Geschäft: Ist die Praxis für den Führerausweisentzug im Kanton St.Gallen zu streng?

Übersicht
KomiteeKantonsrat
Nummer51.17.76
TitelIst die Praxis für den Führerausweisentzug im Kanton St.Gallen zu streng?
ArtKR Interpellation
ThemaVerkehr, Bau, Energie, Gewässer
FederführungSicherheits- und Justizdepartement
Eröffnung27.11.2017
Abschluss20.2.2018
Letze Änderung9.12.2021
vertraulichNein
öffentlichJa
dringendNein
Dokumente
PubliziertTypTitelDatei
VorstossWortlaut vom 27. November 2017
AntwortSchriftliche Antwort der Regierung vom 23. Januar 2018
Beteiligungen
DatumAkteurTitelLetze Änderung
1.8.2019Gremium19.1.2023
Statements
DatumTypWortlautSession
20.2.2018Wortmeldung

Schöbi-Altstätten (im Namen der CVP-GLP-Fraktion): Die Interpellantin ist mit der Antwort der Regierung teilweise zufrieden.

Zweckmässigkeit und Eignung der von der Verwaltung gelebten Praxis gehen aber zweifellos am Rechtsempfinden der Bevölkerung vorbei. Drogenkonsum ist nicht harmlos. Das Bundesprogramm Via Sicura soll die Verkehrsunfälle reduzieren, die Verkehrssicherheit verstärken und ist zu unterstützen. Dennoch, Vernunft und Augenmass sind bei allen Regelanwendungen Richtschnur. Entsprechend legt die Bundesverfassung fest, dass Einschränkungen von Grundrechten verhältnismässig sein müssen – das erwartet der Bürger. Er geht von einem freiheitlichen und guten Menschenbild aus. Stattdessen hat sich bei der Verwaltung eine Art Vollkasko-Mentalität eingeschlichen. Gesetz und Verordnung verlangen ernsthafte Zweifel und dafür wiederum konkrete Anhaltspunkte für eine fehlende Fahreignung.

Die von der Regierung geschilderte und offenbar unterstützte Praxis kehrt den Spiess aber einfach um. Jeglicher Hinweis auf verbotene Substanzen irgendwo auf der Zeitachse reduzieren eine Fahrfähigkeit im Zeitpunkt der Kontrolle auf den reinen Zufall. Wo jetzt hier die Grenze zu einem Gesinnungssanktionsrecht zu ziehen ist, kann die Regierung bezeichnenderweise gerade nicht aufzeigen. Das bedeutet im Ergebnis eine Ermessensunterschreitung, wobei das verfassungsmässige Verhältnismässigkeitsgebot verletzt wird. Die rechtsanwendende Entzugsbehörde mutiert so zum reinen Subsumtionsautomaten, die heute ebenso gut durch Algorithmen eines Computerprogramms ersetzt werden könnte. Ermessen erfordert aber menschliche Denkprozesse und ist auszuüben. Dies ist Aufgabe und Pflicht der Verwaltung und wird von der Bevölkerung erwartet, nur dann fühlt sie sich ernst genommen.

Die Interpellanten begrüssen die Sorge um die Strassensicherheit, sind jedoch von der gelebten, im reinen Automatismus verhafteten Praxis nicht befriedigt. Wir erwarten, dass v.a. auch beim vorsorglichen Entzug eine Suchtproblematik auch konkret geprüft und nicht einfach unterstellt wird.

Session des Kantonsrates vom 19. und 20. Februar 2018