Geschäft: Verbot von Konversionstherapien
Komitee | Kantonsrat |
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Nummer | 42.21.23 |
Titel | Verbot von Konversionstherapien |
Art | KR Motion |
Thema | Gesundheitspflege, Sozialversicherung, Sozialhilfe |
Federführung | Gesundheitsdepartement |
Eröffnung | 22.9.2021 |
Abschluss | pendent |
Letze Änderung | 16.12.2021 |
vertraulich | Nein |
öffentlich | Ja |
dringend | Nein |
Datum | Akteur | Titel | Letze Änderung |
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22.9.2021 | Person | Erstunterzeichner/-in - Bisig-Rapperswil-Jona | 21.11.2024 |
22.9.2021 | Person | Erstunterzeichner/-in - Surber-St.Gallen | 22.8.2024 |
22.9.2021 | Person | Erstunterzeichner/-in - Pool-Uznach | 21.11.2024 |
Datum | Titel | Resultat | öffentlich | ||||
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Ja | Bedeutung | Nein | Bedeutung | Absent / Enthaltung | |||
20.4.2022 | Gutheissung | 72 | Zustimmung | 16 | Ablehnung | 32 | |
20.4.2022 | Eintreten | 73 | Zustimmung | 13 | Ablehnung | 34 |
Datum | Typ | Wortlaut | Session |
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20.4.2022 | Beschluss | Der Kantonsrat heisst die Motion mit 72:16 Stimmen bei 11 Enthaltungen gut. | Session des Kantonsrates vom 19. und 20. April 2022 |
20.4.2022 | Struktur | Die Spezialdiskussion wird nicht benützt. | Session des Kantonsrates vom 19. und 20. April 2022 |
20.4.2022 | Beschluss | Der Kantonsrat tritt mit 73:13 Stimmen bei 10 Enthaltungen auf die Motion ein. | Session des Kantonsrates vom 19. und 20. April 2022 |
20.4.2022 | Wortmeldung | Schwager-St.Gallen (im Namen der GRÜNE-Fraktion): Auf die Motion ist einzutreten. Auch wenn der kantonalen Aufsichtsbehörde keine konkreten Fälle bekannt sind zu durchgeführten Therapien in unserem Kanton, ist es wichtig und richtig, die notwendigen Abklärungen zur Einführung eines eigentlichen Verbots dieser Behandlungen vorzunehmen. Fachleute gehen davon aus, dass je nach Definition zwischen drei und zehn Prozent der Bevölkerung eine homo- bzw. bisexuelle Orientierung haben. Das dürfte bei den Mitgliedern in diesem Rat nicht anders sein. Mir persönlich war nicht bewusst, dass die WHO den Begriff der Homosexualität erst im Jahr 1990 aus der internationalen Liste von Krankheiten und Störungen gestrichen hat. Wir müssen also nicht bis ins Mittelalter zurückschauen. In meinen Jugendjahren, die waren auch nicht im Mittelalter, sondern 30 bis 40 Jahre her, habe ich durchaus noch eine Gesellschaft erlebt, in der nur Heterosexuelle als normal und alle anderen als krank angeschaut wurden. Nicht zuletzt die katholische Kirche hat sich dabei hervorgetan, dieses «Kranke» zu bekämpfen. Aus meinem Umfeld weiss ich, dass Menschen mit homosexueller Ausrichtung von Priestern geraten wurde, doch einfach zu heiraten, dann sei das Problem gelöst – mit entsprechend dramatischen Folgen nicht nur für eine, sondern gleich für zwei Personen. Zum Glück haben sich die Zeiten geändert. Die kirchliche Ehe wird nicht mehr als Therapie gepriesen, und das ist gut so. Gut ist auch, wenn alle Formen von Konversionstherapien explizit verboten werden. | Session des Kantonsrates vom 19. und 20. April 2022 |
