Geschäft: Vereinbarkeit von Beruf und Familie in der Staastsverwaltung
Komitee | Kantonsrat |
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Nummer | 40.09.03 |
Titel | Vereinbarkeit von Beruf und Familie in der Staastsverwaltung |
Art | KR Berichterstattung |
Thema | Allgemein |
Federführung | Finanzdepartement |
Eröffnung | 9.5.2007 |
Abschluss | 21.9.2009 |
Letze Änderung | 9.12.2021 |
vertraulich | Nein |
öffentlich | Ja |
dringend | Nein |
Datum | Akteur | Titel | Letze Änderung |
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1.8.2019 | Gremium | Beteiligung - 40.09.03 voKo Vereinbarkeit von Beruf und Familie in der Staatsverwaltung | 19.1.2023 |
Datum | Titel | Resultat | öffentlich | ||||
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Ja | Bedeutung | Nein | Bedeutung | Absent / Enthaltung | |||
21.9.2009 | Eintreten | 73 | Zustimmung | 24 | Ablehnung | 23 |
Datum | Typ | Wortlaut | Session |
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21.9.2009 | Wortmeldung | Präsident der vorberatenden Kommission: Auf die Vorlage ist einzutreten. Die vorberatende Kommission hat den Bericht der Regierung am 10. März 2009 in einer halbtägigen Sitzung beraten. Der Vorsteher des Finanzdepartementes wies in seinem Eintretensreferat darauf hin, dass die Vereinbarkeit von Beruf und Familie lange als Privatangelegenheit gegolten habe, in den letzten Jahren habe sich aber gezeigt, dass auch die Politik aktiv werden und geeignete Rahmenbedingungen bereitstellen müsse. Er hielt fest, dass der Fokus des Berichts sich auf die Verhältnisse innerhalb der Staatsverwaltung richte und der Kanton St.Gallen bereits bisher dem Thema der Vereinbarkeit von Beruf und Familie einige Aufmerksamkeit gewidmet habe. Dies habe auch eine im Rahmen der Erarbeitung dieser Vorlage gemachte Umfrage unter den Kantonen gezeigt. Mit der nun vorgelegten St.Galler Agenda «Vereinbarkeit von Beruf und Familie in der Staatsverwaltung» sollten nun im Sinne eines pragmatischen Ansatzes weitere und erhebliche Verbesserungen gemacht werden. Aus den Eintretensreferaten der verschiedenen Delegationen wurde überdeutlich, in welchem politischen Spannungsfeld das angesprochene Thema steht. Während eine Delegation den Bericht als nicht notwendig bezeichnete, wurde er von den übrigen Fraktionen begrüsst, allerdings mit unterschiedlichen Begründungen und auch mit unterschiedlicher Begeisterung. So wurde etwa darauf hingewiesen, der Fokus auf die Staatsverwaltung sei zu eng, Klein- und Mittelbetriebe seien nicht in der Lage, Vergleichbares anzubieten, die Staatsverwaltung sei bereits heute ein hochattraktiver Arbeitgeber und dessen Attraktivität müsse nicht weiter verstärkt werden. Von anderer Seite wurde festgehalten, dass es falsch sei, nun in erster Linie mit wirtschaftlichen Notwendigkeiten dieses Thema anzugehen, ebenso wichtig sei es, die ganze gesellschaftspolitische Dimension mitzuberücksichtigen. Festgehalten wurde, dass es falsch sei, das Thema als Frauenthema zu diskutieren, das Thema betreffe die ganze Gesellschaft und insbesondere auch die Männer. Es wurde darauf hingewiesen, dass insbesondere im Bereich der Sozialversicherungen und des BVG noch Anpassungsbedarf bestehe, der von der Vorlage nicht umfasst werde. Gefordert wurde eine Erweiterung der Beratung im Sinne kostenloser Laufbahnberatung, die auch Frauen mit bescheidenen finanziellen Mitteln zur Verfügung stehe. Die Kommission trat mit 10:5 Stimmen auf den Bericht ein. In der Detailberatung informierte der Vorsteher des Finanzdepartementes über den Stand der Dinge bei der Revision des Dienstrechtes, er stellte in Aussicht, das Vernehmlassungsverfahren vor oder direkt nach den Sommerferien einzuleiten, es sei vorgesehen, das revidierte Dienstrecht auf das Jahr 2011 in Kraft zu setzen. Im Rahmen dieser Vorlage könnten dann diverse vorgeschlagene Massnahmen umgesetzt werden. | Session des Kantonsrates vom 21. bis 23. September 2009 |
