Geschäft: Revision des Sozialhilfegesetzes: Negativwettbewerb verhindern. Solidarität zwischen Gemeinden stärken
Komitee | Kantonsrat |
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Nummer | 42.14.21 |
Titel | Revision des Sozialhilfegesetzes: Negativwettbewerb verhindern. Solidarität zwischen Gemeinden stärken |
Art | KR Motion |
Thema | Gesundheitspflege, Sozialversicherung, Sozialhilfe |
Federführung | Departement des Innern |
Eröffnung | 15.9.2014 |
Abschluss | 12.6.2017 |
Letze Änderung | 9.12.2021 |
vertraulich | Nein |
öffentlich | Ja |
dringend | Nein |
Datum | Akteur | Titel | Letze Änderung |
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1.8.2019 | Gremium | Beteiligung - SP-GRÜ-Fraktion 2016/2020 | 19.1.2023 |
1.8.2019 | Gremium | Beteiligung - GLP/BDP-Fraktion der Amtsdauer 2012/2016 | 19.1.2023 |
1.8.2019 | Gremium | Beteiligung - FDP-Fraktion 2016/2020 | 19.1.2023 |
1.8.2019 | Gremium | Beteiligung - CVP-EVP-Fraktion der Amtsdauer 2012/2016 | 19.1.2023 |
Datum | Titel | Resultat | öffentlich | ||||
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Ja | Bedeutung | Nein | Bedeutung | Absent / Enthaltung | |||
25.11.2014 | Gutheissung mit geändertem Wortlaut gemäss Antrag der Regierung | 74 | Zustimmung | 3 | Ablehnung | 43 | |
25.11.2014 | Eintreten | 72 | Zustimmung | 3 | Ablehnung | 45 |
Datum | Typ | Wortlaut | Session |
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25.11.2014 | Wortmeldung | Wenn ich jetzt die Diskussion verfolgt habe, dann hat man so den Eindruck, dass Sozialhilfeempfängerinnen und Sozialhilfeempfänger so eine mindere Sorte Bösewichter sind, welche beim Staat versuchen Geld zu erhalten. Ich möchte Sie einfach daran erinnern, dass das jedem von uns passieren kann, und dass es sehr viele normale absolute rechtschaffene Männer und Frauen hat, die auf Sozialhilfe angewiesen sind. Zum Beispiel Frauen und Kinder, wo sich eine Ehescheidung anbahnt, wo die lieben Ehemänner einfach die Unterhaltszahlungen einstellen. Dann gibt es nichts anderes und keine anderen Lösungen bis die Gerichte das Ganze geregelt haben, als Sozialhilfe zu beziehen. Oder wenn Kinder fremdplatziert werden müssen, das ist etwas, das in vielen Fällen nötig ist. Oder Böhi-Wil, wenn eine Mutter drogen- oder alkoholabhängig ist und der Vater auch nichts zur Erziehung beitragen kann, lassen Sie die Kinder dann einfach dort in diesen Verhältnissen. Dann gibt es keine Alternative zur Fremdplatzierung. Sind die Kinder, die über ihre Eltern welche nicht für sie sorgen können oder wollen und deshalb Sozialhilfe beziehen, Bürger 2. Klasse? Ich möchte Sie einfach immer bitten, wenn man über dieses Thema redet und spricht, dass nur eine kleine Minderheit wirklich zu denen gehören, die das System missbrauchen. Ausgesteuerte Arbeitslose, Leute die von der IV rausgeworfen wurden, weil man aus Spargründen die Anforderungen erhöht hat usw., das sind heute Klientinnen und Klienten der Sozialhilfe für die wir auf irgendeine Art und Weise sorgen müssen. Am besten ist es, wenn wir ihnen Arbeit geben. Aber ich habe einen langzeitarbeitslosen Klienten, der hat sich schon wiederholt auch beim Staat um Stellen beworben, zu alt, zu wenig qualifiziert, kann nicht gebraucht werden. Was soll denn dieser Mann tun, ausser Sozialhilfe beziehen? Darum bitte ich Sie einfach, hier nicht das Kind mit dem Bade auszuschütten. Wenn es darum geht, dass man jetzt die Leute von einen Ort zum anderen abschiebt. Denken Sie einfach an die unglückliche Geschichte der Sozialhilfe in der Schweiz mit Bettlerjagden, mit Verdingkindern und ähnlichen unschönen Sachen. Wer es immer noch nicht glaubt, der soll man von Meinrad Inglin die Geschichte «Das Begräbnis des Schirmflickers» lesen und dann begreift er, was ich sagen wollte. | Session des Kantonsrates vom 24. bis 26. November 2014 |
