Geschäft: Hate Crimes statistisch erfassen – wichtige Grundlagen zum Schutz von gesellschaftlichen Minderheiten schaffen
Komitee | Kantonsrat |
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Nummer | 42.21.04 |
Titel | Hate Crimes statistisch erfassen – wichtige Grundlagen zum Schutz von gesellschaftlichen Minderheiten schaffen |
Art | KR Motion |
Thema | Landesverteidigung, Sicherheit und Ordnung |
Federführung | Sicherheits- und Justizdepartement |
Eröffnung | 17.2.2021 |
Abschluss | pendent |
Letze Änderung | 9.12.2021 |
vertraulich | Nein |
öffentlich | Ja |
dringend | Nein |
Datum | Akteur | Titel | Letze Änderung |
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17.2.2021 | Person | Erstunterzeichner/-in - Steiner-Kaufmann-Gommiswald | 6.10.2024 |
Datum | Titel | Resultat | öffentlich | ||||
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Ja | Bedeutung | Nein | Bedeutung | Absent / Enthaltung | |||
22.9.2021 | Eintreten | 81 | Zustimmung | 29 | Ablehnung | 10 | |
22.9.2021 | Gutheissung | 80 | Zustimmung | 31 | Ablehnung | 9 |
Datum | Typ | Wortlaut | Session |
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22.9.2021 | Beschluss | Der Kantonsrat heisst die Motion mit 80:31 Stimmen bei 1 Enthaltung gut. | Session des Kantonsrates vom 20. bis 22. September 2021 |
22.9.2021 | Struktur | Die Spezialdiskussion wird nicht benützt. | Session des Kantonsrates vom 20. bis 22. September 2021 |
22.9.2021 | Beschluss | Der Kantonsrat tritt mit 81:29 Stimmen bei 2 Enthaltungen auf die Motion ein. | Session des Kantonsrates vom 20. bis 22. September 2021 |
22.9.2021 | Wortmeldung | Regierungsrat Fässler: Auf die Motion ist einzutreten. Ich bedanke mich für die grossmehrheitlich positive Aufnahme dieser Motion. Es ist zutreffend, dass wir im Bereich dieser Hate Crimes, und das sind nicht nur Gewaltdelikte sondern zunehmend vor allem auch Hate-Speaches-Delikte, vor allem auch in den sozialen Medien. Ich hoffe, dass wir da die Grundlage schaffen können, um das statistisch zu erfassen. Wir operieren im Moment mit Gefühl und vielmehr haben wir nicht. Wir wissen, dass das ein Phänomen ist, das am Wachsen ist, ein Phänomen, das man bekämpfen muss, ein Phänomen aber auch, das wir bislang statistisch leider nicht erfasst haben. Ich denke, es ist wirklich wichtig, dass wir da konkrete Informationen haben. Es wurde jetzt zum Teil ausgeführt, dass die Erfassung nicht ganz einfach sein wird. Dort wo Täter oder Opfer ausgeführt klare Aussagen auch über den Motivhintergrund machen, dort ist die polizeiliche Erfassung, was natürlich dann noch nicht mit einer gerichtlichen Verurteilung gleichzusetzen, relativ einfach. Wenn das aber ein Polizist nur mutmassen kann, wird es schon etwas schwieriger, und ob dann eine Polizistin oder ein Polizist auch berechtigt sein soll, gegenüber einem Opfer, das sich ausschweigt, Fragen bezüglich ihrer sexuellen Orientierung und Motivlage beim Täter zu stellen, das wird man noch klären müssen. Wir sind da schon in einem etwas sensiblen Bereich. Ich meine, dass wir mit der Erfassung auch ein Zeichen gegen aussen geben. Zum einen, dass wir daran interessiert sind, diese Delikte wirklich statistisch erfassen zu können und damit auch ein Zeichen setzen, dass diese Delikte auch zur Anzeige gelangen. Es hat in diesem Bereich mit Sicherheit eine gigantische Dunkelziffer, aus Scham wird schon gar nicht angezeigt. Und wenn wir signalisieren, dass wir nicht nur am Delikt sondern auch am Hintergrund, verändert sich damit vielleicht auch etwas in der Anzeigebereitschaft der Bevölkerung. Eigentlich bin ich der Meinung, müsste man darauf drängen, dass der Bund das gesamtschweizerisch