Geschäft: Bessere Ausbildung für eine vielfältige und gut funktionierende Gastronomie

Übersicht
KomiteeKantonsrat
Nummer42.14.02
TitelBessere Ausbildung für eine vielfältige und gut funktionierende Gastronomie
ArtKR Motion
ThemaArbeit und Gewerbe
FederführungVolkswirtschaftsdepartement
Eröffnung24.2.2014
Abschluss6.6.2016
Letze Änderung9.12.2021
vertraulichNein
öffentlichJa
dringendNein
Dokumente
PubliziertTypTitelDatei
VorstossWortlaut vom 24. Februar 2014
AntragAntrag der Regierung vom 15. April 2014
Beteiligungen
DatumAkteurTitelLetze Änderung
1.8.2019Person27.6.2024
1.8.2019Person27.6.2024
1.8.2019Person27.6.2024
Abstimmungen
DatumTitelResultatöffentlich
JaBedeutungNeinBedeutungAbsent / Enthaltung
4.6.2014Gutheissung56Zustimmung54Ablehnung10
4.6.2014Eintreten57Zustimmung51Ablehnung12
Statements
DatumTypWortlautSession
4.6.2014Wortmeldung

Ich fühle mich jetzt als Kleinunternehmer irgendwie provoziert, ich habe fünf Mitarbeiter im Dienstleistungsbereich, offenbar muss ich keine Prüfung ablegen. Also wenn wir das weiterdenken, dann müsste die SVP-Fraktion auch fordern, dass jeder Coiffeur und jeder andere Dienstleister sowie jedes kleine Geschäft eine Prüfung macht, weil sie haben Mitarbeiter, müssen Mehrwertsteuerabrechnungen erstellen usw.. Also ich verstehe hier die Logik der SVP-Fraktion nicht und fühle mich als Wirtschaftsvertreter von einer wirtschaftsliberalen Partei etwas irritiert.

Session des Kantonsrates vom 2. bis 4. Juni 2014
4.6.2014Wortmeldung

Auf die Motion ist einzutreten.

Die Regierung macht es sich in ihrer Antwort sehr einfach. Sie lehnt die Motion aus Gründen ihrer liberalen Wirtschaftshaltung ab. Sie mahnt dazu, staatliche Eingriffe in die Wirtschaftsfreiheit auf das Nötigste zu beschränken. Ziel und Zweck der Motion sind jedoch nicht Auflagen und Vorschriften, sondern allein eine bessere Grundausbildung für künftige Gastronomen.

Mit der Statistik auf S. 3 des roten Blattes der Regierung wird die Entwicklung der Gastronomie aufgezeigt. Mit diesen Zahlen wird suggeriert, dass die Zahl der Gastrobetriebe gegenüber 1995 gestiegen ist. Diese Statistik sagt jedoch so gut wie gar nichts aus. Die Definition Gastrobetriebe ist nicht klar. Um welchen Typus von Gastrobetrieb es sich handelt, ist nicht erwähnt. Vom fahrbaren Güggelistand, der Pizzeria am Strassenrand, dem Würstliverkaufsstand, dem Kebab-Laden über das Café oder das traditionelle Restaurant bis hin zum Hotelbetrieb – die Gastronomie ist vielseitig und das wünscht der Konsument und Gast auch so. Die Statistik hätte deshalb detaillierter erstellt werden müssen. Wir hätten so eine gute Diskussionsgrundlage gehabt.

Weiterbildung und ein hohes Qualitätsbewusstsein sind die Grundlage einer erfolgreichen Wirtschaft. Dies gilt für jede Branche, auch für die Gastronomie. Deshalb kann man nicht von staatlichen Eingriffen in die Wirtschaftsfreiheit sprechen, wenn der Kanton die Rahmenbedingungen an die Ausbildung neu absteckt. Bildung hat nichts mit antiliberaler Haltung zu tun, Bildung ist eine Investition in die Zukunft.

