Geschäft: Moratorium für Einbürgerungen
Komitee | Kantonsrat |
---|---|
Nummer | 42.07.13 |
Titel | Moratorium für Einbürgerungen |
Art | KR Motion |
Thema | Grundlagen und Organisation |
Federführung | Departement des Innern |
Eröffnung | 23.4.2007 |
Abschluss | 5.6.2007 |
Letze Änderung | 9.12.2021 |
vertraulich | Nein |
öffentlich | Ja |
dringend | Nein |
Datum | Akteur | Titel | Letze Änderung |
---|---|---|---|
1.8.2019 | Gremium | Beteiligung - SVP-Fraktion 2016/2020 | 19.1.2023 |
Datum | Titel | Resultat | öffentlich | ||||
---|---|---|---|---|---|---|---|
Ja | Bedeutung | Nein | Bedeutung | Absent / Enthaltung | |||
5.6.2007 | Antrag Regierung auf Nichteintreten | 80 | Zustimmung | 36 | Ablehnung | 64 |
Datum | Typ | Wortlaut | Session |
---|---|---|---|
5.6.2007 | Wortmeldung | (im Namen der SVP-Fraktion): Auf die Motion ist einzutreten. Am 9. Juli 2003 fällte das Bundesgericht einen Entscheid, der weitreichende Konsequenzen auf das gesamte Einbürgerungsverfahren hatte. Es hiess eine Beschwerde gegen den Luzerner Regierungsrat gut, der es abgelehnt hatte, einen Rekurs von fünf Personen gegen die Entscheidung der Stimmberechtigten von Emmen gutzuheissen, die mittels Urnenabstimmung die Einbürgerung dieser Personen abgelehnt hat. Gleichzeitig erklärte das Bundesgericht, der Einbürgerungsentscheid sei ein Verwaltungsakt und die Ablehnung von Gesuchen müsse begründet werden. Als Konsequenz davon wurde die Urnenabstimmung über Einbürgerungen als unzulässig erklärt. Seither herrscht eine grosse Rechtsunsicherheit in Bezug auf das Einbürgerungsverfahren. Auf eidgenössischer Ebene sind Bemühungen im Gang, um die verfahrene Situation zu klären. Die St.Galler Regierung reagierte ungewöhnlich schnell auf das Gerichtsurteil. Denn bereits am 10. Juli 2003 - nur einen Tag später - und ohne auf die schriftliche Urteilsbegründung zu warten, instruierte sie die Gemeinden, dass ab sofort keine Urnenabstimmung mehr erlaubt sei. Das Vorpreschen der Regierung mit ihrem einseitig juristischen Ansatz war ein politischer Fehler. Seither musste sie denn auch Niederlage um Niederlage einstecken. So lehnten die St.Galler Stimmberechtigten im November 2004 das totalrevidierte Bürgerrechtsgesetz ab, und in der letzten Novembersession wies der Kantonsrat auch den III. Nachtrag zum Bürgerrechtsgesetz zurück. Die Regierung steht also gegenwärtig vor einem politischen Scherbenhaufen, den sie mit der wiederholten Verlängerung von Dringlichkeitsrecht mehr schlecht als recht verwaltet. Wie wir in den letzten Monaten auch in unserem Kanton beobachten konnten, hat die allgemeine Verunsicherung zu unwürdigen Szenen anlässlich von Gemeindeversammlungen geführt, an denen Einbürgerungsgesuche behandelt wurden. In einer solchen Lage wäre es ein Akt der politischen Vernunft, die Einbürgerungsgesuche vorläufig zurückzustellen, bis sowohl auf eidgenössischer als auch auf kantonaler Ebene das Prozedere endgültig geklärt ist. Die Regierung lehnt dies ab. Die Begründung entspricht nicht der Qualität, die man von der Antwort der Regierung auf einen Vorstoss seitens ihrer Aufsichtsbehörde eigentlich erwarten dürfte. Wir haben keineswegs verlangt, dass keine Einbürgerung mehr vorzunehmen sei, wie es in der Antwort der Regierung heisst, sondern wir fordern ein Moratorium, d.h. eine zeitlich begrenzte Massnahme, die lediglich so lange in Kraft wäre, bis die heutige Rechtsunsicherheit geklärt ist. | Session des Kantonsrates vom 4. und 5. Juni 2007 |
