Geschäft: Stärkung der Gemeindeautonomie durch mehr Flexibilität bei der Höhe der Grundsteuer von natürlichen und juristischen Personen
Komitee | Kantonsrat |
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Nummer | 42.11.19 |
Titel | Stärkung der Gemeindeautonomie durch mehr Flexibilität bei der Höhe der Grundsteuer von natürlichen und juristischen Personen |
Art | KR Motion |
Thema | Finanzen, Regalien, Unternehmungen, Feuerschutz |
Federführung | Finanzdepartement |
Eröffnung | 27.4.2011 |
Abschluss | 7.6.2011 |
Letze Änderung | 9.12.2021 |
vertraulich | Nein |
öffentlich | Ja |
dringend | Nein |
Datum | Akteur | Titel | Letze Änderung |
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1.8.2019 | Person | Beteiligung - Dürr-Widnau | 21.11.2024 |
Datum | Titel | Resultat | öffentlich | ||||
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Ja | Bedeutung | Nein | Bedeutung | Absent / Enthaltung | |||
7.6.2011 | Eintreten | 51 | Zustimmung | 53 | Ablehnung | 16 |
Datum | Typ | Wortlaut | Session |
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7.6.2011 | Wortmeldung | Auf die Motion ist nicht einzutreten. Dürr-Widnau möchte mit seiner Motion Flexibilität erreichen und die Gemeindeautonomie stärken. Das ist ein hehres Anliegen. Aber wie bereits bei ähnlichen Vorstössen geht es hier vor allem um das Ziel, die Grundsteuer für natürliche Personen zu senken. In Zeiten von Sparprogrammen erstaunt und irritiert diese Forderung doch sehr. Zur Zeit beträgt die Grundsteuer für natürliche und juristische Personen in den meisten Gemeinden 0,8 Promille des Steuerwerts ihrer Grundstücke. Die angestrebte Steuersenkung bei den natürlichen Personen nützt dem einzelnen Eigenheimbesitzer sehr wenig. Die Einsparung liegt bei 60 Franken je 0,1 Promille für ein Einfamilienhaus, das einen Steuerwert von 600'000 Franken aufweist. In den Gemeinden jedoch würde die Senkung der Grundsteuer zu grossen Einnahmenausfällen führen, die auf einem anderen Weg wieder kompensiert werden müssten, z.B. durch die Erhöhung des allgemeinen Gemeindesteuerfusses. Und das wiederum trifft dann die gesamte Bevölkerung. Darüber hinaus verweise ich auf die Ausführungen der Regierung, die das Anliegen der Motion als nicht mit der Rechtsgleichheit vereinbar und damit als verfassungswidrig beurteilt. | Session des Kantonsrates vom 6. und 7. Juni 2011 |
7.6.2011 | Wortmeldung | Auf die Vorlage ist nicht einzutreten. Es geht hier zwar nicht um die Abschaffung der Grundsteuer, aber es geht um die Vorbereitung zur Abschaffung. Zwei Vorredner haben gesagt, dass der Wettbewerb unter den Gemeinden wichtig sei und die Autonomie gestärkt werden solle. In Tat und Wahrheit passiert aber Folgendes: Gemeinde A reduziert die Grundsteuer, und die Gemeinde B als Nachbargemeinde kommt unter Zugzwang und reduziert auch. Darin sehe ich einfach die vielgepriesene Autonomie nicht mehr. Meines Erachtens geschieht nichts anderes, als dass Druck aufgesetzt wird, eine Steuer, die einer grossen Mehrheit im Saal schon lange ein Dorn im Auge ist, abzuschaffen. Ich kann das Votum von Fässler-St.Gallen nur unterstützen. Es ist wirklich erst eine sehr kurze Zeit verstrichen, seit der Kantonsrat über dieses Thema diskutiert hat. Damals wurde festgestellt, dass ohne diese Grundsteuer die Gemeinden erhebliche Steuerausfälle zu verzeichnen hätten. | Session des Kantonsrates vom 6. und 7. Juni 2011 |