Die Regierung erwähnt in ihrer Stellungnahme, dass auch die Landwirtschaft mit ihren Nebenbetrieben davon betroffen wäre. Wenn ich als Geschäftsführer des St.Galler Bauernverbandes (SGBV) gleichzeitig als Erstunterzeichner auftretet, dann ist das meine persönliche Überzeugung als Kantonsrat und nicht eine offizielle Verbandsmeinung. In Art. 2 des Gastwirtschaftsgesetzes ist klar geregelt, welche Betriebe unter die Ausnahmeregelung fallen. An diesem Art. 2 gibt es auch bei einer Gutheissung der Motion nichts zu ändern. Auch die Gastrobetriebe in der Landwirtschaft sollen und müssen die Mindestanforderung an die Ausbildung erfüllen.

Wir haben alle ein gemeinsames Ziel: Wir wollen und müssen mit unserer Gastronomie in der Landwirtschaft und überall Überdurchschnittliches leisten. Blosser Durchschnitt ist nicht gefragt. Und wir wollen nicht von alt Kantonsrat Gächter einmal hören, dass die Schweizer nichts von Gastronomie verständen und uns an den österreichischen Gastronomen ein Beispiel nehmen sollten.

Session des Kantonsrates vom 2. bis 4. Juni 2014
4.6.2014Wortmeldung

Legt sein Interessen als Leiter Angestelltenpolitik des kaufmännischen Verbandes Ost (in einem Teilzeitpensum) offen. Auf die Motion ist einzutreten.

Ich möchte das Anliegen der Motionäre noch aus einem ganz anderen Blickwinkel unterstützen und beleuchten. Der kaufmännische Verband Ost führt eine Beratungsstelle für Arbeitnehmende in Zusammenarbeit mit dem Kaufmännischen Verband Schweiz und ist in paritätischen Kommissionen von Gesamtarbeitsverträgen vertreten. Viele Arbeitnehmende suchen bei uns Rat zu Arbeitsverträgen, Arbeitszeugnissen, Sozialversicherungen und ich könnte die Aufzählung noch weiter führen. Für mich ist es daher eminent wichtig, dass eine Ausbildung der Arbeitgeber und hier insbesondere der Gastrobranche unterstützt und gefördert wird. Ich lese dies als Ziel dieser Motion, so habe ich auch Thalmann-Kirchberg verstanden, und nicht als Wiedereinführung einer Wirteprüfung.

Ich bitte Sie, die Motion zu unterstützen, denn wie meine Vorredner ausgeführt haben, haben meine Gespräche mit Inhabern von Gastrobetrieben vor Ort ebenfalls dazu geführt, dass hier Bedarf ansteht. Zum Schluss: Ausbildung und Weiterbildung muss ein hoher Stellenwert geniessen.

Session des Kantonsrates vom 2. bis 4. Juni 2014
4.6.2014Wortmeldung

legt seine Interessen offen als Wirtesohn. Auf die Motion ist einzutreten.

