Geschäft: XIII. Nachtrag zum Polizeigesetz
Komitee | Kantonsrat |
---|---|
Nummer | 22.19.07 |
Titel | XIII. Nachtrag zum Polizeigesetz |
Art | KR Gesetzgebungsgeschäft |
Thema | Landesverteidigung, Sicherheit und Ordnung |
Federführung | Sicherheits- und Justizdepartement |
Eröffnung | 1.10.2018 |
Abschluss | pendent |
Letze Änderung | 9.12.2021 |
vertraulich | Nein |
öffentlich | Ja |
dringend | Nein |
Publiziert | Typ | Titel | Datei |
---|---|---|---|
2.8.2019 | Botschaft | Botschaft und Entwurf der Regierung vom 2. Juli 2019 | |
17.9.2019 | Allgemein | Kommissionsbestellung vom 16. September 2019 | |
25.11.2019 | Antrag | Antrag SP-GRÜ-Fraktion zu Art. 34 Abs. 2 Bst. cbis vom 25. November 2019 | |
27.12.2019 | Erlass | Ergebnis der ersten Lesung vom 27. November 2019 | |
23.12.2019 | Antrag | Anträge der vorberatenden Kommission vom 19. Dezember 2019 | |
18.2.2020 | Antrag | Anträge der Redaktionskommission vom 17. Februar 2020 | |
24.2.2020 | Antrag | Antrag der Regierung vom 5. November 2019 | |
10.10.2020 | Protokoll | Protokoll der Sitzung der vorberatenden Kommission vom 4. November 2019 | |
10.10.2020 | Protokoll | Protokoll der Sitzung der vorberatenden Kommission vom 21. Januar 2020 | |
28.11.2020 | Erlass | In der Gesetzessammlung veröffentlicht am 24. Juni 2020 | |
10.10.2020 | Protokollauszug | Festlegung des Vollzugbeginns vom 21. April 2020 | |
9.3.2020 | Erlass | Referendumsvorlage vom 19. Februar 2020 | |
17.2.2020 | Antrag | Antrag FDP- / CVP-GLP- / SVP-Fraktion zu Art. 50quater vom 17. Februar 2020 | |
28.10.2019 | Antrag | Anträge der vorberatenden Kommission vom 21. Oktober 2019 |
Datum | Akteur | Titel | Letze Änderung |
---|---|---|---|
12.11.2019 | Gremium | Beteiligung - 22.19.07 voKo XIII. Nachtrag zum Polizeigesetz | 19.1.2023 |
Datum | Titel | Resultat | öffentlich | ||||
---|---|---|---|---|---|---|---|
Ja | Bedeutung | Nein | Bedeutung | Absent / Enthaltung | |||
27.11.2019 | Antrag Hasler-St.Gallen auf Rückweisung von Art. 50quater an die vorberatende Kommission | 88 | Zustimmung | 26 | Ablehnung | 6 | |
27.11.2019 | Antrag SP-GRÜ-Fraktion zu Art. 34 Abs. 2 Bst. c bis | 22 | Zustimmung | 93 | Ablehnung | 5 | |
19.2.2020 | Schlussabstimmung | 88 | Zustimmung | 12 | Ablehnung | 20 | |
17.2.2020 | Antrag FDP-Fraktion / CVP-GLP-Fraktion / SVP-Fraktion zu Art. 50quater Abs. 1 | 81 | Zustimmung | 17 | Ablehnung | 22 |
Datum | Typ | Wortlaut | Session |
---|---|---|---|
19.2.2020 | Beschluss | Der Kantonsrat erlässt den XII. Nachtrag zum Polizeigesetz mit 88:12 Stimmen bei 2 Enthaltungen in der Schlussabstimmung. | Session des Kantonsrates vom 17. bis 19. Februar 2020 |
19.2.2020 | Wortmeldung | Simmler-St.Gallen (im Namen einer Minderheit der SP-GRÜ-Fraktion): Die Vorlage ist abzulehnen. Ich erlaube mir trotz fortgeschrittener Stunde die Schlussabstimmung zur Revision des Polizeigesetzes zu nutzen, um meine Enttäuschung über den Gesetzgebungsprozess und die ihn begleitenden Debatten in diesem Rat und in den Medien im Namen einer Minderheit meiner Fraktion zum Ausdruck zu bringen. Dieses Polizeigesetz beinhaltet drei wesentliche Punkte, die ich hier gerne nochmals kurz würdigen möchte:
Das Verbot ist Symbolpolitik, und ich habe ehrlich genug davon, dass wir das Polizei- sowie Strafrecht für Symbolpolitik missbrauchen. Polizeiliche Verbote sowie Strafnormen sind die schärfste Waffe, die wir als Gesetzgeber haben. Sie sollte Ultima Ratio sein, und wie jede Waffe darf sie nur sorgfältig eingesetzt werden, weil sie ansonsten Kollateralschäden verursacht. Der damalige erste Staatsanwalt Thomas Hansjakob hat in einem «Tagblatt»-Interview nach dem Vorfall in Unterwasser gesagt: «Politiker erliegen immer wieder dem Irrtum, dass neue Strafbestimmungen zu mehr Sicherheit führen können.» Vielleicht sollten wir uns wieder darauf besinnen, was Strafrecht eigentlich soll. Es soll die Verfolgung schwerer Rechtsbrüche ermöglichen und deren Bestrafung regeln. Auch wenn wir es hier mit Polizei- und nicht mit Strafrecht zu tun haben, kann genau das gleiche gelten. Diese Revision stand von Beginn weg unter einem falschen Stern. Man will Probleme lösen, deren Ursache weniger an einem Mangel an bestehenden Gesetzen lag und vielmehr im mangelnden Informationsaustausch und taktischen Fehlentscheiden. Das kann nicht der richtige Weg sein. Mit unserem Nein zur Revision, dem hoffentlich die eine oder andere von Ihnen folgt, möchten wir ein klares Zeichen setzen, dass wir mit dieser Tendenz absolut nicht einverstanden sind. Ich hoffe, dass sich die Regierung bei der bereits angekündigten weiteren Polizeigesetzrevision darauf besinnt, dass wir hier eine Verantwortung haben. Reiner Symbolpolitik ist eine Abfuhr zu erteilen, ebenso einem immer weiteren Ausbau der Polizeikompetenzen zu Lasten der persönlichen Freiheit. Vielleicht können viele von Ihnen heute besser schlafen, weil sie denken, sie hätten etwas gegen Extremismus unternommen. Ich würde besser schlafen, wenn wir tatsächlich etwas tun würden, was auch wirkt und nicht einmal mehr nur ein unnötiges und rein symbolisches Verbot aussprechen. | Session des Kantonsrates vom 17. bis 19. Februar 2020 |
19.2.2020 | Wortmeldung | Baumgartner-Flawil, Ratspräsident: Die Vorlage ist in zweiter Lesung durchberaten und geht zur Vorbereitung der Schlussabstimmung an die Redaktionskommission. | Session des Kantonsrates vom 17. bis 19. Februar 2020 |
19.2.2020 | Struktur | Der Kantonsrat tritt auf den XIII. Nachtrag zum Polizeigesetz in zweiter Lesung ein. | Session des Kantonsrates vom 17. bis 19. Februar 2020 |
19.2.2020 | Wortmeldung | Schöbi-Altstätten, Präsident der vorberatenden Kommission: Die vorberatende Kommission verzichtete auf eine Sitzung zur Beratung des Ergebnisses der ersten Lesung des Kantonsrates. Sie beantragt, auf die Vorlage in zweiter Lesung einzutreten. | Session des Kantonsrates vom 17. bis 19. Februar 2020 |
17.2.2020 | Wortmeldung | Baumgartner-Flawil, Ratspräsident: Die Bestimmung ist in erster Lesung durchberaten und geht zur Vorbereitung der zweiten Lesung zurück an die vorberatende Kommission. Das Präsidium und die vorberatende Kommission beantragen, die zweite Lesung morgen Dienstag durchzuführen. Der Antrag wird nicht bestritten. Der Kantonsrat berät die Vorlage morgen Dienstag in zweiter Lesung. | Session des Kantonsrates vom 17. bis 19. Februar 2020 |
17.2.2020 | Beschluss | Der Kantonsrat stimmt dem Antrag der FDP-Fraktion / CVP-GLP-Fraktion / SVP-Fraktion mit 81:17 Stimmen bei 1 Enthaltung zu. | Session des Kantonsrates vom 17. bis 19. Februar 2020 |
17.2.2020 | Wortmeldung | Schöbi-Altstätten: In der Spezialdiskussion wurde dieser Antrag nicht gestellt. Er wurde auch nicht weiter kontrovers diskutiert. Hingegen im Vorfeld, ich habe darauf hingewiesen, hat die vorberatenden Kommission einen Gastreferenten, Prof. Dr. Benjamin Schindler, eingeladen. Er hat seine Überlegungen, wie sie aus dem Text kamen, kundgetan. Ich möchte das gerne kurz zusammenfassen: Die Zuständigkeit der Kantonspolizei – das präventive Verbot einer Versammlung sei ein schwerer Grundrechtseingriff. Eigentlich sollte dieses Verbot daher von einer demokratisch ausreichend legitimierten Regierung ausgehen. Unter Zeitdruck dürfte es jedoch schwierig sein, überhaupt einen Beschluss zirkularisch oder wie auch immer zu fällen. Faktisch wird dann die Regierung doch auf die Empfehlung der Kantonspolizei angewiesen sein, denn nur sie hat die entsprechenden Informationen im Vorfeld zur Verfügung. Vom Referenten wird auch befürchtet, dass es einen Kompetenzkonflikt geben könnte. Die Erfahrungen aus dem Fall Unterwasser haben gezeigt, dass es für den ganzen Kanton eine zuständige Behörde braucht. Er hat auch darauf hingewiesen, dass das PG besonders heikle polizeiliche Befugnisse an anderen Orten explizit der Kantonspolizei zuweist, so etwa die Observation, verdeckte Fahndung und die verdeckte Ermittlung. Eine Abstimmung darüber wurde jedoch nicht durchgeführt. | Session des Kantonsrates vom 17. bis 19. Februar 2020 |
17.2.2020 | Wortmeldung | Regierungsrat Fässler: Den Anträgen der vorberatenden Kommission ist zuzustimmen. Ich bin jetzt doch einigermassen beruhigt, dass es, so wie es aussieht, doch noch gelingt in diesem Bereich eine Lösung zu finden, welche dieses doch in der Wahrnehmung der Öffentlichkeit gravierende Problem für die Zukunft hoffentlich verhindern kann. Wir bewegen uns juristisch etwas auf Neuland und entsprechend hat sich jetzt auch diese Zusatzschlaufe meines Erachtens gelohnt. Diese Differenzierung zwischen öffentlichem und privatem Raum macht meines Erachtens Sinn sowie auch die Tatsache, dass neu explizit ein Verbot ausgesprochen werden muss. Der Präsident der vorberatenden Kommission hat ausgeführt, dass diese Bestimmung nicht dazu gedacht ist und auch nicht dazu gebraucht werden wird, auch nach der Meinung der Regierung nicht, um irgendwelche Gesinnungsverbote zu erlassen. Die Meinungsäusserungsfreiheit, die Versammlungsfreiheit, die Kunstfreiheit, die Religionsfreiheit, was auch immer man noch an Freiheitsrechten tangiert sehen kann durch dieses mögliche Verbot, das ist im Kanton St.Gallen weiterhin gewährleistet und solche Verbote werden auch in Zukunft nur unter den sehr strengen, und vom Präsidenten der vorberatenden Kommission noch einmal zuhanden der Materialien erläuterten Voraussetzungen, gesprochen werden. Die Frage, die jetzt noch offen ist: Wer soll da entscheiden? Die vorberatende Kommission hat diesen Punkt explizit und relativ ausführlich diskutiert. Prof. Dr. Benjamin Schindler, welcher uns beraten hat, hat zunächst einmal in Erwägung gezogen, die Regierung für dieses Verbot zuständig zu erklären, weil es doch um erhebliche Grundrechtseingriffe geht. Es geht nicht nur um eine sicherheitspolizeiliche Anordnung, sondern wahrscheinlich um irgendetwas anderes. Er hat sich dann aber die Überlegung gemacht, ob das auch praktikabel sei. Weil solche Verbote wahrscheinlich häufig zeitkritisch gefällt werden müssen, hat er diese Idee verworfen und sich überlegt, wer über die notwendigen Informationen verfügt, die ein solches Verbot auslösen könnten. Das ist natürlich die Kantonspolizei. Der ganze Nachrichtendienst ist bei der Kantonspolizei angesiedelt, die nachrichtendienstlichen Informationen laufen über die Kantonspolizei, auch zum Bund und zurück. Die ganzen kriminalpolizeilichen Aufgaben, welche allenfalls bei Observationen oder dergleichen ebenfalls die notwendigen Informationen liefern könnten, sind ebenfalls bei der Kantonspolizei. Aus diesem Grunde ist die vorberatende Kommission nach gewalteter Diskussion zur Auffassung gelangt, dass die sachgerechte Lösung wohl die wäre, dies der Kantonspolizei zuzuweisen. Ich wurde im Vorfeld durch Kantonsrätin Lüthi-St.Gallen schon auf dieses Problem hingewiesen, welches die Stadtpolizei mit dieser Frage hat. Sie war zunächst der Meinung, dass sei ein redaktionelles Versehen und ich musste ihr dann sagen, dass es das nicht war. Es wurde explizit so diskutiert. Ich habe Lüthi-St.Gallen aber auch signalisiert, dass ich da sicherlich keinen heiligen Krieg führen werde. Ich bleibe dabei, sachgerecht wäre die Kantonspolizei, aber das werden Sie jetzt ohnehin entscheiden. Wenn die Stadtpolizei dann künftig auch solche Verbote aussprechen kann, ist sie dann auch mit den entsprechenden Kritiken, die sicher dann für den Fall, dass dies einmal notwendig sein könnte, selber konfrontiert und ich werde aussen vor sein. | Session des Kantonsrates vom 17. bis 19. Februar 2020 |
17.2.2020 | Wortmeldung | Maurer-Altstätten (im Namen der SP-GRÜ-Fraktion): Dem Antrag der FDP-Fraktion / CVP-GLP-Fraktion / SVP-Fraktion ist abzulehnen. Die SP-GRÜ-Fraktion hat sich mit knapper Mehrheit für eine Zuständigkeit der Kantonspolizei ausgesprochen, wobei ich sagen darf, dass diese Frage bei uns keine grossen Wellen geworfen hat. Trotzdem kurz die Gründe für den Entscheid der Mehrheit der Fraktion: Wir waren der Ansicht, dass die Kantonspolizei doch noch über einen besseren Informationsapparat verfügt als die Stadtpolizei, weil die Kantonspolizei nicht nur sicherheitspolizeiliche Aufgaben wahrnimmt, sie ist insbesondere auch über die Grenzen hinaus vernetzt und kann auch Erkenntnisse aus der kriminalpolizeilichen Arbeit miteinfliessen lassen. Die Stadtpolizei müsste wohl fast in jedem Fall so oder so Rücksprache mit der Kantonspolizei halten, wenn sie ihre Information vervollständigen möchte, und dann, das ist unsere Ansicht, kann auch gleich die Kantonspolizei entscheiden. Ein zweiter Punkt war, dass es unserer Meinung nach nicht nur um Prävention geht. Prävention ist eine Frage, die sich vor allem dann stellt, wenn entschieden werden soll, ob eine Bewilligung erteilt wird oder nicht. Es geht aber hier bei der Verbotsnorm auch darum, dass gestützt auf weitere oder andere Informationen nachträglich ein Verbot gegen solche Veranstaltungen ausgesprochen werden kann, sei dies weil beim Gesuch falsche Angaben gemacht wurden oder weil nachher zusätzliche oder neue Informationen hinzukamen. Hier sehen wir einen Vorteil bei der Kantonspolizei und deshalb hat sich eine knappe Mehrheit der Fraktion dafür entschieden, dass die Kantonspolizei zuständig sein soll. | Session des Kantonsrates vom 17. bis 19. Februar 2020 |
17.2.2020 | Wortmeldung | Art. 50quater (Veranstaltungsverbot). Lüthi-St.Gallen: beantragt im Namen der FDP-Fraktion / CVP-GLP-Fraktion / SVP-Fraktion, Art. 50quater Abs. 1 wie folgt zu formulieren: «Veranstaltungen mit Auswirkungen auf den öffentlichen Raum werden von der Polizei verboten, wenn sie nicht mit der demokratischen und rechtsstaatlichen Grundordnung vereinbart werden können und dadurch das Sicherheitsempfinden der Bevölkerung massgeblich beeinträchtigen.» Bei dem Verbot von extremistischen Veranstaltungen handelt es sich um eine präventive und entsprechend sicherheitspolizeiliche Massnahme. Dass es sich hier um eine sicherheitspolizeiliche Aufgabe handelt, wird auch aus Abs. 2 des Regierungsvorschlags deutlich. Die Ausübung der Sicherheitspolizei ist eine gemeindepolizeiliche Aufgabe. Die Kantonspolizei erfüllt die gemeindepolizeilichen Aufgaben soweit die Gemeinde keine Polizeikräfte unterhält. In der Stadt St.Gallen ist indes die Stadtpolizei zuständig. Betreffend extremistischer Gruppierungen ist die Stadtpolizei im Übrigen auch in den nachrichtendienstlichen Informationsfluss eingebunden. Auch aus der vorgesehenen systematischen Einordnung als neuer Art. 50quarter PG ergibt sich keine Zuständigkeit allein der Kantonspolizei. Art. 50 PG gilt auch für die Stadtpolizei. In Art. 50bis Abs. 1 lit. a PG wird die Zuständigkeit der Stadtpolizei bei vermissten Fällen ab Stadtgebiet ausgewiesen. In Beachtung der bestehenden polizeilichen Zuständigkeiten und in Bezug auf die Aufgabenteilung bzw. Systematik des Polizeigesetzes ist es daher angezeigt, im Gesetzestext Kantonspolizei durch Polizei zu ersetzen. | Session des Kantonsrates vom 17. bis 19. Februar 2020 |