7.6.2011 | Wortmeldung | (im Namen der SVP-Fraktion): Auf die Motion ist einzutreten. Die SVP-Fraktion setzt sich grundsätzlich immer wieder für die Gemeindeautonomie ein. Gemäss den Ausführungen von Würth-Goldach muss schlussendlich die Gemeinde diese Entlastungen im Griff haben. Alle die erörterten Varianten, Gerechtigkeiten usw. können auf kommunaler Ebene entschieden werden, und jede Gemeinde kann das für richtige bzw. gerechte System wählen. | Session des Kantonsrates vom 6. und 7. Juni 2011 |
7.6.2011 | Wortmeldung | Ich bin erstaunt, wie kurzlebig das politische Gedächtnis dieses Rates ist. In der Februarsession 2011 haben wir alle diese Fragen vertieft diskutiert. Damals war die einhellige Meinung, auch seitens des Hauseigentümerverbandes (abgekürzt HEV), dass es der falsche Zeitpunkt ist, um bei den Grundsteuern etwas zu verändern. Keine zwei Monate später ist nicht nur die SVP-Fraktion, sondern plötzlich auch eine Mehrheit der FDP-Fraktion anderer Meinung. Der Kantonsrat hat seine Hausaufgaben bzgl. der Finanzen noch nicht gemacht. Wir müssen ein weiteres Sparpaket von 50 Mio. Franken schnüren, und schon soll es wieder Entlastungen Millionenhöhe geben. Bei der Vorbereitung meines heutigen Votums hat mir in verdankenswerter Art und Weise, aber unfreiwillig, der Kantonsratspräsident geholfen und zwar mit der Post, die ich gestern von ihm, dem Geschäftsführer des HEV, erhalten habe. Da werde ich freundlich eingeladen, im HEV aktiv mitzumachen und Mitglied zu werden. Um mich von einer Mitgliedschaft zu überzeugen, ist im Brief auch aufgelistet, was der Verband in der Vergangenheit alles geleistet hat. Diese Leistungen lassen sich tatsächlich sehen, sind aber m.E. gerade ein Grund, auf zusätzliche Entlastungen wie die hier vorgesehenen zu verzichten. Der Kantonsratspräsident teilt mir mit, dass der HEV des Kantons St.Gallen mittlerweile 27'000 Mitglieder zählt und sagt wörtlich: «Der HEV ist die stärkste politische Organisation im Kanton St.Gallen.» Ich war immer der Ansicht, dass dies die SVP ist. Des Weiteren erklärt er, dass ich als Eigenheimbesitzer dank dem Einsatz des HEV jährliche Steuerersparnisse zwischen 500 und 1000 Franken erhalte, weil der Eigenmietwert seit dem Jahr 2010 wiederholt gesenkt wurde. Er erklärt auch, dass bei der Grundsteuer der Maximalsatz auf 0,8 Promille gesenkt wurde, was wiederum Einsparungen zwischen 100 und 200 Franken je Jahr bedeuten würde. Wenn wir den Durchschnitt von 500 und 1000 Franken und jenen von 100 und 200 Franken nehmen, dann kommen wir auf eine Durchschnittsentlastung von 900 Franken je Jahr für jede Person, die im Kanton St.Gallen Wohneigentum besitzt. Nun sind es aber nicht nur die 27'000 Mitglieder des HEV, die Wohneigentum besitzen. Leider konnte ich keine genauen Zahlen eruieren. Meines Erachtens wurden diese im Jahr 2000 das letzte Mal erhoben. Ich schätze aber, dass sich aktuell im Kanton St.Gallen etwa 80'000 Haushalte im selbstbewohnten Wohneigentum befinden. Die Quote liegt etwa bei 40 Prozent. Hochgerechnet ergibt das nur schon bei den Mitgliedern des HEV einen jährlich wiederkehrenden Betrag von etwa 25 Mio. Franken. Nimmt man aber die effektiven Hauseigentümer - als etwa 80'000 oder dreimal mehr - in den Blick, dann gibt das jährliche Steuerentlastungen von etwa 75 Mio. Franken. Für diese Berechnung vertraue ich auf die Zahlen des HEV, die ich natürlich nicht überprüfen konnte. Wenn der Kanton nun aber tatsächlich in den letzten 10 Jahren die Hauseigentümer jährlich wiederkehrend um 75 Mio. Franken entlastet hat und dadurch in einen finanziellen Schlamassel geraten ist, dann ist es doch einfach falsch, im heutigen Zeitpunkt über zusätzliche Entlastungen nachzudenken. | Session des Kantonsrates vom 6. und 7. Juni 2011 |
