Geschäft: III. Nachtrag zum Übertretungsstrafgesetz

Übersicht
KomiteeKantonsrat
Nummer22.17.02
TitelIII. Nachtrag zum Übertretungsstrafgesetz
ArtKR Gesetzgebungsgeschäft
ThemaZivilrecht, Strafrecht, Rechtspflege
FederführungDepartement des Innern
Eröffnung24.3.2017
Abschluss1.1.2019
Letze Änderung9.12.2021
vertraulichNein
öffentlichJa
dringendNein
Dokumente
PubliziertTypTitelDatei
AllgemeinDokumenten-Attrappe zur Sammelbotschaft
ProtokollProtokoll der vorberatenden Kommission vom 5. Juli 2017
BotschaftErläuternder Bericht für die Volksabstimmung vom 23. September 2018
ErlassErgebnis der 1. Lesung des Kantonsrates vom 18. September 2017
ProtokollauszugFeststellung der Rechtsgültigkeit sowie Festlegung des Vollzugsbeginns vom 9. Oktober 2018
ErlassReferendumsvorlage vom 28. November 2017
AntragKommissionsbestellung vom 12. Juni 2017
ErlassIn der Gesetzessammlung veröffentlicht im November 2018
AntragAntrag der Regierung vom 15. August 2017
ProtokollauszugFeststellung der Nicht-Rechtsgültigkeit (Referendum) vom 6. Februar 2018
AntragAntrag der FDP-Fraktion zu Art. 8 vom 18. September 2017
AntragAnträge der vorberatenden Kommission vom 5. Juli 2017
Abstimmungen
DatumTitelResultatöffentlich
JaBedeutungNeinBedeutungAbsent / Enthaltung
28.11.2017Schlussabstimmung57Zustimmung55Ablehnung8
28.11.2017Ordnungsantrag Dietsche-Oberriet82Zustimmung27Ablehnung11
18.9.2017Antrag der FDP-Fraktion zu Abschnitt II Art. 8 Abs. 338Zustimmung71Ablehnung9
18.9.2017Rückweisungsantrag Güntzel-St.Gallen40Zustimmung65Ablehnung13
18.9.2017Art. 12ter59Antrag der vorberatenden Kommission54Antrag der Regierung5
Statements
DatumTypWortlautSession
28.11.2017Wortmeldung

(im Namen der FDP-Fraktion): Die Vorlage ist abzulehnen.

Lassen wir uns keinen Sand in die Augen streuen. Die FDP-Fraktion setzt sich für vollziehbare Gesetze ein, sofern solche überhaupt notwendig sind. Nun liegt eine Gesetzesnorm vor, die weder durch Polizei noch durch Verwaltungsorgane vollzogen werden kann. Im konkreten Anwendungsfall ist es gar nicht möglich zu prüfen, ob eine Verhüllung die öffentliche Sicherheit bzw. den religiösen Frieden bedroht oder gefährdet. Die Konsequenz wird sein, dass einfach weggeschaut wird. Mit dem vom Rat abgelehnten Vorschlag der Regierung und der von der FDP-Fraktion vorgeschlagenen Durchsetzungsnorm ist ein gangbarer Weg aufgezeigt worden. Es scheint so, dass Kreise von SVP und CVP Gesetze für die Galerie erlassen. Das Vorliegen einer Volksinitiative auf Bundesebene unterstützt den Verzicht auf eine kantonale Norm ebenso. Alleine deswegen müssen auch SVP und CVP auf den Gesetzeserlass verzichten. Wir werden ihn in der Schlussabstimmung ablehnen.

Session des Kantonsrates vom 27. und 28. November 2017
28.11.2017Wortmeldung

Regierungspräsident: Die Vorlage ist abzulehnen.

Ich habe die Hoffnung noch nicht ganz aufgegeben, dass ich vielleicht doch noch ein Beitrag für ein verändertes Abstimmungsverhalten liefern kann.

Liebe SVP-Mitglieder, liebe CVP-GLP-Mitglieder, wenn Sie ein Burkaverbot machen wollen, dann machen Sie doch bitte eines. Aber das was Sie bis jetzt diskutiert haben ist faktisch eine Burka-Erlaubnis. Sie haben heute junge Grüne beim Eingang stehen, die sich verhüllt hatten. Wenn jemand Angst wirklich Angst hatte beim Vorbeigehen und gedacht hat, dass hier die Sicherheit gefährdet ist, dann käme das dann zur Anwendung. Aber das ist nicht der Fall. Sie hätten auch mit diesem neuen Gesetz in der Burka dort stehen können und die Polizisten, welche neben diesen jungen Grünen standen, hätten nicht eingegriffen, weil das keine Gefahr birgt.

Wenn Sie ein Verbot erteilen möchten, dann sagen Sie: Wir wollen ein Burka-Verbot. Aber machen Sie nicht derart unnötige, unwirksame und unsinnige Gesetze.

Ein Wort noch zur CVP-GLP-Fraktion: Ich bin ja als Regierungspräsident nicht unbedingt dazu da Politberatung zu machen, aber ich lese Zeitungen, z.B. auch bürgerlichen Zeitungen, die ja nicht in Verdacht stehen, meine Haltung diesbezüglich zu verstärken. Aber wenn heute in der «NZZ» unter dem Titel: «Das sind die Gründe für den CVP-Niedergang in St.Gallen», damit sind Stadt und Kanton gemeint, und weiter steht, dass es nichts nütze, dass die Leistungsausweise von CVP-Politikern, die in der Exekutive wirken, meistens nicht schlecht sind, insbesondere in St.Gallen wirke das Verhalten der Partei difus. An einem aktuellen Beispiel läss sich illustrieren, wie die st.gallische CVP-GLP Gefahr läuft, sich als gesellschaftlich konservatives Beiboot an die SVP zu hängen. Zusammen mit der Volkspartei macht sie sich für ein Verhüllungsverbot als zweiten Kanton nach dem Tessin stark.

Das müssen Sie wissen, wie Sie Ihre Entwicklung weiter beeinflussen wollen. Aber ich glaube, dass das nicht eine alzu falsche Bewertung der Dinge ist.

Session des Kantonsrates vom 27. und 28. November 2017
28.11.2017Wortmeldung

Der Vorlage ist zuzustimmen.

Ich persönlich kann sehr gut nachvollziehen, dass die FDP-Fraktion den vorgesehenen und vorliegenden Gesetzesartikel als schwammig und somit auch als Gummiartikel bezeichnet.

Da gehe ich einen Schritt weiter und gebe der FDP-Fraktion und den anderen Befürworten selbst in der Analyse Recht. Wann denn eine Gesichtsverschleierung die öffentliche Sicherheit, den religiösen oder auch gesellschaftlichen Friede bedroht oder gefährdet, lässt tatsächlich einigen Interpretationsspielraum offen. Für meinen Geschmack zu viel Interpretationsspielraum für unsere Richter, die ich durchaus gerne auch etwas mehr eingeschränkt sähe. Dieses abgeschwächte Signal ist mir persönlich allerdings wesentlich lieber, als dass man auch künftig weiterhin dermassen tolerant ist gegenüber Intoleranz. Die Diskriminierung der Frau, was ja in anderen Themenbereichen immer wieder stark aufs Tapet gebracht wird, weiterhin so hingenommen wird, wie das in diesem Fall doch als sehr stark gegeben ist, und dann weiter auch ein Symbol eines extrem verkorksten und fundamentalistischen Islams darstellt, dass man das in einem sehr freiheitlichen Staat, wie die Schweiz, einfach so dulden möchte. (ganzer Satz??)

Noch lieber wäre mir, und das ist wahrscheinlich auch von anderen Seiten her nachvollziehbar, ein deutliches Signal, wie das beispielsweise bereits im Kanton Tessin sehr deutlich ausgesprochen wurde mit dem entsprechenden Burkaverbot. Ich hoffe auch eine ebenso deutliches Signal, wie dann auf Bundesebene vom schweizerischen Stimmvolk ausgesprochen wird.

Dass die Schweizerinnen und Schweizer dabei mehr Mut zur Freiheit, Selbstbewusstsein und Gleichberechtigung aufzeigen werden, darüber bin ich mir bereits jetzt fast im klaren und hoffe schwer darauf, als die bisher in diesem Parlament bei diesen Mehrheitsverhältnissen wohl zu erwarten war. Es wurde von Hasler-St.Gallen gesagt, es sei reine Symbolpolitik. Ich denke, manchmal braucht man auch den Mut Symbolpolitik zu betreiben, um diese gefestigten, in unserer Gesellschaft tief verankerten Grundwerte auch entsprechend stark zu verteidigen.

Session des Kantonsrates vom 27. und 28. November 2017
28.11.2017Wortmeldung

(im Namen der CVP-GLP-Fraktion): Der Vorlage ist zuzustimmen.

Die CVP-GLP-Fraktion hat im Rahmen der Kommissionsarbeiten und auch hier im Rat eine Erweiterung des Übertretungsstrafgesetzes gefordert und sieht im neuen Art. 12ter einen gangbaren Weg.

Der geltende Vermummungsartikel in Art. 12bis des Übertretungsstrafgesetzes bezieht sich lediglich auf bewilligungspflichtige Versammlungen und Kundgebungen oder auf das Umfeld von Sport und sonstigen Veranstaltungen. Diejenigen, die länger im Rat sind, wissen es, wir hatten dannzumal Probleme mit Veranstaltungen im Umfeld des Fussballs und im Umfeld von Eishockeyveranstaltungen. Das Gesetz wurde geschaffen und das Gesetz hat gefruchtet. Wir haben die Probleme in den Griff bekommen.

Ausserhalb solcher Veranstaltungen kann sich nach heutigem Recht jeder Mann und jede Frau im öffentlichen Raum vermummt bewegen und handeln. Die Durchsetzung von Recht und Ordnung im öffentlichen Raum ist bei einem fehlenden Vermummungsverbot nicht oder nur teilweise gegeben. Darunter fallen Kundgebungen und Krawalle sowie auch Demos mit Sachbeschädigungen oder Angriffe auf Leib und Leben. Eine Mehrheit der Bevölkerung fühlt sich durch vermummte Personen im öffentlichen Raum in ihrem gesellschaftlichen oder religiösen Frieden gefährdet oder gar bedroht. Eine Ausdehnung des Vermummungsverbots mit Art. 12ter, es heisst nun «Verhüllungsverbot», macht daher Sinn. Die vorliegende gesetzliche Regelung nimmt die erwähnten Bedürfnisse der Bevölkerung auf.

Ein friedliches mit- und nebeneinander in der Gesellschaft erfordert Regeln. Diese Regeln sollen unseren hiesigen Werten und unserer Rechtsordnung entsprechen. Einer dieser Grundwerte ist, dass man sich ohne jegliche Verhüllung ins Gesicht sehen und sich damit Offenheit und Vertrauen schenken kann. Das angedachte Verhüllungsverbot wurde in den letzten Wochen von Gegnern und auch den Medien zu einer reinen Burka-Debatte aufstilisiert - das ist schade. Der eigentliche Sinn und Zweck der Ergänzung im Übertretungsstrafgesetz wurde vollständig ausgeblendet.

Die Erweiterung des Übertretungsstrafgesetzes mit einem Verhüllungsverbot ist für die CVP-GLP-Fraktion eine wichtige Grundlage für ein sicheres Zusammenleben im öffentlichen Raum. Dieses Verbot erachten wir auch nicht als Ausgrenzung von einzelnen, sondern viel viel mehr als eine erfolgreiche Integration und das erfolgreiche Miteinander alle Menschen in unserer Gesellschaft.

Session des Kantonsrates vom 27. und 28. November 2017
27.11.2017Wortmeldung

Ratspräsident: Die Vorlage ist in zweiter Lesung durchberaten und geht zur Vorbereitung der Schlussabstimmung an die Redaktionskommission.

Session des Kantonsrates vom 27. und 28. November 2017
28.11.2017Wortmeldung

Die Vorlage ist abzulehnen.

Wie ich bereits in meinem Votum in der Septembersession 2017 als Fraktionssprecherin klar zum Ausdruck gebracht habe, kann ich dem Vorschlag der vorberatenden Kommission gar nichts abgewinnen.

Selbstverständlich gibt es Parteien, welche meinen, dieses Thema bewirtschaften zu müssen um ihre Wählerschaft zu pflegen. Ich selber aber stehe für eine liberale Politik ein und lehne es zudem ab, ein Gesetz zu erlassen, das reine Symbolpolitik ist. Symbolpolitik ist es, weil:

  1. Es ist in der Praxis gar nicht umsetzbar. Gemäss dem vorliegenden Vorschlag müsste die Polizei im Einzelfall adhoc entscheiden, ob eine verhüllte Person die öffentliche Sicherheit, den religiösen oder gesellschaftliche Frieden bedroht. Unseren Ordnungshütern solche hellseherische Fähigkeiten zuzumuten ist absurd. Dieses Gesetz kann gar nicht angewendet werden und ist deshalb reine Augenwischerei;

  2. Die Vorschrift wird auch nicht verhindern, dass eine Person mit schlechten Absichten sich von der Straftat abhalten lässt. Hand aufs Herz, welcher Räuber würde seine Absicht aufgeben, nur weil er Angst davor hat, den neuen Übertretungsstraftatbestand zu erfüllen?

  3. Zu meinen Bedenken aus liberaler Sicht: Ich empfinde es grundsätzlich als falsch, eine Person allein aufgrund ihres Äusseren als Gefährdung abzustempeln. Und einmal ehrlich, wie viele verhüllte Frauen sehen wir im Alltag? Ein Gesetz, welches für die Eindämmung von Gefahren bei Demonstrationen oder Sportveranstaltungen dient, haben wir mit den bestehenden Vermummungsverbot bereits und das genügt aus meiner Sicht vollauf.

  4. Ein wirtschaftlicher Aspekt: Wenn einmal ein paar Frauen mit Gesichtsverschleierung in touristischen Gebieten zu sehen sind, so bringen diese meist gutes Geld und Wertschöpfung in die St.Galler Wirtschaft ein, und das ist für mich das Gegenteil einer Gefährdung.

Die einzige Situation, bei welcher ich Verständnis habe, dass sich jede Person erkenntlich machen muss, ist im Umgang mit Behörden. Wer sein Gesicht nicht zeigt und anonym bleiben will, dem soll eine Dienstleistung der öffentlichen Hand verweigert werden können. Leider wurde dieser Vorschlag der FDP-Fraktion in der ersten Lesung abgelehnt. Aus all diesen Gründen kann ich dem Vorschlag der vorberatenden Kommission nichts abgewinnen, weder als Bürgerin noch als liberale und wirtschaftsorientierte Politikerin, deshalb werde ich das Gesetz in der Schlussabstimmung ablehnen und bitte Sie, dies auch zu tun.

Session des Kantonsrates vom 27. und 28. November 2017
28.11.2017Wortmeldung

(im Namen der GLP): Die Vorlage ist abzulehnen.

Durch eine strafrechtliche Ausdehnung des Vermummungsverbots, so dass es auch die religiöse Gesichtsverhüllung umfasst, soll ein allenfalls gesellschaftliches Problem mit einem polizeilichen bzw. strafrechtlichen Mittel gelöst werden. Das Strafrecht dient aber nicht dazu, ein gesellschaftlich erwünschtes Verhalten zu fördern, sondern einzig dazu, schädliches Verhalten zu verhindern und zu sanktionieren. Es scheint uns wichtig, eine real drohende Gefahr von einer Belästigung oder einem blossen Unbehagen zu unterscheiden. Allgemein gültige Verbote der Gesichtsverhüllung lediglich aufgrund eines nicht näher zu beschreibenden Unbehagens in der Bevölkerung gegenüber Einzelpersonen, die sich dem gesellschaftlichen Leben durch ihre Verschleierung teilweise entziehen, sind mit einem liberalen und freiheitlichen Rechtsstaat nicht vereinbar.