20.4.2022 | Wortmeldung | Müller-St.Gallen: Auf die Motion ist nicht einzutreten. Auch ich bin gegen solche Konversionstherapien ganz klar, vor allem, wenn sie nicht fachlichen und therapeutischen Richtlinien entsprechen. Ich werde die Motion ablehnen, und dies aus drei Gründen: Erstens besteht kein Handlungsbedarf. Im ganzen Kanton sind keine solchen Fälle bekannt, auch sind keine diesbezüglichen Beschwerden eingegangen. Zweitens, die bestehende Regelung reicht aus, entsprechende Verfehlungen können bereits heute geahndet werden. Drittens sind mit diesem Verbot von Konversionstherapien bestehende Therapien, die legitim sind, die hilfreich sind, bedroht, insbesondere im kirchlichen und pastoralen Bereich, in der Seelsorge und zum Teil Bildungsangebote. Was mich auch sehr erstaunt hat, ist der Begriff. Im Nationalrat wurde ein entsprechendes Postulat eingereicht, das die Klärung dieser Therapieform verlangt, und dieses Postulat wurde überwiesen. Also ist noch nicht einmal klar, was darunter verstanden wird. Der Bundesrat ist gegen solche Therapien und etliche Kantonsregierungen sind ebenfalls gegen solche Therapien. Ich bitte Sie aus diesem Grund, die Motion abzulehnen. | Session des Kantonsrates vom 19. und 20. April 2022 |
20.4.2022 | Wortmeldung | Surber-St.Gallen (im Namen der SP-Fraktion): Auf die Motion ist einzutreten. Es erscheint uns ganz wesentlich, dass hier wirklich klar Stellung bezogen wird von unserem Rat gegen solche Konversionstherapien. Die Regierung schreibt, sie wird im Rahmen der Revision des Gesundheitsgesetzes prüfen, ob es allenfalls hier noch gesetzliche Anpassungen braucht. Das begrüssen wir sehr. | Session des Kantonsrates vom 19. und 20. April 2022 |
20.4.2022 | Wortmeldung | Müller-Lichtensteig (im Namen der Die Mitte-EVP-Fraktion): Auf die Motion ist einzutreten. Keine Frage: Konversionstherapien haben in unserer Gesellschaft und in unserer Zeit nichts mehr verloren. Es handelt sich um eine Praxis, welche die Grund- und Menschenrechte schwer verletzt und so schnell wie möglich zu verbieten ist. Man hätte sich einzig überlegen können, ob man anstelle einer Motion ein Standesbegehren hätte stellen sollen. Der Kanton Basel-Stadt hat dies gemacht. Um aber keine Zeit zu verlieren, unterstützen wir aber auch das kantonale Vorgehen. Auf kantonaler Ebene ist ein rasches Verbot umsetzbar, gerade auch im Kontext mit dem neuen Gesundheitsgesetz. Es ist zu überlegen, ob in die Gesetzesnorm bereits ein Ablaufdatum eingebaut werden kann, wenn der Bund dann ein Verbot ausspricht. Ein entsprechendes Verbot dürfte hoffentlich auch auf Bundesebene kaum auf Widerstand stossen. | Session des Kantonsrates vom 19. und 20. April 2022 |
20.4.2022 | Wortmeldung | Shitsetsang-Wil (im Namen der FDP-Fraktion): Auf die Motion ist einzutreten. Wir sind uns wohl alle hier im Saal einig, dass Behandlungen, die darauf abzielen, die sexuelle Orientierung oder die selbstempfundene geschlechtliche Identität zu unterdrücken oder zu ändern, mit aller Deutlichkeit abzulehnen sind. Diese sogenannten Konversionstherapien erinnern an alte und längst vergangene Zeiten, als man beispielsweise noch versucht hat, bei Kindern den Teufel auszutreiben, oder vermeintliche Hexen verfolgt hat. Ein solches Gedankengut und solche Praktiken haben generell in einer Gesellschaft, und insbesondere in unserer liberalen Gesellschaft, nichts verloren. So hat sich die Stimmbevölkerung im Februar 2020 deutlich gegen Homophobie ausgesprochen und eine Gesetzesrevision deutlich angenommen, welche die Diskriminierung homosexueller Personen in der Schweiz verbietet, und im letzten September der «Ehe für alle» zugestimmt. In ihrer Begründung weist die Regierung richtigerweise darauf hin, dass bereits heute jede Person der Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde (KESB) Meldung erstatten kann, wenn konkrete Hinweise auf eine Gefährdung der körperlichen, psychischen oder sexuellen Integrität bestehen. Weiter führt die Regierung aus, dass bereits heute Heiltätigkeiten ohne behördliche Bewilligung sanktioniert werden können und dass der kantonalen Aufsichtsbehörde keine konkreten Fälle bekannt