Geschäft: Wirksamkeit und Kostenwahrheit von Integration und Separation in der Volksschule
Komitee | Kantonsrat |
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Nummer | 43.20.04 |
Titel | Wirksamkeit und Kostenwahrheit von Integration und Separation in der Volksschule |
Art | KR Postulat |
Thema | Erziehung, Bildung, Kultur |
Federführung | Bildungsdepartement |
Eröffnung | 3.6.2020 |
Abschluss | pendent |
Letze Änderung | 9.12.2021 |
vertraulich | Nein |
öffentlich | Ja |
dringend | Nein |
Datum | Akteur | Titel | Letze Änderung |
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3.6.2020 | Person | Erstunterzeichner/-in - Hess-Balgach | 23.11.2024 |
3.6.2020 | Person | Erstunterzeichner/-in - Gschwend-Altstätten | 23.11.2024 |
3.6.2020 | Person | Erstunterzeichner/-in - Hauser-Sargans | 23.11.2024 |
3.6.2020 | Person | Erstunterzeichner/-in - Frick-Buchs | 6.8.2024 |
3.6.2020 | Person | Erstunterzeichner/-in - Wasserfallen-Goldach | 23.11.2024 |
Datum | Titel | Resultat | öffentlich | ||||
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Ja | Bedeutung | Nein | Bedeutung | Absent / Enthaltung | |||
16.2.2021 | Gutheissung | 86 | Zustimmung | 11 | Ablehnung | 23 | |
16.2.2021 | Wortlaut | 91 | gemäss Hauser-Sargans / Frick-Buchs / Hess-Balgach / Wasserfallen-Rorschacherberg / Gschwend-Altstätten | 10 | gemäss Antrag der Regierung | 19 |
Datum | Typ | Wortlaut | Session |
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16.2.2021 | Beschluss | Der Kantonsrat heisst das Postulat mit 86:11 Stimmen gut. | Session des Kantonsrates vom 15. bis 17. Februar 2021 |
16.2.2021 | Beschluss | Der Kantonsrat zieht den ursprünglichen Wortlaut des Postulats dem geänderten Wortlaut gemäss Antrag der Regierung mit 91:10 Stimmen vor. | Session des Kantonsrates vom 15. bis 17. Februar 2021 |
16.2.2021 | Struktur | Die Spezialdiskussion wird nicht benützt. | Session des Kantonsrates vom 15. bis 17. Februar 2021 |
16.2.2021 | Wortmeldung | Martin-Gossau, Ratsvizepräsidentin, stellt Eintreten auf das Postulat fest. | Session des Kantonsrates vom 15. bis 17. Februar 2021 |
16.2.2021 | Wortmeldung | Regierungsrat Kölliker: Ich müsste eigentlich nicht mehr dazu reden, weil Ihre Meinung feststeht. Aber es brennt mich jetzt doch einfach unter den Nägeln. Ich bin mit allen Voten weitgehend einverstanden, was Sie gerne möchten, was Sie gerne hätten.Die Regierung ist ja auch damit einverstanden. Wir haben ja gar keinen Dissens. Das sind Auslegungspunkte, die Sie jetzt hier suchen, dass Sie dem nicht so zustimmen – das ist nicht wesentlich, um das geht es nicht. Ich will Ihnen etwas anderes sagen: Diese Situation führt zu einer Skurrilität, wie ich es in diesem Parlament noch nie erlebt habe. Sie haben gesagt, und ich teile Ihre Meinung, wir wollen eigentlich alle diese Daten erheben. Wir wollen wissen, welche Massnahmen müssen wir ergreifen, die dann die richtigen sind. Aber Sie beraten an der nächsten Session einen Motionsauftrag, den Sie uns erteilt haben, indem Sie ja mehr separieren wollen – das ist ja völlig skurril. Wir sind völlig einer Meinung. Ich habe Ihnen schon das letzte Mal gesagt: Ich will die Daten erheben, ich will das selbe. Und deshalb habe ich Ihnen das letzte Mal gesagt, überweisen Sie diese Motion nicht. Sie haben sie überwiesen, sie kommt jetzt in die Vorbereitung und wird an der nächsten Session beraten. Das ist