Geschäft: Solidarische Lösung im Flüchtlingswesen

Übersicht
KomiteeKantonsrat
Nummer41.19.01
TitelSolidarische Lösung im Flüchtlingswesen
ArtKR Standesbegehren
ThemaLandesverteidigung, Sicherheit und Ordnung
FederführungSicherheits- und Justizdepartement
Eröffnung16.9.2019
Abschlusspendent
Letze Änderung9.12.2021
vertraulichNein
öffentlichJa
dringendNein
Dokumente
PubliziertTypTitelDatei
AntragAntrag der Regierung vom 29. Oktober 2019
VorstossWortlaut vom 16. September 2019
Beteiligungen
DatumAkteurTitelLetze Änderung
12.11.2019Person27.6.2024
17.9.2019Person27.6.2024
Abstimmungen
DatumTitelResultatöffentlich
JaBedeutungNeinBedeutungAbsent / Enthaltung
19.2.2020Eintreten53Zustimmung56Ablehnung11
Statements
DatumTypWortlautSession
19.2.2020Beschluss

Der Kantonsrat tritt mit 56:53 Stimmen bei 1 Enthaltung nicht auf das Standesbegehren ein.

Session des Kantonsrates vom 17. bis 19. Februar 2020
19.2.2020Wortmeldung

Regierungsrat Fässler: Auf das Standesbegehren ist nicht einzutreten.

Es trifft zwar zu, und das anerkenne ich, dass die Lasten der einzelnen Gemeinden im Bereich der Betreuung von Asylsuchenden unterschiedlich sind. Es gibt Gemeinden, die mehr leisten müssen als andere, aber Looser-Nesslau hat zu Recht darauf hingewiesen, dass das auch in anderen Bereichen gilt. Die Lasten in den Gemeinden sind nun einmal unterschiedlich und es ist bisher noch nie jemandem in den Sinn gekommen, da Gleichschaltung zu machen unter den Gemeinden. Das würde ja bedingen, dass man einen einheitlichen Steuersatz einführt und die Mittel gleichmässig unter Berücksichtigung der Lasten verteilt. Das ist ja wahrscheinlich nicht so zielführend. Das Wichtigste aber, das Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (SR 0.142.30; Genfer Flüchtlingskonvention) – um dieses geht es, nicht um irgendeinen völkerrechtlichen Vertrag, sondern einen sehr bedeutsamen völkerrechtlichen Vertrag – schreibt in Art. 26 explizit, klar und nicht auslegungsbedürftig vor, dass anerkannte Flüchtlinge gleich behandelt werden müssen, wie Ausländerinnen und Ausländer. Ausländerinnen und Ausländer können innerhalb des Kantons ihren Wohnsitz frei wählen, den kann man nicht beschränken. Ein Kantonswechsel wäre bewilligungspflichtig, aber innerhalb des Kantons können Ausländerinnen und Ausländer ihren Wohnsitz frei wählen. Weil das so ist, muss man dieses Recht auf Grund der Genfer Flüchtlingskonvention auch anerkannten Flüchtlingen gewähren. Das Problem liesse sich meines Erachtens nur lösen, indem man die Genfer Flüchtlingskonvention kündigt. Das ist ja wahrscheinlich nicht die Haltung von Ihnen, dass die Schweiz, als Depositärstaat dieses sehr wichtigen völkerrechtlichen Vertrags, dieses Vertragswerk aufkündigt. Ich muss sie daher bitten, auf diese Standesinitiative zu verzichten, weil sie einfach nur den Bund beschäftigt, Ressourcen bindet, ohne dann letztendlich zu einem Resultat zu kommen. Wenn Sie das Problem wirklich lösen wollen, müssen Sie in Richtung der Argumentation von Sulzer-Wil gehen. Wir haben im Kanton die Möglichkeit, mindestens die finanziellen Folgen dieses Problems zu lösen. Das müssten Sie mit einer Änderung im Soziallastenausgleich bewerkstelligen und da einen horizontalen Soziallastenausgleich einführen, dann wäre das Problem mindestens finanziell gelöst.

