Geschäft: Wahl der Präsidentin oder des Präsidenten des Kantonsrates der Amtsdauer 2021/2022

Übersicht
KomiteeKantonsrat
Nummer11.21.02
TitelWahl der Präsidentin oder des Präsidenten des Kantonsrates der Amtsdauer 2021/2022
ArtKR Mutation Wahl
ThemaGrundlagen und Organisation
FederführungStaatskanzlei
Eröffnung14.4.2021
Abschlusspendent
Letze Änderung9.12.2021
vertraulichNein
öffentlichJa
dringendNein
Dokumente
PubliziertTypTitelDatei
AntragWahlvorschlag der SVP-Fraktion vom 7. Juni 2021
Statements
DatumTypWortlautSession
7.6.2021Wortmeldung

Martin-Gossau, Ratspräsidentin: Antrittsrede

Ich bedanke mich ganz herzlich für das grosse Vertrauen, das Sie mir mit meiner Wahl der Kantonsratspräsidentin ausgesprochen haben. Die Wahl ehrt mich, meine Wohngemeinde Gossau und meine Partei, die SVP des Kantons St.Gallen. Diesen Moment und die Freude unserem schönen Kanton und unseren Menschen ein Jahr lang zu dienen, darf ich auch mit meiner Familie und mit meinen Freunden teilen. Deshalb gebührt mein grösster Dank meinen Eltern Silvia und Christian Martin, die mich auf meinem Weg verständnisvoll begleiten und unterstützen.

Geschätzter abtretende Kantonsratspräsident, lieber Bruno, das vergangene Jahr war ein schwieriges. Wir sahen uns mit den verschiedensten Herausforderungen konfrontiert. Inmitten von Social Distancing hast du umsichtig und ruhig gehandelt. Trotz Krise und in einer völlig neuen Situation hast du immer wieder dazu aufgerufen, unsere Arbeit in bewährter Art und Weise zu machen. Das was dir lieb ist, der Austausch und die Begegnungen fehlten. Dir war es leider nicht vergönnt, die Sessionen in unserem historischen Ratssaal zu führen. Es ist mir wichtig, dir im Namen des gesamten Kantonsrates für dein Geleistetes herzlich zu danken und dir für deine Zeit als nun wieder gewöhnliches Ratsmitglied weiterhin viel Genugtuung zu wünschen.

So wie Sie Erwartungen in mich setzen, so habe auch ich die Zuversicht und Vertrauen in Sie, liebe Ratskolleginnen und Kollegen, denn es gibt einiges zu tun. Nach Monaten im Krisenmodus gilt es den Blick nach vorne zu richten. Mit dem Motto: «Klar und verbindend» möchte ich mein Amt auch in Ihrem Sinne verstehen und ausführen, dabei den Rat und die Geschäfte über alle Parteiinteressen hinweg speditiv und unabhängig leiten. In meinem Präsidialjahr lade ich Sie dazu ein, am Zusammenhalt und der Lösungsfindung klar und verbindend zu arbeiten. Dabei soll das kostbare Gut «Wasser» symbolisch aufzeigen, wie uns das gelingen kann. Lassen Sie mich auf vier Punkte eingehen, die für mich zentral sind:

Über die Prinzipien, nach denen wir unsere Arbeit ausführen, darf man getrost unterschiedlicher Meinung sein. Als Präsidentin werde ich diese Prinzipien nicht diktieren, Ihnen aber ab und zu in geeigneter Weise in Erinnerung rufen, nicht Wasser zu predigen und Wein zu trinken.

Dem Parlament kommt wie keiner anderen Staatsgewalt die Funktion zu, Befindlichkeiten aufzuspüren, Bedürfnisse aufzufangen, zu diskutieren, zu bewerten und diese mehrheitsfähigen Lösungen zuzuführen. Dabei hat es einige Mitglieder unter uns, die mit allen Wassern gewaschen sind, erfahren und gewitzt, während andere wiederum auch nur mit Wasser kochen und einigen der Sprung ins kalte Wasser noch ein wenig schwer fällt. Egal zu welcher Gruppe Sie sich zählen, ich werde bedacht sein, die Wogen zu glätten.

Das Parlament muss bei der Umsetzung des klaren Verfassungsauftrags aufpassen, dass es bei der Schaffung von Gesetzen und beim Fällen von Beschlüssen seine Rolle und Funktion als Organ des Volkes auch tatsächlich wahrnimmt und möglichst in seiner Hand behält. Was meine ich damit? Die Nichtbeachtung dieses Grundsatzes äussert sich leider immer öfter darin, dass wir ganz gerne dazu neigen, wichtige Entscheide unseres Zusammenlebens nicht mehr selbst zu treffen, sondern an die Regierung und die Verwaltung zu delegieren, welche dann alles auf dem Verordnungs- oder Reglementsweg regelt. Passen wir also auf zu meinen, jemandem nicht das Wasser reichen zu können, nehmen wir unsere Verantwortung wahr.

