Geschäft: VI. Nachtrag zum Ergänzungsleistungsgesetz [Titel der Botschaft: Umsetzung der Massnahmen zur Bereinigung des strukturellen Defizits des Staatshaushalts durch Gesetzesänderungen (Sammelvorlage I)]

Übersicht
KomiteeKantonsrat
Nummer22.11.07 B
TitelVI. Nachtrag zum Ergänzungsleistungsgesetz [Titel der Botschaft: Umsetzung der Massnahmen zur Bereinigung des strukturellen Defizits des Staatshaushalts durch Gesetzesänderungen (Sammelvorlage I)]
ArtKR Gesetzgebungsgeschäft
ThemaGesundheitspflege, Sozialversicherung, Sozialhilfe
FederführungDepartement des Innern
Eröffnung10.6.2011
Abschluss17.6.2012
Letze Änderung9.12.2021
vertraulichNein
öffentlichJa
dringendNein
Dokumente
PubliziertTypTitelDatei
ErlassReferendumsvorlage vom 30. November 2011
Dokumenten AttrappeDokumentenattrappe zur Sammelbotschaft
AntragAntrag GRÜ-Fraktion zu Art. 5 vom 26. September 2011
ProtokollauszugFeststellung des Ergebnisses der Volksabstimmung vom 14. August 2012
AllgemeinErläuternder Bericht zur Volksabstimmung vom 17. Juni 2012
AntragAntrag SVP-, CVP-, FDP-, SP-, GRÜ-Fraktion zu Abschnitt II vom 28. November 2011
AntragAntrag GRÜ-Fraktion zu Art. 3 vom 26. September 2011
AntragAntrag SP-Fraktion zu Art. 3 vom 26. September 2011
Abstimmungen
DatumTitelResultatöffentlich
JaBedeutungNeinBedeutungAbsent / Enthaltung
30.11.2011Schlussabstimmung78Zustimmung33Ablehnung9
28.11.2011Rückkommensantrag der SVP-, CVP-, FDP-, SP- und GRÜ-Fraktion zu Abschnitt II91Zustimmung0Ablehnung29
27.9.2011Art. 5 Bst. b68Antrag der vorberatenden Kommission und der Regierung27Antrag GRÜ-Fraktion25
27.9.2011Art. 3 Abs. 1 Bst. a54Antrag vorberatende Kommission und Regierung41Antrag GRÜ-Fraktion25
27.9.2011Art. 3 Abs.174Antrag der vorberatenden Kommission und der Regierung27Antrag SP-Fraktion19
Statements
DatumTypWortlautSession
30.11.2011Wortmeldung

würdigt im Namen der SP-Fraktion das Beratungsergebnis.

In der Präambel unserer Bundesverfassung heisst es, dass die Stärke des Volkes sich misst am Wohl der Schwachen. Ich gehe davon aus, dass der Gesetzgeber, der dieses Ergänzungsleistungsgesetz erlassen hat - das ist dieser Rat -, auch so einen Grundgedanken vor Augen hatte, als er dieses Gesetz über die Ergänzungsleistungen erliess. Der Gesetzgeber ging davon aus, dass auch Leute, Personen, die in Heimen leben, würdig leben sollen und dass sie dafür auf eine gewisse minimale, auch finanzielle Ausstattung angewiesen sind. Diese persönlichen Auslagen sollen nun um 12,5 Prozent gestrichen werden. 12,5 Prozent. Das ist ein sehr erheblicher Eingriff, der ein würdevolles Leben erheblich einschränkt. Die Kürzung stellt dem Gesetzgeber, wenn man sein Handeln an der Verfassung misst, ein schlechtes Zeugnis aus. Wenn man sich noch vergegenwärtigt, wie diese Übung finanziert wird, wird es noch übler. Diese Kürzung bei den Schwächsten soll finanziert werden durch Steuersenkungen bei den hohen Einkommen, bei den Unternehmen und den hohen Vermögen. Diese Steuern haben wir gesenkt und sie führen jetzt dazu, dass wir bei den Schwächsten sparen müssen. Wir finden das falsch und unverantwortlich; wir lehnen diese Vorlage ab. Die SP-Fraktion hat gestern Abend auch beschlossen, ein Referendum, das von sieben Organisationen aus dem Behinderten- und Altersbereich organisiert wird, zu unterstützen. Ich bitte Sie, die Vorlage ebenfalls abzulehnen.