25.11.2014 | Wortmeldung | Ratsvizepräsident: Die Regierung beantragt Gutheissung mit geändertem Wortlaut. | Session des Kantonsrates vom 24. bis 26. November 2014 |
25.11.2014 | Wortmeldung | Der Antrag ist zuzustimmen. Sulzer-Wil hat bereits einiges Ausgeführt, er hat vor allem an die Adresse der SVP-Fraktion gesagt, dass es um die Solidarität und nicht um den Föderalismus der Gemeinden geht. Ich möchte einfach an die Adresse der SVP-Fraktion weitergeben, die hier eine kantonale Volksinitiative in der Sozialhilfe angedeutet hat und Sulzer-Wil bereits ausgeführt hat: Dies ist kein Systemwechsel, ich habe aufmerksam zugehört, sondern es sind Systemänderungen. Wenn man das 10-Positionspapier der Gemeinden nimmt, dann sind einige ihrer Forderung, die jetzt hier gesprochen worden sind, klar aufgeführt, dass dies in der Revision der Sozialhilfengesetzgebung eben berücksichtigt werden müssen. Ich habe nichts Neues gehört. Wenn man eine Sozialhilfe anschaut: Es nützt nichts, wenn man nur die Gelder kürzt. An Thoma-Andwil: Es ist auch wichtig, dass die Gemeinde immaterielle Sozialhilfe leistet, Massnahmen macht und schaut, dass man die Leute, die die Sozialhilfeabhängigkeit bekommen eben auch mit gewissen Fördermassnahmen wieder versucht in den Arbeitsmarkt zu führen und hier die Hände anlegt und versucht, etwas zu erreichen. Einfach die Gelder zu streichen, die jetzt, wenn man die Richtlinien anschaut, für einen Einpersonenhaushalt irgendwo knapp bei 970 Franken liegen, ob man jetzt da noch 50, 40 oder 100 Franken streicht, Sulzer-Wil hat es gesagt, das wäre nach meiner Meinung falsch. Wir müssen die Ursachen bekämpfen und nicht die Symptome. Darum bitte überweisen Sie unsere Motion, geben Sie den Weg auch für die Regierung frei, so dass wir das Sozialhilfegesetz einer Revision unterziehen können. | Session des Kantonsrates vom 24. bis 26. November 2014 |
25.11.2014 | Wortmeldung | (im Namen der SP-GRÜ-Fraktion): Dem Antrag der Regierung ist zuzustimmen. Auch wenn man es immer wieder hört und wiederholt, es wird einfach nicht wahrer und die Argumente der SVP-Fraktion werden nicht wirklich besser. Ihr verlangt ständig einen Systemwechsel, es wurde jetzt angedeutet, was das wage etwas heissen soll. Im Endeffekt läuft es immer darauf hinaus, dass man einfach weniger Geld geben will, dass man kürzen will beim Grundbedarf und bei den anderen Leistungen. Das allein ist kein Systemwechsel und ist auch keine Lösung. Die Regierung ist heute nicht bereit, sich auf einen Lösungsansatz festzulegen. Das ist in dem Sinne nachvollziehbar, dass Sie aufgrund dessen, dass die Revision wie wir gehört haben jetzt wirklich rasch an die Hand genommen werden soll, nachvollziehbar. Möglicherweise gibt es andere, bessere Lösungsansätze, als die Fraktionen jetzt in dieser Motion vorgeschlagen haben. Die SP-GRÜ-Fraktion ist einverstanden mit dem geänderten Wortlaut. Ich möchte einfach nochmals unseren klaren Erwartung hier Ausdruck verleihen, dass es aus unserer Sicht wichtig ist, dass wir einen Mechanismus diskutieren, der die Solidarität zwischen den Gemeinden, was die Finanzen und auch die Qualität der Sozialhilfe anbelangt, dass wir darüber diskutieren und festlegen können, wie wir das sicherstellen können aus Sicht des Kantons. | Session des Kantonsrates vom 24. bis 26. November 2014 |
