Geschäft: Wahlsystem der Stadt St.Gallen respektieren

Übersicht
KomiteeKantonsrat
Nummer42.16.14
TitelWahlsystem der Stadt St.Gallen respektieren
ArtKR Motion
ThemaGrundlagen und Organisation
FederführungDepartement des Innern
Eröffnung29.11.2016
Abschluss11.6.2018
Letze Änderung9.12.2021
vertraulichNein
öffentlichJa
dringendNein
Dokumente
PubliziertTypTitelDatei
AntragAntrag der Regierung vom 27. Februar 2017
VorstossWortlaut vom 29. November 2016
Beteiligungen
DatumAkteurTitelLetze Änderung
1.8.2019Person6.8.2024
1.8.2019Person27.6.2024
1.8.2019Person27.6.2024
1.8.2019Person27.6.2024
Abstimmungen
DatumTitelResultatöffentlich
JaBedeutungNeinBedeutungAbsent / Enthaltung
24.4.2017Gutheissung60Zustimmung42Ablehnung18
24.4.2017Eintreten54Zustimmung47Ablehnung19
Statements
DatumTypWortlautSession
24.4.2017Wortmeldung

Auf die Motion ist einzutreten.

Ich will nicht wiederholen, was Hasler-St.Gallen im Einzelnen ausgeführt hat. Es geht wirklich darum, dass man ein Versehen, ein unbewusstes Versehen korrigiert. Es ist nicht so, dass bewusst ein anderes System gewählt wurde und wie dargelegt wurde, ist es schlecht, wenn drei oder vier Wahlgänge notwendig sind, bis ein Stadtpräsidium bspw. besetzt ist. Es geht wirklich um eine Frage der Glaubwürdigkeit. In den Städten stellt sich eben vielleicht das Problem etwas anders und ich möchte Sie bitten, man kann sagen es ist ein städtisches Thema. Aber ich möchte Sie wirklich bitten, hier dieser Motion zuzustimmen und eine Korrektur zu machen. Was Hasler-St.Gallen gesagt hat, ist Beweis genug, dass das notwendig sein sollte.

Session des Kantonsrates vom 24. und 25. April 2017
24.4.2017Wortmeldung

im Namen der CVP-GLP-Fraktion: Auf die Motion ist nicht einzutreten.

Es besteht kein Handlunsbedarf zur Rückkehr zum alten System. Das Gemeindegesetz, das seit 1. Januar 2010 in Kraft ist, hat sich bewährt. Insbesondere Art. 22 Abs.1 und 64, Abs. 1. Als das alte Gesetz noch in Kraft war, trat in verschiedenen Gemeinden ab und zu der Fall ein, dass ein Gemeindepräsident wohl als Gemeindepräsident gewählt wurde, nicht aber als Gemeinderat. Deswegen sollte man keineswegs mehr in das alte System zurückkehren. Es macht auch keinen Sinn, wenn es für Städte letztendlich Sonderbestimmungen geben sollte. Ich denke, es gibt auch keine Vorteile. Im Gegenteil. Neu Zugezogene können es kaum verstehen. Warum braucht es auch in Städten eine doppelte Wahl für Stadtpräsident als Mitglied des Stadtrates und als Stadtpräsident. Ich danke Ihnen, wenn Sie dem roten Blatt, Nichteintreten, zustimmen. Es macht tatsächlich keinen Sinn zum alten System zurückzukehren.

Session des Kantonsrates vom 24. und 25. April 2017
24.4.2017Wortmeldung

Ratsvizepräsident: Die Regierung beantragt Nichteintreten auf die Motion.

Session des Kantonsrates vom 24. und 25. April 2017
24.4.2017Wortmeldung

Verzeihen Sie mir, ich habe Sie vorher belogen. Ich muss jetzt doch noch einmal ganz kurz sprechen.