Als Sohn eines Wirtes, der sein Geschäft seit über 25 Jahren erfolgreich leitet, kenne ich die Gastrobranche sozusagen von zu Hause aus, und mir ist aufgefallen, wie sich in den letzten Jahren die «Beizenlandschaft» verändert hat – und zwar nicht nur zum Guten. Abgesehen davon, dass zahlreiche ehemalige Gastrobetriebe zu Fastfood-Imbissbuden wurden gibt es immer mehr Billigbeizen deren hygienische Qualitätsstandards schon für den oberflächlichen Betrachter klar werden. Es ist mir bewusst, dass wir hierfür ein geltendes Lebensmittelgesetz haben. Das Problem im Kanton St.Gallen ist, das derzeit jede Person einen Restaurationsbetrieb führen darf, welcher über Lebensmittelhygiene und Suchtprävention Bescheid weiss. Dies alleine garantiert aber noch lange nicht das erfolgreiche Führen eines Betriebes. Ich sehe jeden Tag zu Hause wie wichtig es ist, Grundkenntnisse über die Finanzbuchhaltung, Betriebsbuchhaltung, Betriebswirtschaft ja sogar Marketing zu haben. Ein Restaurant ist ein soziokomplexes System im dem viele Faktoren aufeinander treffen. Es ist wichtig, dass der Geschäftsführer auch in stressigen oder nicht so guten laufenden Zeiten Bescheid weiss, was zu tun ist. Auch in meinem Beruf als Fleischfachmann habe ich täglich mit Restaurationsbetrieben zu tun. Da stellt man sehr schnell fest, die Leute, die die Grundkenntnisse besitzen, die die entsprechende Ausbildung besitzen, führen das Restaurant ganz anders als andere. Das zeichnet sich dadurch aus, dass diese ohne Kenntnisse Probleme in den Finanzen haben, Rechnungen und Löhne nicht bezahlen. Das wirft ein schlechtes Licht auf alle Gastrobetriebe. Aus diesem Grund ist die Motion zu unterstützen, weil hier die entsprechenden Zusatzausbildungen gefordert werden. Qualität muss gefördert werden. Ich bewundere unsere Wirte für den Einsatz, welchen sie leisten, denn 16-Stunden-Tage sind absolut keine Ausnahmefälle und sie entgegnen uns immer mit kulinarischen Highlights und der gewohnte St.Galler Gastfreundschaft.

Session des Kantonsrates vom 2. bis 4. Juni 2014
4.6.2014Wortmeldung

(im Namen der FDP-Fraktion): Auf die Motion ist einzutreten.

Die Zulassung kennen wir auch aus anderen Berufsgruppen, es ist aus unserer Sicht absolut zumutbar und es gibt auch keinen Mehraufwand für die Gesellschaft.

Session des Kantonsrates vom 2. bis 4. Juni 2014
4.6.2014Wortmeldung

Das Votum von Rickert-Rapperswil-Jona fordert mich heraus. Ich bin Mitglied der SVP-Fraktion, habe aber ganz klar im Namen von Gastro St.Gallen gesprochen, und Egger-Berneck hat anfänglich von seinem Referat ebenfalls gesagt, er habe in seinem Namen gesprochen. Hier den Bogen auf die ganze SVP-Fraktion zu spannen ist falsch. Trotzdem hoffe ich natürlich, dass eine Mehrheit der SVP-Fraktion dieser Motion zustimmen wird.

Session des Kantonsrates vom 2. bis 4. Juni 2014
4.6.2014Wortmeldung

Legt seine Interessen offen als Mitglied der Wirtschaftsgruppe. Auf die Motion ist nicht einzutreten.

Die Wirtschaftsgruppe hat sich zu dieser Motion auch geäussert und festgelegt. Man ist in der Wirtschaftsgruppe der Ansicht, dass der Rückgang der Restaurationsbetriebe durch diesen Antrag nicht aufgehalten werden kann. Zudem werden ja heute schon Alkoholausschank und Lebensmittelhygiene kontrolliert, und zwar intensiv, und die letzte Kontrolle machen zum Schluss die Gäste, die kommen entweder wieder oder sind nur einmal im Restaurant. Daraus entstehen dann diese Anpassungen, die den Markt eigentlich so schön reguliert. Man geht ja freiwillig in ein Restaurant und nicht gezwungenermassen.

Wir meinen, dass wir vor dem Hintergrund, dass auch die KMU's immer wieder die Regulierungen ablehnen und sagen, wir schauen selber zu uns, doch hier die Gastronomiebranche sich ebenfalls selber regulieren soll. Sie sollen sich doch selber ihre Brands aufdrängen und nicht den Gesetzgeber hier wieder zur Kasse bitten. Irgendwann sagen wir dann wieder, wir müssen wieder deregulieren und Regulierungen abbauen.

Session des Kantonsrates vom 2. bis 4. Juni 2014
4.6.2014Wortmeldung

Legt seine Interessen dar als Eigentümer eines Hotel-Restaurants in Kirchberg und Pächter von zwei weiteren Restaurants im Toggenburg sowie Mitglied von Gastro St.Gallen und der überparteilichen Politkommission, welche für die vorliegende Motion verantwortlich ist. Auf die Motion ist einzutreten.

