Geschäft: Wahl des Präsidenten des Kantonsrates der Amtsdauer 2015/2016 (Junisession 2015)

Übersicht
KomiteeKantonsrat
Nummer11.15.02
TitelWahl des Präsidenten des Kantonsrates der Amtsdauer 2015/2016 (Junisession 2015)
ArtKR Mutation Wahl
ThemaGrundlagen und Organisation
FederführungStaatskanzlei
Eröffnung19.3.2015
Abschluss11.6.2015
Letze Änderung9.12.2021
vertraulichNein
öffentlichJa
dringendNein
Dokumente
PubliziertTypTitelDatei
AntragWahlvorschlag der SVP-Fraktion vom 1. Juni 2015
Statements
DatumTypWortlautSession
1.6.2015Wortmeldung

Präsident des Kantonsrates: Antrittsrede

Ich danke lhnen für die Wahl zum neuen Kantonsratspräsidenten und das mir entgegengebrachte Vertrauen. Ich freue mich auf meine neue Aufgabe als Ratspräsident und werde bemüht sein, Ihr Vertrauen durch eine loyale Führung der mir übertragenen Amtsgeschäfte zu bestätigen.

Bevor man aber auf dem Präsidentenstuhl Platz nehmen darf, absolviert man als Vizepräsident eine einjährige Einführung zum Kantonsratspräsidenten. Es ist mir deshalb ein Bedürfnis, meinem Vorgänger Alt-Kantonsratspräsident Paul Schlegel für die geleistete Arbeit und seine spürbare Präsenz im ganzen Kantonsgebiet während seinem Präsidialjahr herzlich zu danken. Er hat mit seiner ruhigen und kompetenten Art viel zum guten Ratsklima beigetragen.

Ein besonderer Dank gebührt meiner Familie und auch meiner Arbeitgeberin der Schweizerischen Ärzte-Krankenkasse. Sie unterstützten mich und begegnen mit viel Verständnis den mit diesem Amt zunehmenden häuslichen und geschäftlichen Absenzen. In diesen Dank möchte ich auch alle Mütter und Väter, Partnerinnen und Partner, Töchter und Söhne einschliessen, welche uns Politikerinnen und Politikern auf allen Ebenen unseres Staates in unserer Arbeit beistehen und uns begleiten.

Wie vielen von lhnen sicher bekannt ist bin ich begeisterter Musikant und Tubist in der Polizeimusik St.Gallen, Präsident der Knabenmusik St.Gallen sowie Vorstandsmitglied im St.Galler Blasmusikverband.

Es ist für mich deshalb eine grosse Freude und Ehre, das Projekt «St.Gallen musiziert – St.Gallen tönt» vorstellen zu dürfen. Das Bläserensemble des Symphonieorchesters St.Gallen unter der Leitung von Karl Schimke auf der Tuba, wird das eigens komponierte Werk «St.Gallen klingt!» nach meiner Ansprache uraufführen. Es wurde von Frau Natalija Marchenkova Frei komponiert und von Herrn Gilbert Tinner arrangiert. Der Text stammt von Frau Rose Aggeler.

Am kommenden Samstag, 6. Juni 2015 erklingt um 11.00 Uhr im ganzen Kanton St.Gallen dieses musikalische Werk. Es soll gemeinsam ein Zeichen für die Musik im Kanton St.Gallen gesetzt werden. Angesprochen für diese Aufführung sind die verschiedenen Ensembles, Formationen und Chöre, sowohl von Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen. Alle Präsentationen werden dokumentiert und zu einem Musik-Clip zusammengefügt.

Alle Musikbegeisterten, von jung bis alt und in jeder Besetzung werden somit am nächsten Samstag den ganzen Kanton St.Gallen mit Musik erfüllen.

Lanciert und getragen wird diese Aktion von der Musikkommission des Verbandes St.Galler Volksschulträger, in welcher ich Mitglied sein darf.

Nochmals einen herzlichen Dank an das Bläserensemble für den ersten musikalischen Teil sowie die nachfolgende Uraufführung, und hören Sie am nächsten Samstag genau hin.

Inspiriert durch diese musikalische Umrahmung zu meiner Wahl zum Kantonsratspräsidenten möchte ich den Kantonsrat gerne mit einem Orchester vergleichen. Auch hier gibt es hohe und tiefe Töne, welche andere übertönen möchten. Auf der einen Seite sitzen die Holzinstrumente, vorne die Flöten, hinten die, welche auf die Pauke hauen und auf der anderen Seite die wohlklingenden Blechblasinstrumente. Wie Sie merken, ich bin Tubist.