erfasst. Das scheint aber in näherer Zukunft noch nicht der Fall zu sein. Ich werde morgen mit dem Vorstand der Konferenz der Kantonalen Justiz- und Polizeidirektorinnen und -direktoren haben, welcher in St.Gallen tagt, eine Aussprache mit dem Bundesamt für Statistik haben. In dieser Aussprache wird auch das ein Thema sein, wie wir auf Bundesebene noch etwas vorankommen können. Aber das ist im Moment Zukunftsmusik, deshalb ist es jetzt wichtig, dass wir auf kantonaler Ebene einen ersten Schritt machen. Wenn der Bund dann auch bereit und in der Lage ist, das zu erfassen, kann man diese Daten dann weitergeben. | Session des Kantonsrates vom 20. bis 22. September 2021 |
22.9.2021 | Wortmeldung | Locher-St.Gallen: Auf die Motion ist einzutreten. Ich finde es wichtig, dass man Diskriminierungen bekämpft und ich habe mich gefreut über das Votum der SP-Fraktion. Ich hoffe einfach, dass wenn man dann die Statistik erstellt, man auch die Veranstaltung der SP und der Juso am Frauenstreiktag in der Multergasse in St.Gallen, wo ein Dosenwerfen gegen weisse, alte Männer veranstaltet wrude, dort erfasst. In diesem Zusammenhang blieb die Partei recht ruhig. | Session des Kantonsrates vom 20. bis 22. September 2021 |
22.9.2021 | Wortmeldung | Steiner-Kaufmann-Gommiswald zu Jäger-Vilters-Wangs: Das Gesetz definiert im Schweizerisches Strafgesetzbuch (SR 311.0, abgekürzt StGB) unter Art. 139 auch Diebstahl nur allgemein. Dennoch unterscheidet die Polizei neun verschiedene Formen von Diebstahl und erfasst diese statistisch (Einbruch, Einschleichdiebstahl, Ladendiebstahl, Taschendiebstahl usw.). Dasselbe gilt auch bei der Bereicherungsabsicht. Dabei werten die Polizistinnen und Polizisten stets Bereicherungsabsicht mit, auch bei unbekannter Täterschaft, obwohl man man diese auch noch nicht befragen kann. Wenn man nicht weiss, wer die Täterin oder der Täter ist, kann man sie auch nicht nach deren Absicht befragen. Vieles in der polizeilichen Arbeit ist subjektiv, da sollte man aber nicht die Arbeit der Polizei schmälern. Das basiert letztlich alles auch auf einem professionellen Ermessenentscheid. Allgemein noch zum Aufwand: Die SVP hat sich im Kanton Zürich mittels einer Initiative stark gemacht, dass die Nationalität von Verdächtigen in Polizeimeldungen genannt werden müsse. Da ist es nur konsequent im Sinne der Ausgewogenheit, dass auch auf Opferseite, bestimmte, ja sogar straftatsbezogene, relevante Informationen sichtbar gemacht werden. Ich anerkenne den Aufwand, den diese Motion gegebenenfalls auslösen kann, aber meine, dass dies bewältigbar sein wird. Wir haben es gehört, andere Kantone machen das bereits vor. | Session des Kantonsrates vom 20. bis 22. September 2021 |
22.9.2021 | Wortmeldung | Schmid-Grabs (im Namen der SVP-Fraktion): Auf die Motion ist nicht einzutreten. Ich möchte gleich eingangs klarstellen, dass die SVP-Fraktion jegliche Form von Gewalt gegen die Menschlichkeit ablehnt. Wir haben aber unsere Bedenken, ob eine gesonderte Auswertung von sogenannten Hate Crimes tatsächlich Sinn macht und mit verhältnismässigem Aufwand auch umgesetzt werden kann. Auch die Regierung äusserte in ihrer Antwort Bedenken und ich zitiere nachfolgend aus der Antwort der Regierung: «Schwierigkeiten bereitet demnach die gesetzliche Definition des Begriffs Hass-Kriminalität bzw. der Hate Crimes. Es wird legistisch nicht einfach sein, hier ein gemeinsames Begriffsverständnis zu entwickeln und als Grundlage der statistischen Erfassung zu normieren. Im Übrigen ist das subjektive Hasselement nicht Bestandteil der Tatbestandsumschreibungen des Schweizerischen Strafgesetzbuches, weshalb dessen statistische Erfassung ausserhalb der