Dass wir uns richtig verstehen. Das aktuelle Wahlsystem für Gemeindeexekutiven im Kanton St.Gallen ist für die meisten Gemeinden im Kanton völlig richtig. Insbesondere dort, wo das Amt des Gemeindepräsidenten mit grösseren Pensen, mit grösseren Kompetenzen, mit anderen Aufgaben ausgestattet ist, als die eines normalen Gemeinderates, ist es durchaus stimmig und richtig, dass man sagt, diese beiden Ämter müssen separat gewählt werden. Unter anderem auch aus den Gründen, die die Regierung selber in ihrer Vorlage erwähnt. Es mag den Lebensentwurf doch ziemlich durcheinander wirbeln, wenn man sich beispielsweise für das Amt eines Gemeinderates zu 30 Stellenprozent bewirbt und plötzlich ist man dann Gemeindepräsident mit einem Vollamt. Das ist zugegebenermassen für einige nicht zumutbar, umgekehrt gilt dasselbe.

Nun ist es aber einfach so, dass in der Stadt St.Gallen ein etwas anderes System existiert. Die Stadt St.Gallen kennt keine nebenamtlichen Stadträte. Wir haben fünf vollamtliche Exekutivmitglieder. Einer davon ist eben der Stadtpräsident. Es ist auch nicht so, dass der Stadtpräsident in der Stadt St.Gallen mit zusätzlichen Kompetenzen ausgestattet ist. Er verfügt über den Stichentscheid innerhalb der Ratssitzungen. Thomas korrigiere mich, falls ich einen Mist erzähle. er hat gewisse repräsentative Aufgaben und er hat zugegebenermassen einen höheren Lohn. Er ist aber ein Teil einer Kollegialbehörde. Es ist auch nicht so, dass er eine spezifische Direktion ausüben muss, bloss weil er Stadtpräsident ist. Das können die Stadträte bei uns unter sich aufteilen. Er ist, wie gesagt, ein Teil einer funktionierenden Kollegialbehörde. Es ist nun vielleicht wenig überraschend, dass fast alle, ich bin nicht ganz sicher, es könnten alle grösseren Städte der Schweiz sein, bei denen dies ähnlich gehandhabt wird. In der Vorlage sind explizit Zürich und Luzern erwähnt, weil diese das ähnlichste Wahlsystem haben wie wir. Dasselbe gilt aber für Bern, für Lugano, die beide zwar im Proporz ihre Exekutive wählen. Aber auch dort ist es so, dass der Stadtpräsident aus der Mitte des Stadtrates gewählt werden muss. Winterthur, Lausanne, Basel, Aarau, derselbe Fall.

Nun, wenn ich Ihnen ganz kurz aufzeigen kann, worum es uns eigentlich geht. Es ist mir bewusst, es ist eine etwas komplexe, wenn auch nicht komplizierte Geschichte. In der Stadt St.Gallen ist es nicht üblich, dass jemand kommt und sagt, ich trete an für das Amt des Stadtpräsidenten und nur das ist mir gut genug. Wenn ich dann nur Stadtrat werde, dann nehme ich das Amt nicht an. Das hat es in der Geschichte der Stadt St.Gallen meines Wissens noch nie gegeben und das wäre, seien wir ehrlich, einer Kollegialbehörde auch nicht unbedingt förderlich. Stellen Sie sich vor, es würde jemand zur Wahl als Regierungsrat antreten und sagen, ja, ich will dann aber nur Regierungspräsident sein, die Regierungsgeschäfte sonst, die interessieren mich nicht sehr. Darum geht es bei diesem Wahlsystem. Es wird auch in Zukunft in der Stadt St.Gallen so sein, dass bei der etwaigen Wahl eines Stadtpräsidenten bestehende Mitglieder des Stadtrates für solche Wahlen antreten. Es braucht nicht sehr viel Vorstellungskraft, um erkennen zu können, dass ein solches Mitglied des Stadtrates, das gleichzeitig für die Wahl ins Stadtpräsidium antritt, mit grösster Wahrscheinlichkeit im ersten Wahlgang wieder als Stadtrat gewählt wird. Er oder sie muss dann das Amt annehmen in einem ersten Schritt, bevor der zweite Wahlgang ausgewählt wird. Die Wahl ins Stadtpräsidium ist dann eben evtl. erst im zweiten Wahlgang entschieden. Ich sehe grosse Fragezeichen in Ihren Augen. Glauben Sie mir, es ging mir beim ersten Mal, als wir diese Vorlage angeschaut haben in St.Gallen in der Geschäftsprüfungskommissionen etwas ähnlich. Es ist verwirrend, aber es ist nicht wahnsinnig kompliziert. Aber die Szenarien, die sind äusserst realistisch. Gerade deswegen ist dieser Vorstoss so wichtig.