17.2.2020 | Wortmeldung | Dürr-Widnau (im Namen der CVP Kanton St.Gallen): legt seine Interessen offen als Präsident der kantonalen CVP. Den Anträgen der vorberatenden Kommission ist zuzustimmen. Wie Adam-St.Gallen erwähnt hat, haben wir bereits in der Novembersession 2019 deutlich unser Befremden und Unverständnis auf die Entscheidung der vorberatenden Kommission und die Haltung der anderen Fraktionen, auf den Verzicht eines Verbotsartikels im Polizeigesetz, kundgetan. Mit Freude und Genugtuung dürfen wir heute feststellen, dass auf die zweite Lesung die vorberatende Kommission eine Lösung mit einer Neuformulierung gefunden hat und die anderen Fraktionen in diesem Parlament, wenn man den Fraktionssprechern Glauben schenken darf, diese Neuformulierung unterstützen. Ich denke, das hat auch damit zu tun, dass die Parteien die Stimmen ihre Basis und der Bevölkerung abgeholt haben. Wir haben dies auch gemacht und am 23. Januar 2020 haben unsere Delegierten einstimmig den Auftrag erteilt, eine Volksinitiative zu lancieren, um diesen Verbotsartikel im Gesetz zu verankern. Es hat sich deutlich gezeigt, dass unsere Basis und die Bevölkerung solche extremistischen Veranstaltungen in unserem Kanton nicht dulden und den Institutionen, die das Verbot auch entsprechend umsetzen müssen, die entsprechenden Instrumente zur Verfügung gestellt werden müssen. Aus Transparenzgründen möchte ich Ihnen jetzt schon mitteilen, dass das, was wir angekündigt haben, auch vorbereitet wurde. Wir haben den Initiativtext einer Volksinitiative bereits zur Vorprüfung eingereicht und ich bin überzeugt, wenn wir die notwendigen Unterschriften gesammelt haben, dass es sehr schnell gehen würde. Ich bin überzeugt, dass das Stimmvolk, bei Nichtüberweisung durch den Kantonsrat, diesen Entscheid überstimmen würde. Ich hoffe, dass das Parlament heute den Artikel gutheisst. | Session des Kantonsrates vom 17. bis 19. Februar 2020 |
17.2.2020 | Wortmeldung | Bartl-Widnau (im Namen der FDP-Fraktion): Den Anträgen der vorberatenden Kommission ist zuzustimmen. Dem Antrag der FDP-Fraktion / CVP-GLP-Fraktion / SVP-Fraktion ist zuzustimmen. Extremistische Veranstaltungen sind nicht zuzulassen. Wir haben es bereits gehört, derartige Veranstaltungen sind mittels gesetzlicher Lösung zu verhindern, soweit die polizeiliche Generalklausel nicht genügt. Gleichzeitig soll der Staat jedoch nur dort eingreifen können, wo tatsächlich eine schwere Gefährdung der Bevölkerung droht. Die Schwierigkeit besteht insbesondere darin, dass diese Veranstaltungen oft auf privatem Grund abgehalten werden, wo eine Einschränkung noch erhöhter Anforderungen bedarf – dies ist richtig und sinnvoll. Insbesondere wurde am zweiten Sitzungstag versucht, eine neue Formulierung zu finden, die dies berücksichtigt. Diese Formulierung ist unseres Erachtens massvoll. Die FDP-Fraktion ist mit der Formulierung somit mehrheitlich einverstanden, wobei betreffend der zuständigen Stelle insbesondere in der Stadt St.Gallen Klärungsbedarf besteht. Wichtig ist jedoch, dass die heute vorgenommene Formulierung pragmatisch und auch praxiskonform ist. | Session des Kantonsrates vom 17. bis 19. Februar 2020 |
17.2.2020 | Wortmeldung | Adam-St.Gallen (im Namen der CVP-GLP-Fraktion): Den Anträgen der vorberatenden Kommission ist zuzustimmen. Dem Antrag der FDP-Fraktion / CVP-GLP-Fraktion / SVP-Fraktion ist zuzustimmen. Unsere Fraktion ist mit dem Resultat und der Tatsache, dass sich in der vorberatenden Kommission dieses Mal niemand gegen einen Art. 50quater PG stellte, zufrieden. Dies vor allem wenn wir zurückblicken auf die Diskussionen von 27. November 2019 in diesem Rat. Damals sprachen sich die Fraktionssprecherinnen und Fraktionssprecher sämtlicher Fraktionen, ausser der CVP-GLP-Fraktion, für die Streichung des Art. 50quater PG aus und damit auch gegen ein Verbot von Versammlungen mit extremistischem Hintergrund. Dass dies heute nicht mehr so ist, freut die CVP-GLP-Fraktion. Selbstverständlich stehen wir weiterhin hinter dem Verbot und werden den Art. 50quater gutheissen, wie auch den Antrag der FDP-Fraktion / CVP-GLP-Fraktion / SVP-Fraktion, zu dem sich meine Fraktionskollegin Lüthi-St.Gallen äussern wird. | Session des Kantonsrates vom 17. bis 19. Februar 2020 |
17.2.2020 | Wortmeldung | Böhi-Wil (im Namen der SVP-Fraktion): Den Anträgen der vorberatenden Kommission ist zuzustimmen. Dem Antrag der FDP-Fraktion / CVP-GLP-Fraktion / SVP-Fraktion ist zuzustimmen. Für uns ist es unbestritten, dass Veranstaltungen, die gegen die demokratische und rechtsstaatliche Grundordnung verstossen, nicht erlaubt werden dürfen. Mit der Zustimmung zur Motion 42.17.01 «Veranstaltungen mit extremistischem Hintergrund verbieten» haben wir damals den Tatbeweis für unsere Haltung erbracht. Die Fragen, die sich zu einem Veranstaltungsverbot stellen, sind aber sehr komplex. Wer definiert z.B., was nicht mit der demokratischen und rechtsstaatlichen Grundordnung vereinbart werden kann? Oder was genau ist das Sicherheitsempfinden, das bei der Bevölkerung massgeblich beeinträchtigt werden muss? Anders gefragt: Wer bestimmt, wann die Grenzen der Meinungs- und der Versammlungsfreiheit überschritten sind? Die Antwort ist: Das kann nur ein Gericht ohne Willkür entscheiden. Eine Gesetzesbestimmung, die ernst genommen werden soll, muss umsetzbar sein. Mit der Neuformulierung von Art. 50quater wurde im Gegensatz zur ursprünglichen Version der Regierung eine konkrete Handhabe geschaffen. Das gilt insbesondere durch den Einbezug der Kantonspolizei im Prozess. Seitens der SVP-Fraktion hatten wir im Hinblick auf die zweite Sitzung der vorberatenden Kommission einen Antrag vorbereitet, der eine doppelte Bewilligungspflicht für Veranstaltungen vorgesehen hätte, wobei die Kantonspolizei das letzte Wort gehabt hätte, um eine Veranstaltung zu bewilligen. Wir haben schlussendlich auf unseren Antrag verzichtet, denn die Version der vorberatenden Kommission sieht nun vor, dass es die Polizei ist, die eine Veranstaltung zwar nicht bewilligen muss, aber verbieten kann. Das genügt uns und wir unterstützen daher den Antrag der vorberatenden Kommission. Aufgrund der fortgeschrittenen Zeit möchte ich kurz einen Hinweis auf unsere Haltung zum Antrag der FDP-Fraktion / CVP-GLP-Fraktion / SVP-Fraktion machen, in welchem wir den Antrag unterstützen, im betreffenden Artikel den Begriff «Kantonspolizei» durch «Polizei» zu ersetzen. Wie Sie sehen, sind wir Teil der Antragsteller. Wir stimmen dem zu. Obwohl die Versuchung gross ist, unterlasse ich es jetzt, eine Debatte darüber zu lancieren, ob die Existenz der Stadtpolizei St.Gallen als separates Korps Sinn macht oder nicht. | Session des Kantonsrates vom 17. bis 19. Februar 2020 |
17.2.2020 | Wortmeldung | Maurer-Altstätten (im Namen einer Mehrheit der SP-Grünen-Fraktion): Die Anträge der vorberatenden Kommission sind zu unterstützen. Die Haltung in unserer Fraktion zu Art. 50quater war nicht ganz einheitlich. Klar für uns alle aber ist, dass ein Vorfall wie in Unterwasser in unserem Kanton nicht mehr passieren darf. Im Kanton St.Gallen hat es keinen Platz für Neonazis und Antisemitismus. Die Bedenken der Fraktion sind vor allem rechtlicher Natur. Es bestehen immer noch Zweifel an der Anwendbarkeit bzw. an der Durchsetzbarkeit des Verbots. Art. 50quater Abs. 1 ist der Ansicht einer Minderheit unserer Fraktion nach noch immer sehr offen und vage formuliert. Wir anerkennen aber, dass der Gesetzgeber hier ein klares Zeichen setzen soll, dass extremistische Veranstaltungen bei uns verboten sind. Das ausdrücklich auch vor dem Hintergrund, dass wir nicht alle der Meinung sind, dass die polizeiliche Generalklausel ansonsten nicht mehr angewendet werden könnte. Art. 50quater Abs. 2: Die Zweiteilung und Unterscheidung zwischen privatem und öffentlichem Grund wird von uns begrüsst. Wir sind der Ansicht, dass das Sinn macht und das auch, wenn faktisch bereits geltendes Recht hier wiederholt wird. | Session des Kantonsrates vom 17. bis 19. Februar 2020 |
17.2.2020 | Wortmeldung | Schöbi-Altstätten, Präsident der vorberatenden Kommission, legt seine Interessen offen als Präsident des Personalverbandes der Kantonspolizei St.Gallen. Die vorberatende Kommission traf sich am 19. Dezember 2019 zu einer halbtägigen Sitzung. Die Kommission war zusammengesetzt, wie vom Präsidium für den ersten Sitzungstag vom einen 21. Oktober 2019 bestellt, mit folgenden Wechsel: Bartl-Widnau ersetzte Vincenz-Stauffacher-Gaiserwald und Hartmann-Flawil ersetzte Simmler-St.Gallen. Seitens der Regierung und Verwaltung nahmen Regierungsrat Fredy Fässler, Generalsekretär Hans-Rudolf Arta und David Knecht, Leiter Rechtsdienst, teil. Protokoll führten seitens der Parlamentsdienste Aline Tobler und Matthias Renn. Der Kommissionspräsident lud als Gastreferent Prof. Dr. Benjamin Schindler, Professor für öffentliches Recht an der Universität St.Gallen ein. Vor dem Hintergrund medialer und politischer Diskussionen der vergangenen Monate im Zusammenhang mit der Universität St.Gallen sei dieser Stelle angemerkt, dass Professor Schindler für sein Gastreferat auf ein Honorar von sich aus verzichtete, da er sich als – im weiteren Sinne – Arbeitnehmer des Kantons sieht. Die Kommission hat im daraufhin für seine Arbeit mit einem kleinen Präsent aus dem Staatsdienst gedankt. Gegenstand der Beratung war einzig die Spezialdiskussion von Art. 50quarter aus dem Geschäft 22.19.07 «XIII. Nachtrag zum Polizeigesetz», gemäss Beschluss des Kantonsrates in der ersten Lesung der übrigen Bestimmungen von 27. November 2019. Der Kantonsrat ist auf Art. 50quater an jenem Tag bereits eingetreten. Es liegen damit dem Kantonsrat heute die Anträge der vorberatenden Kommission vom 19. Dezember 2019 in erster Lesung vor. Zur Spezialdiskussion: Der Gesetzesvorschlag der vorberatenden Kommission unterscheidet neu zwei Grundkonstellationen, die unterschiedliche Hürden für ein staatliches Verbot haben:
Massgeblich für die Unterscheidung ist die Auswirkung auf den öffentlichen Raum. Dies ist einerseits eine Folge des verfassungsmässigen Grundsatzes der Verhältnismässigkeit. Andererseits untersteht der öffentliche Raum einer direkteren und stärkeren Einwirkung durch das Gemeinwesen. Anders ausgedrückt, der Privatsphäre, dem privaten Interesse des Bürgers im privaten Raum, wird mehr Bedeutung eingeräumt und die Grenzen eines Verbotes sind enger gezogen. Im Detail ist die Kommission zur folgenden Auffassung, insbesondere zu den unbestimmten Rechtsbegriffen bei den Veranstaltern mit Auswirkung auf den öffentlichen Raum, gelangt: Einerseits werden Veranstaltungen mit Auswirkungen auf den öffentlichen Raum verboten, wenn Sie nicht mit der demokratischen und rechtsstaatlichen Grundordnung vereinbart werden können und dadurch das Sicherheitsempfinden der Bevölkerung massgeblich beeinträchtigen. Die Unvereinbarkeit mit der demokratischen und rechtstaatlichen Grundordnung und die massgebliche Beeinträchtigung des Sicherheitsempfindens der Bevölkerung sind kumulativ als Tatbestand erforderlich, um dann als Rechtsfolge ein Verbot aussprechen zu können. Der Begriff Grundordnung entspricht dem ganzen Überbau unseres verfassungsmässigen Staatsgebildes. Er ist weiter gefasst als die Grundsätze rechtsstaatlichen Handelns wie die Verhältnismässigkeit, das Legalitätsprinzip und die gesetzliche Grundlage zur Einschränkung von Grundrechten. Das Sicherheitsempfinden muss immerhin örtlich oder regional erheblich beeinträchtigt sein und zwar von der Bevölkerung und nicht subjektiv und nur von Einzelpersonen. Massgeblich heisst wesentlich und erheblich, d.h. mit spürbaren Auswirkungen auf mehrere Personen nach deren nachvollziehbarem, objektivierbarem Empfinden mit Verunsicherung und Angstgefühlen. Auf jeden Fall ist diese Tatbestandshürde nach Ansicht der vorberatenden Kommission mit der Umschreibung im Votum von Sailer-Wildhaus-Alt St.Johann anlässlich der Beratung im Kantonsrat vom 27. November 2019 erreicht. Das kumulative Erfordernis der Unvereinbarkeit mit der demokratischen und rechtstaatlichen Grundordnung und der massgeblichen Beeinträchtigung des Sicherheitsempfindens der Bevölkerung schützt die Meinungsäusserungsfreiheit und die Versammlungsfreiheit. Wer immer auch die demokratische und rechtsstaatliche Grundordnung politisch kritisiert, kann dies tun, solange er damit eben nicht das Sicherheitsempfinden der Bevölkerung massgeblich beeinträchtigt. Art. 50quater ermöglicht keine Gesinnungsjustiz. Andererseits fallen Veranstaltungen, welche zwar das Sicherheitsempfinden der Bevölkerung massgeblich beeinträchtigen können, aber nicht die Grundordnung politisch kritisieren, etwa Massenansammlungen von Sportveranstaltungsfans oder Motorradvereinen, nicht unter Art. 50quater. Ich komme zu den Veranstaltungen auf privatem Grund: Die gesetzlichen Grundlagen werden höher gelegt, wenn es sich um Veranstaltungen auf privatem Grund handelt. Diese können nur verboten werden, wenn eine schwere und unmittelbare Gefährdung oder Störung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung nicht anders abgewehrt werden kann oder Anzeichen bestehen, dass es zu Verbrechen oder Vergehen kommen könnte. Das Verbot einer Versammlung in privaten Räumen verfassungsmässig nur aus besonders schwerwiegenden, polizeilichen Gründen, bei einer konkreten, unmittelbaren Gefahr für die öffentliche Ordnung möglich. Sodann verlangt der Verhältnismässigkeitsgrundsatz, dass die schwere und unmittelbare Gefährdung oder Störung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung nicht anders abgewehrt werden können. Art. 50quater nimmt damit inhaltlich in diesem Teiltatbestand den Gehalt von Art. 2 Abs. 2 des Polizeigesetzes (sGS 451.1; abgekürzt PG) auf. Dieser umschreibt die polizeiliche Generalklausel. Mit Art. 50quater liegt hingegen neu eine Spezialbestimmung für ein Verbot von Veranstaltungen auf privatem Grund mit weiteren gesetzlichen Voraussetzungen vor. Mit dem Erfordernis von Anzeichen für Verbrechen und Vergehen werden zwei Tatbestandelemente verlangt:
Würdigung der vorberatenden Kommission: Wie Sie sehen nimmt die vorberatende Kommission, anders als die Gesetzesvorlage der Regierung, eine Differenzierung mit unterschiedlichen Hürden für ein Verbot zu Gunsten der Grundrechte vor. Deren Kerngehalt ist unantastbar. Eine allein inhaltliche Vorzensur einer Veranstaltung auf öffentlichem Grund, d.h. ohne gleichzeitige massgebliche Beeinträchtigung des Sicherheitsempfindens und der Bevölkerung als schützenswertes Konkurrieren des öffentlichen Interesses oder ein generelles Verbot von Veranstaltungen auf privatem Grund kommen beide nicht in Frage. Das öffentliche Interesse muss überwiegen und die Verhältnismässigkeit im Einzelfall gegeben sein. Die vorberatende Kommission setzt damit hohe Anforderungen für die Einschränkung der Versammlungsfreiheit generell und nochmals erhöhte Anforderungen bei einem Veranstaltungsverbot auf privatem Grund. Es ist dabei abschliessend zu erinnern, dass das Verbot eine Verfügung ist, gegen die der ganze Rechtsweg offen steht: Rekurs an das zuständige Departement, Beschwerde an das Verwaltungsgericht, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten an das Bundesgericht. Die vorberatende Kommission beantragt dem Kantonsrat mit 14:1 Stimme Art. 50quater ihrem Antrag zu beschliessen. | Session des Kantonsrates vom 17. bis 19. Februar 2020 |
17.2.2020 | Wortmeldung | Baumgartner-Flawil, Ratspräsident: Der Kantonsrat berät den im Rahmen der ersten Lesung vom Kantonsrat an die vorberatende Kommission zurückgewiesenen Art. 50quater in erster Lesung. | Session des Kantonsrates vom 17. bis 19. Februar 2020 |