Aber ein Orchester ist nur so viel wert, wie es zusammenspielen kann und harmoniert. Wie im Orchester gibt es auch im Kantonsrat die einen oder anderen Solisten, einmal wird leiser oder lauter gespielt, einmal schneller und einmal langsamer. Wichtig ist aber immer, dass das Ganze gehörfällig wirkt, dass sich alle Dissonanzen in Harmonien auflösen, und dass schliesslich alle miteinander fertig werden. Das tönt leicht. Während in einem Orchester das Zusammenspiel in vielen Proben eingeübt wird, haben wir diese Zeit im Kantonsrat nicht. Das Ziel ist jedoch klar: Das Resultat soll gut klingen, sei es im Orchester als auch im ganzen Kanton.

Wie Sie sicher bemerkt haben, hängen während meinem Präsidialjahr im Kantonsratssaal hinter mir, wie einst von Alt-Kantonsratspräsident Paul Meier eingeführt, die Schweizer- und die Kantonsfahne. Als Musikant, welcher schon seit Jahren einen engen Kontakt mit Fahnen hat, haben diese für mich eine Bedeutung, welche vielleicht auch auf Sie zutrifft.

Die Fahne steht für Zusammengehörigkeit und kameradschaftlichen Gemeinschaftssinn. Sie ist Ausdruck der uns Menschen innewohnenden Sehnsucht nicht allein zu sein, sondern Menschen um sich zu haben, die füreinander einstehen und miteinander bestimmte Ziele und Ideale verfolgen.

Die Fahne ist Symbol des Lebens und der Lebensfreude, der Geselligkeit und des Frohsinns.

Die Fahne ist ein Bekenntnis: Zu welchen Werten sich eine Gemeinschaft bekennt und zu welchem kulturellen Erbe man sich treuhänderisch verpflichtet fühlt.

Die Fahne ist Symbol der Treue: Gemeint ist die Treue zur Heimat, zu den eigenen Überlieferungen, zu dem uns anvertrauten Land und zu seinen Leuten.

Als vom Volk gewählte Parlamentarierinnen und Parlamentarier haben wir die Verantwortung, unsere Energie gemeinsam, auch ohne immer sichtbare Fahne, zur Förderung unseres Kantons St.Gallen als attraktiven Wohn-und Arbeitsort mit nachhaltiger Entwicklung und zum Wohle unserer Bevölkerung einzusetzen.

Bei der Ausgestaltung von Sachgeschäften ist es aber manchmal so, dass den Entscheidungsfindungen ab und zu ein hartes politisches Ringen vorangeht. Das Streiten um gute politische Lösungen gehört zur Parlamentsarbeit und ist das Salz in der demokratischen Suppe. Und es ist selten, dass eine Position unverfälscht mehrheitsfähig wird. Meistens kommt in irgendeiner Form ein Kompromiss zustande und diese Fähigkeit zum Konsens ist der beste Beweis für das gute Funktionieren unserer Demokratie. Sir Winston Churchill hat das so formuliert: «Demokratie ist die Notwendigkeit, sich gelegentlich den Ansichten anderer Leute zu beugen».

Aber wie schaffen wir das? Respektvolles und verantwortungsbewusstes Politisieren bedeutet für mich, dass wir unser Handeln voll in den Dienst der Sache stellen. Dem Andersdenkenden und seiner politischen Haltung soll mit Argumenten begegnet werden. Die persönliche Integrität soll weder angegriffen noch in Frage gestellt werden. Das gilt auch für die Zusammenarbeit mit der Regierung und der Verwaltung. Sie sind unsere staatspolitischen Partner, denen wir den notwendigen Respekt und ein grundsätzliches Vertrauen entgegenbringen dürfen. Pauschale Vorurteile, Misstrauen oder sogar verwaltungsfeindliche Töne sind sachfremd und nicht konstruktiv.

Kritik darf sein und man kann anderer Meinung sein, aber immer mit gegenseitiger Akzeptanz und fairem Umgang.