Die Diskussion im Rat soll nicht um ihrer selbst willen oder zum Zwecke der politischen Selbstverwirklichung einzelner Gruppierungen und Parteien geführt werden, auch wenn Sie vielleicht kurzfristig Mehrheiten finden. Diskussionen sollten nie Selbstzweck sein, das wäre nämlich Wasser auf die Mühlen all derjenigen, die denken, dass die sowieso machen, was sie wollen. Die Bürgerinnen und Bürger erwarten konstruktive Lösungen und machbare Lösungsansätze.

Mein Geschenk auf Ihrem Tisch: Eine Glastrinkflasche mit dem Spruch «Klar wie St.Galler Wasser» und das Trinkwasser aus Mels sollen Sie daran erinnern, klar und verbindend die Arbeit zum Wohle des ganzen Kantons zu meistern. So wie Wasser für alle zugänglich ist, ist es auch unsere Aufgabe, das Gesamte unseres politischen Handelns zu berücksichtigen.

Übrigens, wenn wir es schon vom Wasser haben, im Jahr 1910 haben sportliche, mutige Frauen in der Nähe der Frauenbadi bei den Drei Weihern in der Stadt St.Gallen einen der ersten Damenschwimmclubs der Schweiz gegründet – das ist doch was! Lassen wir uns von diesem Pioniergeist anstecken. In diesem Sinne freue ich mich auf ein spannendes Jahr als Ihre Präsidentin.

Session des Kantonsrates vom 7. und 8. Juni 2021
7.6.2021Beschluss

Der Kantonsrat wählt zur Präsidentin des Kantonsrates für die Amtsdauer 2021/2022:

Claudia Martin, Gossau.

Wahlprotokoll:

– Zahl der ausgeteilten Stimmzettel: 118

– Zahl der eingegangenen Stimmzettel: 118

▪ davon ungültig: 0

▪ davon leer: 6

– Zahl der gültigen Stimmzettel: 112

–absolutes Mehr: 57

Gewählt ist mit 109 Stimmen: Claudia Martin, Gossau

Session des Kantonsrates vom 7. und 8. Juni 2021
7.6.2021Wortmeldung

Cozzio-Uzwil, Ratspräsident: Abschiedsrede

Sie und ich, wir alle haben ein Jahr erlebt, wie es sich wohl niemand vorgängig vorstellen konnte. Beziehen wir es nur auf die Ratsarbeit, so konnte diese von allen fast uneingeschränkt gemacht werden. Ja, das Mittagessen bei den Kommissionssitzungen oder in der Session war nicht immer so wie früher, aber die Arbeit konnte von jedem einzelnen von uns gemacht werden. Und sie wurde gemacht, in den Kommissionen, in den Fraktionen, in den Sessionen und immer dann, wenn es nötig war. Dafür danke ich jedem einzelnen von Ihnen. Sie haben das wirklich gut gemacht. Für alles war jedoch ein Mehraufwand nötig, welchen zum grössten Teil nicht wir zu tragen hatten, sondern die Parlamentsdienste und die Staatskanzlei. Diese haben ihren Job ausserordentlich gutgemacht. Einige sind hier, danken wir ihnen stellvertretend für alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dieser Dienste mit einem kräftigen Applaus.