27.11.2019 | Wortmeldung | Sprecher: Simmler-St.Gallen Ich möchte nur kurz präzisieren, weil die CVP-GLP-Fraktion unseren Antrag offenbar nicht richtig gelesen hat. Es ist nicht die Rede von einem Tatverdacht. Das wäre völlig widersinnig. Wir haben ja noch keine Tat, also können wir auch noch keinen Tatverdacht haben. Wir befinden uns hier im rein präventiven Bereich. Das wäre ein Widerspruch, wir sprechen von einem dringenden Verdacht. Dieses Wort «dringend» ist in der juristischen Auslegung bekannt im Polizeirecht und im Strafprozessrecht, deshalb diese Formulierung, weil man da an eine Auslegung anknüpfen kann, was ein erhärteter Verdacht ist und was nicht. Es geht aber nicht um einen Tatverdacht. Ist ein Verdacht da, dass wirklich schon eine Tat passiert ist, ist eine erkennungsdienstliche Erfassung sowieso schon möglich. Ich bin sehr dankbar um das Beispiel der FDP-Fraktion, weil das ein gutes Beispiel für einen offensichtlichen Fall ist, bei dem ebenso ein dringender Verdacht gegeben wäre. Also eigentlich wäre das ganz im Sinne der Bestimmung. Noch zuletzt zur FDP-Fraktion, die sagt, das wäre eine Abschwächung und Einschränkung. Ja, das ist es. Natürlich wollen wir dieses Instrument, das habe ich auch klar deklariert. Wir wollen, dass es zur Verfügung steht, aber wir wollen, dass es nur eingeschränkt zur Verfügung steht, weil wir das im Sinne von liberalen Grundüberlegungen für angezeigt erachten. Ich bitte die liberalen Geister in diesem Saal deshalb, nochmals kurz zu überlegen, ob man diesem Antrag nicht zustimmen könnte. | Session des Kantonsrates vom 25. bis 27. November 2019 |
27.11.2019 | Wortmeldung | Sprecher: Regierungsrat: Zu dieser Bemerkung muss ich mich nochmals äussern. Es geht mir doch nicht darum, Rechtsextremes zu verbieten und Linksextremes zuzulassen. Diese Formulierung ist absolut offen, diese Unterstellung weise ich in aller Form zurück. Dudli-Oberbüren hat auch noch eine Frage gestellt, die ich nicht beantwortet habe, die ins gleiche Feld geht. Ich muss Sie enttäuschen, ich bin für die Stadtpolizei nicht zuständig. Ich kann Ihnen daher nicht sagen, was da genau geschah. Es ist auch nicht so, dass ich der Polizei irgendwelche Weisungen erteile. Ich kann der Polizei doch nicht sagen, wie sie in ihren Job ausüben soll. Ich werde nachträglich orientiert, wenn irgendetwas geschehen, ist. Aber in einer solchen Situation funktioniert die und Polizei autonom. Ich habe auch das Wissen nicht, um polizeiliche Vorgänge zu diktieren. Was ich weiss ist, dass die Polizei eine 3D-Strategie verfolgt, und die 3D-Strategie heisst:
Also ich will keine Politik machen. Ich will, dass es in diesem Kanton weder links- noch rechtsextremistische Veranstaltungen gibt. Das könnte man mit diesem Artikel erreichen. Noger-St.Gallen, ich habe auch gesagt, wenn diese Rückweisung zur Rettung des Artikels dient, dann machen wir das so. Wir finden vielleicht eine Formulierung die hoffentlich mehrheitsfähig wird, aber ich glaube nicht, dass wir eine Formulierung finden, die wirkungsvoller und zugkräftiger ist. | Session des Kantonsrates vom 25. bis 27. November 2019 |
27.11.2019 | Wortmeldung | Sprecher: Güntzel-St.Gallen Ich war nicht Mitglied der vorberatenden Kommissionen, habe mich aber in der Fraktion informieren und orientieren lassen und habe heute verschiedenen Fraktionsrednern und persönlichen Rednern zugehört. Ich habe ein ganz anderes Verständnis vom Resultat als mein Vorsprecher. Ich habe damals für die Motion auch Ja gestimmt in der Meinung, dass sich eine Lösung und Formulierung finde, für eine solche Bestimmung, die nicht mehr Fragen aufwerft als sie löst, und umgekehrt habe ich mich informieren lassen, dass ja gerade das das Problem ist, dass eine Mehrheit in der vorberatenden Kommission anders entschieden hat, weil man mit der Formulierung der Regierung dieses Problem so nicht löst und weil offensichtlich auch nach langer Diskussion keine bessere Lösung gefunden wurde. Ich glaube, es ist ganz wichtig, dass gerade auch das zu Protokoll gegeben wird bzw. die Medien aufnehmen, was Widmer-Mosnang gesagt hat, sollte der Rat heute keinen Art. 5 in dem Sinne verabschieden, würde das bedeuten, dass der Rat weiterhin solche Veranstaltungen begrüsst. Nein, es muss der Bevölkerung mitgeteilt werden, dass wir das nicht wollen, aber dass wir noch keine Formulierung gefunden, die dem ursprünglichen Anliegen entspricht bzw. das vernünftig umsetzt, ohne ganz viele neue zusätzliche Probleme aufzuwerfen und zu Fragen führt wie: Wann beginnt das, in welchen Situationen ist es ein gefährlicher Anlass oder nicht gegen den Staat gerichtet? Ich bitte Sie, das so zu überlegen, bevor Sie anders entscheiden. Ich persönlich habe gute Gründe jetzt nein zu diesem Artikel zu sagen, der in der vorberatenden Kommission diskutiert wurde. Ich richte mich heute auch an die schreibende Zunft, geben Sie das dem Volk weiter. Wir wollen nicht einen Artikel verhindern, aber wir haben noch keine Lösung gefunden. | Session des Kantonsrates vom 25. bis 27. November 2019 |
27.11.2019 | Wortmeldung | Sprecher: Widmer-Mosnang Wir haben jetzt rund 30mal gehört, dass wir keine extremistischen Veranstaltungen wollen. Ich muss feststellen, die vorberatende Kommission hat ihren Auftrag nicht erfüllt. Sie ging nicht ergebnisoffen an dieses Geschäft. Es war im Vornherein klar, verschiedene Fraktionen wollen keinen solchen Artikel. Scheinbar will dieser Rat hier auch keinen solchen Artikel. Wenn wir aber gegen extremistische Veranstaltungen etwas unternehmen möchten und wollen, genügen die bisherigen Gesetzesbestimmungen nicht. Es genügt nicht, das Wegweisungsrecht anzuwenden. Es genügt auch nicht im Nachhinein Bussen zu verteilen nach Art. 180 des eidg Strafgesetzbuch. Mit einer Gesetzesnorm ist es allen klar, dass Veranstaltungen in dieser Art verboten sind. Nebst den rechtlichen Aspekten hat eine solche Norm auch präventiven Charakter und vor allem Symbolik. Wenn Veranstaltung verboten sind, können gerade die Bewilligungsbehörden und die Polizeikräfte reagieren und Sie haben zusätzliche Instrumente. Ich gehe auch nicht einig mit den Aussagen von Vincenz-Stauffacher-Gaiserwald. Die Bewilligungsverfahren bzw. das Ausstellung von Bewilligungen ist ganz unklar. Wir haben von Regierungsrat Fässler gehört, wenn man schlussendlich etwas mit einem Alkoholverbot oder Getränken, die nicht zugelassen sind, begründen muss, wenn solche Bestimmungen herangezogen werden müssen, damit solche Veranstaltungen, verboten werden können, ist das doch falsch. Zur Frage des Sicherheitsempfindens: Vincenz-Stauffacher-Gaiserwald hat es erwähnt. In Art. 180 des eidg Strafgesetzbuch heisst es ganz klar: Wer jemanden durch schwere Drohungen ins Schrecken oder Angst versetzt, wird auf Antrag mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren und Geldstrafe bestraft. Das Sicherheitsempfinden haben wir bereits so in Gesetzesartikeln festgehalten, das kann man hier in diesem Bereich auch anwenden. Die Begrifflichkeiten «demokratische und rechtsstaatliche Grundordnung » und «Sicherheitsempfinden» sind für einen Gesetzestext zwar ungewöhnlich, mit den üblichen Gesetzestextbausteinen ist jedoch das sehr komplexe Phänomen, wir haben das hier diskutiert, das bekämpft werden soll, nicht umfassend formulierbar. So hat die von der Regierung vorgeschlagene Norm den Vorteil, dass gleichzeitig zwei Kriterien kumulativ vorliegen müssen, damit eine Veranstaltung als verboten gilt. Wir haben jetzt die Möglichkeit, eine Gesetzesnorm zu schaffen. Wenn wir diese Möglichkeit nicht wahrnehmen, wird uns das Volk spätestens in einem Jahr sagen wo es lang geht. Wenn wir diese Möglichkeit nicht wahrnehmen, wird uns das Volk spätestens in einem Jahr sagen wo es lang geht. | Session des Kantonsrates vom 25. bis 27. November 2019 |
27.11.2019 | Wortmeldung | Sprecher: Widmer-Mosnang Dem Antrag der Regierung ist zuzustimmen, der Antrag der vorberatenden Kommission ist abzulehnen. Dieser Rat hat am 25. April 2017 einer Motion zugestimmt, welche Veranstaltungen mit extremistischen Hintergrund verbieten sollte. Es gab damals weder eine grundsätzliche Wortmeldung gegen die Motion, noch gab es kritische Stimmen gegen die geforderte Gesetzesnorm. Der Rat hat sich personell in den vergangenen zwei Jahren nur unwesentlich verändert. Der damalige Entscheid des Rates kann nicht darauf zurückgeführt werden, dass die Fraktionen aufgrund eines unmittelbaren Ereignisses und/oder dem Druck der Bevölkerung abgestimmt haben. Der Ursprung der damaligen Motion, der Anlass in Unterwasser vom Herbst des Jahres 2016 lag doch bereits mehr als ein halbes Jahr zurück. Das Thema konnte damals somit mit gewissen Abstand und in der notwendigen Sachlichkeit beurteilt werden. Umso unverständlicher ist jetzt der Entscheid der vorberatenden Kommission. FDP-, SVP- und sogar Teile der SP-GRÜ-Delegation wollen keinen entsprechenden Verbotsartikel im Polizeigesetz. Sie haben ihre Meinung um 180 Grad geändert. Wir haben in der letzten Halbstunde von den verschiedenen Vorrednern sehr viel juristische Interpretationen und eine breite Auslegung der Sachlage gehört. Auch dem Kommissionsprotokoll kann entnommen werden, dass die anwesenden Juristinnen und Juristen sich in der Auslegung und der Schaffung einer entsprechenden Gesetzesnorm ganz und gar nicht einig waren. Praktisch alle Vorrednerinnen und Vorredner haben hier im Rat klar kundgetan, dass sind keine Veranstaltungen mit extremistischem Hintergrund möchten und was macht der Rat? Aufgrund von juristischen Spitzfindigkeiten schaffen wir es nicht, ein Anliegen der Bevölkerung und den sich selber erteilten Auftrag umzusetzen. Der politische Wille fehlt scheinbar, mit einem entsprechenden Gesetzesartikel Veranstaltungen mit extremistischem Hintergrund zu verbieten. Ich möchte Sie bei der Beratung des Polizeigesetzes Art. 50quater bitten, diesen ins Gesetz aufzunehmen. Zeigen Sie politischen Willen, nehmen Sie das Anliegen der Bevölkerung ernst und schaffen Sie einen entsprechenden Artikel. Der Rat befindet sich in einer Sackgasse. Sagt eine Mehrheit des Rates nein zu einem solchen Artikel, bedeutet das gleichzeitig ein ja zu Veranstaltungen mit extremistischem Hintergrund. Ein ja, welches die Bevölkerung nicht will und das auch die Mehrheit in diesem Rat scheinbar nicht will. Der Rat sendet damit ein ganz spezielles und komisches Signal aus. Unsere Fraktion hat bereits im Vorfeld der Sessions angekündigt, dass sie die Lancierung einer Volksinitiative prüft. Dies für jenen Fall, dass der Rat keinen Artikel zum Verbot von extremistischen Veranstaltungen beschliessen wird. | Session des Kantonsrates vom 25. bis 27. November 2019 |
27.11.2019 | Wortmeldung | Sprecher: Schöbi-Altstätten Kommissionspräsident: Dieser von Art. 34 Abs. 2 Bst. cbis PolG wurde eingehend diskutiert. Es zeigt sich, dass die Protokolle vier Seiten zu diesem Thema umfassen. Es wurde auch das Thema Tatverdacht/Verdacht wurde thematisiert sowie konkrete Anhaltspunkte. Es lag ein Antrag vor, diesen Bst. c zu streichen, welcher mit 12:3 Stimmen von der vorberatenden Kommission abgelehnt wurde. Es lag auch ein Änderungsantrag, wie er jetzt auf dem grauen Blatt vorliegt, vor, welcher ebenfalls mit 12:3 Stimmen abgelehnt wurde. | Session des Kantonsrates vom 25. bis 27. November 2019 |
27.11.2019 | Wortmeldung | Sprecher: Aerne-Eschenbach Der Antrag der SP-GRÜ-Fraktion ist abzulehnen. Mit dem grauen Blatt wird vorgeschlagen, eine erkennungsdienstliche Behandlung nur dann zuzulassen, wenn ein dringender Tatverdacht gegeben ist. Sollten wir dies so beschliessen, werden dem vorgesehenen Gesetzesartikel und dem eigentlichen Zweck und Anliegen der zugrunde liegenden Motion die Zähne vollständig gezogen. In diesem Fall wäre ein neuer Artikel gar nicht notwendig, weil in einem realen Fall, bei dem ein dringender Tatverdacht vorliegt, nach den heutigen gesetzlichen Bestimmungen nicht durch das Polizeigesetz sondern durch die Strafprozessordnung abgehandelt wird. In diesen Fällen ist eine erkennungsdienstliche Behandlung bereits heute möglich. Die Grundrechte des Beschuldigten sind dabei gewahrt. Neu sollen genau diese Situationen geregelt werden, in denen kein konkreter Tatverdacht vorhanden ist, sondern lediglich eine Verdachtslage bzw. konkrete Anhaltspunkte. Die Befürchtungen der SP-GRÜ-Fraktion, dass die gesetzliche Grundlage nicht vorhanden sei, will ja der aktuelle Vorstoss genauer regeln. Mit dem neuen Artikel sollen die formellen Grundlage geschaffen werden, für die vorgesehenen Eingriffe in die Freiheitsrechte, was die Strafprozessordnung in solchen Fällen nicht ermöglicht. Mit den neuen Bestimmungen kann ein konkreter Beitrag geleistet werden. die Aufklärungsquote von Kriminaldelikten zu erhöhen. Eine erfolgreiche polizeiliche Ermittlungsarbeit beginnt immer mit dem Verdacht. Schaffen wir die Möglichkeit, mit einem gesetzlichen Instrument die Aufklärungsquote für Kriminaldelikte zu verbessern. Wenn wir die Möglichkeit schaffen, eine erkennungsdienstliche Behandlung auch bei konkreten Anhaltspunkten zu ermöglichen, leisten wir einen notwendigen Beitrag dazu. In der Praxis muss eine verdächtige Täterschaft oftmals ohne weitere Massnahmen ziehen gelassen werden. Zurück bleibt für die Polizei ein ungutes und unbefriedigendes Gefühl. Wenn bei konkreten Anhaltspunkten, so wie sie mit dem vorliegenden Gesetzestext vorgesehen sind, künftig im Minimum eine erkennungsdienstliche Behandlung angeordnet werden kann, leisten wir einen direkten Beitrag zur effizienten Kriminalbekämpfung bzw. zur Steigerung der Aufklärungsquote. | Session des Kantonsrates vom 25. bis 27. November 2019 |
27.11.2019 | Wortmeldung | Sprecher: Adam-St.Gallen (im Namen der CVP-GLP-Fraktion): Dem Antrag der Regierung ist zuzustimmen, der Antrag der vorberatenden Kommission ist abzulehnen. Ich habe es in meinem Eintretensvotum schon erwähnt: Die CVP-GLP-Fraktion lehnt den Antrag auf Streichung des Art. 50quater PolG entschieden ab und unterstützt einstimmig das rote Blatt der Regierung. Die Regierung legt klipp und klar dar, dass der Kanton – lehnen wir heute das Verbot ab – keine Handhabe mehr haben wird, Veranstaltungen mit extremistischem Hintergrund zu verbieten. Die Polizei kann also nicht mehr auf die polizeiliche Generalklausel zurückgreifen. Verzichten wir heute darauf, ein gesetzliches Verbot zu erlassen, kommt dies einer Einladung an alle nur denkbaren extremistischen Gruppen gleich, ihre Versammlungen bei uns im Kanton St.Gallen abzuhalten. Wollen Sie dieses Risiko eingehen? Wollen Sie auch das Risiko eingehen, dass der Kanton St.Gallen zukünftig sämtliche Prozesse im Zusammenhang mit der polizeilichen Generalklausel verliert, nur weil Sie denken, Art. 50quater PolG sei zu wenig griffig, sei zu unsicher in seinem Vollzug? Hand aufs Herz, das wäre doch ein totaler Verhältnisblödsinn. Wir können doch nicht unseren Kanton auf dem Silbertablett servieren und unsere Bevölkerung den Auswirkungen solcher extremistischen Veranstaltungen aussetzen. | Session des Kantonsrates vom 25. bis 27. November 2019 |
