Geschäft: Inländervorrang für kantonale Stellen

Übersicht
KomiteeKantonsrat
Nummer42.17.05
TitelInländervorrang für kantonale Stellen
ArtKR Motion
ThemaGrundlagen und Organisation
FederführungFinanzdepartement
Eröffnung25.4.2017
Abschluss19.9.2017
Letze Änderung9.12.2021
vertraulichNein
öffentlichJa
dringendNein
Dokumente
PubliziertTypTitelDatei
VorstossWortlaut vom 25. April 2017
AntragAntrag der Regierung vom 29. August 2017
Beteiligungen
DatumAkteurTitelLetze Änderung
1.8.2019Gremium19.1.2023
Abstimmungen
DatumTitelResultatöffentlich
JaBedeutungNeinBedeutungAbsent / Enthaltung
19.9.2017Eintreten34Zustimmung69Ablehnung15
Statements
DatumTypWortlautSession
19.9.2017Wortmeldung

(im Namen der SP-GRÜ-Fraktion): Auf die Vorlage ist nicht einzutreten.

Die SP-GRÜ-Fraktion teilt die Haltung des St.Galler Regierung und möchte den Motionären folgende Punkte nochmals in Erinnerung rufen:

  1. Mit der Änderung des Ausländergesetzes vom 16. Dezember 2016 hat das schweizerische Parlament die Initiative der Masseneinwanderung fristgerecht umgesetzt. Dass die SVP-Fraktion mit diesem Entscheid nicht zufrieden ist, erwähnt sie mehrfach, lässt aber trotz Unzufriedenheit die Referendumsfrist ungenutzt verstreichen.

  2. Bezifferte Höchstzahlen und Kontingente sind für das gesamtwirtschaftliche Interesse der Schweiz unverträglich. Mit dem unklar formulierten Initiativtext streckt die SVP-Fraktion ihr Anliegen ein weiteres Mal selbst. (Satz??)

  3. Dank der NASA-Initiative (??) ist die Zukunft des BV-Artikels 121 Bst. a weiter ungewiss.

  4. Bei gleichwertiger Qualifikation hat der Schweizer Bewerber Vorrang. Dies belegt Art. 21 des Ausländergesetzes plus die gültige Praxis.

Aus Sicht der SP-GRÜ-Fraktion wird der Inländervorang bei kantonalen Stellen bereits heute umgesetzt.

Session des Kantonsrates vom 18. bis 20. September 2017
19.9.2017Wortmeldung

(im Namen der CVP-GLP-Fraktion): Auf die Vorlage ist nicht einzutreten.

Vorab ist zu erwähnen, dass ich die Motion, falls die SVP-Fraktion es gleich wie in Genf machen will, so verstehe, dass der Vorrang für Arbeitnehmern mit Wohnsitz und Meldung in St.Gallen und über die örtlichen Arbeitsämter gemolden sind, gilt. Zumindest ist es so, dass es Genf so macht und in diesem Sinn dann keine Unterschiede zur Nationalität, sondern nur zum Wohnort macht. Falls es nicht so gedacht ist, wäre die Motion falsch geschrieben.

In Kürze unsere Überlegungen dazu: Die Situation im Kanton St.Gallen lässt sich unserer Ansicht nach nicht mit der in den Kantonen Genf und Tessin vergleichen. Nicht nur geografisch sondern auch vom Preisgefälle mit dem nahen Ausland bestehen grosse Unterschiede. Das Preisgefälle St.Gallen zu Vorarlberg oder Süddeutschland ist wesentlich kleiner, als dies in Genf oder im Tessin zum nahen Ausland ist.

Zurzeit ist auf Bundesebene eine Gesetzesrevision mit entsprechender Anpassung der Verordnung in Arbeit, welche eine Stellenmeldepflicht an die Arbeitgebenden und die Stellensuchenden richtet, welche über die öffentlichen Arbeitsvermittlungen gemolden sind, erstrangig berücksichtigt. Damit wird der Vorrang, der hier wohnenden Stellensuchenden sinnvoll berücksichtigt. Auch ist es in der kantonalen Verwaltung üblich, bei gleicher Qualifikation den im Kanton ansässigen Bewerber zu wählen. Vorstellen könnte sich die CVP-GLP-Fraktion, dass im Anforderungsprofil neben den fachspezifischen Anforderungen auch das Beherrschen der deutschen Sprache als Pflicht vorausgesetzt wird. Die CVP-GLP-Fraktion ist klar der Ansicht, dass die auf Bundesebene angepasste Gesetzesregelung auch für den Kanton St.Gallen reichen wird und wir im Sinne einer schlanken Gesetzgebung kein zusätzliches Gesetz für den Kanton St.Gallen brauchen.

