Geschäft: Nachtrag zum Einführungsgesetz zur Schweizerischen Straf- und Jugendstrafprozessordnung

Übersicht
KomiteeKantonsrat
Nummer22.17.06
TitelNachtrag zum Einführungsgesetz zur Schweizerischen Straf- und Jugendstrafprozessordnung
ArtKR Gesetzgebungsgeschäft
ThemaZivilrecht, Strafrecht, Rechtspflege
FederführungSicherheits- und Justizdepartement
Eröffnung6.4.2017
Abschlusspendent
Letze Änderung9.12.2021
vertraulichNein
öffentlichJa
dringendNein
Dokumente
PubliziertTypTitelDatei
ErlassIn der Gesetzessammlung veröffentlicht im März 2018
AntragKommissionsbestellung vom 12. Juni 2017
AntragAnträge der vorberatenden Kommission vom 18. August 2017
ErlassReferendumsvorlage vom 28. November 2017
BotschaftBotschaft und Entwurf der Regierung vom 2. Mai 2017
AntragAnträge der Redaktionskommission vom 27. November 2017
ProtokollauszugFestlegung des Vollzugsbeginns vom 6. Februar 2018 (erster Teil)
ProtokollProtokoll der vorberatenden Kommission vom 18. August 2017
ErlassErgebnis der 1. Lesung des Kantonsrates vom 20. September 2017
AntragAntrag der CVP-GLP-Fraktion zu Art. 51 Abs. 1 Ingress vom 18. September 2017
ProtokollauszugFestlegung des Vollzugsbeginns vom 6. Februar 2018 (zweiter Teil)
Beteiligungen
DatumAkteurTitelLetze Änderung
1.8.2019Gremium19.1.2023
Abstimmungen
DatumTitelResultatöffentlich
JaBedeutungNeinBedeutungAbsent / Enthaltung
28.11.2017Schlussabstimmung114Zustimmung0Ablehnung6
20.9.2017Antrag der CVP-GLP-Fraktion zu Art. 51 Abs. 1 Ingress65Zustimmung45Ablehnung8
Statements
DatumTypWortlautSession
27.11.2017Wortmeldung

Präsidentin der vorberatenden Kommission: Die vorberatende Kommission verzichtete auf eine Sitzung zur Beratung des Ergebnisses der ersten Lesung des Kantonsrates. Sie beantragt, auf die Vorlage in zweiter Lesung einzutreten.

Session des Kantonsrates vom 27. und 28. November 2017
27.11.2017Wortmeldung

Ratspräsident: Die Vorlage ist in zweiter Lesung durchberaten und geht zur Vorbereitung der Schlussabstimmung an die Redaktionskommission.

Session des Kantonsrates vom 27. und 28. November 2017
20.9.2017Wortmeldung

Art. 51 Abs. 1 Ingress (b] Entscheid). beantragt im Namen der CVP-GLP-Fraktion, Art. 51 Abs. 1 Ingress wie folgt zu formulieren: «Für nachträgliche richterliche Anordnungen ist das Gericht zuständig, welches das rechtskräftige Urteil gefällt hat. Die Einzelrichterin oder der Einzelrichter entscheidet bei:»

Auf S. 5 der Vorlage ist das Thema der Zuständigkeiten für nachträgliche richterliche Entscheide abgehandelt.

Als Nichtjurist hatte ich dazu in der Kommission Fragen gestellt und die nicht befriedigenden Antworten haben dazu geführt, dass dieser Antrag, wie er Ihnen auf dem grauen Blatt vorliegt, gestellt wird und bereits in der Kommission angesagt wurde.

Ich möchte diesen Antrag wie folgt begründen: Viele von uns monieren ständig die wachsenden Ausgaben in vielen Bereichen. Viele von uns stören sich immer wieder am dichter werdenden Gesetzesdschungel, Verordnungen, Weisungen, Reglementen, aber auch immer wieder am vorauseilenden Gehorsam. Genau hier möchte ich einhängen, obwohl er die Strafkammer des Kantonsgerichtes und die Anklagekammer, wie uns diese an da vorberatenden Kommissionssitzung mitgeteilt wurde, mit der heutigen Praxis keine Probleme hatten und sich die bis anhin geltende Regel in der Praxis bewährt hat, will die Verwaltung hier eine Anpassung durchsetzen. Obwohl das Bundesgericht die entsprechende kantonale Regelung ausdrücklich nicht beanstandet, will man etwas bewährtes auf Kosten der Steuerzahler ändern. Obwohl wir alle wissen, dass unsere Gerichte auf allen Stufen teilweise überlastet sind, schlägt uns die Verwaltung vor, die Gerichte mit neuen Verfahren weiter zu belasten.

Wir alle wissen, dass bei einem Systemwechsel Kosten anfallen werden. Keiner weiss, wie hoch diese sein werden. Denken Sie daran, auch Kleinvieh macht Mist.

Huber-Oberriet der FDP-Fraktion hat dies im vorangehenden Geschäft richtig gesagt, die Praxis sagt uns, was wir ändern sollen oder eben auch, was wir nicht ändern müssen. In diesem Sinn ändern wir also nicht ohne Not und Zwang in der Praxis Bewährtes.

Session des Kantonsrates vom 18. bis 20. September 2017
20.9.2017Wortmeldung

(im Namen der SP-GRÜ-Fraktion): Auf die Vorlage ist einzutreten. Den Anträgen der vorberatenden Kommission ist zuzustimmen.

Von unserer Seite her ist das Eintreten auf die Vorlage ebenfalls unbestritten. Letztlich geht es in weiten Teilen um den Nachvollzug von Bundesrecht bzw. von bundesgerichtlicher Rechtsprechung. Wir werden uns in der Spezialdiskussion zurückhalten und ich erlaube mir bereits hier im Rahmen des Eintretens diejenigen Hinweise anzubringen, die uns wichtig erscheinen. Nur beim einen Artikel, bei demjenigen, der nun bereits genannt wurde, mit den Sachbearbeitern mit staatsanwaltschaftlichen Befugnissen, da möchte ich dann noch eine Ausführung dazu machen.

Hier nun einige allgemeine Bemerkungen zu den Artikeln: Die Regierung sieht in Art. 33 vor, dass von Seiten Staatsanwaltschaft aktiv Dritte, die ein schützenswertes Interesse an einem Strafverfahren haben, informiert werden können. Wir sind der Meinung, dass ein solches Informationsrecht durchaus Sinn macht, bzw. dass dieses auch notwendig sein kann zum Schutze möglicher Opfer. Wichtig erscheint uns aber, dass dieses rechtskonform ausgeübt wird, in Nachachtung der Unschuldsvermutung und des Verhältnismässigkeitsprinzips. Wir haben da auch Vertrauen in die Staatsanwaltschaft, dass dies auch so gehandhabt wird.