27.11.2019 | Wortmeldung | Sprecher: Adam-St.Gallen (im Namen der CVP-GLP-Fraktion): Auf die Vorlage ist einzutreten. Die CVP-GLP-Delegation begrüsst den Nachtrag zum Polizeigesetz und die damit verbundene Weiterentwicklung des polizeilichen Instrumentariums. Dass den Stalkingopfern dank der vorgesehenen Erweiterung der polizeilichen Interventionsmöglichkeiten ein besserer Schutz zukommen soll, ist höchste Zeit. Wir stehen daher uneingeschränkt hinter der Schaffung der noch fehlenden unterstützenden staatlichen Massnahmen für die Stalkingopfer wie z.B. Wegweisungen und Rückkehrverbote. Wir stehen weiter dafür ein, dass die Polizei endlich auch ausserhalb eines Strafverfahrens eine erkennungsdienstliche Behandlung von Personen durchführen kann. Mit Rücksicht auf das Bedürfnis der Praxis begrüssen wir, dass eine Koordinationsgruppe Häusliche Gewalt und Stalking ins Leben gerufen werden soll. Wir halten einen Informationsaustausch zwischen der Polizei, Beratungsstellen, KESB und Sozialämtern als taugliches Mittel und zielführend, die Ernsthaftigkeit und Schwere von Drohungen besser einschätzen zu können. Mit grösstem Befremden und Unverständnis hat die CVP-GLP-Delegation jedoch zur Kenntnis genommen, dass die vorberatende Kommission die Schaffung eines Verbots zur Durchführung von Veranstaltungen mit extremistischem Hintergrund ablehnt, obwohl der Rat unserer Motion mit 80:2 Stimmen zustimmte. Die CVP-GLP-Delegation steht nach wie vor dezidiert dafür ein, dass Veranstaltungen mit extremistischem Hintergrund verboten werden können, insbesondere jetzt, wo sich die Polizei zukünftig nicht mehr auf die Anwendung der polizeilichen Generalklausel stützen kann. Gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung darf die Polizei ihr Handeln nur dann auf die polizeiliche Generalklausel stützen, wenn es der Gesetzgeber quasi aus Versehen unterlassen hat, etwas gesetzlich zu regeln. Wenn wir es hier und heute absichtlich unterlassen, ein Verbot gegen extremistische Veranstaltungen zu erlassen, kann die polizeiliche Generalklausel nicht mehr angerufen werden und die Polizei hat kein Mittel mehr, solche extremistische Veranstaltungen zu verbieten. Wir müssen sie dann tolerieren – das kann es wohl nicht sein. Zusammenfassend halte ich fest: Die CVP-GLP-Delegation steht hinter dem XIII. Nachtrag zum Polizeigesetz. Wir stehen auch hinter sämtlichen Anträgen der vorberatenden Kommission, ausser jenem, der die Ablehnung des Verbots extremistischer Veranstaltungen fordert. Wir wollen ein solches Verbot und unterstützen den Gesetzesvorschlag der Regierung. | Session des Kantonsrates vom 25. bis 27. November 2019 |
27.11.2019 | Wortmeldung | Sprecher: Tinner-Wartau (im Namen der FDP-Fraktion): Dem Antrag von Hasler-St.Gallen ist zuzustimmen. Wir stellen ebenfalls einen Rückweisungsantrag aufgrund der nun geführten Diskussion. Aufgrund der unterschiedlichen Interpretation scheint es nur mehr als angebracht zu sein, zumindest diesen Extremistenartikel nochmals in der Kommission ausführlich zu diskutieren, die Vor- und Nachteile abzuwägen und dann vor allem eine Lösung zu bringen, indem dann auch Sicherheit besteht, dass wir aufgrund solcher künftiger Risikoveranstaltungen nicht wieder eine Gefährdung im Kanton St.Gallen haben. | Session des Kantonsrates vom 25. bis 27. November 2019 |
27.11.2019 | Wortmeldung | Sprecher: Surber-St.Gallen Ich habe nach dem Votum von Vincenz-Stauffacher-Gaiserwald für mich einen Klärungsbedarf. Vielleicht kann der zuständige Regierungsrat in seinem Votum meine Fragen beantworten. Ich glaube, wir sind uns in diesem Rat alle einig, ein zweites Unterwasser wollen wir nicht. Ich sehe noch den Gemeindepräsidenten von Unterwasser im Fernsehen vor mir, wie er da völlig konsterniert steht. Er hatte diese Veranstaltung unter völlig falschen Vorzeichen bewilligt und ging davon aus, es würde da eine Rockkonzert stattfinden. Es sind ja sehr viele Veranstaltungen, die stattfinden, bewilligungspflichtig. Im Rahmen eines Bewilligungsverfahrens kann die Behörde abwägen, ob eine Bewilligung erteilt wird oder nicht. Sie wägt private gegen öffentliche Interessen ab oder das Interesse der Gesuchsteller mit ihrer Versammlungsfreiheit gegenüber allfällig überwiegenden öffentlichen Interessen. Ich meine, in einer solchen Abwägung kann sie ja eine solche Veranstaltung bereits verbieten. Ich bin mir sicher, der Gemeindepräsident von Unterwasser hätte diese Veranstaltung verboten, hätte er gewusst, worum es tatsächlich geht. Und damit zu meiner Frage, welche Veranstaltungen, die man heute in einem Bewilligungsverfahren nicht verbieten kann, hat man eigentlich so vor sich für dieses Verbot. Vielleicht können Sie in Ihrem Votum dazu Stellung nehmen, das würde mir eine Klärung bringen. | Session des Kantonsrates vom 25. bis 27. November 2019 |
27.11.2019 | Wortmeldung | Sprecher: Böhi-Wil Dem Antrag Hasler-St.Gallen ist zuzustimmen. Der Antrag von Hasler-St.Gallen kommt überraschend. Wir konnten ihn in der Fraktion nicht genau besprechen. Die wenigen Personen, die kontaktiert habe sind einverstanden, dass das Geschäft zurück an die Kommission geht. Ich glaube, wir könnten einen guten Lösungsvorschlag ausarbeiten. | Session des Kantonsrates vom 25. bis 27. November 2019 |
27.11.2019 | Wortmeldung | Sprecher: Böhi-Wil (im Namen der SVP-Fraktion): Auf die Vorlage ist einzutreten, den Anträgen der vorberatenden Kommission ist zuzustimmen. Wir begrüssen es, dass die Regierung drei sehr unterschiedliche Themen, die alle ins Polizeigesetz gehören, in diesen XIII. Nachtrag eingefügt hat. Die Ergänzung des Polizeigesetzes mit Bestimmungen gegen das Stalking befürworten wir grundsätzlich. Ebenfalls befürworten wir, dass der Polizei bei der Prävention von Einbruchsdiebstählen mehr Möglichkeiten gegeben werden. Grösste Vorbehalte haben wir gegen die neue Bestimmung zum Veranstaltungsverbot. Natürlich sind wir nicht gegen das Verbot von den Veranstaltungen, um die es hier geht. Eie der betreffende Artikel formuliert ist, zweifeln wir, dass er umsetzbar und anwendbar ist. Aus diesem Grund lehnen wir diesen Artikel klar ab und ich werde mich dazu Rahmen der Spezialdiskussion nochmals und im Detail zu Wort melden. | Session des Kantonsrates vom 25. bis 27. November 2019 |
27.11.2019 | Wortmeldung | Sprecher: Vincenz-Stauffacher-Gaiserwald (im Namen der FDP-Fraktion): Auf die Vorlage ist einzutreten. Während wir im Bereich Häusliche Gewalt bereits seit dem Jahr 2003 über ein dannzumal schweizweit einzigartiges polizeirechtliches Instrumentarium verfügen, ist beim Schutz von Personen, welche von Stalking betroffen sind, Handlungsbedarf ausgewiesen. In diesem Bereich besteht heute eine unbefriedigende rechtliche Grundlage. Die im Nachtrag vorgesehenen zusätzlichen polizeilichen Interventionsmöglichkeiten stellen der Polizei die wirksame Mittel zum Schutz der betroffenen Personen bereit. Auch in den Bereichen Beratungsarbeit für gewaltbetroffene und gewaltausübende Personen, bei der Information- und Massnahmenkoordination und hinsichtlich der Aktualisierung der datenschutzrechtlichen Grundnorm der Polizei, besteht Bedarf nach klaren Rechtsgrundlagen, welche den heutigen Verhältnissen und Bedürfnissen anzupassen sind. Trotz des ausgewiesenen Handlungsbedarfs sind bei der Gesetzgebung in diesen heiklen Bereichen stets rechtsstaatliche Grundprinzipien, wie die Verhältnismässigkeit und der Schutz der Privatsphäre der Bürgerinnen und Bürger zu beachten. Für Gewalt im privaten und öffentlichen Raum gilt Nulltoleranz und kriminelle Handlungen müssen rasch und konsequent verfolgt werden. Freiheitseinschränkungen sind dabei soweit als möglich zu vermeiden. Zudem ist bei der Erreichung der gewünschten Ziele auf eine schlanke, wirksame, bürokratiearme, effiziente und kostengünstige Umsetzung zu achten. Hinsichtlich der vorgesehenen Regelungen werden wir im Rahmen der Spezialdiskussion weitere Ausführungen machen. Ich kann vorwegnehmen, dass wir der Erweiterung des polizeilichen Instrumentariums und der Aktualisierung der datenschutzrechtlichen Grundnorm der Polizei zustimmen, die Schaffung einer Koordinationsgruppe Häusliche Gewalt und Stalking begrüssen und die Regelung hinsichtlich verpflichtender Beratungsangebote mehrheitlich mittragen und die Regelung bezüglich Verbot von Veranstaltungen mit extremistischem Hintergrund als unnötig und darüber hinaus wirkungslos ablehnen. | Session des Kantonsrates vom 25. bis 27. November 2019 |
27.11.2019 | Wortmeldung | Sprecher: Dürr-Widnau (im Namen der CVP-GLP-Fraktion): Dem Antrag Hasler-St.Gallen ist zuzustimmen. Ich habe mich nicht mit allen unseren Mitgliedern abgestimmt, aber ich kann Ihnen sagen, dass wir den Rückweisungsantrag unterstützen. Wir sind sehr froh und schätzen, dass ein Umdenken in diesem Saal stattgefunden hat. Wir freuen uns, dass wir diesen Artikel nochmals anschauen können, und dass die Argumentationen, die ich jetzt eineinhalb Stunden lang gehört habe, nochmals angeschaut werden. Es wäre auch schneller gegangen. | Session des Kantonsrates vom 25. bis 27. November 2019 |
27.11.2019 | Wortmeldung | Sprecher: Adam-St.Gallen (im Namen der CVP-GLP-Fraktion): Der Antrag der SP-GRÜ-Fraktion ist abzulehnen. Wenn wir die Formulierung «konkrete Anhaltspunkte» durch «dringenden Tatverdacht» ersetzen, hebeln wir den Artikel, so wie er jetzt hier vorliegt und so wie es mein Vorredner auch bereits gesagt hat, aus. Die Voraussetzung des «dringenden Tatverdachts» ist für das Eingreifen der Polizei um einiges einschränkender als «konkrete Anhaltspunkte». Liegt ein «dringender Tatverdacht» vor, läuft das Verfahren ohnehin gemäss Strafprozessordnung, und das ist das, was wir ja gerade nicht wollten, als wir der Regierung in der Aprilsession 2016 den Auftrag erteilten, der Polizei die Möglichkeit einzuräumen, ausserhalb des Strafverfahrens eine solche Untersuchung durchzuführen. Wir wollten damit ja die Eingriffsmöglichkeiten der Polizei erleichtern. Lehnen Sie den Antrag der SP-GRÜ-Fraktion ab, wenn Sie die Polizei nicht im Regen stehen lassen wollen. | Session des Kantonsrates vom 25. bis 27. November 2019 |
27.11.2019 | Wortmeldung | Sprecher: Böhi-Wil (im Namen der SVP-Fraktion): Der Antrag der SP-GRÜ-Fraktion ist abzulehnen. Es handelt sich dabei nicht einfach um eine Anpassung, wie es auf dem grauen Blatt heisst, sondern um eine Abschwächung der Bestimmung. Damit würde der Motionsauftrag, der zu eben diese Bestimmung geführt hat, praktisch aufgehoben. Wir sollten es der Polizei am Einsatzort überlassen zu entscheiden, ob Verdachtsmomente bestehen oder nicht und nicht aus unserem geschützten Raum heraus versuchen, der Polizei unrealistische Instruktionen zu geben. Im Übrigen wäre es seitens der SP-GRÜ-Fraktion transparenter gewesen, die komplette Streichung von Art. 34 Abs. 2 Bst. cbis PolG zu beantragen, anstelle zu versuchen, durch eine politische Hintertüre die Bestimmung bis zur völligen Wirkungslosigkeit zu torpedieren. | Session des Kantonsrates vom 25. bis 27. November 2019 |
27.11.2019 | Wortmeldung | Sprecher: Kofler-Uznach Der Antrag der SP-GRÜ-Fraktion ist abzulehnen. Eigentlich wollte ich mich hier nicht äussern, weil die Argumente von verschiedener Seite vorgebracht wurden. Selber kann ich mich mit dem Vorschlag meiner Fraktion nicht einverstanden erklären. Ich habe das auch versucht, zu bekämpfen. Leider ist trotzdem dieser Vorschlag gekommen. Ich muss ganz einfach sagen, dieser Vorschlag ist nicht praxistauglich. Ich kann auf der Strasse nicht entscheiden, ob es sich jetzt um einen dringenden Tatverdacht handelt. Da habe ich nicht die Zeit dazu. Die Zeit hat man nachher in den Gerichtssälen, dort kann man dann darüber entscheiden, ob es sich um einen dringenden Tatverdacht handelt. | Session des Kantonsrates vom 25. bis 27. November 2019 |
27.11.2019 | Wortmeldung | Sprecher: Hasler-St.Gallen beantragt Rückweisung von Art. 50quater an die vorberatende Kommission, mit dem Auftrag ... Ich hätte eigentlich ein Votum halten wollen, dass ich an Dudli-Oberbüren gerichtet hätte. Aber zum jetzigen Zeitpunkt der Diskussion stelle ich etwas fest. Widmer-Mosnang hat einen extrem wichtigen Satz gesagt, nämlich eigentlich sind wir uns alle einig, aber offensichtlich hat die vorberatende Kommission ihre Arbeit nicht abgeschlossen. Wir scheinen uns zum jetzigen Zeitpunkt in diesem Rat nicht darüber einig zu sein, was die korrekte Massnahme wäre. Wir sind uns aber darüber einig, was wir wollen. Ich möchte Ihnen vor diesem Hintergrund wirklich beliebt machen, dass man das Geschäft noch einmal in die Kommission zurücknimmt. Wir sind uns offensichtlich alle darüber einig, dass wir keine extremistischen Veranstaltungen wollen. In der konkreten Ausgestaltung, ob das dann tatsächlich nur das Nazi-Konzert in Unterwasser oder eine Jahresversammlung des islamischen Zentralrat betrifft, bin ich mir dann nicht mehr ganz so sicher. Ich glaube, dass über diese Details zu wenig gesprochen wurde. Ich glaube, dass die Formulierung, die uns von der Regierung vorgelegt wurde, tatsächlich relativ unpräzise ist. Es wurde zu Recht von Böhi-Wil die Frage aufgeworfen: Was nützen unsere Formulierungen, wenn man nicht genug früher ansetzen kann? Unterwasser hätte man sehr wohl mit bestehenden Gesetzesartikeln verhindern können. Man hätte den Saal räumen können. Das wäre aber ein enormes Gefahrenpotential für die Beamten vor Ort gewesen. Ich glaube tatsächlich, dass man darüber in der Kommission noch einmal sprechen sollte. | Session des Kantonsrates vom 25. bis 27. November 2019 |
27.11.2019 | Wortmeldung | Sprecher: Toldo-Sevelen (im Namen der FDP-Fraktion): Der Antrag der SP-GRÜ-Fraktion ist abzulehnen. zu Art 34 Abs. 2 Bst. cbis. Der Antrag der SP-GRÜ-Fraktion möchte den Artikel zu Gunsten des Grundrechtsschutzes verschärfen. Anstelle eines konkreten Anhaltspunktes soll neu ein dringender Verdacht bestehen. Ich bitte Sie, sich gedanklich von potenziellem Einbruchswerkzeug und Sturmmasken zu lösen und sich einmal vorzustellen, dass ein Personenwagen, egal mit welchem Kennzeichen, von der Polizei angehalten wird und bei der Kontrolle mehrere Fotos von Kindern entdeckt werden. So geschehen im Werdenberg. Wenn jetzt in diesem Praxisfall eine erkennungsdienstliche Erfassung nur erfolgen darf, wenn eindeutig feststeht, dass die angehaltene Person kurz vor der Ausübung einer Straftat steht oder eine solche bereits beging, geht dies für uns in eine falsche Richtung. | Session des Kantonsrates vom 25. bis 27. November 2019 |
27.11.2019 | Wortmeldung | Sprecher: Böhi-Wil zu Regierungsrat Fässler. Ich bin etwas enttäuscht, denn ich habe fast den Verdacht, dass Sie das bestehende Instrumentarium offensichtlich nicht anwenden wollen, oder vielleicht versuchen Sie sogar mit einem juristischen Kunstgriffe gegen Veranstaltungen vorzugehen, die vielleicht nicht in Ihr politisches Konzept passen. Übrigens ist der letzte Satz auf dem roten Blatt bezeichnend für diese Haltung, denn dort heisst es, ein Verbot von extremistische Veranstaltung dränge sich aufgrund der aktuellen Entwicklungen in Europa auf. Das zeigt, dass sie vielleicht nicht nur juristisch sondern auch politisch argumentieren. Wir brauchen kein Polizeigesetz, das als totalitäres Staatssicherheitsgesetz gegen unliebsame Meinungen verwendet werden kann, sondern wir wollen ein Polizeigesetz mit dem unpolitisch und unparteiisch für die Gewährleistung der öffentlichen Sicherheit gesorgt werden kann. Ich bin überzeugt, wir finden bei der nächsten Sitzung der vorberatenden Kommission eine bessere Lösung als heute. | Session des Kantonsrates vom 25. bis 27. November 2019 |
