Geschäft: Mehr Demokratie wagen – Gemeindeautonomie im Bereich der politischen Rechte erhöhen

Übersicht
KomiteeKantonsrat
Nummer42.21.13
TitelMehr Demokratie wagen – Gemeindeautonomie im Bereich der politischen Rechte erhöhen
ArtKR Motion
ThemaGrundlagen und Organisation
FederführungDepartement des Innern
Eröffnung20.4.2021
Abschlusspendent
Letze Änderung9.12.2021
vertraulichNein
öffentlichJa
dringendNein
Dokumente
PubliziertTypTitelDatei
VorstossWortlaut vom 20. April 2021
AntragAntrag der Regierung vom 25. Mai 2021
Beteiligungen
DatumAkteurTitelLetze Änderung
20.4.2021Gremium2.6.2024
Abstimmungen
DatumTitelResultatöffentlich
JaBedeutungNeinBedeutungAbsent / Enthaltung
8.6.2021Ordnungsantrag Amman-Waldkirch auf Schluss der Diskussion71Zustimmung38Ablehnung11
8.6.2021Eintreten35Zustimmung73Ablehnung12
Statements
DatumTypWortlautSession
8.6.2021Beschluss

Der Kantonsrat tritt mit 73:35 Stimmen bei 4 Enthaltungen nicht auf die Motion ein.

Session des Kantonsrates vom 7. und 8. Juni 2021
8.6.2021Wortmeldung

Jäger-Vilters-Wangs, Ratsvizepräsident: Eintreten wird bestritten.

Session des Kantonsrates vom 7. und 8. Juni 2021
8.6.2021Wortmeldung

Surber-St.Gallen: Ich hätte mich laut melden können, ich beantrage auch kein Rückkommen auf diesen Abbruch der Diskussion. In diesem rat wurde auch schon alles Ungeheuerliche gesagte, deshalb müssen wir vielleicht wirklich nicht mehr weiter diskutieren. Ich möchte hier einfach noch festhalten: Wir führen eine Diskussion über demokratische Mitwirkung und beschränken und beschneiden uns dann selber hier in diesem Rat bei unseren demokratischen Möglichkeiten, nämlich hier wirklich auszudiskutieren, die Leute anzuhören, die Voten fertig zu sprechen. Ich finde es nicht richtig, ich hätte das gerne vorhin gesagt und deshalb sage ich es jetzt noch.

Session des Kantonsrates vom 7. und 8. Juni 2021
8.6.2021Wortmeldung

Regierungsrätin Bucher: Auf die Motion ist einzutreten.

Nein, die Regierung hat nicht den politischen Kompass verloren, und wir haben auch nicht den Verstand verloren, Schmid-Grabs. Wir orientieren uns unter anderem am Subsidiaritätsprinzip, an der dezentralen Aufgabenerfüllung und vor allem an der Gemeindeautonomie. Die Möglichkeit, das Stimmrecht für Ausländerinnen und Ausländer auf kommunaler Ebene einzuführen, wahrt und stärkt diese Gemeindeautonomie. Wir schreiben damit keiner Gemeinde vor, dass sie das Stimmrecht einführen muss. Es ist jeder Gemeinde selbst überlassen, diesen Schritt zu machen oder nicht. Sie kann sich freiwillig dafür entscheiden. Der Kanton beschränkt sich darauf, für die Ausübung dieses Ausländerinnen- und Ausländerstimmrechts für diejenigen Gemeinden, die sich dann dafür entscheiden, einheitliche Vorgaben zu machen und auch Mindestvoraussetzung festzulegen, damit eine gewisse Einheitlichkeit gewährleistet ist.

Die Frage der Einführung eines fakultativen Ausländerinnen- und Ausländerstimmrechts ist übrigens auch keine Frage von links oder rechts oder von angeblichen bürgerlichen Mehrheiten. Es ist eine gesellschaftspolitisch äusserst wesentliche Frage, eine Frage der Demokratie und wie ebenfalls bereits gesagt wurde, es ist eine Frage des gesellschaftlichen Wandels. Es ist die Frage, wie wir alle Bevölkerungsgruppen in die politischen Meinungsbildungsprozesse und in unsere Gesellschaft einbinden wollen. In diesem Sinne ist das Ausländerinnen- und Ausländerstimmrecht auf kommunaler Ebene nach Ansicht der Regierung eine wichtige und nachhaltige Integrationsmassnahme.

Gemäss der neuen Schwerpunktplanung der Regierung, ich zitiere sie heute nicht zum ersten Mal, fördert der Kanton St.Gallen die Partizipation und Teilhabe der Bevölkerung. Dies kann durch digitale Mitwirkungsangebote geschehen oder auch durch die Ausweitung des Stimmrechts auf eine grosse Gruppe einer Minderheit der Ausländerinnen und Ausländer.

Die Herabsetzung des Stimmrechtsalters auf 16 Jahre wäre auch eine solche Massnahme zur Stärkung der politischen Integration einer weiteren Gruppe der Bevölkerung, nämlich der Jugendlichen. Die Regierung anerkennt und begrüsst das politische Engagement vieler Jugendlichen und ihren Anspruch, aktiv auf aktuelle Fragen dieser Zeit Einfluss zu nehmen. Etwas das jüngst bspw. auch bei den Fridays for Future-Protesten rund um den Erdball sicht- und hörbar wurde. Trotzdem ist die Regierung der Ansicht, dass eine Differenzierung zwischen politischer und zivilrechtlicher Mündigkeit.