Session des Kantonsrates vom 28. bis 30. November 2011
28.11.2011Wortmeldung

Präsident Finanzkommission: Dem Antrag der Fraktionen ist zuzustimmen.

Zu diesem Nachtrag hat die Finanzkommission noch über den Vollzugsbeginn diskutiert. In diesem Zusammenhang legen die Fraktionen ein graues Blatt vor. Die Finanzkommission steht hinter dessen Inhalt.

Session des Kantonsrates vom 28. bis 30. November 2011
28.11.2011Wortmeldung

Die Vorlage ist in 2. Lesung durchberaten und geht zur Vorbereitung der Schlussabstimmung an die Redaktionskommission.

Session des Kantonsrates vom 28. bis 30. November 2011
27.9.2011Wortmeldung

Art. 5 [Anspruch b) Grundsatz]. beantragt im Namen der GRÜ-Fraktion, Art. 5 Bst. b wie folgt zu formulieren: «das Reinvermögen drei Viertel der Grenze für die Anrechnung eines Vermögensverzehrs nach Bundesgesetzgebung nicht erreicht. Der bundesrechtlich festgelegte Freibetrag für selbstbewohnte Liegenschaften wird nicht angerechnet.»

Im vergangenen Februar hat die Mehrheit des Kantonsrates beim Geschäft 33.11.09 «Massnahmen zur Bereinigung des strukturellen Defizits des Staatshaushaltes» bei der Massnahme 13 «Anpassungen bei den Ergänzungsleistungen» entschieden, 4 Mio. Franken einzusparen. Dabei wurde erklärt – dies kann in der Vorlage und im Protokoll der Finanzkommission nachgelesen werden –, es ginge wohl um die Ergänzungsleistungen, aber nicht um die ausserordentlichen Ergänzungsleistungen. Die ausserordentlichen Ergänzungsleistungen sind die Unterstützung für die Ärmsten. Das ist tatsächlich so. Aber dies ist nur die eine Seite. Die andere Seite ist, dass wenn wir da sparen, es eine Verlagerung hin zur Sozialhilfe gibt, die von den Gemeinden finanziert werden muss. Und noch etwas anderes: Diese Massnahme übt Druck aus, sodass die Leute ins Heim gehen. Dies wiederum führt für den Kanton mittel- und langfristig zu Mehrkosten. Daraus ergibt sich dann das Fazit, dass das Ganze überhaupt keine Einsparung ist, sondern letztlich eine Verteuerung. Es ist ein unfaires Vorgehen und eigentlich eine unwürdige Vorlage.

Session des Kantonsrates vom 26. bis 28. September 2011
27.9.2011Wortmeldung

Art. 3 [Berechnung b) besondere Fälle]. beantragt im Namen der GRÜ-Fraktion, Art. 3 Abs. 1 Bst. a wie folgt zu formulieren «bei Personen in Betagten- oder Pflegeheimen ohne Pflegebedarf oder bei einem Pflegebedarf bis 80 Minuten je Tag sowie bei Personen in Wohnheimen für Menschen mit Behinderung 40 Prozent des Mindestbetrages der vollen Altersrente nach Art. 34 Abs. 5 des Bundesgesetzes über die Alters- und Hinterlassenenversicherung.»

Es geht nicht um die Massnahme an sich, sondern um die Formulierung. Vielleicht erscheint es im ersten Augenblick als unwichtig, ob da steht: Invalidenwohnheim oder Wohnheim für Menschen mit Behinderung. Tatsache ist, dass es im Kanton St.Gallen kein einziges Invalidenwohnheim mehr gibt. Es ist auch eine Tatsache, dass sich die Betroffenen selber nicht mehr als Invalide bezeichnen und auch von ihrem Umfeld nicht mehr als solche bezeichnet werden. Organisationen und Institutionen verwenden diesen Ausdruck ebenfalls nicht mehr. Dies alles aus dem einfachen Grund: Invalid steht für schwach beziehungsweise wertlos. Und gerade das sind Menschen mit einer Behinderung eben nicht. Jeder Mensch hat ein Recht auf Begegnung mit Anstand.