völlig paradox, was Sie jetzt hier machen. Wenn Sie das so überweise, davon gehe ich aus, dann müssen Sie sich effektiv überlegen, diese Motion, die jetzt behandelt werden sollte, zurückzustellen, bis diese Daten vorliegen. Also, wenn Sie der Sache gerecht werden wollen und wenn Sie es ernst meinen, Hauser-Sargans, und Sie wissen es ganz genau aus Ihrer Arbeit bei der Pädagogischen Hochschule, was das bedeutet. Wir sprechen hier auf der gleichen Ebene, sind auch der gleichen Meinung, aber dann müssen Sie konsequent sein und die zu behandelnde Motion zurückstellen. Ich weiss nicht, wie das geht, aber es wäre das einzig Richtige. | Session des Kantonsrates vom 15. bis 17. Februar 2021 |
16.2.2021 | Wortmeldung | Hess-Rebstein legt seine Interessen als Schulleiter offen. Auf das Postulat ist einzutreten. Auch ich bin gleicher Meinung wie meine Vorredner aus den anderen Fraktionen. Ich bin froh, um diese Einmütigkeit und fasse mich entsprechend kurz. Natürlich sind auch wir sehr gespannt auf den Evaluationsbericht zum Sonderpädagogikkonzept, aber auch aus Sicht der CVP-EVP-Fraktion sollte der Wortlaut des ursprünglichen Postulates nicht geändert werden. Dies würde in der vorliegend vorgeschlagenen Form womöglich eher dazu führen, dass der Parlamentsauftrag verwässert werden könnte. Der geänderte Wortlaut stellt eine entsprechende Machbarkeit, nämlich unterschwellig, schon fast etwas in Frage. Wir sind jedoch überzeugt, das unter anderem gerade auch die Fragestellung nach den Kosten oder Investitionen und der damit verbundenen Wirksamkeit für die Schulträger hinsichtlich ihrer pädagogischen Ausrichtung und Entwicklung entscheidend sind. Dies muss daher vertieft und umfassend sowie ohne jegliche ideologischen Scheuklappen fern von allen heiligen Kriegen zwischen den Apologeten der Integration oder aber der Separation, beides Modelle mit Vor- und Nachteilen, wie das in der Natur der Sache liegt, betrachtet werden, in der Volksschule und selbstverständlich unter Berücksichtigung von deren Leistungsvermögen völlige Ergebnis offen und vor allem im Sinne unserer Jugend und deren angemessener individueller Förderung untersucht werden. | Session des Kantonsrates vom 15. bis 17. Februar 2021 |
16.2.2021 | Wortmeldung | Noger-Engeler-Häggenschwil (im Namen der Grünliberalen): Auf das Postulat ist einzutreten. Es ist grundsätzlich positiv zu gewichten, dass das Anliegen der Postulanten in groben Zügen durch das rote Papiere aufgenommen wurde. Aber was ist denn der Kern des eingereichten Postulates? Eigentlich ging es doch gerade um eine Bestandesaufnahme der Effizienz der umgesetzten Integrations- und Separationsmodelle. Es soll eine Gegenüberstellung von Investition und Wirksamkeit der verschiedenen Modelle aufgezeigt werden. Es muss den Kanton doch interessieren, ob das Rahmenkonzept und die daraus entstandenen konkreten Konzepte vor Ort wirksam sind. Was heisst wirksam? Wirksam heisst, es wirkt sich positiv auf das Lernen der Kinder und Jugendlichen aus. Wirksam heisst, die geschaffenen Rahmenbedingungen ermöglichen im Idealfall besseres Lernen für alle Beteiligten, die integrierten Kinder, die separierten Kindern sowie alle Regelklassenkinder. Da lohnt es sich doch genau hinzuschauen, nicht subjektiv abzuwägen, möglichst objektiv und wissenschaftlich fundiert. Das vorgeschlagene Vorgehen der Regierung liegt die Vermutung nahe, dass die