Die Regierung ist der Ansicht, dass wir keine Unterscheidung zwischen politischer und zivilrechtlicher Mündigkeit wollen, deshalb dieser geänderte Wortlaut, den wir Ihnen beantragen. Die Möglichkeit für die Gemeinden, denn langjährigen Bewohnerinnen und Bewohnern ohne Schweizerpass das Stimm- und Wahlrecht zu gewähren, stärkt die Teilhabe der ausländischen Bevölkerung und trägt zu besser abgestützten demokratischen Entscheiden bei und stärkt auch die Akzeptanz derselben. Wer viele Jahre in einer Gemeinde lebt und auch Steuern zahlt, soll über seine direkten Lebensumstände um die Gestaltung seiner Umgebung mitbestimmen können. Zudem Wahrtun oder Wartung?? stärkt die fakultative Einführung dieses Instrumentes – die Gemeindeautonomie.

Session des Kantonsrates vom 7. und 8. Juni 2021
8.6.2021Beschluss

Der Kantonsrat stimmt dem Ordnungsantrag Amman-Waldkirch auf Schluss der Diskussion mit 71:38 Stimmen bei 1 Enthaltung zu.

Session des Kantonsrates vom 7. und 8. Juni 2021
8.6.2021Wortmeldung

Ammann-Waldkirch beantragt Schluss der Diskussion.

Ich denke wir sollten zum Schluss kommen bei dieser Debatte, die wir jetzt fast eine Stunde lang führen. Ich glaube, es wurde alles gesagt, das gesagt werden kann.

Session des Kantonsrates vom 7. und 8. Juni 2021
8.6.2021Wortmeldung

Jans-St.Gallen: Auf die Motion ist einzutreten.

Wem das aktive Stimm- und Wahlrecht zukommt, ist kein Naturgesetz. Vielmehr ist es eine gesellschaftliche Konvention. Es ist damit abhängig von der gesellschaftlichen Entwicklung, und verschiedene Gesellschaften haben das Stimm- und Wahlrecht unterschiedlich geregelt, auch gerade im Laufe der Zeit.

Blicken wir zurück: Die Wiege der Demokratie im alten Athen von 2500 Jahren, da waren nur rund 2 Prozent der Bevölkerung stimmberechtigt. Die Frauen nicht, die Ausländer nicht, und Ausländer waren alle, die nicht in dieser Stadt wohnten, die nicht Wehrfähigen und wer nicht einen Steuerbetrag bezahlte waren ausgeschlossen. Die Entwicklung ist aber zum Glück nicht auf dem Stand des alten Athen stehengeblieben. Im Laufe der Zeit kamen in verschiedenen Ländern, Gesellschaften, Zivilisationen weitere Bevölkerungskategorien zum Stimm- und Wahlrecht. Die körperliche Unversehrtheit als Kriterium wurde weggelassen – zum Glück kann man sagen. Inländer waren dann ganze Nationen, ein grösserer Kreis, nicht nur die Städte. Das Zensuswahlrecht an Steuern gebunden wurde abgeschafft. Die Frauen erhielten das Stimmrecht, in der Schweiz etwas später im Jahr 1971, in Appenzell noch später. Was ich damit sagen will: Wer das Wahlrecht hat, ist nicht abschliessend geregelt, sondern es unterliegt einem Wandel. Wann aber ist die Zeit für den Wandel? Wann ist die Zeit für eine Veränderung gekommen? Das ist auch unterschiedlich, wir sind nicht mehr ganz die ersten, wenn wir dieses Thema jetzt angehen. Aber sicher ist ein wichtiges Kriterium dasjenige: Je mehr Menschen von der Mitwirkung der Gestaltung ihres Lebensraums, ihres Staatswesens ausgeschlossen sind, umso dringender ist es, eine Anpassung vorzunehmen. In der Stadt St.Gallen ist es sogar ein Drittel der Einwohnerinnen und Einwohner die aussen vor sind, die zwar Steuern zahlen, aber nicht zu sagen haben, was mit dem Geld geschieht. Ist das richtig? Es ist meines Erachtens höchste Zeit, jenen Gemeinden, die dies wollen, die Möglichkeit zu geben, ein Stimmrecht für Angehörige anderer Nationen zu gewähren.

Session des Kantonsrates vom 7. und 8. Juni 2021
8.6.2021Wortmeldung

Sarbach-Wil: Auf die Motion ist einzutreten.

Wir haben sehr viel über Sinn und angeblichen Unsinn zum Ausländerstimmrecht gehört. Ich möchte das Votum von Götte-Tübach beim vorhergehenden Geschäft aufnehmen. Er hat uns erklärt, um was es geht und das ging hier etwas vergessen. Es geht jetzt nicht um ein Ausländerstimmrecht, sondern darum, ob die Regierung uns einen Vorschlag machen soll bezüglich einer Gesetzesanpassung, welche den Gemeinden schlussendlich die Möglichkeit eröffnet, eine kommunales Stimmrecht für Ausländerinnen und Ausländer einzuführen. Darüber sprechen wir dann ja nochmals, wenn es vorliegt und damit ist nur die Grundlage geschaffen, einem Bedürfnis nachzugehen, sofern es das jetzt stimmberechtigte Volk einer Gemeinde möchte. Bislang haben in der Schweiz über 600 Gemeinden ein kommunales Ausländerstimmrecht eingeführt. Also so eine unschweizerische Sache scheint mir das nicht zu sein. Vier davon sind übrigens im Appenzell Ausserrhoden, und die sind auch nicht als extrem weltoffen und urban bekannt was ihre Grundeinstellung betrifft.

