Geschäft: Einbürgerung – Wartefrist nach Sozialhilfebezug

Übersicht
KomiteeKantonsrat
Nummer42.20.02
TitelEinbürgerung – Wartefrist nach Sozialhilfebezug
ArtKR Motion
ThemaGesundheitspflege, Sozialversicherung, Sozialhilfe
FederführungDepartement des Innern
Eröffnung17.2.2020
Abschlusspendent
Letze Änderung9.12.2021
vertraulichNein
öffentlichJa
dringendNein
Dokumente
PubliziertTypTitelDatei
VorstossWortlaut vom 17. Februar 2020
AntragAntrag der Regierung vom 7. April 2020
Beteiligungen
DatumAkteurTitelLetze Änderung
18.2.2020Person8.10.2024
Abstimmungen
DatumTitelResultatöffentlich
JaBedeutungNeinBedeutungAbsent / Enthaltung
19.5.2020Eintreten32Zustimmung54Ablehnung34
Statements
DatumTypWortlautSession
19.5.2020Wortmeldung

Was meint wohl die Bevölkerung zur gegenständlichen Thematik. Hierzu wurden die Aargauer Stimmberechtigten im Februar 2020 vor drei Monaten an die Urne gerufen. Zuvor hatte der Grosse Rat das revidierte Gesetz mit 86:50 Stimmen gutgeheissen. SVP, FDP und CVP stimmten dafür, SP und Grüne dagegen.

Den anwesenden Kolleginnen und Kollegen der CVP-Fraktion darf ich noch folgendes bekanntmachen bzw. in Erinnerung rufen: Der Aargauer Volksentscheid basiert auf einem parlamentarischen Vorstoss der Aargauer Fraktionskolleginnen und Kollegen der CVP. Der Kanton setzt damit das Bundesrecht um, dass die Mindestvoraussetzungen für die ordentliche Einbürgerung von Ausländern festlegt. Lanciert von der Aargauer CVP und mit Zweidrittelmehrheit vom Aargauer Stimmvolk abgesegnet. Sie wissen, der Aargauer Entscheid geht noch weiter. Neu findet die Prüfung der staatsbürgerlichen Kenntnisse als Zulassungsvoraussetzung zwingend vor der Gesuchseinreichung statt. Erst nach bestandener Prüfung kann ein Einbürgerungsgesuch eingereicht werden. Es wäre ja gelacht, wenn die bürgerliche Allianz des Kantons St.Gallen nicht hinbringen würde, was sie im Kanton Aargau mit Erfolg vorgespurt haben, noch dazu mit satter Mehrheit vom Volk abgesegnet. Oder haben vielleicht einige ein Problem damit, dass der gegenständliche Vorstoss von der SVP lanciert wurde und nicht wie im Kanton Aargau durch die CVP?

Session des Kantonsrates vom 18. bis 20. Mai 2020, Aufräumsession
19.5.2020Wortmeldung

Auf die Motion ist einzutreten.

Das Schweizer Pass ist ein kostbares Gut. Insofern ist unabdingbar, dass jemand wirtschaftlich möglichst unabhängig ist, wenn er den roten Pass erhalten will.

Gemäss Gesetz über das St.Galler Bürgerrecht können Ausländer eingebürgert werden, wenn Sie zur Einbürgerung geeignet sind. Per Gesetzesdefinition ist geeignet, wer integriert und mit den schweizerischen und örtlichen Lebensverhältnissen vertraut ist. Ebenfalls per Gesetzesdefinition sind Sie integriert, wenn Sie die Integrationskriterien nach Art. 12 Abs. 1 des Bundesgesetzes über das Schweizer Bürgerrecht erfüllen und in geordneten finanziellen Verhältnissen leben. Bezüglich der geordneten finanziellen Verhältnisse setzt die Gestik gegenständlichen Motion voraus, dass ein Bewerber während zehn Jahren keine Sozialhilfe bezogen hat oder diese zurückbezahlt hat und auch während des Einbürgerungsverfahrens nicht abhängig von Sozialhilfe sein wird. Gemäss Bundesvorgaben beläuft sich diese Minimalfrist auf drei Jahre. Den Kantonen steht es jedoch ausdrücklich frei, diese Minimalfrist zu verlängern. Die Zehnjahresfrist gilt bereits in den Kantonen Aargau, Bern und Graubünden. Im Kanton Aargau wurde diese Zehnjahresfrist unlängst mit deutlicher Willensbekundung von der Stimmbevölkerung festgesetzt.