27.11.2019 | Wortmeldung | Sprecher: Güntzel-St.Gallen Ich spreche nicht zum Rückweisungsantrag, dazu wurde gesprochen und es herrschen offenbar klare Mehrheiten. Ich spreche zum Votum oder zu einer Erwartung von Tinner-Wartau. Er sagt, er sei für Rückweisung, um ein für allemal sicherzustellen, dass eine solche Veranstaltungen nicht mehr stattfinden können. Was uns auch die vorberatende Kommission in der zweiten oder dritten Vorlage vorgelegt, wir werden nie eine Formulierung finden, bei der wir alle Unsicherheiten ausschliessen können. Vielleicht können wir die Wahrscheinlichkeit, dass es nicht mehr passieren kann erhöhen. Aber wenn, das war ja offenbar die Ausgangslage im Fall Wildhaus oder Unterwasser, nicht mit ehrlichen Informationen gehandelt wird, dann kann es das auch wieder geben. Das ist nicht ein Grund, nicht zu versuchen eine Lösung zu finden, aber die Illusion, dass es nie mehr vorkommen kann, die möchte ich Ihnen eigentlich wegnehmen. | Session des Kantonsrates vom 25. bis 27. November 2019 |
27.11.2019 | Wortmeldung | Sprecher: Schöbi-Altstätten Präsident der vorberatenden Kommission: legt seine Interessen offen als Präsident des Verbandes der Kantonspolizei St.Gallen. Auf die Vorlage ist einzutreten, den Anträgen der vorberatenden Kommission ist zuzustimmen. Die vorberatende Kommission traf sich am 21. Oktober 2019 zu einer ganztägigen Sitzung. Die Kommission war wie vom Präsidium bestellt zusammengesetzt. Seitens der Regierung und Verwaltung nahmen Regierungsrat Fredy Fässler, Generalsekretär Hans-Rudolf Arta, David Knecht, Leiter Rechtsdienst und Miriam Reber, Leiterin Koordinationsstelle Häusliche Gewalt, teil. Protokoll führten seitens der Parlamentsdienste Matthias Renn und Gerda Göbel-Keller. Gegenstand der Beratung war das Geschäft 22.19.07 «XIII. Nachtrag zum Polizeigesetz» mit Botschaft und Entwurf der Regierung vom 2. Juli 2019. Diese fussen unter anderem auf zehnjährigen Erfahrungen des Gesetzesvollzuges des zweiten Nachtrages zum Polizeigesetz gegen häusliche Gewalt auf der Motion 42.15.20 «Erweiterung der erkennungsdienstlichen Behandlung» und der Motion 42.17.01 «Veranstaltungen mit extremistischem Hintergrund verbieten». Es liegen dem Kantonsrat damit heute Ergebnis und Entwurf mit Anträgen der vorberatenden Kommission vom 21. Oktober 2019 sowie einem Antrag der Regierung vom 5. November 2019 vor. Miriam Reber erstattete einen Erfahrungsbericht und Regierungsrat Fässler führte in die Thematik ein. In der allgemeinen Diskussion sprachen sich alle Delegationen für Eintreten aus. Begrüsst wurde die Erweiterung der polizeilichen Interventionsmöglichkeiten in Fällen von Stalking. Es können neben Wegweisungen und Rückkehrverboten neu auch Annäherungs-, Kontakt- und Rayonverbote ausgesprochen werden. Befürwortet wird die Schaffung einer Koordinationsgruppe Häusliche Gewalt und Stalking, damit Hochrisikofälle besser eingeschätzt werden können. Die vorberatende Kommission unterstützt die vorgeschlagenen Anpassungen der datenschutzrechtlichen Grundnormen und Erweiterung der erkennungsdienstlichen Behandlung. Mit der Erweiterung kann die Polizei ausserhalb eines Strafverfahrens Personen mit verdächtigen Gegenständen stoppen und dadurch allenfalls Täter von vergangenen oder künftigen Delikten mittels erkennungsdienstlichen Massnahmen identifizieren. Ich verweise in gebotener Kürze auf die Meinungsbildung der vorberatenden Kommission. Ich gehe davon aus, dass weitere Ausführen der Delegation in den Voten der Fraktionen wiedergegeben werden. zu Art. 43sexies Abs. 1 des Polizeigesetzes (sGS 451.1; abgekürzt PolG), Koordinationsgruppe Häusliche Gewalt und Stalking: Die vorberatende Kommission hat die Zusammensetzung der Koordinationsgruppe nach eingehender Diskussion um eine Fachperson der Stadtpolizei, konkret derzeit nach Art. 24 PolG: in der politischen Gemeinde St.Gallen die Stadtpolizei und eine Fachperson der Stiftung Opferhilfe erweitert. Die vorberatende Kommission beantragt die Ergänzung «Stadtpolizei» mit 11:4 Stimmen und die Ergänzung «Stiftung Opferhilfe» mit 10:3 Stimmen bei 2 Enthaltungen. zu Art. 43septies Abs. 2 PolG, Aufgaben der Koordinationsgruppe Häusliche Gewalt und Stalking: Die vorberatende Kommission ergänzt den zweiten Absatz, wonach die Koordinationsgruppe der zuständigen Behörde die Anordnung von Massnahmen zum Schutz gefährdeter Personen empfehlen kann, um einen zweiten Satz mit dem Wortlaut «Sie begründet die Empfehlung.» Eine Empfehlung soll nachvollziehbar sein und es soll verhindert werden, dass eine Empfehlung unreflektiert in den Entscheid der zuständigen Behörde überführt wird. Das pflichtgemässe Ermessen der Behörde bleibt vorbehalten. Es wird damit kein schriftlich formalisierter Prozess geschaffen, die Begründung ist summarisch zu halten und auf ein Minimum zu beschränken. Es muss erkennbar sein, worauf eine Gefährlichkeitsprognose basiert. Die Verfahrensrechte, einschliesslich des rechtlichen Gehörs, kommen vor der verfügenden oder entscheidenden Behörde zum Tragen. Die vorberatende Kommission beantragt den zweiten Satz «Sie begründet die Empfehlung.» mit 14:1 Stimme. zu Art. 43septies Abs. 3 PolG, Aufgaben der Koordinationsgruppe Häusliche Gewalt und Stalking: Die vorberatende Kommission ändert Abs. 3, wonach die zuständige Behörde die betroffenen Personen über die Gefährdung und die Möglichkeiten Hilfe zu erhalten informiert in eine fakultative Ermächtigung zur Information ab. Sie erwog, dass ein obligatorisches Handeln der zuständigen Behörde je nach Sachverhalt mehr schade als nütze. Die vorberatende Kommission interpretiert dabei den neu als «Kann-Bestimmung» formulierten Abs. 3 als im pflichtgemässen Ermessen der Behörde liegenden Anwendungsvorschrift. Die vorberatende Kommission beantragt die Änderung «kann informieren» mit 15:0 Stimmen. zu Art. 43octies Abs. 2 PolG, ergänzende Erkundigungen bei Privatpersonen: Die vorberatende Kommission streicht die Möglichkeit, dass die Koordinationsgruppe bei Privatpersonen, die nicht an einem hängigen Verfahren beteiligt sind, ergänzende Erkundigungen einholen kann. Die Koordinationsgruppe als Koordinations- und Beratungsgremium ist so konzipiert. Rechtsstaatlich ist es unhaltbar, ohne prozessuale Gesetze Befragungen durchzuführen, die entsprechenden Informationen kann die Polizei beschaffen. Die vorberatende Kommission beantragt die Streichung mit 15:0 Stimmen. zu Art. 43nonies Abs. 2 PolG, Auskunftsrecht von Medizinalpersonen: Die vorberatende Kommission schränkt das gesetzliche Auskunftsrecht, damit wirken Ärztinnen und Ärzte, Psychologinnen und Psychologen sowie ihre Hilfspersonen auf Fälle ein, die keinen Aufschub gestatten. Es muss Gefahr für Leib und Leben in Verzug sein, ansonsten ist das ordentliche Verfahren vor Gesundheitsdepartement zur Entbindung vom Berufsgeheimnis durchzuführen. Die vorberatende Kommission beantragt die Ergänzung mit «In Fällen, die keinen Aufschub erstatten» mit 11:3 Stimmen bei 1 Abwesenheit. zu Art. 50quater PolG, Verbot von Veranstaltungen mit extremistischem Hintergrund: In Erfüllung der Motion der CVP-GLP-Fraktion vom 21. Februar 2017 unterbreitete die Regierung folgende Ergänzung des PolG: «Die Durchführung einer Veranstaltung, die nicht mit der demokratischen und rechtsstaatlichen Grundordnung vereinbart werden kann und dadurch die Bevölkerung die Angst und Schrecken versetzt, ist verboten.» Die vorberatende Kommission diskutierte intensiv und kontrovers. Die Meinungen gingen auseinander. Seitens der Regierung liegt ein Änderungsantrag von 5. Februar 2019 vor. Die Diskussion unter den Delegationsmitgliedern dürfte im Plenum seitens der Fraktionen fortgesetzt werden. Die vorberatende Kommission ist der klaren Meinung, dass extremistische Anlässe, die mit den schweizerischen Grundwerten unvereinbar sind, wenn immer möglich verhindert werden sollen. Sie verwirft die von der Regierung vorgeschlagene Regelung. Sie beantragt, auf eine gesetzliche Bestimmung gänzlich zu verzichten. Eine alternative Verbotsumschreibung wurde diskutiert, infolge der beantragten Streichung des Gesetzesartikels jedoch gegenstandslos. Die Diskussion wurde insbesondere kontrovers über die Bedeutung und Notwendigkeit einer gesetzlichen Grundlage geführt. Während nach der einen Auffassung als gesetzliche Grundlage die polizeiliche Generalklausel ausreicht, ist nach einer anderen Auffassung jene nicht anwendbar. Die Regierung liess dazu auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtes verweisen. Danach ist der Anwendungsbereich der polizeilichen Generalklausel auf echte und unvorhersehbare Notfälle beschränkt. Verzichtet der Gesetzgeber hingegen auf eine ausdrückliche gesetzliche Grundlage, obwohl er sich typischer und erkennbarer Gefährdungslagen bewusst ist, so ist die polizeiliche Generalklausel nicht mehr als gesetzliche Grundlage anwendbar. Der Kantonsrat ist zusammen mit dem Volk Gesetzgeber. In dieser Funktion muss er sich bewusst sein: Eine echte Gesetzeslücke ist eine planwidrige Unvollständigkeit des Gesetzes. Die rechtsanwendende Behörde, so z.B. die Polizei, darf diese schliessen. Ein solches Schweigen des Gesetzgebers ist z.B. in Art. 1 Abs. 2 des Zivilgesetzbuches normiert und führte in der Restgeschichte bereits seit Aristoteles dazu, dass die rechtsanwendende Behörde in der Ausnahmesituation wie der Gesetzgeber handelt und die polizeiliche Generalklausel anwendet. Liegt hingegen eine unechte, eine rechtspolitische Lücke vor, wenn der Gesetzgeber in Kenntnis eines möglichen Sachverhaltes kein Gesetz erlassen wollte, so steht es der rechtsanwendenden Behörden nicht an, gegen den Willen des Gesetzgebers zu handeln, denn die Behörde ist nicht Gesetzgeber. So wird der Polizei die gesetzliche Grundlage für ihre Verbote und Realakte fehlen. Die vorberatende Kommission beantragt die Streichung des Verbotes von Veranstaltungen mit extremistischem Hintergrund mit 10:4 Stimmen bei 1 Abwesenheit. Aus den Änderungs- und Ergänzungsanträgen der vorbereiten Kommission ergeben sich soweit ersichtlich keine weiteren Kostenfolgen. Diese Gesetzesvorlage bewegt sich im Spannungsfeld der Grundrechte. Während bisher die klassischen Aufgaben des Staates in der Eingriffsverwaltung bestehen, in der Staat anordnet und zwangsweise durchsetzt, zeigt sich heute im gesellschaftlichen Kontext immer mehr, dass die Leistungsverwaltung an Bedeutung gewinnt und ihre eigenen Stärken aufweist. Musste früher zuerst etwas vorfallen, damit der Staat danach eingegriffen hat, wird heute beraten und Prävention betrieben, damit sich ein Vorfall nicht realisiert. Es zeigt sich dabei einmal mehr, dass die Rechtsordnung immer wieder auf ihren Bezug auf die Realität geprüft und gegebenenfalls auch angepasst werden muss. Die Kommission behandelte das Geschäft in einer intensiven, sachlichen, umsichtigen und tiefgreifenden Beratung im Spannungsfeld dieser Grundrechte. Diese Diskussion und Gesetzgebung wird heute seine Fortsetzung im Kantonsrat finden. Die vorberatende Kommission beantragt, dem Kantonsrat mit 14:0 Stimmen bei 1 Abwesenheit auf die Vorlage zum XIII. Nachtrag zum Polizeigesetz einzutreten und den Anträgen der vorberatenden Kommission zuzustimmen. | Session des Kantonsrates vom 25. bis 27. November 2019 |
27.11.2019 | Wortmeldung | Sprecher: Schöbi-Altstätten Kommissionspräsident: Die vorberatende Kommission hat die Diskussion eingehend geführt. Über eine Fortsetzung der Beratung wurde nicht diskutiert, auch nicht über eine Rückweisung. Vielleicht sieht die Welt ja dann anders aus, wenn wir das in einem späteren Zeitpunkt nochmals anschauen. | Session des Kantonsrates vom 25. bis 27. November 2019 |
27.11.2019 | Wortmeldung | Sprecher: Noger-St.Gallen Wir haben festgestellt, dass Ihnen diese Diskussion, Herr Regierungsrat, gar nicht gepasst hat, und dass Sie dieses Rückkommen nicht wollen. Ich bitte Sie, das doch gelassen zu nehmen. Sie haben gesehen, dass im Rat eine Unsicherheit von links bis rechts besteht, auch unter den Juristen, und dann finde ich, es ist einfach gut, das nochmals sauber anzuschauen. Es gibt ja auch die Möglichkeit, in einer nächsten Sitzung noch zusätzliche juristische Kenntnisse einzubauen, das muss man sauber vorbereiten, wenn das Menschenmögliche getan ist , gibt es vielleicht noch etwas Übermenschliches. | Session des Kantonsrates vom 25. bis 27. November 2019 |
27.11.2019 | Wortmeldung | Sprecher: Böhi-Wil (im Namen der SVP-Fraktion): Dem Antrag der vorberatenden Kommission ist zuzustimmen. Wir sind für die ersatzlose Streichung der Bestimmung. Auch für uns ist es klar, dass Veranstaltungen die gegen die demokratische und rechtsstaatliche Grundordnung verstossen nicht erlaubt werden dürfen. Mit der Zustimmung zur Motion 42.17.01 haben wir ja den Tatbeweis erbracht, dass wir das nicht wollen, dass solche Veranstaltungen stattfinden. Die Fragen, die sie zu einem Veranstaltungsverbot stellen, sind aber hoch komplex. Wer definiert was nicht mit der demokratischen und rechtsstaatlichen Grundordnung vereinbart werden kann, oder was genau das Sicherheitsempfinden der Bevölkerung massgeblich beeinträchtigt? Anders gefragt, wer bestimmt, wann die Grenzen der Meinungs- und der Versammlungsfreiheit überschritten sind? Die Antwort ist klar, nur ein Gericht kann das ohne jegliche Willkür entscheiden. Klare und unmittelbare Verstösse dagegen können aber heute schon strafrechtlich belangt werden. Die Juristen hier im Saal wissen das besser als alle andern. Somit ist also die Anrufung der polizeilichen Generalklausel gar nicht notwendig, weil die gesetzliche Grundlage für die polizeiliche Interventionen bereits vorhanden ist. Auch ohne Art. 50quater hat die Polizei strafrechtliche Handhabe einzugreifen, z.B. indem sie das Verbot der Schreckung der Bevölkerung oder das Verbot der Zusammenrottung anwendet. Auch können Personen weggewiesen oder ferngehalten werden, wenn sie die öffentliche Sicherheit und Ordnung gefährden oder stören. Somit steht bereits jetzt ein genügendes Instrumentarium zur Verfügung. Die Regierung, das müssen wir anerkennen, hat sich grosse Mühe gegeben, eine tragfähige Bestimmung auszuarbeiten, um den Motionsauftrag umzusetzen. Sie hat versucht, die Quadratur des Kreises zu machen. Nun stellt sich heraus, dass daraus ein Papiertiger wurde, der schlicht und einfach nicht praktikabel ist. Eine Gesetzesbestimmung, die ernst genommen werden soll, muss umsetzbar sein. Die Bestimmung ist es nicht, sondern er hat lediglich eine deklaratorische Bedeutung. Wir wollen aber kein Scheinverbot, bei dem alle wissen, dass es bestenfalls dem Gesetzgeber dazu dient, das Gefühl zu haben, etwas für die gute Sache unternommen zu haben. Nun, was ist die Alternative zum Veranstaltungsverbot, so wie es die Regierung vorschlägt? Die Antwort liegt in der Analyse des Ereignisses in Unterwasser, das zur Motion 42.17.01 führte. Die Auswirkung der Ereignisse hat gezeigt, dass es sich um ein Versagen des Nachrichtendienstes des Bundes handelte, der zwar von Deutscher Seite auf die geplante Veranstaltung hingewiesen wurde, die entsprechende Information ist aber nicht rechtzeitig dort angekommen, wo sie hätte ankommen sollen, nämlich bei der St.Galler Kantonspolizei. Diese hätte, wenn sie davon vorher gewusst hätte, durch Strassenkontrollen die Anreise der Teilnehmer verhindern können. Dass es auch anders geht, zeigte sich ihm Oktober im Wallis, wo sich verschiedene ausländische Gruppierungen zu einer Veranstaltung treffen wollten, die man als extremistisch einstufen könnte. Die Walliser Polizei hat rechtzeitig einen Tipp vom Nachrichtendienst des Bundes bekommen, hat anschliessend den lokalen Veranstalter dazu befragt, worauf dieser das Treffen absagte. Daraus ist die Lehrer zu ziehen, dass die verschiedenen Dienststellen sich besser vernetzen und den Informationsfluss untereinander gewährleisten müssen. Das ist bei Weitem wirksamer als einen Gesetzartikel zu konstruieren, der keinesfalls halten kann, was er vorgibt. | Session des Kantonsrates vom 25. bis 27. November 2019 |