Session des Kantonsrates vom 26. bis 28. September 2011
27.9.2011Wortmeldung

Den Anträgen der Regierung und der Finanzkommission ist zuzustimmen.

Die Argumentation von Gemperle-Goldach verfängt nicht, sie hat nichts mit dieser Vorlage zu tun. Weshalb? Hier geht es um die Kürzung der Beiträge des Kantons St.Gallen, insbesondere bei den persönlichen Auslagen, denn die Regierung hat festgestellt, dass diese im interkantonalen Vergleich hoch sind. Dazu zieht sie - ob es die richtigen Vergleichskantone sind, kann ich nicht beurteilen - die Kantone Luzern, Aargau und Graubünden zum Vergleich heran. Selbst nach der Kürzung, die jetzt vom Kantonsrat beschlossen werden soll, hat der Kanton St.Gallen weiterhin leicht höhere Beiträge als diese drei Kantone. Es ist auch nicht so, dass die betroffenen Heimbewohnerinnen und -bewohner nach der Kürzung nicht mehr in Würde leben könnten. Es geht hier darum, diese Beiträge auf ein Mass zu reduzieren, das bei anderen Kantonen bereits angewendet wird. Ein Hinweis dazu: Es ist interessant, dass von den Linken, insbesondere auch der GRÜ-Fraktion, immer der Kanton Thurgau als Vorbild angeschaut wird, wie zum Beispiel auch bei der Förderung von alternativen Energien. Im vorliegenden Fall zahlt der Kanton Thurgau Fr. 239.- je Monat und hat damit massiv tiefere Beiträge. Es zeigt sich eben einmal mehr, dass es am Schluss immer auf den Leistungsmix der Kantone ankommt. Man kann nicht immer nur einen einzelnen Kanton heranziehen und sagen, er sei vorbildlich. Im vorliegenden Fall würden wohl - so meine Vermutung - auch die Linken und die GRÜ-Fraktion sagen, der Kanton Thurgau sei nicht vorbildlich. Die Regierung und die Finanzkommission möchten auf ein erträgliches Mass einschwenken, das bei ungefähr 450 Franken je Monat liegt. Es geht hier ja nicht um Existenzen.

Session des Kantonsrates vom 26. bis 28. September 2011
27.9.2011Wortmeldung

Zur Vorsteherin des Departementes des Innern: Diese Ausführungen stimmen leider nicht ganz. Es ist so, dass man zum Beispiel auch auf das Wort «Altersheim» verzichtet hat und von «Betagtenheim» spricht. So wäre es eigentlich folgerichtig und anständig, wenn diese Anpassung auch bei den behinderten Menschen gemacht würde.

Session des Kantonsrates vom 26. bis 28. September 2011
27.9.2011Wortmeldung

Ratspräsident: Wie den Anträgen der SP- und der GRÜ-Fraktion entnommen werden kann, geht es jetzt zuerst einmal um eine Grundsatzfrage: Will der Kantonsrat einer Änderung zustimmen oder nicht? Denn der Antrag der SP-Fraktion bedeutet Festhalten an der bestehenden Regelung. Sollte eine Änderung beschlossen werden, dann käme der Eventualantrag der GRÜ-Fraktion noch zu Diskussion und Abstimmung, nämlich, ob der Text abgeändert werden solle. Zunächst steht also der Grundsatzentscheid zur Diskussion.

Session des Kantonsrates vom 26. bis 28. September 2011
27.9.2011Wortmeldung

Art. 3 Abs. 1 [Beteiligung der Gemeinden a) Grundsatz]. beantragt im Namen der SP-Fraktion, Art. 3 Abs. 1 wie folgt zu formulieren: «Festhalten am geltenden Recht.»

