Geschäft: Sprachenvielfalt auch im Kantonsrat

Übersicht
KomiteeKantonsrat
Nummer42.16.06
TitelSprachenvielfalt auch im Kantonsrat
ArtKR Motion
ThemaGrundlagen und Organisation
FederführungStaatskanzlei
Eröffnung26.4.2016
Abschluss7.6.2016
Letze Änderung9.12.2021
vertraulichNein
öffentlichJa
dringendNein
Dokumente
PubliziertTypTitelDatei
AntragAntrag des Präsidiums vom 2. Mai 2016
VorstossWortlaut vom 26. April 2016
Beteiligungen
DatumAkteurTitelLetze Änderung
1.8.2019Person27.6.2024
1.8.2019Person8.10.2024
Abstimmungen
DatumTitelResultatöffentlich
JaBedeutungNeinBedeutungAbsent / Enthaltung
7.6.2016Eintreten42Zustimmung67Ablehnung11
Statements
DatumTypWortlautSession
7.6.2016Wortmeldung

Auf die Motion ist nicht einzutreten.

Wie Ihnen dargelegt wurd, ist das Präsidium für das Nichteintreten auf diese Motion. Die Begründung wurde Ihnen schriftlich mitgeteilt. Ich möchte doch noch auf ein paar Punkte eingehen:

  • Warum keine neuen gesetzlichen Artikel? Es gibt heute keinen Artikel der verlangt, dass man sich in diesem Rat in der Schriftsprache äussern soll.

  • Warum sollen wir Artikel neu kreieren, wenn es gar keine braucht, das heisst, keine Gesetze schaffen, wenn gar keine nötig sind.

  • Die Verständlichkeit wäre massiv schwieriger, wenn jeder in seinem Dialekt sich zum Besten äussern würde. Und zwar die Verständlichkeit für die Ratsführung, die Verständlichkeit auch für Personen die angesprochen würden, und die Verständlichkeit vor allem auch für die Protokollführung und die technischen Hilfsmittel.

  • Das heute angewandte System hat sich sehr gut über eine sehr lange Zeit bewährt, jeder mit seinem besten Wissen und Gewissen sich hier in seiner Fähigkeit der Schriftsprache zu äussern-

Das sind die klaren Gründe, warum Ihnen das Präsidium wärmstens empfiehlt, nicht auf diese Motion einzutreten.

Session des Kantonsrates vom 6. und 7. Juni 2016
7.6.2016Wortmeldung

Auf die Motion ist einzutreten.

Wir alle wissen, dass es nur selten vorkommt, dass jemand in diesem Rat aufgrund der gehörten Voten seine Meinung ändert und sich von einem anderen Standpunkt überzeugen lässt. Anders ist dies in den Fraktionssitzungen sowie in den Sitzungen der Kommissionen. Sie wissen, wo der Unterschied ist: einmal Dialekt, hier im Rat angebliche Schriftsprache. Und Schriftsprache heisst, dass Eintretensvoten abgelesen werden, dass kaum jemand zuhört, dass es wenig überraschend ist, was vorgetragen wird. Und wenn sie Leute fragen, die zu Besuch sind, was ihnen aufgefallen ist, dann sagen sie oft, dass es sie befremdet zu sehen, dass die Leute nicht zuhören. Es gibt eine Reihe von Kantonen, die machen gute Erfahrungen mit dem Dialekt. lch war schon an Sitzungen von Kantonsparlamenten und hab gestaunt, dass es lebendiger zu und her gehen kann. Voten in Dialekt: Das heisst vielleicht weniger exakt vorbereitet, aber es heisst spontaner, lebendiger, interessanter und eher auf den Punkt gebracht. Und das wiederum stärkt die Verständlichkeit – der Rat wird glaubwürdiger. Was debattiert wird, wird nachvollziehbarer. ln diesem Sinn kann Dialekt eine Chance sein. Es wäre bereits heute möglich, Dialekt zu reden. Das soll auch so festgehalten werden. Nur darum geht es, und es ist jedem freigestellt, Mundart oder Schriftsprache zu wählen.