27.11.2019 | Wortmeldung | Sprecher: Regierungsrat: Dem Antrag ist zuzustimmen. Vielleicht kann ich Sie vorab darüber orientieren, was wir konkret nach Unterwasser unternommen haben. Es ist natürlich nicht so, dass wir nichts getan haben. Wir haben unverzüglich sämtliche öffentlichen und privaten Eigentümer von Veranstaltungshallen darüber orientiert, dass wenn sie Verträge abschliessen, um ihre Hallen zu vermieten, oder wenn sie Bewilligungen erteilen, bitte prüfen sollen, wer die entsprechenden Gesuche stellt. Wir haben bei der Kantonspolizei einen Single Point of Contact (SPoC) eingerichtet, bei welchem man anrufen konnte und nötige Informationen abholen konnte, um einen solchen Bewilligungsentscheid allenfalls anders durchführen zu lassen. Selbstverständlich haben auch die Nachrichtendienste etwas konsterniert reagiert. In Deutschland sind, wenn ich richtig orientiert bin, etwa 2'000 Leute im Verfassungsschutz engagiert. Die machen den ganzen Tag nichts anderes als zu schauen, ob derart extremistische Organisationen oder Einzelpersonen irgendetwas im Schilde führen, 1'000 davon im Bereich des Rechtsextremismus. Die haben allesamt einfach nichts gesehen, weil diese Organisationen höchst professionell geführt sind. Die haben alle taktische Führungskurse absolviert, die wissen, dass sie unter Beobachtung stehenden und organisieren sich so, dass man sie nicht entdeckt. Diese Ausbildungen erhalten sie in der Armee oder in der Polizeiführung. Wenn da Leute abdriften, und das kann niemand verhindern, dann wird das erworbene Wissen gegen die ursprünglichen Arbeitgeber eingesetzt. Das ist der Hintergrund des ganzen Problems, und dieses Problem werden wir mit einer Rückweisung nicht lösen können. Wir haben das Menschenmögliche getan, um künftig solche Veranstaltungen informell verbieten zu können. Wir werden aber keinen Gesetzesartikel kreieren können, welcher definitiv garantiert, dass das nicht mehr der Fall sein kann. Ich verstehe nicht, wovor Sie genau Angst haben, wenn Sie jetzt diesem Artikel zustimmen? Was befürchten Sie genau? Dass SVP-Veranstaltungen verboten werden oder SP-Veranstaltungen? Sicher nicht. Und wenn jetzt behauptet wird, man könne das Ganze auch mit den aktuellen Bewilligungsverfahren verhindern, dann stimmt das einfach nicht. Islamischer Zentralrat stellt im Saanebezirk einen Antrag auf Bewilligung einer Veranstaltung. So geschehen. Das Bundesgericht sagt, wenn man gesetzliche Grundlagen hat, kann man das verbieten, aber wenn man keine schafft, kann man es nicht verbieten. Das Bundesgericht sagt auch, wenn solche Veranstaltungen sich wiederholende, dann muss der Gesetzgeber reagieren. Wenn er das nicht macht, dann kann man ein solches Verbot nicht auf die polizeiliche Generalklausel abstützen. Wenn jemand irgendwo ein Rockkonzert veranstalten will und eine Bewilligung stellt, und man schaut, wer wird da auftreten. Die Rockbands, die in Unterwasser aufgetreten sind, waren allesamt nicht auf dem Index. Einige waren vorbestraft, die geben aber in Deutschland ihre Platten heraus. Diese Platten kann man kaufen. Die singen mindestens teils auch rechtmässig. Ob die dann in Unterwasser noch zwei oder drei Strophen angehängt haben, die unrechtmässig waren, das kann ich nicht beurteilen. Aber alles was rechtmässig ist können auf der Grundlage eines Bewilligungsverfahrens nicht verbieten. Man kann natürlich dann im Bewilligungsverfahren taktisch verzögern, bis die Leute keine Lust mehr haben. Man kann ein Sicherheits-, Feuer-, Parkkonzept usw. auferlegen. Aber das kann ja in einem Rechtsstaat nicht die Idee sein, dass man dann auf irgendwelchen Umwegen eine Veranstaltung verbieten kann. Wir haben ein Problem, wenn wir keinen Norm schaffen. Das hat das Bundesgericht mit aller Deutlichkeit gesagt- Selbst wenn diese Norm letztendlich dann nichts bewirkt, dann kostet sie uns drei Zeilen in der Gesetzessammlung. Ich bin der Meinung, dass wir mit dieser Norm das Menschenmögliche schaffen, um das polizeiliche Instrumentarium erweitern zu können. Wenn jetzt alle in diesem Saal sagen, dass sie das nicht wollen, dann schaffen Sie diese Norm nicht. Wenn die Rückweisung dazu führt, dass wird dann eine akzeptable Norm haben, die unwesentlich anders aussehen wird als diese ja, dann nehme ich das auf mich, damit ich am Schluss wenigstens eine Norm habe. Aber ich bin überzeugt, auch die vorberatende Kommission wird keine Formulierung finden, die Ihnen allen gefällt. Das können Sie vergessen, wir haben das ja in der vorberatenden Kommission versucht. Und auch ich habe mit meinem Rechtdienst gearbeitet. Wir müssen Versammlungsfreiheit. Meinungsäusserungsfreiheit, von mir aus auch Kunstfreiheit respektieren. Das können wir jetzt nicht einfach wegradieren. Wenn Sie das tun wollen, dann müssen Sie eine relativ offene Formulierung wählen. Gleichzeitig haben wir das Verhältnismässigkeitsprinzip mit dieser Sicherheitsempfindung der Bevölkerung auch noch eingebaut. Andernorts ist man froh, wenn man das Verhältnismässigkeitsprinzip in den Gesetzeswortlaut aufnimmt. Wenn 20 Glatzköpfe irgendwo einen Geburtstag feiern wollen, und ich weiss, dass das Nazis sind, dann handelt es sich dabei auch um eine Veranstaltung. Aber die werde ich nie und nimmer verbieten können, weil sich auch Nazis in der Schweiz versammeln dürfen. Ich kann mit dieser Bestimmung aber verhindern, dass wieder 5'000 Leute im Kanton St.Gallen eine rechtmässige Veranstaltung durchführen können. Ob ich sie dann verhindern kann, ist eine andere Frage. Ich bitte Sie in erster Linie, diesem Antrag zuzustimmen. Wenn es für Sie zur Gesichtswahrung einfacher ist, das jetzt nochmals an die vorberatende Kommission bzw. an die Regierung zurückzuweisen, dann tun Sie das. Ich bitte aber die Mitglieder der vorberatenden Kommission, ihr Expertenwissen und das des ganzen Rates mitzubringen, damit wir dann eine Formulierung finden, die mehrheitsfähig ist. Ich alleine bin nicht in der Lage dies zu tun, wir haben das, was uns am Sinnvollsten oder am Realistischten erscheint dargelegt, selbstverständlich werden wir weiterhin an einer guten Lösung mitarbeiten. | Session des Kantonsrates vom 25. bis 27. November 2019 |
27.11.2019 | Wortmeldung | Sprecher: Sailer-Wildhaus-Alt St.Johann (spricht in eigenem Namen als Einwohner von Unterwasser): Dem Antrag der Regierung ist zuzustimmen, der Antrag der vorberatenden Kommission ist abzulehnen. Ich bin ein guter Freund des Tennishallenbetreibers, der die Halle natürlich mit Bewilligung der Gemeinde vermietet hat. Es waren acht Nachwuchsbands angekündigt, ich war sogar zufällig in der Halle, als rund 30 bis 40 Leute den Hallenboden verlegt in Rekordzeit haben. Da kamen keine Nazi-Typen, sondern ganz ordentlich angezogene Blender, um den Hallenboden einzubauen und diverse Toiletten aufzustellen. Ich besuchte dann mit meiner Frau dieses Konzert. Wir kamen vom Rheintal und Herr Frischknecht, der Hallenbesitzer, lud uns ein, dass das bestimmt ein toller Abend werde. Das war dann ein bisschen anders, wir wurden bereits vor Wildhaus von einem Parkplatzeinweiser sehr nett angehalten, es standen bereits Autos am Trottoir entlang parkiert bis fast nach Wildhaus. Er schaute in mein Auto und fragte mich, was ich zu tun gedenke. Darauf antwortete ich, dass ich hier wohne und jetzt in die Halle gehen werde, ob ihn das etwas angehe. Er hat mir dann ins Gesicht gesagt, ich solle besser nicht ans Konzert gehen, als guter Tipp gemeint. Ich wusste dann später, kurz vor der Tennishalle bei der Sternenkreuzung auch warum, die halbe Strasse war schon voll mit Neonazis. Es wurde eine Autospur freigehalten für Personenwagen und das Postauto. Der Fall war klar, dass wir schnellstmöglich nach Hause gehen. Mit einem sehr unguten Gefühl haben wir den Abend zu Hause verbracht. Um 1.00 Uhr wollte ich dann doch zu Bett, ging mit meinem Hund nochmal schnell vor die Türe. Ich denke es waren so 3'000 Personen in der Halle, der Rest hatte kein Platz, die dann gemeinsam «Sieg heil» schrien. Wenn man im friedlichen Unterwasser zu Bett gehen möchte, dann ist das schon beunruhigend. Ich bin selber kein Jurist. Mir geht es einfach um das Zeichen, ob das anschliessend umsetzbar ist oder nicht, das ist mir nicht gleichgültig, dann passen wir den Gesetzestext in zwei Jahren wieder an. Wenn wir heute das Zeichen aussenden, dass wir Art. 50 streichen, dann kommt das bei der Bevölkerung ganz schlecht an. | Session des Kantonsrates vom 25. bis 27. November 2019 |
27.11.2019 | Wortmeldung | Sprecher: Dudli-Oberbüren Dem Antrag der vorberatenden Kommission ist zuzustimmen, der Antrag der Regierung ist abzulehnen. Die Behandlung des gegenständlichen Artikels resultiert aus der am 25. April 2017 gutgeheissenen Motion 42.17.01 «Veranstaltungen mit extremistischem Hintergrund verbieten». Vielleicht erinnern Sie sich auch an das Geschäft 22.16.06 «Nachtrag zum Gesetz über das St. Galler Bürgerrecht», welches dieser Rat einen Tag zuvor, am 24. April 2017, behandelte. Ein Antrag der SVP-Fraktion zu Art. 13 des Bürgerrechtsgesetzes zielte ebenfalls auf die Eindämmung extremistischen Gedankengutes ab. Nur wurde dieser Antrag von denen, die sich tags darauf mit der gutgeheissenen Motion 42.17.01 frohlockend auf die Schultern klopften, versenkt. Soweit zu den Spielchen, die in diesem Rat geflissentlich getrieben werden. Im Polizeigesetz werden mitunter die polizeilichen Befugnisse geregelt. So kann die Polizei bereits heute vorübergehend Personen von einem Ort wegweisen oder fernhalten; zum Beispiel wenn der begründete Verdacht besteht, dass sie oder die Ansammlung, der sie zuzurechnen sind, die öffentliche Sicherheit und Ordnung gefährden oder stören. Der neue Art. 50quater PolG stellt zusätzlich einen Präventionsartikel dar und ist angesichts der bereits geltenden Regelung nicht zwingend notwendig; er stellt eher eine symbolische Gesetzgebung dar. In diesem Zusammenhang aber noch eine Frage an die Regierung: Vor einigen Jahren führte ein Demonstrationszug durch die Stadt St.Gallen, wobei Sachbeschädigungen in sechsstelliger Grössenordnung verursacht wurden und die Polizei der Zerstörungswut tatenlos zusah. Deeskalations-Taktik war das Zauberwort. Mich würde noch interessieren, wer seinerzeit die Anordnung zur Gewährung der zerstörungswütigen Demonstranten erteilte?Schliesslich hat die Polizei nicht nur die Kompetenz, sondern den Auftrag, für Ordnung und Sicherheit zu sorgen. Und weiters interessiert, ob die Behörden auf Grundlage des neuen Artikels bei einem solchen Saubannerzug einschreiten oder wieder auf die absehbar erfolglose bzw. gar zerstörerische Deeskalations-Taktik setzen würden? An dieser Stelle erinnern wir uns an den Auslöser gegenständlicher Motion: Ein Neonazi-Konzert im Herbst 2016 in Unterwasser. Die Stiftung gegen Rassismus und Antisemitismus hatte wegen Verdachts auf Rassendiskriminierung Anzeige gegen unbekannt erstattet. Dieses Neonazi-Konzert blieb jedoch ohne rechtliche Folgen, denn die St.Galler Staatsanwaltschaft liess die Anzeige fallen. Es sei die Frage erlaubt, weswegen? Dass man mich nicht falsch versteht: Mir geht es nicht darum, extreme Linke und Rechte gegeneinander auszuspielen. Mein Rechtsempfinden geht dahin, für alle gleiches Recht walten zu lassen. In der Gesetzessache als solches wird man wohl argumentieren, Art. 50quater PolG bezieht sich primär auf die Bewilligungsthematik. Schwierig wird es dann aber, eine Veranstaltung bereits im Voraus einzustufen, ob sie mit der demokratischen und rechtsstaatlichen Grundordnung vereinbar sein wird oder nicht. Und weiters: Wer und auf welchen Parametern entscheidet bereits vor der Veranstaltung, ob das Sicherheitsempfinden der Bevölkerung massgeblich beeinträchtigt sein wird? Mit welchen Argumenten können Grundrechte wie die Versammlungs- und Meinungsäusserungsfreiheit eingeschränkt werden? Ich bitte die Regierung, darum besorgt zu sein, dass bei der allfälligen Umsetzung eines solchen Veranstaltungsverbots – aber auch in der allgemeinen Handhabung des Polizeigesetzes – allseits mit gleich langen Ellen gemessen wird. | Session des Kantonsrates vom 25. bis 27. November 2019 |