Wirkung nur als ein Nebeneffekt bei der Evaluation mit Hilfe von Befragung Beteiligten abgeholt werden wird. Dies ist methodisch falsch. Die Wirkung der bestehenden Modelle sollte vorab eruiert werden und als der Datengrundlage für die Evaluation dienen. Sie sollte auch nicht subjektiv durch einzelne Befragungen sondern anhand der Lernperformance der Kinder und Jugendlichen erhoben werden. Dafür geeignete Instrumentarien, wir haben es bereits gehört, bestehen und können qualitative Daten liefern, welche eine Gegenüberstellung der Modelle ermöglicht. Ein Hauptanliegen der Postulanten ist, dass die gewonnenen Daten den Gemeinden als wichtige Entscheidungsgrundlage zur Modellwahl dienen könnten. Die Grünliberalen haben grosse Bedenken, dass die Vorgehensweise der Regierung dahingehend genug Fleisch am Knochen hätte. | Session des Kantonsrates vom 15. bis 17. Februar 2021 |
16.2.2021 | Wortmeldung | Frick-Buchs (im Namen der Postulanten und im Namen der FDP-Fraktion), legt ihre Interessen offen als Schulpräsidentin von Buch. Auf das Postulat ist ... Wie es bereits der Titel fordert, geht es um einen Bericht zur Wirksamkeit und Kostenwahrheit von Integration und Separation in der Volksschule. Diese beiden Begriffe «Wirksamkeit» und «Kostenwahrheit» sind die wesentlichen Bestandteile bzw. die Hauptbegriffe dieses Postulates. Leider hat die Regierung im Antrag die Wirksamkeit mit den Worten: «soweit möglich» und «so weit wie möglich messbar» stark abgeschwächt, wenn nicht sogar verwässert. Die Kostenwahrheit wurde gar ganz weggelassen. Damit zeichnet sich ab, dass ein solcher Bericht wenig aussagekräftig und zu einem reinen Papiertiger würde, das wäre schade um die geleistete Arbeit der Verwaltung. Stimmen Sie dem Wortlaut des Postulates zu und lehnen Sie den Antrag der Regierung ab, damit wird gute Grundlagen und insbesondere faktenbasierte Kennzahlen für Modellentscheiden und die Weiterentwicklung der Volksschule vor Ort erhalten. | Session des Kantonsrates vom 15. bis 17. Februar 2021 |
16.2.2021 | Wortmeldung | Baumgartner-Flawil legt seine Interessen als Mitglied in verschiedenen Gremien und Projekten zu dieser Thematik offen. Auf das Postulat ist einzutreten. Durch meinen beruflichen Hintergrund ist mir die Problematik der Integration und der Separation von Schülerinnen und Schülern durchaus bekannt. Eigentlich sollten die Postulantinnen und Postulanten mit der Gutheissung durch die Regierung in der Frage der Wirksamkeit und Kostenwahrheit von Integration und Separation in der Volksschule zufrieden sein. Die Aussagen der Regierung bei der Gutheissung beim geänderten Wortlaut sind mir aber zu unverbindlich, zu schwammig und zu wenig präzise. Ich zitiere: «...so weit zuverlässig messbar, ...so weit wie möglich sind im Bericht Wege aufzuzeigen usw.» In der Begründung beabsichtigt die Regierung die zentrale Frage: Integration oder Separation? mit der Evaluation des Sonderpädagogikkonzepts im Jahr 2023 zu beantworten mit der Hauptfrage: Welche Schulung ist bei einer Schülerin oder einem Schüler mit besonderem Förderbedarf wirksam? Kleinklasse oder die Integration in Regelklassen? Die Regierung beabsichtigt also, die Wirksamkeit zusammen mit der Evaluation des Sonderpädagogikkonzepts zu veröffentlichen. Diese Absicht beurteile ich als nicht zielführend, weil die Frage der Wirksamkeit, der Integration und Separation vorher geklärt