Fast zwei Drittel des Souveräns stimmten für eine Zehnjahresfrist. Der Volksentscheid im Kanton Aargau ging gar noch einen Schritt weiter. Die gegenständliche Motion verlangt dies wohlverstanden nicht. Man kann nun einwenden, die gegenständliche Motion sei ohnehin zu restriktiv. Ich kann Sie beruhigen, gestützt auf das Bundesrecht bestehen für Härtefälle Ausnahmeregelungen. Dem ist so und dem bleibt auch so. Wenn jemand aus nicht selbstverschuldeten Gründen Sozialhilfe bezog, etwa weil er schwer krank, behindert oder alleinerziehend war, kann er das Einbürgerungsverfahren trotzdem durchlaufen. Die Ausnahmeregelung gilt auch für Working poor. Sie sehen die Motion ist und bleibt innerhalb der bundesrechtlichen Bandbreite und hätte, wie es der Souverän des Kantons Aargau zeigt, gar noch weiteres Potenzial.

Schliesslich noch zum Argument der Regierung, durch eine zehnjährige Rückzahlungspflicht von Sozialhilfebeiträgen im Zusammenhang mit der Einbürgerung wäre der Integrationsprozess erschwert und der Integrationsprozess sollte mit der Einbürgerung nicht als beendet betrachtet werden. In den Augen der Regierung ist wohl mein Einleitungssatz sehr zu relativieren. Offensichtlich ist der Schweizer Pass eben kein kostbares Gut – nun gut, das ist Ansichtssache. Ich darf die Regierung aber auf gewisse gesetzliche Bestimmungen hinweisen, die nicht nach Gutdünken zu interpretieren sind. Daher nochmals, gemäss Gesetz über das St.Galler Bürgerrecht können Ausländer eingebürgert werden, wenn Sie zur Einbürgerung geeignet sind. Per Gesetzesdefinition ist geeignet, wer integriert und mit den schweizerischen und örtlichen Lebensverhältnissen vertraut ist und nicht vielleicht einmal sein wird. Ebenfalls per Gesetzesdefinition sind Sie integriert, wenn Sie die Integrationskriterien nach Art. 12 Abs. 1 des Bundesgesetzes über das schweizerische Bürgerrecht erfüllen und in geordneten finanziellen Verhältnissen leben und nicht vielleicht irgendwann einmal leben werden.

Session des Kantonsrates vom 18. bis 20. Mai 2020, Aufräumsession
19.5.2020Wortmeldung

(im Namen der CVP-GLP-Fraktion): Auf die Motion ist nicht einzutreten.

Zu Beginn möchte ich erwähnen, dass sich im März 2017 die vorberatende Kommission zum Nachtrag über das St.Galler Bürgerrecht präsidieren durfte. Der Motionär verlangt in seinem Vorstoss, wie vorhin soeben ausgeführt, eine Ausdehnung der Rahmenbedingungen für Einbürgerungswillige nach Bezug von Sozialhilfeleistungen. Eine Ausdehnung von drei auf zehn Jahre wäre grundsätzlich bezüglich Spielraum der Kantone möglich. Wir haben dies in der Behandlung vom Geschäft 22.16.08 «Kulturerbegesetz» (passt vom Thema nicht??) auch gemacht, indem wir die Wohnsitzpflicht in der zur einzubürgernden politischen Gemeinde auf das mögliche Maximum ausgedehnt haben. Das Thema Sozialhilfe war damals schon ein Thema in der Spezialdiskussion, jedoch wurde, gemäss meiner Erinnerung, kein Antrag einer solchen Ausdehnung von drei auf zehn Jahre gestellt. Im Grundsatz können wir die Idee hinter diesem Vorstoss. Eine Einbürgerung soll unter der Bedingung geordneter finanzieller Verhältnisse erfolgen nachvollziehen. Diesem Grundsatz wird aber aus unserer Sicht im Rahmen des Bundesgesetzes mit der dreijährigen Frist eine genügende Wichtigkeit zugesprochen. Weiter ist dies auch im kantonalen Gesetz in Art. 13 geregelt und die jeweilige Einbürgerungsrat kann diesen Punkt in der Frage der Integration bewerten. Wir sind daher der Meinung, dass eine Ausdehnung nicht sinnvoll und angepasst ist. Hier sei allenfalls auch zu erwähnen, dass die aktuelle Corona-Situation auch aufzeigt, wie schnell man unter Umständen in die Sozialhilfe fallen kann.