Wie gesagt, es ist ein Chance, dass die Verhandlungen für die Leute im Saal, wie auch für die Zuschauerinnen und Zuschauer interessanter, kurzweiliger und kürzer werden. Und ich erlaube mir noch eine Bemerkung zur Landschaft: St.Gallen ist vielfältig, vielfältig auch in der Sprache. Die markanten Unterschiede sind einzigartig: Fürstenländer und Sarganserländer, Werdenberger und Rapperswiler. Es ist wunderbar, wie sich diese Dialekte unterscheiden. Und für die Rheintaler und Toggenburger gilt dies erst recht. Wir können stolz sein auf diese Vielfalt. Es lohnt sich damit sorgsam umzugehen und genau das wird mit dieser Motion ebenfalls zum Ausdruck gebracht.

Session des Kantonsrates vom 6. und 7. Juni 2016
7.6.2016Wortmeldung

Auf die Motion ist einzutreten.

Weil es gemäss der Stellungnahme vom Präsidium zu unserer Motion nicht ausdrücklich untersagt ist, im Kantonsrat Mundart zu sprechen, mache ich es jetzt auch. Weil das möglich ist, spricht auch nichts dagegen, dass wir das ausdrücklich ins Geschäftsreglement hineinschreiben. Das wäre wirklich keine grosse Sache. Das Präsidium will nicht eintreten auf die Motion und schreibt, es gäbe sachliche Gründe, Hochdeutsch zu sprechen. Auf diese will ich jetzt rasch eingehen. Protokollführung sei schwieriger bei Mundart. Das ist schon möglich, aber ist gewöhnungsbedürftig. Schliesslich wird in den vorberatenden Kommissionen auch Mundart gesprochen. Kommt dazu, dass die herkömmliche Protokollaufnahme sowieso nicht mehr zeitgemäss ist. Es gibt digitale Spracherkennungsprogramme, die man für das Schreiben von Protokollen brauchen kann. Der Walliser Kantonsrat z.B. verwendet so ein Programm und das versteht sogar der Oberwalliserdialekt, der ja bekanntlich sehr speziell ist. Und wenn ein Spracherkennungsprogramm den Oberwalliserdialekt versteht, dann wir es auch die verschiedenen Dialekte im Kanton St.Gallen verstehen.

lch finde, es ist schade, unsere Protokollführerinnen und Protokollführer mit dem Schreiben von Protokollen zu beschäftigen. Wir kennen sie alle als hochqualifizierte Mitarbeitende von der Staatskanzlei und wir sollten sie dort einsetzen, wo ihre Kernkompetenzen sind. Bis wir aber so ein Spracherkennungsprogramm haben, sind sie durchaus in der Lage, auch Protokolle zu schreiben, obwohl die Beratungen auf Mundart gemacht werden. Wobei ich darauf hinweise, dass wir mit der Motion nur verlangen, dass man Mundart offiziell sprechen darf und nicht muss. Jedes Mitglied des Kantonsrates soll so sprechen, wie es ihr oder ihm am besten passt. Das Argument vom Präsidium, es wäre für Personen die keine Mundart verstehen unmöglich unsere Debatte zu verfolgen, zieht überhaupt nicht. Weil, eine Person die kein Mundart versteht, versteht auch nicht das Schweizer Hochdeutsch, das wir in diesem Saal sprechen.

Abgesehen davon, auch wenn wir jetzt über Livestream zu sehen und zu hören sind, so wäre es doch ziemlich vermessen zu glauben, dass ausserhalb vom üblichen Kreis von Interessenten (Medienschaffende, Mitarbeitende Staatsverwaltung, usw.) irgendjemand an unseren Debatten interessiert wäre, der keine Mundart versteht.

Zum Schluss möchte ich noch sagen dass Veränderungen auch historisch gewachsene Strukturen und Gewohnheiten gut tun, vor allem, wenn sie sich an das Umfeld, in unserem Fall den Sprachgewohnheiten, anpassen. Die Mundart erlebt seit ein paar Jahren einen grossen Aufschwung, das sieht und hört man überall. Warum das so ist, das ist ein anderes Thema, aber die Mundart ist zeitgemäss und anti elitär, das heisst als Sprache sehr passend für eine Volksvertretung, wie wir es sind.

Session des Kantonsrates vom 6. und 7. Juni 2016
7.6.2016Wortmeldung

Ratsvizepräsident: Das Präsidium beantragt Nichteintreten auf die Motion.

Session des Kantonsrates vom 6. und 7. Juni 2016