Session des Kantonsrates vom 27. und 28. November 2017
28.11.2017Wortmeldung

(im Namen der SP-GRÜ-Fraktion): Die Vorlage ist abzulehnen.

Wir haben heute sehr viel darüber gesprochen, dass wir Zeichen in den Rest der Schweiz schicken wollen, nach Bern oder sonst wo. Seien Sie sich bewusst, damit wo Sie in dieser Abstimmung den Knopf drücken, setzen Sie ein Zeichen. Sie setzen entweder ein Zeichen für eine reine Symbolpolitik, wir haben es mit einer Formulierung zu tun, das haben Ihnen Bucher-St.Margrethen und Locher-St.Gallen in der ersten Lesung klar aufgezeigt, die nicht umsetzbar und niemals von der Polizei anwendbar sein wird. Das heisst, wenn Sie dafür stimmen, setzt Sie eine reines symbolisches Zeichen gegen irgendetwas. Es ist Ihnen ja wahrscheinlich nicht einmal ganz klar wogegen. Wenn Sie sich an die Geschichte dieser Vorlage erinnern, dann entstand diese im Kampf gegen das Kopftuch in der Schule, inzwischen hat sie nichts mehr damit zu tun.

Ich frage Sie: Überlegen Sie sich selber, wann haben Sie das letzte Mal im Kanton St.Gallen eine Burka gesehen, wenn es nicht auf dem Plakat des Textilmuseums war. Stellen Sie sich diese Frage bevor Sie den Knopf drücken. Und an die Kolleginnen und Kollegen der CVP-Fraktion: Tinner-Wartau hat es gesagt, überlegen Sie sich, wollen Sie dafür stehen, dass Sie Gesetze machen, die nicht anwendbar sind, die nicht nötig sind, die einen rein symbolischen Wert haben. Der Rest der Schweiz schaut Ihnen zu, wenn Sie den Knopf drücken. 

Session des Kantonsrates vom 27. und 28. November 2017
27.11.2017Wortmeldung

Präsident der vorberatenden Kommission: Die vorberatende Kommission verzichtete auf eine Sitzung zur Beratung des Ergebnisses der ersten Lesung des Kantonsrates. Sie beantragt, auf die Vorlage in zweiter Lesung einzutreten.

Session des Kantonsrates vom 27. und 28. November 2017
28.11.2017Wortmeldung

stellt Ordnungsantrag auf Schluss der Diskussion.

Erlauben Sie mir den Ordnungsantrag zum Schluss der Diskussion. Die Meinungen sind gemacht, die Fraktionen haben ihre Stellung nochmals aufgezeigt und ich glaube nicht, dass jetzt noch jemand umkippt. Es wird ein knapper Entscheid zwischen FDP- und SP-GRÜ-Fraktion sowie SVP- und CVP-GLP-Fraktion.

Session des Kantonsrates vom 27. und 28. November 2017
28.11.2017Wortmeldung

(im Namen der SVP-Fraktion): Der Vorlage ist zuzustimmen.

Wir von der SVP-Fraktion sind schon ein wenig erstaunt über die Ablehnung der FDP-Fraktion. Lassen Sie mich hierbei einige Ausführungen diesbezüglich machen. Bei der Überweisung der Motion am 25. November 2013 zum Vermummungsverbot wurde unser Antrag, der wie folgt lautete: «Die Regierung wird eingeladen, die gesetzliche Grundlage zu schaffen, um im öffentlichen Raum auch ausserhalb von bewilligungspflichtigen Versammlungen, Demonstrationen und sonstigen Menschenversammlungen sowie in öffentlichen Institutionen die Unkenntlichmachung, die vollständige Verdeckung, Verhüllung oder Verschleierung des Gesichts zu untersagen. Davon ausgenommen sind Gesichtsbedeckungen aus Gründen des Gesundheitsschutzes, des Strassenverkehrsrechtes, des Sports und solche, die im Rahmen von Veranstaltungen des Brauchtums verwendet werden.» Dieser wurde von der FDP-Fraktion wie folgt abgeschwächt, Gutheissung mit folgendem Wortlaut: «Die Regierung wird eingeladen, dem Kantonsrat eine gesetzliche Regelung zur Ergänzung des bestehenden Vermummungsverbots vorzulegen, welche die verfassungsrechtlichen Vorgaben zur Einschränkung der Grundrechte, insbesondere das Erfordernis der Verhältnismässigkeit berücksichtigt. Die Vorlage ist zusammen mit der Vorlage zur Erfüllung der Motionen 42.13.15 <Volksschule: Bekleidungsvorschriften klar regeln> und 42.14.06 <Volksschule: Bekleidungsvorschriften klar regeln> dem Parlament vorzulegen.»

Unsere Fraktion hat diesen abgeänderten Antrag im Sinne einer Kompromisslösung übernommen. Dass mit diesem Antrag, welcher von Seiten der FDP-Fraktion kam, der Spielraum in Bezug auf die Gesetzesgestaltung für die Regierung ausgeweitet wurde, war uns dabei selbstverständlich bewusst.

Die Regierung zeigt in der Botschaft des III. Nachtrags zum Übertretungsstrafgesetz folgenden denkbaren Vorschlag für eine Variante auf. Dieser lautet: Wer sich im öffentlichen Raum sowie an Orten, die Öffentlichen zugänglich sind, durch Verhüllung des Gesichts unkenntlich macht und dadurch die öffentliche Sicherheit oder den religiösen oder gesellschaftlichen Friede bedroht oder gefährdet, wird mit Busse bestraft. Dieser von der Regierung in der Botschaft aufgezeigte Gesetzesartikel wurde von der CVP-GLP- und SVP-Fraktion 1:1 übernommen. Da es sich wie gesagt um einen Vorschlag der Regierung handelt, gehe ich auch von einer Umsetzbarkeit aus, ansonsten hat die Regierung ihren Auftrag nicht ehrlich umgesetzt.

Des Weiteren hat ein solches Gesetz eine klare präventive Wirkung und zeigt, was wir in unserem Kanton dulden und was nicht. Die Unterdrückung und Zurschaustellung der Frau wollen wir von der SVP-Fraktion nicht dulden. Wir bitten Sie, heute ein klares Zeichen für die echten Werte in unserem Kanton zu setzen.

Session des Kantonsrates vom 27. und 28. November 2017
18.9.2017Wortmeldung

Regierungsrat: Ich wurde höflich von meinem Kollegen darauf hingewiesen allenfalls zu ergänzen, wenn es auch Sinn macht.

Ich möchte nichts zu den Bekleidungsvorschriften sagen. Ich glaube, dazu wurden genügend Ausführungen gemacht. Ich möchte auch nichts sagen zur Mitwirkungspflicht der Eltern, dies wurde erwähnt. Was aber meiner Meinung nach ungenügend erwähnt wurde, das sind Fragen die ebenfalls im Zusammenhang mit der Dispensation vom Unterricht in den Motionen gestellt wurden. Wenn in einem Dispensations- und Urlaubsgesuche religiöse Gründe vorgebracht werden, geht es bei der Beurteilung des Gesuchs um die Frage, zu welchen Konzessionen die Schule gegenüber Eltern bezüglich Modalitäten des Schulbesuchs bereit sein darf und muss. Es geht also darum, im Sinne der Verhältnismässigkeit die Religionsfreiheit einerseits und den Anspruch des Schulkindes auf Grundschulunterricht bzw. die verfassungsmässige Pflicht diesen zu besuchen, gegeneinander abzuwägen.

Diese Rechte und Pflichten stehen alle auf der gleichen verfassungsmässigen Stufe und keines geniesst per se Vorrang. Dies ist immer eine Einzelfallbeurteilung gestützt auf die konkreten Umstände, wie auch die bundesgerichtliche Rechtsprechung dazu zeigt. Mit einem neuen Art. 49bis des Volksschulgesetzes sollen den Schulträgern im Kanton St.Gallen klare Leitplanken beim Entscheid über Urlaubs- und Dispensationsgesuche gegeben werden, als dies heute der Fall ist. Es soll insbesondere klargestellt werden, das mit Blick auf die verfassungsmässige Schulpflicht Dispensations- und Urlaubsgesuche nur mit Zurückhaltung zu bewilligen sind. Heute ist in der Verordnung über den Volksschulunterricht lediglich festgehalten, dass der Schulrat über entsprechende Gesuche zu befinden hat. Neu soll im Volksschulgesetz auch der Grundsatz ausdrücklich festgehalten werden, dass die Schülerinnen bzw. der Schüler alle obligatorischen Fächer und Unterrichtsveranstaltungen zu besuchen hat. Eine Dispensation soll nur dann möglich sein, wenn ein wichtiger Grund vorliegt und die Schülerin bzw. der Schüler trotz Dispensation noch einen ausreichenden Grundschulunterricht bekommt.

Session des Kantonsrates vom 18. bis 20. September 2017
18.9.2017Wortmeldung

Der Antrag der FDP-Fraktion ist abzulehnen.

Ich kann den Worten von Vorrednerin Surber-St.Gallen zustimmen. Der Antrag der FDP-Fraktion hätte Sinn gemacht, wenn die Version der Regierung eine Mehrheit gefunden hätte. Nach den Worten von Locher-St.Gallen, hätte das eigentlichen den Durchsetzungsartikel zu Art. 12ter zum Übertretungsstrafgesetz ergeben.

Aus diesem Grund sind wir dagegen, diesen Artikel braucht es nicht. Und Hand aufs Herz, es wird in der Praxis keine Person mit einer Gesichtsverhüllung auf eine Amtsstelle gehen, um etwas zu beantragen.

Session des Kantonsrates vom 18. bis 20. September 2017
18.9.2017Wortmeldung

Die Anträge der vorberatenden Kommission sind abzulehnen.

Die Ethikgruppe, auch sie traf sich mit den Religionsvertretern schon Ende August. Und von muslimischer Seite war Jetmir Sakiri, Sekretär des Dachverbands der islamischen Gemeinden in der Ostschweiz und dem Fürstentum Liechtenstein (DIGO) dabei. Wir haben auch über das Verhüllungsverbot gesprochen, und er hat sich ganz klar ausgedrückt, dass zwar die Verhüllung des Gesichts nicht hierher in unsere Kultur gehört, aber er sei ganz klar gegen ein Verbot, denn das Gespräch bringt sehr viel mehr. Und gerade er, und überhaupt die Leute von DIGO, wären sehr hilfsbereit bei Gesprächen, denn nur Gespräche bringen uns weiter und nicht ein Verbot. Deshalb ist es ganz klar, den Antrag der vorberatenden Kommission abzulehnen.

Ausserdem möchte ich noch Bemerkungen zur Gleichberechtigung der Geschlechter machen: Einerseits sind auch Bemühungen in Ländern der Gleichberechtigung festzustellen, in denen die Gesichtsverschleierung üblich ist, zum Beispiel Saudi Arabien. Das sind ganz ganz kleine Schritte, die da gemacht werden, sozusagen im «Nanobereich», aber es bewegt sich etwas. Vieles geht dann auch schief, aber es gibt zum Beispiel auch Frauen, die versuchen ein Geschäft zu führen. Das ist etwas ziemlich Unerhörtes in jenen Ländern – ihnen gelingt das. Selbstverständlich müssen sie den Niqab tragen, anders geht es nicht. Und überhaupt, die Gleichberechtigung beginnt im Kopf und nicht vor dem Kopf.

Weiter fällt mir mehrfach auf, dass diejenigen, die immer von Gleichberechtigung sprechen, im Zusammenhang des Verhüllungsverbots nun nicht unbedingt einen grossen Einsatz zeigen, wenn es um die Gleichberechtigung hier bei uns geht. Sie sperren sich zum Beispiel gegen ausserfamiliäre Kinderbetreuung und ähnliches – da sehe ich durchaus einen Widerspruch.

Session des Kantonsrates vom 18. bis 20. September 2017
18.9.2017Wortmeldung

Ratspräsident: Die Vorlage ist in erster Lesung durchberaten und geht zur Vorbereitung der zweiten Lesung zurück an die vorberatende Kommission.

Session des Kantonsrates vom 18. bis 20. September 2017
18.9.2017Wortmeldung

Ich kann mich irren, aber ich denke, wir haben nun gerade den Antrag der Regierung versenkt, welcher eben gefordert hat, dass verlangt werden kann, dass beim Behördengang die Verschleierung abgelegt werden muss.

Bei diesem Antrag, dem wir zugestimmt haben, da wäre dann zusätzlich noch das Kriterium gefordert, dass durch das Tragen der Gesichtsverschleierung die öffentliche Sicherheit oder der religiöse Friede gefährdet sein müssten auf der Behörde. Deshalb gehe ich davon aus, dass dieser Artikel eigentlich jetzt beim Behördengang nicht zur Anwendung gelangt, dementsprechend braucht es auch keine Regelung, wonach eine gesetzliche Regelung beim Verwaltungsrechtspflegegesetz nötig wäre, und deshalb wird dieser Antrag eigentlich obsolet – aber ich kann mich auch irren.

Session des Kantonsrates vom 18. bis 20. September 2017
18.9.2017Wortmeldung

Die Anträge der vorberatenden Kommission sind abzulehnen.

Ich wollte genau auch zu diesem Aspekt sprechen, nämlich zu diesem Aspekt der Frauenrechte. Es ist ja nun unsere Seite, die grundsätzlich bekannt dafür ist, das sie sich einsetzt für die Rechte der Frau, für Lohngleichheit, gegen Diskriminierungen, für Vereinbarkeit von Beruf und Familie, dafür, dass in Gremien Frauen und Männer gleichermassen vertreten sind. Es ist unser Grundanliegen, die Rechte der Frauen zu schützen – Sie wissen das.

Wenn nun hier die Rechte der Frauen angeführt werden, wenn hier von der Befreiung der Frau von der Burka gesprochen wird, so frage ich mich doch auch, wie diese Befreiung denn genau vonstatten gehen soll, bzw. was es mit dem Recht der Frau auf Befreiung zu tun hat, wenn sie dafür gebüsst wird, dass sie eine Burka trägt – das ist mir schleierhaft. Sie büssen ja die diskriminierte Frau, das kann ich wirklich nicht nachvollziehen, und deshalb bitte ich Sie, folgen Sie dem Antrag der Regierung gerade dann, wenn es Ihnen auch um die Frauen geht. Denn ansonsten büssen Sie sie für etwas das Sie eigentlich falsch finden, Sie aber gleichzeitig auch der Meinung sind, die Frau kann auch nichts dafür.

Ich möchte dazu nach auf des Vorvotum eingehen: Es wurde vorhin das Helmobligatorium erwähnt, dass man gebüsst werden kann, wenn man keinen Helm trägt. Dieser Vergleich hinkt in meinen Augen, wenn Sie genau eben von der Befreiung der Frau sprechen und davor, dass es darum geht, sie vor Diskriminierung zu bewahren, denn derjenige, der den Helm nicht trägt, der trägt den Helm ja freiwillig nicht. Und die Frau unter der Burka, die trägt diese ja gemäss Ihren Ausführungen nicht freiwillig. Wir haben hier also ein ziemliches Dilemma.

Wir sprechen eine Busse aus, wird diese Busse allenfalls nicht bezahlt, dann geht die diskriminierte Frau, dafür, dass sie die Burka auf Zwang hin trägt, ins Gefängnis. Ich kann das wirklich nicht nachvollziehen. Wir müssen auch noch an anderen Orten ansetzen, an anderen Orten für die Gleichberechtigung kämpfen. Selbstverständlich sind für die Gleichberechtigung, selbstverständlich sind wir gegen die Diskriminierung, aber dieses Bussensystem, das die Frauen trifft, ist völlig abwegig und deshalb abzulehnen.

