Geschäft: XXIV. Nachtrag zum Volksschulgesetz

Übersicht
KomiteeKantonsrat
Nummer22.21.01
TitelXXIV. Nachtrag zum Volksschulgesetz
ArtKR Gesetzgebungsgeschäft
ThemaErziehung, Bildung, Kultur
FederführungBildungsdepartement
Eröffnung6.1.2021
Abschlusspendent
Letze Änderung9.12.2021
vertraulichNein
öffentlichJa
dringendNein
Dokumente
PubliziertTypTitelDatei
AllgemeinKommissionsbestellung vom 15. Februar 2021
BotschaftBotschaft und Entwurf der Regierung vom 5. Januar 2021
AntragAnträge der vorberatenden Kommission vom 5. März 2021
ErlassReferendumsvorlage vom 8. Juni 2021
ProtokollauszugFeststellung der Rechtsgültigkeit der Referendumsvorlage und Festlegung des Vollzugsbeginns vom 17. August 2021
ProtokollProtokoll der vorberatenden Kommission vom 5. März 2021
ErlassIn der Gesetzessammlung veröffentlicht am 31. August 2021
Beteiligungen
DatumAkteurTitelLetze Änderung
16.2.2021Gremium19.1.2023
Abstimmungen
DatumTitelResultatöffentlich
JaBedeutungNeinBedeutungAbsent / Enthaltung
20.4.2021Eintreten70Zustimmung32Ablehnung18
20.4.2021Antrag der vorberatenden Kommission zu Ziff. 1 der Aufträge62Zustimmung43Ablehnung15
20.4.2021Antrag der vorberatenden Kommission zu Ziff. 2 der Aufträge34Zustimmung74Ablehnung12
8.6.2021Schlussabstimmung110Zustimmung0Ablehnung10
Statements
DatumTypWortlautSession
8.6.2021Beschluss

Der Kantonsrat erlässt den XXIV. Nachtrag zum Volksschulgesetz mit 110:0 Stimmen in der Schlussabstimmung.

Session des Kantonsrates vom 7. und 8. Juni 2021
8.6.2021Wortmeldung



Session des Kantonsrates vom 7. und 8. Juni 2021
7.6.2021Wortmeldung

Cozzio-Uzwil, Ratspräsident: Die Vorlage ist in zweiter Lesung durchberaten und geht zur Vorbereitung der Schlussabstimmung an die Redaktionskommission.

Session des Kantonsrates vom 7. und 8. Juni 2021
7.6.2021Beschluss

Der Kantonsrat tritt auf den XXIV. Nachtrag zum Volksschulgesetz in zweiter Lesung ein.

Session des Kantonsrates vom 7. und 8. Juni 2021
7.6.2021Wortmeldung

Looser-Nesslau, Präsident, der vorberatenden Kommission: Die vorberatende Kommission verzichtete auf eine Sitzung zur Beratung des Ergebnisses der ersten Lesung des Kantonsrates. Sie beantragt, auf die Vorlage in zweiter Lesung einzutreten.

Session des Kantonsrates vom 7. und 8. Juni 2021
20.4.2021Wortmeldung

Cozzio-Uzwil, Ratspräsident: Die Vorlage ist in erster Lesung durchberaten und geht zur Vorbereitung der zweiten Lesung zurück an die vorberatende Kommission.

Session des Kantonsrates vom 19. und 20. April 2021
20.4.2021Beschluss

Der Kantonsrat lehnt den Auftrag nach Ziff. 2 der Anträge der vorberatenden Kommission mit 74:34 Stimmen bei 1 Enthaltung ab.

Session des Kantonsrates vom 19. und 20. April 2021
20.4.2021Wortmeldung

Pool-Uznach (im Namen der FDP): Der Auftrag nach Ziff. 2 der Anträge der vorbereitenden Kommission ist abzulehnen.

Wird für ein Kind mit einem besonderen Bildungsbedarf der Besuch einer Sonderschule empfohlen, beruht dies auf der Empfehlung des SPD. Die Schulträger, die Eltern und der Kanton sind in diesem hochschwelligen sonderpädagogischen Entscheid, dass das Kind eine Sonderschule besuchen wird, involviert. Dies ist kein einfacher Schritt. Die FDP-Fraktion ist der Ansicht, dass solche Entscheide nicht mit Leichtigkeit sondern überlegt und zum Wohle des Kindes erfolgen sollten.

Entscheiden wir uns nun für eine Prüfung, wo und inwieweit das Anreizsystem des Personalpools auch in der Sonderbeschulung angewendet werden soll, bedeutet dies Folgendes: Entweder erhöhen wir den Personalpool und sind somit wieder beim vorgängigen Modell, oder wir erhöhen ihn nicht, was beim bestehenden Personalpool Sparen bedeutet. Die FDP-Fraktion ist die Ansicht, dass beide Varianten keine Verbesserung in irgendeiner Weise ergeben.

Des Weiteren gibt es immer wieder Eltern von betroffenen Schülern, die ihren Wohnort in die Gemeinde der Sonderschule wechseln, damit das Kind den Schulweg selbstständig bewältigen kann. Das führt zu einer sehr grossen Bandbreite der Beanspruchung der Sonderbeschulung in den einzelnen Gemeinden. Wir stellen fest, dass ein Personalpool für die Sonderbeschulung nicht nützlich sein könnte. Aus unserer Sicht macht der Auftrag deshalb keinen Sinn.

Session des Kantonsrates vom 19. und 20. April 2021
20.4.2021Beschluss

Der Kantonsrat stimmt dem Auftrag nach Ziff. 1 der Anträge der vorbereitenden Kommission mit 62:43 Stimmen zu.

Session des Kantonsrates vom 19. und 20. April 2021
20.4.2021Wortmeldung

Looser-Nesslau, Kommissionspräsident: Die vorberatende Kommission hat den Auftrag 1 mit 15:0 Stimmen beschlossen und den Auftrag 2 mit 14:0 Stimmen bei 1 Enthaltung.

Session des Kantonsrates vom 19. und 20. April 2021
20.4.2021Wortmeldung

Regierungsrat Kölliker: Den Anträgen der vorberatenden Kommission ist zuzustimmen.

Zu Hess-Rebstein: Sparmassnahmen im Bereich der Bildung sind immer Zulasten der Kinder und Jugendlichen. Wir betreiben Bildung für die Kinder und Jugendlichen. Sie werden immer diesen Effekt haben. Wir können ja dann bei den Sparmassnahmen darüber sprechen, ob ich solche gefunden habe, die dem ganzen System nicht schaden.

Zu den Aufträgen die Stellungnahme seitens des Bildungsdepartementes: Sie haben kein rotes Blatt seitens der Regierung erhalten. Wir haben uns beim ersten Auftrag nicht verschlossen, weil wir diesen Auftrag in die Berichterstattung des Postulatsberichts übernehmen können, den wir sowieso schon machen werden – das macht durchaus Sinn.

Den zweiten Punkt verstehen wir so, dass wir eigentlich analog des Pensenpools, den wir in der Volksschule schon haben, einen gewissen Rahmen setzen könnten, der die Kostenentwicklung irgendwo einschränkt. Ob das dann gelingen mit diesem Punkt 2 gelingen würde, sei noch dahingestellt. Aber das ist die Idee, dass man die Kostenentwicklung irgendwo kontrollieren kann.