Informatik gestützten Erhebung erfolgen muss, was mit erheblichem Mehraufwand für die zuständigen Behörden verbunden sein wird.» Selbst die Regierung gesteht hier ein, dass das kein triviales Problem ist um mit grossem Aufwand verbunden ist. Bitte verzichten Sie daher auf die teure Erfassung von Fällen, welche durch das Strafgesetzbuch nicht ausreichend abgedeckt werden. Die Justiz und die Polizei sollen sich stattdessen auf ihren Kernauftrag konzentrieren können, nämlich die Durchsetzung des Rechts und die Sicherheit aller Bürgerinnen und Bürger in diesem Kanton. | Session des Kantonsrates vom 20. bis 22. September 2021 |
22.9.2021 | Wortmeldung | Keller-Kaltbrunn (im Namen der SP-Fraktion): Auf die Motion ist einzutreten. Zur Motion 42.21.05: Wie Frei-Rorschacherberg bereits erwähnt hat, wenn die Anliegen der Motion 42.21.05 vielleicht auch beim Entwurf der Regierung aufgenommen werden aufgrund der Motion 42.21.04, die wir ja jetzt behandeln, dann müsste eigentlich die andere Motion nicht mehr gutgeheissen und überwiesen werden. Wir, wie hoffentlich auch die Mehrheit des Kantons St.Gallen, können es nicht dulden, dass Menschen wegen ihres Geschlechts, ihrer Hautfarbe, ihrer sexuellen Orientierung, ihrer Religion, ihres Jüdischseins oder wegen sonst einer Zuschreibung zu einer Minderheit angepöbelt, bedroht oder angegriffen werden. Jede Art von Diskriminierung ist zu beseitigen. Diskriminierung macht eine ganze Gesellschaft kaputt. Vieles wurde von meinen Vorrednerinnen und Vorrednern bereits aufgezeigt. Damit der Kampf gegen Diskriminierung gelingt, müssen die entsprechenden Delikte, sofern sie überhaupt angezeigt werden, statistisch erfasst werden. Dadurch werden sie auch sichtbar. Das ist eine wichtige Voraussetzung, um sich des Problems überhaupt bewusst zu werden und Präventionsmassnahmen zu ergreifen. Die Regierung erwähnt in ihrer Begründung auch die Schwierigkeiten einer systematischen Datenerhebung. Auch da besteht offenbar noch Handlungsbedarf. Doch das ist kein Hinderungsgrund, diese Aufgabe anzupacken. Das Verständnis für das Problem von Hate Crimes und das Wissen über die systematische Datenerhebung dazu werden sich gegenseitig verstärken. Erfahrung, Praxis, die vielleicht auch ständig reflektiert wird, werden die statistische Erfassung sicher stets verbessern. Die Datenerhebung ist ein wichtiger Baustein in der Politik des Kantons St.Gallen gegen Diskriminierung. | Session des Kantonsrates vom 20. bis 22. September 2021 |
22.9.2021 | Wortmeldung | Schwager-St.Gallen (im Namen der GRÜNE-Fraktion): Auf die Motion ist einzutreten. Die GRÜNE-Fraktion stand immer ein für die Rechte von Minderheiten, global national und natürlich auch im Kanton St.Gallen. Ein Ja am kommenden Wochenende für eine Ehe für alle ist auf dem Weg zu einer gleichberechtigten und diskriminierungsfreien Gesellschaft ein weiterer wichtiger Schritt. Es muss beständiges Bestreben der Politik sein, allen Menschen in unserem Staat neben den gleichen Pflichten auch die gleichen Rechte einzuräumen und sie vor Übergriffen zu schützen. Hier sind noch einige Schritte zu tun und es wird immer wieder zu Widerstand und Rückschlägen kommen, wie kürzlich beim Versuch, die Einführung des Wahl- und Abstimmungsrechts auch für die ausländische Stimmbevölkerung zumindest auf Gemeindeebene zu ermöglichen. Wir bedanken uns bei der Motionärin für ihren Vorstoss und bei der Regierung für die Empfehlung zur Gutheissung. Um erfolgreich gegen Hassdelikte vorzugehen, braucht es auch statistisches Datenmaterial. Da keine entsprechende Lösung auf nationaler Ebene am Horizont sichtbar ist, soll St.Gallen nun zusammen mit anderen Kantonen vorwärts machen. Diese