Session des Kantonsrates vom 18. bis 20. September 2017
18.9.2017Wortmeldung

Den Anträgen der vorberatenden Kommission ist zuzustimmen.

Nicht ganz unerwartet, hat sich die Debatte heute Nachmittag zu einem reinen Burkathema, zu einer Burkadebatte entwickelt. Wenn wir jetzt von links nach rechts hören, dann sprechen wir nur von Burka. Wir reden von Problemen mit dem Islam, von Frauen aus dem Islam, die sich verhüllen. Es geht doch effektiv um ein generelles Verhüllungsverbot, und unter einem Verhüllungsverbot verstehen wir ganz verschiedene Personen. Es können Randalierer sein, es können reine Pöbler und Sprayer sein, es können Demonstranten sein bei unbewilligten Demonstrationen oder bewilligten, es können Rechtsbrecher sein. Wir diskutieren jetzt rein nur um das Burkaverbot. Wir haben gehört, es sind eine Handvoll Leute, die da betroffen wären. Ja warum tun wir uns so so schwer, diese wenigen Probleme zu lösen.

Es ist klar, unsere Gesellschaft will Transparenz und Transparenz heisst doch, dass man sich gegenseitig in die Augen schauen darf.

Wir wollen Transparenz, aber auf keinen Fall wollen wir soweit kommen, dass wir einen Grundsatz klar durchsetzen: Wir dürfen Transparenz gegenüber Intoleranz nicht anwenden. Es gilt: Keine Transparenz gegenüber Intoleranz – das darf nicht sein.

Etwas Zusätzliches: Wir sprechen jetzt von einem generellen Verhüllungsverbot, das im Gesetz in Art. 12 verankert werden soll. Alle die sich etwas tiefer mit diesem Art. 12 im Übertretungsstrafgesetz befasst haben wissen, dass ein grundsätzliches Verbot im Gesetz gar nicht verankert werden kann. Ein generelles Verhüllungsverbot müsste auf Verfassungsstufe geregelt sein. Dieser Art. 12 geht soweit wie möglich und selbst die Regierung hat ja gesagt, Art. 12 sei maximal möglich und auch maximal umsetzbar. Wir wissen alle, es ist nicht das Gelbe vom Ei und trotzdem, es ist ein Schritt in die richtige Richtung.

Wenn verschiedene Vorredner jetzt gesagt haben, es sei nicht umsetzbar, wir machen hier Gesetze, diese Gesetze sind sehr offen und weitgehalten. Wir kennen ja die verschiedenen Verordnungen, die Weisungen und die Umsetzung, vor allem im Strafrecht. Alles ist sehr dehnbar. Es wäre falsch, aufgrund dessen jetzt einfach dagegen zu sein. Wir können hier ihm effektiven konkreten Fall nicht regeln, wie das dann umgesetzt werden soll, weil da haben wir unsere Behörden und Sicherheitskräfte, diese sollen den Spielraum, anwenden. Kofler-Uznach hat es richtig erwähnt, «kann» anwenden. Darin müssen wir den Verantwortlichen einen gewissen Spielraum lassen. 

Session des Kantonsrates vom 18. bis 20. September 2017
18.9.2017Wortmeldung

Dem Antrag der FDP-Fraktion ist zuzustimmen.

Es ist durchaus nicht so, dass das obsolet ist, wenn Sie die Strafbestimmungen ansehen, die Sie soeben beschlossen haben, nämlich das Verbot im öffentlichen Raum sowie an Orten die öffentlich zugänglich sind das Gesicht unkenntlich zu machen, das führt dann lediglich zu einer Busse. Aber damit ist noch nicht gesagt, was mit der anbegehrten Verwaltungshandlung geschieht. Ich bin der Meinung, das gehört dazu. Wir haben uns unterhalten, wie wirksam die Strafbestimmung sei. Das wird die Zukunft beweisen, aber wir möchten einfach, dass wenigstens, wenn wir schon legiferieren in diesem Bereich, wir Nägel mit Köpfen machen, so ist die ganze Geschichte Kopflos.

Session des Kantonsrates vom 18. bis 20. September 2017
18.9.2017Wortmeldung

Die Anträge der vorberatenden Kommission sind abzulehnen. Dem Antrag der FDP-Fraktion ist zuzustimmen.

Ich möchte dazu aufrufen, dass wir hier gewählt worden sind, um Gesetze zu machen, die auch umsetzbar sind.

Wenn wir jetzt diesen Antrag der Kommission anschauen. Wir vermischen da immer und immer wieder in der ganzen Diskussion das Burka- und Niqabverbot und das stimmt ja insofern nicht. Hier geht es um eine Verhüllung des Gesichts – fertig. Wenn wir das bei uns in der Region Bad Ragaz anschauen, da kann es vorkommen, dass wir Frauen haben, die verschleiert herumlaufen oder aber auch z.B. Japaner die einen Gesichtsschutz tragen, um sich gegen den Smog, oder allenfalls gegen die Bienen, die wir verbreiten, zu schützen.

Zu Dudli-Oberbüren: Sie haben gesagt, dass das, was wir, die FDP-Fraktion wollen, eine Alibiübung sei. Nein, ich glaube, wenn wir diesen Antrag der vorberatenden Kommission anschauen, dann ist das eine Alibiübung. Kofler-Uznach, als ehemaliger Polizeikollege, hat es erwähnt, wir müssen doch hier sein, damit wir ein Gesetz verabschieden, das auch umsetzbar ist. Und jetzt soll ein Polizist entscheiden: Ja, der religiöse Frieden wird durch eine Frau, egal ob sie einen Schleier trägt oder sonst verhüllt ist, gestört – das kann ich nicht nachvollziehen.

Zu Lehmann-Rorschacherberg: Sie haben vom Burka- und Niqapverbot gesprochen. Ja, wenn Sie das wollen, dann stehen Sie hin und kommen mit einem Antrag aus der CVP-GLP- oder der SVP-Fraktion und sagen ganz klar, dass Sie hier im Kanton St.Gallen ein Niqab- und Burkaverbot wollen. Dann können wir darüber abstimmen, ob wir das wollen oder nicht. Aber mit diesem Gummiartikel, der jetzt von der vorberatenden Kommission vorliegt, haben wir nichts in der Hand, das auch umsetzbar ist.

Also Folgen Sie doch der FDP-Fraktion, die einen Vorschlag hat, den man auch umsetzen kann.

Session des Kantonsrates vom 18. bis 20. September 2017
18.9.2017Wortmeldung

Art. 12ter (Gesichtsverhüllungsverbot im Kontakt mit Behörden und Amtsstellen). (im Namen der FDP-Fraktion): Die Anträge der vorberatenden Kommission sind abzulehnen. Der Vorlage ist zuzustimmen.

(im Namen der FDP-Fraktion): Wie bereits im Eintretensvotum gesagt, ist die FDP-Fraktion klar gegen den vorliegenden Vorschlag der vorberatenden Kommission und hält am Vorschlag der Regierung fest, mit einer Ergänzung im Gesetz über die Verwaltungsrechtspflege und begründe dies wie folgt: Die Ausweitung des Verhüllungsverbotes auf den öffentlichen Raum ist reine Symbolpolitik und aus unserer Sicht nicht zielführend. Dieses hat nichts mit der Gewährleistung der öffentlichen Sicherheit zu tun. Dieses Anliegen ist mit dem Vermummungsverbot gut abgedeckt. Zur Umsetzung gibt es auch entsprechende Massnahmen. Die grosse Mehrheit von Personen vehüllt ihr Gesicht nicht um Straftaten zu begehen, sondern beispielsweise aufgrund des Wetters, aus Gründen der Gesundheit oder aufgrund ihres Glaubens. Umgekehrt wird ein solches Verbot wohl auch kaum jemand von einer Straftat abhalten.

Es ist reine Symbolpolitik, die nicht umsetzbar ist und keinen Effekt hat, denn es kann jemand sein Gesicht verhüllen, wird erwischt, zahlt eine Busse und geht mit verhülltem Gesicht weiter. Diese Bestimmung ist unsinnig.

Ein wesentliches Ziel des Vorschlags der Regierung ist die Identifikation in der Zusammenarbeit mit Behörden und Ämtern, insbesondere zur Erlangung verschiedener Dienstleistungen. Mit dem Antrag der vorberatenden Kommission wird gerade dieser sehr wesentliche Punkte herausgestrichen und es wird mehr Verwirrung geschaffen als klare Regelungen aufgestellt. Wir bringen deshalb einen Antrag für eine gesetzliche Grundlage, die das Handeln der Behörden unterstützt. Sollte also eine Person aufgrund ihrer Verhüllung nicht identifizierbar sein, so soll sie auch die angefragte Dienstleistung nicht erhalten. Wir beantragen deshalb, das Gesetz über die Verwaltungsrechtspflege entsprechend zu ergänzen. Das hat unmittelbare Wirkung und geht weiter als eine blosse Busse.

Wir bitten sie den Antrag der vorberatenden Kommission abzulehnen und im Sinne einer gut funktionierenden Verwaltung sowie der Umsetzbarkeit dem Antrag der Regierung sowie dem grauen Blatt der FDP-Fraktion zuzustimmen.

Session des Kantonsrates vom 18. bis 20. September 2017
18.9.2017Wortmeldung

legt seine Interessen offen, bis vor zwei Monaten war er Kantonspolizist. Die Anträge der vorberatenden Kommission sind abzulehnen.

Was mich in meiner Dienstzeit immer wieder gestört hat, waren die durch nationale oder kantonale Parlamente erlassenen Gesetze, welche gegen aussen wohl gut tönten, sich aber in der Praxis nicht durchsetzen liessen. Wir haben hier ein solches Beispiel: Es handelt sich ja nicht um ein Vermummungsverbot, sondern wir wollen etwas durchsetzen, das sehr schlecht zu kontrollieren ist. Wenn wir diesem knapp überwiesenen Antrag der vorberatenden Kommission folgen, wird es für einen Polizisten immer schwieriger.

Ich will Ihnen ein Beispiel geben: Einem Polizisten kommt auf eine Fusspatrouillen, eine mit einer Burka verschleierte Frau entgegen. Der Polizist muss nun sofort entscheiden, gefährdet diese Frau die öffentliche Sicherheit, wie es im Vorschlag steht, oder nicht. Und dies muss er innerhalb von kurzer Zeit entscheiden – das ist ein Ding der Unmöglichkeit. Falls er aus irgendeinem Grund doch zur Auffassung kommt, die verschleierte Person gefährde die öffentliche Sicherheit, so hat er aufgrund der geltenden Gesetze bereits heute das Recht, diese Person zu kontrollieren und kann diese anhalten, ihr Gesicht zu zeigen.

Die Regierung schlägt in ihrem Entwurf einen weniger weit gehenden Gesetzesentwurf vor. Dieser bringt wohl eine Präzisierung der geltenden Bestimmungen, wäre aber meiner Ansicht nach auch gar nicht nötig. Trotzdem werde ich diesem Kompromiss zustimmen.

Nachdem ja die nationale Initiative, welche ein richtiges Burkaverbot fordert, zustande gekommen ist, werden wir in absehbarer Zeit über dieses Burkaverbot abstimmen dürfen oder besser gesagt müssen. Damit würde diese Bestimmung auf dem gelben Blatt so oder so überflüssig. Machen wir doch Gesetze, die in der Praxis auch anwendbar sind.

Session des Kantonsrates vom 18. bis 20. September 2017
18.9.2017Wortmeldung

beantragt Rückweisung an die vorberatende Kommission.

Ich bin froh, wenn Tinner-Wartau sich das zu Herzen nimmt – man kann gescheiter werden, das finde ich gut.

Ich bin jetzt auch nicht mehr ganz sicher, nachdem ich mich nicht monatelang mit diesem Thema befasst habe und nicht Mitglied der vorberatenden Kommission war, ob die verabschiedete Formulierung, mit deren Stossrichtung ich selbstverständlich einverstanden bin, eher zu weit und zu streng gefasst ist, in dem Sinn, dass dann wirklich auch noch Beurteilungen der Person, die anhält, notwendig sind. Und jetzt die Kombination oder Ergänzung mit dem Antrag von Locher-St.Gallen der FDP-Fraktion, ob es nicht besser wäre, wenn wir schon vom gescheiter werden sprechen, ob man das in die Kommission zurück gibt und diesen Komplex wirklich nochmals in der Kombination und Ergänzung anschaut.

Aber selbstverständlich können wir auch ein Gesetz verabschieden, es wäre nicht das erste Gesetz, dass man mit einer gewissen Emotionalität beschlossen hat, von dem nicht alle überzeugt waren, ob es zu dem Ziel führt, das man gerne hätte. Deshalb stelle ich ohne Rücksprache mit irgendjemandem den Antrag, den ganzen Bereich der Konsequenz dieser Verschleierung, dieses Nichterkennbarseins, denn da kommt für mich wirklich auch ein Persönlichkeitsrechtsproblem zu Frage, wenn eine verschleierte Mutter kommt und sagt, das sei ihr Kind, wer kontrolliert dann, ob es die Mutter dieses Kindes ist, wenn sie wirklich verschleierte ist? So gesehen sind das weitere Punkte. Darf man denn überhaupt Auskunft geben, wenn die Person nicht bereit ist, sich zu entschleiern? Deshalb bleibe ich beim Antrag zu diesem Bereich in Art. 12, aber auch mit der Frage der Kombination einer Bestimmung im Gesetz über die Verwaltungsrechtspflege (VRP) in die Kommission zurück zu geben. (Satz??) Denn wenn sich dazu jede Fraktion etwas überlegt, sind wir in der zweiten Lesung etwa gleich weit wie in der ersten Lesung. Und deshalb mein ich, eine Lösung kann es nur mit einer Rückweisung geben bzw. ich stelle die Frage an den Kommissionspräsidenten, ob man das zurücknehmen will oder kann – dies mein Antrag.

Bei einer Rückweisung hätte die Kommission das Recht, mindestens auch bei den anderen Kombinationen, über die man bereits diskutiert und abgestimmt hat, nochmals zu überprüfen, ob die Formulierungen korrekt sind, bzw. ob weniger Auflagen in diese Bestimmung gehören, als jetzt enthalten sind.

Session des Kantonsrates vom 18. bis 20. September 2017
18.9.2017Wortmeldung

Regierungspräsident: Dem Antrag der FDP-Fraktion ist ???.

Die Sache ist tatsächlich noch komplizierter geworden, obwohl das Ganze eigentlich nicht so kompliziert wäre. Ich bin auch der Meinung, dass der Antrag der FDP-Fraktion eigentlich besser zum Antrag der Regierung passen würde, und das war ja auch jener, den die FDP-Fraktion unterstützt hat und auf dieser Basis diese zusätzliche Bestimmung einführen wollte. Neu wird es nicht mehr möglich sein gestützt auf Art. 12ter einer Frau, die mit der Burka zur Lehrerin geht, gestützt auf Art. 12ter zu sagen, du musst jetzt den Schleier abziehen, das wollen Sie ja nicht. Das wäre der Antrag der Regierung gewesen. Neu kann diese Lehrerin gestützt auf Art. 12ter nur verlangen, dass dieser Schleier weggelegt bzw. gebüsst wird, wenn eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit besteht, und die besteht nach dem vorher Ausgeführten wahrscheinlich eher nicht. Sie haben damit die Voraussetzungen für derartige Wünsche etwas verschärft. Zu den Überlegungen von Locher-St.Gallen, dass man allenfalls eine gesetzliche Bestimmung braucht, um Dienstleistungen nicht erbringen zu können, das hat etwas für sich. Ich bin der Meinung, es wäre nicht notwendig, aber wenn man es schafft, ist man dann sicher auf der richtigen Sache. Wenn Sie ohne Billett in den Zug einsteigen, dann genügt es nicht, die Busse zu bezahlen und dann können Sie weiterfahren. Sie müssen die Busse und den Fahrpreis bezahlen. Jeder Vergleich hinkt, natürlich auch dieser.

