bauherrschaften und Investoren in einem normalen und vernünftigen Verfahren durchgeführt werden kann.

Session des Kantonsrates vom 13. bis 15. Juni 2022
15.6.2022Wortmeldung

Güntzel-St.Gallen (im Namen der SVP-Fraktion): Auf die Vorlage ist einzutreten.

Die SVP-Fraktion begrüsst den III. Nachtrag zum Planungs- und Baugesetz gemäss der Fassung von Regierung und vorberatender Kommission. Gründe dafür haben die Sprecher der Mitte-EVP- und FDP-Fraktionen geäussert. Diese gelten auch für uns, weshalb ich mich noch auf drei Punkte konzentriere: Braucht es überall nur Spezialisten in Gebieten? Oder anders gesagt: Überall dort, wo es vermeintlich nur Spezialisten braucht, stimmt etwas nicht. Wir brauchen auch den gesunden Menschenverstand, und deshalb braucht es sowohl eine Fachbeurteilung als eben auch eine andere Beurteilung, die noch weitere Komponenten und Aspekte berücksichtigt. Und deshalb meine ich, dass die Lösung, die jetzt vorgeschlagen wird, richtig ist. Es geht nicht um ein Verdrängen, sondern es geht um einen pragmatischeren und schnelleren Weg. Es geht auch bei dieser Frage um das richtige Mass.

Zweitens, zur Zulässigkeit oder Rechtswidrigkeit bzgl. Bundesrecht, internationalem Recht und Konkordaten: Ich habe den eingeladenen Referenten gut zugehört. Der Präsident des schweizerischen Heimatschutzes hat durchaus kritische Äusserungen gemacht, aber er hat es nicht so klar rechtswidrig dargestellt, wie es in den letzten Wochen und Monaten schon in den St.Galler Medien dargestellt wurde. Ich bin deshalb gespannt und auch interessiert, sollte es zu einer rechtlichen Beurteilung kommen. In diesem Zusammenhang habe ich mit grossem Interesse auch eine Entwicklung der politischen Gegnerschaft dieser Vorlage gelesen und aufgenommen, dass offenbar nicht mehr das Volk befragt werden soll über ein Referendum, sondern dass man Hoffnungen auf den Rechtsweg setzt, oder, anders gesagt, Angst hat, das Volk könnte im Sinne der Vorlage entscheiden. Man hat offenbar Respekt bzw. Angst vor diesem Entscheid.

Letzter Punkt, und das ist durchaus menschlich, da schliessen wir uns auch nicht aus gegenüber der anderen Seite: Beim II. Nachtrag hatten wir gewisse Bedenken, zu viel Kompetenzen an die Gemeinden zu delegieren. Es wurde gestern knapp anders entschieden, und offensichtlich sehen mindestens Teile der gestrigen vermeintlichen Siegerinnen und Sieger dies bei dieser Frage anders, und damit, glaube ich, kann das gar nicht so falsch liegen, was wir jetzt diskutieren und hoffentlich beschliessen. Ich bitte Sie, auf diese ausgewogene Vorlage – das darf ich bestimmt sagen, wenn sie von der Regierung stammt – einzutreten.

Session des Kantonsrates vom 13. bis 15. Juni 2022
15.6.2022Wortmeldung

Gschwend-Altstätten (im Namen der GRÜNE-Fraktion): Auf die Vorlage ist nicht einzutreten. Ich lege meine Interessen als Eigentümer eines Baudenkmals von vermutlich kantonaler Bedeutung offen. Zudem bin ich, wie Sie alle, Nutzer und in einem gewissen Sinn Miteigentümer dieses Kantonsratssaals, der sich in einem der bedeutendsten Baudenkmäler der ganzen Schweiz befindet. So gesehen soll das auch eine Ermunterung sein, dass wir in dieser Vorlage sorgsam vorgehen. Es geht nicht um ein Hin und Her. Ich habe eigentlich vorhin nicht viel Schlaues vernommen. Es geht nicht um Schuldzuweisungen. Es geht nicht um das Vorgehen beim Erhalt dieser ganz wenigen Baudenkmäler von kantonaler oder nationaler Bedeutung.