Den Antrag der CVP-GLP-Fraktion zu Art. 51 Abs. 1 lehnen wir ab. Wir sind der Meinung, dass es auch für nachträgliche richterliche Anordnungen klarerweise einen doppelten Instanzenzug braucht. Ich werde dazu dann bei der Begründung des Antrags durch die CVP-GLP-Fraktion noch einmal darauf eingehen, weshalb wir dies als notwendig erachten.

Etwas speziell in der Diskussion war, dass von Seiten Verwaltung noch zwei zusätzliche Anträge eingebracht wurden. Diese Anträge erscheinen uns aber grundsätzlich problematisch, wir werden diesen auch zustimmen. Zu Art. 50bis möchte ich einfach festhalten, dass ich mich da ein bisschen frage, wie gross der Anwendungsbereich dann von diesen Überwachungsmassnahmen sein wird bei Straftätern, die das Land vermutlich verlassen haben. Ich gehe einmal davon aus, dass diese Straftäter kaum mehr diejenige Telefonnummern verwenden werden, welche sie in der Schweiz verwendet haben und den Schweizer Behörden bekannt sind. Deshalb wird der Anwendungsbereich dieses Strafbestimmung vermutlich nicht besonders gross seien. Wir haben aber nichts gegen diese einzuwenden.

Insgesamt werden wir auf die Vorlage eintreten, zum Antrag der CVP-GLP-Fraktion noch etwas sagen, und dann ebenfalls auch noch zu den Sachbearbeitern mit staatsanwaltschaftlichen Befugnissen.

Session des Kantonsrates vom 18. bis 20. September 2017
20.9.2017Wortmeldung

Der Antrag der CVP-GLP-Fraktion ist abzulehnen.

Es geht hier um die Frage, wer über nachträgliche richterliche Anordnungen zu entscheiden hat. Nachträgliche richterliche Anordnungen, das können sehr weitreichende Entscheide sein. Da kann es z.B. darum gehen, ob jemand, der zu einer stationären Massnahme verurteilt wurde, im Anschluss daran verwahrt wird, weil man davon ausgeht, dass die stationäre Massnahme nicht genügt hat.

Es ist so, dass wir im Kanton St.Gallen für alles und jedes einen doppelten Instanzenzug kennen. Und ausgerechnet in diesem Bereich, welcher doch so weit gehende Massnahmen nach sich ziehen kann, wollen wir keinen doppelten Instanzenzug. Im Rahmen der Diskussion um das Verwaltungsrechtspflegegesetz haben wir dies einlässlich diskutierten und waren der Meinung, dass es überall im Verwaltungsverfahren soll es einen doppelten Instanzenzug geben. Hier im Strafverfahren, wo es um gravierende Eingriffe in die Persönlichkeit des Betroffenen gehen kann, wollen wir dies nicht. Dies ist für mich nicht nachvollziehbaren. Ich bitte Sie, diesen Antrag abzulehnen.

Es ist für den Betroffenen wichtig einen doppelten Instanzenzug zu haben. Er kann dann in einem ersten Verfahren seine Sicht der Dinge darlegen. Dies wird gewürdigt, festgehalten und dann gibt es einen richterlichen Teil. Diese richterliche Entscheid kann dann weiter gezogen werden, und es kann an diesem Entscheid alles kritisiert werden, es kann auch die Feststellung des Sachverhaltes kritisiert werden. Wenn wir keinen doppelten Instanzenzug haben, dann haben wir nur eine Instanz, die den Sachverhalt umfassend feststellt, und danach gibt es keine solche Feststellungen mehr. Das Bundesgericht hat hier eine sehr eingeschränkte Überprüfungsbefugnis. Mir erscheint es nicht sachgerecht, gerade in dieser Frage den doppelten Instanzenzug auszuschliessen und ich möchte Sie bitten, hier dem Antrag der Regierung zu folgen, hier konsequent zu sein und diesen doppelten Instanzenzug einzuführen. Die Kosten sind nicht abschätzbar im Moment, das ist klar, aber es wird diejenigen geben, die das Urteil bereits vom Kreisgericht her akzeptieren, es wird einige geben die weiterziehen ans Kantonsgericht, aber wie viele das sind, können wir heute nicht sagen, aber die Kosten werden sicher nicht ins Unermessliche steigen für diesen doppelten Instanzenzug.

Ich möchte auch noch auf etwas hinweisen, das von Seiten Regierung in der Kommission vorgebracht wurde und mir auch wichtig erscheint. Dieser nachträglich richterlichen Anordnung liegt ja ein Verfahren zu Grunde, ein erstes Strafverfahren das geführt wurde, und ob nun ein doppelter Instanzenzug möglich ist oder nicht für die nachträgliche richterliche Anordnung hängt dann davon ab, ob die Betroffene bzw. der Betroffene im Hauptverfahren bereits das erstinstanzliche Urteil akzeptiert hat oder ob er dieses an das Berufungsgericht weiter gezogen hat. Es ist als auch eine rechtsungleiche Behandlung, für die es keine Gründe gibt.

Ich bitte Sie daher dem Antrag der Regierung zu folgen und es dabei zu belassen, dass das erstinstanzliche Gericht zuständig sein soll für nachträgliche richterliche Anordnungen.

Session des Kantonsrates vom 18. bis 20. September 2017
20.9.2017Wortmeldung

(im Namen der FDP-Fraktion): Der Antrag der CVP-GLP-Fraktion ist abzulehnen.

Die Kernaussage des CVP-Antrags ist kurz zusammengefasst: Warum etwas ändern, wenn es bisher funktioniert hat. Und Güntzel-St.Gallen hat gesagt, aufgrund der Zweckmässigkeit schliesst sich die SVP-Fraktion, nachdem sie sich in der Kommissionsberatung enthalten hat und sich dann über diesen Artikel gebeugt hat, ebenfalls den CVP-Antrag an aufgrund dieser Zweckmässigkeit.

Die FDP-Fraktion ist dafür bekannt, dass wir für zweckmässige Lösungen zu haben sind. So stimmen wir eben auch dieser St.Galler Eigenheit zu, den Sachbearbeiter mit staatsanwaltschaftlichen Befugnissen weiterhin die Kompetenz zu belassen, weil auch die Qualität unverändert gleich bleibt. Wir können 1 Mio. Franken einsparen, aber die Qualität bleibt die dieselbe, auch wenn man da Staatsanwälte einsetzen würde bei diesen 0815-Fällen. Bei 30'000 Fällen je Jahr gibt es da keine Qualitätsverbesserung.