7.6.2011 | Wortmeldung | legt seine Interessen als Präsident des Hauseigentümerverbandes offen. Auf die Motion ist einzutreten. Mir ist die Grundsteuer ein Anliegen. Die Grundsteuer ist eine reine Objektsteuer, d.h. sie nimmt keine Rücksicht auf die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Grundeigentümers. Die ablehnende Begründung der Regierung liegt insbesondere in den verfassungsrechtlichen Bedenken und verweist auf den Bundesgerichtsentscheid BGE 114 Ia 321 vom 9. Dezember 1988. Ich habe mir diesen Bundesgerichtsentscheid zu Gemüte geführt und zitiere eine Passage daraus: (...)«Es ist mit der Rechtsgleichheit allerdings auch vereinbar, die Belastung mit der Grundstücksteuer nach dem besonderen Nutzen, den die Grundstücke aus den staatlichen Aufwendungen ziehen können, angemessen abzustufen, da diese Steuer gerade mit diesem Nutzen gerechtfertigt wird. Die sich aus dem KTR ergebende differenzierte Belastung von landwirtschaftlichen Grundstücken, von nicht-landwirtschaftlichen Grundstücken sowie von Wohn- und Renditehäusern und von industriellen Anlagen (...) hält von Art. 4 BV grundsätzlich stand. Ähnliche Abstufungen bei den Grundstücksteuern kennen auch andere Kantone, in denen die amtlichen Werte landwirtschaftlicher und nicht-landwirtschaftlicher Liegenschaften häufig stark abweichen.» (...) Es geht zum jetzigen Zeitpunkt beim vorliegenden Geschäft nicht um eine Reduktion oder gar um eine Abschaffung der Grundsteuer - eine Steuer, die wohlverstanden systemwidrig in der Steuerlandschaft steht - sondern einzig und allein darum, den Gemeinden bzw. den Stimmbürgerinnen und Stimmbürgern die Möglichkeit einer differenzierten Erhebung der Grundsteuer für juristische und natürliche Personen zu geben. Zu Würth-Goldach im Zusammenhang mit Standortförderung und -wettbewerb. Für mich ist nicht nur die Diskussion um den Steuerfuss für potentielle Neuzuzügerinnen und Neuzuzüger wichtig, sondern insbesondere die Pflege all jener Bürgerinnen und Bürger, dies schon viele Jahre in der Gemeinde leben und Grundsteuern zahlen. Zu Fässler-St.Gallen: Ich bedaure auch, dass die Zahlen der effektiven Grundstückeigentümer im Kanton St.Gallen nicht erhältlich sind. Ich habe sie auch bei der Gebäudeversicherungsanstalt nicht bekommen. Der HEV schätzt, dass etwa 40 Prozent, d.h. etwa 4 von 10 Hauseigentümern, bei ihm Mitglied sind. Was der Kantonsratspräsident bzgl. der jährlichen Ersparnis in seinem Schreiben vorrechnet, ist korrekt. Festhalten möchte ich auch noch, dass die Grundsteuer eine Steuer ist, die bereits schon mit der Vermögenssteuer bezahlt worden ist. | Session des Kantonsrates vom 6. und 7. Juni 2011 |