Zum Schluss: Die Regierung erwähnt auf dem roten Blatt, dass die heutigen Regeln im Weiteren das Ergebnis von Gesetzgebungsprozessen sind, die erst in den letzten Jahren abgeschlossen wurden. Ja, das Gesetz über das St.Galler Bürgerrecht wurde, wie bereits erwähnt, im Jahr 2017 behandelt und per 2018 eingeführt. Hier möchte ich aber festhalten, dass wir auch ein Baugesetz im Jahr 2016 erarbeiteten, in welchem nun diverse Anpassungen folgten und folgen werden, daher ist dieses Argument wohl nicht ganz greifbar.

Session des Kantonsrates vom 18. bis 20. Mai 2020, Aufräumsession
19.5.2020Wortmeldung

Auf die Motion ist nicht einzutreten.

Ich bin im Einbürgerungsrat der Gemeinde Grabs. Ich bin froh darüber, dass die Mehrheit diese Motion ablehnt, denn die Vorgaben, die jetzt das Gesetz schon vorsieht, sind streng. Die Leute, die sich einbürgern lassen wollen, werden auf alles geprüft und erst dann kommt das Gesuch vor den Einbürgerungsrat. Wir haben die Steuerauszüge usw. vor uns, und wir werden nur dort zusprechen, wo die Bedingungen erfüllt sind.

Dudli-Oberbüren, ich weiss nicht, wieso Sie das Aargau so in den Vordergrund ziehen. Also ich bin froh, dass ich im Kanton St.Gallen bin und nicht im Kanton Aargau, denn ich denke, wir haben hier die genügenden Gesetzgebungen, die uns erlauben die Leute einzubürgern, die es auch verdient haben. Diese Personen haben alles was sie müssen durchlaufen, diese Integrationsverhandlungen und die ganzen Integrationsprozess wurden durchlaufen. Wir haben die Leute wirklich vor Ort, ich sehe sie mit ihren Familien. Ich hatte vielleicht bei jemandem kurz einen Zweifel, aber dies nicht aufgrund seines Steuerauszugs.

Session des Kantonsrates vom 18. bis 20. Mai 2020, Aufräumsession
19.5.2020Beschluss

[Strukturelement auf 02:49:50 vorverschieben]

Der Kantonsrat tritt mit 54:32 Stimmen bei 2 Enthaltungen nicht auf die Motion ein.

Session des Kantonsrates vom 18. bis 20. Mai 2020, Aufräumsession
19.5.2020Wortmeldung

Regierungsrat: Auf die Motion ist nicht einzutreten.

Geordnete Verhältnisse, Leute, die einen Schweizer Pass beantragen, die müssen sich bewähren und Sozialhilfe ist nur eines der Kriterien. Wenn Sie hier die Hürden noch höher legen, dann sinkt die Motivation, und dass ist nicht im Interesse unserer Gesellschaft. Deswegen bitte ich Sie, wie wir das im roten Blatt ausgeführt haben, die Bedingungen wie sie heute bestehen zu akzeptieren und auch zu leben. Es braucht nämlich für Mitglieder unserer Gesellschaft, die den Schweizer Pass erwerben wollen, auch die Motivation des Umfelds und das geschieht nicht nur durch Vorgaben und sozusagen durch Hürden, die man überspringen muss, sondern vielleicht auch durch einen Support – leisten Sie bitte diesen Support.

Session des Kantonsrates vom 18. bis 20. Mai 2020, Aufräumsession
19.5.2020Wortmeldung

Ratsvizepräsident: Die Regierung beantragt Nichteintreten auf die Motion.

Session des Kantonsrates vom 18. bis 20. Mai 2020, Aufräumsession