Session des Kantonsrates vom 18. bis 20. September 2017
19.9.2017Wortmeldung

(im Namen der SVP-Fraktion): Auf die Vorlage ist einzutreten.

Auf die Motion ist einzutreten. Die Umsetzung der Masseneinwanderungsinitiative durch das Parlament entspricht nicht dem Willen der Initiative und schon gar nicht der Mehrheit des Volkes. Die SVP-Fraktion hat bereits im eidgenössischen Parlament und vor kurzem auch in der Vernehmlassung zu den Verordnungen für diese Umsetzung eine klare negative Stellungnahme bezogen mit der geplanten Umsetzung wird ein Papiertiger geschaffen, ohne das wirkliche Problem, die Masseneinwanderung, zu lösen. Das sehen in der Zwischenzeit fast alle so, aber anstatt das Problem nun wirklich zu lösen und den Volkswillen umzusetzen, will der Bundesrat mit Verordnungen alles noch verschlimmbessern.

Die Masseneinwanderung geht weiter und wird auch weiter zunehmen, so auch im Kanton St.Gallen. Wie wir in der neusten kantonalen Statistik lesen, wächst der Kanton St.Gallen vor allem wegen dem Zuzug von Ausländerinnen und Ausländern. Hier sind wir und werden wir gefordert, Massnahmen zu ergreifen. Und wenn man auf Bundesebene schon nicht will, dann wenigstens im Kanton St.Gallen, wo wird ein Zeichen setzen sollten.

Die Regierung geht in ihrer Antwort im vorauseilenden Gehorsam schon davon aus, dass die Verordnung auf Stufe Bund gemäss Vernehmlassungsentwurf umgesetzt wird. Wir teilen die Auffassung der Regierung nicht, dass es hier keinen Spielraum mehr für Kantone gibt. Wir müssen hier endlich ein klares Zeichen setzen und die Masseneinwanderung begrenzen. Die öffentliche Hand kann damit einem klaren Beispiel vorangehen. Insbesondere wäre ein Zeichen, den Inländervorrang für unsere Angestellten des Kantons einzusetzen, und wenigstens hier einmal ein Zeichen zu setzen, damit wir unseren Mitbürgerinnen und Mitbürgern im Kanton die Chance geben, bei den Steuern im Kanton eine kleine Vorteilnahme zu haben.

Session des Kantonsrates vom 18. bis 20. September 2017
19.9.2017Wortmeldung

Ratsvizepräsidentin: Die Regierung beantragt Nichteintreten.

Session des Kantonsrates vom 18. bis 20. September 2017
19.9.2017Wortmeldung

Auf die Vorlage ist einzutreten.

Bei der Umsetzung des Verfassungsartikels 121 Bst. a zur Steuerung der Zuwanderung waren bislang die Kantone Genf, Tessin und Zürich aktiv. Für den Genfer Staatsrat Mauro Boggia ist es der wirkungsvollste Entscheid seiner Amtszeit. Kaum in die Regierung gewählt, gab er als neuer Chef des Departements für Arbeit, Soziales und Gesundheit die Direktive aus, vom Kanton finanzierte oder subventionierte Betriebe müssten bei Stellenbesetzungen arbeitslose Genfer bevorzugen. Damit dehnte Mauro Boggia (??) das Modell, das seit 2011 für die Kantonsverwaltung und für Staatsbetriebe galt auf insgesamt 250 Institutionen aus.

Dafür erhielt er Applaus, weil sich Mauro Boggia den Billiglohnarbeitern aus dem französischen Grenzgebiet mit breiter Brust entgegenstämmte. Das Genfer Modell funktioniert so, dass die Verwaltung von Staatsbetrieben oder mit Staatsgeldern subventionierten Institutionen ihre freien Stellen dem kantonalen Arbeitsamt melden. Das Amt kann bis zu fünf Stellensuchende, deren Profil zu einer gemeldeten Stelle passt, für Bewerbungsgespräche vorschlagen. Arbeitgeber sind verpflichtet, die vorgeschlagenen Stellensuchenden zu Vorstellungsgesprächen einzuladen. Berücksichtigen sie niemanden, müssen Arbeitgeber ihren Entscheid gegenüber dem Arbeitsamt schriftlich begründen.

Die neue Regelung im Tessin ergab sich aus einer Volksabstimmung vor gut einem Jahr. Zu Hauf strömten billige Grenzgänger ins Tessin, daher haben die kantonalen Stimmberechtigten Massnahmen gutgeheissen, welche die Verschlechterungen auf dem Arbeitsmarkt stoppen sollen. Prima in ostri, zuerst die Unsrigen, so nennt sich die kantonale Volksinitiative der SVP, die sich auf den regionalen Arbeitsmarkt bezieht. Das Tessiner Stimmvolk stimmte dieser Volksinitiative mit satter Mehrheit zu.