Vielleicht möchte irgendwann eine Gemeinde aus dem Kanton St.Gallen ein Ausländerstimmrecht einführen, und wenn das eine Gemeinde will, dann will es die stimmberechtigte Bevölkerung bzw. die Mehrheit der Schweizer Bevölkerung möchte das, und dafür braucht es eine gesetzliche Grundlage. Es geht heute also nicht um Ausländerstimmrecht, ja oder nein, sondern ob wir der Bevölkerung in den Gemeinden grundsätzlich erlauben wollen, ob sie selber autonom und souverän über diese Frage diskutieren dürfen.

Um das Zitat von Dudli-Oberbüren aufzunehmen, das Stimmrecht ist ein kostbares Gut.. Ich möchte appellieren, dass wir hier nicht von oben herab allen Gemeinden im Kanton dieses Recht verwehren, sondern ihnen die Möglichkeit geben, eigenständig über solche Fragen zu diskutieren und dafür eine gesetzliche Grundlage schaffen.

Session des Kantonsrates vom 7. und 8. Juni 2021
8.6.2021Wortmeldung

Lüthi-St.Gallen (im Namen der Grünliberalen): Auf die Motion ist einzutreten.

Den Grünliberalen ist die Teilhabe und Partizipation eines möglichst grossen Teils der ansässigen Bevölkerung am gesellschaftlichen und politischen Diskurs grundsätzlich ein grosses Anliegen. In der Folge unterstützen wir die Schaffung der Möglichkeit der Einführung eines kommunalen Stimmrechts für Ausländerinnen und Ausländer, wenn diese dauerhaft oder zumindest über mehrere Jahre in der Schweiz ansässig sind. Diese Personen haben auf kommunaler Ebene dieselben Pflichten wie wir Schweizerinnen und Schweizer. Sie bezahlen Steuern, sie sind feuerwehrpflichtig, müssen sich an unsere Gesetze halten, sind Teil von Vereinen usw. Wir sind deshalb der Meinung, dass in unserem föderalistischen System die einzelnen Gemeinden über die politische Partizipation ihrer ausländischen Mitbürgerinnen und Mitbürger entscheiden sollen. Die Integration findet in den Gemeinden statt und das Stimmrecht kann ein wichtiger Anreiz und ein Beitrag an die Integration leisten.

Nicht ganz nachvollziehbar ist für uns Grünliberale jedoch der Ausschluss der Jungen. Junge Menschen sind von den politischen Entscheiden in der Regel länger und stärker betroffen als ältere Personen. Wir hätten es begrüsst, wenn auch für 16-Jährige auf kommunaler Ebene ein Stimmrecht geschaffen werden könnte. Auch wenn wohl nur wenige Personen davon Gebrauch machen würden, wäre dies aus unserer Sicht eine sehr wertvolle Investition in die politische Bildung. Wir können die Argumente der Regierung aber nachvollziehen.

Session des Kantonsrates vom 7. und 8. Juni 2021
8.6.2021Wortmeldung

Dudli-Oberbüren: Auf die Motion ist nicht einzutreten.

Ein Sprichwort besagt: «Zuerst den Spatz in der Hand und dann auch noch die Taube auf dem Dach». Ja, ich weiss, das ist nicht die offizielle, politisch korrekte Version, aber wetten, sie wird letztlich der Wahrheit entsprechen. Darum sei an die Redensart: «Wehret den Anfängen» erinnert, vor allem wenn man sich über die folgenden weiteren Vorstössen bewusst ist: SP-Ständerat Paul Rechsteiner forderte im März 2021 die automatische Einbürgerung von Ausländern, die in der Schweiz geboren sind, Integration spielt keine Rolle. Einbürgerung soll keine Bringschuld mehr voraussetzen. Die Günen-Nationalrätin Stefanie Prezioso Batou forderte im Mai 2020 in einem Vorstoss die generelle Legalisierung von Sans-Papiers und garantiert den Zugang zur Sozialhilfe für die ganze Bevölkerung. Zuvor machten die Stadt Zürich mit einer City-Card erste Schritte zur Legalisierung illegal in die Schweiz eingewanderten Ausländer. Falls wir der einstigen deutschen Bundesministerin Renate Künast nacheifern wollen, ja dann gute Nacht. Für sie fängt nämlich Integration damit an, dass der Einheimische türkisch lernen soll. Und was ich vorhin auch noch gehört hat, dass man betreffend dem Stimmrechtsalter 16 vorderhand davon vorläufig absehen will. Das ist Salamitaktik in Reinkultur. Wenn nun gar die Regierung einstimmt und gegenständlich von Integrationsmöglichkeiten spricht, dann verkennt die Region schlichtweg, dass die Erteilung von Privilegien als krönender Abschluss einer Entwicklung und nicht als zu gut gemeinter Anreiz für selber zu erbringende Integrationsbemühungen sein sollte, wenn nicht müsste. Nach dem gesunden Menschenverstand erhält man Belohnungen nach vollständiger Erfüllung der vorausgesetzten Verpflichtungen, denn wenn Verpflichtungen nur mittels grosszügiger Zugeständnisse erreicht werden können bzw. müssen, dann läuft etwas falsch im Vaterstaat. Oder verteilen Pädagogen neuerdings bereits während der Prüfung Sechser, um die Schülerinnen und Schüler zu motivieren?Ähnliches Vorgehen kenne ich eigentlich nur in der Junghundeschule, wo man die Tiere mit Leckereien zu gewünschtem Gehorsam erzieht.

