Geschäft: Umsetzung der Ausschaffungsinitiative - transparente Zahlen zu den Landesverweisungen ausländischer Straftäter im Kanton St.Gallen

Übersicht
KomiteeKantonsrat
Nummer51.17.70
TitelUmsetzung der Ausschaffungsinitiative - transparente Zahlen zu den Landesverweisungen ausländischer Straftäter im Kanton St.Gallen
ArtKR Interpellation
ThemaZivilrecht, Strafrecht, Rechtspflege
FederführungSicherheits- und Justizdepartement
Eröffnung19.9.2017
Abschluss20.2.2018
Letze Änderung9.12.2021
vertraulichNein
öffentlichJa
dringendNein
Dokumente
PubliziertTypTitelDatei
AntwortSchriftliche Antwort der Regierung vom 21. November 2017
VorstossWortlaut vom 19. September 2017
Beteiligungen
DatumAkteurTitelLetze Änderung
1.8.2019Gremium19.1.2023
Statements
DatumTypWortlautSession
20.2.2018Wortmeldung

Regierungspräsident Fässler: Doch noch einige Präzisierungen: Kritisiert wird nun von Dudli-Oberbüren v.a. die Exekutive. Die Exekutive des Kantons St.Gallen hat mit diesen Fragestellungen überhaupt nichts zu tun. Soweit Sie die Legislative in Bern kritisieren wollen, die haben die Umsetzung der Ausschaffungsinitiative bzw. die Anpassungen in der Strafprozessordnung beschlossen. Da sind Sie einfach am falschen Ort.

Was den Kanton St.Gallen angeht, habe ich Ihnen jene Informationen gegeben, die vorhanden sind. Unsere Staatsanwaltschaft klagt im Regelfall an, wenn Landesverweisungen zur Diskussion stehen. Sie hat das in 43 Situationen gemacht. In zwei absolut klaren Situationen hat sie die Härtefallklausel von sich aus angewendet. Das waren aber glasklare Situationen. Selbstverständlich könnte die Staatsanwaltschaft auch in diesen Situationen noch anklagen, wo es glasklar ist. Das würde bedeuten: noch einmal amtlich notwendige Verteidigung und erhebliche Kosten für den Staat.

Das wirkliche Problem liegt darin, dass auch bei Kriminaltouristen, wo die Landesverweisung auch von den Kriminaltouristen selber überhaupt nicht in Frage gestellt wird, weil sie ohnehin keine Aufenthaltsbewilligung haben, im aktuellen System amtliche Verteidiger bestellt werden müssen, und diese Tatsache ist nicht der Umsetzung der Ausschaffungsinitiative zuzuschreiben, sondern der Ausschaffungsinitiative als solcher bzw. den darauf erfolgten Anpassungen in der Strafprozessordnung, die wir nicht zu verantworten haben.

Session des Kantonsrates vom 19. und 20. Februar 2018
20.2.2018Wortmeldung

Dudli-Oberbüren (im Namen der SVP-Fraktion): Die Interpellantin ist mit der Antwort der Regierung nicht zufrieden.

Ich bedanke mich für die prompte Beantwortung der Interpellation. Auch wenn die Auskünfte in zentralen Belangen spärlich sind, lässt sich unter Bezugnahme auf selber vorgenommene Abklärungen bei der Schweizerischen Staatsanwälte-Konferenz (SSK) sowie beim Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartement (EJPD) festhalten: In der Praxis lassen die Behörden mittels der verfassungswidrig eingeführten Härtefallklausel weit häufiger Milde gegen kriminelle Ausländer walten, als es der Souverän wollte. Auf den Punkt gebracht zeigt sich folgendes Bild: Der auf Verfassungsebene gefällte Volksentscheid wurde von der Legislative rechtswidrig mit einer Härtefallklausel verwässert. Obwohl nicht in ihrer Zuständigkeit, bringt die Exekutive die Härtefallklausel grosszügig ins Spiel, und dessen nicht genug, setzt die Judikative ebenso grosszügig einen drauf. Zum Schluss bleibt eine inflationär verwässerte Umsetzung mit Extra-Weichspüler. In der Praxis bewirkt allein schon die Existenz der Härtefallklausel, dass sich Kriminelle unter Berufung auf diese Härtefallklausel auf Kosten des Gastgebers verteidigen lassen. Ein «Depp» wäre, wer sich nicht auf Staatskosten eines faulen Auswegs bedienen würde.

Was die Kosten der amtlichen Verteidigung anbelangt, muss präzisiert werden, dass nicht die Umsetzung der Ausschaffungsinitiative zu höheren Kosten führt, sondern vielmehr die Nichtumsetzung, insbesondere die Härtefallklausel. An dieser Stelle sei angemerkt, dass in anderen Bereichen sehr wohl verbindlich starre Gesetzesregelungen existieren. Bei Geschwindigkeitsüberschreitungen im Strassenverkehr existiert keine Härtefallklausel, nicht einmal die Möglichkeit einer Einzelfallprüfung.

Bezüglich der Kosten der amtlichen Verteidigung ausländischer Straftäter versucht die Regierung den Schwarzen Peter den Vertretern der Initiative zuzuschieben. Nur, bereits vor dem Stichtag 1. Oktober 2016 wurden Landesverweisungen vollzogen. Diesbezüglich ist Art. 130 der Schweizerischen Strafprozessordnung (SR 312.0; abgekürzt StPO) relevant. Jetzt folgt aber der Clou: In den Fassungen vor dem 1. Oktober 2016 ist nämlich nicht die Rede von einer zwingend notwendigen Verteidigung von Personen, denen eine Landesverweisung droht. Und ja, Sie erraten es, just per 1. Oktober 2016 erfuhr die StPO eine Ergänzung, wonach neu auch jene Personen von Amtes wegen zwingend verteidigt werden müssen, welchen eine Landesverweisung droht.

Die SVP-Fraktion ist mit der inhaltlich ziemlich leeren und teilweise unzutreffenden Antwort der Regierung nicht zufrieden. Insofern wird man sich in absehbarer Zeit wiederum mit diesem Thema befassen müssen.

Session des Kantonsrates vom 19. und 20. Februar 2018