Das Ziel dieser Motion ist einzig und alleine, dass wir die Qualität und das Image der Gastronomie erhöhen wollen. Das ist doch im Sinne von jeder und jedem in diesem Saal. Wer heute ein Gastwirtschaftspatent erhalten will, muss in den Bereichen Lebensmittelhygiene und Suchtprävention die entsprechenden Grundkenntnissen nachweisen können. Wir wollen, dass die Bewerber für ein Gastwirtschaftspatent zusätzlich Grundkenntnisse in den Bereichen:

  • Arbeitssicherheit;

  • Arbeitsrecht;

  • Rechnungswesen;

  • Sozialversicherungsrecht und

  • Mehrwertsteuer nachweisen müssen.

Die Regierung empfiehlt auf diese Motion nicht einzutreten, weil diese Motion einen Zustand aus dem Jahre 1995 wieder herstellen wolle. Das ist es bei weitem nicht so. Damals dauerte die Wirteschule mit entsprechender Prüfung rund 53 Tage. Heute können die zwei benötigten Kurse für Lebensmittelhygiene und Suchtprävention in acht Tagen absolviert werden. Mit den genannten zusätzlichen Bereichen würde sich die Kursdauer verdoppeln und etwa 15 Tage dauern. Diese Grundkenntnisse kann ein Bewerber für ein Wirtepatent auch durch andere Ausbildungen erreichen und sind nicht zwingend durch die Kurse beim Branchenverband zu erlernen. Diese Gesetzesänderung wird auch die kantonale Verwaltung nicht belasten und somit für den Kanton keine Mehrkosten verursachen.

Die Regierung schreibt in der Begründung für Nichteintreten, dass dies gegen die liberale Haltung der St.Galler Regierung sei. Diese Begründung wäre nachvollziehbar, wenn wir die damalige Wirteprüfung wieder fordern würden. Die Grundkenntnisse in den Bereichen Küche, Service und Getränke sind keine Pflicht mehr in unseren Forderungen, und das sind genau die Punkte, welche der Markt selber regelt. Jeder Gast kann selber beurteilen, was auf den Tisch kommt und wie er bedient wird.

Bei der letzten Gastwirtschaftsgesetzrevision im Jahre 1995 ist ein ganz wichtiger und wesentlicher Punkt abgeschafft worden, die Bedürfnisklausel. Ebenso wurde damals die Tourismusfinanzierung geändert. Dass diese zwei Punkte geändert werden mussten, war unbestritten und richtig. Die Abschaffung der Bedürfnisklausel stand im Einklang mit einer liberalen Haltung. Nicht gut war, dass damals die Anforderungen an die Grundkenntnisse geändert wurden. Dies können wir mit der Überweisung dieser Motion wieder verbessern. Somit müssen Sie keine Bedenken haben, dass nach der Anpassung des Gastwirtschaftsgesetzes die liberale Haltung der Regierung und des Kantons St.Gallen angekratzt wird.

Mit der Forderung, dass für das Erteilen eines Gastwirtschaftspatentes, in den Bereichen Arbeitssicherheit, Arbeitsrecht, Rechnungswesen, Sozialversicherungsrecht und Mehrwertsteuer Grundkenntnisse vorhanden sein müssen, nützt uns allen.

Die Gemeinde und der Kanton soll es mit Gastronomen zu tun haben, die wissen, dass jeden Monat die Sozialversicherungsabgaben, jedes Quartal die Mehrwertsteuer und am Ende des Jahres die Steuerrechnung bezahlt werden müssen. Der Arbeitnehmer in der Gastronomie sollen es mit Arbeitgebern zu tun haben, die wissen, wie die Arbeitsbedingungen gemäss L-GAV eingehalten werden müssen.