Die separate Frage beantworte ich Ihnen gerne: Natürlich habe ich immer im Namen der Regierung gesprochen. Sie haben sicher Verständnis, dass ich nichts anderes als Fakten aufgezeigt habe. Es ist keine persönliche Interpretation. Es kann sein, dass gewisse Emotionen in meinem Votum wahrnehmbar waren – ich bitte dafür um Verständnis. Dieses Geschäft beschäftigt das Bildungsdepartement seit zehn Jahren. Es ist etwas vom Komplexesten und Umfangreichsten das wir je gemacht haben. Sie verstehen sicher, dass wenn wir jetzt eine Kehrtwende vollziehen müssen, dies nicht unbedingt motivierend für meine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wäre.

Session des Kantonsrates vom 19. und 20. April 2021
20.4.2021Wortmeldung

Hess-Rebstein (im Namen der CVP-EVP-Fraktion): Den Anträgen der vorberatenden Kommission ist zuzustimmen.

Wir haben jetzt ein paarmal in den Voten das Stichwort Quoten gehört. Wir vergleichen uns mit anderen Kantonen, das ist sicher interessant, aber ich möchte einfach nochmal darauf hinweisen, um was es eigentlich geht. Am Schluss ist es nicht das Ziel der Schulen, irgendwelche Quoten zu erfüllen, sondern jeden jungen Menschen letztendlich dazu zu befähigen, ein möglichst selbstständiges Leben zu führen und dann ist die Quote irgendwo sekundär. Ich denke, das sind viele hier im Saal mit mir einig, dass es nicht um diese Zahlen geht. Natürlich, ich habe es vorhin angesprochen, die Finanzen spielen eine grosse Rolle, das ist klar, aber da muss man eine Gesamtrechnung machen, die auch die ganzen Folgekosten, die unter Umständen entstehen können, in Betracht zieht. Das Sparen wird ein Thema sein, das hat Regierungsrat Kölliker richtig gesagt. Ich bin auch überzeugt, es wird Sparmöglichkeiten im Bildungsdepartement geben. Aber das darf nicht dort passieren, wo wir es quasi auf dem Buckel der Kinder und Jugendlichen austragen – das kann nicht die Idee sein.

Wir unterstützen die Anträge selbstverständlich. Wir sind der Meinung, beide Aufträge sind es Wert genauer geprüft zu werden. Es tönt von der Formulierung her relativ kompliziert, der Personalpool ist auch ein komplexes Thema, das muss ich zugeben. Aber das zumindest zu prüfen ist richtig. Wir werden beide Punkte unterstützen, auch wenn es am Schluss vielleicht nach dieser Prüfung heisst, dass im Rahmen des Personalpools nichts gemacht werden kann, aber dann hat man das wenigstens angeschaut.

Session des Kantonsrates vom 19. und 20. April 2021
20.4.2021Wortmeldung

Hauser-Sargans legt seine Interesse offen als Schulratspräsident von Sargans offen. Dem Auftrag nach Ziff. 1 der Anträge der vorberatenden Kommission ist zuzustimmen.

Es geht im Antrag von Steiner-Kaufmann-Gommiswald darum, dass gewissermassen der Kanton etwas mitfinanziert, was mehrheitlich die Gemeinden zahlen müssen. Das Problem, das wir oft in der Realität und in der Praxis haben ist dasjenige, dass wir vor entweder einer sehr kleinen oder sehr grossen Lösung stehen. Wir können z.B. wenn es um sprachliche Probleme von Kindern geht, eins bis zwei Lektionen Logopädie sprechen oder wir schicken das Kind in die Sprachheilschule. Wir haben nichts dazwischen und das ist in vielen Fällen von Schülerinnen und Schülern mit Schwierigkeiten der Fall. Genau diese Variante hier so richtig auszuloten und zu überprüfen würde sich ausserordentlich lohnen, natürlich auch aus finanziellen Gründen, aber auch im Sinne der Kinder. Eltern und Kinder wollen, wenn es irgendwie geht, in der Gemeinde, in der sie wohnen, bleiben. Das ist auch eines der Grundprobleme, das wir haben, dass je weiter weg eine Sonderschule ist, desto weniger sind Eltern bereit, ein Kind in eine solche Schule zu schicken. Diese Überprüfung im Auftrag 1 würde uns wirklich sehr helfen, z.B. eine Lösung zu treffen, dass zwei, drei Gemeinden sich zusammenschliessen und sagen: Okay, wir sprechen nicht nur ein bis zwei Lektionen, sondern wir machen eine Gruppe von Kindern, die z.B. an zwei Halbtage eine besondere Gruppe besuchen und ansonsten sind sie integriert in den Klassen. Das wäre viel eher denkbar, wenn nicht automatisch die Gemeinden diese Lösungen übernehmen müssten. Natürlich ist es kompliziert, weil es auch Verträge mit diesen Institutionen gibt. Es wird nicht sehr einfach sein, aber es lohnt sich auf jeden Fall das zu prüfen.

Session des Kantonsrates vom 19. und 20. April 2021
20.4.2021Wortmeldung

Pool-Uznach (im Namen der FDP-Fraktion): Die Anträge der vorberatenden Kommission sind abzulehnen.

Zu Antrag 1: Mit der Vorlage zum und XXIV. Nachtrag zum Volksschulgesetz kommt die Regierung dem Motionsauftrag nach, jeder Schülerin und jedem Schüler bei ausgewiesenem Bedarf des SPD einen Platz in einer Sonderschule zur Verfügung zu stellen. Dies ist der Kerninhaltvorlage der Vorlage. Mit dem Auftrag zu prüfen, ob eine Beteiligung des Kantons an den Kosten auf kommunaler Ebene einen positiven Effekt auf die Separationsquote und auf die Gesamtkosten haben könnte, stellen wir in Aussicht, dass vielleicht einige Schulträger eine finanzielle Entlastung erreichen könnten. Dieser Wunsch ist nachvollziehbar, würde jedoch eine Auflösung der Vereinbarung von Gemeinden und Kanton im Sonderpädagogikkonzept bedingen. Die FDP-Fraktion ist der Ansicht, dass der in Aussicht gestellte Evaluationsbericht das Sonderpädagogikkonzept und der Postulatsauftrag «Wirksamkeit und Klarheit von Integration und Separation in der Volksschule» Klarheit über den Status Quo gibt. Erst mit diesen Kenntnissen können weitere Anregungen in der Sonderpädagogik bezüglich Aufgaben und Finanzen zwischen Gemeinden und dem Kanton aufgenommen werden.

Session des Kantonsrates vom 19. und 20. April 2021
20.4.2021Wortmeldung

Noger-Engeler-Häggenschwil (im Namen der GLP): Ziff. 1 der Anträge der vorberatenden Kommission ist zuzustimmen und Ziff. 2 ist abzulehnen.