sind. Es scheint sich also bei diesen Konversionstherapien glücklicherweise um eher eine hässliche Randerscheinung zu handeln. Deshalb stellt sich für die FDP-Fraktion die Frage nach der effektiven Notwendigkeit eines gesetzlichen Verbots von Konversionstherapien. Die Tendenz, möglichst jedes moralisch verachtenswerte Verhalten zum Straftatbestand zu erklären, führt nicht automatisch zu einer aufgeklärteren, offeneren Gesellschaft. Aufklärung und Emanzipation sind für Verhaltensänderungen ungleich wichtiger. Die FDP-Fraktion unterstützt trotz diesen Bedenken die Gutheissung der Motion und die damit verbundene Prüfung einer allfälligen Notwendigkeit von gesetzlichen Grundlagen im Rahmen der Revision des Gesundheitsgesetzes. | Session des Kantonsrates vom 19. und 20. April 2022 |
20.4.2022 | Wortmeldung | Bisig-Rapperswil-Jona (im Namen der GLP): Auf die Motion ist einzutreten. Eine Konversionstherapie macht nicht gesund, sondern krank. Unter sogenannten Konversionstherapien sammeln sich verschiedene Formen von Behandlungen, die darauf abzielen, die sexuelle Orientierung oder die geschlechtliche Identität eines Menschen zu verändern. Es handelt sich nicht um eine Therapie, sondern um eine gefährliche Pseudobehandlung. Recherchen der SRF-Rundschau vor einigen Monaten haben gezeigt, dass auch in der Schweiz immer noch versucht wird, die sexuelle Orientierung von homosexuellen Menschen wegzutherapieren. Es sind vor allem evangelikale und fundamentalistische Kreise, die versuchen, junge homosexuelle Menschen gesundzubeten. Psychiaterinnen und Psychiater empfehlen, Konversionstherapien zu verbieten, weil sie zu schweren psychischen Schäden führen können. Wenn einem Jugendlichen gesagt wird, er könne seine sexuelle Orientierung ändern, wenn er nur genug an sich arbeite, wird es früher oder später zu einem Konflikt mit der Realität kommen. Die sexuelle Orientierung lässt sich nicht ändern. Die Opfer von solchen sogenannten Therapien haben deswegen oft Schuldgefühle, erleiden einen Verlust des Selbstwertgefühls oder entwickeln Depressionen. Jugendliche und junge Erwachsene werden meistens von ihrem Umfeld zu einer Konversionstherapie gedrängt. Es ist die Aufgabe des Staates, noch unmündige Bürgerinnen und Bürger davor zu schützen. Unsere Nachbarländer Frankreich, Deutschland und Österreich haben Konversionstherapien bereits verboten. In der Schweiz wartet man noch vergebens auf bundesrechtliche Vorgaben. Die Kantonsparlamente von Genf, Bern oder der Waadt haben ihre Regierungen daher angewiesen, gegen Konversionstherapien vorzugehen. Es ist wichtig, dass die Kantone nun vorangehen und in ihren Kompetenzbereichen Konversionstherapien einen Riegel vorschieben. Eine explizite Regelung bspw. im Gesundheitsgesetz (sGS 311.1; abgekürzt GesG) des Kantons St.Gallen, wie es nun die Regierung andenkt, ist sehr zu begrüssen. Komplementär ist zu hoffen, dass auch auf Bundesebene eine Anpassung des Strafrechts erfolgen wird. Wir versprechen uns von einem Verbot und der klaren Haltung seitens der St.Galler Regierung und des St.Galler Parlaments eine abschreckend präventive Wirkung auf diese so genannten Heilerinnen und Heiler. Auf der anderen Seite ist ein Verbot auch ein wichtiges Zeichen an alle, die mit sich selbst hadern. Wir als Regierung und Parlament sagen laut und deutlich: Du bist okay, so wie du bist. Konversionstherapien sind nicht nur diskriminierend, sondern erwiesenermassen schädlich. Sie verletzen die Grundrechte und verursachen schweres seelisches Leid. Dagegen kann und soll der Kanton St.Gallen vorgehen. Schützen wir die Gesundheit unserer Jugendlichen. | Session des Kantonsrates vom 19. und 20. April 2022 |