Systematisch würde man das wahrscheinlich dann besser bei Art. 10 einenbauen, aber ich meine, dass diese Sache dann allenfalls auch noch durch die Redaktionskommission bereinigt werden kann. Die Frage ist natürlich dann, um wieder bei dieser Burkaträgerin zu bleiben, die ans Elterngespräch in der Schule mit der Burka erscheint, ob sie dann das Gespräch wirklich abbrechen, also diese Dienstleistung nicht leisten und sagen, ja dann sprechen wir halt nicht miteinander. Das wäre ja dann wahrscheinlich wieder nicht im Interesse des Kindes – das ist alles ziemlich kompliziert.

Wir haben in unserer Botschaft auch ausgeführt, dass man auch gestützt auf die aktuelle Rechtslage von einer Person in Kontakt mit den Behörden verlangen kann, dass sie die Burka abzieht, wenn das für das Gespräch notwendig ist. Und wie sich das dann verändert, nachdem Sie diese Bestimmungen abgelehnt haben, das wird dann die Rechtsprechung zeigen. Aber ich habe nicht grundsätzlich etwas dagegen, dass man da eine entsprechende gesetzliche Grundlage schafft, um Dienstleistungen tatsächlich verweigern zu können. Wahrscheinlich würde man es eher bei Art. 10 einreihen. Art. 8 spricht von den Beteiligten und da passt es nicht so, aber das kann man ja später noch machen, ist aber meiner Meinung nach auch nicht unbedingt notwendig.

Session des Kantonsrates vom 18. bis 20. September 2017
18.9.2017Wortmeldung

legt seine Interessen als Kantonspolizist offen. Den Anträgen der vorberatenden Kommission ist zuzustimmen.

In solchen Fragen ist immer der gewisse Spielraum vorhanden, obschon es wahrscheinlich in Zukunft für die Polizei eine Schwierigkeit sein wird, einen solchen Artikel umzusetzen, haben wir mehrere Gesetze, welche diese Problematik bringt. Es ist auch nicht Auftrag der Polizei am Schluss abzuwägen, ist es Recht oder Unrecht, sondern die Polizei erstellt den Sachverhaltsbericht zuhanden des Gerichts und das Gericht entscheidet über die Gefährdung, ja oder nein. Und dort, Locher-St.Gallen, kommt dann auch das Thema dazu, dass wir dann dem Richter die Aufgabe geben, zu entscheiden, ist mit dieser Thematik und mit dieser Problematik die öffentliche Sicherheit gefährdet oder nicht, sei es in einer unbewilligten Demonstration oder bei einer anderen Veranstaltung.

Ich gebe Widmer-Mosnang recht, es wird alles nur auf das Burkaverbot abgespielt. Es gibt diverse Veranstaltungen, welche so für Totalverhüllungen missbraucht werden, sei es vor allem an Sportveranstaltungen oder anderweitigen Demonstrationen. Und dort ist es sicher legitim, manchmal etwas genauer hinzuschauen.

Ich bitte Sie, stimmen Sie diesem Artikel zu. Wie gesagt, in naher Zukunft kann die Schweiz darüber abstimmen, ob sie es will oder nicht und dann können wir uns dort anschliessen.

Session des Kantonsrates vom 18. bis 20. September 2017
18.9.2017Wortmeldung

Den Anträgen der vorberatenden Kommission ist zuzustimmen.

Unter das Gesichtsverhüllungsverbot fallen alle Vermummungen, die das Gesicht unkenntlich machen. Ein Gesichtsverhüllungsverbot ist für die CVP-GLP-Fraktion ein wichtiger Teil für ein offenes und sicheres Zusammenleben im öffentlichen Raum. Dieses Verbot erachten wir nicht als Ausgrenzung von Einzelnen oder religiösen Gruppen, sondern viel mehr als eine erfolgreiche Integration. Diese Integration ist nur unter Einhaltung von gewissen Lebens- und Verhaltensweisen im Einklang mit unserem Kulturkreis möglich. Dazu gehört letztlich ganz wesentlich, seinem Gegenüber auch unabhängig vom eigenen Geschlecht sein Gesicht zu zeigen.

Session des Kantonsrates vom 18. bis 20. September 2017
18.9.2017Wortmeldung

Die Anträge der vorberatenden Kommission sind abzulehnen.

zu Dietsche-Oberriet: Eine kurze Erwiderung, Sie müssen es eigentlich besser wissen. Sie haben jetzt davon gesprochen, dass es ein Vermummungsverbot für Kundgebungen und für Sportveranstaltungen bräuchte. Sie wissen doch selber, dass wir das schon vor Urzeiten im Polizeigesetz verankert haben. Dort ist es auch durchsetzbar, dort braucht es nicht diese zusätzlich Komponente, die Locher-St.Gallen erwähnt hat. Es braucht nicht noch einmal den Nachweis, dass man rein mit der Vermummung schon die öffentliche Sicherheit gefährdet. Sondern es gibt den Straftatbestand, der genügend definiert ist.

Die Variante, die von der Kommission vorgeschlagen wird, die geht weit darüber hinaus und ist, da teile ich die Einschätzung von Locher-St.Gallen ganz und gar, so schwammig und so unbestimmt, dass sie niemals eingesetzt werden kann von einem Gericht.

Session des Kantonsrates vom 18. bis 20. September 2017
18.9.2017Wortmeldung

(im Namen der CVP-GLP-Fraktion): Auf die Vorlagen ist einzutreten.

Der rechtstheoretische Überblick gibt eine gute Gesamtschau über die Grundrechte und die Voraussetzungen, für deren Einschränkungen. Sie zeigt aber auch auf, dass ein Dissens im geltenden Recht zwischen Kantons- und Bundesrecht besteht. Vor diesem Hintergrund muss man kein Prophet sein, um zu erkennen, dass dieses Thema mit der heutigen Diskussion nicht abgeschlossen sein wird, sondern auch weiter für Gesprächsstoff sorgen wird. Die CVP-GLP-Fraktion begrüsst, dass in der Botschaft nebst den Grundrechten auch die anderen Themenkomplexe über die Bekleidungsvorschriften in der Schule sowie die Ausdehnung des geltenden Vermummungsverbots auf ein Gesichtsverhüllungsverbot im Detail erörtert werden.

Die Regierung hat in der Botschaft die Anliegen der vier Motionen aufgenommen und umfassend abgehandelt. Ebenso geben die Ausführungen zumindest ansatzweise eine Antwort auf die weiteren Vorstösse (einfache Anfragen / Interpellationen) zu diesen Themen. Die CVP-GLP-Delegation ist für Eintreten auf die Vorlagen, wobei sich aus unserer Sicht die Regierung hier deutlicher hätte ausdrücken, um eine klare Strategie zur Beraten hätte vorlegen können.

Zum Nachtrag zum Volksschulgesetz: Nach Meinung der CVP-GLP-Fraktion ist es unabdingbar, dass die Frage nach Bekleidungsvorschriften gründlich geklärt wird. Unter Einbezug der Fragestellungen mit grundrechtlichem Bezug soll mit einer Konkretisierung der Bekleidungsvorschriften das vorhandene Problempotential, das ist nicht nur auf ausländische Mitbürgerinnen und Mitbürger gemündet, gemindert werden. Wie in Art. 36 PV (??) vorgesehen, gilt die Glaubens- und Gewissensfreiheit nicht absolut und kann eingeschränkt werden. Selbst die Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) lässt bei der Interpretation der Glaubens- und Gewissensfreiheit gewissen Spielraum offen.

Wie bereits in der Interpellation einem 51.16.26 «Integration statt religiöse Sonderregelungen» gefordert, gilt für die CVP-GLP-Fraktion der Grundsatz: Integration statt religiöse Sonderregelungen bei den Überlegungen zur Konkretisierung der Bekleidungs- und Verhaltensvorschriften. Die CVP-GLP-Fraktion teilt die Meinung des Bundesgerichtes, dass kein ausreichendes öffentliches Interesse an einem generellen Verbot religiös motivierter Kopfbedeckungen besteht. Dies natürlich unter dem Aspekt, dass damit die Erfüllung des Bildungsauftrags durch die Schule nicht gefährdet wird. Die Diskussion rund um die Bekleidungsvorschriften im Allgemeinen und Kopfbedeckungsverbote in der Volksschule im besonderen bzw. die damit verbundenen Rechtsstreitigkeiten zeigen, dass die gesellschaftliche Dimension dieses Themas gesamtkantonal relevant ist und demzufolge zu regeln ist.

Aufgrund der sehr emotionalen Thematik sowie auch der Verbindlichkeiten ist das VSGE (??) in Art. 54bis neu so auszugestalten, dass sich die Schulgemeinden in dieser Frage auf klare Vorgaben abstützen können. Dies hat auch eine Basisbefragung bei der CVP-GLP-Mitgliedern ergeben, drei Fünftel sind für die Einführung von Bekleidungsvorschriften. Die CVP-GLP-Delegation begrüsst ausdrücklich die herrschende restriktive Praxis bei der Erteilung von Dispensationen. Was hier leider in der Botschaft nicht berücksichtigt wurde, ist der Handschlag-Fall von Therwil. Gerade solche grundlegenden Fragen müssen jedoch geklärt werden, weil die Volksschule diese Grundregeln konsequent durchsetzen sollte. Der respektvolle Umgang zwischen Lehrpersonen und Schülern darf nicht durch eine religiös motivierte Verhaltensweise gestört werden. Die CVP-GLP-Fraktion ist für Eintreten auf die Vorlage und unterstützt die Vorschläge der vorberatenden Kommission auf dem gelben Blatt. Ebenso, hier spreche ich im Namen der CVP, unterstützen wir die Anträge der vorberatenden Kommission in Bezug auf das Übertretungsstrafgesetz.

Gesichtsverhüllungen und Ganzkörperverschleierungen passen nicht in unseren Kulturkreis. Vor diesem Hintergrund ist in grossen Teilen der Bevölkerung ein Unbehagen gegenüber Personen mit Ganzkörperverschleierungen festzustellen, insbesondere aus Sicherheitsgründen und religiösen Gründen sowie auch aus Gründen der Gleichstellung zwischen Mann und Frau und der Integration. In dieser Hinsicht geht der Vorschlag der Regierung nicht weit genug. Es ist wenig zielführend anstelle eines allgemeinen Verhüllungsverbots im öffentlichen Raum mit irgendwelchen punktuellen Verboten, eine Gesichtsverhüllung in bestimmten Situationen und an bestimmten Orten eine Verschärfung herbeizuführen.

Session des Kantonsrates vom 18. bis 20. September 2017
18.9.2017Wortmeldung

Kommissionspräsident: Ich möchte mich zum Antrag der FDP-Fraktion äussern: Ein gleich lautender oder ähnlicher Antrag wurde in der vorberatenden Kommission nicht gestellt. Aus diesem Grund kann ich Ihnen da kein Abstimmungsverhalten aus der vorberatenden Kommission mitteilen.

Das Abstimmungsverhalten zum gelben Blatt habe ich in meinem Eintretensvotum bereits aufgezeigt. In diesem Sinne empfehle ich Ihnen im Namen der vorberatenden Kommission dem Geld zu folgen.

Session des Kantonsrates vom 18. bis 20. September 2017
18.9.2017Wortmeldung

Abschnitt II Art. 8 [Beteiligte a) Grundsatz]. beantragt im Namen der FDP-Fraktion, in Abschnitt II Art. 8 Abs. 3 des Gesetzes über die Verwaltungsrechtspflege vom 16. Mai 1965 (neu im Nachtrag) wie folgt zu formulieren: «Eine verhüllte Person kann aufgefordert werden, ihr Gesicht zu zeigen, wenn dies zur Feststellung ihrer Identität im Kontakt mit Behörden oder Amtsstellen erforderlich ist. Verwaltungshandlungen unterbleiben, wenn sich die Person trotz Aufforderung weigert, die Gesichtsverhüllung abzulegen.»

Wir sind der Auffassung, das haben wir auch immer grauen Blatt klargemacht, dass eine Strafbestimmung, wie Sie sie jetzt beschlossen haben, an sich nicht genügt, sondern es braucht eine Verhaltensanweisung, die auf einer klaren gesetzlichen Grundlage beruht. Die Regierung führt zwar in ihrer Botschaft aus, dass es absolut genügen würde, mittels Weisungen und Auflagen jemandem, der die Gesichtsverhüllung nicht ablegen will, klarzumachen, dass er diese nun ablegen muss, aber wir haben keine Bestimmung. Wir haben bis jetzt, wie beschlossen wurde, eine Strafbestimmung, aber nicht mehr.

Es werden dann Beispiele gemacht, die belegen sollen, dass das heutige Recht genügt. Es wird beispielsweise auf das Verfahren bei der Zoll- und Grenzkontrolle verwiesen, es wird auf die Passgesetzgebung hingewiesen, oder es wird auf die Möglichkeit der Polizei im Rahmen erkennungsdienstlicher Tätigkeiten hingewiesen, das Verbot der Gesichtsverhüllung durchzusetzen. Das sind aber keine Gründe, weil diese Beispiele alle auf einer klaren gesetzlichen Grundlage beruhen. Wir haben bei den Zoll- und Grenzkontrollen die entsprechende Gesetzgebung des Bundes über das Zollwesen über die Grenzkontrollen. Wir haben Schengen, ein völkerrechtlicher Vertrag, der eine Grundlage gibt. Wir haben auch bei der Passgesetzgebung eine entsprechende Grundlage. Im Polizeigesetz haben wir eine Grundlage für erkennungsdienstliche Massnahmen und in der eidgenössischen Strafprozessordnung haben wir selbstverständlich auch die Möglichkeit, den Zwang durchzusetzen. Aber bei allen anderen Verwaltungshandlungen haben wir das nicht, und das ist der Grund, weshalb die FDP-Fraktion Ihnen eine Präzisierung vorschlägt, damit das durchgesetzt werden kann, und dass nicht nur die Dienstleistung, an der die Burka- oder Niqabträgerin ja interessiert sein wird, sondern auch bei ganz normalen Verwaltungshandlungen, dass diese dann unterbleiben.

Jetzt kann man sagen, das sei juristische Spiegelfechterei, aber das ist es nicht. Wenn Sie den Entscheid des Bundesgerichts zum St.Margrethener Kopftuch-Fall ansehen, dann wäre diese Schulbehörde deshalb ins Unrecht versetzt worden, weil gesagt wurde, es fehle an einer klaren gesetzlichen Grundlage. Die bundesgerichtliche Rechtsprechung verlangt immer bei einem schweren oder besonders schweren Eingriff in die Freiheitsrechte eine klare gesetzliche Grundlage. Jetzt kann man sagen, das sei ja kein schwerwiegender Eingriff in die Grundrechte. Wir wissen aber nicht, ob nicht in einer bestimmten Fallkonstellation ein Richter unter Umständen genau diese Voraussetzung verlangt. Deshalb wollen wir hier eine gesetzliche Grundlage schaffen – wenn schon denn schon.