In diesem Fall ist es aber eine andere Situation. Natürlich hat das Bundesgericht gesagt, dass sie die St.Galler Lösung nicht beanstandet. Bei der Qualität für die betroffenen Personen spielt es aber sehr wohl eine Rolle, ob wir einen doppelten Instanzenzug einführen oder nicht. Ich finde das ist die wesentliche Frage. Es ist richtig, dass wir in dieser Vorlage einzig zum Electronic Monitoring klare Aussagen zu den Kosten und zu den personellen Ressourcen erhalten haben. Hier ist es wirklich so, dass man das nicht genau sagen kann, was passieren wird. Voraussichtlich ist es so, dass das Kreisgericht mehr Arbeit hat und das Kantonsgericht entlastet wird.

Aber stellen Sie sich folgenden Fall vor: Eine Person legt ein Urteil ab, geht in die Berufung und das Kantonsgericht weist diese Berufung ab. Dann wendet sich die Vollzugsbehörde, z.B. bei der Verwahrung, wieder an das Kantonsgericht und das Kantonsgericht, welches die Berufung abgelehnt hat, muss nun über die Verwahrung entscheiden - die gleiche Instanz. Jetzt kann man sagen, dass es zweckmässig. Aber die Qualität für den Betroffenen ist nicht dieselbe.

Ich glaube, unsere Aufgabe als Kantonsräte ist es natürlich auch zu den Finanz zu schauen, aber wir sind auch hier für gewählt, Verbesserungen anzubringen. Ich bin ganz klar der Meinung, dass es hier um eine Verbesserung für die betroffenen Personen geht. Seien Sie sich bewusst, dass hier, wie ich bereits im Eintretensvotum erwähnt habe, für die Bürgerin und den Bürger nicht verständlich ist, bei einem Sachverhalt mit schwerwiegenden Auswirkungen, dass wir hier im Kanton kein einheitliches Prinzip haben.

Ich bitte Sie, diesen Antrag nochmals zu überdenken.

Session des Kantonsrates vom 18. bis 20. September 2017
20.9.2017Wortmeldung

(im Namen der SVP-Fraktion):Dem Antrag CVP-GLP-Fraktion ist zuzustimmen.

Ich glaube, wenn wir jetzt sagen, dass das Bundesgericht dieses Punkt ändern kann, es ist auch nicht klar, ob das Bestand hält. Auf ewig hält sowieso nichts Bestand, dann müssen wir gar nie mehr Gesetze erlassen sondern abwarten, was uns von Lausanne vorgegeben wird. Deshalb meine ich, und ich erinnere daran, dass sich beim Eintreten schon gesagt habe, dass die SVP-Delegation, nachdem sie diese Frage in der Fraktion beraten hat, sich geschlossen für die heutige Variante entschieden hat oder anders gesagt, den Antrag zur CVP-GLP-Fraktion unterstützt.

Session des Kantonsrates vom 18. bis 20. September 2017
20.9.2017Wortmeldung

Es freut und ehrt mich selbstverständlich, wenn Regierungsrat Fässler auf meine Voten und meine Bedenken eingeht. Ich halte fest, ich habe keinen Antrag gestellt, was Art. 33 Bst. a betrifft, sondern ich habe lediglich einen Hinweis angebracht. In der vorberatenden Kommission wurden auch gesagt, dass man dann den richtigen Hans Müller oder Peter Meier verhaftet. Da wird der Polizisten auch die Identifikationsnummer aufrufen und fragen, sind sie dieser oder jener. Und alle ausländischen Täter müssen zuerst noch eine Nummer bekommen, dass es unproblematisch ist. Ich meine das jetzt ironisch. Aber ich habe dort gesagt, irgendwann kommt der grosse «Klick» von den Hackern, die ja offenbar kein Problem haben in grosse Systeme einzudringen, geben eine Nummer ein und haben dann innert Sekundenbruchteilen die Beteiligungen an Grundstücken, an Firmen, allfällige Strafbefehle usw. Das ist mir zuwider, aber ich stelle keinen Antrag, weil ich ziemlich alleine und einsam war bei jener Frage in der vorberatenden Kommission.

Ich meine aber schon, Regierungsrat Fässler, der Trend zum Einzelrichtertum ist in der Kombination dieser Vorlage ein weiter gehender. Einerseits ist es zwar nicht direkt nach aussen wahrnehmbar, aber diese Sachbearbeiter mit staatsanwaltschaftlichen Befugnissen sind jetzt gemäss Bundesgerichtspraxis vom «Götti-System» der Staatsanwälte zu befreien, und damit eben diese Aufwertung, der wir nicht opponieren, aber wo ich gesagt habe, dass hier zumindest ein Widerspruch zu den Juristen am Kreisgericht geschaffen wird. Das sind Feststellungen und es sind keine Anträge.

Session des Kantonsrates vom 18. bis 20. September 2017
20.9.2017Wortmeldung

(im Namen der SVP-Fraktion): Auf die Vorlage ist einzutreten. Den Anträgen der vorberatenden Kommission ist zuzustimmen. Dem Antrag der CVP-GLP-Fraktion ist zuzustimmen.

Auch die SVP-Fraktion ist für Eintreten und wird der Vorlage weitestgehend zustimmen. Trotzdem einige grundsätzliche Feststellungen: Der Trend zum Einzelrichter geht noch weiter, ist doch die Staatsanwaltschaft der grösste Strafrichter im Kanton. Die Aufwertung der Sachbearbeiter mit staatsanwaltschaftlichen Befugnissen ist eine Konsequenz der eidgenössischen Gesetzgebung, ist aber inkonsequent gegenüber der damaligen Vorgaben unseres kantonalen Gesetzgebers, unseres Rates, für Haupt- und teilamtliche Richter am Kreisgericht, die ein juristisches Studium abgeschlossen haben müssen. Damit sprechen wir diesen Sachbearbeitern ihre Fähigkeiten nicht ab, aber ich möchte auf diesen Widerspruch hinweisen.

Ein weiterer Trend zum gläsernen Bürger geht aus meiner persönlichen Sicht leider auch weiter, sollen doch nun die Identifikationsnummern auch im Strafverfahren Einzug halten, was schon beim Handelsregister und bei den Grundbuchämtern vorgesehen ist. Ich möchte einfach damit auch darauf hinweisen, Art. 33 ist grundsätzlich ein «Kann»-Artikel, aber die Diskussion der vorberatenden Kommission hat ganz klar aufgezeigt, dass wenn diese Bestimmung beschlossen wird, das grundsätzlich in Strafverfahren mit dieser Identifikationsnummer gearbeitet wird, und das gilt genauso für eine Geschwindigkeitsübertretung von ein oder zwei km/h über dem Ordnungsbussensystem, wie für eine schwere Tat.