Es kommt jetzt aber noch ein weiteres Argument dazu. Die Probleme werden in Zukunft nicht mehr gleich gross sein mit der Neustrukturierung der Asylverfahren – diese sind auf den ersten März 2019 in Kraft getreten – werden die Asylverfahren deutlich verkürzt. Sie sollen nur noch einige wenige Monate dauern und nicht Jahre wie bisher. Gleichzeitig stellt der Bund zusätzliche Mittel für die Integration zur Verfügung. Wir haben neu für jeden anerkannten Flüchtling, für jeden, der in der Schweiz bleiben darf, einen Betrag von 18'000 Franken zur Verfügung, um die Integration zu betreiben und mit dieser Integrationsarbeit werden wir in der Zukunft schon sehr früh beginnen können. Wenn man früh beginnt und auch die entsprechenden Mittel zur Verfügung stellt, um nachhaltige Integration auch im Arbeitsmarkt bewerkstelligen zu können, wird sich dieses Problem quantitativ massiv reduzieren. Ich weiss, dass die Flüchtlinge, die in der Schweiz bleiben können, ein einen sehr grossen Wunsch und ein sehr grosses Bestreben haben, selbstständig zu werden. Das entspricht auch einem Gebot der Menschenwürde. Wenn Sie solche Programme in den Gemeinden anbieten und Integration machen, dann werden diese Asylsuchenden auch in den Gemeinden bleiben, wo ihnen diese Integration angeboten wird. Nicht alle werden es schaffen, hoch traumatisierte Personen zu integrieren ist nicht ganz so einfach. Und diejenigen, dies es nicht schaffen, das sind diejenigen die dann vielleicht tatsächlich wieder nach Kirchberg ziehen. Dort bleibt das Problem dann wahrscheinlich bestehen, aber es wird deutlich reduziert werden.

Session des Kantonsrates vom 17. bis 19. Februar 2020
19.2.2020Wortmeldung

Hess-Balgach: Auf das Standesbegehren ist einzutreten.

Es ist ja wie bei jeder Frage, es gibt Argumente für ein Anliegen, es gibt Argumente dagegen. Man muss dann irgendwo eine Abwägung treffen. Wenn es um völkerrechtliche Argumentation geht, dann befinden wir uns natürlich in einem sehr schwergewichtigen Bereich. Aber es wird ja gesagt, die Regierung halte es als völkerrechtswidrig und nicht es sei. völkerrechtswidrig. Man kann also einen gewissen Spielraum ausloten. Ich persönlich kann den Argumenten von Thalmann-Kirchberg und Widmer-Mosnang sehr gut folgen, gerade auch aus Sicht der Schulen, das wurde erwähnt. Ich werde dieses Standesbegehren natürlich entsprechend unterstützen. Wenn man jetzt zu argumentieren beginnt, dass wir mit einem Standesbegehren sowieso keine Chance haben, wir als kleines St.Gallen, als Randregion, wie stehen wir dann wieder da und wie kommen wir in Bern an und solche Ängste. Bei allem Respekt, aber das kann sicher kein Argument sein.

Session des Kantonsrates vom 17. bis 19. Februar 2020
19.2.2020Wortmeldung

Sulzer-Wil (im Namen der SP-GRÜ-Fraktion): Auf das Standesbegehren ist nicht einzutreten.

Die Integration von Flüchtlingen ist tatsächlich eine grosse, anspruchsvolle Aufgabe für die Gemeinde im Kanton St.Gallen. Einige Gemeinden, das wurde gesagt, sind überproportional gefordert in der Erfüllung dieser Aufgabe. Ich bitte Sie im Namen unserer Fraktion auf diese Standesinitiative nicht einzutreten.

Ich möchte vor allem zwei Gründe ins Feld führen: Offensichtlich ist das Anliegen völkerrechtswidrig. Ich weiss nicht, wie gut das ankommt, wenn wir als Kanton St.Gallen in Bern vorstellig werden mit einer Initiative, die nicht konform ist mit dem Völkerrecht. Ich bin auch überzeugt, dass wir damit das Ziel nicht erreichen, dass die Initianten hier aufführen. Eine bessere Verteilung, mehr Solidarität im Kanton St.Gallen, wenn wir das wollen, dann gibt es Wege, wie wir das erreichen. Aber nicht, indem wir die Aufenthaltsbewilligung oder die Bewegungsfähigkeit dieser Menschen einschränken.