Die beiden Anträge der vorberatenden Kommission präsentieren sich in einem etwas zwiespältigen Licht. Der Antrag Ziff. 1 fordert die Regierung auf zu prüfen, ob eine Beteiligung des Kantons an den Kosten für die integrativen Massnahmen auf kommunaler Ebene einen positiven bzw. sinkenden Effekte auf die Separationsquote haben. Wir Grünliberalen unterstützen grundsätzlich diese Prüfungsidee, nur läuft sie wohl diametral gegen das beschlossene erhöhte Sparpaket des Kantons. Der Rat muss ich hier schon fragen, wie grundsätzlich gespart werden soll, wenn im Gegensatz so weitere Ausgaben erwogen werden. Das die Grünliberalen aber inhaltlich den Antrag stützen, sind wir für Gutheissung von Ziff. 1.

Der Antrag Ziff. 2 bezüglich der Prüfung des Systems Personalpool für die Sonderbeschulung überzeugt jedoch nicht. In der Sonderschule werden Kinder betreut und gefördert, bei welchen ein erhöhter Förderbedarf ausgewiesen ist. In diesem Setting mit einem starren Pensenpool zu agieren, würde den hoch individuellen Förderansprüchen entgegenwirken und diese wahrscheinlich behindern. Auch im Hinblick auf die Strategie wieder aktivierbare Plätze zu erhalten ist die Anwendung eines Personalpools, welcher sich stets an der Anzahl Schülerinnen und Schüler orientiert, nicht wirklich umsetzbar. Es ist ausserdem darauf hinzuweisen, dass eine Überladung des Postulats «Wirksamkeit und Kostenwahrheit von Integration und Separation in der Volksschule» zu befürchten ist, welches im Kern ganz anders gelagerte Fragen stellt.

Session des Kantonsrates vom 19. und 20. April 2021
20.4.2021Wortmeldung

Steiner-Kaufmann-Gommiswald (im Namen der CVP-EVP-Fraktion) legt seine Interessen als Schulleiter offen. Den Anträgen der vorberatenden Kommission ist zuzustimmen.

Bevor ich mich zu den Anträgen äussere, möchte ich noch kurz eine Frage formulieren, gerichtet an Herr Regierungsrat Kölliker: Ich war mir beim Zuhören nicht ganz sicher, ob Sie im Namen der Regierung, im eigenen Namen oder im Namen der Partei votierten. Vielleicht können Sie später noch kurz Stellung nehmen.

Zum Antrag 1: Im Rahmen der Beratung wurde festgestellt, dass die Seperationsquote von St.Gallen vergleichsweise hoch ist. Zum Zustandekommen dieser Zahl wurde schon mehrfach gesprochen. Wir haben in der Kommission auch eingehend über die so genannte Haltekraft der Volksschule diskutiert, das meint, dass die Volksschule auch eine möglichst grosse Vielfalt von Kindern zu beschulen vermögen soll, eben auch Kinder mit besonderem Förderbedarf. Im Kanton St.Gallen werden nur separative Massnahmen vom Kanton mitfinanziert. Für die integrativen Massnahmen ist alleine die Gemeinde oder der Schulträger verantwortlich. Der SPD wurde in den Diskussionen als Anwalt oder eine Anwältin des Kindes bezeichnet. Dadurch, dass für integrative Massnahmen alleine die Gemeinde zuständig ist, gibt zumal grosse Unterschiede der Möglichkeiten der Förderung, je nach Finanzkraft der Gemeinden. Gerne eine plastisches Beispiel aus der Praxis: Ein Schüler wurden von einer Sprachheilschule in eine finanzstarke Gemeinde, wir nennen sie einfach die Gemeinde A, zurück in die Regelschule integriert. Es ist immer schön, wenn man das machen kann. Dies erfordert in der Regel bestimmte Begleit- bzw. Fördermassnahmen, die man integrative bereitstellt. In dieser finanzstarken Schule A waren es vier Lektionen Klassenassistenz, zwei Lektionen Begleitung einer schulischen Heilpädagogin, eine Lektion Logopädietherapie und noch die Möglichkeit, drei Lektionen am Unterricht für Deutsch als Zweitsprache teilzunehmen. Neun Monate später wechselte derselbe Schüler von den finanzstarken Gemeinden A in eine finanzschwächere Gemeinde B. Dies einfach ein wohnortsbedingter Umzug der Familie. Die Gemeinde B hat nicht dieselben Möglichkeiten dem Schüler eine solche Begleitung zur Seite zu stellen und beschränkt sich für die restlichen drei Monate des Schuljahres auf zwei Lektionen Teamteaching als Unterstützung. Danach zerfällt die Unterstützung auf das kommende Schuljahr und das Kind erhält individuelle Lernziele.

Der SPD weiss natürlich um solch grosse Unterschiede in den Gemeinden, und wir haben es heute mehrfach gehört, das Angebot klärt auch ein bisschen die Nachfrage. Immer wieder gibt es Kinder, bei denen der Bedarf auf Separation oder die Möglichkeit auf Integration nicht so ganz trennscharf definiert werden kann. Bei finanzschwächeren Gemeinden wird in der Praxis daher vom SPD bei solchen Fällen verständlicherweise in der Tendenz dann eher die Separation beantragt. Der SPD ist Anwalt ohne Anwältin des Kindes und denkt sich: Ja, hier in dieser Gemeinde sind die Begleitmassnahmen geringer, da gibt es im Zweifelsfall Separation, dann ist das Kind gut begleitet und unterstützt. Für die finanzschwächeren Gemeinden ist dies ein negativer Bumerang sondergleichen. Separation ist letztlich natürlich viel teurer als ein breites Begleitungspaket Integrativer Massnahmen, ob es denn so breit sein muss wie in der erwähnten Gemeinde A im Beispiel, dass lass ich gerne offen.

Der Prüfungsauftrag 1 zielt auf diese Situation ab und bildet daher eine mehrfach vermutete Win-win-Situation. Wir sehen folgendes Chancen und möchten, dass diese in ihrer Richtigkeit überprüft werden. Finanziert der Kanton integrative Massnahmen mit, gleicht man die Unterschiede zwischen den Gemeinden aus. Die Separationsquote würde womöglich sinken, was auch die Kosten für den Kanton unter dem Strich senken würde. Separation ist wie erwähnt viel teurer als Integration. Folgerichtig würden ja sowohl der Kanton und die Gemeinden sparen – soviel zu den Finanzen. Es geht ja eigentlich vor allem um die Kinder. Auch für die Kinder wäre es natürlich eine Chance, wenn sie in der eigenen Gemeinde zur Schule gehen können und nicht in eine weiter entfernte Sonderschule gehen müssen und vor Ort genügend unterstützt werden können.

Weiter ist es so, dass gute finanzielle Möglichkeiten in den Gemeinden für integrative Massnahmen sich auch wie eine Art Wettbewerbsvorteil für Schulen entwickelt haben. Schulen, die viele Unterstützungsmassnahmen vorweisen und anbieten können sind natürlich für Lehrpersonen attraktiver um zu arbeiten als Schulen, wo das weniger möglich ist. Ob ein solcher Wettbewerb zwischen den Schulen und Gemeinde sinnvoll ist überlasse ich gerne Ihrer Beurteilung.