Wenn wir Webseiten von Kantonen und Gemeinden anschauen, fällt immer wieder auf: Es sind alte Häuser abgebildet. Wieso eigentlich? Es liegt auf der Hand: Es sind diese Objekte, die den Gemeinden Ausdruck verleihen. Es sind diese Objekte, die ein Gefühl von Heimat vermitteln. Es sind diese Objekte, die die Leute ansprechen. Sprechen Sie mit Leuten, die ausgewandert sind, oder nicht mehr in einer Gemeinde wohnen – woran erinnern sie sich? Eben an diese speziellen Objekte.

Man darf sich fragen, wieso die überhaupt noch da sind. Manchmal war es vielleicht einfach eine Vernachlässigung, dann blieb dieses Haus eben stehen. Es ist aber meistens so, dass über Jahrzehnte Leute drin wohnten oder Eigentümer waren, die sorgsam mit diesen Objekten umgingen. Und es ist in etlichen Fällen auch so, dass Leute da waren, die im entscheidenden Moment darauf aufmerksam machten, dass es eben ein spezielles Werk ist, dass es sich lohnt, dass man da eine Massnahme trifft, die im entsprechenden Augenblick nicht unbedingt notwendig schien. Solche Diskussionen sind nie einfach, aber im Nachhinein, wenn das Haus stehen bleibt, vielleicht zehn Jahre später, sind alle froh, dass jemand einmal da war, der diese unbequeme Aufgabe übernommen hat und eben den Weg bereitet hat, dass dieses Haus stehenblieb. Heute sind diese umstrittenen Häuser, bei denen man den Wert nicht von vornherein erkannte, wichtige Symbole.

Um die Wichtigkeit einschätzen zu können, ist etwas notwendig: erstens eine Art von Offenheit und zweitens eine Form von Fachwissen. Und es braucht noch mehr. Es braucht immer, wenn es um ein im Moment umstrittenes Objekt geht, das später einstimmig unterstützt und akzeptiert wird, die Möglichkeit, dass man es aus der Ferne anschauen kann. Ich meine nicht – das ist auch kein Vorwurf – die Nähe des Rats zum Bauinteressenten, sondern die Distanz ermöglicht, dass man einen Vergleich anstellen kann. Es kann sein, dass es in einer Gemeinde vielleicht noch vier Häuser dieser Art gibt. Wenn man den Überblick hat, was im Fürstenland und im Sarganserland sonst noch vorhanden ist, stellt man fest, da haben wir etwas Einzigartiges. Diese Distanz und dieses Fachwissen hat man nicht, wenn man Mitglied der Gemeindeverwaltung oder des Gemeinderates ist, sondern die hat man am ehesten, wenn man mit den entsprechenden Leuten zusammen ist und den Kanton als Ganzes überblicken kann. Die Denkmalpflege – das wurde mir in den Voten vorhin etwas vernachlässigt – hat immer zu tun mit Verstehen und Verständnis, dem Verständnis nämlich, dass eine Vermittlung auch denkbar ist. Es geht noch um viel mehr bei diesem Verständnis, dass man nicht nur das Verständnis vermittelt, sondern auch die Freude, dass man eben etwas Besonderes und Spezielles hat. So gesehen hat das immer auch damit zu tun, welche Erwartungen und Haltungen man gegenüber den Leistungen unserer Vorfahren hat. In diesem Sinne ist Denkmalpflege immer auch eine ethische Frage. Dieses Fachwissen, die Fähigkeit, über die Grenzen hinauszuschauen, dieser Überblick fehlt in der Regel – ich spreche als Mitglied einer entsprechenden Fachkommission in Altstätten aus Erfahrung. Das ist wiederum kein Vorwurf, sondern ergibt sich aus der Sache selbst.

Die Vorlage erfüllt eigentlich nicht das, was man erwarten würde, nämlich dass man die Denkmalpflege vorwärtsbringt, dass die Vermittlung da ist, dass es nachvollziehbar ist, was man mit dieser Unterschutzstellung eigentlich will. Die Vorlage macht eigentlich etwas ganz anderes. Sie macht die Situation nicht einfacher, sondern verschiebt die Einflussnahme, und zwar in eine Richtung, die niemandem etwas nützt. Es nützt weder dem einzelnen Werk selber – dem Haus, das unter Schutz steht – und noch viel weniger dem Eigentümer oder demjenigen, der mit diesem Werk etwas unternehmen will.

