Geschäft: Gesellschaftlicher Integrationsvertrag für Ausländerinnen und Ausländer

Übersicht
KomiteeKantonsrat
Nummer42.15.17
TitelGesellschaftlicher Integrationsvertrag für Ausländerinnen und Ausländer
ArtKR Motion
ThemaGrundlagen und Organisation
FederführungSicherheits- und Justizdepartement
Eröffnung30.11.2015
Abschluss12.6.2019
Letze Änderung9.12.2021
vertraulichNein
öffentlichJa
dringendNein
Dokumente
PubliziertTypTitelDatei
AntragAntrag der Regierung vom 26. Januar 2016
VorstossWortlaut vom 30. November 2015
Beteiligungen
DatumAkteurTitelLetze Änderung
1.8.2019Gremium19.1.2023
Abstimmungen
DatumTitelResultatöffentlich
JaBedeutungNeinBedeutungAbsent / Enthaltung
1.3.2016Gutheissung54Zustimmung53Ablehnung13
1.3.2016Eintreten52Zustimmung47Ablehnung21
Statements
DatumTypWortlautSession
1.3.2016Wortmeldung

Regierungsrat: Auf die Motion ist nicht einzutreten.

Dudli-Oberbüren hat an sich am Ende seines Referates den richtigen Schluss gezogen und die Motion zurückgezogen, weil wir in jenem Bereich, der ihm am wesentlichsten scheint, nämlich im Bereiche EU/EFTA-Ausländerinnen und -Ausländer schlicht nicht berechtigt sind, solche Verträge abzuschliessen. Das haben Sie durchaus zurecht festgestellt. Das Freizügigkeitsabkommen steht solchen Auflagen diametral entgegen. Und wenn Sie in diesem Bereich etwas ändern wollen, dann dürfen Sie sich nicht an den kantonalen Gesetzgeber wenden, sondern dann müssen Sie sich an den Bundesgesetzgeber wenden und dort beantragen, die entsprechenden Änderungen vorzunehmen. Im Übrigen habe ich bereits im Zusammenhang mit der Motion der CVP-EVP-Fraktion, der Standesinitiative, auf die laufenden Gesetzegebungsarbeiten auf Bundesebene hingewiesen. Die Integration soll verstärkt werden, Integration soll für die Erteilung einer Niederlassungsbewilligung als Voraussetzung gesetzlich definiert und dann auch überprüft werden. Auch in diesem Bereiche rennt Dudli-Oberbüren eigentlich offen Türen ein, dieser Gesetzgebungsprozess läuft und wird von der Regierung auch unterstützt. Auf der kantonalen Ebene bleibt da einfach nicht mehr wahnsinnig viel Spielraum.

Wir nehmen solche Integrationsvereinbarungen sehr ernst. Die sind heute tatsächlich im Wesentlich auf Spracherwerb ausgerichtet. Das ist sicher die wichtigste Integrationsvoraussetzung und das könnte man auch noch erweitern. Ich möchte Sie aber daran erinnern, dass wir mit dem Budget 2016 beantragt haben, uns eine halbe zusätzliche Stelle zur Verfügung zu stellen, wir haben wirklich nur das gebracht, was dringend notwendig ist, damit wir diese Integrationsvereinbarungen für alle Drittstaatenangehörigen tatsächlich abschliessen und überprüfen können. Diese halbe Stelle haben Sie mir gestrichen, also bevor Sie uns neue Aufgaben erteilen, bin ich der Meinung, sollten wir ausreichend Personal haben, um die alten Aufgaben erfüllen zu können. Ich wäre da froh, wenn die Signale aus dem Rat da für uns einigermassen einheitlich gemacht werden könnten.

Integration wird vom Bundesgesetzgeber vorgegeben, da kommt einiges an Verbesserungen in den nächsten Monaten in die Räte auf der eidgenössischen Ebene.

Session des Kantonsrates vom 29. Februar bis 2. März 2016, ausserordentliche Session vom 3. März 2016
1.3.2016Wortmeldung

Die Motion wurde ja zurückgezogen, deshalb nur kurz ein Hinweis auf die Sprachkompetenz, die als niedrig taxiert wurde.

Ich finde Integrationsvereinbarungen sind sehr wichtig und sie nehmen ja stetig zu und sind dann sinnvoll, wenn sie gezielt eingesetzt werden und deren Ziele realistisch und zweckmässig sind.