Auch für Eltern von betroffenen Kindern erleichtert sich die Situation deutlich. Es ist natürlich viel einfacher zur integrativen Förderung ja zusagen, als zu einer Sonderbeschulung ja zu sagen.

Ob diese Chancen nur theoretisches Wunschdenken gefernt von Praxiserfahrung ist, wissen wir nicht. Wir möchten daher, dass das Bildungsdepartement sich diesen Fragen eingehend widmet. Andere Kantone machen schon positive Erfahrungen bei der Mitfinanzierung von integrativen Massnahmen auf kommunaler Ebene.

Zu Antrag 2: Der Personalpool bildet das zentrale Instrument für den Schulträger, um die Kosten für die Sonderpädagogik im Blick bzw. im Monitoring zu haben. Er ist Kompass und Vergleichsinstrument mit anderen Gemeinden zugleich. Ob dieses Instrument auch für die Sonderschulen angewendet werden kann, ist eine Prüfung wert.

Session des Kantonsrates vom 19. und 20. April 2021
20.4.2021Wortmeldung

Cozzio-Uzwil, Ratspräsident: Zur Diskussion stehen die Anträge der vorberatenden Kommission zu zwei Aufträgen.

Session des Kantonsrates vom 19. und 20. April 2021
20.4.2021Struktur

Spezialdiskussion

Session des Kantonsrates vom 19. und 20. April 2021
20.4.2021Beschluss

Der Kantonsrat tritt mit 70:32 Stimmen auf den XXIV. Nachtrag zum Volksschulgesetz ein.

Session des Kantonsrates vom 19. und 20. April 2021
20.4.2021Wortmeldung

Regierungsrat Kölliker: Ich werde nicht sehr ausführlich auf diese Vorlage eingehen müssen, weil wir anlässlich der letzten Sessionen gerade im Zusammenhang mit dem Postulat Hauser auf verschiedene Punkte hingewiesen haben. Das eine, was zentral ist, ich habe darauf hingewiesen, dass mit der Beantwortung des Postulats Hauser in zwei bis drei Jahren und der Evaluation, die das Bildungsdepartement zum Sonderpädagogikkonzept sowieso machen wird, Fakten vorliegen werden, die dann die Grundlage für allfällige Massnahmen bilden. Sie haben aber auch in der bereits erfolgten Diskussion immer wieder darauf hingewiesen und auch mit der Überweisung und der Behandlung dieses Geschäftes, dass das für Sie nicht relevant ist. Es gibt aber verschiedene Punkte, die wir wissen und die möchte ich doch kurz festhalten: Wir wissen, dass wir ganz klar in der Separationsquote «Anzahl Sonderschüler in der Schweiz» jetzt schon eine Spitzenposition einnehmen. Wir werden uns mit dieser Massnahmen noch mehr an die Spitze setzen und weiter separieren. Wir wissen auch, dass das, was das Bildungsdepartement jetzt macht, also die Praxis, die wir jetzt anwenden, das Ergebnis des Sonderpädagogikkonzepts ist. Das haben Sie vor rund sechs Jahren hier einstimmig verabschiedet. So wie das Bildungsdepartement das jetzt handhabt, dazu haben Sie uns einstimmig beauftragt.

Was wir auch wissen, das ist das, worauf der Kommissionspräsident Looser-Nesslau hingewiesen hat, und das hat auch der Experte anlässlich der Sitzung der vorberatenden Kommission gesagt: Die Anzahl Sonderschülerinnen und Sonderschüler könne praktisch nur über die Anzahl Plätze gesteuert werden. Wir machen hier jetzt das Gegenteil und öffnen die Tore unbegrenzt. Wir wissen auch, das wurde hier bereits gesagt, in der vorberatenden Kommission wurde es dem Bildungsdepartement verdankt, dass wir gar keine Wartelisten mehr haben. Wir haben keine Wartelisten, die anfänglichen Probleme, die wir hatten im Jahr 2018 sind behoben – es besteht kein Handlungsbedarf. Was wir auch wissen ist, dass wir klar nicht im Sinne der UNO-Behindertenrechtskonvention handeln, die der Bundesrat unterstützt hat. Bei der man sagt, dass die Integration weiter gefördert wird. Wir machen hier das Gegenteil.

Es wurde erwähnt, die Regierung sagt das selber auch, der Zeitpunkt ist unglücklich und wir werden mit diesem Geschäft hier jetzt Mehrkosten verursachen für den Kanton. Wir haben eine zurückhaltende Berechnungen gemacht, das ist das, was Sie in der Botschaft haben. Es kann auch sehr viel mehr für den Kanton kosten, weniger glauben wir nicht. Ich werde dann Ende Jahr auch wieder antraben müssen, wenn wir hier das Sparpaket besprechen, wenn ich in der selben Position dann vermutlich einsparen muss. Aber jetzt beschliessen wir hier den finanziellen Ausbau.

Wir haben auch darauf hingewiesen, es führt zu Mehrkosten bei den Gemeinden. Es ist etwa doppelt soviel, wie es den Kanton kosten wird. Das wissen wir, darüber muss man nicht spekulieren. Wir haben genügend Erfahrungswerte, dass das so sein wird. In der Zwischenzeit ist der erste Antrag einer Sonderschule auf Ausbau der Infrastruktur bereits bei mir eingegangen, und zwar will man jetzt mit Provisorien neben den bestehenden Sonderschulbauten aufrüsten, Plätze schaffen, damit man diese dann füllen kann. Wir wissen das alles, ich wollte Ihnen das einfach nochmals in Erinnerung rufen.

Session des Kantonsrates vom 19. und 20. April 2021
20.4.2021Wortmeldung

Benz-St.Gallen (im Namen der GRÜNE-Fraktion): Auf die Vorlage ist einzutreten.

Die Sonderbeschulung im Kanton St.Gallen ist eine Sache von Privaten. Es gibt 23 private Sonderschulen, die vom Kanton anerkannt sind und mit ihm einen Leistungsauftrag haben, dazukommt noch eine Sonderschule im Kanton Appenzell Ausserrhoden, die ebenfalls kantonal anerkannt ist. Das ist doch Bemerkenswert, denn es zeigt ein zivilgesellschaftliches Engagement in einem Bereich, der früher vom Staat vernachlässigt wurde. Der Entscheid, ob ein Kind eine Sonderbeschulung nötig hat, fällt der lokale Schulträger gestützt auf eine Abklärung durch den SPD. Hat die Schule diesen Entscheid getroffen, so hat das Kind einen verfassungsrechtlichen Anspruch auf einen entsprechenden Schulplatz. Darin sind sich alle einig, trotzdem ist es in der Vergangenheit vorgekommen, dass Kinder, für die ein Platz in einer Sprachheilschule verfügt wurde, die Schule wegen Platzmangel nicht besuchen konnten – eine fragwürdige bis unhaltbare Situation. Der Nachtrag im Volksschulgesetz, den wir heute hoffentlich beschliessen, stellt sicher, dass dies in Zukunft nicht mehr vorkommt. Die GRÜNE-Fraktion ist deshalb für Eintreten. Doch der Zuweisungsprozess zur Sonderbeschulung könnte und sollte verbessert werden. Insbesondere in der Sprachheilschule befinden sich offenbar Kinder, die keine so starke sprachliche Beeinträchtigung haben, das eine Sonderbeschulung, immerhin die intensivste und teuerste Massnahme, notwendig wären. Der Grundsatz: «Soviel Integration wie möglich, soviel Separation wie nötig» wird offenbar nicht immer eingehalten. Wir haben in der Kommission ausführlich über diesen Zuweisungsprozess gesprochen. Das war wichtig für das Verständnis, auch wenn es die operative Ebene betrifft.