21.9.2009 | Wortmeldung | Mich fordern zwei Redner und eine Rednerin zu einer Replik heraus: Zu Spiess-Rapperswil-Jona: Wenn die Staatsverwaltung Personen aus der Privatwirtschaft abwirbt, dann freut mich das. Der Staat nimmt seine Vorbildfunktion wahr und dient als Vorbild. Das ist doch auch im Sinne der FDP-Fraktion. Zu Güntzel-St.Gallen: Jobsharing ist ein wichtiges Thema im Personalwesen. Ich komme aus dieser sogenannten Kaderschmiede. Ich habe sehr viel mit jungen Akademikern zu tun. Die Vereinbarkeit von Beruf und Familie ist ein grosses Thema für diese jungen Menschen. Zum Argument, es koste sehr viel: Steiner-Kaltbrunn, machen Sie sich dazu Gedanken, wenn es morgen um überdimensionierte Strassenbauvorhaben geht. | Session des Kantonsrates vom 21. bis 23. September 2009 |
21.9.2009 | Wortmeldung | (im Namen der SVP-Fraktion): Auf die Vorlage ist einzutreten. Die SVP-Fraktion ist sich bewusst, dass Kenntnisnahme später bei konkreten Projekten bereits als Zustimmung interpretiert wird. Wir möchten festhalten: Wir glauben, dass der Kanton St.Gallen als Arbeitgeber heute schon sehr weit gegangen ist, sehr grosszügig handelt, dass es aber, und das wurde uns auch von Vertretern des Personalamtes bestätigt, eben gewisse Arbeitsmodelle, Arbeitszeitmodelle gibt, die man nicht einfach auf 3'000 oder 4'000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter umlegen kann, und es stellt kein Problem dar. Sondern dass wir auch in der Staatsverwaltung mit kleineren Dienststellen und Abteilungen zu tun haben, wo nicht alle Wünsche möglich und umsetzbar sind, ohne dass das auf Kosten der Steuerzahler ginge. Und das kann es auch nicht sein. Zweitens wurde bestätigt, dass gerade auch in Kaderfunktionen Jobsharing nur beschränkt möglich ist, d.h. die Vereinbarkeit von Beruf und Familie ist wahrscheinlich gesellschaftlich unbestritten, oder anders gesagt, auch hier liegt manchmal das Problem im Detail und nicht im Grundsatz. Wir wurden informiert, und Vorrednerinnen und Vorredner haben darauf hingewiesen, dass das erste Personalgesetz des Kantons St.Gallen in Bearbeitung ist. Bei diesem Personalgesetz stehen wir vor grossen Aufgaben, und wir werden auch unsere Erwartungen zum Personalgesetz zum Ausdruck bringen. | Session des Kantonsrates vom 21. bis 23. September 2009 |
21.9.2009 | Wortmeldung | (im Namen der SVP-Fraktion): Auf die Vorlage ist nicht einzutreten. Im Bericht zeigt die Regierung auf, wo der Kanton im Vergleich mit anderen Kantonen und Städten der Schweiz steht. Mittels einer breit angelegten Umfrage konnte ermittelt werden, ich zitiere: «dass der Kanton St.Gallen dank der fortschrittlichen Ausrichtung seiner Personalpolitik auf gutem Wege ist». Trotzdem sieht die Regierung weiter gehende Massnahmen vor, die sie in 13 Positionen detailliert beschreibt. Ich möchte nicht auf das Wunschkonzert der verschiedenen Massnahmen eingehen, sondern vielmehr auf die finanziellen Aspekte. Aufgrund von Schätzungen ist bei Umsetzung aller Massnahmen von einem einmaligen Aufwand von rund Fr. 161'000. und wiederkehrenden jährlichen Kosten von rund 680'000 Franken auszugehen. Nicht eingerechnet sind die Kosten für eine Weiterführung der Massnahmen «Personalmanagement schafft Chancengleichheit» aus dem aktuellen Aufgaben- und Finanzplan ab dem Jahr 2011. Die sachgemässe Anwendung der St.Galler Agenda zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie in den Psychiatrischen Diensten Süd und Nord sowie in den selbständigen öffentlich-rechtlichen Anstalten verursacht zusätzlich wiederkehrende Kosten von schätzungsweise 650'000 Franken, insbesondere Personalressourcen für den Aufbau