Mein Fazit: Diese Vorlage verunmöglicht ein Miteinander, wie es jetzt eigentlich funktioniert. Wir haben die gute Aufteilung mit den Gemeinden und der Denkmalpflege. Diese Vorlage ist wirklich eine der schlechtesten Vorlagen, die ich in letzter Zeit erlebt habe. Sie verlagert Entscheide von der Sachebene auf eine höhere Ebene. Damit meine ich, wenn das Verwaltungsgericht entscheiden muss, wird es dazu nie in der Lage sein. Was wird es machen? Es wird die Sache vor sich haben und ein Gutachten in Auftrag geben, das eigentlich viel zu spät kommt, da es schon am Anfang hätte erfolgen sollen. Man verliert viele Mittel und es geht viel länger. Das nützt niemandem, am wenigsten demjenigen, der im Haus wohnt und etwas machen möchte. Letztendlich verlieren wir alle, und am meisten verlieren die Objekte selber.

Session des Kantonsrates vom 13. bis 15. Juni 2022
15.6.2022Wortmeldung

Monstein-St.Gallen (im Namen einer Mehrheit der GLP): Auf die Vorlage ist nicht einzutreten.

Der III. Nachtrag zum PBG hat bereits im Vorfeld zu breiten Diskussionen geführt. Wie das Leben und die Welt, so ist auch diese Vorlage nicht schwarz-weiss. Uns Grünliberalen ist ein fachlich hochstehender, einheitlicher sowie rechtsgleicher Schutz der Kulturdenkmäler ein wichtiges Anliegen. Eine Mehrheit von uns Grünliberalen befürchtet nun aber eine Schwächung des Denkmalschutzes, wenn das Zustimmungserfordernis für bauliche Eingriffe, die zur Beseitigung oder Beeinträchtigung von Denkmälern nationaler oder kantonaler Bedeutung führen, durch ein Rekurs- und Beschwerderecht der kantonalen Stellen abgelöst wird.

Gleichzeitig sehen wir, dass durch den Verfahrenseinbezug, kombiniert mit dem Rekurs- und Beschwerderecht, ein Kompromiss auf dem Tisch liegt, der auch Vorteile mit sich bringt. Denn die aktuelle Situation mit knappen Ressourcen beim Amt für Kultur, langwierigen Verfahren oder teilweise unnötigen Blockaden von sinnvollen Umbauten und Umnutzungen ist nicht befriedigend. Die vorgeschlagene Regelung würde pragmatische Lösungen herbeiführen.

Doch auch bei diesem Nachtrag zum PBG steht ein möglicher Konflikt mit Bundesrecht im Raum, namentlich mit dem eidgenössischen Natur- und Heimatschutzgesetz (SR 451; abgekürzt NHG). Ob dieser Konflikt tatsächlich gravierend ist oder ob der Verfahrenseinbezug kombiniert mit dem Rekurs- und Beschwerderecht gerichtlich standhalten kann, ist zu diesem Zeitpunkt jedoch noch nicht geklärt. Ordnungspolitisch ist es nach unserem Empfinden falsch, dass eine untere Staatsebene für Schutzobjekte der oberen Ebene verantwortlich ist. Andererseits kennen die Gemeinden die lokalen Gegebenheiten tatsächlich besser. Können sie jedoch auch eine einheitliche Praxis in Bezug auf Eingriffe in Objekte von nationaler und kantonaler Bedeutung gewährleisten? Verfügen die Gemeinden über die notwendigen Fachkompetenzen zur Beurteilung von Eingriffen, gerade auch solche Gemeinden mit weniger Baugesuchen zu entsprechenden Objekten? Und ist in den Gemeinden die benötigte Distanz zu den Gesuchstellenden tatsächlich auch gewährleistet? Sie sehen: Entgegen sämtlichen meiner Vorredner bin ich der Meinung, dass diese Vorlage definitiv nicht schwarz-weiss ist. Eine Mehrheit von uns Grünliberalen gewichtet die Risiken dieser Vorlage dennoch höher als deren Chancen und ist deshalb für Nichteintreten und würde die Anträge der GRÜNE-Fraktion im Falle eines Eintretens annehmen.