Die beiden Aufträge, welche die Kommission beschlossen hat, können nach meinem Dafürhalten dazu führen, dass Kinder mit besonderem Förderungsbedarf sachgerechter und dem Grundsatz entsprechend entweder lokal gefördert oder einer Sonderschule zugewiesen werden. Wir unterstützen beide Aufträge.

Übrigens Sie wissen ja mittlerweile, dass mir die sprachliche Inklusion ein Anliegen ist, weshalb ich es nicht unterlassen möchte, meiner Freude Ausdruck zu verleihen, dass der Nachtrag dies wie im ganzen Volksschulgesetz berücksichtigt.

Session des Kantonsrates vom 19. und 20. April 2021
20.4.2021Wortmeldung

Hess-Rebstein (im Namen der CVP-EVP-Fraktion) legt seine Interessen offen als Schulleiter einer Oberstufe. Auf die Vorlage ist einzutreten.

Einerseits anerkennen wir die Bemühungen der Regierung, dem Willen des Kantonsrates hiermit nachzukommen, andererseits verstehen wir auch, dass sie auf gewisse Risiken, namentlich die Finanzen betreffend, hinweist. So will auch die CVP-EVP-Fraktion jederzeit haushälterisch mit den bestehenden Mitteln umgehen, die derzeit Weissgott auch anderweitig dringend benötigt werden. Für uns liegt aber der Hauptaspekt dieses Anliegens folgendermassen gelagert: Wenn wir uns im Kanton St.Gallen schon einen grossen professionellen Abklärungsapparat, den SPD, leisten, welcher dann in pflichtbewusster, herausfordernder Arbeit in Zusammenarbeit mit den betroffenen Kindern und Jugendlichen, deren Eltern sowie den Schulen bzw. den Lehrpersonen die individuellen Problematiken und Schwierigkeiten vieler Schülerinnen und Schüler intensiv durchleuchtet, und dann möglicherweise bestehende Defizite verifizieren bzw. geeignete Fördermassnahmen definieren kann. So macht das alles ja eigentlich auch nur dann Sinn, wenn diese Fördermassnahmen im Anschluss daran auch tatsächlich zur Verfügung stehen und angeboten werden. Etwas überspitzt gesagt, könnte man sich die ganze Übung sonst nämlich sparen und die Kosten für den SPD bzw. die Abklärungen z.B. den Schulen für geeignete Massnahmen vor Ort zur Verfügung stellen.

Fazit: Quoten sind vielleicht bei Wettspielen gut, aber ansonsten leider nicht überall. Insbesondere erinnert gerade die nicht ganz durchsichtige Berechnung von Sonderschul- oder Separationsquoten und dergleichen zuweilen fast schon an Alchemie, deren Aussagekraft doch sehr subjektiv ist. Der angepeilte kurzfristige Spareffekt könnte im vorliegenden Fall die langfristigen Kosten für die Gesellschaft nämlich möglicherweise sogar noch deutlich erhöhen. Zwar ist auch uns bekannt, dass ein Angebot oft auch die entsprechende Nachfrage schafft. Mit diesem Argument müsste man dann aber konsequenterweise im Prinzip gleich alle sonderpädagogischen Massnahmen und Sonderschulen abschaffen, da ja dann aufgrund des fehlenden Angebotes angeblich gar keine Nachfrage und kein Bedarf bestünde. So einfach ist es in Realität aber natürlich nicht. Wenn man diese Tendenz wirklich in den Griff bekommen oder wenigstens eindämmen wollte, so müsste man wohl sinnvollerweise bei einem anderen Hebel ansetzen. So sollten vielleicht einmal die aktuell zu Grunde liegenden Abklärungskriterien in den praktischen Verfahren einer kritischen Prüfung unterzogen werden.

Diese vorliegende Vorlage geht auf jeden Fall in die richtige, ja die notwendige Richtung und verdient daher die entsprechende Unterstützung. Das Argument mit dem angeblich falschen Zeitpunkt ist aus unserer Sicht ein Scheinargument. Sogar auch wenn nur wenige Kinder und Jugendliche von einer Übergangslösung profitieren können sollten, wäre eine solche immer noch mehr als berechtigt.

Wir brauchen dieses Gesetz unter anderem auch, um diesbezüglich in unserem Kanton wieder dem Bundesrecht zur Anwendung zu verhelfen.

Session des Kantonsrates vom 19. und 20. April 2021
20.4.2021Wortmeldung

Wasserfallen-Goldach: Auf die Vorlage ist einzutreten.

Als Sekundarlehrer und Motionär vertrete ich hier eine andere Position als die Mehrheit meiner Fraktion. Gerne führe ich meine Überlegungen in aller Kürze aus: Sonderschulen sind zuständig für hochspezialisierte Förderangebote, die aufgrund des Spezialisierungsgrades in einer Schulgemeinde nicht erbracht werden können. Grundlos wird kein Kind der Sonderschule zugewiesen. Es handelt sich bei allen Kindern und Jugendlichen um so genannte Härtefälle, die anderswo nicht adäquat hätten untergebracht und gefördert werden können. Ohne ausgewiesene Notwendigkeit wären die Schulgemeinden wohl kaum bereit, je Kind jährlich 40'000 Franken in die Hand zu nehmen, um den Platz in dieser Sonderschule zu finanzieren.

Ziel der Sonderschule ist, Kinder und Jugendliche möglichst nachhaltig zu fördern. Häufig können die dort beschulten Kinder und Jugendlichen rasch, erfolgreich und nachhaltig in die Regelklassen reintegriert wird. Ihnen wird damit der Weg geebnet, um erfolgreich eine berufliche Erstausbildung in Angriff zu nehmen und ihr späteres Leben auch möglichst uneingeschränkt, selbstbewusst und finanziell eigenständig meistern zu können. Dies kommt letztendlich nicht nur den Kindern und Jugendlichen zugute, sondern auch dem Staat. Ich kenne insbesondere die Sprachheilschule ein bisschen besser und weiss, sie erfüllt ihre Aufgabe mit Vorbildcharakter und besser, als dies in einer integrativen Beschulung überhaupt möglich sein könnte. Die Regelschule ist mit solchen Kindern schlicht und einfach überfordert. Integrative Beschulung stösst verständlicherweise halt auch mal an ihre eigenen Grenzen. Belässt man diese betroffenen Kinder und Jugendlichen durchgehend in der Regelklasse, lösen sie einen ganzen Rattenschwanz an kostenintensiven Therapiemassnahmen aus, verteilt über die ganze Schullaufbahn. Das Kostenargument muss also konsequent zu Ende gedacht und durchgerechnet werden. Kinder mit einer Beeinträchtigung, denen eine ausgewiesene Sonderschulbehandlung einzig aus Kostengründen vorenthalten würde, kosten Staat und Gesellschaft schlussendlich wesentlich mehr, als wenn sie rechtzeitig gefördert würden.