von Fachstellen «Vereinbarkeit von Beruf und Familie». Die Finanz- und Wirtschaftskrise wird in den kommenden Jahren tiefgreifende Spuren hinterlassen. Wir alle müssen den Gürtel enger schnallen und können uns weiter gehende Massnahmen nicht mehr leisten. Es ist noch keine Stunde her, da haben wir einen Nachtragskredit von rund 1,7 Mio. Franken beschlossen für die Beteiligung des Kantons an den beschäftigungsstabilisierenden Massnahmen des Bundes. Und jetzt besprechen wir bereits neue Ausgaben in Form von neuen Leistungen. Wenn wir heute von diesem Bericht Kenntnis nehmen, bedeutet das so viel wie Gutheissung, wie das Güntzel-St.Gallen bestätigt hat. Und es gibt grünes Licht für die Regierung. Das ist in der gegenwärtigen wirtschaftlich schwierigen Zeit unverantwortlich. | Session des Kantonsrates vom 21. bis 23. September 2009 |
21.9.2009 | Wortmeldung | (im Namen der GRÜ-Fraktion): Auf die Vorlage ist einzutreten. Der pragmatische Ansatz des Kantons mit der Agenda und den Massnahmen entspricht unserer Fraktion. Es wird auch betriebswirtschaftlich überlebenswichtig werden, wie das Thema der Vereinbarkeit von Familie und Beruf in der Personalpolitik der Unternehmungen aufgegriffen wird. Aktuelle Beispiele für St.Gallen als familienfreundlicher Kanton sind der X. Nachtrag zum Volksschulgesetz mit den Blockzeiten und dem Mittagstisch und der Nachtrag zum Steuergesetz mit der 50-prozentigen Erhöhung der Kinderabzüge, dem Kinderfremdbetreuungsabzug und dem Zuschlag für die Eigenbetreuung von Kindern. Die St.Galler Agenda zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie kann nur mit Hilfe der Vorgesetzten umgesetzt werden. Diese nehmen im ganzen Prozess auch unserer Ansicht nach eine Schlüsselrolle ein. Die GRÜ-Fraktion beurteilt den Bericht ebenfalls positiv und wünscht bei der Umsetzung viel Erfolg. | Session des Kantonsrates vom 21. bis 23. September 2009 |
21.9.2009 | Wortmeldung | Kommissionspräsident: In der vorberatenden Kommission wurde klargestellt, dass Massnahme 3 und 13 gekoppelt sind und mit Kosten von zweimal Fr. 120'000. zu rechnen ist. Bei der Massnahme 6 wurde von einer Delegation kritisiert, dass eine generelle Bandbreite von 60 bis 100 Prozent nicht akzeptabel sei. Ein Standard von 80 bis 100 Prozent wäre noch vertretbar. Bezweifelt wurde, dass mit Teilzeitmodellen keine Mehrkosten entstehen, es wurde dann darauf hingewiesen, dass solche entstehen werden, sie aber schwer abschätzbar seien. Zu Massnahme 8 informiert Regierungsrat Gehrer, dass die Regierung in der Zwischenzeit beschlossen hat, den Vaterschaftsurlaub auf 5 Tage zu erhöhen, mit einer Bezugsfrist von 4 Monaten. Angeregt wurde, die Bezugsfrist allenfalls zu verkürzen, um die Väter wirklich unmittelbar nach der Geburt in die Betreuungsaufgaben einzubinden. Zu Massnahme 9: Geklärt wurde, dass die Lohn-/Zeitoption einmal pro Kind offensteht. Zur Massnahme 12: Es wurde festgehalten, dass Mütter ihre kranken Kinder nicht allein lassen können. Sichergestellt werden müsste damit weniger die Betreuung der Kinder, sondern ein Ersatz der Mütter am Arbeitsplatz. | Session des Kantonsrates vom 21. bis 23. September 2009 |
21.9.2009 | Wortmeldung | Ratspräsidentin, stellt Kenntnisnahme vom Bericht fest. | Session des Kantonsrates vom 21. bis 23. September 2009 |