Die SVP-Fraktion hat einstimmig beschlossen, bei Art. 51 an der bestehenden Regelung festzuhalten, wonach das Gericht zuständig bleibt, welches das rechtskräftigen Urteil gefällt hat. In der vorberatenden Kommission hatten wir uns noch der Stimme enthalten, weil wir diese Frage vorgängig nicht vertieft diskutiert hatten. Die SVP-Fraktion hat sich jetzt aber einstimmig für die bisherige Lösung ausgesprochen, im Wissen, dass es ein gewisser Widerspruch ist. Es ist nicht nicht der Erste und nicht der Letzte, den dieser Gesetzgeber machen wird. Aber wir meinen, dass wir hier auch aus Zweckmässigkeitsüberlegungen und auch aufgrund der Überlegungen der beschleunigten Verfahren oder der weniger verlangsamten Verfahren, wie Sie es auch sehen wollen, dieser bisherigen Lösung zustimmen können und damit den Antrag der CVP-GLP-Fraktion unterstützen werden. Falls notwendig werde ich zu diesen Punkten in der Spezialdiskussion weitere Ausführungen machen.

Session des Kantonsrates vom 18. bis 20. September 2017
20.9.2017Wortmeldung

(im Namen der CVP-GLP-Fraktion): Auf die Vorlage ist einzutreten. Den Anträgen der vorberatenden Kommission ist zuzustimmen.

Mit dem vorliegenden Nachtrag zum Einführungsgesetz zur Schweizerischen Straf- und Jugendstrafprozessordnung beraten wir über eine grösstenteils technische Vorlage, deren politischer Gestaltungsspielraum eng ist.

Anlass für die Revision sind in erster Linie die Änderungen im Schweizerischen Strafgesetzbuch zum Sanktionenrecht, die am 1. Januar 2018 in Kraft treten werden. Die vorgesehenen Gesetzesanpassungen auf kantonaler Ebene bedeuten grossmehrheitlich formelle und juristische Anpassungen.

Wir begrüssen, dass die kantonale Gesetzgebung mit dem vorliegenden Nachtrag präzisiert und an das eidgenössische Verfahrensrecht angepasst wird. Namentlich begrüssen wir, dass auf Gesetzesstufe die Kompetenzen und der Einsatz der Sachbearbeiter mit staatsanwaltschaftlichen Befugnissen geregelt wird.

Wir nehmen zur Kenntnis, dass sich die im Mitberichtsverfahren beteiligten kantonalen Ämter positiv zu den definierten Anpassungen geäussert haben und diese auch aus fachlicher und operativer Sicht die Neuregelung unterstützen.

Bezüglich der Handhabung von Art. 51 werden wir uns zu einem späteren Zeitpunkt der Beratungen mit einem konkreten Antrag nochmals zu Wort melden.

Die CVP-GLP-Fraktion ist für Eintreten und unterstützt die Anpassungen gemäss den Anträgen auf dem gelben Blatt. Festzuhalten gilt, dass es sich bei den Änderung von Art. 45 und Art. 50bis auf dem gelben Blatt materiell nicht um umstrittene Gesetzesartikel handelt. Vielmehr wurden diese aus Transparenzgründen auf Wunsch der vorberatenden Kommission aufgeführt, weil diese nachträglich und erst kurz vor der Kommissionsberatung in den Beratungsprozess eingeflossen sind.

Session des Kantonsrates vom 18. bis 20. September 2017
20.9.2017Wortmeldung

Präsidentin der vorberatenden Kommission: Wie Sie jetzt es in der Debatte bereits entnehmen konnten, die vorberatende Kommission hat auch diesen Antrag diskutiert, er wurde in der Sitzung gestellt. Er wurde dann mit 5:4 Stimmen und 6 Enthaltungen abgelehnt.

Session des Kantonsrates vom 18. bis 20. September 2017
20.9.2017Wortmeldung

zu Art. 13 (Sachbearbeiter mit staatsanwaltlichen und jugendanwaltlichen Befugnissen):

Ich habe es bereits im Eintreten angekündigt, ich möchte hier noch eine Bemerkung machen zu den Sachbearbeitern mit staatsanwaltschaftlichen Befugnissen.

Güntzel-St.Gallen hat zuvor von einer Aufwertung dieser Stellung der Sachbearbeiter gesprochen. Es in diesem Artikel nun ja darum, dass eigentlich der bundesgerichtlichen Rechtsprechung zu den Sachbearbeitern mit staatsanwaltschaftlichen Befugnissen des Rechnung getragen werden soll. Und zwar hat das Bundesgericht entschieden, dass es nicht sein kann, dass dann diese Sachbearbeiter nicht eigenständig ihre Verfahren führen, und dass es dafür eine gesetzliche Grundlage im kantonalen Verfahren braucht, die sie eben dazu ermächtigt, dann führen sie aber auch das gesamte Verfahren selbst. Dieser Entscheid, der in der Vorlage zitiert ist, das ist der Bundesgerichtsentscheid 142 V 470 (BVG) (??). Ich habe meine Zweifel daran, ob die Bestimmung, die wir hier nun im Gesetz haben, ob diese tatsächlich dieser bundesgerichtlichen Rechtsprechung entspricht, weil das Bundesgericht eigentlich klarerweise in diesem Bundesgerichtsentscheid entschieden hat, dass die Sachbearbeiter mit staatsanwaltschaftlichen Befugnissen bzw., das muss man vielleicht richtig stellen, es ging nicht um Sachbearbeiter mit staatsanwaltschaftlichen Befugnissen, sondern um Mitarbeitende der Staatsanwaltschaft, welche nicht Staatsanwälte sind, und da hat das Bundesgericht festgehalten, dass sich deren Kompetenzen alleine auf das Übertretungsstrafverfahren beschränkt, und dass diese dann, wenn sie die entsprechenden Kompetenzen haben, auch Strafbefehle erlassen können im Übertretungsstrafverfahren. Dieser Entwurf, den wir hier vorliegen haben, geht aber weiter. Er geht davon aus, dass die Sachbearbeiter mit staatsanwaltschaftlichen Befugnissen weit über das Übertretungsstrafverfahren hinaus handeln können und auch selbstständig Anklage erheben können, dass sie Strafbefehle erlassen können in Fällen, in denen es primär um Vergehen geht, allenfalls sogar um ein Verbrechen gehen kann.