Ich bin überzeugt, eine gut funktionierende Politkultur ist der Nährboden für gute und sachbezogene Entscheide. Dazu ist es nötig, dass wir unsere politischen Werkzeuge, auch wenn 2015 ein Wahljahr ist, gezielt einsetzen. Ich wünsche mir, dass wir mit Einfachen Anfragen, Interpellationen, Postulaten und Motionen konstruktiv umgehen, indem wir klare Fragen stellen, Anträge gut begründen und den Interpretationsspielraum klein halten. So kommen wir zu nachvollzieh- und umsetzbaren Entscheiden. Denn es gibt im Kanton St.Gallen Herausforderungen, welchen wir uns in der nächsten Zeit stellen müssen. Knapper werdende Landreserven, hohe Steuerbelastungen, steigende Gesundheits- und Sozialausgaben, überlastete Verkehrswege, aufgestauter Unterhalt bei den Hochbauten im Portfolio des Kantons St.Gallen, ein Erhaltungs- und Nutzerbedarf von über 1 Mrd. Franken, die Revision des Baugesetzes oder die momentanen, wirtschaftlichen Schwierigkeiten seit der Aufhebung des Euro-Mindestkurses.

Trotz dieser Punkte: Wir wohnen in einem abwechslungsreichen und selbstbewussten Kanton, der allen Bewohnerinnen und Bewohnern viel Lebensqualität bietet. Wir wollen vorwärts kommen, zeigen eine starke Leistungsbereitschaft und stellen uns den Herausforderungen.

Es gehört zur Tradition in unserem Kanton, dass sich der Kantonsratspräsident während seines Amtsjahres mit politischen Aussagen und Meinungen zurückhält. Das ist gut so und hat sich bewährt. Deshalb waren das meine letzten politischen Gedanken an das Parlament und die Regierung, ohne dass jemand von lhnen widersprechen kann.

Bevor ich mich also auf die Ratsführung beschränke und das Wort lhnen überlasse, noch folgende Bemerkungen zum Ratsbetrieb: Um effizient arbeiten zu können, bitte ich Sie, die notwendige Disziplin in Bezug auf Redezeiten. Pünktlichkeit und vermehrte Ruhe im Saal walten zu lassen. Es gehört zu Höflichkeit und Respekt, einander zuzuhören und private Gespräche ausserhalb dieses Kantonsratssaals zu führen. Wir müssen mit unserem persönlichen Verhalten jederzeit Vorbild sein. Gerade hier im Ratssaal vor Publikum auf der Zuschauertribüne oder vor allem vor Schulklassen. Für Schülerinnen und Schüler findet hier oft die erste Begegnung mit der Politik statt. Zeigen wir ihnen mit unserer Arbeit im Kantonsrat, dass Politik Freude macht, lebendig und für die Weiterentwicklung unseres Kantons, aber auch für die Gesellschaft, notwendig ist.

Eine weitere Bemerkung richtet sich an die Medíenvertreterinnen und Medienvertreter auf der Pressetribüne. Sie sind, wie Sie wissen, wichtige Teilnehmende am politischen Prozess. Sie schauen auf unsere Arbeit und fassen unsere Entscheide in den Medien zusammen. Wir würden uns aber über eine ausgewogenere und umfangreichere Berichterstattung über unsere Arbeit in Ihren Medien sehr freuen. Machen Sie sich selbst ein Bild und vergleichen Sie die verschiedenen Zeitungsausgaben, dann sehen Sie, was ich meine. Helfen Sie bitte mit, die Akzeptanz unserer politischen Arbeit zu fördern.

Nun freue ich mich auf ein interessantes und spannendes Parlamentsjahr. Ich bin bestrebt, die Sitzungen für alle fair und unter Einhaltung des Geschäftsreglements durchzuführen. Und falls sich jemand von lhnen einmal ungerecht behandelt fühlt, kommen Sie bitte unbedingt auf mich zu. Der Staatssekretär Canisius Braun sowie der Leiter des Parlamentsdienstes, Lukas Schmucki, werden mich bei der korrekten Einhaltung des Geschäftsreglements unterstützen. Dafür möchte ich den beiden Herren schon heute herzlich danken.

Ich freue mich, gemeinsam mit lhnen die vielfältigen Aufgaben und Herausforderungen im

Amtsjahr 2015/2016 anzugehen und danke lhnen nochmals herzlich für lhr Vertrauen und lhre kollegiale Mitarbeit.

Session des Kantonsrates vom 1. bis 3. Juni 2015