Geschäft: Berichterstattung der Rechtspflegekommission [Unvereinbarkeit] (Februarsession 2013)

Übersicht
KomiteeKantonsrat
Nummer82.13.02
TitelBerichterstattung der Rechtspflegekommission [Unvereinbarkeit] (Februarsession 2013)
ArtKR Berichterstattung
ThemaGrundlagen und Organisation
FederführungStaatskanzlei
Eröffnung12.2.2013
Abschluss26.2.2013
Letze Änderung9.12.2021
vertraulichNein
öffentlichJa
dringendNein
Beteiligungen
DatumAkteurTitelLetze Änderung
1.8.2019Gremium14.3.2024
Statements
DatumTypWortlautSession
25.2.2013Wortmeldung

Präsident der Rechtspflegekommission: Die anstehenden Ersatzwahlen in das Kantons-, das Verwaltungs- und das Versicherungsgericht veranlassen mich zu einigen grundsätzlichen Bemerkungen: Der emeritierte Professor für Verwaltungsrecht, Dr. Yvo Hangartner, kritisierte im «St.Galler Tagblatt» vom 3. Januar 2013 sehr dezidiert die vom Kantonsrat vorgenommene Wahl einer Richterin des kantonalen Verwaltungsgerichtes in den Universitätsrat der HSG. Er leitet seinen Bericht zu diesem Vorgang mit dem die übliche universitäre Zurückhaltung vermissen lassenden Titel «Auch Behörden haben Mühe mit dem Recht» ein. Normalerweise sieht sich die Rechtspflegekommission nicht veranlasst, irgendwelche Zeitungsartikel oder Meinungen und Rechtsauffassungen, die in Zeitungen geäussert werden, zu kommentieren. Im vorliegenden Fall wird aber dem Kantonsrat aus an sich sonst berufenem Munde ausdrücklich der Vorwurf einer Gesetzesverletzung gemacht. Das kann nicht unwidersprochen bleiben.

Konkret geht es um die Anwendung bzw. die Auslegung von Art. 57 der Kantonsverfassung vom 10. Juni 2001, der die Gewaltenteilung vorschreibt. In Bst. b wird den durch das Gesetz bezeichneten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Staatsverwaltung verboten, einer richterlichen Behörde anzugehören. Art. 40 des Gerichtsgesetzes vom 2. April 1987 untersagt hauptamtlich und festangestellten nebenamtlichen Richterinnen und Richtern der Verwaltungsrechtspflege eine Tätigkeit im gleichen Sachgebiet in der Staatsverwaltung, für welches das entsprechende Gericht zuständig ist. Bereits summarisch, aber auch nach nochmaliger vertiefter rechtlicher Beurteilung der Frage ist die Rechtspflegekommission übereinstimmend und wiederum klar zum Schluss gekommen, dass eine Unvereinbarkeit im zitierten Fall weder nach Art. 57 Kantonsverfassung noch nach Art. 40 des Gerichtsgesetzes gegeben ist. Diese Bestimmungen sind auf den konkreten Fall nicht anwendbar. Die vom Autor angesprochene Verwaltungsrichterin Silvia Bietenharder ist zwar Mitglied des Verwaltungsgerichtes, steht aber nicht, im Sinn der hierarchischen Unterordnung, in einem Anstellungsverhältnis zum Kanton, wie es für Arbeitsverhältnisse charakteristisch ist. Auch als Mitglied des Universitätsrates - ebenfalls vom Kantonsrat gewählt - steht sie nicht in einem Anstellungsverhältnis zum Kanton. Damit hat, entgegen der professoralen Vermutung, dieser Rat mit dem st.gallischen Recht keineswegs Mühe bekundet, sondern es im Gegenteil ohne Mühe und korrekt angewendet. Ob die Kumulation von Ämtern bei Nichtvorliegen einer Unvereinbarkeit sinnvoll ist oder nicht, ist eine rein politische und keine rechtliche Frage. Und auch diese Frage hat der Kantonsrat mit der abermaligen Wahl klar beantwortet.

Selbstverständlich entbindet auch eine gewollte oder geduldete Kumulation von Ämtern nicht vor der Überprüfung, im Einzelfall die Ausstandsvorschriften strikte und sorgfältig zu beachten, ob in der einen Tätigkeit nicht Berührungen mit der anderen vorhanden sind, die in eine Befangenheit münden könnten. So gesehen ist es dann wirklich eine rechtliche und keine politische Frage mehr. Die Rechtspflegekommission hat keine Veranlassung zur Annahme, dass die Ausstandsvorschriften dem Verwaltungsgericht und dem Universitätsrat - um bei den hier interessierenden Gremien zu bleiben - nicht bekannt sind und im Einzelfall nicht korrekt zur Anwendung gelangen. Andernfalls wäre es Sache der diesen Organen übergeordneten richterlichen Instanzen, die Verletzung von Ausstandsvorschriften festzustellen und die vom Gesetz vorgesehenen Anordnungen zu treffen.

Als Präsident der Rechtspflegekommission lege ich sowohl im Namen der Kommission als auch in meinem eigenen als Präsident der «Subkommission Richterwahlen» Wert auf die Tatsache, dass die Rechtspflegekommission die Vorschläge der Fraktionen für die Wahlen in die kantonalen Gerichte sehr genau prüft. Der eingangs erwähnte Artikel könnte den Eindruck entstehen lassen, dass dem nicht so sei. Die Kandidierenden werden in der Anhörung durch die «Subkommission Richterwahlen» nicht nur auf ihre fachliche Eignung, sondern auch auf ihre Unabhängigkeit geprüft und auf diesen Umstand hingewiesen. Zusammenfassend gelangen wir also zum Schluss, dass im konkreten Fall die rechtliche Schelte des emeritierten Verwaltungsrechtsprofessors nicht zutrifft, sondern eine Verknüpfung unterschiedlicher Themen in sachlich nicht vertretbarer Weise erfolgte. Für die Rechtspflegekommission ist die Beachtung der gesetzlichen Vorschriften und die Respektierung fundamentaler Rechtsgrundsätze oberstes Gebot ihrer Tätigkeit, insbesondere auch bei der Auswahl und Prüfung von Richterkandidaten. Es war der Rechtspflegekommission wichtig, diese Grundsätze vor der Vornahme des Wahlgeschäftes in Erinnerung zu rufen.

Session des Kantonsrates vom 25. bis 27. Februar 2013
25.2.2013Wortmeldung

Ratspräsident stellt Kenntnisnahme von der Berichterstattung fest.

Session des Kantonsrates vom 25. bis 27. Februar 2013