Es stellt sich nun die Frage, ob dieser Artikel vor der bundesgerichtlichen Rechtsprechung Stand hält? Das Bundesgericht sagt nicht so ganz klar, was ein Staatsanwalt ist. Und vielleicht wären diese Sachbearbeiter mit staatsanwaltschaftlicher Befugnis nach Meinung des Bundesgerichtes auch Staatsanwälte. In der Regel verfügen diese ja über eine juristische Grundausbildung, es sind z.B. Rechtskonsulenten, allenfalls würde das vom Bundesgericht akzeptiert. Es ist hier einfach ein bisschen unklar und ich denke, es ist sicher wichtig, dass dann hier bei der Qualifikation dieser Sachbearbeiter darauf geschaut wird, dass diese dann ungefähr diesen Anforderungen genügen. Ich habe überhaupt keine Bedenken, dass diese Sachbearbeiter gute Arbeit machen, die machen eine sehr gute Arbeit, und ich habe auch keine Bedenken, wenn diese Strafbefehl erlassen, aber die Frage ist einfach, ob es vor der bundesgerichtlichen Rechtsprechung Stand hält. Und wenn es das nicht tun würde, dann würde dann irgendwann eine Anwalt sagen: Halt, das entspricht aber gar nicht der bundesgerichtlichen Rechtsprechung. Ich ziehe das weit und weiter und am Ende hat man dann das Problem.

Allenfalls würde es sich lohnen, das noch einmal genauer anzuschauen. Und ganz sicher ist erforderlich, dass diese Sachbearbeiter die entsprechenden Qualifikationen haben. 

Session des Kantonsrates vom 18. bis 20. September 2017
20.9.2017Wortmeldung

Ratspräsident, stellt Eintreten auf die Vorlage fest.

Session des Kantonsrates vom 18. bis 20. September 2017
20.9.2017Wortmeldung

Regierungspräsident: Auf die Vorlage ist einzutreten. Den Anträgen der vorberatenden Kommission ist zuzustimmen.

Ich bedanke mich für die wohlwollende Aufnahme dieser Botschaft, dies ist auch nicht verwunderlich. Ich teile die Auffassung, dass es da im Wesentlichen um notwendigen gesetzlichen Nachvollzug geht, und dass die politische Sprengkraft relativ bescheiden ist, wenn man jetzt vielleicht die nachträglichen richterlichen Anordnungen einmal ausnimmt, da sehe ich doch noch eine ziemlich bedeutsame, aber auf notwendige Änderung, die wir vorschlagen. Ich möchte mich jetzt nur zu jenen Punkten äussern, bei denen die Regierung in den Eintretensvoten noch einmal angesprochen wurde: Zum einen Verzicht auf zusätzliches Personal nach Einführung des Electronic Monitoring. Electronic Monitoring, das sind diese elektronischen Fussfesseln, die neu als Vollzugsform eingeführt werden. Diese Vollzugsform wurde ursprünglich einmal entwickelt, weil man den Eindruck hatte, da könne man dann günstigen Strafvollzug machen, die Leute kommen irgendwann bei der Polizei oder Bewährungshilfe vorbei, man montiert dieses Band und dann nimmt man diese irgendwann wieder ab. Die Pilotprojekte, die durchgeführt wurden, haben nun aber gezeigt, dass das zum einen technisch wesentlich anspruchsvoller ist, als angenommen. Man muss da auch vor Ort an den Wohnort entsprechende technische Installationen vornehmen, allenfalls auch weitergehende technische Installationen. Und das Allerwichtigste: Electronic Monitoring funktioniert nur, wenn diese Leute dann tatsächlich auch betreut werden, und das bedeutet einfach zusätzliche, nicht zu unterschätzende, Arbeit. Mein Amt für Strafvollzug schreibt sehr viele Überstunden, und wenn der Bundesgesetzgeber diesem Amt zusätzliche Aufgaben überträgt, dann brauchen wir einfach auch das dafür notwendige Personal, und wenn wir das nicht haben, dann können wir diesen Vollzugsauftrag schlicht nicht wahrnehmen. Wir sind jetzt aber nicht in der Budgetdebatte und die Regierung hat das Budget noch nicht verabschiedet, aber Sie können meinen Ausführungen entnehmen, dass ich darum bemüht bin, diesen Auftrag des Bundesgesetzgebers auch auszuführen und dafür auch auf das notwendige Personal angewiesen bin. Zu den Überwachungsmassnahmen für flüchtige Straftäter: Aus meiner Erfahrung als Strafverteidiger weiss ich, dass Straftäter nicht so klug sind, wie man das gemein hin annehmen könnte, deshalb werden auch relativ viele erwischt. Und auch wenn sie verurteilt sind, kann man davon ausgehen, dass mit diesen Überwachungsmassnahmen wenigstens gelegentlich flüchtige Straftäter auch wieder gefasst werden können.

Güntzel-St.Gallen hat den Trend zum Einzelrichter angesprochen, der bei jetzt weiter geführt wird. Ich glaube, er wird nicht ausgebaut, sondern wir führen das bisherige System, das wiederum das Bundesrecht vorgibt, weiter. Wenn man an diesem System Sonja führen, dass diese Jährige System, das wiederum das Bundesrecht vorgibt e. Freitag, Herrn wenn man an diesem System und da gibt es dogmatisch durchaus berechtigte Einwände. Wenn man dieses System, und da gibt es dogmatisch(11.24.30??) durchaus berechtigte Einwände, verändern will, dann müsste man das dem Bundesgesetzgeber zuweisen, der müsste da aktiv werden. Das kann nicht das einzige Kriterium sein, da gebe ich Güntzel-St.Gallen Recht. Aber eine solche Änderung bzw. Wegfall der Strafbefehlskompetenzen der Staatsanwaltschaft, das würde zu 30'000 zusätzlichen Strafverfahren im Kanton vor Gerichten, vielleicht Einzelrichtern, führen. und das wäre mit Sicherheit eine ziemlich aufwendige und teure Sache.

Noch eine Bemerkung zum «gläsernen Bürger». Es geht in dieser Vorlage nicht darum, den Bürger gläsern zu machen, sondern es geht einzig darum, die notwendigen Identifizierungssicherheiten zu schaffen, welche sich aus der Digitalisierung, die auch im Strafrechtsbereich Einzug hält, sicher zu stellen. Damit kann sichergestellt werden, dass wirklich jene Person gemeint ist, die man tatsächlich auch meint. Wenn zwei Personen gleich heissen, dann ist es möglich, dass es zu Verwechslungen kommt, wenn nicht noch eine zusätzliche Identifizierungsmöglichkeit eingeführt wird, und das ist durchaus auch im Interesse der Bürgerin und des Bürgers.

Zu den einzelnen Bestimmungen, soweit diskutiert wird, werde ich dann im Rahmen der Spezialdiskussion noch Stellung nehmen.