Noch zur Herabsetzung des Stimmrechtsalters: Warum wird nicht gleich beantragt, das Stimmrechtsalter auf zwölf Jahre zu senken? Bekanntlich müssen Kinder unter zwölf Jahren im Auto in einem speziellen Kindersitz sitzen, sofern sie kleiner als 150 Zentimeter sind. Kinder, die grösser sind als 150 Zentimeter und/oder Kinder, die älter sind als zwölf Jahre, müssen nur mit dem vorhandenen Sicherheitsgurt angebunden sein. Es wäre doch angemessen, dass Kinder, die im Auto nicht mehr mit speziellen Kindersitzen befördert werden müssen, gleich das politische Stimmrecht erhalten – Sarkasmus Ende. Derweil versuchen die Motionäre das Pferd von hinten aufzuzäumen.

Aber im Ernst, das Stimmrecht ist ein kostbares Gut. Es darf nicht als Weg zum Ziel verscherbelt werden, sondern als Belohnung für die Erfüllung von Voraussetzungen.

Session des Kantonsrates vom 7. und 8. Juni 2021
8.6.2021Wortmeldung

Zoller-Quarten (im Namen der CVP-EVP-Fraktion): Auf die Motion ist nicht einzutreten.

Was das Stimmrechtsalter betrifft, schliessen wir uns der Argumentation und der Schlussfolgerung der Regierung an.

Dagegen erachten wir es als unnötig und kontraproduktiv, den politischen Gemeinden die Möglichkeit zu geben, das Stimmrecht für Ausländerinnen und Ausländer einzuführen. Wir sind tief überzeugt, dass der Integration von Migrantinnen und Migranten eine sehr hohe Bedeutung zukommt. Zur Integration gehören alle Facetten unseres Zusammenlebens, angefangen von der Fähigkeit, sich in unserer Sprache zu verständigen, das Verständnis für unsere Grundrechte, Sitten und Gebräuche, die Teilhabe an Bildung und Kultur bis hin zum aktiven und passiven Wahlrecht. Für die Möglichkeit, auf allen Staatsebenen abzustimmen, zu wählen und gewählt zu werden, gibt es denn Königsweg der Einbürgerung. Wer will und sich bemüht, soll und kann ein Einbürgerungsgesuch stellen und darf zu Recht darauf zählen, dass sie oder er eingebürgert wird, wenn die durchaus nicht allzu strengen Kriterien eingehalten sind. Mit der Erteilung des Bürgerrechts verbunden sind die vollständigen politischen Rechte auf allen Staatsebenen. Das ist einer zufälligen, nicht plausiblen und mit einem erheblichen administrativen Aufwand verbundenen Teillösung vorzuziehen, die nur zu Ungleichheiten in den St.Galler Gemeinden führen würde.

Session des Kantonsrates vom 7. und 8. Juni 2021
8.6.2021Wortmeldung

Schmid-St.Gallen: Auf die Motion ist einzutreten.

Was ist der Unterschied zwischen dem Kanton Neuenburg und dem Kanton St.Gallen? Klar denken Sie, die Sprache. Aber es ist auch der Umgang mit den Ausländerinnen und Ausländern. In den Westschweizer Kantonen ist es normal, dass Ausländerinnen und Ausländer auf Gemeindeebene, ja sogar auf Kantonsebene, stimm- und wahlberechtigt sind. Auch unser kleiner Nachbar, der Kanton Appenzell Ausserrhoden, kennt das Ausländerstimm- und Wahlrecht bereits seit dem Jahr 1996, also schon seit fast 20 Jahren und dies, obwohl der Kanton Appenzell Ausserrhoden als eher konservativ gilt. Wir konnten die Einführung des Ausländerstimm- und Wahlrechts auf kommunaler Ebene also aus nächster Nähe beobachten und dabei feststellen, dass sich in der politischen Landschaft im Kanton Appenzell Ausserrhoden kaum etwas geändert hat. Die Einführung des Stimm- und Wahlrechts für Ausländerinnen und Ausländer hat also zu keinem politischen Umsturz geführt. Wovor haben wir denn Angst?

Es ist doch ein Zeichen der Wertschätzung unseren Ausländerinnen und Ausländern gegenüber, die bei uns wohnen, arbeiten und Steuern bezahlen und damit auch geholfen haben, den Wohlstand in unserem Land aufzubauen. Auch sie sollen mitbestimmen können, wenn es um Gemeindeangelegenheiten geht, da sie ja davon auch direkt betroffen sind, Etterlin-Rorschach hat dies ausgeführt. Das Stimm- und Wahlrecht fördert die Integration. Als Ausländerinnen oder Ausländer fühlen sie sich besser aufgenommen in ihrer neuen Heimat und das persönliche Engagement und Interesse für die Wohngemeinde nimmt zu, wenn sie sich auch einbringen können.

Das Argument, dass es kein Ausländerstimm- und Wahlrecht brauche, da sich die Leute ja einbürgern können, ist nur ein Scheinargument. Die Hürden für eine Einbürgerung wurden absichtlich so hoch aufgebaut, und das von denjenigen Kreisen, die jetzt gegen das Ausländerstimm- und Wahlrecht sind. Sie haben es auch vorhin von Etterlin-Rorschach gehört. Die Einbürgerung ist ein aufwendiger und auch sehr teurer Prozess in der Schweiz. Viele Ausländerinnen und Ausländer scheuen sich vor allem auch, weil es zum Teil persönlichkeitsverletzende Verfahren sein können.

Ein weiterer Vorteil des Ausländerstimm- und Wahlrecht ist auch, dass es nicht gleich auf allen drei staatlichen Ebenen wahrgenommen werden soll, wie dies nach der Einbürgerung natürliche erwartet wird. Die Ausländerinnen und Ausländer können sich mit unserer direkten Demokratie vertraut machen, indem sie zur ersten nur bei kommunalen Abstimmungen und Wahlen eine Mitsprache haben. Dies erleichtert den Zugang zum schweizerischen eher komplizierten politischen System.

