Geschäft: Klare Vorgaben bei der Einmischung der Regierung in Abstimmungskämpfe

Übersicht
KomiteeKantonsrat
Nummer42.18.21
TitelKlare Vorgaben bei der Einmischung der Regierung in Abstimmungskämpfe
ArtKR Motion
ThemaGrundlagen und Organisation
FederführungStaatskanzlei
Eröffnung26.11.2018
Abschlusspendent
Letze Änderung9.12.2021
vertraulichNein
öffentlichJa
dringendNein
Dokumente
PubliziertTypTitelDatei
VorstossWortlaut vom 26. November 2018
AntragAntrag der Regierung vom 12. März 2019
Beteiligungen
DatumAkteurTitelLetze Änderung
1.8.2019Gremium19.1.2023
Abstimmungen
DatumTitelResultatöffentlich
JaBedeutungNeinBedeutungAbsent / Enthaltung
18.9.2019Gutheissung58Zustimmung54Ablehnung8
18.9.2019Eintreten59Zustimmung52Ablehnung9
Statements
DatumTypWortlautSession
18.9.2019Beschluss

Der Kantonsrat heisst die Motion mit 58:54 Stimmen gut.

Session des Kantonsrates vom 16. bis 18. September 2019
18.9.2019Struktur

Die Spezialdiskussion wird nicht benützt.

Session des Kantonsrates vom 16. bis 18. September 2019
18.9.2019Beschluss

Der Kantonsrat tritt mit 59:52 Stimmen auf die Motion ein.

Session des Kantonsrates vom 16. bis 18. September 2019
18.9.2019Wortmeldung

Regierungspräsidentin Hanselmann: Auf die Motion ist nicht einzutreten.

Es ist nicht eine Frage des Respekts, sondern viel mehr die Frage der Zulässigkeit. Den Respekt gegenüber dem Parlament hat die Regierung selbstverständlich. Aber hier geht es auch um Transparenz und Transparenz heisst auch, dass in diesen speziellen Fällen, die ja sehr selten vorkommen, Sie sehen es in der Begründung der Regierung, dass sie da auch die Möglichkeit hat, der Bevölkerung aufzuzeigen, wo die Exekutive in dieser Diskussion steht. Wir sehen es als Regierung in diesem Fall als wichtiges Instrument, die Transparenz auch walten lassen zu dürfen.

Sie haben den Vergleich mit der Bundesverwaltung gemacht. Ich möchte dazu etwas anfügen: Auf Bundesebene ist es so, dass der Bundesrat, wie Sie wissen, vom nationalen Parlament gewählt wird. Da sind natürlich die Verhältnisse etwas anders und auch das Zusammenspiel dieser Ebene ist anders zu werten und wird auch anders gelebt. Die Kantonsregierung haben deshalb auch eine andere Legitimation, ihre Meinung kund tun zu dürfen. In Ausnahmefällen hat das die Regierung des Kantons St.Gallen in Anspruch genommen, und das wird auch so bleiben. Es soll natürlich nicht Usus sein oder zur Tagesordnung zu werden.

Session des Kantonsrates vom 16. bis 18. September 2019
18.9.2019Wortmeldung

Suter-Rapperswil-Jona (im Namen der CVP-GLP-Fraktion): Auf die Motion ist einzutreten.

Die Kantonsverfassung weist dem Kantonsrat und der Regierung klare Rollen zu, und das ist gut so. zu. Das ist gut so. Der Regierung kommt nach Art. 73 der Verfassung des Kantons St.Gallen (sGS 111.1; abgekürzt KV)eine ganz wichtige und gewichtige Doppelrolle zu, sie bereitet gemäss Art. 73 Bst. a die Geschäfte des Kantonsrates vor und gemäss Art. 73 Bst. b setzt sie die Beschlüsse des Kantonsrates um.

Die Stellung der Regierung im Verhältnis zum Kantonsrat ist sehr stark. Dazu trägt auch bei, dass sich der Kantonsrat selber beschränkt, in dem er z.B. auf das Instrument der parlamentarischen Initiative oder das Verordnungsveto verzichtet. Dieses Sensorium der Selbstbeschränkung fehlt der Regierung aber offensichtlich. Denn wenn der Kantonsrat entschieden hat, hat die Regierung diese Beschlüsse umzusetzen. Dann aber noch in den Abstimmungskampf zu ziehen und gegen die Entscheide des Kantonsrates Stimmung zu machen, geht nicht. Dass die Regierung mit einer gesetzlichen Regelung, über Ausnahmen können wir dann noch diskutieren, in die Schranken gewiesen werden muss, finde ich schade. Doch wenn die Regierung im «St.Galler Tagblatt» verkündet, sie sehe es als ihre Pflicht an der Bevölkerung mitzuteilen, dass sie mit einem Beschluss des Kantonsrates nicht einverstanden ist, dann fehlt der Regierung der Respekt vor der Rollenteilung der Verfassung und auch Respekt vor den Beschlüssen des Parlaments. Ich bin der Meinung, in dieser Sache tut eine Klärung Not.

Session des Kantonsrates vom 16. bis 18. September 2019
18.9.2019Wortmeldung

Wasserfallen-Goldach (im Namen der SVP-Fraktion): Auf die Motion ist einzutreten.