Der Vorschlag der Regierung und der Finanzkommission spart bei den Ärmsten der Armen. Die SP-Fraktion weist darauf hin, dass unter anderem wegen Steuersenkungen bei den Reichen über diese Vorlage beraten werden muss. Gemäss einer Aufstellung der Pro Infirmis Basel machen die persönlichen Auslagen Fr. 886.- je Monat aus. Somit deckt schon der bisherige Betrag die tatsächlichen, für ein anständiges Leben notwendigen Kosten nicht. Mit dieser Vorlage werden die Beiträge zusätzlich reduziert, das heisst für Personen mit tiefem Pflegebedarf von Fr. 530.- auf Fr. 464.-, bei Personen mit hohem Pflegebedarf von Fr. 397.- auf Fr. 348.-. Die ausserordentlichen Ergänzungsleistungen ermöglichen Menschen in Heimen ein würdiges Leben, sie erlauben ihnen, am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen. Die vorgesehenen Kürzungen führen dazu, dass Heimbewohnerinnen und Heimbewohner noch stärker eingeschränkt werden und dass ein würdevolles Leben nicht mehr möglich ist.

Session des Kantonsrates vom 26. bis 28. September 2011
27.9.2011Wortmeldung

Kommissionspräsident: Der Antrag der SP-Fraktion ist abzulehnen.

Dieser Antrag wurde in der Finanzkommission ebenfalls gestellt. Die Finanzkommission hat mit 9:3 Stimmen bei 1 Enthaltung und 2 Abwesenheiten den Antrag der Regierung vorgezogen.

Session des Kantonsrates vom 26. bis 28. September 2011
27.9.2011Wortmeldung

Kommissionspräsident: Auf die Vorlage ist einzutreten.

Ergänzungsleistungen werden Personen mit einer AHV- oder IV-Rente ausgerichtet, sofern diese in der Schweiz wohnen und ihre minimalen Lebenskosten nicht durch die Rente sowie das Einkommen zu decken vermögen. Der Kanton St.Gallen befindet sich bei den persönlichen Auslagen für Heimbewohnerinnen und -bewohner im interkantonalen Vergleich im vorderen Segment, weshalb eine Annäherung an die Beiträge der anderen Kantone vertretbar ist. Die Massnahmen entlasten den Staatshaushalt um 4,35 Mio. Franken. Einige der vorliegenden Anträge wurden schon in der Finanzkommission gestellt. Ich werde zum gegebenen Zeitpunkt darauf hinweisen. Die Finanzkommission stimmte mit 10:3 Stimmen bei 2 Abwesenheiten der Vorlage zu.

Session des Kantonsrates vom 26. bis 28. September 2011
27.9.2011Wortmeldung

gratuliert Gysi-Wil zu deren flammendem und realistischem Votum.

Session des Kantonsrates vom 26. bis 28. September 2011
27.9.2011Wortmeldung

Regierungsrätin: Dem Antrag der Regierung ist zuzustimmen.

Der Vorsteher des Finanzdepartementes hat es schon gesagt, dass es auch für die Regierung nicht einfach ist, über diese Sozialversicherungsmassnahme zu sprechen und ein Sparpaket zu schnüren, das niemandem wehtun soll. Es ist nicht einfach, ich gebe das zu. Trotzdem hat die Regierung dieses Paket geschnürt, nicht zuletzt wegen der Verantwortung, dass die Ergänzungsleistungen jetzt ausschliesslich zulasten des Kantons finanziert werden müssen. Vorher haben wir uns diese mit den Gemeinden geteilt. Es soll sichtbar werden, wie gross die Kostenverlagerung wird und welcher Zuwachs in diesem Bereich zu verzeichnen sein wird. Trotz allem gibt es aber eine Erfolgsgeschichte. Die Erfolgsgeschichte ist, dass es überhaupt Ergänzungsleistungen gibt, welche die Existenz der betroffenen Menschen sichern können. Von daher muss ich Gemperle-Goldach korrigieren. Die Grundversorgung ist auch dann gesichert, wenn die vorliegende Massnahme vollzogen wird. Ergänzungsleistungen ergänzen massgeschneiderte Renten und stellen somit die Grundversorgung der Menschen, sei es im privaten oder im stationären Bereich, sicher. Ich bin froh, dass der Kanton St.Gallen auch noch die ausserordentlichen Ergänzungsleistungen kennt, mit denen er die Wohnsituation von Menschen im eigenen Umfeld mitfinanzieren kann.