Die Hauptforderung lautet: Bei gleicher Qualifikation, einem im Tessin domizilierten Stellenbewerber den Vorzug vor einer Personen mit Wohnsitz im Ausland zu geben. Zweitens dürfte kein Tessiner entlassen werden, nur weil eine adäquate billigere Arbeitskraft aus dem Ausland zur Verfügung stehen. Drittens verlangt Initiative, dass kein einheimische Arbeitnehmer wegen des Lohndrucks, den die vielen günstigen Arbeitskräfte aus dem Ausland erzeugen, empfindliche Lohneinbussen erleiden dürfe.

Dem Argument der St.Galler Regierung, wonach die Suche nach gut ausgebildeten Fachkräften nicht an der Landesgrenze enden darf, ist so nichts auszusetzen. Aber seinerzeit wurden dem Volk die Bilateralen 1 schmackhaft gemacht, in dem das Establishment maximal jährlich 8'000 bis 10'000 Einwanderern erlaubte. Die effektiven Zahlen sind alarmierend: Unvermögen oder bewusste Täuschung? Fakt ist, dass das Volk einer derartigen sich jährlich wiederholenden Masseneinwanderung à Diskretion käumlichst zugestimmt hätte. Das hat auch der Volksentscheid vom 9. Februar 2014 sowie jener des Tessiner Souveräns am 25. September 2016 gezeigt. Die Regierung erwähnt in ihrem Argumentation auch die Ungleichbehandlung von Angehörigen von EU/EFTA-Staaten und Ausländern aus Drittstaaten. Gemäss noch immer geltenden Freizügigkeitsabkommen ist die Schweiz zu Erteilung von Aufenthaltsbewilligung mit einer Gültigkeitsdauer von mindestens fünf Jahren verpflichtet, Familiennachzug eingeschlossen. Ausnahmen bilden Kurzarbeitsaufenthalte, wobei hier leider auch Betrugsfälle publik wurden. Nur, was geschieht mit den Einzelpersonen und gar Familien sollte die Arbeitsstelle verloren gehen? Ja, wir füttern diese bis zu fünf Jahre auf Kosten der Allgemeinheit durch.

Schliesslich noch ein Auszug aus den im Abstimmungsbüchlein zu den Bilateralen 1 im Jahre 2000: Während zwölf Jahren kann die Einwanderung beschränkt werden. Auch nachher kann die Schweiz eine Schutzklausel beanspruchen, wenn durch eine zu starke Einwanderung wirtschaftliche oder soziale Probleme entstehen sollten. Ja, unter Bezugnahme auf diese versprochene Schutzklausel liegt mittlerweile ein Volksentscheid mit dem unmissverständlichen Auftrag vor, die Masseneinwanderung zu stoppen. Und wenn sich der Bund und die Umsetzung findet, dann müssen es zwangsläufig die Kantone in die Hand nehmen, so auch der Kanton St.Gallen und nicht nur Genf , Tessin und neuerdings auch Zürich.

Dass die Zuwanderung eher auf dem Papier hochqualifiziert und wichtig für unsere Wirtschaft ist, jedoch nicht in der Praxis, bestätigt ein Blick auf das Verhältnis von Beiträgen an die Arbeitslosenversicherung und Bezügern von Arbeitslosengeld. Bei den Schweizern übertraf der Anteil an geleisteten ALV-Beiträgen den Anteil an der bezogen Arbeitslosenentschädigung um 28 Prozent. Demgegenüber leisteten Ausländer aus dem EU/EFTA-Raum 20 Prozent weniger Beiträge als die Leistungen aus der ALV bezogen. Die Schweiz sind in der ALV also deutliche Nettozahler, wo während EU-Ausländer ebenso deutliche Nettoempfänger sind. Die höheren Quoten von EU-Ausländern beim Bezug von Sozialleistungen sind auch bei der Sozialhilfe zu beobachten. Ausländer aus dem EU27-Raum beziehen im Verhältnis fast 50 Prozent mehr Sozialhilfe als Schweizer. Damit ist eine weitere Lüge entlarvt. Im Vorfeld zur Abstimmung der Personenfreizügigkeit im Jahre 1999 wurde dem Volk vorgegaukelt, dass nur Personen mit Arbeitsvertrag in die Schweiz kommen dürfen. Die heute vorliegenden Zahlen sprechen aber eine andere Sprache. Ob der neusten Zuwanderungsstatistiken sind einige fast ausser sich vor Freude. Die Migration gehe zurück, man rechnet mit nur gut 50'000 Nettozuwanderer, wobei hier wie gewohnt der Asylbereich ausgeklammert wird.

