Geschäft: Tötungsdelikt im Asylzentrum Mels - Hat der Vollzug versagt?

Übersicht
KomiteeKantonsrat
Nummer51.18.01
TitelTötungsdelikt im Asylzentrum Mels - Hat der Vollzug versagt?
ArtKR Interpellation
ThemaGrundlagen und Organisation
FederführungSicherheits- und Justizdepartement
Eröffnung19.2.2018
Abschluss20.2.2018
Letze Änderung9.12.2021
vertraulichNein
öffentlichJa
dringendNein
Dokumente
PubliziertTypTitelDatei
VorstossWortlaut vom 19. Februar 2018
AntwortAntwort der Regierung vom 20. Februar 2018
Beteiligungen
DatumAkteurTitelLetze Änderung
1.8.2019Gremium19.1.2023
Statements
DatumTypWortlautSession
20.2.2018Wortmeldung

Götte-Tübach: Ich habe in keiner Art und Weise gesagt, dass wir im Kanton St.Gallen das Renitentenzentrum suchen. Sie haben es gesagt, wir haben in Altstätten eine Bundesaufgabe, die wir auf unserem Territorium lösen. Aber ich habe gewünscht und verlangt, dass man der zuständigen Bundesrätin sagen soll – das kann man parteiintern lösen –, dass dort Massnahmen ergriffen werden und solche Renitentenzentren erstellt werden. Es kann nicht sein, dass solche nicht auszuschaffenden Asylsuchenden frei herumlaufen. Es soll auch nicht möglich sein, wie es in der Interpellationsantwort zu lesen ist, dass dies auf eine Gemeinde begrenzt ist. Das können wir nicht akzeptieren.

Session des Kantonsrates vom 19. und 20. Februar 2018
20.2.2018Wortmeldung

Regierungspräsident Fässler: Ich glaube, wir sind uns einig, dass dies eine absolut schreckliche Tat ist. Wenn es möglich gewesen wäre, diesen Algerier auszuschaffen, dann wäre diese Tat nicht geschehen. Das Problem liegt aber darin, dass Algerien diese Personen nicht zurücknimmt, wenn sie dieser Rückschaffung nicht zustimmen. Ich kann Ihnen versichern, das Staatssekretariat für Migration (SEM) und Bundesrätin Sommaruga arbeiten mit allen diplomatischen Beziehungen intensiv daran, mit all diesen Staaten ins Gespräch zu kommen. Dazu wird mit allem, was zur Verfügung steht, versucht, diese Staaten gefügig zu machen, z.B. Rücknahmen möglich machen auch im Rahmen von Entwicklungshilfeprojekten. Aber es gibt nun einfach eine Handvoll Staaten, die nicht mitziehen. Dann ist es schlichtweg nicht möglich, diese Personen auszuschaffen.

Dieser Mann hat Eigentumsdelikte begangen. Eigentumsdelikte werden in der Schweiz selbstverständlich geahndet. Wenn diese Freiheitsstrafen verbüsst sind, müssen Sie eine solche Person wieder rauslassen. Dass da irgendein erhebliches Risiko besteht, musste und konnte man nicht annehmen oder erkennen. Es ist auch richtig, dass im Kanton St.Gallen kein Renitentenzentrum besteht. Die Asylregion Ostschweiz sucht immer noch ein solches Zentrum, das im Zusammenhang mit der Neustrukturierung der Asylverfahren, welche auf den 1. März 2019 in Kraft gesetzt wird, eingerichtet werde muss.

Ich verstehe die Aussage von Götte-Tübach als Aufforderung an mich, dem Bund zu signalisieren, im Kanton St.Gallen ein Renitentenzentrum zu eröffnen. Bis jetzt bin ich davon ausgegangen, dass das niemand machen will. Aber wenn Sie dazu eine andere Haltung vertreten, dann sage ich Ihnen noch nicht, dass ich das gleich machen werde. Die Standorte für Renitentenzentren sind nicht so einfach zu finden. Ich bin persönlich der Meinung, dass der Kanton St.Gallen mit dem Verfahrenszentrum in Altstätten einen mehr als proportionalen Beitrag im Bereich dieser Bundesasylzentren leistet. Da sollen sich kleinere Kantone, die nicht so grosse Kisten auf ihrem Kantonsgebiet organisieren und mitorganisieren können, bitte melden. Das ist ausserordentlich ärgerlich, aber wenn wir diese Vollzüge nicht machen können – und Sie haben gesehen, das Migrationsamt hat alles darangesetzt, dass das möglich ist –, dann sind wir einfach machtlos. Mir passt das auch nicht.

Session des Kantonsrates vom 19. und 20. Februar 2018
20.2.2018Wortmeldung

Götte-Tübach (im Namen der SVP-Fraktion): Die Interpellantin ist mit der Antwort der Regierung nicht zufrieden.

Ich bin entsetzt über die Antwort. Nicht, weil die Regierung falsch geantwortet hat, denn sie hat mit grösster Wahrscheinlichkeit ehrlich geantwortet –, sondern wie die Sachlage ist. Wir sprechen hier vom Tötungsdelikt im Asylzentrum Mels von vergangener Woche. Wenn wir hierzu Punkt 2 lesen und sehen, wie wir mit straffälligen Tätern umgehen und was für Möglichkeiten bestehen, dann ist das nur noch ein Grauen. Ich muss sagen, hier hat unser Justizsystem völlig versagt. Klar spreche ich gelegentlich auch Bundesrecht an, das spielt mir hier und jetzt keine Rolle – das System hat versagt. Dass solche Täter frei herumlaufen können, bereitet mir Sorgen. Ein asylsuchender Täter, der schon mehrfach straffällig wurde, kann einfach frei in der Gemeinde herumlaufen. Es müssen zwingend Anpassungen vorgenommen werden, und ich hoffe, dass der Vorsteher des Sicherheits- und Justizdepartementes (SJD) dazu Ausführungen machen kann.

Mir ist klar, dass der Kanton St.Gallen kein Renitentenzentrum führt, aber ich bitte den Vorsteher des SJD, dieses Anliegen bei seiner Parteikollegin Bundesrätin Sommaruga klar zu platzieren, was die Konsequenzen sind. Nämlich dass der Auftrag ohne solche Zentren nicht erfüllt werden kann. Das können wir als Politiker nicht verantworten. Momentan ist es erst ein Tötungsdelikt, aber wir müssen davon ausgehen, dass dies nicht der einzige Fall bleiben wird. Solche Asylsuchende gehören in unserem freien Land nicht auf freien Fuss. Hier müssen wir zwingend handeln.

Wir verzichten vorerst auf eine Standesinitiative und bitten den Vorsteher des SJD, die nötigen Massnahmen auf seinen Wegen in Bern einzuleiten und die nötige Botschaft abzusetzen.

Session des Kantonsrates vom 19. und 20. Februar 2018
20.2.2018Wortmeldung

Stadler-Lütisburg, Ratsvizepräsidentin: Die Regierung bestreitet die Dringlichkeit nicht. Wird die Dringlichkeit aus der Mitte des Rates bestritten? Das ist nicht der Fall. Damit stelle ich Dringlicherklärung der Interpellation fest.

Session des Kantonsrates vom 19. und 20. Februar 2018