Erhebungen können später dann auch in einer nationalen Datenbank zusammengefasst werden. Die vereinigten Staaten übrigens erfassen Hassdelikte schon seit Mitte der Neunzigerjahre: «Yes, we can!» – St.Gallen kann es auch. Es ist auch richtig, Gewaltverbrechen grundsätzlich statistisch besser zu erfassen und darum nicht nur auf homophobe und transfeindliche Übergriffen zu beschränken. In diesem Sinne ist das Ja zur Motion 42.21.04 auch ein Ja zur Motion 42.21.05 «St.Galler Aktionsplan gegen LGBTIQA-Feindlichkeit»von Bisig-Rapperswil-Jona. Wir begrüssen auch explizit, dass im Rahmen des Sexualkundeunterricht gemäss Lehrplan auf die Bedeutung der gegenseitigen Akzeptanz unterschiedlicher sexueller Orientierungen hingewiesen wird. | Session des Kantonsrates vom 20. bis 22. September 2021 |
22.9.2021 | Wortmeldung | Frei-Rorschacherberg (im Namen der FDP-Fraktion): Auf die Motion 42.21.04 ist einzutreten. Auf die Motion 42.21.05 ist nicht einzutreten. Die FDP-Fraktion folgt in beiden Fällen der Regierung, das heisst, wir bestreiten bei der Motion 42.21.05 das Eintreten, weil der grösste Teil der Anliegen dieser Motion 42.21.04 bereits abgebildet ist. Wir würden uns aber wünschen, dass die Regierung bei der Bearbeitung dieser Motion jetzt die weiteren Anliegen aus Folgemotion mit aufnehmen. Die FDP-Fraktion ist überzeugt, das Anliegen der Motionäre ist berechtigt. Die FDP-Fraktion stellt sich klar gegen Gewalt und Diskriminierung, egal gegen welche gesellschaftliche, soziale oder ethische Gruppen. Allerdings ist klar zu beachten, dass sich die Erfassung solcher Straftaten als schwierig erweist. Ich führe das wie folgt aus und wir hoffen, dass die Regierung diese Aspekte mitnimmt bei der Bearbeitung der Vorlage. Das Schweizerische Strafgesetzbuch stellt Gewalttaten und verbale Aggressionen in verschiedene Bestimmungen unter Strafe. Einen Bezug auf die sexuelle Orientierung als Tatmotiv bzw. Beweggrund nimmt keiner dieser Tatbestände. Die Erweiterung des so genanntem Antirassismusartikels wurde in der eidgenössischen Volksabstimmung vom 9. Februar 2020 angenommen. Dieser Tatbestand stellt nun eben der Diskriminierung und dem Aufruf zu Hass aufgrund der Rasse, Ethnie und Religion auch das Motiv aufgrund der sexuellen Orientierung unter Strafe. Damit besteht ein selbstständiger Tatbestand für so genannte Hate Crimes aus den erwähnten Motiven. Die Polizeibehörden erfassen heute in erster Linie alle im Strafgesetzbuch aufgeführten Straftaten. Diese Daten werden offiziell im nationalen Bericht zur polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) veröffentlicht. Diese PKS gibt damit bspw. Auskunft über die Häufung und Art von Verbrechen. In den Polizei- und Opferhilfe-Statistiken des Bundesamtes für Statistik werden denn auch nur Straftatbestände erfasst, nicht aber die Tatmotive. Nicht statistisch erfasst oder nicht klassifiziert werden deshalb Hate Crimes, spezifisch gegenüber LGBTQ Plus-Menschen. Dies liegt unter anderem daran, dass es keinen eigenen Straftatbestand für Gewalt und verbale Aggression gegenüber dieser Gruppierung von Menschen geht. Die Antirassismusartikel stellen allgemein aber immerhin Hate Crimes unter Strafe, die aus verschiedenen Tatmotive wie Rassismus, Antisemitismus usw. erfolgen. Die Motion verlangt nun, die Polizeipraxis insofern anzupassen, als spezifisch erfasst werden soll, ob Gewalttaten aus homo- oder transphoben Motiben begangen wurden. Bei einer statistischen Datenerhebung auf Stufe Polizei kann weder bei der Erfassung noch bei den Ergebnissen eine korrekte Zuordnung gewährleistet werden. Eine Gewalttat kann aus ganz verschiedene Motiven erfolgen. Allein aufgrund eines