Session des Kantonsrates vom 18. bis 20. September 2017
18.9.2017Wortmeldung

Kommissionspräsident: Wie ich mich bereits zum grauen Blatt der FDP-Fraktion geäussert habe in der Sache, bleibt es gleich, ein ähnlicher oder gleich lautender Antrag wurde in der vorberatenden Kommission nicht gestellt. Ich kann Ihnen aus diesem Grund kein Abstimmungsergebnis mitteilen.

Session des Kantonsrates vom 18. bis 20. September 2017
18.9.2017Wortmeldung

(im Namen der SVP-Fraktion): Auf die Vorlagen ist einzutreten. Das gelbe Blatt der vorberatenden Kommission ist gutzuheissen.

Wir dürfen für uns beanspruchen, dass die Thematik und die Fragen, die jetzt per Gesetz gelöst werden sollen, massgeblich auf unsere politischen Bemühungen zurückzuführen sind.

Auf der parlamentarischen Ebene sind von unserer Seite die folgenden Vorstösse eingereicht worden: Motionen von 17. September 2013 und vom 2. Juni 2014 zu den Bekleidungsvorschriften in der Volksschule. Motion vom 25. November 2013 zum Vermummungsverbot. Verschiedene einfache Anfragen zum gleichen Thema. Im Sinne einer allgemeinen Bemerkung müssen wir feststellen, dass die Regierung sehr lange gebraucht hat, um die entsprechenden Vorlagen auszuarbeiten. Zwar hat auch das Bundesgerichtsurteil vom Dezember 2015 zum Fall des kopftuchtragenden Mädchens aus St.Margrethen dabei eine Rolle gespielt, aber von Anfang an war klar, dass der politische Wille der Regierung kaum vorhanden war, um die Thematiken anzugehen. Diese sind ihr offensichtlich unangenehm und sie hat eine Art Vogel-Strauss-Politik praktiziert, indem sie nicht wahrhaben will, welche gesellschaftlichen Entwicklungen am Laufen sind. Es gilt, unsere Werte zu schützen und einzustehen für die freiheitliche Grundordnung, die von allen in diesem Land lebenden Personen respektiert werden muss. Um diese Freiheit zu gewährleisten, ist es notwendig, einen gesetzlichen Rahmen zu schaffen, der klar aufzeigt, was erlaubt ist und was nicht. Das Vermummungsverbot gehört dazu, denn wer sein Gesicht nicht zeigt, hat entweder unlauter Absichten oder wird dazu gezwungen, sei es von einer mittelalterlich ausgelegten Form eines Glaubens oder von einem Ehemann, der seine Frau von der Umwelt abschotten will.

Gerade bei den fortschrittlich denkenden Frauen sollte diese Art von frauenfeindlicher Unterdrückung eigentlich einen Proteststurm auslösen. Für die umfangreiche Botschaft der Regierung könnte der Spruch gelten: «Der Berg hat eine Maus geboren», denn der Umfang der wortreichen Vorlage steht in einem umgekehrten Verhältnis zum greifbaren und substantiellen Inhalt. Beim Bericht über die Bedeutung der Grundrechte und deren Einschränkungen im Zusammenhang mit Schulbesuch, Bekleidungsvorschriften und Vermummungsverbot soll ein Überblick zur aktuellen Thematik geschaffen werden. Leider lässt sich aber bereits hier die politische Haltung zum Thema herauslesen, was für uns ein wenig enttäuschend ist. Der Entwurf für die Änderung des Volksschulgesetzes wurde immerhin in Richtung Motionsauftrag entwickelt. Dank des Auftrages werden die Schülerinnen und Schüler verpflichtet, auf eine Bekleidung zu verzichten, die den Unterricht oder den Schulfrieden stören. Weiter wird dem Erziehungsrat die Kompetenz erteilt, kantonale Ausführungsbestimmungen zur Bekleidung in der Schule zu erlassen – dies stimmt unsere Fraktion sehr positiv.

Der Nachtrag zum Übertretungsstrafgesetz ist hingegen absolut inakzeptabel. Er setzt den klar und eindeutig formulierten Motionsauftrag überhaupt nicht um, sondern enthält ein unbrauchbares Pseudovermummungsverbot. Die Vorstellung, dass eine Frau zum Beispiel bei einem Einwohneramt auftaucht, um sich anzumelden, ohne ihr Gesicht zu zeigen, ist völlig absurd. Dennoch will die Regierung allen Ernstes diese Vorschrift so ins Gesetz schreiben lassen, weil sie offensichtlich nicht den Mut zu einem konsequenten Verhüllungsverbot hat.

Ein unmissverständliches Verbot ist jedoch wichtig, um ein Zeichen zu setzen gegen den frauenfeindlichen, religiösen Extremismus. Dieser ist in ganz Europa auf dem Vormarsch, was bereits Frankreich und Belgien veranlasst hat, Burkaverbote zu erlassen. Und in unserem Nachbarland Österreich gilt ein Verhüllungsverbot ab dem 1. Oktober 2017. Gerne möchte ich Ihnen einen Auszug aus dem heutigen Tagblatt vortragen, auf S. 6: «Nichts ist an einer Burka oder einem Niqab liberal, und es ist auch nichts progressiv an jenen, die sie verteidigen oder den Niqab als religiöses und kulturelles Recht verklären. Der Niqab ist nicht nur eine kulturelle und religiöse Tradition, sondern auch ein Symbol der geschlechterspezifischen Diskriminierung. Wer wundert sich nicht während der Sommerferien in der Züricher Luzerner Bahnhofstrasse über jene Frauen in Niqabs, die von ihren Männern in Markenjeans und -T-Shirts begleitet wurden. Die Vernunft sagt, dass dies klar ein Werkzeug der absoluten Diskriminierung ist, basierend auf dem Geschlecht. Einerseits ein Recht für den Mann andererseits ein Recht für die Frau. Solche Gepflogenheiten dürfen in Ländern, in denen die Gleichstellung von Mann und Frau eine der wichtigsten Säule einer liberalen Gesellschaft ist, nicht geduldet werden.» Diese Aussage stammt nicht von einem Rechtspolitiker sondern von einem marokkanischen Repräsentant der internationalen humanitären und ethischen Union am Uno Menschenrechtsrat in Genf.

Sein Gesicht zu zeigen, ist für unser kulturelles Verständnis selbstverständlich und ein Teil der verschiedenen ungeschriebenen Regeln die Voraussetzung, Regierungsrat Klöti, für das friedliche Zusammenleben der Gesellschaft sind. Nun sind wir aber, wie andere Länder, an einem Punkt angekommen, wo die ungeschriebenen Regeln nicht mehr von allen befolgt werden, und daher ist es notwendig, sie durch geschriebene Regeln, d.h. mit einer Gesetzesergänzung zu ersetzen um ihnen Nachdruck zu verleihen. Genau aus diesem Grund hat der Kanton Tessin das Verbot, einen Gesichtsschleier zu tragen, in seiner Kantonsverfassung verankert, was mittlerweile vom Bund als zulässig anerkannt wurde. Das Argument, man hätte im Kanton St.Gallen noch nie eine Frau mit vollständig verhülltem Gesicht gesehen und darum sei ein Verbot unnötig, ist wirklichkeitsfremd. Die religiöse Radikalisierung ist eine Tatsache und ein präventives Verbot macht Sinn. «Gute Politik» heisst vorausschauend zu handeln und genau das ist es, was sie mit einem glaubwürdigen Vermummungsverbot erreichen wollen.

Um in den Worten von Konfuzius abzuschliessen: «Wer nicht an die Zukunft denkt, wird bald grosse Sorgen haben.»

Session des Kantonsrates vom 18. bis 20. September 2017
18.9.2017Wortmeldung

Regierungsrat: Auf die Vorlage ist einzutreten.

Sie diskutieren heute über einen Bericht und zwei Gesetzesvorlagen, die Sie in Auftrag gegeben haben. Ich freue mich auf eine spannende und sachliche Diskussion. Auch ich habe ganz aktuell belesen – Egger-Berneck. Betroffen ist mit dem Übertretungsstrafgesetz ein Bereich des Sicherheits- und Justizdepartementes und mit dem Volksschulgesetz ein Bereich des Bildungsdepartementes. Mein Departement, das Departement des Innern, hat hier eine koordinierend federführende Funktion erfüllt und zudem insbesondere den Bericht verantwortet, auch weil es jeweils um Integrationsaspekte geht. Mit anderen Worten, wir haben sozusagen das Dach konstruiert, in der Architektur Sprachen gesprochen. Wichtig ist, unser Gestaltungsspielraum ist in diesen Bereichen nicht sehr gross, weil Grundrechte tangiert sind. Grundrechte sind das Fundament unseres Rechtsystems. Mehr noch, sie sind zentrale Merkmalen unseres heutigen wird Systems. Eine Einschränkung der Grundrechte muss Bedingungen erfüllen, so steht es auch in der Verfassung. Was sind diese Bedingungen? Sie sind im Bericht ausgeführt. Klar ist, dass eine Grundrechtseinschränkung eine ausreichende gesetzliche Grundlage braucht. Dann müssen zwei wichtige Kriterien erfüllt sein: Es muss ein öffentliches Interesse darin bestehen, das Grundrecht eines Individuums einzuschränken, oder es wird bei Unterlassung der entsprechenden Massnahme ein Grundrecht eines Dritten eingeschränkt und zwar ganz konkret und nicht abstrakt.

Bei den öffentlichen Interessen geht es um gewichtige Dinge, z.B. um Polizeigüter wie öffentliche Sicherheit, Schutz der öffentlichen Gesundheit usw. Dann müssen Juristen, und in diesem Fall Politiker, abwägen, ob ein angedachter Eingriff verhältnismässig ist oder nicht. Da geht es zum einen darum zu Fragen, ob die Einschränkung überhaupt geeignet ist, das Ziel zu erreichen. Man muss sich Fragen, ob es nicht noch ein milderes Mittel gibt, und schliesslich muss das Mittel zumutbar sein. Also die Interessen der Dritten für eine Grundrechtseinschränkung müssen so gross sein, dass die Einschränkung für den Betroffenen angemessen erscheint.

Für mich als Integrationsminister eine erfreuliche Erkenntnis. Gerade die juristisch sorgfältige Abwägung auf der Basis unserer abendländisch-westlich geprägten Grundrechtstradition sorgt dafür, dass wir einen konkreten Ausgleich finden zwischen religiös-kultureller Autonomie – also der Freiheit, oder gleiche Rechte und Pflichten für alle – der Gleichheit und damit die Integration.

Im Bildungsbereich zielt die Regierung mit einem Nachtrag zum Volksschulgesetz im Wesentlichen auf die Kleidungsvorschriften, aber auch auf das Absenzenwesen und den allgemeinen Schulfrieden hin. Mit der vorgeschlagenen Gesetzesänderung werden die Schülerinnen und Schüler neu unmissverständlich verpflichtet, korrekt bekleidet zum Unterricht zu erscheinen. Und auch die Eltern sind in der Pflicht, zulässig sind im Schulbereich Vorschriften, die im Zusammenhang mit der Konzentration auf den Unterricht oder der allgemeinen Ordnung stehen, beispielsweise Verbote von salopper Kleidung (Kappe im Unterricht oder aufreizende Bekleidungsstücke). In diesem Bereich steht es nun dem Erziehungsrat zu, Ausführungsbestimmungen zu erlassen, damit nicht in jeder Gemeinde etwas anderes gilt. Gemäss Bundesgericht ist aber nicht zulässig, Verbote von Kleidungsstücken mit religiöser Konnotation zu erlassen, konkret auch des muslimischen Kopftuchs, solange die Umstände, unter denen sie getragen werden, den Schulunterricht nicht stören bzw. den Schulfrieden nicht zu gefährden. Die vorberatende Kommission beantragt zu dieser Gesetzesanpassung kleine Änderung, die von der Regierung akzeptiert werden. Regierungsrat Kölliker wird möglicherweise im Detail noch darauf eingehen.

Im Bereich «öffentlicher Rahmen» legt die Regierung eine Änderung im Übertretungsstrafgesetz vor. Als pragmatischer Kompromiss legt die Regierung ein eingeschränktes Gesichtsverhüllungsverbot vor, nämlich ein solches für den direkten persönlichen Kontakt mit Behörden und Amtsstelle. Es kommt erst zur Anwendung, wenn sich eine Person trotz Aufforderung weigert ihr Gesicht offen zu zeigen, um etwa, wenn es nötig ist, von Angesicht zu Angesichts sprechen zu können. Ich gebe zu, im Bereich Verhüllung im öffentlichen Raum gibt es unter den Juristen in Europa gegenteilige Haltungen darüber, was grundrechtskonform sein kann und was nicht. Wir stützen uns aber in unserer Argumentation stark auf die bisherige schweizerische Rechtsprechung und auf die Situation in der Schweiz und im Kanton St.Gallen – alles gemäss ihrem Antrag.

Sie haben es gesehen, die vorberatende Kommission schlägt eine andere Lösung vor und wünscht weitergehende Eingriffe. Die Regierung lehnt das ab. Warum? Ganz einfach, weil es das in unserer Auffassung nicht braucht. Und seien Sie vorsichtig, machen Sie keine Angstpolitik auf Vorrat. Regierungsrat Fässler wird im Detail möglicherweise auch da noch tiefer darauf eingehen.

Meinerseits nur so viel: Ein solches Gesichtsverhüllungsverbot braucht es weder zur Gewährleistung der öffentlichen Sicherheit oder der Strafverfolgung noch aus anderen Gründen, wie hiesigen Wertvorstellungen, einem offenen zwischenmenschlichen Kontakte, dem gesellschaftlichen oder religiösen Frieden oder mit Blick auf das Staatsziel, der sozialen Integration. Es ist also keine Frage der Religion. Wir müssen zwar zugeben, hinter diesen Motionen, die zur heutigen Vorlage geführt haben, und auch hinter dem Antrag, der vorberatenden Kommission zum Übertretungsstrafgesetz, steht durchaus eine bestimmt gut gemeinte Idee von Zusammenleben. Und in diesem Zusammenleben wirken gewisse Kleidungsstücken auf den ersten Blick störend, weil sie die Kontaktaufnahme verhindern oder an weil sie an Länder oder Unrechtsregime erinnern, von den wir uns gerne abgrenzen und abgrenzen dürfen, und dies zu recht. Eine Abgrenzung im Strafrecht ist kontraproduktiv. Die Stossrichtung des Antrages der vorberatenden Kommission zum Übertretungsstrafgesetz sowie die ursprünglichen Motionen zielen halt eher auf erzwungene Assimilation statt auf Integration. Und es gibt auch ganz praktische Argumente, die Sie beachten müssen: Sie haben gesehen, wie sich die Tessiner Polizei schwer tut mit dem Burkaverbot.

Es ist ja des weiteren sicher nicht sinnvoll, wenn Mädchen des islamischen Glaubens am Schluss aus den öffentlichen Schulen verdrängt werden und sich neue Privatschulen bilden. Es ist überhaupt auch nicht sinnvoll, wenn auch die wenigen Burka Trägerinnen, die es gibt, in ihren Häusern bleiben und gar nicht mehr am öffentlichen Leben teilnehmen würden, zumal die Burka in der Schweiz nicht ein grosses sondern eher ein Randphänomen darstellt.

Wozu also ein Gesetz, wenn es am Schluss wirklich nur eine Handvoll Touristinnen betrifft. Wovor haben wir den hier heute Angst? Es ist wichtig, eine reale Gefahr von einem Unbehagen zu unterscheiden. Wegen eines Unbehagens ritzen wir sicher nicht die Grundrechte und strapazieren das Strafrecht nicht mit unnötigen Bestimmungen.