27.11.2019 | Wortmeldung | Sprecher: Vincenz-Stauffacher-Gaiserwald (im Namen der FDP-Fraktion): Dem Antrag der vorberatenden Kommission ist zuzustimmen, der Antrag der Regierung ist abzulehnen. Es ist selbstverständlich unbestritten, das eine Möglichkeit zum Verbot von extremistischen Veranstaltungen bestehen soll, und dass wir solche Veranstaltungen nicht wollen. Es ist aber, nun an die Adresse von Widmer-Mosnang anmassend und auch schlicht falsch, wenn Sie sagen, wenn wir diesen Artikel streichen, würden wir grundsätzlich sagen, dass wir solche extremistischen Veranstaltungen wollen. Selbstverständlich nicht, das wäre schlicht polemisch. Vorliegend soll nun aber, und das jetzt rein sachlich, ein neues gesetzliches Verbot geschaffen werden für Anlässe, welche zum einen in der Zahl sehr gering sind, aber viel wichtiger, die bestehende Problematik, die wir ja alle über alle Parteigrenzen hinweg sehen, nicht löst. Die Problematik nämlich, dass der Schutz der Bevölkerung bei solchen Veranstaltungen nicht gewährleistet ist, dass die Null-Toleranz von Gewalt im öffentlichen Raum nicht durchgesetzt werden kann, und dass die rasche und konsequente Verfolgung krimineller Handlungen aus dem Umfeld solcher Veranstaltungen nicht sichergestellt werden kann. Das bleibt, auch wenn ein derartiger Artikel legiferiert würde. Die Regierung argumentiert diesbezüglich dahingehend, dass die polizeiliche Generalklausel bei einer Ablehnung der entsprechenden Gesetzesvorlage nicht mehr anwendbar sei. Dabei wird nun aber übersehen, dass früher im Prozess anzusetzen ist. Veranstaltungen ganz allgemein, ob extremistisch oder nicht, durchlaufen den Bewilligungsprozess in den jeweiligen Gemeinden. Es stehen dazu entsprechende rechtliche Vorgaben bereit. Im Bewilligungsverfahren ist gemäss ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichts dem ideellen Gehalt der Meinungs- und Versammlungsfreiheit Rechnung zu tragen, und es sind die entgegenstehenden Interessen in sachlicher Weise gegeneinander abzuwägen. Die Bewilligungsbehörde befindet über Zulässigkeit einer Veranstaltung ja oder nein. Diesbezüglich kann auch noch einmal kurz juristisch auf Art. 35 der Bundesverfassung verwiesen werden, wonach die Grundrechte in der ganzen Rechtsordnung zur Geltung kommen und die Behörden dafür zu sorgen haben, dass die Grundrechte auch unter Privaten wirksam werden. Die Gemeinde wird eine solche extremistische Veranstaltung, was immer das dann auch heisst, nicht bewilligen oder sie wird die Bewilligung widerrufen, wenn sie wie im Fall Unterwasser mit falschen Angaben zur Art der Veranstaltung getäuscht wurde und die Bewilligung so erschlichen wurde. Wird eine Veranstaltung dann trotzdem durchgeführt, so ist die Polizei sowieso berechtigt, einzuschreiten. Dafür braucht es diesen Gesetzartikel nicht. Grundsätzlich zur polizeilichen Genearlklausel: Gemäss dem von der die Regierung auf dem roten Blatt angeführten Bundesgerichtsentscheid, ist der Anwendungsbereich der polizeilichen Generalklausel auf echte und unvorhersehbare Notfälle beschränkt. Das ist auch richtig so. Ihre Anrufung ist grundsätzlich ausgeschlossen, wenn typische und erkennbare Gefährdungslagen trotz Kenntnis der Problematik nicht normiert wurden. Daraus nun aber abzuleiten, dass bei einer Ablehnung dieses Artikels dann nicht mehr auf diese Generalklausel zurückgegriffen werden könnte, greift zu kurz. Wenn nämlich eine nicht bewilligte Veranstaltung durchgeführt wird, so ist dies durchaus im Sinne der bundesgerichtlichen Rechtsprechung unvorhersehbar und ein Einschreiten selbstverständlich rechten, auch ohne Extremismusartikel. Das zusätzlich heute von Regierungsrat Fässler angeführte Beispiel aus dem Waadtland, dass dabei die Anwendung der polizeilichen Generalklausel vom Bundesgericht abgelehnt wurde, hängt weniger mit der konkreten Art der Veranstaltung zusammen sondern damit, dass gemäss Sachverhalt aus diesem Entscheid eine analoge Veranstaltung bereits mehrfach ohne Probleme durchgeführt werden konnte. Da würde auch unsere Bestimmung, die jetzt ins Gesetz aufgenommen werden sollte, nichts helfen, wenn das bereits mehrfach ohne Probleme durchgeführt wurde und wir in unserem Veranstaltungsverbot eine Durchführung nur verbieten können, wenn sie gegen Grundrechte verstösst, was jetzt aber offensichtlich schon mehrfach toleriert wurde, dann ist es klar, dass das Bundesgericht sagt, jetzt kann man die polizeiliche Generalklausel nicht beim dritten und vierten Mal anrufen – das ist selbstverständlich. Zur konkreten Formulierung dieses Verbotes: Wenn Sie es lesen ist es schlicht nicht anwendbar. Ich sehe natürlich die Probleme beim Formulieren von gesetzlichen Bestimmungen, dass man nicht sehr konkret werden kann und nicht sagen kann, wie es Regierungsrat Fässler erwähnt hat, dass solche Veranstaltungen wie in Unterwasser nicht mehr gehen. Das ist schwierig, aber wenn Sie sich nur einmal vor Augen führen, gemäss Text muss diese Veranstaltung nicht vereinbar sein mit demoktratischen und rechtsstaatlichen Grundordnungsbestimmungen. Das ist ja noch irgendwo nachvollziehbar, aber dann «und», das heisst zusätzlich, kumulativ, dazu, dadurch muss das Sicherheitsempfinden massgeblich beeinträchtigt sein. Das Sicherheitsempfinden nicht die Sicherheit an sich als hoffentlich noch einigermassen objektivierbarer Begriff Sicherheitsempfinden. Ich wage zu behaupten, dass wir hier sehr unterschiedlich antworten würden, wo das eigene Sicherheitsempfinden gestört ist und wo nicht. Das sind sehr subjektive Begriffe. Unbestritten ist auch, dass die Motion, welche der nun vorgelegten Regelung zu Grunde liegt, inspiriert wurde durch diese Veranstaltung in Unterwasser im Jahr 2016. Nun aber Hand aufs Herz, der besagte Anlass hätte mit dieser Regelung, die heute ins Gesetz aufgenommen werden soll, schlicht nicht verhindert werden können. Ich glaube, das ist unbestritten. Es soll nun also eine Regelung ins Gesetz aufgenommen werden, die für den avisierten Zweck gar nicht taugt. Somit würden wir eine Bestimmung erlassen, die das Problem definitiv nicht löst und die vor allem auch die Bevölkerung in einer falschen Sicherheit wiegen würde. Das ist Symbolpolitik in Reinkultur. Symbolpolitik für die Galerie oder eben auch für die Zeitungsschlagzeile. Und das wollen und können wir von der FDP-Fraktion mehrheitlich nicht. | Session des Kantonsrates vom 25. bis 27. November 2019 |
27.11.2019 | Wortmeldung | Sprecher: Keller-Kaltbrunn zu Art. 50quater (Artikeltitel). (im Namen einer Mehrheit der SP-GRÜ-Fraktion): Dem Antrag der Regierung ist zuzustimmen, der Antrag der vorberatenden Kommission ist abzulehnen. Wie Simmler-St.Galle im Eintreten bereits sagte, sind wir uns alle in der Fraktion einig, dass nie mehr eine Veranstaltung mit extremistischem Inhalt, wie seinerzeit in Unterwasser, stattfinden soll, und das Extremismus entschieden bekämpft werden muss. Unsere Meinungen gehen aber auseinander, ob der vorliegende Art. 50quater PolG, wie ihn die Regierung beantragt, zur Verhinderung solcher Veranstaltungen taugt oder nicht. Die Mehrheit unserer Fraktion ist der Meinung er taugt und müsse unbedingt beibehalten werden. Der erwähnte Artikel hat nicht nur eine juristische Seite, sondern ist auch ein politisches Signal. Bezüglich der juristischen Seite wurde schon mehrfach erwähnt, welche Konsequenzen eine Streichung haben könnte. Darauf möchte ich nicht weiter eingehen, aber auf das politische Signal. Wenn dieser Artikel nun gestrichen wird, so kommt die Botschaft an, der Kanton St.Gallen wolle solche Veranstaltungen weiterhin dulden, auch wenn das Signal so nicht gemeint war, wie es aus den Eintretensvoten auch hervorgeht. Aber das Signal bzw. die Botschaft kommt so an. Die Lage ist ernst, insbesondere nach dem Anschlag in Halle! Art. 50quater PolG ist eine Präzisierung und Schärfung der Generalklausel. Der Kanton St.Gallen übernähme damit eine Vorbildfunktion für andere Kantone. Dir Formulierung ist gut gewählt und stimmt für alle Organisationen und Gruppierungen, die mit ihrem Gedankengut die Menschenrechte eklatant verletzen, indem sie Hass gegen andere Menschen – andere Religionen wie z.B. Juden und Muslime, Ausländer/Nichtweisse, Homosexuelle, politisch Andersdenkende usw. – verbreiten, Morddrohungen verschicken und auch vor Mord nicht zurückschrecken. Ich weise nochmals auf den Anschlag in Halle und auch auf den Mord am CDU-Politiker Walter Lübcke hin. Veranstaltungen mit einem solchen Gedankengut sind mit der demokratischen und rechtsstaatlichen Grundordnung nicht vereinbar. Die Verbreitung eines solchen Gedankenguts müssen wir unbedingt verhindern. Für einige Jugendliche scheint es attraktiv, an einer Veranstaltung teilzunehmen, deren Veranstalter zuerst die Vermieter der Lokalität mit falschen Angaben täuschen, so geschehen in Unterwasser, und auch die Polizei an der Nase herumführen. Ein weiterer Punkt: Es kann spontan zu Gegendemonstrationen kommen, was an und für sich begrüssenswert wäre. Aber wenn es sich dann etwa um die Antifa oder ähnliche Gruppierungen handelt, die ihr eigentlich sympathisches Anliegen mit grossen Sachbeschädigungen begleitet, sodass die Polizei zum Schutz der Bevölkerung eingreifen muss, ist das Sicherheitsempfinden zusätzlich massgeblich beeinträchtigt. Natürlich darf der Art. 50quater PolG uns nicht in falscher Sicherheit wiegen. Wir müssen uns stets wieder fragen, wie wir dem Extremismus Einhalt gebieten und dadurch die Menschenrechte schützen können. Weil extremistische Organisationen stark vernetzt sind – vor allem innerhalb eines Sprachgebiets, viele kamen ja aus Deutschland, aber auch weltweit. Vor einer Woche habe ich im «Tagesanzeiger» gelesen, dass Verbindungen zwischen einer ganz extremistischen Gruppierung in den USA und in Deutschland feststellbar. Diese Leute sind äusserst gefährlich. So fragt es sich natürlich, ob die Zusammenarbeit mit anderen Kantonen und dem grenznahen Ausland nicht noch verstärkt werden müsste. Man kann sich das überlegen, ob man so nicht mehr Schlagkraft gegen solche Veranstaltungen entwickeln könnte. Ich betone nochmals: Die Lage ist ernst. Antisemitische Vorfälle usw. nehmen zu, einschliesslich Morde, gerade auch in Europa, insbesondere auch im Internet. Nur weil wir es im Kanton St.Gallen relativ friedlich haben und wahrscheinlich auch nicht mit einem Anschlag rechnen müssen, können wir uns gerade wegen dieser Vernetzung nicht der Verantwortung entziehen. Ich bitte Sie deshalb: Setzen Sie ein klares Zeichen und stimmen Sie dem roten Blatt der Regierung zu. | Session des Kantonsrates vom 25. bis 27. November 2019 |
27.11.2019 | Wortmeldung | Sprecher: Regierungsrat: Dem Antrag der Regierung ist zuzustimmen. Besten Dank für diese spannende Diskussion. Ich bin auch mit Simmler-St.Gallen der Meinung, dass wir die Vorverschiebung der polizeilichen Arbeit in den präventiven Bereich tatsächlich auch politisch intensiv diskutieren müssen, weil das tatsächlich ein Paradigmawechsel ist Früher war die Polizei da, wenn sie gesehen hat, dass ein Banküberfall läuft, und hat versucht, diesen zu verhindern. Aber in erster Linie war die polizeiliche Aufgabe darauf ausgerichtet, aufzuklären wenn Delikte geschehen sind. Die Forderung der Gesellschaft geht zunehmend dort hin, dass die Polizei auch versucht Delikte zu verhindern, was auch vernünftig ist. Ich habe bis jetzt noch nie jemanden getroffen, der gesagt hat, das soll sie nicht tun. Aber wenn es dann um das Konkrete geht, kommen diese rechtsstaatlichen Bedenken, wie sie durch Simmler-St.Gallen geäussert wurden. Darüber müssen wir tatsächlich diskutieren. Ich war früher Anwalt und war immer wieder mit der Situation konfrontiert, dass eine Klientin mir geschildert hat, ihr Mann mache komische Äusserungen, das habe jetzt alles keinen Sinn mehr und dergleichen, und sie fühle sich wirklich gefährdet, sie habe Angst um sich und um ihre Kinder. Wenn ich ihr dann empfohlen habe, doch einmal die Polizei zu informieren, habe ich regelmässig die gleiche Antwort erhalten, dass die Polizei gesagt habe, es sei ja noch gar nichts passiert, sie können nichts machen. Also die Polizei hat das Problem wieder zurück delegiert. Das war aber damals auch das Verständnis der polizeilichen Arbeit, und die Frage ist jetzt, können wir tatsächlich weiterhin so arbeiten? Ich bin dezidiert der Meinung, nein, in solchen Situationen soll die Polizei die Gelegenheit und Möglichkeit haben sich einmal zu überlegen, ob da irgend etwas an diesen Befürchtungen dran ist. Wir haben jetzt bei der Polizei für solche Situationen ein Case Management eingeführt. Das wird erfasst und in der Folge immer von der gleichen Polizistin bzw. dem gleichen Polizisten in der Folge bearbeitet. Regelmässig sind ja derartige Telefonate nicht einmalig sondern häufen sich dann. Natürlich kann jetzt die Polizei nicht einfach hingehen und diesen Mann verhaften. Aber die Polizei kann versuchen, mit der notwendigen Diskretion im Rahmen der verhältnismässigen Anwendung dieser Bestimmung etwas zu machen. Gleich verhält es sich hier. Ich glaube, dass die Differenz zwischen Simmler-St.Gallen und der Regierung nicht wahnsinnig gross ist. Simmler-St.Gallen möchte einfach sicherstellen, dass diese Konkretisierung etwas dringender wird. Aber auch sie spricht nicht von dringendem Tatverdacht, sondern von dringendem Verdacht. Ich bin der Meinung, dass mit unserer Formulierung «konkreter Verdacht» bei der entsprechend zurückhaltenden Anwendung wir der Polizei eine Handhabe geben, die dann für die Polizei auch verständlich ist. Wenn Sie dringenden Verdacht und dringenden Tatverdacht, was zwei unterschiedliche Begriffe sind, die sich aber begrifflich doch sehr nahe stehen, in die Verantwortung von Polizistinnen und Polizisten geben, die zwar gut ausgebildet sind, die aber keine ausgebildeten Strafrechtlerinnen und Strafrechtler sind, dann kann es zu diesen Überforderungssituationen kommen. Ich bitte Sie daher, dem Antrag der Regierung zuzustimmen. Wenn jemand sich unrecht behandelt fühlt, steht gegen diese erkennungsdienstliche Erfassung ein Rechtsmittel zur Verfügung, und wenn nichts geschehen ist, weder vor noch nach dieser Erfassung, verschwindet das nach drei Monaten aus den Datenbanken. Es ist zwar ein Eingriff in das Persönlichkeitsrecht, aber er ist relativ moderat. Ich glaube, in Abwägung der auf dem Spiel stehenden Güter verdient der Antrag der Regierung Ihre Zustimmung. | Session des Kantonsrates vom 25. bis 27. November 2019 |
27.11.2019 | Wortmeldung | Sprecher: Simmler-St.Gallen Art. 34 (Voraussetzungen). beantragt im Namen der SP-GRÜ-Fraktion, Art. 34 Abs. 2 Bst. cbis wie folgt zu formulieren: «Personen, die mit Werkzeug oder mit anderen Gegenständen angehalten werden, bei denen In diesem Nachtrag zum Polizeigesetz sind, ich habe es schon im Eintreten angedeutet, an verschiedenen Stellen Ansätze zu erkennen, die sehr sinnbildlich sind für die aktuellen kriminal- und sicherheitspolitischen Entwicklungen in der Schweiz und anderswo. Diese Entwicklungen haben es meines Erachtens verdient, politisch ernsthaft beachtet und diskutiert zu werden. Sie sind äusserst heikel und stehen im Widerspruch zu vielen Grundsätzen, die bis anhin sowohl im Polizei- als auch im Strafprozessrecht immer aus gutem Grund hochgehalten wurden. Ein sehr exemplarisches Beispiel findet sich nun im Entwurf des neuen Art. 34 Abs. 2 lit. cbis: Die Regierung schlägt vor, die erkennungsdienstliche Erfassung von Personen neu auch zu rein präventiven und zwar generell präventiven Zwecken zuzulassen. Was heisst das? Für den Fall, dass ein Verdacht besteht, dass eine Person in der Vergangenheit ein Verbrechen oder Vergehen begangen hat, d.h. zur Aufklärung von Straftaten ist die erkennungsdienstliche Erfassung schon heute möglich. Ebenso ist es der Polizei selbstverständlich möglich einzugreifen, wenn eine Straftat konkret und unmittelbar droht. Diese Bestimmung möchte nun noch viel weiter gehen. Die Polizei soll nicht nur eingreifen können, wenn Straftaten erfolgt sind oder unmittelbar drohen, sondern bereits wenn es irgendwelche Ansatzpunkte gibt, dass die Person irgendwann einmal irgendein nicht weiter spezifiziertes Delikt begehen könnte. Von nun an eine solche erkennungsdienstliche Behandlung zu ermöglichen, die nur auf einem vagen, unspezifischen Anfangsverdacht basiert, ist aus grundrechtlichen, vor allem aber auch aus liberalen Überlegungen nicht vertretbar. Eingriffe in höchstpersönliche Rechte – nichts anderes sind erkennungsdienstliche Erfassungen – sollen in unserem Rechtsstaat nicht ins Blaue hinaus, sondern nur unter klar und eng definierten Voraussetzungen möglich sein. Diese neue Regelung würde bedeuten, dass es von nun an ausreicht, Werkzeug im Auto zu haben, ein Foto eines Mehrfamilienhauses oder eine Spraydose irgendeiner Art. All das ist legal und noch weit weg von einer wohlbemerkt straflosen Vorbereitungshandlung. Die Möglichkeiten der Polizei dermassen auszuweiten, ist – völlig unabhängig von dem Vertrauen, das ich in die Qualität der Polizeiarbeit habe – mit unserem bis anhin geltenden rechtsstaatlichen Verständnis nicht zu vereinbaren. Der Entwurf geht hier unter dem Deckmantel der Prävention zu weit. Entsprechend schlägt die SP-GRÜ-Delegation vor, der Polizei zwar in offensichtlichen Fällen, wie sie Regierungsrat Fässler benannte, bei welchen ein dringender Verdacht besteht, dass eine Straftat erfolgen würde, eine erkennungsdienstliche Behandlung zu ermöglichen. Bei allen anderen Fällen, bei welchen irgendwelche vage, nicht weiter erhärtete Anhaltspunkte vorliegen, gilt es die Freiheitsrechte des Einzelnen höher zu gewichten. Ein ja zu unserem Antrag bedeutet keine grundlegende Absage an die Polizei, von diesem Instrument Gebrauch zu machen. Es stellt jedoch zugleich eine klare Ansage des Gesetzgebers dar, dass wir erwarten, dass dieser Eingriff zu rein präventiven Zwecken nur sehr zurückhaltend zum Einsatz kommt. Ich bin der festen Überzeugung, dass wir ein deutliches Zeichen setzen sollten, dass wir die Freiheit und Grundrechte unserer Bürgerinnen und Bürger hochhalten und nicht bereit sind, Abstriche zu machen. Man könnte sagen, es geht hier «nur» um eine erkennungsdienstliche Erfassung. Ich meine, es geht um viel mehr. Es geht um eine Grundsatzfrage, wie hoch wir die Schwelle ansetzen wollen, ab welcher der Staat in die Freiheitsphäre von uns allen eingreifen kann. Diese Schwelle muss auch oder gerade speziell im Polizeirecht hoch angesetzt bleiben – sei es bei der erkennungsdienstliche Erfassung oder sonst wo. | Session des Kantonsrates vom 25. bis 27. November 2019 |