Ich möchte einfach darauf hinweisen: Ich habe etwa zehn Jahre Deutschkurse für erwachsene Migrantinnen und Migranten gegeben, und wir haben da lange am Sprachniveau A2 gearbeitet. Das ist nicht so einfach, wie man da jetzt so hinstellt, die zweit tiefste Stufe von sechs. Die oberste Stufe von sechs Stufen, da bin ich vielleicht nicht einmal im Stande diese zu erreichen, das ist nämlich C2 als Schweizer. Dies noch als Hinweis, dass man da vorsichtig ist mit dieser Taxierung.

Session des Kantonsrates vom 29. Februar bis 2. März 2016, ausserordentliche Session vom 3. März 2016
1.3.2016Wortmeldung

Auf die Motion ist nicht einzutreten.

Ich benutze die Gelegenheit, auch hier zu erwähnen, dass Deutschkurse die Grundlage bilden um eine Integration überhaupt bewerkstelligen zu können. Jugendliche, die einen Beruf erlernen müssen / dürfen / wollen, die brauchen die Deutschkenntnisse. Auch ich habe einige Jahre Deutsch für Fremdsprachige erteilt, habe gesehen, dass ein Teil davon auch zu wenig Grundkenntnisse in ihrer Heimatsprache mitbringen, zum Teil sogar Analphabeten sind, da braucht es sehr viel Erneuerung in diesen Deutschkursen, wie sie erteilt werden, auch Finanzen, die ausgeweitet werden müssen und nicht gekürzt, wie jetzt wieder im Gange zu sein scheint. Ich habe richtig gehört, einen Beruf erlernen und arbeiten ist auch ein Teil von Prävention und das soll uns etwas kosten. Ein Grundrecht der Schweiz ist, teilhaben zu können an Arbeit, Gesellschaft, Gesundheit und dazu braucht es Geld. Es braucht Unterstützung und sicher nicht Kürzung. Von da her habe ich mich sehr über meinen Vorredner gefreut, der gesagt hat, dass es ist uns etwas wert, dass wir den Frieden in unserem Leid beibehalten können. Der soziale Frieden ist ein Grundrecht, das wir Schweizer kennen und beibehalten wollen.

Session des Kantonsrates vom 29. Februar bis 2. März 2016, ausserordentliche Session vom 3. März 2016
1.3.2016Wortmeldung

Ratsvizepräsident: Die Regierung beantragt Nichteintreten auf die Motion.

Session des Kantonsrates vom 29. Februar bis 2. März 2016, ausserordentliche Session vom 3. März 2016
1.3.2016Wortmeldung

kommt auf den Rückzug der Motion zurück. Auf die Motion ist einzutreten.

Aufgrund Rücksprachen mit anderen Fraktionen ziehen wir die Motion nicht zurück.

Session des Kantonsrates vom 29. Februar bis 2. März 2016, ausserordentliche Session vom 3. März 2016
1.3.2016Wortmeldung

zieht die Motion zurück.

Blicken wir zurück auf die Motion bzw. Standesinitiative 42.08.18 «Zur Präzisierung des Ausländergesetzes – Integration verlangt Anpassung». Diese wurde in der Septembersession 2008 gutgeheissen und forderte folgendes: Die Bundesversammlung wurde eingeladen, das Bundesgesetz über die Ausländerinnen und Ausländer dahingehen d zu ändern, dass

  • die Erteilung der Niederlassungsbewilligung sei anhand klarer Kriterien einzuschränken, sodass nur noch Ausländerinnen und Ausländer, welche ein Mindestmass an lntegration nachweisen können, in den Genuss einer Niederlassungsbewilligung gelangen und

  • ein schlechtes oder fehlendes lntegrationsverhalten ausdrücklich als Widerrufsgrund für eine bereits erteilte Niederlassungsbewilligung festzulegen sei.

Diese Motion bzw. Standesinitiative wurde implizit von der seinerzeitigen Kantonsregierung gutgeheissen; an vorderster Front von der Vorsteherin des Sicherheits- und Justizdepartementes und heutigen Ständerätin Karin Keller-Sutter. Seitdem sind mehr als sieben Jahre verstrichen. Ein Blick in das aktuelle Bundesgesetz über die Ausländerinnen und Ausländer sowie in die aktuelle Bundesverordnung über die lntegration von Ausländerinnen und Ausländern ist ernüchternd. Man ist leider meilenweit von den im Jahr 2008 angestrebten Zielen entfernt.

Die eingangs erwähnte Motion bzw. Standesinitiative 42.08.18 ist weiterhin in der Warteschlaufe, denn selbst die bundesparlamentarischen lnitiativen 08.406 und 08.420 sind – man höre und staune – noch immer nicht umgesetzt.