7.6.2011 | Wortmeldung | Auf die Motion ist nicht einzutreten. Für die Grundsteuer gibt es Gründe dafür und solche dagegen. Ich denke, dass wir im Kantonsrat über kurz oder lang über die Abschaffung der Grundsteuer diskutieren werden. Dieser Diskussion werden wir uns stellen, wir werden debattieren, beschliessen und auch akzeptieren. Die vorliegende Motion schiesst aber am Ziel vorbei und zwar aus folgenden Gründen: Staatspolitisch: Als Kantonsrat bzw. gesetzgebendes Gremium setzen wir ein fragwürdiges Zeichen gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern, wenn wir sagen, dass uns zwar die Verfassungswidrigkeit der Vorlage bewusst ist, wir sie aber trotzdem umzusetzen zu gedenken. Ein solches staatspolitisches Zeichen dürfen wir nicht setzen. Bürgerinnen und Bürger verlangen zurecht vom Kantonsparlament, dass es Gesetze und Verfassung einhält. Ungerechtigkeit: Die Motion wird damit begründet, dass es juristische Personen gibt, die wenig oder gar keine Steuern bezahlen. Somit wäre in diesen Fällen wenigstens über die Grundsteuer noch etwas zu holen. Als Finanzchef meiner Gemeinde müsste ich mich eigentlich für ein solch hehres Ziel bedanken. Aber, die Sache ist nicht zu Ende gedacht. Was soll ich denn jenen juristischen Personen sagen, die sehr viel Steuern bezahlen? Bei einer Argumentation wie jener von Dürr-Widnau müssen diese sich doch verschaukelt fühlen. Die Motion schafft eine Ungerechtigkeit innerhalb der juristischen Personen. Wie soll beispielsweise einem Schreiner, der eine Aktiengesellschaft hat, begründet werden, dass er hohe Grundsteuern bezahlen muss, sein Mitbewerber mit einer Einzelfirma jedoch keine oder nur sehr tiefe? Innerhalb des Gewerbes stellt eine solche Diskrepanz doch eine grosse Ungerechtigkeit dar. Konsequent weitergedacht müssten sogar die Grundsteuersätze für ständige Einwohner einerseits und Ferienhausbesitzer andererseits unterschiedlich angesetzt werden. Ferienhausbesitzer - wir kennen das aus einzelnen Gemeinden - zahlen relativ wenig Steuern und über die Grundsteuer wäre vielleicht noch etwas zu holen. Es ist völlig undenkbar, hier eine Unterscheidung zu machen. Und noch konsequenter weiter gedacht, müssten sogar alle Grundeigentümer unterschiedlich behandelt werden, denn etwa ein Viertel der Steuerpflichtigen in diesem Kanton zahlt gar keine oder praktisch keine Steuern. Darunter gibt es bestimmt auch Grundeigentümer. Höchstsatz: Es wurde gesagt, dass viele Gemeinden den Höchstsatz erheben. Das ist richtig, doch die angeführte Begründung stimmt nicht. Die Grundsteuer spielt im Wettbewerb der Gemeinden keine Rolle. Die Bewohnerinnen und Bewohner unserer Gemeinden kennen den Gemeindesteuersatz. Derjenige in Goldach ist höher als der in Tübach und derjenige in Rorschacherberg ist etwas höher als der in Goldach. Das ist bekannt. Aber die allerwenigsten Menschen kennen den Grundsteuersatz, weil dieser im Gemeindewettbewerb schlicht keine Rolle spielt. Das ist der Grund, weshalb einzelne Gemeinden den von den Bürgerschaften Jahr für Jahr beschlossenen Grundsteuersatz ganz bewusst hoch halten. Gemeindeautonomie: Damit hat diese Motion nichts zu tun, denn Gemeindeautonomie gibt es schon. Jedes Jahr können die Bürgerschaften im Frühling den Grundsteuersatz festlegen. Die Gemeinden sind also heute schon zuständig und damit autonom, diesen Satz festzulegen. Dass es dabei durchaus Diskussionen gibt, kann ich aus eigener Erfahrung bestätigen. So wurde z.B. der Antrag des Goldacher Gemeinderates, die Grundsteuer zu erhöhen, an der Bürgerschaftsversammlung