Delikts kann deshalb in der Regel kein Tatmotiv abgeleitet werden. Bei einem Tatmotiv handelt es sich um eine so genannte innere Tatsachen. Deshalb ist das Tatmotiv, es sei denn, der Täter gesteht es sich selber ein, sehr schwierig zu erfassen. Die Polizistin oder Polizist müsste deshalb zumindest dem Opfer die sensible Frage nach der sexuellen Orientierung stellen, aber auch hier würde es sich nur um die subjektive Angabe der betroffenen Person und nicht um ein eigenes Eingeständnis oder gerichtlich festgestelltes Motiv handeln. Die staatlichen Daten würden somit von der subjektiven und wenig fundierten Einschätzung oder Interpretation der Polizistin oder des Polizisten abhängen. Die Polizei steht im Strafverfolgungsverfahren am Anfang des Prozesses, weshalb der Tatbestand zu diesem Zeitpunkt oft noch unklar ist. Für Polizistinnen und Polizisten dürfte es deshalb schwierig sein, das Motiv einer Täterin oder eines Täters im Polizeirapport richtig festzustellen. Im Übrigen bedeutet eine angezeigte Straftat nicht zwingend, dass die Straftat, zumindest in der angezeigten Form, tatsächlich verübt wurde oder schliesslich zu einer Verurteilung führt. Zum Zeitpunkt der polizeilichen Ermittlungen liegen somit keine verlässliche Angaben vor. Um die Tathintergründe mit staatlich relevanter Sicherheit festzustellen, braucht es eine weitergehende Prüfung des Sachverhalts im Rahmen eines Straf- oder Gerichtsverfahren. Die Klärung und Feststellung das Tatmotivs als innere Tatsache sollte deshalb den Gerichten vorbehalten bleiben. Wir bitten die Regierung, diese Ausführungen bei der Erarbeitung einer Vorlage zu berücksichtigen. Es ist wichtig, dass dieser Rat ein Zeichen setzt, solche Problemstellungen muss auch die Gesellschaft lösen, nur dann werden sie nachhaltig gelöst. | Session des Kantonsrates vom 20. bis 22. September 2021 |
22.9.2021 | Wortmeldung | Bisig-Rapperswil-Jona (im Namen der GLP): Auf die Motion ist einzutreten. Hasstaten wollen Exempel statuieren. Sie richten sich nicht nur gegen das Opfer, sondern gegen eine ganze Gruppe. Eine Person wird zum Opfer, einfach weil sie jüdisch, schwul, behindert oder asiatisch gelesen wird. Durch Beschimpfungen, Tätlichkeiten oder noch Schlimmeres soll eine glaubten soziale Hierarchie aufrechterhalten werden. Der Hass der Täterinnen und Täter richtet sich gegen das Anders sein an sich. Durch die Abwertung des anderen soll der eigenen Status aufgewertet werden. Die meisten Taten passieren denn auch in aller Öffentlichkeit, auf der Strasse oder im Internet. Hasstaten haben für die Opfer, aber auch für die ganze Gruppe verheerende gesundheitliche Auswirkungen. Die Sorge selbst Opfer einer Hasstat zu werden, beeinträchtigt das Wohlbefinden erheblich. Es führt zu psychischen Belastungsstörung, Angststörungen oder Depressionen und leider auch zur Selbsttötungen. Eine Studie der europäischen Union zeigt bspw., dass 40 Prozent der Menschen jüdischen Glaubens sich aufgrund des zunehmenden Antisemitismus überlegen aus Europa auszuwandern. In der Schweiz laufen junge Lesben, Bisexuelle oder Schwule zwei bis fünfmal mehr Gefahr, einen Suizidversuch zu unternehmen, als heterosexuelle Jugendliche. Unsere Gesellschaft darf die Angriffe gegen die Freiheit und Würde von Minderheiten nicht akzeptieren. Es ist die Aufgabe des Staates, die Menschenrechte zu schützen. Für den Schutz von Minderheiten, braucht es ein entschiedenes Vorgehen gegen Hass. Ein wichtiges Element dazu ist die statistische Erfassung von Hasstaten. Der Europarat riet in seinem 5. Bericht zur Schweiz den Behörden statistische Daten über rassistische, homophobe, transphobe Motive von Straftaten zu erfassen. Nachdem