Mit dem vorliegenden Geschäft ermöglichen Sie den schwächsten Schülerinnen und Schülern eine angemessene, erfolgsversprechende und letztendlich auch kostengünstige Beschulung.

Session des Kantonsrates vom 19. und 20. April 2021
20.4.2021Wortmeldung

Noger-Engeler-Häggenschwil (im Namen der GLP): Auf die Vorlage ist einzutreten.

Die Regierung betont in ihrer Botschaft den Grundsatz des Kantons St.Gallens im Spannungsfeld Integration und Separation, nämlich: So viel Integration wie möglich – so viel Separation wie nötig. Verschiedene Entwicklungen im Kanton unterstützen dies auch, zum Beispiel das noch im Ausbau befindliche Angebot des B+U, die Beratung und Unterstützung von Lehrkräften und ISF-Lehrpersonen, die vor Ort ihr Bestes geben zur Integration von Kindern mit erhöhtem Förderbedarf.

Es ist hier anzuerkennen, dass die Volksschule des Kantons somit die Lehrpersonen nicht allein lässt, und die in der Botschaft erwähnte Haltekraft der Volksschule stärkt. Dass Integration Grenzen hat, zeigt die Botschaft ebenfalls auf: Integration kann nur dann realisiert werden, wenn das integrierte Kind oder der integrierte Jugendliche vom Unterricht profitieren und das soziale Gefüge der Klasse auch als solches wahrnehmen kann. Die Regierung hält in der Botschaft fest, dass der Unterricht leider nicht immer optimalen Standards entsprechen kann – aber ausreichenden. Die Definition von «ausreichend» ist natürlich nicht abschliessend zu machen, Lehrpersonen und Eltern zielen immer auf das machbare Maximum. Zudem macht Integration auch nur Sinn, wenn dadurch der Erziehungs- und Bildungsauftrag wahrgenommen werden kann. Ein Kind mit erhöhtem Förderbedarf, das nachweislich mindestens einmal täglich 1:1 aktiviert und gefördert werden sollte, darf nicht in eine Regelklasse «abgestellt» werden, ohne dass diese Zusatzförderung gewährleistet ist.

Die Botschaft hält richtig fest, dass oftmals das Angebot die Nachfrage nach Förderung bestimmt. Dies ist eine der Knackpunkte im Sonderpädagogikkonzept. Will man flexibel sein und jederzeit Kindern mit dem Bedarf an einer Zusatzförderung gerecht werden, muss man dementsprechend die Pensen der angestellten Fachpersonen hochhalten.

In Zeiten, in welchen dieser Pool nicht wirklich benötigt wird, schöpft man ihn trotzdem aus, die Anstellungsverträge sind ja gemacht.

Dass insbesondere Sprachheilplätze flexibler reaktiviert werden können, ist erfreulich zu hören. Vielerlei Beeinträchtigungen behindern das Lernen, Sprachstörungen aber sind beim Lernen und im sozialen Leben zentral. Sprache gilt zurecht als Schlüssel zur Integration, Sozialisation, zur Bildung und zum Wissen. Leider sind in den Kindergärten und Primarschulen die Wartelisten der Logopädie oft lang und Kinder könnten keine zeitlich aufwändigen Therapien erhalten, wie diese in den Sprachheilschulen geboten werden. Deshalb ist eine Beschulung der Kinder in einer Sprachheilschule oft sinnvoll.

Was hier den Schulträgern zu denken geben sollte, ist aber die Tatsache, dass die Praxis leider zeigt, dass stetig mehr Kinder spät, das heisst erst ab der 4. Klasse in die Sprachheilschule eintreten. Die Erfahrung zeigt jedoch, dass jung und früh eintretende Kinder schneller Fortschritte machen und eine deutlich höhere Rückschulungsquote in die Regelklasse aufweisen – das ist anzustreben. Zudem weisen häufig spät eintretende Kinder und Jugendliche bereits Verhaltensauffälligkeiten und psychische Belastungen auf, die auf die Sprachbehinderung und deren nicht Therapierung zurückzuführen sind. Die Integration, bis sie nicht mehr tragbar ist, sollte hier klar hinterfragt und verurteilt werden. Ziel soll es immer sein, den Kindern selbständiges Lernen und Leben zu ermöglichen.

Session des Kantonsrates vom 19. und 20. April 2021
20.4.2021Wortmeldung

Louis-Nesslau (im Namen der SVP-Fraktion): Auf die Vorlage ist nicht einzutreten.

Einhellig ist ja die Meinung, dass das einst akute Problem nun gelöst ist, der Mangel an Sonderschulplätzen in den Sprachheilschulen ist behoben. Da macht es auch keinen Unterschied, dass es eine deutliche Mehrheit des Kantonsparlamentes war, welche die Motion einst überwiesen hat. Die gesetzliche Änderung, die jetzt vorliegt, ist nicht notwendig oder zumindest nicht dringlich. Deshalb ist es jetzt gerade notwendig, dass wir diese gesetzliche Änderung nicht vornehmen. Der Zeitpunkt für diese Änderung ist geradezu falsch. Es wird auch in der Botschaft deutlich aufgezeigt, dass diese Änderung im Volksschulgesetz nur provisorisch ist. Wir sollten nicht gesetzgeberisch für provisorisch Regelungen tätig werden, für die keine Notwendigkeit besteht. Zudem haben wir vom Bildungsdepartement Informationen bestellt. Wir sollten zuerst diese Informationen erhalten und nicht vorher bereits Änderungen vornehmen.

Die Gesetzesänderung wird mehr Angebot bringen. In diesem Thema steuern das Angebot weitgehend die Nachfrage. Es dient den Schülerinnen und Schülern nicht, wenn wir mehr Angebot schaffen, ohne dass ein tatsächlicher Bedarf besteht.

Session des Kantonsrates vom 19. und 20. April 2021
20.4.2021Wortmeldung

Etterlin-Rorschach (im Namen der SP-Fraktion) legt seine Interessen offen als Stadt- und Schulratspräsident in Rorschach und Vorstandsmitglied des Verbandes St.Galler Volksschulträger. Auf die Vorlage ist einzutreten.

Zur Erinnerung: Das Kantonsparlament hat die überparteiliche Motion «Kinder mit einer Sprachbehinderung zu ihrem Recht verhelfen» an der Februarsession 2019 mit 85:24 Stimmen gutgeheissen. Das Kantonsparlament hat die Motion überwiesen, weil im Sommer 2018 20 Kindern mit einer rechtskräftigen Sonderschulverfügung eine Aufnahme in die Sonderschule verweigert wurde. Das tangiert einerseits die verfassungsmässigen Rechte der betroffenen Kinder und andererseits war es eine problematische Missachtung der abschliessenden Zuständigkeit der zuweisenden Schulträger, die den Entscheid auf der Basis eines Fachgutachtens des SPD getroffen hatten. Mit der nun vorliegenden Gesetzesanpassung sollen ausreichend Plätze für korrekt verfügte Sonderbeschulungen gewährleistet werden.