21.9.2009 | Wortmeldung | (im Namen der FDP-Fraktion): Die FDP-Fraktion nimmt vom Postulatsbericht Kenntnis, mit dem ausdrücklichen Vorbehalt, dass sie den Bericht in verschiedenen Teilen als Grundlage des Regierungsprogrammes ablehnt. Die Vereinbarkeit von Beruf und Familie ist eine langjährige Forderung der FDP-Fraktion und soll eine Selbstverständlichkeit sowohl in der Staatsverwaltung als auch in der Privatwirtschaft werden, denn Väter und Mütter sollen ihr erlerntes, berufliches Know-how auch während der Kinderphase erhalten und die Erfahrung vermehren können. Wirtschaft und Staat sind in Zukunft noch mehr darauf angewiesen, dass junge Berufsleute bald wieder ins Berufsleben einsteigen. Dazu kommt, dass die Investitionen in die teuren Ausbildungen, vor allem in technischen und naturwissenschaftlichen Bereichen, weder dem Staat noch der Wirtschaft verloren gehen dürfen. Aber die Staatsverwaltung ist keine wirtschaftliche Insel. Daher ist der Fokus des Postulatsberichtes auf die Staatsverwaltung zu eng. Er nimmt keinen Bezug zur Privatwirtschaft. Dieser wäre aber nötig gewesen, denn der Staat und Grossfirmen haben naturgemäss Möglichkeiten und Mittel, die Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu fördern. KMU hingegen verfügen meist weder über solche Möglichkeiten noch über die erforderlichen Mittel. Die Gefahr, dass zwischen den Anstellungsbedingungen des Staates und der KMU ein immer grösseres Gefälle entsteht, ist gross. Der Postulatsbericht schweigt sich jedoch darüber aus. Der Bericht und die vorgesehenen 13 Massnahmen der St.Galler Agenda enthalten Förderungs- und Unterstützungsmassnahmen für das Staatspersonal, sodass dessen Anstellungsbedingungen durch Nebenleistungen gegenüber den KMU-Betrieben noch attraktiver werden. So ist die bezahlte «Vaterschaftszeit» von fünf Tagen praktisch nichts anderes als eine zusätzliche Woche «Vaterschaftsurlaub» - also Ferien. Die FDP-Fraktion sieht auch die Gefahr, dass die vorgeschlagenen Massnahmen zu einem perfektionierten und überrissenen Betreuungsangebot führen. So soll beispielsweise für die Betreuung der Krippen nicht mehr eine normale Ausbildung genügen, sondern eine zusätzliche Ausbildung als Säuglingspädagogin erforderlich sein. Wir sind der Auffassung, dass Mütter und Väter, die Kinder bereits grossgezogen haben, durchaus auch in der Lage sind, Kleinkinder zu betreuen. Die FDP-Fraktion lehnt solche überspitzten Anforderungen, wie sie übrigens auch vom Bund in die Vernehmlassung geschickt worden sind, ab. Mit keinem Wort widmet sich der Bericht der Frage des Austauschs und der Durchlässigkeit von Arbeitskräften zwischen Staatsverwaltung und Privatwirtschaft. Bereits heute besteht in bestimmten Berufszweigen eine Tendenz, von der Privatwirtschaft in die Staatsverwaltung umzusteigen, weil hier die Anstellungsbedingungen besser sind. Auch im Bereich der Förderung von Beruf und Familie ist darauf zu achten, dass die Attraktivität eines Wechsels von der Staatsverwaltung vor allem auch in KMU-Betriebe gewahrt bleibt. Die vielen Begleitmassnahmen in Form von Modulen und Kursen usw. für Personalverantwortliche und Kader in der Staatsverwaltung sind übertrieben. Wir erachten es als eine ständige Aufgabe der Kader-, der Personalverantwortlichen und auch des Personalamts, sich auch mit der Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu befassen, und zwar im Rahmen ihrer normalen Anstellung. Zusätzliche Stellen lehnen wir ab. In diesem Sinn nimmt die FDP-Fraktion - mit Anerkennung der Wichtigkeit der Vereinbarkeit von Beruf und Familie, aber mit Skepsis gegenüber der einseitigen Besserstellung des Staatspersonals - vom Bericht Kenntnis und wird bei konkreten Vorlagen der Regierung entsprechende Anträge einbringen. | Session des Kantonsrates vom 21. bis 23. September 2009 |