der Ständerat eine nationale Regelung abgelehnt hat, haben bereits der Kanton Freiburg und die Stadt Zürich begonnen, Hate Crimes statistisch zu erfassen. Die Parlamente der Kantone Aargau, Baselland oder Bern haben ihren Regierungen einen entsprechenden Auftrag erteilt. Die St.Galler Regierung hat in der Antwort auf einen GLP-Vorstoss aus dem Jahr 2014 bestätigt, dass die systematische Erfassung angezeigter homophober Gewalttaten durch die Polizei aus technischer und administrativer Sicht grundsätzlich möglich wäre. Dass die Regierung das Anliegen nun unterstützt, freut uns. Wir sind überzeugt, dass eine statistische Erfassung unbürokratisch umgesetzt werden kann und wichtige Hinweise zur Häufigkeit und Entwicklung von Hate Crimes liefern wird. Die Erhebung wird einen Beitrag zur Sensibilisierung der Bevölkerung leisten. Die Grünliberalen sind klar für die Gutheissung und Überweisung dieser Motion. Wir sind uns bewusst, dass eine Statistik Hassdelikte nicht grundsätzlich verhindert. Für einen respektvollen und wertschätzenden Umgang braucht es weitergehende Massnahmen. Der Kanton St.Gallen hat dies teilweise erkannt und bereits umgesetzt. Mit der Plattform «Respekt» setzt sich die Regierung gegen Diskriminierung innerhalb der Staatsverwaltung ein. Mit dem Projekt «Kanton St.Gallen gegen Rassismus» nimmt die Regierung klar Stellung. Letztes Jahr wurde erstmals eine Medienkonferenz der Regierung simultan in Gebärdensprache übersetzt. Wir Grünliberalen möchten, dass der Kanton auch entschiedene Gegner LGBTI-Feindlichkeit vorgeht, dazu im nächsten Geschäft mehr. | Session des Kantonsrates vom 20. bis 22. September 2021 |
22.9.2021 | Wortmeldung | Steiner-Kaufmann-Gommiswald (im Namen der Die Mitte-EVP-Fraktion): Auf die Motion ist einzutreten. Menschen sind verschieden, ihre Rechte aber nicht, lautet eine doch so naheliegende Erkenntnis, doch tut sich die Gesellschaft immer wieder schwer mit gesellschaftlichen Minderheiten, mit dem Anderssein umzugehen. Im besten Fall zeigt sich dies in einer Unbeholfenheit, aber im schlimmsten Fall in konkreten Delikten, in Straftaten, die vor dem Hintergrund eines Hassmotivs stattfinden. Aus diesem Grund hat die Junge Mittel des Kantons St.Gallen die vorliegende Motion ausgearbeitet und über ihre Vertretung eingereicht. Insgesamt 49 Kantonsratsmitglieder über alle Parteien hinweg unterzeichneten unsere Motion und unterstreichen damit das Anliegen, dass so genannte Hate Crimes statistisch erfasst und dadurch besser sichtbar gemacht werden sollen. Dies, weil die Dunkelziffer in diesem Bereich viel zu gross ist. Dass die Regierung die Notwendigkeit dieses Anliegens ebenso erkennt und die Gutheissung beantragt, freut uns. Wir danken für die zügige Beantwortung damals und für die klare Positionierung. Die Regierung streitet in ihrer Antwort das wichtigste Argument nämlich, dass statistische Zahlen entsprechenden Fachpersonen und Organisationen ermöglichen wirkungsvollere präventive Massnahmen einzuleiten, deutlich heraus. Dies führt zu einer besseren Sensibilisierung der Gesellschaft. Selbstverständlich löst dies das eingangs erwähnte Grundproblem, dass wir Menschen immer wieder mit dem Anderssein hadern, nicht abschliessend, aber wir leisten mit der Überweisung dieser Motion einen zentralen Schritt in die richtige Richtung, in Richtung mehr Sensibilität und gehen konkret einen Schritt auf gesellschaftliche Minderheiten zu. | Session des Kantonsrates vom 20. bis 22. September 2021 |
22.9.2021 | Wortmeldung | Jäger-Vilters-Wangs, Ratsvizepräsident: Die Regierung beantragt Gutheissung der Motion mit geändertem Wortlaut. | Session des Kantonsrates vom 20. bis 22. September 2021 |