Vor dem Hintergrund der verfassungsmässigen Pflicht der Gleichbehandlung, so steht es in der Botschaft, kann sich die Gesetzesanpassung nicht allein auf Plätze der Sprachheilschulen beschränken, weshalb der Gesetzesentwurf eine grundsätzliche Lösung für die gesamte Sonderbeschulung vorsieht. Sinnigerweise wurden keinen anderen Kindern rechtskräftig verfügte Plätze in einer Sonderschule verweigert als eben in einer Sprachheilschule. So ist denn umgekehrt auch gut gefahren. Der XXIV. Nachtrag zum Volksschulgesetz bestätigt somit, dass der damals umgesetzte Numerus Clausus für Sprachheilschulplätze willkürlich war. Dies bestätigt auch das vorliegende Rechtsgutachten von Rechtsanwältin Denise Dornier-Zink vom Advokaturbüro Vincenz Dornier.

Soweit in der Botschaft Ausführungen enthalten sind, dass insgesamt unverhältnismässig viele Kinder in den St.Galler Volksschulen separiert würden, so sind wir erstaunt, weil da zufälligerweise in der Grafik gleich auch noch alle Kleinklassenschülerinnen erschienen sind. Tatsache ist und bleibt: Der Kanton St.Gallen verfügt über rund 1'400 Sonderschulplätze. Wenn es dann halt am Schluss 1'420 oder 1'430 Plätze sind, so verändert das die Sonderschulquote des Kantons St.Gallen im Promillebereich. Es ist keine Schule bekannt, die ein Kind einer Sonderschulung zuweist, wenn dies nicht absolut notwendig und ausgewiesen ist. Bitte beachten Sie auch, dass die Schulträger die Gemeinden über die erhöhte Sonderschulpauschale von 40'000 Franken pro Platz und Jahr, 80 Prozent der Kosten für eine Sprachheilschulschulung ausfinanzieren und insgesamt genau die Hälfte aller anfallenden Sonderschulkosten. Die effektiven Mehrkosten für den Kanton in diesen Belangen werden marginal ausfallen.

Wir haben dazu noch einen Anlass zur Sorge: Er hat mit der vorliegenden Gesetzesanpassung keinen direkten Zusammenhang, aber trotzdem stellen wir fest, dass seit 1. Januar 2021 die Anzahl der zur Verfügung stehenden Plätze für die heilpädagogische Früherziehung ebenso streng kontingentiert wird und der Heilpädagogische Dienst St.Gallen Glarus seit diesem Zeitpunkt eine drastisch steigende Warteliste führt mit Kindern ab zwei, drei Jahren, die eigentlich dringend heilpädagogische Früherziehung erhalten sollten. Wir werden das Anliegen in die demnächst anstehende Diskussion über die frühe Förderung einbringen und haben darauf verzichtet, dies in dieser Vorlage zu tun.

Die SP-Fraktion wird dem Antrag 1 zustimmen, wonach die Regierung prüfen soll, ob eine Kostenbeteiligung des Kantons an den integrativen Massnahmen auf kommunaler Ebene einen positiven Effekt auf die Separationsquote und die Gesamtkosten hat, er darf aber nicht als Sparmassnahme ausgestaltet sein. Die SP-Fraktion wird sodann den Auftrag 2 ablehnen. Demnach soll darauf verzichtet werden, zu prüfen, wo und wieweit das Anreizsystem des Personalpools der der Volksschule auch auf die Sonderbeschulung ausgeweitet werden kann. Wir bitten Sie zur Kenntnis zu nehmen, der Personalpool ist eine Art Lektionenbuchhaltung für den Volksschulträger und hat nichts gemeinsam mit einem Anreizsystem.

Session des Kantonsrates vom 19. und 20. April 2021
20.4.2021Wortmeldung

Pool-Uznach (im Namen der FDP-Fraktion): Auf die Vorlage ist einzutreten.

Der Nachtrag enthält «nur» einen einzelnen Gesetzesnachtrag, aber dennoch hat er bei der FDP-Fraktion verschiedene Nachfragen bei Schulen und Gemeinden sowie des Weiteren auch eine intensive Debatte ausgelöst. Gut nachvollziehbar sehen wir die Pro-Argumente, aber es gib auch kritische – nach unserer Ansicht – berechtigte Betrachtungen. Mit Sicherheit ist eine Warteliste von Schülerinnen und Schüler für einen Platz in einer Sonderschule kein akzeptabler Zustand. Die Botschaft erläutert, dass mit dem Sonderpädagogikkonzept auch ein Versorgungs-Konzept für den Sonderschulunterricht enthalten ist. Hier zeigt sich der Kanton auf Kurs. Da der Abbau von Sonderschulen in Gebieten mit Überangebot noch nicht vollständig erfolgt ist, scheint in der Statistik vom Bund, der Kanton St.Gallen eine hohe Anzahl Sonderschulen zu haben. Gleichzeitig zeigt die Statistik des Bundes für Schülerinnen und Schüler, die eine Sonderschule besuchen, im Kanton St. Gallen eine vermeintlich hohe Anzahl, da unser Kanton für die Statistik auch Kleinklassen mit einbezogen hat.

Zum Thema Warteliste: Gemäss Nachfragen und erhaltenen Informationen ist die Warteliste im Kanton je nach Region nicht oder kaum vorhanden. Dennoch, sehr gerne hätten wir den im Jahr 2023 in Aussicht gestellten Bericht der Evaluation des Sonderpädagogikkonzepts für unsere Entscheidung mit einbezogen. Deshalb fragen wir uns, kommt dieser Gesetzesnachtrag zum richtigen Zeitpunkt? Weiter fragen wir uns, ob bei einem erweiterten Angebot von rund 15 Plätzen in Sonderschulen nicht auch automatisch eine gesteigerte Nachfrage auslöst wird – vermutlich eher ja.

Die FDP-Fraktion ist klar in der Erwartungshaltung, dass der SPD die Schülerinnen und Schüler sachlich und neutral abklärt und nicht mit dem Nebengedanken spielt: «Es hat ja noch genügend freie Plätze». Der Betrag von 3,1 Mio. Franken müsste nach unserer Ansicht nicht zwingend ausgeschöpft werden. Eine zentrale Funktion trägt der SPD mit seiner Empfehlung. Wir können uns nicht anmassen fachliche Entscheidungen in Frage zu stellen. Unsere politische Verantwortung liegt darin, für die richtige Anzahl Plätze in einer adäquaten Sonderschule zu sorgen. Das Stichwort «adäquat» hat eine gewichtige Bedeutung. Auf keinen Fall dürfen Wartelisten entstehen, weil Schülerinnen und Schüler zur Entlastung oder mangels entsprechendem Angebot Plätze in einer anderen Sonderschule belegen. Es gibt z.B. in der Oberstufe zunehmend Schülerinnen und Schüler, die psychische Probleme haben. Zur Zeit werden diese Jugendlichen in Sonderschulen für Lern- und Verhaltensprobleme unterrichtet. Ob depressiv oder suizidgefährdet: Dies ist sicher nicht die adäquate Schule. Für diese Jugendlichen müssen wir eine optimalere Lösung finden, damit sie wieder in die reguläre Schule zurückkehren können.