25.11.2014 | Wortmeldung | Regierungsrat: Auf die Motion mit geändertem Wortlaut ist einzutreten. (??) Ich danke für die Würdigung durch die Parteien und ich möchte Sie nun auch aufrufen, unseren geänderten Wortlaut so zu akzeptieren und diese Motion nun so umzusetzen, an die Hand zunehmen, nämlich eine Gesamtrevision des Sozialhilfegesetzes. Schauen Sie, wenn es schnell gehen soll, dann muss man gelegentlich langsam tun. Es ist besser, dass wir die Sache jetzt gründlich anschauen. Verderben Sie das Spiel nicht durch irgendwelche Lösungsansätze. Sie haben gemerkt, Tinner-Wartau, hat Öl ins Feuer gegossen und Thoma-Andwil ist gestiegen. Das sollte hier nicht geschehen. Wir werden das alles anschauen. Ich bin froh, dass die VSGP an ihre Generalversammlung vom 21. November 2014 ein Positionspapier verfasst hat, damit sind die Voraussetzungen geschaffen, eben gleich deutend alle Themen anzuschauen. Der Systemwechsel, der keiner ist, wird in sich zusammenbrechen, weil wir die Fehlanreize aus der Welt schaffen werden, daher können Sie sich das Geld sparen. Es ist eine Gesellschaftsfrage, wo wir leben. Reisen Sie in unsere Nachbarländer, gehen Sie durch die Innenstadt von München, Paris, Milano, schauen Sie wer dort auf den Strassen leidet. Das ist nicht das Bild, was wir von uns erwarten. Unsere Gesellschaft hat andere Massstäbe, stehen Sie dazu, dafür haben Sie sich immer schon politisch eingesetzt. | Session des Kantonsrates vom 24. bis 26. November 2014 |
25.11.2014 | Wortmeldung | (im Namen der CVP-EVP-Fraktion): Dem Antrag der Regierung ist zuzustimmen. Wir sind einverstanden mit dem geändertem Wortlaut der Regierung. Wir haben uns diese Frage nochmals überlegt, aber die Tatsache, dass die Regierung angekündigt hat, sofort eine Totalrevision an die Hand zunehmen ein Plan der schon länger existierte hat uns bewogen, diesen Einzelantrag zu einer Einzelgesetzesänderung nämlich des Art. 11 Abs. 2, den wir mit dem ursprünglichen Mototionstext beantragen wollten, nämlich dass wir ein Quorum von zwei Drittel der Gemeinden der Regierung beantragen, Richtlinien für verbindlich zu erklären oder wenn zehn Gemeinden aus diesem Solidaritätskreis aussteigen, dann die Regierung zu einem Automatismus zwingen, das hätte für eine Totalrevision tatsächlich kein Platz. Vielleicht gibt es dann in der Sache bessere Möglichkeiten einen gewissen Automatismus zu erzielen. Dennoch möchte ich Regierungsrat Klöti darauf aufmerksam machen: Diese Motion wurde vom vier Fraktionen des Kantonsrates eingereicht, und diese vier Fraktionen waren einverstanden mit dem Motoinstext. Das ist ein starkes Indiz darauf, dass man irgendwo dann einen Automatismus einbauen sollte, der die Gemeindesolidarität dann letztendlich, und da gebe ich den Rednern aus der SVP-Fraktion recht, der dann letztendlich die Gemeindeautonomie untergraben würde für die es sich lohnt auch die Autonomie hinten anzustellen und im Kanton dafür vernünftige Richtlinien durchzusetzen. | Session des Kantonsrates vom 24. bis 26. November 2014 |