Das Jahr mit allen Einschränkungen umfasst aber nicht nur die politische Arbeit in und um den Rat, sondern unser Leben in unserem Verhalten noch wesentlich mehr. Und in diesem Jahr mussten wir doch vieles lassen, was wir gerne gemacht hätten. Die Sicherheit und Gesundheit hatte Vorrang. Wie haben wir es gemacht in der Schweiz, im Kanton St.Gallen? Können wir uns und unseren Entscheidungsträgern in unserem Land Noten geben? Wäre das richtig? Der Bundesrat und die Regierung die Kantone sind und waren stark in der Verantwortung. Vieles wurde hinterfragt und kritisch beurteilt. Das darf und muss man tun, aber sicher ist, die Entscheide, welche getroffen wurden, müssen auch befolgt werden, sonst kommt niemand je zum Ziel. Ich finde es wichtig und richtig, dass man das Geschehene aufarbeitet, nicht als Verurteilung für die Entscheidungsträger gedacht, sondern um das gewonnene Wissen für die Zukunft zu nutzen. Unsere Gesellschaft, wir alle müssen wieder lernen, was Gesellschaft bedeutet. Mit dieser Pandemie bekam das Leben und Sterben wieder eine andere Bedeutung. Wie sind wird damit umgegangen? Schlagzeilen und Zahlen ist das wirklich alles? Die Presse stürzte sich auf jede und jeden, der im Zusammenhang mit Covid sterben musste, das 15-jährige Mädchen, welches in unserer Region an Krebs gestorben war, dieses Mädchen war keine Zeile wert. Welcher Tot ist denn wertvoller oder wichtiger? Ich weiss es nicht. Aber das Sterben gehört zu unserem Leben. Wir müssen wieder lernen, damit umzugehen. Ich denke, jetzt gilt es für uns alle, die Zukunft anzupacken und dabei die schwächeren, sei es hier in der Schweiz, aber vor allem auch in vielen Ländern der Welt, welche nicht so gut dastehen wie wir, diese Schwächeren gilt es nicht zu vergessen.

In dem Jahr als Präsident hätte ich normalerweise da und dort mit den Menschen rund um den Kantonen sprechen können, ihnen eine oder mehrere Botschaften, die ich wichtig finde mitteilen können. Das fand leider nur sehr begrenzt statt. Gerne hätte ich das voll im Trend liegenden Wort «Nachhaltigkeit» da und dort in den Mittelpunkt gestellt. Wussten Sie, dass dieses Wort im eidgenössischen Waldgesetz von 1876 das erste Mal in ein Gesetz geschrieben wurde? Es wurde niedergeschrieben, dass dem Wald nur so viel Holz entnommen werden darf wie auch nachwächst. So denken und handeln die Försterinnen und Förster mit den Waldbesitzern, auch im Wissen, dass Nachhaltigkeit nicht auf ein Jahr beschränkt ist, denn bis ein Baum genutzt werden kann, können 100 Jahre vergehen. Und Nachhaltigkeit geht über mehr als eine Baumgeneration, im Nutzen und im Schonen des Lebensraumes Wald. Wir alle müssen lernen, unsere Entscheide so zu fällen, dass sie einer Zukunft vor allem für die Jugend, aber auch für uns alle nachhaltig entsprechen. Das musste einfach gesagt sein, denn diese Botschaft ist mir wirklich wichtig, und einmal wollte ich diese Botschaft auch hier im Rat anbringen. Ich finde jetzt und hier, kurz und bündig, gerade für die Arbeit dieses Rates war es der absolut richtige Zeitpunkt.

Ich durfte ein spezielles Präsidialjahr erleben, als wohl einziger Präsident, der nie im Kantonsratssaal durch die Session geführt hatte, keine Olmaeröffnung miterlebt hat, dies nur als ein Beispiel für viele Anlässe, die es nicht gab. Ich habe fast zehn Kilo während der Amtszeit abgenommen und war fast mehr zu Hause als meine Frau – wirklich ein ungewöhnliches Jahr. Und trotzdem durfte ich ein spannendes Jahr erleben. Die Arbeit in und zwischen den Sessionen zur Vorbereitung, der eine oder andere Anlass, auch digital, wenn es sein musste, die gute Zusammenarbeit im Präsidium mit den vielen kompetenten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern rund um die Sessionen. Ich bereue es keine Sekunde gerade in diesem Jahr dieses ehrenvolle Amt innegehabt zu haben. Ich danke Ihnen allen hier im Saal für die gute und disziplinierte Arbeit während den Sessionen, sie hat mir das Führen durch die Geschäfte wirklich erleichtert. Der Rat hat aktiv seine Arbeit in diesen Jahren gemacht, hat die Schwächen unseres Systems gesehen und erkannt. Jetzt gilt es, diese Schwachpunkte in der Organisation unseres Rates zu korrigieren und für die zukünftigen Herausforderungen noch besser gewappnet sein.

Zum Schluss danke ich Ihnen für Ihr Wohlwollen meiner Amtsführung gegenüber und wünsche meiner Nachfolgerin, der jetzigen Vizepräsidentin Kantonsrätin Claudia Martin, ein Jahr, wo sie ihre Ziele im Rat in und um den Rat alle erreichen kann, ihr viel Erfüllung im Amt gibt und hoffentlich mit mehr Begegnungsmöglichkeiten als ich es hatte. Uns allen wünsche ich eine gute Zukunft – herzlichen Dank.

Session des Kantonsrates vom 7. und 8. Juni 2021