Es ist ja nicht der einzige Bereich, wo wir solche Unstimmigkeiten bezüglich der solidarischen Lastenteilung im Kanton St.Gallen haben. Es wurde auch die Sozialhilfe erwähnt, selbstverständlich, hier haben wir die Stadt St.Gallen, die Stadt Wil und Rorschach mit den grössten proportionalen Belastungen im Kanton St.Gallen. Dort interessiert es die weniger belasteten Gemeinden bisher recht wenig, wie stark andernorts die Belastung ist. Natürlich haben wir einen Sonderlastenausgleich, der die Spitzen bricht und wenigstens die Teile dieser besonderen Lasten vom Kanton zu den Gemeinden ausgeglichen werden. Aber wenn wir das Problem wirklich angehen wollen, wenn wir wirklich die Lasten im Kanton St.Gallen solidarisch zwischen den Gemeinden tragen wollen, das hat die SP-GRÜ-Fraktion schon mehrfach gefordert, dann müssen wir endlich einen horizontalen Lastenausgleich zwischen den Gemeinden schaffen. Wir sind einer der wenigen, wenn nicht sogar der einzige Kanton in der Schweiz, der dieses Instrument nicht kennt. Wir haben einen Ausgleich zwischen den Kanton und den Gemeinden, aber wenn wir es wirklich ernst meinen, und ich habe das ist jetzt auch von den anderen Fraktionen gut gehört, dass man diese besonderen Lasten im Flüchtlingsbereich besser ausgleichen sollte, dann gäbe es ein Instrument und zwar den horizontalen Lastenausgleich. Aber das was wir jetzt hier haben, ist eine untaugliche Lösung. Es würde ein System umstellen, das heute gut funktioniert, das haben wir gehört, die Gemeinde zusammen mit dem TISG und der VSGP machen das heute gut. Ich kann auch meine Interessen offenlegen als Vorstandsmitglied des TISG, aber hier spreche ich als Vertreter der SP-GRÜ-Fraktion und auch ein bisschen als Stadtrat von Wil, wo wir auch diese besonderen Belastungen und Herausforderungen im Flüchtlings- und Sozialbereich haben, aber wir stellen uns diesen.

Session des Kantonsrates vom 17. bis 19. Februar 2020
19.2.2020Wortmeldung

Tinner-Wartau: Auf das Standesbegehren ist nicht einzutreten.

Ich bitte noch einen Aspekt zu bedenken: Wir haben in den letzten Jahren mehrere Standesbegehren nach Bern überwiesen und die Erfolgsquote ist recht bescheiden. Meines Erachtens waren es höchstens zwei bis drei Standesbegehren, denen überhaupt stattgegeben wurde. Ich möchte hier nicht mehr alles wiederholen, was meine Vorredner bereits gesagt haben, aber ich möchte hier meine Interessen offenlegen: Ich habe als Vorstandsmitglied der Schweizerischen Gemeindeverbandes dieses Anliegen auch in den Schweizerischen Gemeindeverband hinein getragen. Es wurde dort auch breit mit allen kantonalen VSGP-Organisationen diskutiert. Man ist auch dort zum Schluss gekommen, dass auch andere ähnliche Organisationen der Gemeinden in allen Kantonen der Schweiz ein solches Ansinnen nicht unterstützen können. Deshalb ist es für mich dann höchst fragwürdig, ob dann auch das Parlament einem solchen Vorstoss der Folge leisten würde.

Session des Kantonsrates vom 17. bis 19. Februar 2020
19.2.2020Wortmeldung

Looser-Nesslau (im Namen der FDP-Fraktion): Auf das Standesbegehren ist nicht einzutreten.

Wir haben in unserem Kanton bereits heute eine sehr gute Lösung im Flüchtlingswesen. Diese stellt sicher, dass sich alle Gemeinden professionell und solidarisch mit dem Asylwesen auseinandersetzen. Hierfür ist der Trägerverein Integrationsprojekte St.Gallen (TISG) und nicht die VSGP zuständig. Die Zuteilung erfolgt über die TISG. Der angewandte Integrationsprozess stellt sicher, dass alle Gemeinden eine effiziente Integrationspolitik verfolgen. Die verschiedenen erfolgreich angewendeten Programme sind der beste Beweis dafür.