21.9.2009 | Wortmeldung | (im Namen der CVP-Fraktion): Auf die Vorlage ist einzutreten. In Zukunft werden die vorgeschlagenen Massnahmen im Bereich «Vereinbarkeit von Beruf und Familie» von grosser Bedeutung sein. Unsere Gesellschaft hat sich verändert. Das geht aus dem Bericht «demographischer Wandel» hervor. Diesem Wandel müssen wir Rechnung tragen. Es ist richtig, dass der Staat hier eine Vorreiterrolle übernimmt. Vereinbarkeit von Beruf und Familie ist mehr als nur eine Einbindung der Frauen im Berufsalltag. Sie ist ein wichtiger Faktor für den Erfolg eines Unternehmens und die gesamte Volkswirtschaft. Eine Verteilung der Verantwortlichkeiten und Fachkenntnisse auf mehrere Personen reduziert die Risiken eines Betriebs. Ein Unternehmen kann nur gewinnen. Die Motivation und Leistungsbereitschaft steigern die Produktivität, und eine geringere Fluktuationsrate verringert die Kosten bei der Personalsuche. In der Motion 42.07.04 forderte die CVP die Regierung auf, verschiedene Massnahmen zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu prüfen. Wir sind erfreut, dass die Regierung allen geforderten Massnahmen im Bericht Rechnung trägt und noch weiter führende Massnahmen prüfen will, wie z.B. den bezahlten Vaterschaftsurlaub, der erweitert werden soll auf 5 Tage, oder dass anstelle des 13. Monatsgehalts bezahlter Urlaub bezogen werden kann. Noch Optimierung sehen wir im Bereich Krippen-Öffnungszeiten. Mit den veränderten Lebens- und Berufsbedingungen haben viele Angestellte, gerade auch Frauen, verlängerte Arbeitszeiten, z.B. im Gesundheitsbereich wird mehrschichtig gearbeitet. Werden die Öffnungszeiten der Krippen beibehalten, können Mütter nur im Tagdienst arbeiten. Das wird im Team nur schlecht akzeptiert. Das ist mit ein Grund, dass viele Mütter auf den Wiedereinstieg verzichten. Oder auch das Theaterpersonal hat oft lange Arbeitszeiten. Wenn die Krippen bereits um 18.00 Uhr oder 19.00 Uhr schliessen, nützt ihnen dieses Betreuungsangebot nichts. Weiter optimieren könnte man im Bereich des unbezahlten Mutterschaftsurlaubs mit zugesicherter Arbeitsstelle. Manch eine junge Mutter würde gerne ihr Kind bis zwei Jahre zu Hause selber betreuen, wenn sie wüsste, dass sie danach wieder eine zugesicherte Arbeitsstelle hätte, wie das z.B. in Österreich der Fall ist. Die Nachfrage nach Krippenplätzen würde sich dann auch reduzieren. Grundsätzlich stellen wir fest, dass der Handlungsbedarf betreffend «Vereinbarkeit von Beruf und Familie» auf verschiedenen Ebenen erkannt wurde und jetzt bereits angegangen wird, z.B. die Schaffung von zusätzlichen Säuglingspflegeplätzen. Mit dieser Massnahme wird man der gesteigerten Nachfrage gerecht. Oder die Anpassung der beruflichen Vorsorge. Bei einem Wechsel vom Leistungs- zum Beitragsprimat würde die Rente berechnet aufgrund der individuellen Beiträge. Somit könnten sich auch Personen, die weniger als 8 Std. arbeiten, versichern, und sie müssten keine Lücken mehr in der Pensionskasse in Kauf nehmen. Es bleibt zu hoffen, dass die Massnahmen in der Staatsverwaltung auch auf die privaten Unternehmen ausstrahlen. Es wird eine Herausforderung sein, auch kleinere und mittlere Betriebe zu überzeugen, dass ein familienfreundliches Unternehmen auch für sie von Vorteil ist. | Session des Kantonsrates vom 21. bis 23. September 2009 |
21.9.2009 | Wortmeldung | (im Namen der SP-Fraktion): Auf die Vorlage ist einzutreten. Der Bericht hält eingangs einige grundsätzliche Fakten fest, analysiert die Entwicklung der letzten Jahre und verweist auf den heutigen Stand. Weiter vergleicht er den Kanton St.Gallen mit anderen öffentlichen Verwaltungen und mündet so in Massnahmen, der sogenannten «St.Galler Agenda zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie». Für diese Auslegeordnung und die daraus folgenden möglichen Handlungsfelder danken wir der Regierung. Toll ist, dass die meisten Fraktionen die Notwendigkeit der Thematisierung eingesehen haben. Es ist mir wichtig, einige Punkte aus dem Bericht noch einmal zu unterstreichen. Der Bericht hält fest, dass sich die verschiedenen Familien- und Rollenbilder in den letzten Jahrzehnten grundlegend geändert haben. So gilt es wirklich und ausdrücklich festzuhalten, dass auch im Kanton St.Gallen die traditionelle