Wir bitten Sie wirklich darum, dieses Geschäft einer Kommission zu geben, wo man das im Detail anschauen kann. Die Behauptung, dass es zu diesen vier Wahlgängen ziemlich schnell kommen kann, die ist nicht einfach aus der Luft gegriffen. Das zeigt der Fall Rapperswil derzeit eindrücklich. Wie Sie sich vorstellen können, ist es tatsächlich so, dass mit jedem zusätzlichen Wahlgang die Stimmbeteiligung sinkt. Das ist ein demokratietechnisches Problem. Es ist einfach nicht in Ordnung, wenn man den Leuten so lange auf die Nerven geht mit Wahlgeschäften, bis sie irgendwann den Bettel hinschmeissen und sagen, das wollen wir nicht. Dass die Szenarien kompliziert und verwirrlich sind, beweist übrigens auch die Regierung. Sie beschreibt nämlich den Fall Luzern und sagt, es ist also offensichtlich auch mit dem alten Wahlsystem möglich, dass es zu vier Wahlgängen kommt. Dies stimmt so leider nicht. Im Fall Luzern ist es nicht zu vier Wahlgängen gekommen, weil das Wahlsystem falsch war. Es ist zu vier Wahlgängen gekommen, weil der ehemalige Stadtpräsident zum Stadtrat herabgewählt wurde, und sich dann zweieinhalb Monate Zeit gelassen hat, bis zu er die Entscheidung fällte, nein, dieses Amt will ich jetzt doch nicht mehr. Hätte er dies nicht getan, hätte er bei den Wahlen zum zweiten Wahlgang in den Stadtrat und ins Stadtpräsidium gesagt, ich nehme dieses Amt nicht an, wäre selbstverständlich die nächste Person mit dem nächstbesten Wahlresultat gewählt gewesen. Ich weiss, das Geschäft ist etwas verwirrend. Glauben Sie mir, wenn ich Ihnen sage, es ist für die Stadt St.Gallen nicht essentiell. Wir werden nicht als Stadt untergehen. Aber es ist dennoch eine Belastung für die städtischen Parteien vier Wahlgänge durchführen zum müssen.

Das Szenario ist sehr realistisch, dass dies dereinst bei einem Rücktritt des aktuellen Stadtpräsidenten der Fall sein wird. Deswegen wird es Sie auch nicht überraschen, dass alle Parteien der Stadt St.Gallen der Ansicht sind, dass wir zurück zum alten Wahlsystem sollen, einem Wahlsystem, welches übrigens seit der ersten Kantonsverfassung in diesem Kanton bestand hat und in dieser ganzen Zeit niemals zu diesen famosen vier Wahlgängen geführt hat. Wenn Sie uns aber zwingen, dieses neue Wahlsystem anzunehmen, über das man in diesem Rat niemals diskutiert hat. Es ist in der Kommission durchgeschlittert. Die damalige Regierungsrätin weiss nicht, warum man es auf die Traktandenliste gesetzt hat. Der damals zuständige Generalsekretär weiss nicht mehr, warum man es auf die Traktandenliste gesetzt hat.

Ich würde persönlich glauben, es ist ein Fehler. Zu diesem könnte man auch einfach stehen und sagen, na gut, dann schauen wir uns das einfach nochmal an. Aber bitte lassen Sie uns das nicht hier im Rat tun, sondern zuerst in einer Kommission, wo man das wirklich detailliert und verwirrungsfrei anschauen kann. Ich bitte Sie, der Motion zuzustimmen bzw. sie zu überweisen.

Session des Kantonsrates vom 24. und 25. April 2017