Auf Bundesebene passiert es leider immer wieder, dass die Verwaltung oder die Regierung bei verschiedenen Gelegenheiten unangebrachte, durch Steuergelder finanzierte Staatspropaganda in grossem Stil betreibt. Im Nachgang zu Abstimmungen kam es dann auch immer wieder mal vor, dass der Bundesrat von guten oder schwarzen Sonntagen sprach und das Volk in gute und schlechte Stimmbürger einteilte. All dies ist unseren Institutionen unwürdig. Tatsache ist leider ebenfalls, dass sich auch die Regierung des Kantons St.Gallen in den letzten Jahren von der langjährigen Praxis einer zurückhaltenden Informationspolitik entfernt hat. Damit wird die St.Galler Regierung auch immer mehr Partei und eignet sich Aufgaben an, die eigentlich den Parlamentarierinnen und Parlamentariern des Kantonsrates bzw. den politischen Parteien, Verbänden oder anderen Interessengruppen vorbehalten wären. Die Garantie einer freien Willensbildung gemäss Art. 34 Abs. 2 der Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft (SR 101) wird durch solches Verhalten mit Füssen getreten. Darin steht nämlich, jeder Bürger soll seinen Willen frei bilden und seine Stimme unverfälscht abgeben können. Deshalb sind die Behörden verpflichtet, korrekt und zurückhaltend zu informieren. Überzeugen nicht überreden, so könnte man das in anderen Worten auch formulieren. Der Grat zwischen Information und Propaganda ist allerdings äusserst schmal.

Die Regierung des Kantons St.Gallen mischt immer öfter an vorderster Front in Abstimmungskämpfen mit, deckt Stimmbürgerinnen und Stimmbürger mit Hochglanzbroschüren ein, tourt zu Propagandazwecken durch den ganzen Kanton mit mehreren Vertretern. Die Stimmbürgerinnen und Stimmbürg fühlen sich durch diese immer stärkere Beeinflussung durch Regierung und Verwaltung zu Recht in ihrer freien Meinungsbildung eingeschränkt und gestört.

Die Spitze des Eisbergs bildet nun das Verhalten der Regierung im Zusammenhang mit dem III. Nachtrag zum Übertretungsstrafgesetz, dem Gesichtsverhüllungsverbot. Mit einer Motion im Jahr 2013 hat die SVP-Fraktion den Anstoss für ein Verhüllungsverbot im Kanton St.Gallen gegeben. Gross war folglich unsere Genugtuung, als die Stimmberechtigten im Kanton St.Gallen dem Verhüllungsverbot mit einer Zweidrittelmehrheit zugestimmt haben. Im Vorfeld der Abstimmung hat die Regierung gegen diesen Nachtrag mehrfach öffentlich Stellung bezogen und hat selbst im Nachgang dessen Umsetzung angezweifelt. Damit hat sich die Regierung gegen den Beschluss des Kantonsrates gestellt und sich dadurch grad auch noch als schlechte Verliererin geoutet. Diese Äusserungen haben in weiten Teilen der Bevölkerung Verwirrung und völliges Unverständnis ausgelöst. Der Kantonsrat ist die Legislative und damit zuständig für die Verabschiedung von Gesetzen. Die Stellungnahme der Regierung gegen Beschlüsse des Kantonsrates widerspricht der Gewaltenteilung. Es gehört zum Aufgabenspektrum des Kantonsrates Vorlagen der Regierung zu ändern, zu präzisieren oder zu ergänzen. Selbst auf Bundesebene ist es selbstverständlich, dass sich der Bundesrat nicht öffentlich gegen Beschlüsse der Bundesversammlung äussert. Vielmehr geht der Bundesrat auf Druck oder Beschlüsse der Bundesversammlung ein und richtet seine Politik danach.

Das Staatsverwaltungsgesetz setzt die Leitplanken der Aufgaben und Zuständigkeiten der Regierung. Für die Kommunikation der Regierung gibt es dort eine klare bzw. keine klare gesetzliche Grundlage. Vielmehr gibt es dort eine gelebte Praxis. Damit diese gelebte Praxis nicht je nach politischer Zusammensetzung der Regierung selber ausgelegt werden kann, sollen hier klare Leitlinien in Bezug auf die Regierungskommunikation geschaffen wird. Die Begriffe «Vollständigkeit», «Sachlichkeit», «Transparenz» und «Verhältnismässigkeit», wie sie im hier vorliegenden Regierungsantrag dargelegt werden, sind rechtlich schlicht und einfach nicht genügend bestimmt. Sie basieren allesamt auf subjektivem Empfinden und können nicht wirklich objektiv gefasst und definiert werden. Was z.B. ist mit «verhältnismässig» gemeint? Soll der Regierungsrat gleichviel informieren wie die Gegner einer Vorlage? Gibt es einen absoluten Richtwert oder einen bestimmten Betrag, den die Verwaltung für ihre Information einsetzen darf? Oder hängt das alles von der Bedeutung der Vorlage ab?

Sie merken es wahrscheinlich, staatliches Handeln, vor allem auf Regierungsebene, erfordert klare Regelungen, und zwar Regelungen, die in gewissen Bereichen, und da gehört der Kommunikationsbereich sicherlich dazu, nicht allzu viel Interpretationsspielraum zulassen.

Session des Kantonsrates vom 16. bis 18. September 2019