Es ist keine Frage, dass es viele arme Menschen gibt. Ich wehre mich aber immer ein bisschen dagegen, dass man bei den Ergänzungsleistungsbezügerinnen und -bezügern von den Ärmsten der Armen spricht. Es gibt nämlich auch Leute, die von der Sozialhilfe mit wenig Geld leben müssen. Dann gibt es Leute, die 44 und mehr Stunden in der Woche arbeiten und doch zu wenig zum Leben haben, weil die Löhne so tief sind. Für diese Ärmsten der Armen gibt es noch keine Ergänzungsleistungen. Die Regierung ist natürlich froh, wenn sie nach wie vor den Menschen mit einer Behinderung oder den Betagten, die auf diese Hilfe angewiesen sind, eine Sicherheit anbieten kann. Sicher ist es im Verhältnis viel, wenn von monatlichen Fr. 350.- nun Fr. 50.- wegfallen. Das gebe ich zu. Immerhin darf aber auch gesagt werden, dass das Parlament bei der Bewilligung dieser heute noch gültigen Ansätze grosszügig war. Es waren damals nicht einfach einsame Regierungsentscheide, die vom Geist der Grosszügigkeit beseelt waren. Damals war aber auch die Finanzlage noch besser. Heute nun gibt es Einschränkungen. Ich denke aber, dass wir versuchen, diese möglichst sozialverträglich zu gestalten, beispielsweise mit der Unterscheidung der verschiedenen Pflegestufen. So haben Menschen, die noch etwas mobiler sind, einen etwas höheren Beitrag an ihre persönlichen Auslagen als diejenigen, die weniger mobil sind.

Der Kanton St.Gallen misst sich auch nicht an jenen Kantonen, die noch tiefere Beiträge kennen. Im schweizerischen Vergleich - wir orientieren uns an den Kantonen Luzern und Aargau - lassen sich unsere Beiträge durchaus verantworten. Diese beiden Vergleichskantone haben ungefähr die gleiche Grösse und ähnliche Strukturen wie der Kanton St.Gallen. Natürlich gibt es kulturelle Unterschiede, wie ein Kanton mit auf staatliche Hilfe angewiesenen Menschen umgeht. St.Gallen war diesbezüglich einmal sehr grosszügig. Im Moment ist es einfach der Zeitgeist und der finanzielle Druck, dass einige Anpassungen vorgenommen werden müssen. Die Menschenwürde und die Grundversorgung der betroffenen Menschen sind gesichert, aber es ist mir klar, dass sie nicht im Wohlstand leben.

Session des Kantonsrates vom 26. bis 28. September 2011
27.9.2011Wortmeldung

Regierungsrätin: Ich möchte nur kurz erklären, weshalb der Begriff «invalid» immer noch in diesem Gesetz steht. Das Gesetz stammt aus dem Jahr 1991. Nun gibt es eine Auflage, eine legistische Grundlage, dass der Wortlaut eines Gesetzes nicht einfach verändert werden kann. Dies ist erst bei einer Neuschreibung möglich. Und selbstverständlich werden die Begriffe dann auch angepasst. Das Behindertengesetz, das in der Vernehmlassung ist, verwendet ganz klar einen anderen Begriff. Das Wort «Invalidenwohnheim» stammt aus der Entstehungszeit dieses Gesetzes. Weil mit dem vorliegenden Nachtrag nur die Tarife angepasst werden, hat die Regierung nicht gleich den gesamten Wortlaut geändert. Ich überlasse es dem Kantonsrat, ob er den Begriff ändern will oder nicht.

Session des Kantonsrates vom 26. bis 28. September 2011
27.9.2011Wortmeldung

Kommissionspräsident: Auch die Finanzkommission überlässt den Entscheid dem Kantonsrat. Dieser Antrag wurde in der Kommissionssitzung nicht gestellt.

Session des Kantonsrates vom 26. bis 28. September 2011
27.9.2011Wortmeldung

Kommissionspräsident: Der Antrag der GRÜ-Fraktion ist abzulehnen.

Dieser Antrag wurde in der Finanzkommission nicht gestellt. Diese stimmte diesem Artikel mit 10:3 Stimmen bei 2 Abwesenheiten zu.