Die Hotellerie und Gastronomie ist sich bewusst, dass mit dieser Anpassung des Gastwirtschaftsgesetztes nicht alle Probleme gelöst sind. Weitere Anstrengungen in verschiedenen Bereichen sind zusätzlich erforderlich. Es ist aber ein Schritt in die richtige Richtung. Mit der Überweisung dieser Motion drücken Sie unsere Branche keine zusätzliche Last auf. In diesem Fall kommt der Wunsch von der Branche an die Politik.

Zum Schluss noch eine Antwort auf einen Punkt, der in der Begründung der Regierung angesprochen wird. Die Regierung schreibt, dass der Kanton St.Gallen mit dieser Verschärfung alleine in der Kantonslandschaft dastehe. Diese Sicht ist mit jetzigem Zeitpunkt noch richtig. Aber, in vielen Kantonen und im speziellen in der Ostschweiz sind parlamentarische Vorstösse in Vorbereitung, welche in den nächsten Monaten ebenfalls eingereicht werden. Alle mit dem gleichen Ziel: Die Qualität der Gastronomie zu verbessern.

Session des Kantonsrates vom 2. bis 4. Juni 2014
4.6.2014Wortmeldung

Ratsvizepräsident: Die Regierung beantragt Nichteintreten.

Session des Kantonsrates vom 2. bis 4. Juni 2014
4.6.2014Wortmeldung

(im Namen der GLP/BDP-Fraktion): Auf die Motion ist nicht einzutreten.

Wir schätzen die Leistungen unserer vielseitigen und qualitativ meist hochstehenden Gastronomie sehr. Wir sehen auch das schwierige Umfeld, in welchem sich die Gastronomie befindet. Zahlreiche Gastwirtschaftsunternehmungen sind aber sehr innovativ und versuchen mit flexiblen Leistungen und hoher Qualität den Bedürfnissen ihrer Kundschaft entgegen zu kommen, mit Leistungen, aber auch mit Gastfreundschaft, und hier spielt doch der Markt. Das verschiedene Betriebe schliessen müssen liegt oft auch an ihrem Angebot, an ihren Leistungen und natürlich auch teil an ihrer Lage. Das ein Teil der Betriebe schliessen muss, weil sie sich verrechnen oder ihr Potential falsch einschätzen kann durchaus sein, ist aber meist auch mit den vorgenannten Gründen verbunden. Das Gastronominnen und Gastronomen sich in der Kompetenz der Buchhaltung und der Geschäftsführung weiterbilden, das sehen wir ein und das ist nichts schlechtes. Dazu braucht es aber kein Gesetz. Wir müssen dazu unser Gesetz nicht ausbauen. Kurse können vom Verband aber auch von verschiedenen anderen Anbietern angeboten werden. Auch hier soll der Markt spielen, dazu braucht es keinen Ausbau des bestehenden Gesetzes – es brauchkeinen Zwang.

Session des Kantonsrates vom 2. bis 4. Juni 2014
4.6.2014Wortmeldung

Regierungsrat: Auf die Motion ist nicht einzutreten.

Vielen Dank für die interessanten Voten. Es kamen einige neue Argumente dazu. Als wir das rote Blatt erstellt haben, haben wir einfach festgestellt, dass wir einen grundlegenden Dissens haben in der Analyse zu den Motionären. Wieso ist die Analyse hier in diesem Fall so wichtig? Darum, weil wir das Prinzip in unserer Verfassung verankert haben, das Prinzip einer freien Wirtschaft. Wir haben natürlich Wirtschaftsfreiheit als Grundrecht. Natürlich kann man ein Grundrecht einschränken nach bestimmten Kriterien, öffentliches Interesse, Verhältnismässigkeit usw., und weil man diese Einschränkung machen kann, muss die Analyse sehr sorgfältig erfolgen – die Analyse über das Marktgeschehen. Was passiert überhaupt in der Gastronomie? Hier stellen wir wie gesagt fest, wir haben einen Dissens in punkto Quantität und in punkto Qualität. Gut bei der Qualität kann man meines Erachtens immer wieder geteilter Auffassung sein, aber wo ich klar sagen muss, wo Sie falsch liegen, ist einfach die Frage des Ansatzes, dass über ein Gesetz die Qualität in unserer Gastronomie verbessert werden kann.