27.11.2019 | Struktur | Spezialdiskussion | Session des Kantonsrates vom 25. bis 27. November 2019 |
27.11.2019 | Wortmeldung | Sprecher: Baumgartner-Flawil Ratspräsident: stellt Eintreten auf die Vorlage fest. | Session des Kantonsrates vom 25. bis 27. November 2019 |
27.11.2019 | Wortmeldung | Sprecher: Regierungsrat: Dem Antrag der Regierung ist zuzustimmen. Vorab herzlichen Dank, dass Sie diese wichtigen Sicherheitsthemen jetzt wieder etwas in ruhigen Gewässer führen. Vor zwei Tagen beim Feuerschutzgesetz war zum Teil Sturm angesagt. Ich meine, wir tun gut daran, derart wichtige und zentrale Themen ruhig, gelassen, möglichst faktenbasiert und nicht in erster Linie emotionsgesteuert zu führen. Ich weiss, dass Emotionen zum Leben gehören. Aber sie sind häufig nicht ein guter Ratgeber für vernünftige Lösungen. Wir wollen mit dieser Vorlage in verschiedenen Bereichen zusätzliche Sicherheit leisten. Zusätzliche Sicherheit im Bereich der häuslichen Gewalt. Obwohl im Kanton St.Gallen pionierhafter in diesem Bereich legiferiert wurde, und das auch umgesetzt wurde, ist häusliche Gewalt unverändert ein enormes Problem in diesem Land. Die polizeiliche Kriminalstatistik weist für das letzte Jahr 18'500 Delikte in diesem Bereich aus. Die polizeiliche Kriminalstatistik weist 27 vorsätzlich vollendete Tötungen in diesem Bereich aus. Also 25 Personen, vorwiegend Frauen, sind im vergangenen Jahr im Zusammenhang mit häuslicher Gewalt, mit ehelichen, nacheheliche oder -beziehungsmässigen Konflikten getötet worden. Das ist mehr als die Hälfte der vollendeten Tötungsdelikte in diesem Land. Bei dieser wirklich ernst zu nehmenden Bedrohung ist es wichtig, dass wir das polizeiliche Instrumentarium soweit das geht weiter entwickeln. Es ist aber nicht nur nötig, die polizeilichen Instrumente zu entwickeln, es ist auch nötig, dass die Gesellschaft sich Gedanken über dieses Phänomen macht. Häusliche Gewalt ist ein Phänomen, das sich durch alle gesellschaftlichen Schichten hindurchzieht. Das ist nicht etwa ein Phänomen, das man nur in gewissen Beziehungen finden kann, sondern ein gesamtgesellschaftliches Phänomen. Umso wichtiger ist auch, dass das Bewusstsein für diese Problematik gestärkt wird. Aktuell finden die «16 Tage gegen Gewalt an Frauen» vom 25. November bis zum 10. Dezember 2019 statt. Da gibt es verschiedene Veranstaltungen, welche diese Sensibilisierungsarbeit übernehmen. Sie finden unter www.16tage.ch zusätzliche Informationen. Auch Stalking kann für eine Person zu einer lebensbedrohlichen Situation bzw. Belastung werden. Es ist daher dringend notwendig, dass wir auch in diesem Bereich nun einmal auf der polizeilichen Ebene zusätzliche Instrumente schaffen. Stalking ist wie das Veranstaltungsverbot ein Begriff, der nicht ganz so einfach zu fassen ist. Aus diesem Grund hat der Bundesgesetzgeber bislang auf spezielle Strafnormen verzichtet. Stalking kann aber unter Umständen natürlich auch strafbar sein im Rahmen des geltenden Strafgesetzbuches. Wir wollen die Sicherheit weiter stärken durch die Schaffung der im Grundsatz unbestrittenen Koordinationsgruppe, welche als ein Austausch- und Informationsgefäss Empfehlungen für weitere Aktionen, weitere Handlungsempfehlungen verfassen kann. Ich bin der Meinung, dass die vorberatende Kommission in diesem Bereich tatsächlich rechtsstaatlich gute Arbeit geleistet hat. Die Regierung schliesst sich den entsprechenden Änderungsanträgen auch an. Zusätzliche Sicherheit möchten wir auch im Bereich der erkennungsdienstlichen Erfassung schaffen. Die Polizei ist gelegentlich mit Situationen konfrontiert, in denen sie z.B. ein Auto mit osteuropäischen Insassen kontrollieren und im Kofferraum finden sie dann vielleicht eine Sturmmaske und ein Brecheisen. Wenn man dann die Frage stellt, wofür das sei, und die Antwort dann ist, dass man mit der Sturmmaske Skifahren gehen möchte und das Brecheisen sei zufällig da, weil man in der Heimat handwerklich tätig sei, in solchen Situationen, ob die Leute in die Schweiz einreisen oder vor der Ausreise stehen, liegt die Vermutung sehr nahe, dass entweder Delikte schon begangen wurden oder solche geplant sind. In solchen Situationen der Polizei keine zusätzlichen Instrumente zu geben, das versteht weder die Polizei noch ein grosser Teil der Bevölkerung. Es kann aber nicht sein, und da gebe ich denen, die den Eindruck haben, diese Formulierung gehe etwas weit, dass einfach bedenkenlos erkennungsdienstlich behandelt wird, wenn irgendwo das Gefühl entsteht, irgendjemand könnte allenfalls etwas begangen haben, ohne dass es deutliche Einbruchswerkzeuge oder dergleichen in Kombination mit weiteren Gegenständen, wie Sturmmasken, vorhanden sind, die diesen Eindruck dann verdichten können. Da braucht es zusätzliche Instrumente im Interesse unserer Sicherheit. Zusätzliche Instrumente im Interesse unserer Sicherheit braucht es auch bei diesem Veranstaltungsverbot. Ich bin nun schon etwas irritiert, ich war es schon in der vorberatenden Kommission, dass man jetzt mit unterschiedlichen Begründungen keine spezielle Bestimmung will, welche derartige Veranstaltungen verbietet. Ich räume ein, es ist nicht ganz so einfach, eine Formulierung zu finden, welche dann auch noch mit anderen rechtsstaatlichen Prinzipien, die wir respektieren müssen, vereinbar ist. Es geht auch um Versammlungsfreiheit. Es geht auch um Meinungsäusserungsfreiheit. Es geht vielleicht auch um Kunstfreiheit. Ich will keinen Polizeistaat, Sie wollen keinen Polizeistaat. Wir wollen auch nicht irgendwelche Gesinnungen verbieten, was wir wollen ist ein Verbot von Veranstaltungen, wie wir sie vor gut drei Jahren in Unterwasser hatten. 5'000 Neonazis, der ganze Kanton schreit auf, auch Ihr Rat, auch die Regierung. Wir erhalten den Auftrag, eine Bestimmung zu schaffen, die es der Polizei erleichtern soll, derartige Phänomene polizeilich zu bearbeiten, sollten sie wieder einmal auftreten. Und sie treten auf, wir hatten in Genf unlängst eine derartige Veranstaltung. Es ist auch denkbar, dass in unserem Raum wieder einmal derartige Veranstaltungen stattfinden. Und da braucht die Polizei eine konkrete, gesetzliche Bestimmung. Das Bundesgericht hat sich mit dieser Fragestellung auseinandergesetzt. Vor fünf Jahren hat der Islamische Zentralrat dem Oberamtmann des Saanebezirks, im Kanton Fribourg, ein Gesuch für eine Bewilligung ihrer Jahreskonferenz unter dem Motto «Hira – Beginn einer Revolution». Der Oberamtmann des Saanebezirks hat gedacht, das will ich nicht. Er hat genau gleich funktioniert und reagiert wie Sie und ich, als wir diese 5'000 Neonazis im Kanton hatten. Er hat dann nach einer Norm gesucht, die es ihm erlaubt, das zu verbieten. Er hat keine gefunden und clever, wie er war, hat er bemerkt, dass an dieser Veranstaltung auch Speis und Trank abgegeben werden sollen. Er hat dann die Lebensmittelgesetzgebung angeschaut und hat gesehen, dass die Voraussetzungen für die Erteilung eine Bewilligung für die Ausgabe von Speis und Trank sind nicht gegeben.- Mit dieser Begründung hat der die ganze Veranstaltung verboten. Die sind ans Bundesgericht gelangt, und das Bundesgericht hat dann gesagt, es mag sein, dass die Voraussetzungen für diese Gastwirtschafts- oder Lebensmittelbewilligung nicht gegeben waren, aber dann hätte man einfach Speis und Trank verbieten können. Dann versammeln sich diese Leute einfach ohne. Das Bundesgericht hat sich dann die Mühe gemacht, zu forschen, ob es sonst noch irgendetwas gibt in unserer Gesetzgebung, womit man eine solche Veranstaltung verbieten könnte. Es hat sich Mühe gegeben, der nachvollziehbaren Idee dieses Oberamtmannes doch noch irgendwie rechtlich zum Durchbruch zu verhelfen. Es hat dann die polizeiliche Generalklausel geprüft, das was jetzt auch teilweise von Ihnen gesagt wurde. Kann man mit der polizeilichen Generalklausel eine solche Veranstaltung verbieten? Das Bundesgericht hat dann gesagt, die polizeiliche Generalklausel kann nur zur Anwendung kommen, wenn es unerwartete, unvorhersehbare Ereignisse sind. Das Bundesgericht hat gesagt, dieser islamische Zentralrat habe vorher schon drei, vier Mal seine Jahresversammlung in Fribourg durchgeführt und niemand hat es gestört. Jetzt stört es auf einmal. Das ist nicht etwas Unvorhersehbares. Wenn sich etwas wiederholen kann, dann muss der Gesetzgeber tätig werden. Das Bundesgericht hat auch gesagt, der Gesetzgeber kann solche Veranstaltungen verbieten. Wenn er keine will, dann muss er es aber auch tun. Weil der Kanton Fribourg das nicht getan hat, hat das Bundesgericht gesagt, das Verbot sei rechtswidrig. Wenn Sie heute keine Bestimmung erlassen, machen Sie genau das gleiche wie der Kanton Fribourg, die polizeiliche Generalklausel kann in solchen Situationen dann nicht zur Anwendung gelangen. Wir haben auch in der vorberatenden Kommission über Alternativen diskutiert. Es wurden andere Vorschläge gemacht, es hatte ausreichend Juristen in dieser vorberatenden Kommission, auch hier im Saal, die bessere Ideen entwickeln sollen, wenn es diese dann gibt. Aber wenn wir auf eine Bestimmung verzichten, dann ist sie einfach weg und ich und die Polizei haben ein Problem, wenn dann wieder derartige Veranstaltungen stattfinden. Wir haben diese Bestimmung hin und her gewälzt. Ich räume ein, dass das nicht ganz so einfach war. Ich habe sicher etwa zehn Entwürfe gesehen. Wir haben uns letztendlich für diesen entschieden, auch die CVP-GLP-Fraktion hat sich ja nach gewissem Zögern dazu entschlossen und eingesehen, dass das wahrscheinlich das Beste ist, was wir machen können. Wir hatten Kenntnis davon, dass an der Universität jemand aktuell seine Dissertation in diesem Bereich schreibt. Wir haben uns auch mit dieser Person ausgetauscht, und auch dieser Fachmann ist zur Auffassung gelangt, dass das wahrscheinlich das Griffigste ist, was man machen kann. Natürlich kann man es griffiger machen, aber ich kann doch nicht ins Gesetz schreiben, dass in Unterwasser Nazi-Konzerte mit 5'000 Personen verboten sind. Ich muss das irgendwie weiter fassen, wenn ich etwas machen soll. Das Ganze muss kompatibel mit den Grundrechten sein. Daher diese offene Formulierung. Gesetze sind häufig auslegungsbedürftig. Das ist dieses Gesetz auch, und das ist Sache der Polizei und letztendlich auch der Gerichte zu beurteilen, ob jetzt eine konkrete Veranstaltung tatsächlich verboten werden konnte. | Session des Kantonsrates vom 25. bis 27. November 2019 |
27.11.2019 | Wortmeldung | Sprecher: Simmler-St.Gallen (im Namen der SP-GRÜ-Fraktion): Auf die Vorlage ist einzutreten. Der vorgeschlagene Nachtrag zum Polizeigesetz, es wurde bereits gesagt, betrifft verschiedene teilweise wenig verwandte Themengebiete. Die SP-GRÜ-Delegation begrüsst zunächst im Allgemeinen das Engagement im Bereich der Bekämpfung von Stalking und häuslicher Gewalt. Entsprechend unterstützen wir die Schaffung der neuen Koordinationsgruppe. Unseren Bedenken bezüglich ihrer konkreten Ausgestaltung, ihrer Kompetenzen sowie der Verfahren wurden in der Kommissionsarbeit grösstenteils gut aufgenommen und geteilt. Es ist uns ein Anliegen, dass die Koordinationsgruppe ihre Aufgabe wirksam nachgehen kann. Es ist auch wichtig, dass es nicht zu fragwürdigen Kompetenzmischungen und Überschreitungen kommt. So kann es z.B. nicht sein, dass eine eigentlich beratende und koordinierende Gruppe Einvernahmen von Privatperson durchführen kann. Die Grenzen einer solchen Gruppe sind deshalb, wie es die Kommission in ihrer Änderungen vorschlägt, klar zu benennen und die Kompetenzen der einzelnen Behörden, insbesondere auch diejenigen der Polizei, sind nicht zu beeinträchtigen. Dazu gehört es aus unserer Sicht auch starre Automatismen zu verhindern. Entscheidungen und Empfehlungen sind ihren Grundzügen nachvollziehbar zu machen, d.h. mindestens summarisch zu begründen und insbesondere dann, wenn sie mit Hilfe von technischen Tools wie der Dynamischen Risiko Analyse Systeme (DyRiAS) zustande kam. Nur so wird für betroffene Personen, jedoch vor allem auch für die Behörde, die nachher handeln soll, sichtbar, auf welchen Grundlagen die Empfehlungen basieren. Die Anträge der Kommission haben den Nachtrag diesbezüglich wesentlich verbessert. Die SP-GRÜ-Delegation wird dem veränderten Entwurf in dieser Form zustimmen. In Bezug auf einen weiteren Inhalt dieser Revision, sind wir deutlich kritischer. Es zeigte sich im Entwurf ganz allgemein an mehreren Stellen eine Entwicklung hin zu einer immer weiteren Vorverlagerung der Polizeiarbeit. Die Polizei soll sich diesem Trend gemäss nicht nur um die Verhinderung konkret drohender Straftaten und die Aufklärung von Delikten kümmern, vielmehr wird immer mehr die problematische Erwartung laut, dass die Polizei bereits viel früher sogenannte Gefährder erkennen muss. Diese Entwicklung ist vorsichtig zu begleiten. Zudem sind keine unrealistischen Erwartungen zu wecken. Es ist uns in diesem Sinne ein Anliegen, dass unter dem Deckmantel der Forderung nach mehr Sicherheit, die liberalen Grundwerte unseres Rechtsstaats nicht aufgegeben werden. Die erkennungsdienstliche Behandlung, die weder der Aufklärung einer begangenen Straftaten noch der Verhinderung einer konkret drohenden Straftat dient, widerspricht den ansonsten im Polizei- und Strafprozessrecht geltenden Grundsätzen. Wir werden deshalb einen Änderungsantrag in die Spezialdiskussion einbringen. In Bezug auf den medial bereits rege diskutierten Vorschlag zum Veranstaltungsverbot werden wir uns in der Spezialdiskussion ebenfalls äussern. Die Einschätzungen, wie unser gemeinsames Ziel am besten zu erreichen ist und was für juristische und kriminalpolitische Instrumente dafür notwendig sind, mögen teilweise auseinander gehen. Klar ist für die SP-GRÜ-Delegation jedenfalls, dass dem Extremismus Einhalt zu gebieten ist und dass sich eine Debatte lohnt, wie diesem gesellschaftlichen Phänomen wirksam zu begegnen ist. | Session des Kantonsrates vom 25. bis 27. November 2019 |