Session des Kantonsrates vom 18. bis 20. September 2017
20.9.2017Wortmeldung

Präsidentin der vorberatenden Kommission: Auf die Vorlage ist einzutreten. Den Anträgen der vorberatenden Kommission ist zuzustimmen.

Gerne informiere ich Sie über das Geschäft 22.17.06 «Nachtrag zum Einführungsgesetz zur Schweizerischen Straf- und Jugendstrafprozessordnung».

Die vorberatende Kommission tagte am Freitag 18. August 2017 von 08.30 bis 11.30 Uhr im Tafelzimmer des Regierungsgebäudes in St.Gallen. Neben der kompletten Kommission waren von Seiten des zuständigen Departement Regierungspräsident Fredy Fässler, Vorsteher des Sicherheits- und Justizdepartementes, Hans-Rudolf Arta, Generalsekretär Sicherheits- und Justizdepartement, Joe Keel, Leiter Amt für Justizvollzug, Sicherheits- und Justizdepartement, wie auch als weiterer Teilnehmender Ivo Kuster, Präsident der Anklagekammer, an der Kommissionssitzung dabei. Für die Geschäftsführung und das Protokoll waren Sandra Stefanovic und Gerda Göbel-Keller zuständig.

Anlass für die Gesetzesrevision sind in erster Linie die Änderungen im Schweizerischen Strafgesetzbuch zum Sanktionenrecht, die am 1. Januar 2018 in Kraft treten werden. Diese erfordern Anpassungen im kantonalen Verfahrensrecht. Es geht hauptsächlich um die Bestimmung von Zuständigkeiten und um vorwiegend redaktionelle Anpassungen.

Zudem wurde auf den 1. Oktober 2016 die strafrechtliche Landesverweisung wieder eingeführt. Der Kanton hat die Pflicht, die Zuständigkeiten im ordentlichen Gesetzgebungsverfahren zu regeln. Diese Gelegenheit wird genutzt, um weitere Anpassungen vorzunehmen, namentlich im Zusammenhang mit dem Bundesgesetz über die Informationsrechte des Opfers und des Eidgenössischen Ordnungsbussengesetzes. Weiter sind aufgrund der Rechtsprechung des Bundesgerichts Anpassungen nötig, insbesondere bei der Regelung der Kompetenzen von Sachbearbeitern und Sachbearbeiterinnen mit staatsanwaltschaftlichen Befugnissen und bei der Sicherheitshaft im Rahmen von Vollzugsverfahren.

Bei dieser Vorlage handelt es sich grösstenteils um technisch juristische Anpassungen mit wenig Gestaltungsspielraum. Aus diesem Grund wurde im Vorfeld darauf verzichtet, eine breite Vernehmlassung durchzuführen.

Die Vorlage wurde in Absprache mit den Gerichten und den betroffenen Ämtern erarbeitet. Zudem wurde ein internes Mitberichtsverfahren bei den betroffenen Stellen durchgeführt. Die Resonanz war positiv und die Vorlage ist gut abgestützt. Dies bestätigte sich denn auch anlässlich der Sitzung der vorberatenden Kommission. Die zwei Anträge zu Art. 17 und Art. 23 EG StPO auf dem gelben Blatt betreffen denn auch noch rein formelle Änderungen, die von der ganzen Kommission mitgetragen werden. Zu Diskussionen führte einzig das formelle Vorgehen der Verwaltung bei der Nachreichung der Änderungsanträge. Nach regem Meinungsaustausch darüber entschied die Kommission dann aber doch einstimmig auf die Nachträge einzutreten und diese im Zuge der ordentlichen vorliegenden Botschaft zusätzlich zu behandeln. Sie finden diese beiden nachgereichten Anträge ebenfalls auf dem gelben Blatt. Beim Ersten handelt es sich um die Streichung von Art. 45 EG StPO, beim Zweiten um die Änderung von Art. 50bis Polizeigesetz. In der Kommission blieben beide Anträge unbestritten.

Die vorberatende Kommission beschloss dann in der Gesamtabstimmung mit 15:0 Stimmen dem Kantonsrat Eintreten auf die Vorlage zu beantragen.

Session des Kantonsrates vom 18. bis 20. September 2017
20.9.2017Wortmeldung

Ratspräsident: Das Präsidium sieht eine Eintretensdiskussion vor.

Session des Kantonsrates vom 18. bis 20. September 2017
20.9.2017Wortmeldung

(im Namen der FDP-Fraktion): Auf die Vorlage ist einzutreten. Den Anträgen der vorberatenden Kommission ist zuzustimmen.

Wir bedanken uns bei der Regierung und insbesondere bei den zuständigen Stellen des Sicherheits- und Justizdepartementes für die vorliegende Botschaft und den Entwurf. Da es sich bei dieser Vorlage in erster Linie um den Nachvollzug und Anpassung bisheriges bzw. übergeordnetes Recht handelt, werde ich mich in meinem Eintretensvotum auf wenige wesentlichen Punkte beschränken. Die Neuregelungen von Zuständigkeiten und die Anpassung von Verfahrensbestimmungen sind grundsätzlich zu begrüssen. Gleichzeitig bedauern wir es aber auch, dass der Gesetzesumfang durch die weitergehende Detaillierung, so zum Beispiel beim Massnahmenvollzug zugenommen hat.

Als sinnvoll erachten wir, dass auch künftig gut funktionierende St.Galler Eigenheiten, beibehalten werden, sofern dies mit dem übergeordneten Recht vereinbar ist. So ist es begrüssenswert, dass auch künftig die Zuständigkeit für den Erlass von Strafbefehlen bei den Sachbearbeitern mit staatsanwaltschaftlichen Befugnissen bleibt.

Bei den rund jährlich 30'000 Strafbefehlen handelt es sich vornehmlich um 0815-Fälle, entsprechend ist eine Ablösung dieser Mitarbeitenden durch Staatsanwältinnen und Staatsanwälte weder notwendig noch zweckmässig. Damit wird eine bisherige gut funktionierende Praxis beibehalten, den entsprechenden Mitarbeitern die Kompetenzen belassen, die Staatsanwälte weiterhin entlastet, und last but not least werden mit der kostengünstigen Variante bis zu 1 Mio. Franken zusätzliche Besoldungskosten eingespart.

Aufgrund der doch hohen Kompetenzen der einzelnen Sachbearbeitenden und zum Teil schwerwiegenden Entscheidungen für die Betroffenen. z.B. Freiheitsstrafen bis zu sechs Monaten, ist es unabdingbar, dass die juristischen Sachbearbeiter über ein hohes Bewusstsein und Verantwortungsgefühl verfügen, entsprechend ist bei der Stellenbesetzung mit der notwendigen Sorgfalt vorzugehen und die Qualifikation der Stelleninhaber entsprechend zu prüfen.