werden muss. Diese Erkenntnisse haben einen zentralen Einfluss auf die Umsetzung eines zu evaluierenden Sonderpädagogikkonzepts. Zuerst sind also die Grundlagen vorzulegen, über die Wirksamkeit von Integration und Separation des Sonderpädagogikkonzepts nach sechsjährigen Startphase mit den Erfahrungen, mit den Erkenntnissen und folglich mit den möglichen Anpassungen für die Zukunft. Ich unterstütze die Absicht, dass das Sonderpädagogikkonzept in seiner Ganzheit im Jahre 2023 evaluiert werden soll. Ich erwarte und fordere, dass ein Wirksamkeitsbericht von kompetenten Expertinnen und Experten erstellt werden soll. Die Ergebnisse sollen durch Studien und eine wissenschaftliche Forschung belegt werden. Die Fragestellungen sind in Abs. 4 des Postulates ausführlich aufgezeigt, deshalb wiederhole ich sie nicht. Eine Umfrage bei den Schulträgern ist bei einer solch grundlegenden Fragestellung in jeder Hinsicht ungenügend. | Session des Kantonsrates vom 15. bis 17. Februar 2021 |
16.2.2021 | Wortmeldung | Wasserfallen-Goldach (im Namen der Mehrheit der SVP-Fraktion): Auf das Postulat ist einzutreten. Sollen Schülerinnen und Schüler mit besonderem Förderbedarf in die Regelklassen integriert und dabei von sonderpädagogischen Massnahmen begleitet werde? Oder profitieren diese und andere Lernenden mehr, wenn sie in separativen Kleinklassen gefördert werden? Sind die Lernenden in der Lage, das soziale Gefüge in der Regelklasse wahrzunehmen und davon und von der schulischen Förderung zu profitieren? Ist die Schule in der Lage, eine kompetente Förderung mit entsprechenden Ressourcen bereitzustellen und auch zu finanzieren? Vor solchen und anderen Fragestellungen und Herausforderungen stehen diverse Schulen im Kanton St.Gallen. Der Kanton St.Gallen verfolgt dabei das Credo, soviel Integration wie möglich soviel Separation wie nötig. Schon immer zeigte sich die SVP-Fraktion skeptisch, was Integration um jeden Preis anbelangt. Gutgemeinte Integrationsbemühungen erwiesen sich häufig als Massnahmen, die mit den dazugehörigen Förder- und Therapiemassnahmen und dem Einsatz von Heilpädagoginnen bzw. –pädagogen und Logopädinnen bzw. Logopäden sehr teuer zu stehen kommen. Häufig zeigt sich auch, dass integrative Modelle letztendlich weder den leistungsstarken nach den schwachen Schülerinnen und Schülern wirklich gerecht werden können. Nicht selten stossen die Schulen ihre Lehrpersonen an die Grenzen des Möglichen und des fachlich Verantwortbaren. Der Anteil von aus der Regelklassen abgesonderten Kindern ist in den vergangenen Jahren massiv gestiegen. Es werden immer mehr Ressourcen für zusätzliche sonderpädagogische Massnahmen benötigt. Dieser zunehmende Ausschluss von Schülerinnen und Schülern aus der Regelklasse mit fortschreitendem Ausbau und immer stärkerer Differenzierung des sonderpädagogischen Angebots führt nicht nur pädagogisch, sondern auch ökonomisch an die Grenzen des Sinnvollen und Machbaren. Die Schulen im Kanton St.Gallen führen schon seit mehr als zehn Jahren unterschiedliche Varianten von Integration und Separation. Im schweizweiten Vergleich gehört der Kanton St.Gallen noch immer zu den stärker separierenden Kantonen, dies in einem nationalen Umfeld, in welchem vermehrt und verstärkt integrative Modelle gefordert werden. Es liegt auf der Hand, dass dies bisher eher separativ geführte Schulen in ihrer weiteren Schulentwicklung unter