Wir sind in der Schweiz auf die Ausländerinnen und Ausländer angewiesen, wenn wir unseren Wohlstand beibehalten wollen. Freuen wir uns doch, wenn die Ausländerinnen und Ausländer sich für das Gemeinwesens engagieren wollen, sich einbringen wollen und geben wir Ihnen die Möglichkeit zum Abstimmen und Wählen. Wir können dabei als Gesellschaft nur gewinnen. Wagen wir es – St.Gallen kann es.

Session des Kantonsrates vom 7. und 8. Juni 2021
8.6.2021Wortmeldung

Etterlin-Rorschach (im Namen der SP-Fraktion): Auf die Motion ist einzutreten.

Der Anteil von hier lebenden Ausländerinnen und Ausländer hat sich in den letzten 20 Jahren von 19,6 auf 24,7 Prozent erhöht. Das sind insgesamt 125'000 Menschen. Sie arbeiten hier, sie gehen hier zur Schule, sie bezahlen Steuern, sie verbringen ihre Freizeit hier wie Sie und ich. Gut möglich, dass zahlreiche ganz normal im FC spielen, im Chor mitsingen, gut möglich, dass sich einige im Vorstand engagieren, vielleicht ist die eine oder andere gar Vereinspräsidentin bzw. -präsident. Teilhabe nennt die Regierung das oder Partizipation. Die Beteiligung eines möglichst grossen Teils der Bevölkerung am gesellschaftlichen und politischen Diskurs soll den gesellschaftlichen Zusammenhalt stärken. Wir befürworten aus diesem Grund die vorliegende Motion, damit Ausländerinnen und Ausländer auf Gemeindeebene wählen und mitbestimmen dürfen. Geben Sie dieser Motion eine Chance, damit wir dann in einer nächsten Phase, wenn die Regierung ihre Arbeit gemacht hat, über die Details diskutieren können, denn um Teilhabe steht es in unserem Gemeinwesen nicht zum besten. Schweizweit machen sich Bund, Kantone und Städte mit grossem Engagement auf den Weg, einen Ausweg aus dieser Teilhabemisere zu finden.

Im Rahmen von Projèct Urbas, die Bauchefin hat das nicht miterlebt, aber zumindest ihr Vorgänger wusste Bescheid, wurden für eine moderne, zeitgemässe Stadt- und Quartierentwicklung neue Instrumente entwickelt. Alle mit dem Ziel, die Teilhabe der Betroffenen zu ermöglichen. So haben wir das auch in Rorschach gemacht, weil die bisherigen Instrumente nicht mehr oder nur ungenügend wirken, weil die Kommunikation viel komplexer wurde, unübersichtlicher, weil der schleichenden Anonymisierung in Wohngegenden entgegengewirkt werden muss. Viele von Ihnen stellen sich nun auf den Standpunkt: Wer teilhaben will, soll sich einbürgern lassen. Seien Sie sich bitte bewusst, unser Einbürgerungsrecht stellt nach zahllosen Verschärfungen hohe Hürden. Als langjähriges Mitglied des Rorschacher Einbürgerungsrates weiss ich Ihnen zu berichten, dass nur schon die Dauer des gesamten Verfahrens mit bis zu drei Jahren ein regelrechtes und abschreckendes Problem ist. Insgesamt weisen alle Gemeinden gemeinsam ein beträchtliches Integrationsdefizit auf. Es gelingt uns nur ungenügend, seit Generationen hier lebende Menschen formell zu vollständig Gleichberechtigten zu machen. Darum ist es ein tauglicher Ansatz, die vor Ort bestehenden Instrumente der aktiven Teilhabe um die Möglichkeit des lokalen Stimm- und Wahlrechts zu ergänzen. Damit könnte die Freude und das Interesse an unserem Gemeinwesen gestärkt werden und allenfalls auch Menschen, die sich mit ihrem Wohnort und dem Wohnkanton identifizieren, motivieren, den steinigen Weg zur Einbürgerung tatsächlich in Angriff zu nehmen. Darum könnte das Stimmrecht auf Gemeindeebene die generelle Teilhabe verbessern. Gleichzeitig könnten wir einen Anreiz zu einem besseren gesellschaftlichen Zusammenhalt schaffen. Und wenn es bei Menschen das Interesse an der Politik weckt, so ist das umso mehr zu begrüssen.

Sie alle wollen, dass der Kanton St.Gallen noch attraktiver wird – die Finanzdebatte von heute Vormittag lässt grüssen. Wir sind uns einig, dass der Steuerfuss aber nur eines von vielen weiteren Kriterien zur Standortattraktivität ist. Es ist demzufolge auch ein starkes Zeichen, dass uns ein Viertel der Bevölkerung oder 125'000 Menschen nicht egal sind. Das wir nicht nur über sie reden, sondern dass wir sie zu Gleichberechtigten machen möchte, mindestens auf Gemeindeebene – ein Zeichen in die Zukunft.

Session des Kantonsrates vom 7. und 8. Juni 2021
8.6.2021Wortmeldung

Fürer-Gossau: Auf die Motion ist nicht einzutreten.

Die Bundesverfassung bildet unumstritten die Grundlage für Unabhängigkeit, Sicherheit und nachhaltige Entwicklungen des Landes. Sie ergibt sich im Bewusstsein der gemeinsamen Errungenschaften und der Verantwortung gegenüber den künftigen Generationen.