Nun zum doppelten Instanzenzug: Trotz der Tatsache, dass das Bundesgericht die bestehende St.Galler Regelung nicht beanstandet hat, erscheint uns diese nicht sachgerecht zu sein. Die FDP-Fraktion erachtet deshalb bei den nachträglichen richterlichen Entscheiden die Einführung des doppelten Instanzenzugs als richtig und konsequent. Mit dem doppelten Instanzenzug werden die Parteirechte der betroffenen Personen verbessert und damit sind künftig auch in unserem Kanton bei diesen Fällen zwei Gerichtsinstanzen vorgesehen.

Vergessen wir nicht, dass unser Rat im letzten Jahr im Rahmen der Beratung des VIII. Nachtrag zum Gesetz der Verwaltungsrechtspflege der Einführung des doppelten Instanzenzugs deutlich zugestimmt hat. Es wäre also inkonsequent und auch aus rechtsstaatlichen Überlegungen nur schwer erklärbar, wenn wir nun ausgerechnet bei Fällen, bei denen es sich um schwerwiegende Eingriffe in die persönliche Freiheit handelt, vom Doubleinstance-Prinzip abweichen würden. Wir sollten hier keine Ausnahme machen und dafür sorgen, dass wir ein einheitliches System in unserem Kanton haben. Alles andere wäre für die Bürgerinnen und Bürger nur schwer nachvollziehbar.

Und zum Schluss an die Regierungsbank gerichtet: In der Vorlage wird auf künftige zusätzlich Kosten wie auf allenfalls benötigte Personalressourcen hingewiesen. Dies insbesondere für die Einführung des Electroning Monitoring. Die FDP. Fraktion erwartet, dass die Regierung die Kosten im Auge behaltet, erstmals abwartet und Erfahrungen mit den gemachten Anpassungen sammelt und vorhandene Einsparungspotenziale konsequent nutzen wird. Es sind vorab keine neue Stellen zu schaffen.

Session des Kantonsrates vom 18. bis 20. September 2017
20.9.2017Wortmeldung

Regierungspräsident: Wir meinen, dass wir Ihnen einen rechtskonformen Vorschlag zu diesem neusten Bundesgerichtsentscheid unterbreitet haben. In diesem Bundesgerichtsentscheid wurde festgehalten, dass es nicht zulässig ist, dass so quasi «Unterstaatsanwälte» unter der Aufsicht von Hauptstaatsanwälten tätig werden können, und eine solche Regelung kannte unser Recht tatsächlich. Unser bisheriges Recht definiert die Sachbearbeiter mit staatsanwaltschaftlichen Befugnissen so, dass sie auf Anordnung und unter Verantwortung einer Staatsanwältin oder eines Staatsanwaltes Untersuchungen führen können. Dazu hat das Bundesgericht, das ist zumindest unsere Interpretation, gesagt, das geht nicht. Staatsanwälte müssen selbständig sein und sie können nicht in einem Unterordnungsverhältnis tätig sein .

Das was jetzt Surber-St.Gallen anspricht sehen wir ja auch nicht ganz so. Das Bundesgericht hat in diesem Entscheid gesagt, dass es zulässig sei, wenn die entsprechenden gesetzlichen Bestimmungen gegeben sind bei so genannten Übertretungen, das auch an Verwaltungspersonal weiterzugeben. Wie wir die Staatsanwälte bezeichnen ist kantonales Recht, ob wir denen Staatsanwälte oder Assistenzstaatsanwälte oder Sachbearbeiter mit staatsanwaltschaftlichen Befugnissen sagen, ist nach unserer Interpretation unsere Sache. Das sind an sich unterschiedliche Formen von Staatsanwälten, Staatsanwalt A oder Staatsanwalt B, oder wie Sie auch immer sagen wollen. Das ist Sache des kantonalen Gesetzgebers. Wir sind daher der Meinung, dass es auch weiterhin möglich ist, Sachbearbeiter staatsanwaltschaftlichen Befugnissen nicht nur für Übertretungen sondern auch für anderes einzusetzen. Wenn man das verändern wollte, gibt es ziemlich gravierende Probleme, weil wenn eine Strafuntersuchung anläuft, weiss man einfach noch nicht was am Schluss rauskommt, ob jetzt eine Übertretung, ein Vergehen oder ein Verbrechen zur Diskussion steht. Natürlich kann man das einigermassen abschätzen. Wenn es um Tote geht, dann ist es wahrscheinlich keine Übertretungen, was sich am Schluss daraus ergibt. Aber diese Beschränkung auf reine Übertretungen macht einfach keinen Sinn. Da müssten wir unser System radikal überdenken.

Was nicht ganz klar ist, und da stimme ich Surber-St.Gallen zu, ist inwiefern Staatsanwälte tatsächlich über juristische Vollausbildung verfügen müssen. Das Bundesgericht sagt dazu, dass das in der Regel so sein muss. Wenn es Regeln gibt, dann versteht zumindest der Jurist das so, dass es auch Ausnahmen gibt. Wir sind der Meinung, dass es auch zukünftig möglich sein muss, gut ausgebildete Sachbearbeiter mit staatsanwaltschaftlichen Befugnissen für diese beschränkte Strafkompetenz einzusetzen. Aber das ist nicht restlos ausgeschlossen, dass das Bundesgericht irgendwann einmal sagt, dass das nicht geht. Auch Güntzel-St.Gallen hat Überlegungen in diese Richtung gemacht. Am Gericht, zumindest im st.gallischen Recht ist eine juristische Ausbildung Voraussetzung. Da könnte es irgendwann zu Veränderungen kommen und dann müssen wir diese 28 Sachbearbeiterinnen und Sachbearbeiter mit staatsanwaltschaftlichen Befugnissen dann durch ausgebildete Juristinnen und Juristen ersetzen. Das wäre dann natürlich wiederum mit den entsprechenden Folgen verbunden.

Wir setzen selbstverständlich alles daran, dass unsere Sachbearbeiterinnen und Sachbearbeiter mit staatsanwaltschaftlichen Befugnissen über die notwendige fachliche Kompetenz verfügen und sie laufend natürlich, wie die übrigen Staatsanwältinnen und Staatsanwälten, auch weitergebildet werden.

Session des Kantonsrates vom 18. bis 20. September 2017
20.9.2017Wortmeldung

Regierungspräsident: Der Antrag der CVP-GLP-Fraktion ist abzulehnen.

Es geht jetzt in Gottes Namen um etwas rechtstechnisches, ich ersuche Sie, mir aber trotzdem zuzuhören.