Gemeinden mit mehr Personen haben verständlicherweise auch mehr Erfahrung in der Integration. Es liegt in der Natur der Sache, dass einzelne Gemeinden in unterschiedlichen Bereichen etwas mehr Aufwand haben als andere, sei es im Asylwesen, in der Sozialhilfe, beim Winterdienst, beim Strassenunterhalt oder wo auch immer. Die Gemeinden können damit umgehen. Eine Einschränkung der Niederlassungsfreiheit auf die zugewiesene Gemeinde wäre völkerrechtswidrig, einmal abgesehen vom administrativen Mehraufwand. Das Bundesverwaltungsgericht hat dazu auch schon einen Grundsatzentscheid gefällt, dass die Einschränkung der freien Wahl des Aufenthaltsorts und die Bewegungsfreiheit der Flüchtlinge auf ein Minimum zu begrenzen sei. Untergraben wir funktionierende Abläufe und Prozesse nicht.

Session des Kantonsrates vom 17. bis 19. Februar 2020
19.2.2020Wortmeldung

Widmer-Mosnang (im Namen der CVP-GLP-Fraktion): Auf das Standesbegehren ist einzutreten.

Unter dem Titel «Solidarische Lösung im Flüchtlingswesen» und dem vorliegenden Standesbegehren soll auf keinen Fall die neue Lösung im Asylverfahren in Frage gestellt werden – im Gegenteil. Vielmehr sind aber die Motionäre der Meinung, dass mit der Integrationsagenda Schweiz (abgekürzt IAS) die Integration von anerkannten Flüchtlingen und vorläufig Aufgenommenen künftig systematisch und zielgerichtet erfolgen muss. Ebenso funktioniert in unserem Kanton die Verteilung der Flüchtlinge auf die Gemeinden. Mit dieser solidarischen Lösung ist dafür gesorgt, dass alle Gemeinden in die Betreuung und Integration von Flüchtlingen und vorläufig Aufgenommenen eingebunden sind.

Eine erfolgreiche Integration erfolgt aber nur dann, wenn das Umfeld dazu gegeben ist, die Integration durch die richtigen Personen begleitet werden, das Interesse für eine Integration bei den Flüchtlingen auch vorhanden ist und eine allseitige Verbindlichkeit in der Integrationsphase besteht.

Wechseln die zu integrierenden Personen während dem fünf- oder siebenjährigen Prozess jedoch ein- oder sogar mehrmals die zuständige Wohngemeinde wird die Integration erschwert. Die neue Wohnsitzgemeinde muss in diesen Fällen jeweils den Integrationsprozess mit den betreffenden Personen neu in Gang setzen. Es besteht die Gefahr, dass gerade nicht Integrationswillige den Wechsel der Wohnsitzgemeinde vermehrt nutzen werden. Dies mit dem Resultat, dass am Ende der Erfolg minim ist und anschliessend die Sozialhilfe in den Gemeinden für die nicht Integrierten aufkommen muss.

In ihrem Antrag verweist die Regierung auf die Genfer Flüchtlingskonvention und den Entscheid des Bundesverwaltungsgerichts. Wir haben das von Thalmann-Kirchberg bereits gehört. Im Gegensatz zur bisherigen Asylpraxis oder der Niederlassungsbewilligung sind aber die Flüchtlinge und vorläufig Aufgenommenen gemäss neuer Integrationspraxis in einem Programm eingebunden. Dies müsste deshalb dazu führen, dass die zu integrierenden Personen in der zugewiesenen Gemeinde über die ganze Integrationsphase hin verbleiben müssten. Erst nach Ablauf dieser Integrationsfrist soll es den Personen freigestellt sein, die Wohnsitzgemeinde selber zu wählen. Selbstverständlich kann von einer solchen Regelung abgewichen werden, wenn die Flüchtlinge und vorläufig Aufgenommenen eine feste und dauernde Arbeitsstelle gefunden haben. Das vorliegende Standesbegehren nimmt diese offenen Fragen und Problemstellungen auf. Da der Kanton nur bedingt die Rahmenbedingungen festlegen kann, ist der Weg über ein Standesbegehren richtig. Der Bund soll sich dieser zentralen Frage annehmen und die entsprechenden Grundlagen auf Bundesebene schaffen.