Unabhängig vom heutigen Abstimmungsergebnis wird es entscheidend sein, Vertrauen zwischen den Verantwortlichen, den Gemeinden und dem Kanton aufzubauen, dieses Vertrauen zu pflegen, den Dialog zu intensivieren, die Denkmalpflege frühzeitig einzubeziehen und vor allem auch die benötigten Ressourcen bei Gemeinden und Kanton sicherzustellen, denn gemeinsam bestimmen wir über das kulturelle und architektonische Erbe, welches wir kommenden Generationen hinterlassen. Wir hoffen, sämtliche Akteure, insbesondere auch die Gemeinden, sind sich dieser Verantwortung bewusst und werden ihr gerecht.

Session des Kantonsrates vom 13. bis 15. Juni 2022
15.6.2022Wortmeldung

Bartl-Widnau (im Namen der FDP-Fraktion): Auf die Vorlage ist einzutreten.

Vorliegend behandeln wir die Frage, wie Gesuche betreffend schutzwürdige Objekte und Ortsbilder optimal und effizient bearbeitet werden sollen. Dabei ist wesentlich, wer den Lead betreffend die Verfahrensführung und insbesondere, wer die Entscheidungsgewalt hat. Wir sprechen somit lediglich über eine Anpassung des Verfahrens und gerade nicht über eine Änderung materieller Normen. Die FDP-Fraktion anerkennt die Notwendigkeit der vorgesehenen Verfahrensänderung.

Die Gemeinden kennen die Objekte und Verhältnisse vor Ort bestens und können diese gut einschätzen. Dies gilt sowohl für Objekte von lokaler als auch für solche von kantonaler und nationaler Bedeutung. Mit dem frühzeitigen Verfahrenseinbezug mittels Stellungnahme, kombiniert mit dem Rekurs und Beschwerderecht, verfügt der Kanton über die wesentlichen Mittel zur Kontrolle der Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben bei Objekten von kantonaler und nationaler Bedeutung. Neben der massgebenden Rolle bei der Erarbeitung der Projekte kann die kantonale Denkmalpflege – soweit überhaupt notwendig – in jedem Fall reagieren und allfällige Gesetzesverletzungen korrigieren. Das Zusammenwirken von kantonaler Stelle und Gemeinden wird bereits heute erfolgreich praktiziert. Das bestätigen die heute von den Gemeinden zur Beurteilung eingereichten ca. 1'000 Gesuche. Die Arbeit des Kantons wird von den Gemeinden geschätzt. Jedoch führt die Änderung zu effizienteren, kürzeren Verfahren und entlastet die kantonale Stelle. Damit wird die Dienstleistungsqualität erhöht. Diesbezüglich stimme ich der SP-Fraktion zu, dass die Verfahrensdauer zwingend verkürzt werden muss.

Nicht geteilt werden die Vorbehalte und teilweise polemischen und pauschalen Unterstellungen der Interessenvertreter von Heimatschutz und einzelner Verbände. So ist etwa deren Behauptung schlicht falsch, die nationalen und kantonalen Schutzobjekte würden künftig fast komplett den Gemeinden überlassen. Auch kann nicht despektierlich von einer Überforderung der Gemeinden in diesen Fragen gesprochen werden. In diversen übrigen täglichen Fragestellungen sind die Gemeinden auf Fachspezialisten angewiesen und mandatieren diese regelmässig. Dies ist auch vorliegend der Fall. Es besteht somit kein Grund, wieso hier unterschiedlich vorgegangen werden soll. Schliesslich erachten wir den latenten Vorwurf, der Schutz des baukulturellen Erbes würde zugunsten materieller Interessen von Privaten bevorzugt, als deplatziert, wobei dieser – auch wenig überraschend – bis heute durch nichts substanziiert oder belegt ist. Allfällig leidet der eigene Einfluss der Interessenverbände.