gewissen Druck und Zugzwang setzt. Es ist deshalb spätestens jetzt an der Zeit, die Vor- und Nachteile der beiden Modelle und allfällige Mischformen sauber, objektiv und aussagekräftig zu ermitteln. Nur so können Schule in ihrer weiteren Entwicklung auf verlässliche Fakten und unerlässliches Steuerungswissen zurückgreifen. Aus unserer Sicht ist es erfreulich, dass sich die Regierung im Grundsatz einverstanden erklärt, mit der von den Postulanten angeregten Stossrichtung für eine saubere Auslegeordnung in diesem doch sehr verwobenen Bereich. Allerdings wollen wir keinen Einbau dieses Berichts in die Sonderpädagogikkonzeptevaluation. Auch wollen wir keine Abschwächungen oder Relativierungen im Bereich der Messung von Wirkungen und den damit zusammenhängenden Kosten. Wir wollen eine saubere Auslegeordnung und Evaluation im Sinne des ursprünglichen Wortlauts. Ich danke Ihnen, wenn auch Sie sich für die originale Fassung aussprechen. | Session des Kantonsrates vom 15. bis 17. Februar 2021 |
16.2.2021 | Wortmeldung | Hauser-Sargans legt seine Interessen als Schulratspräsident von Sargans und Dozent und Wissenschaftler an der Pädagogischen Hochschule St.Gallen offen. Auf das Postulat ist einzutreten. Zunächst freuen wir uns darüber, dass die Regierung das Postulat weitgehend gutheisst. Damit wird anerkannt, dass die Entscheide für eine eher integratives oder ein eher separatives Schulmodell trotz grosser Sorgfalt letztlich willkürlich sind, denn die Schulen wissen nicht wirklich, ob die Kinder dadurch besser lernen oder ob sich allfällig hohe Investitionen auch lohnen und zu besserem Lernen führen oder ob gar kostengünstigere Varianten kaum schlechter oder gar besser sind als teure. Es herrscht also eine bunte Vielfalt oder ein mittleres Chaos. Es fehlt den Verantwortlichen an Steuerungswissen, und genau dieses Steuerungswissen war das eigentliche Ziel dieses Postulats. Es sollen Wirkungen und Kosten ermittelt werden, im Zentrum standen deshalb Kennzahlen z.B.: Welche Lernfortschritte machen Kinder mit grossen Lernrückständen in integrierten Klassen, in integrierten Klassen mit wöchentlich bis z.B. zu drei einzelnen Zusatzlektionen einer schulische Heilpädagogin bzw. eines Heilpädagogen oder mit gleichviel Zusatzlektionen aber in Kleingruppen, also billiger, oder sogar mehr als vier Zusatzlektionen unter beiden Bedingungen. In welchem Ausmass mindert oder vergrössert die Anzahl Lektionen den Lernfortschritt und welche Wirkungen haben natürlich auch die unterschiedlichen separativen Kleinklassen, beginnend mit Einschulungsjahr und Einführungklasse und auch welchen Einfluss hat dort die Klassengrösse? Die Kosten kennen wir weitgehend, die erhalten wir jährlich von der Finanzstatistik des Kantons. Allerdings kennen wir die Kennzahlen nicht, also das Kostenwirkungsverhältnis für die unterschiedlichen Massnahmen und Philosophien. Weil nun dieses Eintreten stark im Zusammenhang steht mit den Ausführungen zur Antwort der Regierung, nehme ich diese gleich jetzt vorweg. Grundsätzlich freuen wir uns auch über den nur leicht abgeänderten Wortlaut im Antrag der Regierung. So werden darin Zeitpunkt und Form des Berichts klar benannt. Die Nachteile des regierungsrätlichen Antrags sind jedoch grösser als sie auf den ersten Blick erscheinen, denn das wirklich Unterscheidende zum ursprünglichen Postulat sind der Einbau der Sonderpädagogikkonzeptevaluation, die