Session des Kantonsrates vom 17. bis 19. Februar 2020
19.2.2020Wortmeldung

Thalmann-Kirchberg: Auf das Standesbegehren ist einzutreten.

Wir beantragen Ihnen mit unserem Standesbegehren in Bundesbern Folgendes: «Der Kantonsrat lädt die Bundesversammlung ein, die eidgenössische Gesetzgebung dahingehend anzupassen, dass anerkannte Flüchtlinge, die von der Sozialhilfe abhängig sind, ihren Wohnsitz innerhalb des Kantons nur mit Zustimmung der neuen Wohngemeinde wechseln können.»

Lassen Sie mich ausführen, warum wir Ihnen dieses Standesbegehren beantragen: Zuerst, aber das wird Ihnen bekannt sein, wie die Flüchtlingsverteilung in der Schweiz im Kanton St.Gallen läuft. Flüchtlinge kommen in die Bundesauffangzentren, anschliessend werden sie auf die Kantone verteilt. Bei uns im Kanton St.Gallen ist die Vereinigung St.Galler Gemeindepräsidentinnen und -präsidenten (VSGP) damit beauftragt und die VSGP macht einen sehr guten Job. Die Verteilung der Flüchtlinge im Kanton St.Gallen basiert auf der Einwohnerzahl der einzelnen Gemeinden. Diese Aufteilung, dieser Schlüssel, ist über alle Ämter, über alle Parteien, in der ganzen Politik, überall akzeptiert und wird als solidarisch beurteilt. Auf diesen Vergleich komme ich am Schluss meiner Ausführungen nochmals zurück.

Was ist nun mit Flüchtlingen die den Status «vorläufig aufgenommen» haben? Diese Flüchtlinge haben innerhalb von Kanton St.Gallen eine freie Wohnsitzwahl. Das führt zu Verwerfungen von der Anzahl Flüchtlingen, welche Gemeinde wie viel zu tragen hat. Ich lege hiermit meine Interessen offen. Mit diesem Anliegen ist die Gemeinde Kirchberg sehr stark betroffen. Wir bekamen Zahlen vom Departement des Innern, höhere prozentuale Verwerfungen haben auch noch die Stadt Wil sowie die Stadt St.Gallen. Warum kommt es zu diesen Verwerfungen in der Gemeinde Kirchberg und dort konzentriert auf das Dorf Bazenheid? Hundertprozentig weiss man es nicht, aber man geht von folgenden Gründen aus: In Bazenheid fand in den letzten Jahren eine sehr starke Bautätigkeit statt. Viel älterer und somit billiger Wohnraum wurde frei. Das hat dazu geführt, dass speziell Flüchtlinge aus Eritrea nach Bazenheid gezogen sind. Das kann sein, weil dort billiger Wohnraum zu Verfügung steht, aber man darf fast sagen, es hat eine Sippenbildung in Bazenheid stattgefunden. Man kennt sich, man geht dorthin, wo man andere kennt. Diese Zahl, dass die Gemeinde Kirchberg im Jahre 2019 zwischen 140 und 165 Prozent mehr Flüchtlinge hatte, als sie eigentlich aufnehmen müsste, stellt die Gemeinde, aber das sind auch die erwähnten Städte wie Wil oder St.Gallen vor allem vor drei Herausforderungen:

  1. Eines ist die finanzielle Herausforderung. Wir wissen alle, während den ersten sieben Jahren bekommen die Gemeinden Bundesgelder, um diese Flüchtlinge zu integrieren, um die Wohnung und alle anderen Aufwendungen zu bezahlen. Es ist nun so, dass speziell in der Gemeinde Kirchberg, aber es wird an anderen Orten auch so sein, diese Frist von sieben Jahren abläuft und diese Flüchtlinge sind immer noch von der Sozialhilfe abhängig, weil sie noch keine Arbeit haben. Nach dieser Frist von sieben Jahren ist die Wohnsitzgemeinde oder die Stadt wo diese Flüchtlinge wohnen voll umfänglich für die Kosten verantwortlich. Es gibt einen Ausgleichsfaktor im Kanton St.Gallen, der sogenannte soziodemografische Ausgleichsfaktor, der einen Teil der Kosten aufnimmt. Aber in der Gemeinde Kirchberg, da habe ich auch die Zahlen, aus diesem Grund komme ich immer wieder darauf zurück, werden im Jahre 2020 über 20 Personen von dieser Bundesfinanzierung herausfallen und auf die Gemeinde Kirchberg kommt somit eine ganz grosse finanzielle Belastung zu.
  2. Ein weiterer Punkt ist die Schule. Es mag auch ausserordentlich sein, aber von diesen Flüchtlingen in Bazenheid sind 40 Kinder dabei, die im Vorschulalter sind oder in den ersten zwei Jahren in der Schule. Sie können sich vorstellen, was das für die Schule und die Lehrerinnen und Lehrer von Bazenheid bedeutet, diese Kinder einzuschulen, Deutsch zu lernen und alles was sonst noch dazu gehört.
  3. Auch die Integration dieser Personen kommt hinzu. Wenn es in einer Gemeinde wie Kirchberg zu viele Flüchtlinge

    hat, kann sie die Integrationsmassnahmen gar nicht leisten, die diesen Flüchtlingen eigentlich zustehen würde.

Warum beantragen wir ein Standesbegehren? Das ganze Flüchtlingswesen fällt unter die eidgenössische Gesetzgebung. Wir wollen diesen Sachverhalt, die bestehenden Tatsachen, in Bundesbern platzieren und dort den Antrag stellen, dass die Gesetzgebung, in dem Ansatz, den ich Ihnen zu Beginn aufgezeigt habe, anzupassen ist.

Nochmals zur Chancengleichheit: Dieses Anliegen ist mir wirklich sehr wichtig und dabei hoffe ich vor allem auch auf Vertreter der linken Seite. Wenn Städte oder Gemeinden wie Kirchberg einen so hohen Überhang an Flüchtlingen haben, können sie diese Aufgabe, dass die Flüchtlinge richtig integriert werden, nicht übernehmen. Wie ich anfangs gesagt habe, es ist überall akzeptiert, dass die Verteilung der Flüchtlinge auf die einzelnen Gemeinden nach der Einwohnerzahl als solidarisch beachtet wird – damit sind alle einverstanden. Aus diesem Grund wäre es doch richtig und wichtig, wenn diese Gemeinden für diese Flüchtlinge zuständig sind, bis sie wirtschaftlich selbständig sind. Ich bin überzeugt, in diesem Fall würden noch einige Gemeinden mehr unternehmen, wenn sie wissen, dass die Person in der Gemeinde bleibt, bis sie wirtschaftlich selbständig ist, als was vielleicht teilweise vorkommt, man hofft, dass diese Person in eine andere Gemeinde zieht.

In der Antwort der Regierung, die leider Nichteintreten beantragt, wird erwähnt, dass unsere Forderung im Standesbegehren völkerrechtswidrig sei. Aber diese Einschränkungen, dass ein Flüchtling, der auf Sozialhilfe angewiesen ist, den Wohnsitz nicht wechseln darf, kennen wir bereits auf Kantonsebene. Was auf Kantonsebene möglich ist, soll doch auch auf Gemeindeebene möglich sein. In unserer Schweiz, in unserem Kanton, kann ein Flüchtling, der an Leib und Leben bedroht ist, in jeder Gemeinde leben, da kann man diese Einschränkung machen. Wie erwähnt, sehen wir sogar den positiven Aspekt, dass die Integration und die Hinführung, dass er wirtschaftlich selbständig wird, besser umgesetzt wird.

Ich bedanke mich, wenn Sie das Standesbegehren überweisen. Für den Kanton St.Gallen ändert sich zurzeit gar nichts, wir erhalten nur Ihren Auftrag, dass wir dieses Standesbegehren in Bern präsentieren können und hoffen, dass etwas umgesetzt wird.

Session des Kantonsrates vom 17. bis 19. Februar 2020
19.2.2020Wortmeldung

Cozzio-Uzwil, Ratsvizepräsident: Die Regierung beantragt Nichteintreten auf das Standesbegehren.

Session des Kantonsrates vom 17. bis 19. Februar 2020