Von den erwähnten ca. 1'000 Gesuchen wird nur bei einer marginalen Zahl überhaupt eine Beeinträchtigung durch die kantonale Stelle festgestellt. Von diesen 1'000 Gesuchen sind sogar lediglich wenige Einzelfälle nicht bewilligungsfähig. Dies zeigt das umsichtige und verantwortungsvolle Verhalten der Gemeinden eindrücklich. Die Behauptungen der Interessenvertreter laufen vollkommen ins Leere. Bei ca. fünf bis zehn Rechtsmittelfällen pro Jahr kann kaum behauptet werden, der Vorschlag der Regierung führe zu reihenweise renditegetriebenen Abbrüchen von geschützten Objekten. Rechtlich deckt sich unsere Einschätzung mit derjenigen der Regierung, dass die vorgesehene Ersatzregelung die rechtlichen Vorgaben erfüllt.

Wenn der Heimatschutz von einem sogenannten hohen Prozessrisiko betreffend die bundesrechtlichen Vorschriften spricht, teilen wir dies nicht, auch wenn Verfahren – übrigens wie auch heute schon – natürlich immer vorkommen. Dasselbe gilt auch für die Bedenken hinsichtlich einer potenziellen Verletzung internationaler Übereinkommen. Mit der vorgesehenen Lösung ist das Erfordernis der sogenannt wirksamen Vorschriften zum Schutz von Baudenkmälern, namentlich auch wirksamer Kontroll- und Genehmigungsverfahren, eingehalten. Unabhängig davon haben die Gemeinden keinerlei Ziele, die geltenden Normen zu verletzen. Hierzu sehe ich auch gar keinen Anlass. Die vorgesehene Lösung verbessert die Situation für die Gemeinden, für die Grundeigentümer und für die Investoren, ohne die Kompetenzen der kantonalen Stelle zu verringern. Sie hat für jeden einzelnen Fall die Möglichkeit, diesen zu verhindern, sollte eine gesetzliche Vorgabe verletzt sein. Damit ist vollkommen unbegründet, dass schutzwürdige Objekte oder Ortsbilder gefährdet wären oder ihre Identität verloren ginge.

Session des Kantonsrates vom 13. bis 15. Juni 2022
15.6.2022Wortmeldung

Zoller-Quarten (im Namen der Mitte-EVP-Fraktion): Auf die Vorlage ist einzutreten.

Man hat jetzt von den Gegnern der vorgesehenen Gesetzesänderung gehört, sie würde zu einem Kahlschlag in der Denkmalpflege führen. Wir sind da ganz anderer Meinung. Erstens wird – auch wenn die Gemeinden künftig verfügen können – die kantonale Denkmalpflege schon in einer frühen Phase in die Entscheidung einbezogen. Im Gegensatz zur bisherigen Regelung erfolgt aber bei den Gemeinden eine Güterabwägung. Im Entscheid einer Gemeinde werden die denkmalpflegerischen Aspekte mit Sicherheit angemessen gewichtet. Dafür ist auch in kleineren Gemeinden das Know-how vorhanden, denn wohl die allermeisten von ihnen arbeiten eng mit internen oder externen Fachpersonen zusammen. Allerdings nehmen die Gemeinden eher eine Güterabwägung zwischen denkmalpflegerischen Anliegen und anderen Aspekten im öffentlichen Interesse wie Entwicklungsmöglichkeiten, Nutzungsüberlegungen, Zumutbarkeit oder Kostenüberlegungen an. Wenn einer Gemeinde diese Güterabwägung nicht gelingen sollte, hat die Denkmalpflege auf dem Rechtsmittelweg immer noch die Möglichkeit zur Intervention. Aus unserer Sicht wird das Verfahren mit der Gesetzesänderung etwas föderaler, pragmatischer und bürgernäher, ohne aber auf die Kompetenz der kantonalen Denkmalpflege zu verzichten und ihren Einfluss zu unterbinden.

Zum Schluss noch etwas Persönliches – nicht im Namen der Fraktion – zu Blumer-Gossau: Er hat gesagt, es sei in einer Gemeinde fast nicht möglich, eine denkmalpflegerische Frage objektiv zu beurteilen, weil man der Bauherrschaft nahesteht, also ich als Präsident der Baukommission, weil ich der Bauherrschaft nahestehe oder sogar mit ihr befreundet bin. Wenn man das durchzieht, Blumer-Gossau, dann kann man die Gemeinden abschaffen, weil auch im Sozialamt und auf der Bauverwaltung gibt es nähere Bekanntschaften. Vielleicht sind Sie mit dem Steuersekretär zur Schule gegangen oder haben mit ihm Fussball gespielt – das passiert auf einer Gemeinde, und trotzdem funktioniert dieses System gut. Mit diesem Argument können Sie wahrscheinlich nicht nur mich, sondern meine ganze Fraktion nicht überzeugen.