Die Frage der Qualität regelt doch der Markt, das regelt der Einzelne mit seinen Kaufentscheiden. Wenn Sie eine miese Qualität haben, dann werden Sie vom Konsumenten bestraft und Sie können den Laden dicht machen. Wenn Sie eine gute Qualität haben, dann werden Sie belohnt, und Sie haben ein florierendes Geschäft. Das ist doch das Grundprinzip unserer Wirtschaftsordnung. Das können Sie doch nicht über ein Gesetz verbessern, das glauben Sie doch selber nicht.

Dann haben wir einen Dissens in Punkto Quantität. Wir haben das nachgewiesen, wir haben die Patente angeschaut, es ist kein Rückgang feststellbar, es ist sogar eine leichte Zunahme festzustellen, und wir haben nicht die statistischen Daten, um die Patente noch auszudifferenzieren und zu sagen, was ist ein traditionelles Restaurant, was ist ein Take-Away-Betrieb, diese Daten haben wir nicht. Aber Sie haben festgestellt in Ihren Voten, dass die Gastronomie sich in den letzten 20 Jahren verändert hat. Sie ist viel vielfältiger geworden. Wieso ist sie vielfältiger geworden Egger-Berneck? Ja wahrscheinlich, weil die Kunden das so wollen, weil die Leute offenbar auch Freude an einem Kebab haben. Ich habe auch keine Freude, ich geniesse das überhaupt nicht, ich habe lieber ein gutes Schnitzel, aber es gibt offenbar Leute, die den Kebab wollen – das ist der Markt. Auch hier regeln Sie mit diesem Gesetz rein gar nichts.

Ich habe erwähnt, dass die Gastronomie strukturelle Probleme hat. Gastro Suisse, ich bin erstaunt, dass das nicht ausgeführt wurde, hat vor kurzem dargelegt, dass in diesem Land in letzten Jahr 630 Mio. Franken weniger ausgegeben wurde, obwohl wir eigentlich Zuwanderung haben, obwohl wir eigentlich auch eine gute Konjunktur haben, ist das überraschend. Die Leute gehen offenbar weniger ins Restaurant, auch das können wir mit einem Gesetz nicht regeln, aber dies führt zu erheblichen strukturellen Herausforderungen für die Branche, das ist selbstverständlich.

Der Lösungsansatz der Motionäre: Auch wenn die Analyse der Motionäre noch zutreffen würde, muss man sich die Frage stellen, ob der Lösungsansatz irgendein Problem löst. Hier bin ich klar der Auffassung, ich gebe zu, es ist nicht die gleiche Wirteprüfung, die wir hatten, es ist aber doch eine wesentliche Änderung gegenüber dem heutigen Gesetz, es ist doch praktisch eine Wiedereinführung der Prüfung. Damit lösen wir kein einziges Problem, weder in punkto Qualität noch Quantität. Im Gegenteil, es kommen neue Probleme auf uns zu. Wir haben das auf dem roten Blatt angedeutet, ich nenne nur vier Punkte:

  1. Was machen wir mit all den Gastronomen, die in den letzten 18 Jahren eingestiegen sind, beispielsweise als Quereinsteiger, erfolgreich ein Restaurant geführt haben, aber diese neuen gesetzlichen Ausbildungsanforderungen nicht erfüllen? Müssen wir die nachqualifizieren?