Und wenn Zwang ausgeübt würde, dann kennt die Justiz andere Mittel zum Schutz der betroffenen Frauen. Und wenn wir grundsätzlich zur Integration von muslimischen Frauen beitragen wollen, dann haben wir gesehen, dass es wirksamere Massnahmen gibt, z.B. Sprachschulen, Frauentreffs, Familienzentren, Begegnungsanlässe bis hin zum interreligiösen Dialog. Das sind alles Bereiche wo mein Departement erfolgreiche Impulse gibt.

So möchte ich sie einladen, just weil die hier im Hintergrund stehenden Themen medial also aufgeheizt sind, sich auf eine rationale Ebene zu begeben und heute Gesetze in Anlehnung an die Vorlage der Regierung zu entscheiden. Gerade in politisch heiklen Themen geben die in einer langen philosophischen und juristischen Tradition unseres Landes und der gesamten westlichen Zivilisation geprägten Grundrechte Halt.

Zum Schluss noch dies: In diesem Saal haben sich letzte Woche Vertreterinnen und Vertreter der Regierung und der Religionsgemeinschaften getroffen, um Aspekte des Verhältnisses zwischen Religion und Staat zu erörtern. Es ging um das Thema Sicherheit. Die Beteiligung war eindrücklich. Dabei war immer wieder die St.Galler Erklärung erwähnt, in der sich alle Religionen und auch der Kanton zu den Menschenrechten und damit auch zu den Grundrechten sowie zu den Aspekten von Vielfalt und Toleranz bekennen. Ich fordere sie daher gerne auf, sorgen sie heute dafür, dass auch der Kanton auf diesem Wege bleibt. In Sachen interreligiöser Dialog und Verhältnis zu anderen Religionen, haben wir hier eine schöne Tradition, die wir nicht voreilig über Bord werfen sollen. Andere Kantone und Länder müssten sich an uns ein Vorbild nehmen, sicher nicht umgekehrt. Und wenn jetzt die Burka-Initiative auf Bundesebene zustande gekommen ist, heisst das noch lange nicht, dass wir uns hier im voreiligen Gehorsam bereits daran halten müssen. 

Session des Kantonsrates vom 18. bis 20. September 2017
18.9.2017Wortmeldung

(im Namen der FDP-Fraktion): Auf die Vorlagen ist einzutreten.

Wir können uns heute mit einer guten und sorgfältig erarbeiteten Vorlage befassen. Die Vorlage ermöglichte, die Gesamtzusammenhänge zu erfassen und sachlich abzuwägen, welche neuen gesetzlichen Grundlagen geschaffen werden sollen. Sie basiert nicht auf Emotionen und Einzelfällen, welche Ursprung der zugrundeliegenden Vorstösse waren. Die Vorlage setzt sich ausführlich mit unseren in der Bundesverfassung und Kantonsverfassung verankerten Freiheit und Grundrechte auseinander. Diese Grundrechte bilden die Werte unsere schweizerischen Gesellschaftsordnung. Diese gesellschaftlich anerkannten Werte sind entsprechend zu schützen. Die zu schaffenden gesetzlichen Grundlagen sollen also unsere liberale Gesellschaftsordnung schützen. Sie sollen sichtbar machen, wo die Grenzen der individuellen Freiheit sind, um unsere schweizerischen Werte und unsere gesellschaftliche abendländisch geprägte Kultur zu wahren. Dabei ist es aber wichtig, dass die Schaffung neuer Rechtssätze nicht für eine symbolpolitisch geführte Debatte missbraucht wird. Gesetze müssen umsetzbar sein.

Zum XIX. Nachtrag zum Volksschulgesetz: Es besteht heute ein verstärktes öffentliches Interesse, die Grundrechtsbeschränkungen in der Volksschule auf kantonaler Ebene gesetzlich abzustecken. Durch die steigende Vielfalt der kulturellen, gesellschaftlichen und familiären Hintergründe der Schülerinnen und Schüler ist es wohl durchaus normal, dass diese nicht immer das selbe Verständnis für die Schule und deren Regeln mitbringen. Deshalb ist es aus unserer Sicht notwendig, einzelne Bereiche genauer zu regeln. Die FDP-Fraktion unterstützt den XIX. Nachtrag zum Volksschulgesetz mit den Änderungsanträgen der vorberatenden Kommission. Die beantragten Änderungen sind stufengerecht und geben sowohl dem Erziehungsrat als auch den Gemeinden und den kommunalen Schulräten die notwendige Verantwortung und den dazugehörigen Ermessensspielraum.

Zum III. Nachtrag des Übertretungsstrafgesetzes: Die FDP-Fraktion unterstützt den Antrag der Regierung. Er ist sachgerecht und entspricht dem Grundsatz der Verhältnismässigkeit. Das von der vorberatenden Kommission vorgeschlagene generelle Gesichtsverhüllungsverbot im öffentlichen Raum zielt in die falsche Richtung. Es dient nicht zur Gewährleistung der öffentlichen Sicherheit und der Strafverfolgung. Bei Situationen und Grossveranstaltungen mit Gewaltpotential, die eine Gefährdung der Sicherheit bedeuten, besteht das bereits geltende Vermummungsverbot. Allein durch die Verhüllung des Gesichts wir noch kein konkretes Rechtsgut unmittelbar bedroht. Der Antrag der vorberatenden Kommission hebt sogar auch die Bussensprechung im Verkehr mit Behörden auf.

Die FDP-Fraktion wird deshalb die Regierung unterstützen. Sie ist aber der Meinung, dass die Bestrafung alleine doch eine Busse nicht genügend ist, sondern eine Verschärfung in Form der Verweigerung der angefragten Dienstleistung durch Behörden möglich sein muss. Es bedarf deshalb einer gesetzlichen Grundlage mit dem Ziel, eine staatliche Dienstleistung bei nicht Befolgung des Gesichtsverhüllungsverbotes im Kontakt mit Behörden oder Amtsstellen zu verweigern. In der Spezialdiskussion wird ein entsprechender Antrag gestellt werden.

Session des Kantonsrates vom 18. bis 20. September 2017
18.9.2017Wortmeldung

Ich spreche im Namen der GLP-Fraktion und nur zum III. Nachtrag zum Übertretungsstrafgesetz, weil wir hier anderer Meinung sind, als unsere Fraktionskollegen: Auf die Vorlage ist einzutreten.

Das Vermummungsverbot wird seit dem Jahr 2008 strafrechtlich über das kantonale Übertretungsstrafgesetz durchgesetzt und dort mit Busse belegt. Das Verbot bezweckt, das bei einer Versammlung oder Demonstration inhärente Gefahrenpotential möglichst klein zu halten. Es soll verhindern, dass jemand aus der Anonymität heraus d.h. unter dem Schutz der Vermummung unerkannt Straftaten begeht und sich damit leichter einer Strafverfolgung entziehen kann. Das Vermummungsverbot dient also der Prävention von Straftaten. Es hat damit klar polizeilichen und strafrechtlichen Charakter. Das Übertretungsstrafgesetz soll nach der vorberatenden Kommission ergänzt werden mit einem allgemeinen Gesichtsverhüllungsverbot im öffentlichen Raum. Die Kommission lehnt damit den Vorschlag der Regierung ab, welcher anstatt eines Verhüllungsverbotes den Behörden das Recht gibt zu verlangen, das in direktem Kontakt mit Behörden und Amtsstellen die Gesichtsverhüllung abzulegen ist.

Diese Ausdehnung des Vermummungsverbots durch ein Gesichtsverhüllungsverbot zielt dabei klar auf die religiös motivierte Gesichtsverschleierung von Frauen muslimischen Glaubens. Aus Sicht der GLP tangiert ein solches Verbot die Grundrechte und ist zur Gewährleistung der öffentlichen Sicherheit oder der Strafverfolgung nicht notwendig. Weder verhüllt sich eine Vielzahl von Personen mit dem Ziel, mit verdecktem Gesicht Straftaten zu begehen oder sich dadurch der Strafverfolgung zu entziehen, noch lassen sich umgekehrt potentielle Straftäter durch ein derartiges Verbot davon abhalten. Was die religiös motivierte Gesichtsverhüllung betrifft, ist zu berücksichtigen, dass sich von den in der Schweiz lebenden muslimischen Frauen nur eine ganz kleine Minderheit als religiösen Motiven im öffentlichen Raum das Gesicht verhüllt, und bei den betroffenen Frauen handelt es sich meist um Touristinnen. Zudem sind bisher keine Fälle bekannt, bei denen Frauen aufgrund ihrer Verschleierung zu polizeilichen Problemen geführt haben.

Das Gesicht zu verhüllen ist somit grundsätzlich kein gefährliches Verhalten, höchstens ein gesellschaftliches Problem. Durch eine strafrechtliche Ausdehnung des Vermummungsverbots, so dass es auch die religiöse Gesichtsverhüllung umfasst, soll ein gesellschaftliches Problem mit einem polizeilichen bzw. strafrechtlichen Mittel gelöst werden. Das Strafrecht dient aber nicht dazu, ein gesellschaftlich erwünschtes Verhalten zu fördern, sondern einzig dazu, schädliches Verhalten zu verhindern oder zu sanktionieren. Mit Blick auf die Verhältnismässigkeit darf das Strafrecht nur dort als Mittel zur Erreichung eines gewünschten Verhaltens eingesetzt werden, wo andere Massnahmen versagen. Aus Integrationspolitischer Sicht steht die soziale Teilhabe der betroffenen Frauen im Zentrum. Wirkungsvollstes Mittel dazu ist eine erfolgreiche Integration. Strafrechtlicher Zwang ist in diesem Zusammenhang weder verhältnismässig noch zielführend. Dies ist gerade dort völlig ungeeignet, wo Verhalten verändert werden will, das aus religiöser Überzeugungen den Tag gelegt wird. Sieht man in der Gesichtsverhüllung der muslimischen Freiwahl allenfalls ein Symbol der Unterdrückung des weiblichen Geschlechts, wird durch den Gesetzesvorschlag der Kommission mit der verhüllten Frauen, die unterdrückte Person, also das Opfer, gebüsst. Ein generelles Verbot, wie vorgeschlagen, würde für die betroffenen Frauen somit bewirken, dass sie sich nicht mehr im öffentlichen Raum bewegen könnten, was der sozialen Integration geradezu entgegen liefe und auch dieses Argument widerlegt.

Aus Sicht der GLP ist es wichtig, eine real drohende Gefahr von einer Belästigung oder einem blossen Unbehagen zu unterscheiden. Allgemein gültige Verbote der Gesichtsverhüllung lediglich aufgrund eines nicht näher zu beschreibenden Unbehagens in der Bevölkerung gegenüber Einzelpersonen, die sich dem gesellschaftlichen Leben durch ihre Verschleierung teilweise hinziehen, sind mit einem liberalen und freiheitlichen Rechtsstaat nicht vereinbar.

Die GLP lehnt deshalb den Vorschlag der vorberatenden Kommission ab und unterstützt die Version der Regierung.

Session des Kantonsrates vom 18. bis 20. September 2017
18.9.2017Wortmeldung

Präsident der vorberatenden Kommission: Auf die Vorlage ist einzutreten.

Ich darf über die Ergebnisse der Beratungen am Mittwoch 5. Juli 2017 im Tafelzimmer berichten.

In der vorberatenden Kommission haben wie die Vorlage als drei einzelne Geschäfte behandelt. Zum ersten den Bericht 40.17.03 «Bedeutung der Grundrechte und deren Einschränkung im Zusammenhang mit Schulbesuch, Bekleidungsvorschriften und Vermummungsverbot», gefolgt von 22.17.01 «XIX. Nachtrag zum Volksschulgesetz» und zuletzt 22.17.02 «III. Nachtrag zum Übertretungsstrafgesetz». Jede Vorlage haben wir mit einem eigenen Eintreten und separaten Abstimmung beraten, im Gegensatz zu heute, wo diese Vorlage als Einheit und nur mit einem Eintreten auf alle Bereiche behandelt wird.

Die vorliegende Botschaft basiert auf vier im Kantonsrat gutgeheissenen Motionen. Dies sind 42.13.13 «Öffentliche Schule und Freiheitsrechte» vom 16. September 2013 von der damaligen CVP/EVP-Fraktion, 42.13.15 vom 17. September 2013 der SVP-Fraktion, 42.14.06 vom 2. Juni 2014 von Egger-Berneck, beide mit dem gleichen Wortlaut «Volksschule: Bekleidungsvorschriften klar regeln» und zum Schluss 42.13.20 «Vermummungsverbot» vom 25. November 2013 der SVP-Fraktion. Um das ganze Themenfeld rund um diese gutgeheissenen Motionen aufzuzeigen, hat die Regierung einleitend einen Bericht mit dem Titel: «Bedeutung der Grundrechte und deren Einschränkungen im Zusammenhang mit Schulbesuch, Bekleidungsvorschriften und Vermummungsverbot» verfasst. Zu deren Beratung der gesamten Botschaft waren Regierungsrat Martin Klöti, der Generalsekretär Davide Scruzzi sowie Claudia Nef, Abteilungsleiterin Kompetenzzentrum Integration und Gleichstellung, in der Kommission anwesend. Fachlich und rechtlich wurde die Kommission weiter von Franziska Gschwend, Leiterin Dienst für Recht und Personal, aus dem Bildungsdepartement, sowie von Frau Brigitte Grob, juristische Mitarbeiterin ihm Rechtsdienst des Sicherheits- und Justizdepartementes unterstützt.

Im vorliegenden Bericht zeigt die Regierung auf, was unter Grundrechte aus ihrer Sicht zu verstehen ist. Dabei bezieht Sie sich auf eine Publikation von Regina Kiener und Walter Kälin. Weiter erläuterte Frauen Nef den Kommissionsmitgliedern die verschiedenen Arten der Verschleierungen. Die Diskussionen in der Kommission zeigten auf, wie verschieden diese Grundrechte von politisch links bis politisch rechts interpretiert werden können. Ganz klare unterschiedliche Haltungen waren in der Kommission zum Thema Verschleierungen zu hören. Mit einer Verschleierung bringt eine weibliche Person eine Art ihrer religiösen Grundhaltung zum Ausdruck, ob dies immer freiwillig getragen wird oder nicht, wurde in der Kommission ebenfalls kontrovers diskutiert.

Die vorberatende Kommission beantragt dem Kantonsrat Eintreten auf den Bericht.

Im zweiten Teil unserer Beratungen am 5. Juli 2017 hat die vorberatende Kommission den XIX. Nachtrag zum Volksschulgesetz behandelt. Zu diesem Teil der Beratungen kam Regierungsrat Stefan Kölliker dazu. Mit den einleitend erwähnten überwiesenen Motionen wurde die Regierung beauftragt, je eine Regelung zur Bekleidung während den Schulunterricht sowie die Dispensation vom Unterricht ins Gesetz aufzunehmen. Die Regierung kommt diesem Auftrag mit Gesetzesanpassungen in Art. 49, 54 und 96 im Volksschulgesetz nach. Die Beratung in der vorberatenden Kommission zeigt, dass die vorgeschlagene Gesetzesanpassung über alle Fraktionsdelegationen eine grundsätzliche Zustimmung gefunden haben. Die Diskussionen um Art. 49bis ergaben, dass die Kommission ihn der Mehrheit nebst der Dispensation auch den Urlaub nur in wichtigen Gründen ermöglichen soll. Unsere Anpassungen zu diesem Artikel finden Sie auf dem gelben Blatt.

Die Beratungen um Art. 54bis im Zusammenhang mit den Bekleidungsvorschriften haben in der vorberatenden Kommission ergeben, dass in diesem Artikel festgehalten sein soll, dass der Regierungsrat Ausführungsbestimmungen zu erlassen hat. Der Gesetzestext «...erlässt nähere Vorschriften zur Bekleidung in der Schule» war der vorberatenden Kommission etwas zu schwammig. Hier verlangt die vorberatende Kommission auf dem gelben Blatt eine neue Fassung.