Mit der lnitiative 08.420 wird verlangt, dass die Niederlassungsbewilligung nur nach einer erfolgreichen lntegration erteilt werden dürfe, und dass eine einmal erteilte Niederlassungsbewilligung auch wieder entzogen werden könne, wenn eine Person extremistische oder fundamentalistische Ansichten vertritt, die sich mit Rechtsstaat und Demokratie nicht vereinbaren.

Ähnlich verlangt die lnitiative 08.406, dass eine Rückstufung der Niederlassungsbewilligung auf eine Jahresaufenthaltsbewilligung bei einer unzulänglichen lntegration ermöglicht wird. Wie bereits erwähnt, lässt die Umsetzung dieser sinnvollen lnitiativen in Bundesbern seit Jahren auf sich warten.

Für die SVP-Fraktion ist die Frage nach dem lntegrationswillen ausländischer Bewohner von grosser Bedeutung. Damit verbunden ist die Erwartung, dass eingewanderte Personen bereit sind, die Grundwerte unseres Landes mitzutragen. Aus diesem Grund beantragt die SVP-Fraktion mit gegenständlicher Motion, dass ausländische Bewohner unseres Kantons in Zukunft einen gesellschaftlichen Integrationsvertrag abschliessen sollen.

Demokratische und rechtsstaatliche Prinzipien bilden die unabdingbare Voraussetzung für ein friedliches Zusammenleben. Seit 2008 gibt das Ausländergesetz den Kantonen die Möglichkeit, mit Migrantinnen und Migranten lntegrationsvereinbarungen abzuschliessen. lm Kanton St.Gallen begnügt man sich bislang mit dem Erwerb geringer deutscher Sprachkenntnisse, d.h. die lntegrationsvereinbarung beinhaltet die Pflicht zum Besuch von Deutschkursen, wobei das Sprachniveau A2 gemäss dem Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmen für Sprachen (GER), das ist die zweittiefste Stufe der sechsstufigen Niveaueinteilung, angestrebt wird.

lm Sinne eines Anreizes können die Kantone bereits heute gut integrierten Ausländerinnen und Ausländern aus Drittstaaten die Niederlassungsbewilligung C vorzeitig, das heisst, schon nach fünf Jahren Aufenthalt, erteilen. Demgegenüber können Ausländerinnen und Ausländer mit Niederlassungsbewilligung nur bedingt des Landes verwiesen werden; die aktuelle Gesetzgebung sieht Sanktionsmassnahmen erst bei schweren kriminellen Handlungen vor.

Die einheimische Bevölkerung erwartet, dass Niederlassungsbewilligungen erst an gut integrierte Ausländerinnen und Ausländer erteilt werden. Wiederholt gaben jedoch Negativbeispiele – von denen wohl unbestrittenermassen nur ein Bruchteil aller Fälle mediales Echo fanden – Anlass zu Unstimmigkeiten.

Ein grosser Anteil der Ausländerinnen und Ausländer verfügt über hinreichende Sprachkenntnisse, um sich selbständig in die hiesige Gesellschaft zu integrieren. Wo diese aber fehlen, ist im Falle eines dauernden Aufenthalts die Aneignung von Sprache und Kenntnissen der hiesigen Normen und Kultur eine unerlässliche Voraussetzung zu einer geglückten lntegration, sowohl am Arbeitsplatz, als auch in der weiteren sozialen Umgebung. Die Bestimmungen des aktuellen Bundesgesetzes enthalten lediglich eine Kann-Formulierung. Es ist wünschenswert, dass diese in der Gesetzgebung verbindlich gemacht wird. Davon profitieren sowohl die Zuzüger als auch die Gesellschaft als Ganzes; lntegration bedeutet unter anderem auch Prävention.

Wie auch immer: Die Personenfreizügigkeit setzt uns Grenzen. Aufgrund der Personenfreizügigkeit sind verbindliche Integrationsvereinbarungen für Zugewanderte aus EU/EFTA-Staaten nicht möglich. Weshalb wir die Motion zurückziehen, jedoch auf baldige entsprechende Massnahmen auf Bundesebene hoffen. 

Session des Kantonsrates vom 29. Februar bis 2. März 2016, ausserordentliche Session vom 3. März 2016
1.3.2016Wortmeldung

Ratsvizepräsident: Ich frage kurz zurück. Dudli-Oberbüren, Sie haben die Motion zurückgezogen, dann ist das Geschäft erledigt?

Session des Kantonsrates vom 29. Februar bis 2. März 2016, ausserordentliche Session vom 3. März 2016