Geschäft: Standesinitiative zur Befreiung der Altersvorsorgegelder in der Schweiz von den Negativzinsen der Schweizerischen Nationalbank
Komitee | Kantonsrat |
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Nummer | 41.16.02 |
Titel | Standesinitiative zur Befreiung der Altersvorsorgegelder in der Schweiz von den Negativzinsen der Schweizerischen Nationalbank |
Art | KR Standesbegehren |
Thema | Finanzen, Regalien, Unternehmungen, Feuerschutz |
Federführung | Finanzdepartement |
Eröffnung | 7.6.2016 |
Abschluss | pendent |
Letze Änderung | 9.12.2021 |
vertraulich | Nein |
öffentlich | Ja |
dringend | Nein |
Datum | Akteur | Titel | Letze Änderung |
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1.8.2019 | Person | Beteiligung - Chandiramani-Rapperswil-Jona | 27.6.2024 |
Datum | Titel | Resultat | öffentlich | ||||
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Ja | Bedeutung | Nein | Bedeutung | Absent / Enthaltung | |||
21.2.2017 | Gutheissung | 59 | Zustimmung | 51 | Ablehnung | 10 | |
21.2.2017 | Eintreten | 57 | Zustimmung | 51 | Ablehnung | 12 |
Datum | Typ | Wortlaut | Session |
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21.2.2017 | Wortmeldung | Ratsvizepräsident: Die Regierung beantragt Nichteintreten. | Session des Kantonsrates vom 20. und 21. Februar 2017 |
21.2.2017 | Wortmeldung | (im Namen der SP-GRÜ-Fraktion): Dem Standesbegehren ist zuzustimmen. Die Begründung der Regierung auf Nichteintreten hat materiell und versicherungstechnisch etwas für sich, vernachlässigt aber die gesellschaftspolitische Optik. Es stimmt, dass das Problem, bzw. die Herausforderung für die 2. Säule in den kommenden Jahren das extrem tiefe Zinsumfeld ist. Dieses wird verursacht durch die Geldflutung des Marktes durch die Zentralbanken (nicht nur der der Schweiz) und den daraus resultierenden rekordtiefen Zinsen. Bei der SNB kommt noch erschwerend hinzu, dass sie mit happigen Negativzinsen versucht, die Schweizer Exportindustrie zu stützen, damit der Schweizer Franken gegenüber dem Euro und Dollar nicht extrem überbewertet wird das macht Sinn. Die Leidtragenden bei dieser verständlichen Geldpolitik sind jedoch die Pensionskassen, für die es so extrem schwierig wird, mit sicheren Anlagen die nötigen Renditen zu erzielen. Der Minuszins auf liquide Mittel ist somit das Tüpfelchen auf dem «i» dieser ausser Rand und Band geratenen Geldpolitik. Es stimmt auch, dass die Pensionskassen nicht direkte Konten bei der SNB besitzen, aber durch ihre gezwungenermassen hohen liquiden Mitteln, sind sie indirekt eben sehr direkt davon betroffen. Gesellschaftspolitisch betrachtet ist dadurch eine perverse Situation entstanden. Pensionskassen müssen der SNB Millionen Franken an Negativzinsen bezahlen, dieses Geld wird somit direkt den zukünftigen Rentner und Rentnerinnen entzogen. Die SNB macht Milliardengewinne und zahlt den Kantonen jährlich Millionensummen aus. Den einen nimmt man, den andern gibt man. Dass man Geld zahlen muss, wenn man jemanden Geld gibt, ist sowieso ökonomischer Schwachsinn, und wenn dies mit den Rentengeldern geschieht im Besonderen. Es sieht aus, dass diese Situation noch über Jahre anhalten wird, deshalb ist es wichtig, dass auch der Kanton St.Gallen mit diesem Standesbegehren ein Zeichen nach Bern gibt. | Session des Kantonsrates vom 20. und 21. Februar 2017 |