Session des Kantonsrates vom 13. bis 15. Juni 2022
15.6.2022Wortmeldung

Blumer-Gossau (im Namen der SP-Fraktion): Auf die Vorlage ist nicht einzutreten.

Ich kann an dieser Stelle keine Interessenbindung offenlegen. Ich bin nicht Mitglied beim Heimatschutz und gehöre auch keinem Architekturfachverband an. Dennoch unterstütze ich und mit mir die SP-Fraktion die Haltung dieser Verbände und vertrete deren Interessen und damit die Bewahrung unserer Schutzobjekte als schöne und wertvolle Zeitzeugen und Baukulturschätze gerne. Es ist unseres Erachtens systemfremd, inkonsequent und fehlentscheidanfällig, wenn die Kompetenz für Bauentscheide bei Schutzobjekten des Kantons oder des Bundes neu auf der untersten Staatsebene – bei den Gemeinden – angeordnet wird. Dieses Ansinnen verstösst klar gegen die sach- und stufengerecht zugeteilten Entscheidkompetenzen der unterschiedlichen Staatsebenen. Ebenso sprechen die fehlenden fachlichen Kompetenzen in den meisten Gemeinden gegen die vorliegende Änderung des PBG. Nur ganz wenige Gemeinden haben eine Stelle für Denkmalpflege, meines Wissens nur die Stadt St.Gallen. Hingegen besteht in vielen Gemeinden die Gefahr, dass sich der Gemeinderat und ein Bauherr, der ein geschütztes Objekt verändern oder gar abreissen will, zu nahe stehen, gar befreundet sind und auch deshalb eine unabhängige und fachgerechte Beurteilung und Entscheidung fraglich ist. Es ist darum falsch, wenn das Zustimmungserfordernis des kantonalen Amtes für Kultur bei der Beeinträchtigung oder Beseitigung von unter Schutz gestellten Baudenkmälern von nationaler oder kantonaler Bedeutung wegfällt. Der Entscheid für die Bewilligung der Eingriffe würde mit dem III. Nachtrag für alle Kategorien – also Schutzobjekte von kommunaler, kantonaler und nationaler Bedeutung – bei den Gemeinden liegen. Die Denkmalpflege hätte nur noch ein Rekurs- und Beschwerderecht gegen Entscheide der Gemeinden. Sie wäre also nicht mehr die fachkundige Beraterin, sondern die Spielverderberin, die die Verfahren in die Länge ziehen würde. Viel zielführender als diese Gesetzesänderung ist darum aus Sicht der SP-Fraktion, die kantonale Denkmalpflege kommunikativ, fachlich und vor allem personell zu verstärken, damit die fachliche Unterstützung für die Gemeinden und die Zusammenarbeit weiter verbessert werden können. Wichtig und hilfreich ist auch eine Verkürzung der Wartefristen bzw. eine Beschleunigung der Bearbeitung der Gesuche. Das gelingt mit zusätzlichem Fachpersonal beim kantonalen Amt. Das setzt aber auch voraus, dass die Gemeinden vollständige Dossiers einreichen. Auf meinen Antrag hin bekamen je ein Vertreter von Heimatschutz und Architekturfachverbänden Gelegenheit, ihre Sicht und Argumente in der vorberatenden Kommission darzulegen. Leider hatte die Mehrheit der vorberatenden Kommission kein Gehör für die verschiedenen Einwände und Anregungen der Verbandsvertreter. Sollte der Rat auf den III. Nachtrag eintreten und diesen gutheissen, werden die Verbände Rechtsmittel ergreifen und mit einer Beschwerde eine Verhinderung dieser Gesetzesänderung anstrengen. Das konnten Sie auch bereits den Medien entnehmen. Heimatschutz und Architekturfachverbände haben auch die Mitglieder der Interessengruppe Kultur unseres Rates angeschrieben. Das sind immerhin rund 40 Personen aus allen Fraktionen dieses Rates. Ich hoffe, dass diese 40 kulturbeflissenen Ratsmitglieder nicht auf diesen Nachtrag eintreten werden und in ihren Fraktionen für Nichteintreten werben. Ich danke den 40 Kulturbeflissenen dafür und bitte Sie, im Interesse der SP-Fraktion und der Kultur, nicht auf dieses Geschäft einzutreten.