Session des Kantonsrates vom 26. bis 28. September 2011
27.9.2011Wortmeldung

(im Namen der SP-Fraktion): legt ihre Interessen als Vorstandsmitglied des Heimverbands Curaviva, als Vorsteherin von zwei Alters- und Pflegeheimen und als Präsidentin der Heimstätten Wil, einer Behindertenorganisation, offen. Dem Antrag der SP-Fraktion ist zuzustimmen.

In diesem Antrag geht es um die Menschenwürde, und es geht auch um die Frage, weshalb wir dieses strukturelle Defizit überhaupt haben. Bei letzterem geht es wirklich darum, dass unter anderem sowohl für sehr gut Verdienende als auch sehr Vermögende die Progression und natürlich auch der Steuerfuss massiv gesenkt wurden. Die vorliegende Sparmassnahme führt zu einem klaren Sozialabbau. Es kann doch nicht sein, dass nach 2004 jetzt schon wieder Bezügerinnen und Bezüger von Ergänzungsleistungen dafür bluten müssen. Dieses Mal soll auf Kosten der Bewohnerinnen und Bewohner in Alters- und Pflegeheimen und der Behinderten in Heimen gespart werden. Die Beiträge für den persönlichen Bedarf sollen um 12,5 Prozent gesenkt werden. Das ist sehr viel. Die persönlichen Auslagen sind Auslagen, mit denen persönliche Bedürfnisse finanziert werden, die über die Tages-, Pflege- und Betreuungstaxen nicht abgedeckt sind. Dies war auch im Schreiben der Behinderten- und Altersorganisationen zu lesen. Die Auslagen betreffen höchst persönliche Bedürfnisse wie Körperpflege und Coiffeurbesuch, Kleider und Schuhe, Zeitungsabonnemente, Mobiltelefon, Bildung und Unterhaltung, Konsumationen in Gaststätten oder für den Verkehr.

Die Kürzung um 12,5 Prozent beim persönlichen Bedarf ist für Behinderte und Betagte einschneidend und kein Pappenstiel. Fr. 66.- beziehungsweise Fr. 49.- weniger je Monat schenken ein und nehmen ihnen liebgewonnene Dinge weg. Das bedeutet vielleicht, einen Coiffeurbesuch je Monat streichen, auf den liebgewonnen Jassnachmittag im Dorf oder den Kinobesuch mit einem Kollegen verzichten zu müssen. Oder das Abonnement der Heimat vermittelnden, regionalen Tageszeitung liegt nicht mehr drin. Solche Dinge müssen aufgrund einer Kürzung der Beiträge gestrichen werden. Die SP-Fraktion fragt sich, ob sich dies der Kantonsrat wirklich leisten will. Unterbrechungen im Heimalltag sind wichtig für diese Menschen. Sie bedeuten ein Stück Lebensqualität und persönliche Freiheit und sind wichtige Erlebnisse für eine aktive Integration und ein aktives Teilhaben in unserer Gesellschaft. Durch die Kürzung der Beiträge werden solche Möglichkeiten eingeschränkt. Das ist einfach eine Tatsache, die nicht wegdiskutiert werden kann. Wenn andere Kantone Einschränkungen gemacht haben, heisst das nicht, dass der Kanton St.Gallen dies auch tun muss. Persönliche Bedürfnisse und Auslagen haben auch einen engen Zusammenhang mit dem Selbstwertgefühl. Gerade wer alt oder behindert ist, braucht für gewisse Bedürfnisse etwas mehr Geld, beispielsweise ist man auf ein Taxi angewiesen, weil der Gang ins Dorf oder in die Stadt zu Fuss nicht mehr möglich ist. Es ist klar, dass das mehr kostet.

Hand aufs Herz: Will der Kantonsrat wirklich für total 3,2 Mio. Franken Einsparungen - bei einem Budget von mehr als 4 Mrd. Franken - realisieren, welche die Lebensqualität von Behinderten und Betagten in Heimen derart massiv berühren? Die SP-Fraktion findet es bedenklich und beschämend, wenn die Schwächsten unserer Gesellschaft dafür büssen müssen, dass die Einnahmen unserer Staatskasse zusammengebrochen sind. So schlecht geht es dem Kanton St.Gallen nicht, als dass er hier den Sparhebel ansetzen müsste.

Session des Kantonsrates vom 26. bis 28. September 2011