abgelehnt. Und wie sich im Nachhinein herausgestellt hat, sogar zurecht. Flexibilität: Eine höhere Gemeindeflexibilität ist ein Trugschluss. Ich möchte das am folgenden Beispiel skizzieren: Die Bürgerschaft beschliesst für natürliche Personen einen Grundsteuersatz von 0,2 Promille und für juristische Personen einen solchen von 0,8 Promille. Das ist die grösste Bandbreite, die beschlossen werden kann. Man stelle sich nun vor, wie ein solches Zeichen den Unternehmungen gegenüber gewertet wird. In der Gemeinde Goldache gibt es zwei internationale Unternehmungen, und ich bestätige, dass diese bei Gas- und Strompreisen, bei Abgaben usw. enormen Druck bzgl. der Stelle hinter dem Komma ausüben. Diesem Wettbewerb stellt sich die Gemeinde. Es wäre aber ungerecht, wenn wir diese Unternehmungen anders behandeln würden. Dieser Druck würde so gross werden, dass sich die in der Motion aufgeführte Flexibilität sehr bald in Luft auflösen wird. Sie ist in der Praxis untauglich. Die Diskussion über die Abschaffung der Grundsteuer erachtet selbst der Präsident des Hauseigentümerverbandes im Moment als politisch nicht sinnvoll. Und die hier vorliegende Motion schafft Ungerechtigkeiten, nützt den Gemeinden nichts und setzt ein schlechtes demokratisches Zeichen. | Session des Kantonsrates vom 6. und 7. Juni 2011 |
7.6.2011 | Wortmeldung | (im Namen einer Mehrheit der FDP-Fraktion): Auf die Motion ist einzutreten. Die FDP-Fraktion ist einer Meinung, dass die finanzielle Kompensation innerhalb der Gemeinde zu erfolgen hat, so sie denn gewünscht wird. D.h., dass eine Diskussion über eine allfällige Erhöhung des Gemeindesteuerfusses an der Bürgerversammlung oder in den Gemeindeparlamenten zu erfolgen hat, falls die Flexibilität bei der Erhöhung der Grundsteuer eingeführt wird. Die FDP-Fraktion will aber nicht, dass finanzielle Ströme vom Kanton auf finanzschwache Gemeinden übergehen. | Session des Kantonsrates vom 6. und 7. Juni 2011 |
7.6.2011 | Wortmeldung | Ratsvizepräsident: Die Regierung beantragt Nichteintreten | Session des Kantonsrates vom 6. und 7. Juni 2011 |
7.6.2011 | Wortmeldung | Auf die Motion ist einzutreten. Das Thema Grundsteuer war in den letzten Jahren in diesem Rat und in verschiedenen vorberatenden Kommissionen Gegenstand von Diskussionen. Die Regierung hat in diesem Zusammenhang mehrmals darauf hingewiesen, dass der Bericht über die kommunalen Abgaben auf das Grundeigentum abgewartet werden sollte. Diesen Bericht hat der Kantonsrat in der Februarsession 2011 behandelt und zur Kenntnis genommen. Der Bericht 40.10.09 «Kommunale Abgaben auf dem Grundeigentum» ist auch der Auslöser für meine Motion. Er hält dem Kanton St.Gallen zu dieser Thematik den Spiegel vor. Nur noch 13 Kantone verfügen über eine Grundsteuer, und die Mehrheit der Deutschschweizer Kantone hat diese abgeschafft. Ebenfalls ist festzuhalten, dass fast die Hälfte der Kantone, die noch über eine Grundsteuer verfügen, eine Differenzierung bei deren Höhe vornehmen, so wie es diese Motion vorsieht. Im Kanton St.Gallen handelt es sich bei der Grundsteuer um eine Gemeindesteuer und nicht um eine Kantonssteuer. Er kennt das sogenannte Bandbreitenmodell. Mit diesem Modell wird das Ziel verfolgt, den Gemeinden eine gewisse Autonomie und Flexibilität zu ermöglichen. Die aktuelle Situation ist jedoch sehr ernüchternd, und die