Session des Kantonsrates vom 13. bis 15. Juni 2022
15.6.2022Wortmeldung

Jäger-Vilters-Wangs, Ratspräsident: Das Präsidium sieht eine Eintretensdiskussion vor.

Session des Kantonsrates vom 13. bis 15. Juni 2022
15.6.2022Wortmeldung

Locher-St.Gallen, Präsident der vorberatenden Kommission: Die vorberatende Kommission beantragt, auf die Vorlage in erster Lesung einzutreten.

Die vorberatende Kommission traf sich am 2. Juni 2022 zur Beratung dieses Geschäfts. Nebst der vollständig anwesenden Kommission nahmen an den Beratungen seitens des Bau- und Umweltdepartementes der Leiter Rechtsabteilung, Niklaus Eichbaum, und seitens des Departementes des Innern Regierungsrätin Laura Bucher, Michael Niedermann, Leiter Amt für Denkmalpflege, und Christopher Rühle, Leiter Recht und Fachstelle Kulturerbe, teil.

Obwohl sich die Interessengruppen zu dieser Änderung im Vorfeld der Kommissionsberatung in den Medien bereits mehrfach geäussert hatten, lud die Kommission zur Direktanhörung den Präsidenten des schweizerischen Heimatschutzes, Martin Kilias, den Präsidenten der SIA St.Gallen-Appenzell, Daniel Cavelti, und den Gemeindepräsidenten von Berneck und Vorstandsmitglied der Vereinigung St.Galler Gemeindepräsidentinnen und -präsidenten (VSGP), Bruno Seelos, zur Anhörung ein.

Die eingeladenen Interessenvertreter erhielten erneut ausreichend Gelegenheit, ihre Überlegungen schriftlich und mündlich nochmals darzulegen und Fragen aus der Mitte der Kommission zu beantworten. Diese Anhörungen nahmen doppelt so viel Zeit in Anspruch wie die Beratung der Vorlage in der Kommission. Es gilt also festzuhalten, dass man ausreichend zu Wort gekommen ist. In der Kommissionsberatung gaben neben der grundsätzlichen Frage des Systemwechsels die Frage der Tragweite dieses Wechsels sowie der Zeitpunkt des Einbezugs der zuständigen kantonalen Stelle bei Entscheiden nach Abs. 3 der zu revidierenden Bestimmung Diskussionsbedarf. Die Kommission diskutierte auch kurz über die bestrittene Rechtmässigkeit dieser Vorlage. Einmal mehr wurde diese von einer Minderheit der Kommission in Frage gestellt. Die Kommission sieht das anders. Diskutiert und zurückgewiesen wurde auch die Behauptung, die nationalen und kantonalen Schutzobjekte würden künftig fast komplett der Willkür der Gemeinden überlassen. Auch dieser Auffassung ist eine Mehrheit der Kommission nicht gefolgt, ebenso wenig der Überlegung, dass mit dieser Zuständigkeit die Gemeinden überfordert wären. In diversen täglichen Fragestellungen sind die Gemeinden auf Fachspezialisten angewiesen und mandatieren diese regelmässig. Das war eine Aussage in der Kommission. Schliesslich erachtete eine klare Mehrheit der Kommission den Vorwurf, der Schutz des baukulturellen Erbes würde zugunsten materieller Interessen von Privaten bei Annahme dieser Vorlage bevorzugt, als nicht gerechtfertigt. Die Kommission verabschiedete schliesslich die Vorlage zuhanden des Rates und beantragte in der Gesamtabstimmung mit 12:2 Stimmen bei einer Abwesenheit, auf die Vorlage einzutreten.

Session des Kantonsrates vom 13. bis 15. Juni 2022