Was ist an dieser Nachricht so berauschend? Die Zahl steht noch immer weit neben den Versprechungen im Abstimmungskampf zu den Bilateralen 1. Offensichtlich freut man sich, dass die Schweiz für Stellensuchende aus der EU jetzt weniger attraktiv geworden ist, dies sei politisch begrüssenswert wird argumentiert. Ich finde es weder politisch noch sonst wie begrüssenswert. Wenn die Schweiz nicht zuletzt wegen der anhaltenden Masseneinwanderung an Attraktivität und Wohlstandskraft verliert. Wollen wir etwa eine unattraktive Schweiz mit offenen Grenzen sein? Nein, ich bin viel mehr für eine attraktive Schweiz, die ihre Grenzen besser und vor allem selber kontrolliert. Die gegenständliche Motion ist ein erster Schritt dazu.

Session des Kantonsrates vom 18. bis 20. September 2017
19.9.2017Wortmeldung

Regierungsrat: Auf die Vorlage ist nicht einzutreten.

Ich verstehe Gartmann-Mels, wenn er nicht glücklich ist über die Umsetzung von Art. 121 Bst. a, dafür habe ich eigentlich auch ein gewisses Verständnis. Aber ich habe null Verständnis, wenn Sie jetzt sagen, diese Lightversion erzeuge Bürokratie. Also keine Bürokratie würde erzeugen, wenn wir gar nichts umsetzen würden. Aber Sie sehen ja, das bereits die Lightversion Ihrer Initiative, die vom Volk angenommen worden ist, Bürokratie auslöst. Sie geiseln das auch in Ihrer Stellungnahme, die kürzlich publiziert wurde, dass diese Stellenmeldepflicht nur Bürokratie bringe - Sie haben das auch vorhin wieder deutlich gemacht. Und jetzt gehen Sie mit Ihrem Vorstoss, das wurde auch von Dudli-Oberbüren ausgeführt, noch einen Schritt weiter, Sie erhöhen diese Papiertiger massgeblich, in dem Sie konkret auch eine Begründungspflicht installieren bzw. das Amt für Wirtschaft und Arbeit informiert werden muss, dass eine begründete Einsprache gegen eine Stellenbesetzung erheben kann. Und notabene haben Sie das Gefühl, dass das einfach so passiert? Ihr Fraktionschef Götte-Tübach hat vorhin sehr deutlich gesagt, was er hinsichtlich Personalaufwand für Erwartungen habe - sehr deutlich. Und Sie stellen neben dem Bürokratiemonster auch noch eine Bürokratiedrachen hin, wenn Sie diese Motion gutheissen.

Ich lese auch Zeitung, ich lese die Statistiken über den Zuzug aus dem Ausland, aber haben Sie letzte Woche auch gelesen, was im Inland passiert? Dass die ostschweizerischen Jugendlichen verstärkt in andere Landesteilen ziehen, dass wir einen Brain-Drain haben? Haben Sie sich überlegt, was das bedeutet mit Blick auf die demographischen Lasten?

Ich habe das versucht auszuführen am Anlass der IHK. Ich habe aufgezeigt was passiert, wenn die Bevölkerungsszenarien des Bundesamts für Raumentwicklung auf die demokratischen lassen herunter gebrochen werden. Das sind Zahlen, die nicht aus dem Tierbuch sind, sondern das sind Zahlen, die wir in unsere langfristige Planung einbauen müssen. Das bedeutet, dass die Ostschweiz als Landesteil erhöhte demografische Lasten tragen muss im Vergleich zu anderen Regionen, wenn diese Entwicklung so weitergeht. Also kurzum, es gibt wirklich keinen Grund, den Kanton St.Gallen als öffentlichen Arbeit anders zu behandeln bei dieser Stellenmeldepflicht als irgendein privater Arbeitgeber. Wir sind von dieser Regulierung, die kommen wird, auch betroffen. Wir werden das umsetzen.

Schlussendlich handelt es sich hier bei dieser Motion auch wieder um ein typisches Beispiel, wo die Politik Recht setzen will, ohne die Praxis jemals anzuschauen. Haben Sie das Gefühl, dass wir uns geradezu auf ausländische Mitarbeiter stürzen? Es ist doch klar, dass wir bei gleicher Qualifikation einen Hiesigen einstellen, aber es kann vorkommen, und Fachkräftemangel hat auch den Staat erreicht, dass wir auch ausländische Mitbürgerinnen und Mitbürger anstellen müssen. Wir sind sogar noch froh darum, denken sie an das Gesundheitswesen und andere Sektoren.

Session des Kantonsrates vom 18. bis 20. September 2017