Flexibilität wird von den Gemeinden nicht beansprucht. Vier von fünf Gemeinden wenden den Maximalsteuerfuss an. Nur eine Gemeinde ist auf der unteren Brandbreite. Deshalb entspricht der durchschnittliche Grundsteuersatz in etwa dem höchsten Steuersatz. Diese Situation sollte zum Nachdenken anregen, insbesondere vor dem Hintergrund, dass die Gemeinden in den letzten Jahren gute Abschlüsse erzielt haben, die Grundsteuer aber selten bis gar nicht thematisiert wurde. Als Kantonsrätinnen und Kantonsräte müssen wir uns fragen, weshalb die Steuerbandbreite nicht genutzt wird. Die Gründe dafür liegen auf der Hand und sind im Motionstext erläutert. Ich nehme bewusst keine Wiederholung vor. Die Gemeinden haben heute aufgrund der Gesetzgebung keine Möglichkeit, die doppelte Steuerbelastung des Grundeigentums bei natürlichen Personen zu reduzieren. Mit einer Differenzierung des Steuersatzes zwischen natürlichen und juristischen Personen könnte dem Anliegen vieler Gemeinden Rechnung getragen werden, woraus sich folgende Vorteile ergäben: Die Gemeindeautonomie bleibt erhalten; der Handlungsspielraum der Gemeinden wird ausgeweitet; die Umsetzung ist freiwillig. Die Gemeinden können weiterhin selbständig bestimmen, innerhalb welcher Bandbreite sie sich bewegen wollen. Für die Bürgerschaft - das ist mir persönlich ein grosses Anliegen - gibt es mehr Mitbestimmungsrechte, und der Vollzug ist problemlos möglich und verursacht keine administrative Kosten. Es ist eine politische Entscheidung, ob man den Gemeinden mehr Flexibilität in der Steuerpolitik zugestehen will und ob man den Gemeinden den Umgang damit zutraut. Und, traut man der Bürgerschaft zu, dass sie die Unterscheidung in natürliche und juristische Personen versteht und in der Lage ist, diese demokratisch zu legitimieren? Wenn diesen Aspekten zugestimmt werden kann, dann sollte der Kantonsrat der Motion zustimmen. Zum Antrag der Regierung: Ich halte fest, dass es der Regierung nicht gelungen ist, die Verfassungswidrigkeit dieser Motion zu beweisen. Indirekt vertritt die Regierung bzw. die Rechtsabteilung des Finanzdepartementes sogar die Rechtsauffassung, dass mindestens acht Kantone, welche kürzliche eine Differenzierung vorgenommen haben, gegen die Bundesverfassung verstossen: sechs Kantone bei der Grundsteuer und zwei Kantone bei der Handänderungssteuer. Diese Rechtsauffassung muss sehr kritisch hinterfragt werden, insbesondere auch deshalb, weil die Entscheidungsgrundlage, nämlich der Bundesgerichtsentscheid zu den Walliser Wasserkraftwerken, nur die Frage beantwortet hat, ob innerhalb von juristischen Personen unterschiedliche Steuersätze angewendet werden dürfen. Dies hat das Bundesgericht verneint. Dieser Sachverhalt hat jedoch überhaupt nichts zu tun mit der vorliegenden Motion, denn er unterscheidet ja nicht zwischen natürlichen und juristischen Personen. Ich bin der Auffassung, dass wir bei diesem Thema von der defensiven in eine offensivere Haltung übergehen sollten, damit wir nicht in einigen Jahren feststellen müssen, im Kanton St.Gallen die Entwicklung verschlafen zu haben. Ich bin auch überzeugt, dass es richtig ist, die Gemeindeautonomie auszuweiten und die Bürgerschaft vor Ort entscheiden zu lassen, welche Steuern zu welchen Sätzen für die Betroffenen am sinnvollsten sind. | Session des Kantonsrates vom 6. und 7. Juni 2011 |