Abschwächungen im Bereich der Messung von Wirkungen und die Streichung der Ermittlung relevanter unterschiedlicher Wirkgrössen. Zuerst zur Sonderpädagogikkonzeptevaluation: Was heisst dieser Einbau? Im Schlussbericht zur Umsetzung Sonderpädagogikkonzept in der Regelschule, welcher vom Erziehungsrat im letzten März 2020 zur Kenntnis genommen wurde, heisst es in Kapitel 6.3 im Ausblick: «Die Evaluation wird Hinweise darauf geben, wie die Umsetzung in den Schulen funktioniert und wie sich die auf die Bedürfnisse vor Ort abgestimmten Lösungen konzeptionell unterscheiden. Man weiss also noch nicht ganz genau, wie diese Evaluation ausschaut. Evaluiert werden das Funktionieren der Umsetzung in den Schulen und die konzeptionellen Unterschiede vor Ort. Erfahrungsgemäss reichen hierfür Dokumentenanalysen und Befragungen von involvierten Lehrpersonen, psychologischen Diensten, Schulleitungen und Behörden bzw. Rektoraten. Das ist deutlich weniger als das, was im Postulat gefordert wurde. Das Ziel des Postulats ist nicht die Akzeptanz bei Berufsleuten, also bei den Leistungserbringern, sondern die gründliche Ermittlung von Wirkungen, also die Sicht der Kunden sowie genauere Aussagen zu den Kosten dieser Wirkungen. Wenn man nur Leistungserbringer und deren näheres Umfeld erfragt und die Leistung bzw. die Qualität des Produkts nicht wirklich misst, ist dies nicht überzeugend. Würden Firmen mit ihren Angestellten so blauäugig umgehen, wären sie vermutlich zum Teil rasch bankrott. Evaluationen dieser Art mutieren nicht selten zu Gefälligkeitsgutachten. Man fragt auch nicht den Metzger, wie gut sein Fleisch ist, denn jeder Metzger lobt seine Wurst. Auch als Schulratspräsident lobe ich meine Schule und meine Lehrpersonen, aber ich würde in vielen Dingen gerne genauer wissen, ob dies auch gerechtfertigt ist. In der Wirtschaft weiss man viel schneller, ob das Produkt gut ist oder nicht, ob es läuft, denn es schlägt sich in Gewinn und Verlust nieder. Manchmal täte dies der Schule auch gut. Da sind wir leider etwas oft zu bequem um zu schauen, ob das Produkt wirklich gut ist. Genau darum geht es hier, zu schauen, ob es unseren Leistungsempfängern, hier den Schwächsten und kostenmässig Teuersten auch wirklich gut genug geht, und ob die Kosten für alle Massnahmen auch genügend legitimiert sind. Deshalb verstehe ich auch nicht, warum die Regierung genau diesen Aspekt verwässern will. Weiter heisst es in der regierungsrätlichen Antwort: «Wirkungen sollen nur so weit zuverlässige messbar erhoben werden.» Seit wann sind denn Wirkungen in der Schule nicht zuverlässig messbar? Pisa seit dem Jahr 2000 und unzählige andere Schulleistungsstudien in verschiedenen Ländern haben längst bewiesen, dass Wirkanalysen zuverlässige Ergebnisse liefern. Dies übrigens auch bei Lernenden, die noch nicht in der Lage sind zu lesen und zu schreiben, was ja teilweise auch bei Schülerinnen und Schülern in Sonderschulen der Fall ist. Das hat die Deutschschweizer Längsschnittevaluation zur Basisstufe schon vor mehr als zehn Jahren eindrücklich gezeigt, welche die sprachlichen und mathematischen Kompetenzen sogar schon von Vierjährigen erfolgreich untersucht hatte. Diese Eingrenzung, soweit zuverlässige messbar, ist somit klar nicht auf dem Stand der heutigen wissenschaftlichen Möglichkeiten. Die pädagogische Messtechnologie ist deutlich weiter. Ein Beispiel: Eine