Auch in Art. 96 des Volksschulgesetzes haben die Diskussionen der vorberatenden Kommission eine Anpassung des Gesetzestextes ergeben. Mit den auf dem gelben Blatt beantragten Änderungen sollen die Eltern zusätzlich in die Pflicht genommen werden, dass sie nebst der Wahrung des Schulfriedens und der korrekten Kleidung auch die Schulordnung zu befolgen haben.

Am 5. Juli 2017 befasste sich die Kommission mit dem III. Nachtrag zum Übertretungsstrafgesetz. Zu diesen Beratungen durfte die Kommission Regierungspräsident Fredy Fässler zusätzlich in der Kommission begrüssen.

Mit der Überweisung der Motion 42.13.20 am 25. November 2013 bekam die Regierung folgenden Auftrag. Ich zitiere: Vermummungsverbot: Die Regierung wird eingeladen, dem Kantonsrat eine gesetzliche Regelung zur Ergänzung des bestehenden Vermummungsverbots vorzulegen, welche die verfassungsrechtlichen Vorgaben zu Einschränkung der Grundrechte, insbesondere das Erfordernis der Verhältnismässigkeit berücksichtigt. Die Vorlage ist zusammen mit der Vorlage zur Erfüllung der Motionen 42.13.15 und 42.15.06 dem Parlament vorzulegen. Dies beraten wir heute in dieser Form. Um diesen Auftrag dieser überwiesenen Motion zu erfüllen, schlägt die Regierung in der Botschaft eine Ausdehnung des Vermummungsverbots auf den Kontakt mit Behörden und Amtstellen vor.

In der Diskussion in der Kommission wurden folgende Fragen debattiert: Ist mit dem Vorschlag der Regierung der Wille der Motionäre umgesetzt? Da waren die Meinungen geteilt. Für die einen richtig für die anderen geht dieser Vorschlag zu wenig weit. Das Vermummungsverbot ist faktisch ein Burkaverbot. Sind Frauen mit einer Vollverschleierung ein Problem in unserer Gesellschaft? Die Zahl der Frauen, welche in der Schweiz ein Burka tragen, sind klein. Somit ist es eine kleine Gruppe, und für die einen in der Kommission somit kein Problem, dass dieses gesetzlich geregelt werden müsste. Für die anderen in der Kommission geht es um den Grundsatz, dass eine Vollverschleierung nicht zu unserem Kulturkreis gehört, oder, dass Frauen in unserem Land nicht gezwungen werden können, eine Vollverschleierung tragen zu müssen.

Die Debatte in der vorberatenden Kommission zeigte, dass eine knappe Mehrheit für eine Ausdehnung des Vermummungsverbotes auf den gesamten öffentlichen Raum war. In der Folge wurden viele verschiedene Varianten für einen möglichen Gesetzestext diskutiert und ein Antrag gegenübergestellt. Nach verschiedenen Abstimmungen folgte ein Rückkommen. Am Schluss einigte man sich in der vorberatenden Kommission mit dem Stimmenverhältnis von 7:7 Stimmen bei 1 Enthaltung und dem Stichentscheid vom Präsidenten für folgenden Vorschlag: Wer sich die im öffentlichen Raum sowie an Orten, die öffentlich zugänglich sind, durch Verhüllung des Gesichts unerkenntlich macht und dadurch die öffentliche Sicherheit oder den religiösen Frieden oder gesellschaftlichen Frieden bedroht oder gefährdet, wird mit Busse bestraft.

Mit dem gleichen Stimmenverhältnis beantragt Ihnen die vorberatende Kommission Eintreten auf die Vorlage.

Session des Kantonsrates vom 18. bis 20. September 2017
18.9.2017Wortmeldung

Den Anträgen der vorberatenden Kommission ist zuzustimmen.

Diverse parlamentarische Vorstösse fordern das Verbot der Gesichtsverhüllung im öffentlichen Raum. Es ist nicht nachvollziehbar, warum die Regierung und auch die FDP-Fraktion das Verhüllungsverbot nur auf den Umgang mit Behörden beschränken will. Dies würde in der Praxis wirkungslos bleiben. Weil wohl niemand auf die absurde Idee kommen wird, eine Dienstleistung zu verlangen, ohne sich zu identifizieren. Die Vollverschleierung aus angeblich religiösen Gründen ist in Wirklichkeit der Ausdruck von Abgrenzung und Verachtung gegenüber unserer freiheitlichen Gesellschaft und darf im öffentlichen Raum nicht toleriert werden. Das Gesichtsverhüllungsverbot muss demzufolge im öffentlichen Raum sowie an öffentlich zugänglichen Orten ohne Einschränkung Gültigkeit haben, wie es bereits im Kanton Tessin praktiziert wird. An dieser Stelle sei erwähnt, dass bereits diverseste Länder Verhüllungsverbote einführten, beispielsweise Spanien, Belgien, die Niederlande, aber auch unsere Nachbarländer Frankreich, Italien und Österreich zählen dazu. So hält der österreichische Gesetzgeber folgendes Ziel ihres Antigesichtsverhüllungsgesetzes fest: «Ziel dieses Bundesgesetzes ist die Förderung von Integration durch die Stärkung der Teilhabe am gesellschaftlichen Zusammenleben. Integration ist ein gesamtgesellschaftlicher Prozess, dessen Gelingen von der Mitwirkung aller in Österreich lebenden Menschen abhängt und auf persönlicher Interaktion beruht.» Und man führe sich vor Augen, dass mittlerweile, und ich betone in vorwiegend islamischen Ländern, Verhüllungsverbote existieren. Manche Gesetzgeber haben es also endlich begriffen, Gesichtsverhüllungen sind der Integration eben nicht dienlich. Nur am Rande sei erwähnt: Verhüllung ist kein muslimisches Gebot. Dies sagte nicht irgendjemand sondern der höchste deutsche Muslim.

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat sich im Urteil vom 1. Juli 2014 zum französischen Verhüllungsverbot korrekterweise auf die Argumentation geeinigt, dass sowohl freiwillige als auch aufgezwungene Gesichtsverhüllung im öffentlichen Raum im Konflikt stehen mit freiheitlichem Zusammenleben in einer freien Gesellschaft. Verhüllung sei in diesem Sinne auch zu verstehen als Angriff auf das freiheitliche Zusammenleben. Die Burka- und das Niqabverbot in der Öffentlichkeit sei deshalb verhältnismässig und verletze weder die Religions- noch die Meinungsfreiheit und auch nicht das Recht auf ein Privat- und Familienleben. Es sei menschenrechtskonform und stelle auch keine Diskriminierung dar, so die Abklärung des Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR). Auf der Grundlage dieses Strassburger Urteils beurteilte der Bundesrat den Entscheid des Tessiner Souveräns für ein kantonales Verhüllungsverbot als rechtmässig und gemäss Bundesverfassung umsetzbar. Und wenn gar in islamischen Ländern Verhüllungsverbote gelten, so wird klar, dass erstens Gesichtsverhüllungen keinen religiösen Hintergrund haben, und zweitens der Entscheid des EGMR, wonach ein solches Verbot verhältnismässig ist und weder die Religions- noch die Meinungsfreiheit verletzte, somit auch keine Diskriminierung darstellt. Man kann jetzt einwenden, die Schweiz habe ein Verhüllungsverbot mangels Burka-Trägern gar nicht nötig. Diesem sei Folgendes vor Augen geführt:

  1. Das Argument, man treffe hierzulande nur selten auf vollständig verhüllte Menschen, zieht in die Irre. Verhüllung ist, nicht nur, aber auch, ein Mittel kriminelle oder gar terroristische Absichten zu tarnen und zu verbergen. Oder anders ausgedrückt, ein «Depp» ist, wer eine Straftat in der Öffentlichkeit ohne Verhüllung verübt.

  2. Vor gut 20 Jahren war Burka und Co. in Österreich eine Seltenheit. Innerhalb zweier Jahrzehnte hat sich dies aber radikal geändert. Österreich hat mittlerweile nicht ohne Grund gesetzgeberisch reagiert. Man kann nun altbekannte Witze machen über unsere Nachbarn, aber glauben Sie mir, die sind nicht blöd.

Zum Schluss noch zwei Anmerkungen zum Gesetzesvorschlag der Regierung: Vor 60 Jahren existierten auf Schweizer Strassen noch keine Tempolimiten. Erst per 1. Juni 1959 wurde die Höchstgeschwindigkeit für Motorfahrzeuge auf innerorts 60 Kilometer je Stunde gesetzlich verankert. Seit Anfang 1984 gelten die heute geltenden Limiten. Was würden sie meinen, wenn der Gesetzgeber eine Bestimmung eingebracht hätte, die Höchstgeschwindigkeiten für Motorfahrzeuge gelten nur in Kontakt mit oder in Anwesenheit von Behörden und Amtstellen? Eine solche Regelung würde Folgendes bedeuten: Ist kein Polizist zugegen gilt gesetzeskonform «freie Fahrt». All jene mit gesundem Menschenverstand gehen mit mir einig, eine solche Regelung wäre schlicht lachhaft und nicht einmal einer Bananenrepublik würdig.

Insofern lege ich Ihnen nahe, die peinliche Alibiübung der Regierung, wie auch allfällig andere Alibiübungen abzulehnen. Mit der gutgeheissenen Motion 42.13.20 «Vermummungsverbot» erhielt die Regierung den glasklaren Auftrag, die gesetzliche Regelung eines generellen und eben nicht eines teilweisen Vermummungsverbots auszuarbeiten.

Was die verfassungsrechtlichen Vorgaben anbelangt, darf ich auf meine eingangs erwähnten Erklärungen des EGMR und des Bundesrats verweisen.

Fazit: Im Sinne notwendiger Prävention vor negativen Vorkommnissen ist ein Verhüllungsverbot im gesamten öffentlichen Raum mehr als bloss zeitgemäss. Der Entwurf der Regierung, wie auch der Antrag der FDP-Fraktion sind mangelhaft, widersetzen sich den Vorgaben der gutgeheissenen Motion und sind anhand des vorgenannten Beispiels gar peinlich.

Wir lehnen sowohl den Entwurf der Regierung als auch den Antrag der FDP-Fraktion ab. Stimmen sie daher einer Gesetzgebung zu, welche auch den Motionsauftrag wirklich entspricht.

Session des Kantonsrates vom 18. bis 20. September 2017
18.9.2017Wortmeldung

(im Namen der SP-GRÜ-Fraktion): Auf die Vorlagen ist einzutreten.

Die heute zu beratende Vorlage ist Ausfluss verschiedener Motionen, welche die SP-GRÜ-Fraktion in deren Namen ich spreche, allesamt abgelehnt hat. Wir waren und sind der Meinung, dass es im Bereich der Bekleidungsvorschriften keinen zusätzlichen Regelungsbedarf gibt, weil die wesentlichen Grundpfeiler bereits durch Verfassung und Gesetze auf Kantons- und Bundesebene sowie durch die Rechtsprechung abgesteckt sind.

Wir wollen keine Gesetze schaffen, die niemand braucht. Trotzdem verschliessen wir uns der heutigen Diskussion nicht und sehen, dass in der Öffentlichkeit durchaus gewisse Erwartungen bestehen. Vor diesem Hintergrund anerkennen wir die Bemühungen der Regierung, in den sich zu stellenden Fragen Kompromisse vorzuschlagen und nicht ganz untätig zu bleiben. Die Idee der Regierung, dass man sich zur Bedeutung der Grundrechte im Zusammenhang mit Bekleidungsvorschriften zuerst grundsätzliche Überlegungen machen sollte, bevor man sofort eine Gesetzesgrundlage schafft, begrüssen wir. Wir danken der Regierung und der Verwaltung deshalb insbesondere auch für die im vorliegenden Bericht sorgfältig zusammengetragenen theoretischen Grundlagen zu den Grundrechten und ihren Einschränkungsvoraussetzungen.

Ich komme zum XIX. Nachtrag zum Volksschulgesetz: Wir sind für Eintreten auf den Nachtrag und sind mit den Änderungen der vorberatenden Kommission einverstanden. Eigentlich sehen wir bei den Bekleidungsvorschriften an der Schule keinen dringenden gesetzgeberischen Handlungsbedarf, weil die Schulgemeinden bereits mit den bestehenden gesetzlichen Grundlagen zurecht gekommen sind und dies nicht zu nennenswerten Konflikten geführt hat. Mit den vorgeschlagenen Ergänzungen des Volksschulgesetzes können wir aber Leben. Wir begrüssen es und finden es wichtig, das auch mit den neuen gesetzlichen Grundlagen ein Kopftuchverbot aus religiösen Gründen für muslimische Mädchen an öffentlichen Volksschulen nicht möglich ist und auch kein Thema mehr ist.

Zum III. Nachtrag zum Übertretungsstrafgesetz: Beim Nachtrag zum Übertretungsstrafgesetz ist die vorberatende Kommission unserer Meinung nach weit über das Ziel hinausgeschossen. Die Regierung hat eine Regelung vorgeschlagen, die den Wunsch nach einer Handhabe um gegen Gesichtsverhüllungen vorgehen zu können, erfüllt. Auch wenn wir der Meinung sind, dass es eigentlich gar keine neue Regelung braucht, weil die entsprechenden rechtlichen Grundlagen bereits bestehen, ist das von der Regierung vorgeschlagene Gesichtsverhüllungsverbot im Umgang mit Behörden und Amtsstellen vertretbar und macht auch Sinn.

Ein generelles Gesichtsverhüllungsverbot im öffentlichen Raum, wie es nun die vorberatende Kommission vorschlägt, ist aber weder sinnvoll noch durchsetzbar. Obwohl es eigentlich niemand aussprechen will, zielen die Befürworter des umfassenden Gesichtsverhüllungsverbots auf muslimische Frauen mit Gesichts- oder Ganzkörperschleiern. Hier muss man aber sehen, dass es im Kanton St.Gallen nur sehr wenig bis gar keine Frauen gibt, die sich derart verhüllen. Das von der Kommission vorgeschlagene generelle Gesichtsverhüllungsverbot ist faktisch nicht durchsetzbar. Bestraft werden soll, wer durch die Verhüllung die öffentliche Sicherheit oder den religiösen oder gesellschaftlichen Frieden bedroht oder gefährdet. Eine Person, die ihr Gesicht bedeckt, stellt aber allein durch ihre Bekleidung keine Gefahr und keine Bedrohung der Rechtsordnung oder des öffentlichen Friedens dar. Auch ich finde es befremdlich, wenn sich Frauen bis zur Unkenntlichkeit verhüllen. Der Anblick ist mir unangenehm und er gehört nicht in unseren Kulturkreis. Aber nur weil wir dieses Verhalten als gesellschaftlich störend oder moralisch verwerflich empfinden, ist es nicht gerechtfertigt, dies unter Strafe zu stellen, solange ist keine schädlichen oder gefährlichen Auswirkungen hat.

Aus diesen Gründen, und auch weil ein solches Verbot das Gegenteil von dem bezweckt, was wir mit unseren Integrationsbemühungen erreichen wollen, lehnen wir ein generelles Gesichtsverhüllungsverbot im öffentlichen Raum ab. Wir wollen keine Symbolpolitik machen und sind deshalb für Eintreten und Festhalten am Entwurf der Regierung.