21.2.2017 | Wortmeldung | Dem Standesbegehren ist zuzustimmen. Ich habe zwischen den Zeilen der Antwort auch Sympathie für mein Anliegen erkannt. Habe aber leider keine guten Nachrichten, ich mache mir Sorgen über die Zukunft unserer Vorsorgewerke. Es braucht dringend eine Rentenreform. Pensionskassen wurden vor gut 35 Jahren eingeführt, als das Zinsniveau beim Bankkonto und den Anleihen bei 5 Prozent oder mehr lag. Jetzt haben wir eine anhaltende Tiefzinsphase und die Geldpolitik der Schweizer Nationalbank (SNB) ist nicht mehr kompatibel mit der Altersvorsorge, das könnte sogar zu einem «Grounding» führen, wenn die Situation noch lange anhält, und man nichts dagegen tut. Bereits heute haben wir tiefere Umwandlungssätze und Renten sowie höhere Lohnanzüge Tendenz zunehmend, das «Loch» öffnet sich weiter. Ein weiteres Problem besteht darin, dass die SNB mit Vorsorgegeldern spekuliert und die Devisenbestände aufbaut; diese werden aufgebläht und im schlimmsten Fall ist das Ersparte dann weg. Dies vor allem wenn sich Aktien und Liegenschaften abschwächen. Das sind im Moment fast kleine Schneeballsysteme. Die Gesetzgebung über die Altersvorsorge und auch die SNB sind Bundessache. Wir Kantonsräte besitzen nur ein Antragsrecht bzw. ein Petitionsrecht. Die Kompatibilität zwischen SNB und Vorsorge muss wieder hergestellt werden. Im Bundesrat wird auch bald eine Rentenreform diskutiert. Unser Standesbegehren soll den Druck aufrecht erhalten, dass dieser «Rentenklau» mit den Negativzinsen nicht weitergeht. Ich verstehe meinen Vorstoss nicht als einen Angriff auf die Unabhängigkeit der SNB, es braucht auch keine Verfassungsänderung. Meine Lösung wäre, dass wie bei der Bundestresorerie und dem AHV-Ausgleichsfonds auch bei der SNB Girokonten eröffnet werden dürfen, also zinsneutrale Konti. Über die Haltung des Bundesrates in dieser Sache bin ich enttäuscht. Das ist eine «Vogel-Strauss-Politik», einfach den Kopf in den Sand gesteckt. Der Druck muss hier, wie gesagt, aufrecht erhalten werden. | Session des Kantonsrates vom 20. und 21. Februar 2017 |
21.2.2017 | Wortmeldung | (im Namen der CVP-GLP-Fraktion): Auf das Standesbegehren ist nicht einzutreten. Das Standesbegehren ist zwar gut gemeint, hat aber unerwünschte Effekte auf die Geldpolitik und greift in die Unabhängigkeit der SNB ein. Dies sollten wir nicht leichtfertig tun, zumal die SNB aktuell stark gefordert ist, die heimische Wirtschaft und speziell die Exportwirtschaft vor einer weiteren Aufwertung des Schweizer Franken zu schützen. | Session des Kantonsrates vom 20. und 21. Februar 2017 |
21.2.2017 | Wortmeldung | Regierungsrat: Ich möchte noch einige Ergänzungen machen zur Begründung der Regierung und zu einzelnen Wortmeldungen. Auch für die Regierung ist das Grundanliegen natürlich nachvollziehbar. Negativzinsen seien ökonomischer Schwachsinn hat Walser-Sargans gesagt. Ja, das kann man wirklich so festhalten und die Betroffenheit bei den Vorsorgewerken ist unbestritten. Diese indirekte Betroffenheit, welche Walser-Sargans erwähnt hat, ist dort tatsächlich ein Thema. Aber die Motion, und das ist eigentlich der Anknüpfungspunkt des Nichteintretensantrags, verlangt eine direkte Massnahme, nämlich die Gleichstellung der Pensionskassen mit dem AHV-Ausgleichsfonds, bzw. dass auch die Pensionskassen bei der SNB Girokonten führen können und vom Negativzins ausgeschlossen