25.11.2014 | Wortmeldung | (im Namen der SVP-Fraktion): Die materielle Sozialhilfe ist ein wichtiger Pfeiler des Sozialstaates und ihre Notwendigkeit ist unbestritten auch innerhalb der SVP-Fraktion. Aber, wir machen uns Sorgen über die Kostenentwicklung, denn sie beeinträchtigt die Akzeptanz der Sozialhilfe in der Bevölkerung. Wir sind uns sehr bewusst, welches die grössten Kostenverursacher sind, z.B. die heutige Ausgestaltung der KESB mit teuren Fremdplatzierungen. Aber auch, dass ein gewisser Abschiebungswettbewerb stattfindet von der ALV und der IV an die Sozialhilfe. Diese Entwicklungen dürfen aber nicht davon ablenken, dass das Sozialhilfesystem insgesamt reformbedürftig ist. Wir wollen ein Sozialhilfegesetz, das diejenigen unterstützt die tatsächlich Hilfe brauchen und nicht diejenigen, die lediglich finanzielle Hilfe abholen wollen. Das heutige System bietet zu viel Anreize, es sich in der Sozialhilfe bequem einzurichten und zu wenig Anreize, davon wieder loszukommen. Das KOS-System beruht auf dem sogenannten sozialen Existenzminimum, das weit über dem materiellen Existenzminimum liegt und daher auch als Einkommensersatz angesehen werden kann, und von einigen Bezügerinnen und Bezügern auch so angesehen wird. Dazu tragen auch die Vielzahl der Situationsbedingten Leistungen und Integrationszulagen bei, die den Bezügerinnen und Bezügern erlauben, sich Sachen finanzieren zu lassen, die von Kinderbetreuung bis zu Ferienreisen gehen. Gerade die Integrationszulagen sind auf einem eher sonderbaren Grundsatz aufgebaut, denn sie belohnen etwas das eigentlich normal sein sollte, nämlich dass der Sozialhilfebezüger sich aktiv um eine Arbeit bemüht. Das heutige Sozialhilfesystem beruht auf positiven Sanktionen und wendet negative Sanktionen nur in Extremfällen an. Anders gesagt: Das Selbstverständliche wird belohnt, das passive Verhalten wird akzeptiert. Eigentlich sollte es genau umgekehrt sein, und das passive Verhalten sollte sanktioniert werden, um das positive Verhalten zu fördern. Es braucht eine Systemänderung in der Sozialhilfe, und das ist es was wir erreichen wollen. Die Stellungnahme der Regierung und der Antrag zur Gutheissung mit geändertem Wortlaut kommt einer politischen Wundertüte gleich, zu der wir uns zum jetzigen Zeitpunkt nicht äussern werden. Da wir davon ausgehen, dass der Kantonsrat die Motion gutheisst, wird es eine Gesetzesvorlage geben, zu welcher wir dann im Rahmen der gewohnten parlamentarischen Abläufe Stellung nehmen werden. Aus Gründen der Transparenz kann ich bereits heute darüber orientieren, dass die SVP-Fraktion die Lancierung einer kantonalen Volksinitiative prüft, die einen Systemwechsel in der Sozialhilfe zum Ziel hat. Der Systemwechsel betrifft die Definition des Existenzminimums, die Reform der verschiedenen Zulagen, ein wirksames System für positive und negative Sanktionen, die Neuregelung der Rückerstattungspflicht der Rechtsmittelwege und die Vermeidung des Schwelleneffekts. Was die vorliegenden Motion betrifft, so werden wir uns zum jetzigen Zeitpunkt inhaltlich nicht dazu äussern und die SVP-Fraktion wird sich der Stimme enthalten. | Session des Kantonsrates vom 24. bis 26. November 2014 |