Lassen Sie mich zum Schluss aus der Stellungnahme die Staatsrechtlers, Professor Kälin, im Bericht zu den Grundrechten zitieren: «Kulturelle Vielfalt ist ein wesentliches Element jeder freiheitlichen Ordnung und deshalb zu achten und zu schützen. Der Staat darf nicht das Recht beanspruchen, für alle Menschen festzulegen, was die richtige Lebensführung ist. Mit anderen Worten, es ist unsere Verfassungsordnung, welche rechtlich kulturelle Pluralität ermöglicht und auch dann schützt, wenn die Mehrheit sie nicht als bereichernde Vielfalt sondern als Belastung empfindet.» Ich finde, daran sollen und wollen wir uns orientieren und in diesem Sinne freue ich mich auf eine sachliche Diskussion.

Session des Kantonsrates vom 18. bis 20. September 2017
18.9.2017Wortmeldung

Ratspräsident: Das Präsidium sieht eine gemeinsame Eintretensdiskussion vor.

Session des Kantonsrates vom 18. bis 20. September 2017
18.9.2017Wortmeldung

Ratspräsident, stellt Eintreten auf die Vorlagen fest.

Session des Kantonsrates vom 18. bis 20. September 2017
18.9.2017Wortmeldung

Die Anträge der vorberatenden Kommission sind abzulehnen.

Wir führen hier eine Scheindebatte. Wir diskutieren über Frauenrechte und Burkaverbote. Aber eigentlich diskutieren wir über eine Strafbestimmung – nichts anderes. Wenn sie ein Burkaverbot wollen oder nicht, da kann man geteilter Auffassung sein, dann müssen sie die Initiative, die jetzt von der SVP zustande gekommen ist, annehmen oder Sie müssen sie verwerfen. Aber wir haben hier, und es ist vorher von Mangelhaftigkeit gesprochen worden, einen Vorschlag der Kommission für eine Strafbestimmung – nichts mehr und nichts weniger.

Die Juristen im ersten Semester lernen in der ersten Lektion Strafrecht, Allgemeiner Teil, den lateinischen Satz: nulla poena sine lege – keine Strafe ohne Gesetz. Das heisst, ich kann nur denjenigen bestrafen, der in klarer Weise gegen eine Strafrechtsbestimmung verstösst. Wenn das nicht klar ist, kann ich ihn nicht bestrafen. Die «NZZ» hat am letzten Freitag einen Artikel auf S. 12 publiziert, den ich allen von uns zur Lektüre empfehle: «Die Strafrechtskeule macht die Welt nicht besser».

Wir sind in den letzten Jahren insbesondere auf Bundesebene dazu übergegangen, jede mögliche und unmögliche gesellschaftliche Entwicklung mit dem Mittel des Strafrechts zu bekämpfen, statt dass wir es anders lösen. Und hier haben wir ein weiteres Beispiel eines solchen untauglichen Versuchs der Kommission das zu lösen. Das ist auch der Grund, dass ich dieser Vorlage nicht zustimmen kann. Ich will Ihnen das vorlesen, was die Kommission gemacht hat, Sie haben es vor sich liegend: «Wer sich im öffentlichen Raum sowie an Orten, die öffentlich zugänglich sind, durch Verhüllung des Gesichts unkenntlich macht...», soweit dieses noch klar und jetzt kommts: «und dadurch die öffentliche Sicherheit oder den religiösen oder gesellschaftlichen Frieden bedroht oder gefährdet wird mit Busse bestraft.» Es braucht also kumulativ einerseits die Gesichtverhüllung und es braucht anderseits die Gefährdungen oder die Störung des religiösen Friedens. Es ist nicht der Polizist, der das entscheidet. Es ist der Richter, der nachher über diesen Fall brüten muss. Er muss nämlich nicht nur feststellen, dass sich jemand verhüllt hat, er muss auch noch feststellen, ob die öffentliche Sicherheit oder der religiöse oder gesellschaftliche Friede bedroht sind. Sie haben das kumulativ in diese Bestimmung aufgenommen, und ich sage Ihnen jetzt als Jurist, der 17 Jahre lang in der Strafverfolgung tätig war in diesem Kanton, Sie werden keine einzige Verurteilung erhalten – es ist eine Illusion. Sprechen wir über diese Strafbestimmung, aber sprechen wir nicht über das Burkaverbot. Wie gesagt, das können wir dann nachholen. Das ist der Grund.

Ich werde nachher noch mal sprechen, wieso und weshalb die FDP-Fraktion sagt, eine Strafbestimmung als solche nützt nichts, es braucht eine Verhaltensanweisung, so wie wir sie im Volksschulgesetz haben. Dort ist das richtig, das haben wir in erster Lesung beschlossen, aber es braucht auch eine Verhaltensanweisung im Verwaltungsrecht. Aber machen Sie doch keine Strafbestimmungen, die in der Praxis dann nicht funktionieren. Dann wird man uns Politikern wieder vorwerfen, was habt ihr gemacht, ihr schafft Gesetze und sie sind nicht durchsetzbar. Das ist das, was die Bevölkerung stört. Wir sollten sie nicht der Illusion überlassen, wir hätten etwas geregelt, was so nicht geregelt werden kann.

Session des Kantonsrates vom 18. bis 20. September 2017
18.9.2017Wortmeldung

Den Anträgen der vorberatenden Kommission ist zuzustimmen.

Ich spreche zu diesem Geschäft, weil ich mich als Frau betroffen fühle. Ich finde es diskriminierend, wenn Frauen in unserer Gesellschaft mit einer Ganzkörperverhüllung herumlaufen müssen. In unserem Land, in dem Gleichstellung von Mann und Frau eine wichtige Säule der liberalen Gesellschaft ist, hat diese Ganzkörperverschleierung keinen Platz. Ich möchte allen Menschen, Männern und Frauen, in ihre Augen sehen können, ins Gesicht schauen können und ich möchte ihre Mimik lesen können und ihre Gestik verstehen können. Ich möchte sehen, wenn sie lächeln oder wenn sie wütend sind. Frauen, die mit einer Burka herumlaufen müssen, tun mir wirklich leid. Ihr Blickfeld ist extrem eingeschränkt und eine Kommunikation kann gar nicht erst zu Stande kommen. Sogar die UNO-Menschenrechtskommission beziffert das als diskriminierend und problematisch. Werfen sie einmal ein Leintuch über sich und schneiden sie zwei kleine Löcher aus und sehen Sie dann, was Sie noch von unserer Umwelt wahrnehmen.

Ich habe den Voten gut zugehört. Ich war auch in der Ethikgruppe und ich habe wahrgenommen, dass der anwesende Sekretär der DIGA gesagt hat, ihm würde es auch sehr gefallen, wenn die Frauen keine Burka tragen würden – das war seine Aussage. Weiter hat Lüthi-St.Gallen gesagt, es ist ja keine Straftat, somit gehört sie nicht ins Strafrecht im Strafgesetz. Das stimmt nicht, wir haben im Gesetz einige Gesetze, bei denen man keine Straftat begehen muss, sondern die zum Schutz da sind, z.B. das Helmtragen, Kindersitze im Auto usw. Regierungsrat Klöti hat gesagt, es braucht ein öffentliches Interesse, damit die Grundrechte eingeschränkt werden können. Ich frage mich, besteht ein öffentliches Interesse? Ich bin zur Überzeugung gekommen, ja.

Stellen Sie sich vor, seit drei Wochen hat die Schule wieder angefangen und es sind neue Kindergartenkinder in den Kindergarten gekommen. Stellen Sie sich die Situation vor, die Mütter stehen mit ihren kleinen vier- bis fünfjährigen Kindern vor der Türe. Eine Mutter hat ein Kind an der Hand, sie trägt eine Burka. Ich kenne die Gefühle dieser Frau nicht. Ich spüre nicht, wie es ihr jetzt geht, ob sie das Kind jetzt gerne gehen lässt oder ob sie sich freut, dass das Kind endlich in den Kindergarten darf. Die anderen Mütter sind befremdet und lassen sich nicht auf ein Gespräch mit dieser Frau ein. Eine Integration kann so nicht geschehen. Das ist weder für die Schule noch für die Gesellschaft noch für diese Familie und für dieses Kind förderlich.

Leider ist dieser Gesetzesartikel hier nur für ein punktuelles Verhüllungsverbot und auch das gelbe Blatt lässt noch keine ganz klaren Formulierungen zu. Ich hätte eigentlich gerne eine klare Formulierung gehabt, wie es im Tessin der Fall ist. Dort wurde dieses Verbot ohne grosse Komplikationen umgesetzt. Frauen haben diese Burka selbstverständlich ausgezogen, einige Frauen haben sich sogar positiv dazu geäussert. Man hat Interviews mit ihnen geführt, aber man sieht das jetzt nicht, denn wenn sie draussen sind und keine Burka mehr tragen, dann ist es natürlich kein Problem mehr für die Frauen. Es ist nicht so, dass sie sich jetzt einfach im Haus verstecken, sondern sie gehen jetzt aus und haben die Burka nicht mehr an.

Auf jeden Fall appelliere ich hier wirklich darauf, helfen Sie mit bei einer Entdiskriminierung dieser Frauen. Ich appelliere hier auch an die Männer: Unterstützt die Bestrebungen der Frauen gegen die Diskriminierung der Frauen, zieht euch nicht zurück und sagt einfach, das geht mich eigentlich nichts ein.

Session des Kantonsrates vom 18. bis 20. September 2017
18.9.2017Wortmeldung

Regierungspräsident: Die Anträge der vorberatenden Kommission sind abzulehnen.

Auch ich habe dieser Debatte jetzt sehr aufmerksam zugehört. Es ist viel Richtiges, aber auch viel Merkwürdiges gesagt worden. Wenn die SVP-Fraktion eifrig den Europäischen Gerichtshof zitiert, ist die Frage erlaubt, wieso machen die das? Wenn die SVP-Fraktion sich für die Gleichberechtigung von Mann und Frau einsetzt, und zwar mehr als alle anderen Parteien, dann darf man sich ja auch fragen, was denn der reale Hintergrund ist. Und der reale Hintergrund ist klar, ein Teil des Rates will ein Burkaverbot, und der Rest will das nicht.

Wir, die Regierung, hatten die Aufgabe zu klären, ob das bestehende Vermummungsverbot bei Sportveranstaltungen und bei Demonstrationen erweitert werden kann, und dabei die Religionsfreiheit und andere Grundrechte zu prüfen. Und wir sind dabei zur Auffassung gelangt, dass dies nicht geht. Wir haben das mit einer sehr sorgfältiger Prüfung gemacht. Wir haben einen Staatsrechtler herbeigezogen, wir haben die aktuellste bundesgerichtliche Rechtsprechung sogar abgewartet, und haben Ihnen auf der Basis dieser Grundlagen dann diese reduzierte des Strafbestimmung unterbreitet. Ob die jetzt nötig ist oder nicht, darüber könnte man noch diskutieren, aber wir waren der Meinung, das kann man machen, soweit kann man gehen. Wir hatten den Auftrag, Ihnen einen Vorschlag zu unterbreiten, und das haben wir ja jetzt tatsächlich auch gemacht.

Wir sind der Meinung, wenn man weiter geht, so tangiert man dann halt einfach die Religionsfreiheit vor allem wenn man die aktuellste bundesgerichtliche Rechtsprechung, das Kopftuchverbot, dieses Verfahren gegen den Kanton St.Gallen, mit berücksichtigt. Wir haben Ihnen in der Botschaft auch aufgezeigt, und das ist jetzt zum Vorschlag der vorberatenden Kommission geworden, das ist aber eine Überlegung der Regierung, was man machen könnte, wenn man noch weitergehen wollte. Wir müssen irgendein Rechtsgut finden, das diese Einschränkungen zulässt, und das könnte die öffentliche Sicherheit sein oder der religiöse Frieden.

Also, wenn diese Gesichtsverhüllung die Sicherheit oder den religiösen Frieden tangiert, dann könnte man einschreiten. Aber jetzt in der Realität, und da teile ich zu 99 Prozent die Ausführungen von Locher-St.Gallen, was Sie hier beschliessen ist kein Burkaverbot. Die Hälfte der Redner hat gesagt, wir brauchen ein Burkaverbot, und das erhalten wir, wenn wir diesem gelben Blatt zustimmen. Dieses gelbe Blatt besagt, wer sich im öffentlichen Raum sowie an Orten, die öffentlich zugänglich sind, durch Verhüllung des Gesichts unkenntlich macht, und dann kommt das Wichtige, und dadurch die öffentliche Sicherheit oder den religiösen oder gesellschaftlichen Frieden bedroht oder gefährdet, wird mit Busse bestraft. Wenn jetzt der Polizist von Bad Ragaz durch Bad Ragaz läuft und eine Burkaträgerin sieht, dann muss er sich überlegen, besteht eine Gefahr? Und er wird sofort sagen, eigentlich sehe ich keine Gefahr. Es hat bis jetzt keine Gefahren gegeben, und es wird auch in Zukunft keine Gefahr geben. Wenn Sie meinen, dass dieser Polizist dann den Rapportblock zückt, zu rapportieren beginnt und an die Staatsanwaltschaft einen Antrag stellt, man solle jetzt büssen, weil man nicht ausschliessen könne, dass da eine Gefahr bestanden habe. Das wir doch mit Sicherheit nicht geschehen, das ist keine Gefährdung und darum haben wir von Seiten der Regierung auch gesagt, wir wollen keine leeren Bestimmungen, die überhaupt nichts bringen, die nie eine Anwendung haben werden. Das stimmt nicht ganz, es wird Anwendungen geben, wenn jemand mit einer Burka eine Bank betreten will, wird er die Bank nicht betreten können, weil diese Frau oder vielleicht ist es auch ein Mann, das weiss man ja dann nicht genau, an der Türe durch einen Securitas zurückgewiesen wird. Das ist tatsächlich eine gefährliche Situation, wenn jemand in eine Bank geht und möglicherweise bewaffnet ist. Also, wer künftig eine Bank überfällt und sich im Kanton St.Gallen verhüllt, der wird nicht nur wegen Banküberfall bestraft, sondern erhält auch noch eine Busse von Fr. 100.–. Das wird konkret die Anwendung sein, und alles andere wird schlichtweg nicht geschehen.

Ich möchte Sie wirklich bitten, auf derart unsinnige und keine Anwendung habende Gesetze zu verzichten. Diejenigen, die unbedingt ein Burkaverbot wollen, die sollen sich noch etwas gedulden, die eidgenössische Volksabstimmung wird kommen, und dann kann man das dann bei dieser Gelegenheit machen. Aber das, was jetzt hier vorgeschlagen wird, wird keine Anwendung finden.

Session des Kantonsrates vom 18. bis 20. September 2017
18.9.2017Wortmeldung

zu Thalmann-Kirchberg: Das wäre ja dann römisch Zwei, das ist schon richtig, dass das in der Kommission nicht gestellt wurde, aber wir diskutieren ja jetzt und stimmen jetzt ab der römische Eins, über diesen Art. 12ter. Das andere folgt später.

Session des Kantonsrates vom 18. bis 20. September 2017
18.9.2017Wortmeldung

An die Adresse der CVP-GLP und SVP-Fraktion gerichtet: Nun haben Sie wirklich ein Eigengoal geschossen. Was ursprünglich erreicht werden wollte, hat sich jetzt in nichts aufgelöst, und ich bin überzeugt, wir sind gut beraten im Rahmen der zweiten Lesung auf den Art. 12ter nochmals zurückzukommen – man kann auch noch gescheiter werden.

Session des Kantonsrates vom 18. bis 20. September 2017
18.9.2017Wortmeldung

Die FDP-Fraktion unterstützt den Rückweisungsantrag von Güntzel-St.Gallen, damit diese ganze Angelegenheit nochmals à fonds in der Kommission diskutiert werden kann.

Session des Kantonsrates vom 18. bis 20. September 2017