Familie, wo der Vater die Ernährer- und die Mutter hauptsächlich die Betreuungsrolle übernimmt, nicht einmal mehr in einem Viertel der verschiedenen Familienmodelle vorkommt. Demgegenüber ist der Anteil der Familien mit einem Elternteil mit 24 Prozent sogar noch um ein Prozent grösser. Unabhängig davon, wie gut man diese Entwicklung findet, dieser Realität ist endlich einmal Rechnung zu tragen, und die Regierung tut dies mit den erwähnten Massnahmen auch. Dabei ist wichtig, dass sowohl die Frauen wie auch die Männer für diese Umsetzung Verantwortung übernehmen. Es ist dies nämlich schon längst kein Frauenthema mehr, ja hätte es eigentlich auch gar nie sein sollen. Unser Kanton schneidet unter den verglichenen Kantonen inkl. des Fürstentums Liechtenstein am schlechtesten ab, was den Vaterschaftsurlaub betrifft. Es kann nicht angehen, dass sich junge Familien gegen Kinder entscheiden, weil die Vereinbarkeit von Beruf und Familie nicht oder nur ungenügend gegeben ist. Der Bericht spricht auch die Tatsache an, dass die Vereinbarkeit für private wie öffentliche Arbeitgeber eine Sache des wirtschaftlichen Überlebens werden wird. Klar, dass wir aufgrund des demographischen Wandels auf die professionellen Ressourcen eines grossen Teils der Bevölkerung nicht mehr werden verzichten können. Schade aber, dass die Notwendigkeit der Vereinbarkeit von Beruf und Familie im Bericht immer wieder mit wirtschaftlicher Notwendigkeit begründet werden muss, wo es doch eigentlich eine gesellschaftliche Selbstverständlichkeit sein müsste. Die im Bericht erwähnten Massnahmen in der «St.Galler Agenda» sind interessant und unbedingt weiterzuverfolgen und weiterzuentwickeln, insbesondere die Einführung von Lebensarbeitszeit mit Zeitkonto, die Erweiterung der bezahlten Vaterschaftszeit, die Erhöhung der Anzahl Krippenplätze sowie die Betreuung in Ausnahmesituationen. Äusserst wichtig scheint mir zudem, dass auch in Kaderstellen vermehrt Teilzeitarbeit möglich wird. Nun wurde bereits von verschiedenen Seiten moniert, dass sich der Staat als Arbeitgeber auf diese Weise zu viele Vorteile gegenüber der privaten Wirtschaft verschaffe. Es ist richtig, unser Kanton ist ein guter Arbeitgeber, und das ist auch richtig so. Der Kanton als Arbeitgeber hat hier eine Vorbild- und Vorreiterrolle zu übernehmen, weil nämlich noch viel Handlungsbedarf besteht. Wer strahlt diesen Vorbildcharakter aus, wenn nicht der Staat? Der Sinn und Zweck dabei ist ja gerade, dass dies früher oder später auch auf andere Arbeitgeber abstrahlt, ja Auswirkungen haben muss. Die Angst vor dem Nachvollzug ist zwar verständlich, aber hier fehl am Platz. Wir wollen ja schliesslich und endlich unsere Gesellschaft weiterbringen - unsere Gesellschaft -, und das können wir letztlich nur, indem die Wirtschaft und der Staat am gleichen Strick ziehen. Der Staat ist keine «geschützte Werkstatt mit Wettbewerbsvorteilen», sondern hat als realer Teil der Gesellschaft seine Vorreiterrolle auch wahrzunehmen Unsere Gesellschaft hat im letzten Jahrhundert die Emanzipation und die Gleichstellung der Frau in weiten Teilen vollzogen. Das ist gut so, aber leider funktioniert dies alles noch nicht so glatt. Nun gilt es auch die Auswirkungen auf die Aufgabenteilung, die dieses moderne Gesellschaftsbild mit sich bringt, zu klären. Der Bericht zeigt, wir sind erst am Anfang eines Prozesses, der uns wohl die nächsten Jahrzehnte über begleiten wird. Der Weg für diese Wanderung ist auf der Landkarte jetzt eingezeichnet, das Ziel erkannt. Jetzt müssen wir uns nur noch auf den Weg machen und hoffen, dass alle mitkommen. Dies wird aber ein langer und noch steiniger Weg. Aber er ist nötig, und die neuen Einsichten am Schluss werden die Anstrengungen lohnen. | Session des Kantonsrates vom 21. bis 23. September 2009 |