Die Entwicklung unserer Heimat mitzugestalten ist grundsätzlich den Schweizer Bürgern vorbehalten. Wer dieses Privileg durch die Geburt erhält, erlangt durch das Aufwachsen in der Schweiz die Grundwerte, welche unser Land schützen. Das Verständnis für Freiheit, Demokratie, Unabhängigkeit, Frieden und Solidarität verankern sich und widerspiegeln sich in den Entscheidungen. Wer das Privileg für die politische Mitgestaltung durch Einbürgerung erlangt, respektiert diese Werte der Bundesverfassung, achtet die Schweiz als Heimat und erfüllt die notwendigen Kriterien, wie z.B. das Beherrschen der Landessprache.

Die Motionäre fordern heute ein Ausländerstimmrecht, Fremden soll es gestattet werden, über das Leben und die Zukunft zu entscheiden. Der eine oder andere wird wird sich über den Begriff «Fremde» empören. Doch diesen Begriff habe ich bewusst gewählt. Sie sind weder mit den genannten Grundwerten vertraut noch in irgendeiner Weise dem Land verbunden oder verpflichtet. Sie haben weder das Bewusstsein, welches in der Bundesverfassung gefordert wird, noch die Verantwortung zu tragen. Mit dem Ausländerstimmrecht erhalten Fremde Rechte bzw. Macht, jedoch nicht die dazugehörige Pflicht. Ich frage mich, wie jemand, der mit keinerlei Konsequenzen zu leben hat, die Landessprache nicht beherrscht, nachhaltige politische Entscheidungen fällen kann. Wie kann so ein ausgeglichenes Urteilsvermögen entstehen? Wo bleibt hier die Verantwortung? Sollte jemand die Werte der Schweiz wahren und sich für das Land ihrer Zukunft einsetzen wollen, fühlt er sich verbunden und kann sich einbürgern lassen. Die Anforderungen wie z.B. die Sprache, beweisen unter anderem, wie sehr sich ein Fremder für das Land bemühen will, für das er dann als Schweizer Bürger auch Entscheidungen fällen kann und soll.

Als Argument für das Ausländerstimmrecht wird der hohe Anteil der Bevölkerung mit ausländischer Staatsbürgerschaft genannt, aktuell rund 25 Prozent. Ich finde diese Forderung, dass rund ein Viertel der Stimmbeteiligten weder den Abstimmungstext verstehen müssen, noch in irgendeiner Weise mit den Folgen der politischen Entscheidungen zu leben hat, naiv und befremdlich. Woher kommt der Wunsch der Motionäre für diese Fremdbestimmung? Lassen Sie sich etwa gerne von Ihrem Nachbarn oder sogar von einem Au pair vorschreiben, wie Sie in Ihren eigenen vier Wänden zu leben haben? Ich denke nicht. Seien wir stolz auf unsere direkte Demokratie und unsere Unabhängigkeit, Freiheit, Demokratie und den Frieden zu schützen.

Session des Kantonsrates vom 7. und 8. Juni 2021
8.6.2021Wortmeldung

Lippuner-Grabs: Auf die Motion ist nicht einzutreten.

Ausländischen Menschen nach einer gewissen Aufenthaltsdauer ein Stimmrecht auf kommunaler Ebene zu gewähren, hört sich fürs erste sympathisch an, auch bei klarem Verstand. Ein Blick auf die tatsächlichen Gegebenheiten lässt jedoch erhebliche Zweifel am Nutzen und der Zweckmässigkeit des Ausländerstimmrechts aufkommen. Dort, wo das kommunale Stimmrecht für Ausländerinnen und Ausländer eingeführt wurde, wird effektiv nur in äusserst geringem Ausmass von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht. Befasst man sich dann mit der konkreten Ausgestaltung zur Gewährung des Ausländerstimmrechts kommt die Frage auf, ob sich denn der erhebliche Aufwand für die Lösung eines an sich gar nicht vorhandenen Problems überhaupt lohnt. Zielführender scheint es, wenn die betroffenen und interessierten ausländischen Menschen, die bereits zahlreich vorhandenen Mitwirkungs- und Integrationsmöglichkeiten auf der kommunalen Ebene vermehrt nutzen. Das bewährte Mittel zur Erlangung der vollen Bürgerrechte auf allen Staatsebenen ist das Einbürgerungsverfahren, bei welchem bspw. ausreichende Kenntnisse der Landessprachen wie auch staatskundliches Grundwissen vorausgesetzt und auch geprüft werden. Nach zehn Jahren Aufenthalt in der Schweiz kann ein Einbürgerungsantrag gestellt werden, wobei die Aufenthaltsdauer bei Kindern und Jugendlichen zwischen dem 8. und 18. Lebensjahr sogar doppelt gezählt werden. Wer mit einer Schweizerin oder einem Schweizer verheiratet ist, profitiert zudem von der erleichterten Einbürgerung und kann den Antrag bereits nach fünf Jahren Wohnsitz in der Schweiz stellen.

Die schweizerische Gesetzgebung erlaubt den eingebürgerten Personen die Beibehaltung der bisherigen Staatsbürgerschaft. Es muss also noch nicht einmal auf die bisherige Staatsbürgerschaft verzichten werden. Diesen bewährten, durchaus liberalen und soliden Integrationsweg von der Einreise in unser Land bis zur Erlangung der Schweizer Staatsbürgerschaft, sollten wir mit denn wirklich interessierten und integrierten Ausländerinnen und Ausländern weitergehen.