5.6.2007 | Wortmeldung | Auf die Motion ist einzutreten. Die tiefe Verunsicherung gegenüber Einbürgerungen kommt überall in unserem Land, namentlich auch im Kanton St.Gallen zum Ausdruck. So hat die Gemeinde Rheineck die Einbürgerung derselben Kandidaten zweimal abgelehnt. Dafür wird sie in der Öffentlichkeit gemassregelt. In Oberriet ist eine muslimische Familie aufgenommen worden, hingegen römisch-katholische Gesuchsteller wurden abgelehnt. Ein Zeichen dafür, dass die Einbürgerungen das Volk bewegten, ist der Umstand, dass die Bürgerversammlungen sehr gut besucht werden und ablehnende Haltungen somit breit abgestützt sind. Man scheint manchmal vergessen zu haben, dass sich das Stimmvolk vor drei Jahren deutlich gegen erleichterte Einbürgerungen ausgesprochen hat. Seither stieg die Anzahl der Einbürgerungen munter an, was der Bürgerin bzw. dem Bürger nicht verborgen bleibt. Nun will man mit einem Verbot von Urnenabstimmungen die Rechte des Volkes bei Ausländerfragen noch weiter einschränken. Ich bin überzeugt, hier wird das Volk nicht mitmachen. Die Nein der Stimmbürgerinnen und Stimmbürger zu gewissen Einbürgerungen haben eben ihre Gründe. Die Gemeindeautonomie in Einbürgerungsfragen ist eben aufrechtzuerhalten. Das Schweizer Volk will keine durch Funktionäre diktatorisch verfügten Einbürgerungen. Die Einführung von Notrecht ist unnötig. Es ist nicht in Ordnung, dass sich die Regierung über Parlament und Bürger hinwegsetzt. Das Bundesgerichtsurteil zwingt die Kantone zu nichts, denn in der Schweiz bestimmen immer noch Parlament und Volk die Gesetze. Es besteht Handlungsbedarf. Das Schweizer Volk fragt sich mit Recht, weshalb z.B. Ausländer mit dem Schweizer Pass belohnt werden, die kaum eine Landessprache beherrschen. Tatsache ist auch, dass das Schweizer Volk nach wie vor äusserst empfindlich reagiert, wenn es in seinen Volksrechten beschnitten oder nicht ernst genommen wird. Genau das ist mit dem Bundesgerichtsentscheid 2003 passiert. Ich würde Ihnen deshalb wärmstens empfehlen mitzuhelfen, dass momentan wenigstens im Kanton St.Gallen über eine bestimmte Zeit etwas Ruhe einkehrt. Ich bin überzeugt, dass Ihnen die Gemeindepräsidenten, die an Gemeindeversammlungen reihenweise unangenehm konfrontiert werden, sehr dankbar wären. | Session des Kantonsrates vom 4. und 5. Juni 2007 |
5.6.2007 | Wortmeldung | Ratspräsidentin: Die Regierung beantragt Nichteintreten. | Session des Kantonsrates vom 4. und 5. Juni 2007 |
5.6.2007 | Wortmeldung | Dem Antrag der Regierung ist zuzustimmen. Zu Gächter-Berneck: Die Regierung hat den Auftrag übernommen, eine neue Vorlage zu bringen nach dem Vorschlag von Reimann-Wil und Gemperle-Goldach. Wir leben in einem Rechtsstaat. Diesen Rechtsstaat müssen wir verteidigen auch in dieser Frage. Die Verfassung sieht vor, dass es eine Notverordnung gibt, wenn ein Gesetz nicht rechtzeitig eingesetzt und in Vollzug gesetzt werden kann. Wenn Sie jetzt ein Moratorium durchsetzen wollen, dann verstossen Sie gegen die Grundlagen in unserer Kantonsverfassung, und Sie setzen auch eine Rechtsverweigerung ein. Es gibt auch Einbürgerungen von Schweizerinnen und Schweizern und nicht nur die Einbürgerungen von Ausländerinnen und Ausländern. Ich freue mich immer wieder, wenn ich in der Zeitung lese, dass es Gemeindebürgerversammlungen gegeben hat, wo die Einbürgerungen ganz klar zustimmende Unterstützung erhalten haben. Das bringt für mich zum Ausdruck, dass die Einbürgerungsräte ihre Arbeit sehr gut machen. Wenn Sie jetzt ein Moratorium durchsetzen wollen, setzen Sie alles ausser Kraft, und Sie schwächen den Rechtsstaat und die Grundlage. Ich bitte Sie, die Dinge nicht zu verzerren. | Session des Kantonsrates vom 4. und 5. Juni 2007 |