  2. Wir haben seit kurzem ein Gesetz über den Binnenmarkt Schweiz. Wir haben umliegende Kantone, die haben überhaupt keine Erfordernisse im Gesetz. Was machen Sie, wenn ein Zürcher oder Bündner Gastronom, der in seinem Kanton erfolgreich einen Betrieb geführt hat, im Kanton St.Gallen einen Betrieb eröffnet? Wir gehen davon aus, dass wir nach Binnenmarktgesetz diesem keine Ausbildungserfordernisse aufdrücken können. Das führt dazu, dass Sie die St.Gallerinnen und St.Galler schlechter stellen, als die Leute, die zuwandern. Das kann es doch nicht sein. Wir leben in einem Markt Schweiz, der solche kantonalen Marktzugangsbarrieren heute obsolet machen. Schauen Sie dieser Realität in die Augen.

  3. Wir haben das Problem der Landwirtschaft. Wir haben die Besenbeizen, die florieren, zu meiner Freude, das ist positiv. Es ist gut, dass die Landwirtschaft Nebenerwerbsbetriebe aufgebaut hat. Die Frage wird sich stellen, müssen wir diese Leute auch nachqualifizieren, weil gerade dort natürlich nicht überall diese neuen Punkte, die Sie wünschen und fordern, erfüllt sind.

Sie sehen an dieser Auslegeordnung, es ist vermeintlich gut gemeint was Sie wollen, auch ich bin für Qualität in der Gastronomie, aber Sie erreichen nicht mit dieser Motion. Sie lösen kein einziges Problem, aber Sie werden ein paar neue Probleme für die Gemeinden, für den Kanton und für die Branche schaffen. Das bedauere ich sehr, zumal ich in diesem Rat immer wieder höre, wir sollen die Gesetze so schlank wie möglich halten, und die KMU-Belastung so niedrig wie möglich. Das KMU-Forum, das Sie auf unseren Antrag hin abgeschafft haben in einer Spardebatte hat in seinen Berichten immer wieder festgestellt, dass die hohe Regulierungsdichte vornehmlich von Seiten Bund her kommt, und dass der Kanton fast keinen Spielraum hat. Jetzt haben Sie einmal einen kleinen Spielraum, und Sie gehen hin und schaffen zusätzliche Regulierungen. Sie haben Verständnis, dass dafür die Regierung kein Verständnis hat. Da ist nun wirklich einfach Theorie und Praxis in einem eklatanten Widerspruch. Es ist schon nicht so, Britschgi-Diepoldsau, Sie sagen, andere Berufe haben auch eine Zulassung und eine Ausbildungserfordernis, aber Sie müssen doch die Frage stellen, wo liegt das öffentliche Interesse, wenn Sie die Wirtschaftsfreiheit einschränken wollen. Liegt hier wirklich ein öffentliches Interesse vor? Ist die Massnahme überhaupt geeignet, Ihre Zielsetzung zu erreichen. Ich habe versucht, auszuführen, dass Sie damit rein gar nichts erreichen, und darum ist es ganz grundsätzlich und auch ordnungspolitisch falsch, wenn Sie hier neue Regelungen von uns verlangen, bzw. die werden Sie dann beschliessen. Wir werden die Motion natürlich umsetzen, wenn Sie das wollen, aber wir finden es auch im Rahmen der Umsetzung dann nicht wirklich der KMU-Landschaft und der Gastronomie in unserem Kanton förderlich.

Unser Kanton hat wirtschaftspolitisch gesehen einigen Nachholbedarf. Wir haben eine unterdurchschnittliche Wertschöpfung im Vergleich zu anderen Kantonen. Ich glaube nicht, dass wir mit solchen Signalen, Signale einer rückwärtsgewandten Wirtschaftspolitik auf einen guten, richtigen Pfad kommen.

Ich bitte Sie, da spreche ich vor allem auch die Bürgerlichen an, bleiben Sie doch Ihren Grundsätzen treu. Wir wollen alle eine gute Gastronomie, wir haben eine gute Gastronomie in diesem Kanton, Sie konnten es letzten Sonntag in der «Ostschweiz am Sonntag» lesen, und stehen Sie doch zu diesen Qualitäten. Suchen Sie das Heil nicht über den Staat und über neue Gesetze. Folgen Sie Ihren eigenen Grundsätzen.

Session des Kantonsrates vom 2. bis 4. Juni 2014