Die FDP-Fraktion unterstützt die Vorlage trotz ausstehendem Evaluationsbericht mit folgenden Argumenten:

  1. Zum Wohl des Kindes unterstützen wir, dass für Schülerinnen und Schüler mit einem besonderen Bildungsbedarf, der integrativ nicht mehr abgedeckt werden kann, ein entsprechender Platz in der adäquaten Sonderschule zur Verfügung steht.
  2. Wichtig ist uns im Bildungswesen nicht nur das Wohl des einzelnen Kindes mit besonderem Bildungsbedarf, sondern ebenfalls wichtig ist für uns auch, dass beim integrativen Schulunterricht auch die anderen Schülerinnen und Schüler ihr Lernziel erreichen können und nicht durch eine zu fest absorbierte Lehrperson oder zu viel Unruhe im Unterricht nicht mehr zum Zuge kommen. So steht es auch im 7. Leitsatz vom Sonderpädagogikkonzept: «Die Förderung der Regelklasse darf nicht beeinträchtigt werden».
  3. Gemäss Art. 62 Abs. 3 BV müssen die Kantone für eine ausreichende Sonderschulung von Kindern und Jugendlichen mit Behinderung bis längstens zum 20 Altersjahr sorgen.
  4. Ein weiteres pro Argument ist auch, dass der von 42 Kantonsratsmitgliedern unterzeichneten Motion mit 85 Ja-Stimmen zugestimmt wurde.

Die FDP-Delegation ist für Eintreten auf das Geschäft, hinterfragt aber den Zusammenhang der Anträge der vorberatenden Kommission zum Kerngeschäft und wird diese deshalb nicht unterstützen. Die FDP-Fraktion wird sich zum gegeben Zeitpunkt einbringen.



Session des Kantonsrates vom 19. und 20. April 2021
20.4.2021Wortmeldung

Cozzio-Uzwil, Ratspräsident: Das Präsidium sieht eine Eintretensdiskussion vor.

Session des Kantonsrates vom 19. und 20. April 2021
20.4.2021Wortmeldung

Looser-Nesslau, Präsident der vorberatenden Kommission: Auf die Vorlage ist einzutreten.

Die vorberatende Kommission hat den XXIV. Nachtrag zum Volksschulgesetz am 5. März 2021 beraten. Nebst den Kommissionsmitgliedern nahmen teil:

Von Seiten des zuständigen Departementes

  • Regierungsrat Stefan Kölliker, Vorsteher Bildungsdepartement;
  • Jürg Michael Raschle, Generalsekretär, Bildungsdepartement;
  • Alexander Kummer, Leiter Amt für Volksschule, Bildungsdepartement.
Weitere Teilnehmende

  • Peter Lienhard, Senior Consultant, Institut für Professionalisierung und Systementwicklung, Interkantonale Hochschule für Heilpädagogik (HfH)

Geschäftsführung / Protokoll

  • Sandra Stefanovic, Geschäftsführerin, Parlamentsdienste
  • Biondina Muslii, Stv. Geschäftsführerin, Parlamentsdienste
  • Qendrim Morina, Praktikant, Parlamentsdienste

Beraten wurde eine Gesetzesvorlage, welche in den Jahren 2017/2018 nach erst rund zweijähriger Anwendung des Sonderpädagogikkonzepts auf einem Engpass bei verfügbaren Plätzen in einer Sprachheilschule entstanden ist. Die Gesetzesvorlage beschränkt sich richtigerweise nicht nur auf die Sprachheilschule, sondern betrachtet den gesamten Bereich der Sonderschulen. Die Kommission war sich einig, dass das Wohl des Kindes das wichtigste ist. Massnahmen sind, sofern notwendig, entsprechend zeitnah und genau zu definieren.

Die Kommission war sich auch einig, dass es keine Standardfälle gibt, sondern jedes Individuum einzeln betrachtet werden muss. Das heutige System, mit der Abklärung eines Kindes durch denn schulpsychologischen Dienst (SPD), hat sich bewährt. Der SPD macht eine ganzheitliche Abklärung und Überprüfung des Kindes wie aber auch von dessen Umfeld und macht anschliessend einen entsprechenden Vorschlag Zuhanden der zuständigen Instanz. Die Präsentation eines externen Fachexperten zeigte das Spannungsfeld für eine zielgerichtete Angebotssteuerung auf. So scheint eine Begrenzung der Plätze in der Kategorie der «Schülerinnen und Schüler mit Sprachbehinderung» durchwegs gerechtfertigt, insbesondere da dieser Schultypus Gefahr läuft, zur Entlastungsschule zu werden. Die Zuweisung zu einer Sprachheilschule darf daher auch nicht zu niederschwellig erfolgen. Die rege Diskussion von teils operativen Themen der Schule, zeigte die verschiedenen Facetten der Sonderpädagogik ebenso wie die unterschiedlichen Hintergründe und die Betroffenheit der Kommissionsmitglieder.

Das Spannungsfeld zwischen «Wo hört die Integration auf und wo beginnt die Seperation?» wurde klar ersichtlich. Die Kommission hat festgestellt, dass es in den letzten drei Jahren bei der Zuteilung von Schülerinnen und Schülern zu keinen nennenswerten Problemen kam. Mit der bereits in Aussicht gestellte Evaluation das Sonderpädagogikkonzept, wird deren Wirkung wie auch Anpassungsbedarf am bestehenden System sichtbar werden. Der Rat wird dannzumal wieder Anpassungen beraten.

In der Zwischenzeit wurde das Postulat 43.20.04 «Wirksamkeit und Kostenwahrheit von Integration und Separation in der Volksschule» eingereicht. Dieses Postulat erfordert eine umfangreiche und vertiefte Analyse der Sonderpädagogik, welche wohl auch einen Teil des Wirksamkeitsberichts beinhalten wird. Die Kommission beantragt im Rahmen dieses Postulates, welches sich bereits mit Kosten und Wirksamkeit von Separation und Integration auseinandersetzen muss, zwei Aufträge an die Regierung zu überweisen. Einerseits soll geprüft werden, inwieweit das Anreizsystem des Personalpools für die Ressourcen der Volksschule auch auf die Sonderschulen angewandt werden kann, und andererseits soll gleichzeitig geprüft werden, ob eine Beteiligung an den Kasten durch den Kanton an integrativen Massnahmen auf kommunaler Ebene einen positiven Effekt auf die Separationsquote und auf die Gesamtkosten haben könnten.

Bleibt zu hoffen, dass das Postulat bei immer grösserem und komplexerem Umfang auch einmal beantwortet werden kann. Einzelne Mitglieder der Kommission erachtet den Zeitpunkt für die vorliegende gesetzliche Anpassung als falsch und schlagen vor, den Wirksamkeitsbericht über die Sonderpädagogik abzuwarten.

Die vorberatende Kommission beantragt mit 9:6 Stimmen Eintreten auf die Vorlage.

Session des Kantonsrates vom 19. und 20. April 2021