Boppart-Andwil, das war also nicht die Verwaltung, welche diesen Antrag stellt, sondern die Regierung unterbreitet Ihnen diesen Antrag.

Es ist wurde bereits gesagt, worum es geht. Bei diesen so genannten nachträglichen richterlichen Anordnungen geht es nicht um das eigentliche Strafverfahren, sondern um ein Verfahren, das im Anschluss an dieses Verfahren allenfalls notwendig wird, weil sich die Sachen nicht so entwickelt haben, wie man das prognostiziert hat. Es kann sein, dass jemand bedingt entlassen wird und sich dann nicht so verhält, wie man es von ihm erwartet und er dann zurückversetzt wird in den Strafvollzug oder auch in den Massnahmenvollzug, also in eine geeignete Institution, welche diese Massnahmen durchführen kann. Er kann auch sein, dass eine solche Massnahme verlängert werden muss. Und die eingreifendste Massnahme. es kann sein, dass sich zeigt, das jemand nicht geheilt werden kann, was man ursprünglich in Aussicht genommen hat, sondern dass er verwahrt werden muss. Dass ein Richter einen Menschen vorläufig und auf lange Zeit wegsperrt. Es geht um sehr sehr gravierende Eingriffe in die persönliche Freiheit.

Jetzt aktuell haben wir eine Regelung, das jenes Gericht zuständig ist, welches das rechtmässige Urteil gefällt hat. Also, wenn jemand vom Kreisgericht verurteilt wird, das kreisgerichtliche Urteil akzeptiert, dann wird diese nachträgliche richterliche Anordnung, dieser nachträgliche richterliche Entscheid, wenn er dann nötig werden wird, durch das Kreisgericht beurteilt, und der Angeschuldigte, der Betroffene, hat dann die Möglichkeit, die Anklagekammer anzurufen und dann das Bundesgericht, wenn er mit dem Urteil des Kreisgerichtes nicht einverstanden ist.

Wenn jetzt aber das Kantonsgericht im Berufungsverfahren dieses rechtmässige Urteil gefällt hat, dann ist das Kantonsgericht nach aktueller Rechtslage zuständig für diese nachträgliche richterliche Verfügung. Es besteht dann kein innerkantonales zusätzliches Rechtsmittel. In dieser Situation muss dann dieser Entscheid des Kantonsgerichtes, wenn er nicht akzeptiert wird, an das Bundesgericht weitergezogen werden.

Jetzt hat sich etwas verändert. Es ist also nicht einfach eine Macke der Verwaltung oder des Gerichtes, welche zu diesem Antrag führt. Die bisherige Rechtsordnung oder die bisherige Rechtsprechung ist davon ausgegangen, dass das Kantonsgericht nur dann erstinstanzlich zuständig sein soll für diese nachträgliche richterlicher Anordnung, wenn sie das erstinstanzliche Urteile abgeändert hat.

Also wenn jemand Berufung macht und das Kantonsgericht verurteilt jemanden z.B. statt zu zwei Jahren zu einem Jahr, dann hatte man den Eindruck, es ist es besser, wenn das Kantonsgericht das beurteilt, weil das ja von den Beurteilungen des Kreisgerichts abgewichen ist. Es geht nach meiner Beurteilung auch nicht ganz auf, wenn man das durchdenkt, aber so war es jetzt einmal.

Jetzt hat das Bundesgericht gesagt, das geht so nicht. Wenn das Kantonsgericht ein Urteil fällt, und selbst wenn es das selbe Urteil ist, wie die Vorinstanz, also wie das Kreisgericht, dann fällt das Kantonsgericht ein Sachurteil, dann fällt also das Kantonsgericht dieses rechtmässige Urteil. Das würde jetzt bedeuten, dass noch viel häufiger, wenn es zu solchen nachträglichen richterlichen Entscheiden kommt, erstinstanzlich das Kantonsgericht zuständig ist.

Ich kann Ihnen vielleicht, damit das jetzt noch etwas bildlicher wird, ein konkretes Beispiel erwähnen. Nehmen wir das Beispiel: Ein Mann wird wegen Vergewaltigung verurteilt zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren. Das Kreisgericht fällt dieses Urteil, er akzeptiert es. Zweite Variante: Ein Mann wird wegen Vergewaltigung durch das Kreisgericht St.Gallen zu vier Jahren Freiheitsstrafe verurteilt. Er macht Berufung ans Kantonsgericht. Das Kantonsgericht bestätigt diese vier Jahre und sagt also genau das Gleiche wie das Kreisgericht. Wenn wir unsere bisherige Ordnung beibehalten, dann wird beim ersten Fall ein nachträglicher richterlicher Entscheid durch das Kreisgericht vorgenommen, bei exakt gleicher Ausgangslage. Und der Verurteilte hat dann die Möglichkeiten an die Anklagekammer zu gelangen und anschliessend ans Bundesgericht. Und wenn er sich jetzt noch etwas gewehrt hat, obwohl es nichts genützt hat, dann ist nach der aktuellen Rechtslage das Kantonsgericht zuständig. Für mich eine Rechtslage die an der Grenze zum Willkürlichen liegt, weil die gleiche Situation, andere Kompetenzen und Zuständigkeiten nach sich ruft. Ich bin auch nicht so ganz sicher, ob das auf Dauer vor dem Prinzip des erwähnten doppelten Instanzenzugs, der eigentlich eine Selbstverständlichkeit ist, standhalten wird. Das Bundesgericht hat gesagt, dass es nicht zu beanstanden ist, aber ob das dann wirklich, wenn man das etwas genauer anschaut, weiterhin Bestand haben wird, das weiss ich einfach nicht. Es geht hier nicht um Peanuts, sondern wirklich um die einschneidendsten Massnahmen, die unsere Rechtsordnung kennt, und da meine ich, ist es doch mehr als angebracht, wenn wir zum einen eine einleuchtende Kompetenzordnung schaffen, für alle die gleiche Zuständigkeitsordnung. Ich kann nicht verhehlen, das wir wahrscheinlich zu gewissen Mehrkosten führen. Wenn man Instanzen schafft, dann wird das möglicherweise etwas kosten, aber ich glaube nicht, dass bei derart schwerwiegenden Eingriffen in die persönliche Freiheit des Einzelnen Kostenüberlegungen im Vordergrund stehen sollten.

Session des Kantonsrates vom 18. bis 20. September 2017
20.9.2017Wortmeldung

Ratspräsident: Die Vorlage ist in erster Lesung durchberaten und geht zur Vorbereitung der zweiten Lesung zurück an die vorberatende Kommission.

Session des Kantonsrates vom 18. bis 20. September 2017