sind. Im Umkehrschluss heisst das aber, wenn Sie das logisch durchdenken, dass im Grunde genommen nicht die Situation der Girokonten bei der SNB (Zinsbefreiung, kein Negativzins) letztlich für die Renditeproblematik der Pensionskassen verantwortlich ist, sondern es ist das allgemeine Marktumfeld. Das Problem, das Sie haben, wenn Sie das öffnen mit zusätzlichen Ausnahmen, das haben wir auf dem roten Blatt ausgeführt, ist, dass die Geldpolitik der SNB weitere Ausnahmen bekommt. Und je mehr Ausnahmen Sie gewähren, desto mehr wird die Steuerung dieser Geldpolitik erschwert. Ich glaube, das ist eigentlich unbestritten und führt letztlich zu einer schlechteren Wirksamkeit der Geldpolitik der SNB. Mit dem Übergang zu flexiblen Wechselkursen, dann im Jahr 2000 mit der Einführung des Zinssteuerungsinstruments, nicht zuletzt um die Währungsproblematik zu entschärfen, hat die SNB gerade aus Blick der Wirtschaft mit Blick auf die Exportwirtschaft angemessen reagiert, aber es hat Nebenwirkungen, die wir uns im Grunde genommen natürlich nicht wünschen. Daher müssen Sie sich bewusst sein, auch wenn Sie jetzt dieses Instrument für die Vorsorgewerke und Girokonten bei der SNB öffnen, hat das so oder so nur eine sehr beschränkte Wirkung, weil die Girokonten nicht für die Finanzanlagen vorgesehen sind, sondern für den Zahlungsverkehr. Formell hat die Regierung auch gewisse Vorbehalte bei allem Verständnis für das Anliegen. Der Bundesrat hat aufgrund parlamentarischer Vorstösse Ende Dezember einen umfassenden Bericht erstellt. Dieser Bericht antwortet auf verschiedene Vorstösse aus dem Parlament, die ähnlich gelagert sind wie dieses Standesbegehren. Die Antworten sind eigentlich klar, daher fragen wir uns einfach, ob es sinnvoll ist, nach Vorliegen dieses Berichts mit einer Standesinitiative nachzustossen? Ein Letztes: Die Regierung hat in ihrer Begründung darauf hingewiesen, dass sich bei diesem Vorhaben auch verfassungsrechtliche Fragen stellen. Wir haben das zwischenzeitlich abklären lassen durch Prof. Ulrich Cavelti, ehemaliger Verwaltungsgerichtspräsident. Er kommt zum Ergebnis, dass dieser Vorstoss sehr wohl die verfassungsmässig verankerte Unabhängigkeit der SNB tangiert, und wenn man im Grunde genommen die Verfassung nicht ändert, verfassungswidrig ist. Nun kann man natürlich sagen, auch mit einem Standesbegehren kann man die Verfassung ändern. Von daher haben wir dieses Argument auch nicht des Langen und Breiten ausgeführt. Zusammengefasst: Wir haben für das Anliegen durchaus Verständnis, aber es ist eine Massnahme, die letztlich nicht zielführend ist. Sie bringt im Ergebnis den Pensionskassen nicht die erwünschte Wirkung, und was uns vor allem auch beschäftigt, ist die Frage: Wenn Sie mehr Ausnahmen generieren über das Nationalbankgesetz, potenziell könnten Sie ja noch weitere Ausnahmen beantragen, es sind noch weitere Akteure von dieser Zinspolitik betroffen, dann öffnen Sie Tür und Tor dafür, und wenn Sie das machen, dann unterlaufen Sie letztlich die geldpolitischen Instrumente der SNB. Das Zinsinstrument ist nun mal ein Instrument, das die SNB braucht und einsetzt neben den direkten Interventionen auf dem Devisenmarkt. In diesem Sinne haben wir Ihnen bei allem Verständnis für das Anliegen nach gewalteter Diskussion Nichteintreten beantragt. | Session des Kantonsrates vom 20. und 21. Februar 2017 |