Session des Kantonsrates vom 7. und 8. Juni 2021
8.6.2021Wortmeldung

Schwager-St.Gallen (im Namen der GRÜNE-Fraktion): Auf die Motion ist einzutreten.

Ich bin froh, dass wir in diesem Rat eine gemeinsame Sprache haben. Zur gemeinsamen Sprache gehört auch die Sprache des Anstands und ich muss sagen, ich habe mich über dieses flegelhafte Votum meines Vorredners wirklich geärgert.

Im Namen meiner Fraktion bedanke ich mich bei der Regierung für die grundsätzlich positive Aufnahme unserer Motion und nehme es gleich vorweg: Wir sind mit dem von der Regierung vorgeschlagenen geänderten Wortlaut einverstanden und damit auch mit der vorläufigen Ausklammerung der Frage, ob das Stimmrechtsalter auf Gemeindeebene auf 16 Jahre reduziert werden soll. Es ist tatsächlich sinnvoll, die grundsätzliche Diskussion dazu auf der Bundesebene abzuwarten.

Einige Anmerkungen zu den Ausführungen der Regierung: Die Diskussion zur Einführung des Stimmrechts für Ausländerinnen und Ausländer auf Gemeindeebene führen wir tatsächlich nicht zum ersten Mal. Aber auch wenn in der Wahrnehmung der Weltöffentlichkeit die Schweiz als Hort der Demokratie gilt, erfunden haben wird das Stimmrecht nicht. Erfunden haben wir dieses kostbare Gut, das bereits mein Vorredner mehrfach erwähnt hat, nicht erfunden. Das Konzept des Volks als Souverän stammt aus dem 5. Jahrhundert vor Christus aus einer Stadtrepublik am Mittelmeer. Der Souverän bestand damals nur aus einem sehr kleinen Teil der Bevölkerung, dem Adel und anderen, die es zu Wohlstand brachten. Das gemeine, arbeitende Volk, hatte keine Rechte. So brauchte es auch den Einmarsch Napoleons um die absolute Macht der Fürstäbte, der anderen Vögte und der Patrizier-Familien zu brechen und auch deren Untertanengebiete zu befreien, wie bspw. bei uns im Kanton St.Gallen das Fürstenland. Das ist noch keine acht Generationen her. Letztlich haben die St.Galler Gemeinden Napoleon und damit Frankreich als Besatzungsmacht die Gemeindeautonomie zu verdanken. Sie wurde Ihnen geradezu in den Schoss gelegt. Das Frauenstimmrecht aber wurde ihnen nicht gewährt, weder in der Schweiz noch in Frankreich. Die Frauen, und damit 50 Prozent der Bevölkerung, mussten jahrzehntelang dafür kämpfen.

Die Demokratie ist im steten Wandel und wird immer wieder neuen Gefahren ausgesetzt. Dies zeigen auch die jüngsten Entwicklungen in den USA, wo über Gesetzesanpassungen das Stimm- und Wahlrecht eingeschränkt werden soll. Ein sicheres Rezept für gesellschaftliche Konflikte.

Für die gute Entwicklung eines Staatswesens ist es entscheidend, die Bevölkerung möglichst umfassend in die Entscheidungsprozesse einzubeziehen. Die Gründung der USA geht letztlich auf die Verweigerung des Stimmrechts für die englischen Siedler zurück. No taxation without representation, keine Steuern ohne politische Vertretung. Mit der Möglichkeit der Einführung des Stimmrechts für Ausländerinnen und Ausländer auf Gemeindeebene nehmen wir niemandem etwas weg. Vielmehr stärken wird damit die Gemeindeautonomie und öffnen Mitwirkungsmöglichkeiten zum Vorteil aller. Die Regierung hat dies in ihrer Antwort sehr gut ausgeführt. Wer Steuern bezahlt, soll über deren Verwendung mitbestimmen dürfen. Wir entscheiden heute in diesem Rat nicht darüber, ob dieser Grundsatz etwa in Arnegg, in Rorschach oder Sargans auch für Ausländerinnen und Ausländer gelten sollen. Wir entscheiden nur darüber, ob wir im Rahmen der Gemeindeautonomie dem Souverän die Möglichkeit geben, darüber zu diskutieren und eigenständig zu entscheiden. Es ist nicht im Interesse unseres Kantons auf Dauer einem Viertel unserer Bevölkerung die politische Mitwirkung völlig zu verwehren. Mehr Demokratie hat in der Geschichte noch nie geschadet, weniger hingegen schon. Haben wir Vertrauen und stärken wir die Demokratie. Schenken wir den Gemeinden ein Stück mehr Autonomie.

Ich möchte die Gelegenheit nutzen und der neu gewählten Präsidentin unseres Rates zu ihrem guten Resultat gratulieren. Ich habe auch für sie gestimmt. Nicht weil sie eine Frau ist, schon gar nicht, weil sie der SVP angehört, sondern weil es Claudia Martin ist. Und ihr gestriges Antrittsvotum hat mich sehr gefreut, sie hat sich für das Trinkwasser eingesetzt – das hat sie sehr sympathisch gemacht. Wir haben am kommenden Wochenende eine ganz wichtige Abstimmung. Ich muss aber gestehen, ich hatte wenig Freude an dieser Glasflaschen. Und ich glaube, die meisten wissen warum, Sie müssen sie umdrehen, es steht hier «Kantonsrat St.Gallen» drauf. Aber diese Kantonsratsflasche stammt aus China. Die Kantonsratspräsidentin hat gesagt, dass der Kantonsrat das Organ des Volkes sei. Und als Organ bzw. Haus des Volkes sollten wir die Demokratie stärken, nicht nur in unserem Kanton, sondern in der Schweiz und auch in der ganzen Welt. Wir alle wissen, dass China kein demokratischer Staat ist. Wir wissen von den Umerziehungslagern mit einer Million Insassen. Das ist keine Kritik an der neu gewählten Präsidentin, aber ein Aufruf für die Zukunft. Wenn der Kantonsrat irgendwelche Sachen einkauft, dann schauen Sie auch, dass es Dinge sind, die aus der Schweiz stammen, aus dem Kanton St.Gallen, aus dem Kanton Luzern mit der Glasi Hergiswil oder meinetwegen auch aus Europa. Das ist auch ein Ausdruck unseres Demokratieverständnisses. In diesem Sinne bin ich dankbar, wenn Sie die Demokratie stärken.