Studie aus der Westschweiz konnte schon vor mehr als zehn Jahren aufzeigen, dass in Oberstufenklassen mit jeder Lektion Wochenplanunterricht mehr pro Woche die Lernleistung der Schülerinnen und Schüler im Vergleich zu den herkömmlich beschulten Jugendlichen sank und dies am stärksten bei den schwächsten Schülerinnen und Schülern, bei gleichzeitig negativen Wirkungen bei den Durchschnittlichen und Leistungsstarken. Da muss niemand kommen und sagen, Wirkungen seien nicht wirklich messbar. Wir haben in der Schweiz, auch in unserem Kanton, mehrere Institute, die das sehr gut können. Wir haben auch seit Jahren zuverlässige Instrumente zur Ermittlung von Lernständen. Die Durchführung repräsentativer Studien hinsichtlich wesentlicher bereichspezifischer Kompetenzen zumindest in Mathematik und Sprache ist längst möglich und Usus, das gilt auch für Kinder mit besonderem Förderbedarf, auch derjenigen in Sonderschulen oder Heimen. Aus einem auf diese Weise erhobenen Zusammenhang liesse sich z.B. ermitteln, ob es in Sonderschulen zu Fehlplatzierungen kommt, was auch gelegentlich einige Politikerinnen und Politiker meinen. Erst derartige Kennzahlen ermöglichen Aussagen über Wirkungen, deshalb ist es auch unerfreulich, dass im regierungsrätlichen Antrag der Begriff der Wirkgrössen gestrichen wurde. Noch einige Details zur Begründung des regierungsrätlichen Antrags: Das Anliegen dieses Postulates soll mit der Sonderpädagogikkonzeptevaluation verknüpft werden. Sinnvoll ist aber viel mehr eine Umkehrung der Reihenfolge. Die Wirkungen und Kosten sollten eigentlich vor der Evaluation des Konzepts bekannt sein, denn das Konzept steuert diese Wirkungen und Kosten, und wenn unwirksame Massnahmen viel kosten, aber durch das Konzept begünstigt werden, wäre das eine Fehlsteuerung, die man nicht herausbekommt, indem man nur die Verantwortlichen der Steuerung befragt. Wir empfehlen deshalb hier eine Umkehrung der Reihenfolge. Ebenfalls den Eindruck einer Abschwächung der postulierten Wirkungsmessungen erzeugen die im regierungsrätlichen Antrag aufgeführten zu berücksichtigenden Aspekte. Natürlich braucht Schule Zeit, nur, wir haben im Kanton St.Gallen schon seit mehr als zehn Jahren unterschiedliche Varianten von Integration und Separation, und zwar Varianten, die gut gereift sind und somit keine Zeit mehr brauchen. Deshalb ist jetzt der ideale Zeitpunkt um dies zu evaluieren. Auch trifft zu, dass der Kanton St.Gallen zu den stärker separierenden Kantonen in einem nationalen Umfeld mit stark postulierter vermehrter Integration gehört. Genau deshalb ist jetzt der richtige Zeitpunkt dazu, um die Vor- und Nachteile der beiden Modelle gründlich zu ermitteln und nicht erst dann, wenn auch bei uns die meisten auf Integration umgestellt haben, ohne hinzuschauen, ob das Verhältnis von Aufwand und Ertrag überhaupt stimmt. Natürlich bestehen dazu kontroverse Fachmeinungen, nur letztlich soll die Politik sich von Wirkungen und den damit verbundenen Kosten überzeugen lassen, und nicht von dogmatischen Positionen aus der Fachwelt. Ich bitte Sie deshalb, dem Postulat mit dem ursprünglichen Wortlaut auf dem gelben Blatt zuzustimmen. | Session des Kantonsrates vom 15. bis 17. Februar 2021 |
16.2.2021 | Wortmeldung | Martin-Gossau, Ratsvizepräsidentin: Die Regierung beantragt Gutheissung mit geändertem Wortlaut. | Session des Kantonsrates vom 15. bis 17. Februar 2021 |