Session des Kantonsrates vom 7. und 8. Juni 2021
8.6.2021Wortmeldung

Schmid-Grabs (im Namen der SVP-Fraktion): Auf die Motion ist nicht einzutreten.

Sie konnten die Haltung der SVP-Fraktion bereits aus der Presse vornehmen und es dürfte Sie kaum überrascht haben. Wiederholt haben wir uns gegen das Ausländerstimmrecht aber auch gegen eine Senkung des Stimmrechtsalters auf 16 Jahre ausgesprochen. Genauso wenig waren wir über einen weiteren Vorstoss der GRÜNE-Fraktion überrascht, welche die Einführung des Ausländerstimmrechts und des Stimmrechtsalters 16 fordert. Was uns aber sehr wohl verwundert hat, ist die Haltung der Regierung. Wir sind erstaunt, auf welchen Irrweg sich diese angebliche bürgerliche Mehrheit begeben hat. Man darf sich fragen, ob eine Mehrheit der Regierung den Kompass oder vielleicht sogar den Verstand verloren hat.

Der Kanton St.Gallen wie auch die meisten anderen Kantonen kennen heute ein austariertes Gleichgewicht zwischen Rechten und Pflichten. So sind bspw. nur Schweizer Bürger wehrpflicht, während Ausländer und Menschen unter 18 davon befreit sind. Nachdem bereits vor einem Jahr eine Reduktion des Stimmrechtsalters abgelehnt wurde, sollten die GRÜNE-Fraktion und die Regierung diesen Entscheid auch so akzeptieren. Das Stimmrecht geht in der Schweiz dank der direkten Demokratie viel weiter als in anderen Ländern. Beim Recht abstimmen und wählen zu können, handelt es sich deshalb um ein sehr kostbares Gut und das Bürgerrecht nimmt dabei eine zentrale Rolle ein.

Bereits heute können sich gut integrierte Ausländer einbürgern lassen und an den damit zusammenhängenden Rechten und Pflichten teilhaben. Die Anforderungen für Einbürgerungen sind klar definiert und wurde in den vergangenen Jahren sogar wiederholt gesenkt, etwa für die dritte Ausländergeneration, die so genannten Terzos, und im Rahmen des Nachtrages zum Gesetz über das St.Galler Bürgerrecht. Dass die Regierung das Ziel der sozialen Integration zur Begründung einer Ausweitung des Stimmrechts missbraucht, ist mehr als fragwürdig. Die Integration in eine Gesellschaft erfolgt nicht nur über das Stimmrecht, sondern durch langjährigen Kontakt mit der lokalen Bevölkerung, die Arbeit und vor allem auch die Aneignung der lokalen Sprache sowie geltender Gesetze und Sitten. Dies zeigt sich auch in jenen Schweizer Gemeinden, die bereits ein Ausländerstimmrecht kennen, und von dem Stimmrecht dann auch nur von einer kleinen Minderheit Gebrauch gemacht wird.

Die Einbürgerung und damit der Erwerb der politischen Mitbestimmungsrechte sollen daher das Resultat einer erfolgreichen Integration bleiben. Sicherlich sind dabei die Sprachbarrieren nicht zu unterschätzen. Denn bitte schön, wie soll sich ein Ausländer einen Überblick über komplexe Abstimmungsvorlagen verschaffen, wenn er nur über schlechte oder gar ganz fehlende Deutschkenntnisse verfügt. Und wie sollen dann die Gemeinden auf dieses Problem reagieren? Wer das Recht auf politische Mitbestimmung erhält, darf auch nicht daran gehindert werden, dieses Recht auszuüben. Wollen wir wirklich erreichen, dass unsere Gemeinden die Abstimmungsunterlagen dann vor jeder Abstimmung auf Albanisch, Arabisch und Englisch übersetzen müssen? Das kann ja wirklich nicht unser Ziel sein hier in diesem Saal. Wollen wir nicht lieber gut integrierte Schweizer Bürger, welche unsere Sprache sprechen und unsere Werte teilen?

Für die SVP-Fraktion ist klar, dass ein Ausländerstimmrecht keinesfalls im Interesse des Kantons und der Gemeinden sein kann. Wir wollen Bürgerinnen und Bürger, die unsere Land und sein System kennen, unsere Werte, Regeln und Sitten teilen und mit uns eine gemeinsame Sprache sprechen. Nur so kann sichergestellt werden, dass auch zukünftige Entscheidungen im langfristigen Interesse unseres Kantons und auch der Gemeinden gefällt werden.

Session des Kantonsrates vom 7. und 8. Juni 2021
8.6.2021Wortmeldung

Jäger-Vilters-Wangs, Ratsvizepräsident: Die Regierung beantragt Gutheissung der Motion mit geändertem Wortlaut.

Session des Kantonsrates vom 7. und 8. Juni 2021